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Full text of "Handbuch der mathematischen und technischen Chronologie"

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Handbuch 


der 


mathematischen  und  technischen 

Chrontologie. 


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Aus  den  Quellen  bearbeitet 


von 


D**' Ludwig  Ideler, 


Koaigliclirai   AfttronoMea,    oidcntliclirm   Profcuor   an   der  Vnivcnitit   fn   Bcriin, 

Milfliede    der    Rönigl.    PrcutiuclMa    Akademie    der   WiMcafcfcafteo 

nnd  Cerretpondenlcn  der  Göttiager  Sodctät. 


Zweiter  Band.   * 


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Berlin ,    bei   August  Rücker. 


i826. 


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Vorrede. 


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'eber  den  Inhalt  dieses  zweiten  Bandes  meines 
Handbuchs  der  Chronologie  habe  ich  schon  beim 
ersten  das  Nöthige  gesagt,  xmd  es  würde  daher 
keiner  neuen  Vorrede  bedürfen,  wenn  ich  nicht 
der  Pflicht  der  Dankbarkeit  för  so  manche  Mit- 
theilungen zu  genügen  hätte,  deren  ich  mich  auch 
hier  zu  erfreuen  gehabt  habe.  Besonders  fühle  ich 
mich  in  dieser  Hinsicht  meinen  Collegen  Herren 
Biener,  Elenze  imd  Neander  verpflichtet.  Bei 
der  Zeitrechnxmg  der  Araber  xmd  Perser  ist  mir 
ganz  vorzüglich  die  Theilnahme  zu  Statten  gekom- 
men, die  der  grofse  Orientalist  Herr  Silvestre 
de  Sacy  der  frühem  Bearbeitimg  derselben  be- 
wiesen hat. 

Mein  gelehrter  Freund  Herr  Butt  mann  hat 
sich  auch  bei  diesem  zweiten  Bande  der  Mühe  ei- 
ner Revision  der  Druckbogen  xmterzogen.  Die 
letztem  Bogen  sind  von  Herrn  Dr.  Rosen  durch- 
gesehen worden,  einem  jungen  Orientalisten,  auf 
dessen  sicher  zu  erwartende  Leistungen  das  ge- 
lehrte Publikum  aufmerksam  zu  machen,  ich  mir 
das  Vergnügen  nicht  versagen  kann. 


IV  Vorrede. 

Wenn  mein  Buch  von  Seiten  des  Litterarischen 
einiges  Verdienst  haben  sollte,  so  bekenne  ich 
gern,  dafs  es  nur  in  einer  Bibliothek  entstehen 
konnte,  die  im  Fache  der  Geschichte  mid  Littera- 
tur  so  reichhaltig  ist,  y>at  die  hiesige  königliche. 
Unter  der  grofsen  Anzahl  der  von  mir  angeführten 
Bücher  sind  kaimi  vier,  die  ich  auf  fremde  Autori- 
tät zu  citiren  genöthigt  gewesen  bin.  Den  Herren 
Bibliothekaren,  die  mir  seit  zwanzig  Jahren  die 
uneingeschränkte  Benutzung  der  ihnen  anvertrau- 
ten Schätze  gestattet  und  dxu'ch  ihre  freundliche 
Theilnahme  erleichtert  haben,  sage  ich  meinen  ver- 
bindlichen Dank. 

Berlin  den  5.  Oktober  1826. 

h.  Ideler. 


Handbuch 


der 


mathematischen  und  technischen 


Chronologie. 


Zweiter    Band. 


1 


II. 


[1] 


Sechster  Abschnitt. 

Zeitrechnung  der  Römer. 


*V*fV%MV9tW*/9t% 


E 


Is  ist  bereits  oben  (1,80,100)  mit  den  Worten  des 
Censorlnus  und  Plinius  bemerkt  worden,  dafii  die 
Römer  ihren  bürgerliclien  Tag  um  Mitternacht  an- 
gefangen haben.  Nach  Gellius  ^)  hatte  Yarro  in 
einem  eigenen  Buche  seines  grofisen  Werks  Renan  hur 
manarum  ausitihi'lich  von  diesem  Gegenstande  gehan- 
delt und  unter  andern  gesagt :  Homines,  qui  ex  media 
nocte  ad  proximam  rnediam  noctem  in  his  horis  vi^ 
ginti  guatuor  nati  sunt,  una  die  naii  dicuntun  Nach- 
dem Gellius  diese  Worte  erläutert  und  der  abweichen- 
den Gewohnheit  der  Athener,  Babylonier  und  Umbrer 
gedacht  hat,  fährt  er  also  fort:  Populum  autem  Roma-- 
num  ita,  uti  yarro  dixit,  dies  singulos  annumerare  a 
media  nocte  usque  ad  mediam  proximam ,  multis  ar^ 
gumentis  ostenditur.  Was  er  davon  anführt,  zeigt  aller- 
dings, dafs  dies  bei  den  Römern  Observanz  war,  dals 
aber  kein  ausdrückliches  Gesetz  defsbalb  vorhanden  sein 
mu&te,  weil  er  es  sonst  gewifs  vorangestellt  haben 
würde*  Er  schliefst  mit  den  Worten:  Dies,  quem 
Romani  civilem  appellaverunt ,  a  sexta  noctis  hora 


')  i^.  ^.ni,2.  Yergl.Macrob.^ki/iir/i.I,  3;   Paulus  Dig. II, 
tit.XII,  sccl.8;  Isidor.JF/^TO.  V,30. 


i 


I 


4  Technische  Chronologie. 

orituLTy  nämlich  vom  Schlufs  der  sechsten  Stunde  oder 
von  Mitternacht,  so  dafs  sie  zwar,  gleich  allen  übrigen 
Völkern  des  Alterlbums  (1,84),  der  Nacht  zwölf  Stunden 
beilegten,  diese  aber  nach  einer  ihnen  eigenthümlichen 
Weise  beim  Datii*en  auf  zwei  bürgerliche  Tage  vertheil- 
ten.  Den  Tag  mit  dem  schwankenden  Auf-  oder  Un- 
tergange der  Sonne  zu  beginnen,  fanden  sie  in  ihrer 
Zeitrechnung  keine  Veranlassung.  Sie  hatten  daher  nur 
zwischen  Mittag  und  Mitternacht  zu  wählen,  und  ent- 
schieden sich  für  diese,  weil  jener  gar  keinen  Ein- 
schnitt in  das  Treiben  der  Menschen  macht,  und  nur 
in  den  Augen  der  Astronomen  in  so  fern  den  Vorzug 
verdient,  als  er  sich  durch  eine  unmittelbare  Beobach- 
tung bestimmen  lä&t. 

Den  Anfang  des  bürgerlichen  Tages  zu  erkennen, 
bot  sich  den  Römern  vor  Erfindung  der  Wasseruhren 
kein  Mittel  weiter  dar,  als  die  Beachtung  des  gestirn- 
ten Himmels  und  die  Clepsydrae,  von  deren  Gebrauch 
bei  den  Griechen  oben  (1,230)  gehandelt  worden  ist. 
Man  nimmt  gewöhnlich  an,  dafs  ihnen  diese  Zeitmes- 
ser, ihrer  Einfachheit  ungeachtet,  nicht  vor  dem  Jahr 
702  der  Stadt  bekannt  geworden  sind,  weil  der  Verfasser 
des  Dialogs  de  caussis  corru^tae  eioquentiae  sagt  ^): 
Primus  tertio  consulatu  Cn,  Pompeius  adstrinxit  impo- 
suitque  veliUi  frenos  eloquentiae,  was  man,  und  wol 
nicht  mit  Unrecht,  auf  die  Einfuhrung  der  Clepsydrae 
bezieht*  Es  ist  aber  nur  von  ihrem  Gebrauch  vor  Ge- 
richt die  Rede.  Dafs  sie  nicht  schon  früher  zur  Ab- 
messung der  Nachtwachen  in  den  Lagern  benutzt  sein 
sollten,  ist  kaum  denkbar.  Wie  sie  als  Zeitmesser  bei 
»I I  ■»— ^— 1. 11  ■  ■ « 


Römer.  5 

den  gerichtlichen  Verhandlungen  gestaltet  waren,  er* 
sehen  wir  aus  folgenden  Worten  des  Apuleius  *): 
Praeconis  amplo  hoatu  citatus  accusator  guidam  se^ 
nior  exsurgit^  et  ad  dicendi  spatium  vasculo  quodam 
in  vicem  coli  graciliter  fistulato ,  ac  per  hoc  guttaüm 
defluo,  infusa  aqua  popuium  sie  adorat.  Dafs  sie  nicht 
durchgehends  von  gleicher  Grölse  waren,  geht  aus  fol- 
gender Stelle  des  Jüngern  Plinius  hervor '):. Z>Kri 
lioris  paene  quinque.  Nwn  X  clepsydris^  quas  spa-- 
tiosissimas  acceperam,  sunt  additae  quatuor.  FürX 
findet  sich  in  einigen  Handschriften  XII,  in  andern  XX ; 
auf  jeden  Fall  erhellet  aber,  dafs  die  Zeiträume,  in  denen 
sich  die  Clepsjrdrae  leerten,  ziemlich  kurz  sein  mufsten. 
Vielleicht  waren  sie,  den  veränderlichen  Stunden  ge* 
mäfs,  im  Sommer  länger  als  im  Winter.  Dafs  diese 
Zeiträume  seihst  Clepsydrae  g^annt  wurden,  lehren 
die  bekannten  Formeln  petere  und  dare  clep^dras.. 
Wenn  dem  einen  Redner  das  Wasser  abgelaufen  war, 
so  verkündigte  ein  Gerichtsdiener,  dafs  die  Reihe  an  dem 
andern  sei.  Während  man  Zeugen  verhörte  oder  Akten- 
stücke vorlas,  wurde  das  Wasser  gehemmt,  damit  der 
Redner  nichts  von  der  ihm  bewilligten  Frist  einbüfste. 
Dies  nannte  man  sustinere  aquain  ^).  Wenn  Cä- 
sar *)  von  certis  ex  aqua  mcnsuris  spricht,  durch  die 
er  gefunden  haben  will,  dafs  die  (Sommer-)  Nächte 
auf  den  britlischen  Inseln  kürzer  als  auf  dem  Fest^ 
lande  seien,  so  scheint  er  damit  nicht  die  gewöhnlichen 


*)  Meiam,  1.  m.  Opp.  ed.  Par.  1688.  To»k  1.  p.  73. 

')  Jg>i,II,ll. 

^)  Apul.  ^/7o/.  p.  465. 

*)  De  hello  GalLY.iS. 


6  Technische  Chronologie.  , 

Clepsydren  tu  meinen,  sondern  die  oben  (1, 225)  gedachte 
Vorrichtung  zu  genauerer  Abmessung  der  Zeit,  deren 
sich  die  chaldäischen  und  griechischen  Astronomen  bei 
ihren  Beobachtungen  bedienten.  Man  vergleiche  eine 
oben  (1,231)  citirte  Stelle  des  Martianus  Gapella, 
in  der  das  Wort  Clepsydrae  eben  so  gebraucht  vor- 
kommt. 

Der  Yigilien  rechneten  die  Römer,  nach  dem  Zeug- 
nisse des  Vegetius  *)  und  anderer,  vier  von  gleicher 
Dauer  auf  die  Nacht ,  so  dafs  die  Mitternacht  auf  den 
Anfang  der  dritten  traf.  Eine  ähnliche  Eintheilung  hat- 
ten sie  nach  Gensorinus  ^)  auch  für  den  natürlichen 
Tag,  und  beim  Varro  f)  findet  sich  die  Notiz:  Cosco- 
mos  in  actionibus  scribit,  praetorem  accensum  solitum 
tum  esse  iubere,  ubi  ei  'videbatur  Iioram  esse  tettiam, 
inclamare  Iioram  esse  tertiam,  itemquß  nteridiem  et  ho- 
nun  nonam.  Nach  Plinius  ^)  verkündigte  eben  so  der 
Diener  der  Gonsuln  den  Mittag,  wenn  er  von  der  Cu- 
ria aus  die  Sonne  nach  einer  bestimmten  Richtung  sah : 
Duodecim  tabulis  ortus  tantum  et  occasus  nominantur; 
post  aliquot  annos  adiectus  est  et  meridies,  accenso  con-- 
sulum  id  pronunciante,  cum  a  curia  inter  rostra  et  grae- 
costasin  prospexisset  solem.  Dafs  der  Mittag  in  dem 
Z  w  öl  ft  afeige  setz  nicht  erwähnt  gewesen  sei,  ist  un- 


*)  Quia  impossibile  videbatur  in  speculis  per  totam  noctem 
vigilantes  singulos  permanere,  ideo  in  quatuor  partes  ad  de-- 
psydram  sunt  divisae  vigiliae,  ut  non  amplius  quam  tribus 
horis  noctumis  necesse  sit  vigilare.     De  re  militari  III,  8. 

')*c.  23. 

')  De  ling,laiA,\,  Auetores  latinae  linguac  cd.Gothofr. 
eol.  44. 

•)   7/.  iV.  VII,  60. 


RÖKBR.  7 

gegründet;  denn  Gelltus  *)  fiilirt  eine  Stelle  daraus  an, 
in  der  ante  meridiem  und  post  mendiem  vorkomnen, 
es  sei  denn,  dafs  dieselbe  aus  einer  sf^tem  Redactio» 
des  Gesetzes  entlehnt  nvar,  in  die  man  vieHeicht  diese 
bald  nachher  entstandenen  Ausdrücke  gesetzt  hatte.  Auch 
Censorinus  sagt:  Horarum  nomen  non  minus  annos 
CCC  Romae  ignoratum  esse^  credibile  est.  Nam  in  XII 
tabuUs  nusquam  nominatas  horas  invenies,  ut  in  aliis 
postea  legibus 9  sed  ante  meridiem.  Das  Wort  hat- 
ten also  die  Römer  bereits  zur  Zeit  der  Decemvirn  oder 
unmittelbar  nachher,  ob  sie  gleich  damals  noch  nicht 
im  Stande  sein  mochten,  diesen  Zeitpunkt  mit  einiger 
Genauigkeit  zu  bestimmen.  Einen  Gnomon  zu  errich- 
ten, scheint  ihnen  nicht  eingefallen  zu  sein,  und  Son- 
nenuhren erhielten  sie  erst  nach  der  Mitte  des  fünften 
Jahrhunderts  der  Stadt. 

Zur  Geschichte  dieser  Zeitmesser  finden  sich  ein 
paar  wichtige  Stellen  beim  Plinius  und  Censorinus. 
Beim  erstem  heifst  es  ') :  Princeps  Romanis  Solanum 
horohgium  statuisse  ante  undecitn  annos,  quam  cum 
Pyrrho  beUatum  est^  ad  aedem  Quirini,  L.  Papiiius  Cur- 
sor  a  Fabio  Festale  proditur.  Sed  neque  facd  horolo-' 
gii  rationem  vel  artificem  significat:  nee  unde  transUs'* 
tarn  sit,  aut  apud  quem  scriptum  id  inveneriu  Pyrrhus 
setzte,  um  die  Römer  zu  bekriegen,  im  Jahr  474  d.  St. 
nach  Italien  über;  die  erste  Au&tellung  einer  Sonnenuhr 
zu  Rom  würde  also  ins  Jahr  463  gehören.  Censorinus 
erklärt  sich  weniger  bestimmt:  Quorum  (solarioramj 
antiquissimum  quod  fiterit ,  inventu  difficile  est.     Alii 


')  A.a.O. 


8  Technische  Chronologie. 

enim  apud  aedem  Qiurini  primum  staUUum  dicunt,  aUi 
in  CapitoUo,  nonnuUi  ad  aedem  Dianae  in  Avendno. 
Plinius  fährt  fort:  M.  Varro  primum  statutum  in  pu- 
hlico  secundum  rostra  in  columna  tnuUt,  hello  Punico 
prima,  a  M*  Valerio  Messala  Consule,  Catina  capta  in 
SiciUa:  deportatum  inde  post  XXX  annos,  quam  de 
Papiriano  Iwrologio  traditur,  a.  u.  CCCCXCI^  Nee 
congruehant  ad  horas  eins  lineae:  paruerunt  tarnen  eis 
annis  undecenUan  (also  bis  B90J,  donec  Q,  Marcius  PAi- 
Uppus,  qui  cum  X«  Paulo  fiut  censor,  diUgentius  ordi-- 
natum  iuxta  posuiu  Nichts  kann  wol  die  damalige  Be* 
schränktheit  der  wissenschaftlichen  Kenntnisse  der  Rö- 
mer greller  an  den  Tag  legen^  als  diese  Aufstellung  und 
lange  Benutzung  einer  Sonnenuhr,  die  für  einen  fast 
vier  Grad  südlichem  Ort  gezeichnet  war!  Gensorinus 
drückt  sich  hierüber  also  aus:  Ilbid  satis  constat,  nul~ 
lum  inforo  prius  ßdsse,  quam  id,  quod  M.  Valerius 
ex  SiciUa  adi^ectum  ad  rostra  in  columna  posuit,  Quod 
cum  ad  clima  Siciliae  descriptum  ad  Itoras  Romae  non 
conveniretf  L*  PlüUppus  Censor  aliud  iuxta  constituit. 
Man  sieht,  der  Name  des  Gensors,  dem  die  Römer  diese 
Verbesserung  verdankten,  lautet  hier  etwas  anders,  als 
beim  Plinius.  Dieser  fährt  fort:  Etiam  tum  tarnen 
nubilo  incertae  Juere  horae  usque  ad  proximum  lu^ 
strum.  Tunc  Scipio  Nasica,  coilega  Laenatis,  prius 
aqua  divisit  horas  aeque  noctium  ac  dierum,  idque 
horologium  sub  tecto  dicauit  a»  u*  DXCV^  Tarn  diu 
populo  Romano  indiscreta  lux/uit»  Beim  Gensorinus 
heifst  es:  Deinde  aliquante  post  P.  Cornelius  Nasica 
Censor  ex  aqua  fecit  horarium^  quod  et  ipsum  ex 
consuetudine  noscendi  a  sole  horas ,  solarium  coe^ 
ptum  vocari.     Dais  Solarium  wie  Horologium  sowohl 


Römer.  9 

die  Sonnen-  als  die  Wassemlir  bezeichnet  habe,  be- 
stätigt eine  SieUe  des  Cicero  *),  wo  beide  duich  So- 
larium vel  descriptum  out  ex  aqua  angedeutet  und  un- 
terschieden werden.  Es  ist  daher  bei  ihm  vermutblich 
von  beiden  auf  dem  Forum  befindlichen  Uhren  die  Rede, 
wenn  er  yon  einem  eingezogen  lebenden  Römer  sagt '] : 
F'ixit  semper  inculte  atque  horride:  natura  tristi  ac 
recondita  fuit:  nonad  solarium,  non  in  campo,  non 
in  consdsdis  versatus  est.  Was  übrigens  Scipio  Nasica 
aufgestellt  hat,  war,  nach  den  Benennungen  Horologium 
und  Horarium  zu  schliefsen,  eine  eigentliche  Wasser- 
uhr, keine  blolse  Clepsjrdra.  Ob  sie  seine  eigene  Er- 
findung oder  eine  Kopie  der  von  Ctesibius  construir- 
ten  gewesen  sei,  geht  aus  den  Worten  des  Plinius 
und  Censorinus  nicht  hervor.  Yitruvius  nimmt 
Letzteres  an,  indem  er  das  Horologium  ex  aqua  diesem 
alexandrinischen  Mechaniker  beilegt,   in  welchem  Falle 

* 

freilich  die  Erfindung  etwas  früher  gemacht  sein  müfsle, 
als  ich  es  oben  (1,230)  auf  die  Autorität  Montucla's 
angegeben  habe;  denn  Ptolemäus  Euergetes  11 
trat  seine  Regierang  nach  dem  astronomischen  Kanon 
erst  im  Jahr  608  d.  St.  an,  und  Scipio  Nasica  soll 
seine  Wasseruhr  schon  595  aufgestellt  haben. 

Ungeachtet  bei  dem  vorhin  gedachten  alterthüm- 
lichen  Gebrauch  der  Verkündigung  der  drei  Hauptein- 
schnitte des  Tages  durch  den  Diener  des  Prätors  schon 
der  Stunden  gedacht  wird,  es  also  scheinen  könnte, 
dafs  man  schon  vor  Einführung  der  Sonnenuhren  die 
Stundeneintheilung  des  Tages  und  der  Nacht  gekannt 


')   De  naLdeor.UySA. 
')   Pro  P.  Quintio  c,  18. 


10  Technische   Chronologie. 

habe,  so  mufs  man  doch  dem  Censorinns  beipflich- 
ten, wenn  er  sagt:  In  horas  duodecim  diiisum  esse 
diem,  noctemgue  in  totidem,  vtJgo  notum  est.  Sed 
hoc  credo  Romae  post  reperta  solaria  observatum. 
Vor  Einführung  der  Mittel  znr  Unterscheidung  der 
Stunden  mufste  dieser  Begriff,  ifvenn  er  sich  auch 
durch  Hörensagen  zu  den  Römern  fortgepflanzt  hatte, 
für  sie  ganz  bedeutungslos  bleiben.  Auch  mochte  sich 
das  Wort  Hora,  das  sie,  eben  so  wie  die  Sonnenuhren, 
von  den  Griechen  entlehnten,  bei  diesen  selbst  nicht 
viel  vor  dem  Schlüsse  des  fünften  Jahrhunderts  d.  St. 
auf  jenen  Begriff  fixirt  haben.  Man  vergleiche  was 
oben  (1,238)  hierüber  gesagt  ist. 

Man  mufs  sich  daher  bis  auf  die  Zeit  des  L.  Pa- 
pirius  Cursor  und  M.  Yalerius  Messala  mit  der 
Eintheilung  des  Tages  und  der  Nacht  in  vier  gleiche 
Theile  imd  mit  den  Wörtern  beholfen  haben,  welche 
die  Volkssprache  zur  Unterscheidung  der  verschiede- 
nen Tageszeiten  darbot.  Verzeichnisse  derselben  lie- 
fern Varro,  Macrobius  und  Isidorus,  besonders 
Censorinus^),  bei  welchem  sich  f<4gende  zusammen- 
gestellt finden:  Media  nox,  quod  tempus  principium 
et  postremum  est  diei  Romani;  de  media  nocte; 
gallicinium;  conticinium,  cum  galli  conticuerunt ; 
ante  lucem  et  diluculum,  cum,  sole  nondum  orto, 
iam  lucet;  mane,  cum  bix  videtur  solis;  ad  meri- 
diem;  meridies;  de  meridie;  suprema^  i;e- 
spera,  ante  ortum  eius  stellae,  quam  Plautus  ^espe- 
ruginem,  Ennius  vesperum,  f^ifgilius  hesperum  appel- 


*)   Varro  de  ling,  laiJVj  col.  31.  Macrob.  Saturn.  1, 3.  Isid. 
Etym.\y  30  und  31.   Censor.  c.  24. 


^ 


B  ÖMB  R.  11 

lantf  crepusculum;  luminibus  accensis,  antiqui 
prima  face  dicebant;  concubium  com  itum  est  cur 
bitum;  intempesta,  id  est  muka  noxy  qua  nihil  agi 
tempestivwn  est;  ad  mediam  noctem.  Die  Praposi- 
lion  de  in  den  Ausdrücken  de  media  nocte  und  de  me- 
ridie  heifiit  unmittelbar  nach;  so  spricht  Plautus 
von  einem  somnus  de  prandio  ^).  MeridieSy  das  nach 
Varro  aus  medidies  oder  media  dies  enlstanden  ist, 
gebrauchten  die  ältesten  Römer  für  die  Mitte  jeder 
Zeit;  denn  sie  sagten  nach  Nonius  ')  meridies  noctis 
und  aetatis.  Suprema  hiefs  die  letzte  Zeit  des  Tages 
mit  Inbegriff  des  Unterganges  der  Sonne.  In  dem  Zwöif- 
tafelgesetz  stand  nach  Censorinus  und  Macrobius: 
SoUs  occasus  suprema  tempestas  esto,  Vespera  ist 
nach  obiger  Erklärung  die  Zeit  unmittelbar  nach  Un- 
tergang der  Sonne,  wo  es  noch  zu  hell  ist,  um  schon 
den  Abendstern  sehen  zu  können,  das  Correlat  von 
mane.  Crepusculum  ist  eben  so  der  Gegensatz  von 
diluculum^ 

Als  den  Römern  die  Stunden  geläufig  geworden 
waren,  gebrauchten  sie  natürlich  diese  lieber,  weil  sie 
ihnen  genauere  Zeitbestimmungen  gestatteten.  Man  mufs 
sich  aber  erinnern,  wie  sie  im  gemeinen  Leben  ihre 
Stunden  zählten  (1,84),  um  die  dahin  gehörigen  Stellen 
nicht  tmrichtig  zu  fassen.  Ein  paar  derselben  werden 
hier  nicht  am  unrechten  Orte  stehen.  So  sagen  die 
Worte  des  Horaz  ^): 


')   MostelLlJI,2,S, 

')   De  prop.  5erm.  VI,  16. 

')  £>?mM,  17,6. 


^ 


13  Technische  Chronologie. 

Si  te  grata  quies  et  primam  somnus  in  lioram 

Delectat  etc. 
so  yiel  als:    ,,Ist  dir  die  Ruhe  lieb  und  schläfst  du 
gern  bis  an  den  hellen  Tag."     Wenn  es  beim  Yirgil 
heifst  ^): 

Inde,  ubi  quarta  sitim  caeli  coUegerit  hora, 
so  wird  die  SSeit  nach  der  Mitte  des  Vormittags  ge- 
meint, wo  die  zunehmende  Tageshitze  den  Durst  beim 
weidenden  Yieh  erregt.  Persius,  die  üppige  Lebens- 
art der  damaligen  römischen  Jugend  mit  grellen  Far- 
ben malend,  drückt  sich  also  aus  ^): 

Sterämus,   indomitum  quod  despumare  Falemum 

Sujfficiat,  quinta  dum  linea  tangitur  umbra, 
,,wir  schnarchen,  bis  die  Sonnenuhr  die  fünfte  Stunde 
,, zeigt,"  nach  heutiger  Rechnung  bis  elf  Uhr  Vormit- 
tags. Wie  der  Tag  des  römischen  Geschäftsmannes  zu 
Martial's  Zeiten  eingetheilt  zu  sein  pflegte,  lehrt  fol- 
gendes Epigramm  ^): 

Prima  salutantes  atque  altera  continet  hora, 
Exercet  raucos  tettia  caussidicos. 

in  quintam  a^arios  extendit  Roma  labores, 
Sexta  quies  lassis,  septima  finis  erit. 

Sufficit  in  nonam  nitidis  octava  palaestris» 
Inserat  extructos  frangere  nona  toros  etc. 
Sollen  solche  Stunden  mit  den  unsrigen  verglichen  wer- 
den,  so  mufs  man  wissen,    wie  lang  der  jedesmalige 
natürliche  Tag  unter  der  Polhöhe  Roms  (41^  54')  ist. 


*)    Gßo/^.  m,  327. 
')   Sat.lIL,^, 
')   IV,  8. 


Römer.  13 

Wenn  es  auf  keine  besondere  Genauigkeit  ankommt, 
so  wird  zu  dergleichen  Reduetionen  folgende  Tafel  aus- 
reichen, welche  die  Länge  des  römischen  Tages  in  un- 
Sern  gleichförmigen  Stunden  für  die  acht  Hauptpunkte 
der  Sonnenbahn  im  Jahr  45  y.  Chr.,  dem  ersten 
des  von  lulius  Cäsar  geordneten  römischen  Kalenders, 
angibt. 


Oerler  der  Sonne. 

Tage  des  Jahrs. 

Dauer  des  Tages. 

0°  ;6 

23.  December 

8  St.  54  Min. 

15°  « 

6.  Februar 

9  -    50    - 

00   X 

23.  Man 

12  - 

15**   « 

9.  Mai 

14  -    10    - 

0°  ® 

25.  Junius 

15  -     6    - 

15°  a 

10.  August 

14  -    10    - 

0°  iO£ 

25.  September 

12  - 

15°  m 

9.  November 

9  -    50    - 

Fragt  man  z.  B«,  wann  der  Römer  am  längsten  Tage 
nach  unserer  Uhr  zu  Tische  ging,  yorausgesetzt,  dafs 
es,  wie  Martial  sagt,  mit  dem  Anfange  der  neunten 
Stunde  geschah,  so  gelten  12  römische  Stunden  in 
unserer  Zeit  15  St.  6',  also  8  römische  10  St.  4'.  Da 
nun  die  Sonne  an  diesem  Tage  zu  Rom  um  4  U.  27' 
aufging,  so  nahm  die  neunte  Stunde  nach  unserer 
Rechnung  um  2  U.  31'  Nachmittags  ihren  AnCeing. 
Am  kürzesten  Tage  dagegen  begann  sie  bereits  um 
1  U.  29'. 

Die  Sonnenuhren  scheinen  zu  Rom  sehr  ge- 
mein geworden  zu  sein.  Man  hatte,  wie  man  aus  dem 
Vitruyius  ersieht,  mehrere  Arten  derselben,  die  sich 
in  der  äufsern  Form   unterschieden,  aber  alle  in  dem 


14  Technische   Chronologie. 

Punkt  übereinkanien ,  dessen  oben  (1,84)  mit  seinen 
Worten  gedacht  worden  ist.  Von  Rom  yerbreiieten 
sie  sich  über  die  Landhäuser  der  reichen  Römer,  und 
es  sind  hie  und  dort  in  Italien  römische  Sonnenuhren 
ans  Licht  gezogen  worden.  Man  hielt  sich  eigene  Skla- 
ven, um  sich  von  ihnen  die  Stunden  verkündigen  zu 
lassen,  sei  es,  dais  man  sie  von  Zeit  zu  Zeit  nach  dem 
Forum,  oder  wo  sonst  Zeitmesser  aufgestellt  waren, 
schickte,  oder  selbst  dergleichen  besafs.  So  heilst  es 
beim  luvenal  ^) : 

Clamore  opus  est,  ut  sentiat  auris, 

Quem  dicat  venisse  puer,  quot  nuntiet  ftoras, 
woraus   erhellet,   dais  ein  solcher  Gast-  und  Stunden- 
anmelder zu  dem  Luxus  der  spätem  Römer  gehörte. 
Martial  sagt  von  einem  hungrigen  Gaste  '): 

Noras  quinque  puer  nondum  tibi  nuntiat,  et  tu 
lam  conviva  mihi,  Caeciliane,  venis. 
Wenn  Sidonius  Apollinaris  von  einem  nuntius  per 
spatia  clepsjrdrae  horanmi  indrementa  sen^ans  redet  ^), 
so  ist  wol  an  keine  eigentliche  Wasseruhr  zu  denken 
(diese  findet  sich  nirgends  mit  Sicherheit  clepsjdra  ge- 
nannt], sondern  an  einen  Zeitmesser  von  der  Art  derer, 
die  man  vor  Gericht  und  in  den  Lagern  gebrauchte,  und 
durch  eineein&che^  oben  (1,231)  nach  Aeneas  Tacticus 
beschriebene,  Vorrichtung  so  einrichten  konnte,  da&  sie 
sich  das  ganie  Jahr  hindurch  stündlich  leerten. 

Eben  so  wie  die  Römer  erst  spät  den  Tag  und  die 
Nacht  mit  Sicherheit  einthcilen  lernten,   gingen  auch 


*)  50/.  X,  215. 
«)  Epigr.\m,67. 
')  Ep.U,9. 


RÖMSA.  15 

mehxeie  Jahrhunderte  hin^  ehe  sie  eine  feste  Einthei- 
lung  des  Jahrs  erhielten.  Vor  dem  Jahr  709  d.  St., 
45  v.Chr.,  dem  ersten  nach  heutiger  Weise  g^rdneten, 
be£uid  sich  ifaj«  Zeitrechnung  in  einem  höchst  schwan- 
kenden Zustande,  den  Yoltaire  treffend  mit  den  Wor- 
ten bezeidmet:  Les  generaux  Romains  triomphaient 
toigouiv,  mais  ils  ne  swaient  pas  quel  jour  iU  triom^ 
phaient. 

Zunächst  vor  Cäsar's  Kalenderverhesserung  hatten 
die  Römer  ein  cyklisches  Sonnen  jähr  (1,68),  das  sich 
alle  vier  ^nd  aswanz^  Jahre  mit  dem  tropischen,  aus- 
glich, aber  hei  seiner  etwas  zusammengesetzten  Einrich- 
tung durch  die  Schuld  der  Pontifioes,  denen  die  Anord- 
nung des  Kalenders  oblag ,  in  eine  Verwirrung  gerieth« 
von  der  sich  bei  keinem  cultivirten  Volke  etwas  ähn- 
liches findet.  Vor  den  Decemvirn  hatte  ihr  Jahr  die 
Form  eines  Mondjahrs,  und  vor  Numa  Pompilius 
gar  keinen  entschieden  ausgesprochenen  oder  doch  sicher 
zu  ermittelnden  Charakter.  Hiemach  sind  vier  Zu- 
stände der  römischen  Zeitrechnung  zu  betrachten,  di^ 
wir  durch  die  Benennungen  Jahr  des  Romulus,  des 
Numa,  der  Decemvirn  und  des  lulius  Cäsar  un- 
terscheiden wollen. 

Die  Zweifel,  die  man  gegen  die  Zuverlässigkeit  der 
ältesten  Geschichte  Roms,  wie  sie  uns  von  Livius  und 
Dionysius  tiberliefert  worden,  angeregt  bat,  wollen 
wir  gänzUch  auf  sich  beruhen  lassen.  Sollten  auch 
wirklich  Romulus  und  Numa  keine  ganz  geschicht- 
liche Personen  sein,  so  können  sie  uns  wenigstens  als 
Symbole  gelten,  jener  von  der  rohen  Urzeit  des  rö- 
mischen Volks,  dieser  von  der  ältesten  Gesetzgebung,  der 
Rom  die  meisten  seiner  religiösen  Institute  verdankt. 


16  Technische  Chronologe. 

Es  kommt  hier  darauf  an,  die  grofse  Masse  cum 
Theil  sich  widersprechender  Notizen,  die  sich  von  der 
ältestem  römischen  Zeitrechnung  bei  den  Alten  zerstreut 
findet,  zu  sammeln  und  dergestalt  unter  allgemeine  Ge- 
sichtspunkte zu  bringen,  dafs  ein  allmäliger  natur-  und 
geschichtgemä(ser  Fortschritt  von  Ideen  sichtbar  wird, 
wenn  es  auch  nicht  möglich  sein  sollte,  die  Epoche,  wo 
jede  einzelne  ins  Leben  getreten  ist,  genau  auszumitteln. 
Ich  habe  mich  in  einer  Vorlesung  über  die  Zeitrech* 
nung  der  Römer  *)  bemüht,  diese  schwierige  Aufgabe 
zu  lösen,  und  werde  hier  die  Hauptmomente  meiner 
Darstellung  wiederholen  und  zum  Theil  noch  fester  zu 
begründen  suchen. 

I.   Jahr  des  Romulus. 

Ovid  sagt  von  dem  Erbauer  Roms  '): 
SciUcet  arma  magis,  quam  sidem,  RonuUe,  noras, 
Curaque  fimtimos^vincere  maior  erat; 
und  Plutarch  ^):  ,, Unter  Romulus  wurden  die  Monate 
,, widersinnig  und  regellos  —  dXoywg  xed  drdxTwg  — 
gezahlt/'  Man  sieht  also,  dafs  die  Alten  weit  davon 
entfernt  waren,  sich  das  ursprüngliche  Jahr  der  Römer 
so  wohlgeordnet  vorzustellen,  wie  es  sich  einige  Neuere 
gedacht  haben. 

Die  Geschichtschreiber   Licinius   Macer   und 
Fenestella  hatten  behauptet,   dafs  zu  Rom  von  An« 


')   Abhandlungen  der  Berliner  Akademie  aus  den  Jah« 
ren  1818  und  19.  Histor.  philologische  Klasse  S.  101  ff. 

')   Fast.  1,29, 

*)    yita  Numae  c.  18. 


RÖUBR.  17 

£mg  an  ein  Sonnenjalir  :—  annus  vertens  —  von  zwölf 
Monaten  im  Gebrauch  gewesen  sei.     Censorinns,  dem 
wir  diese  Notiz  verdanken,  setzt  jedocb  hinzu  ^):   Sed 
magis  lunio  Gracchano,  et  Fuli^io,  et  Farroni,  et  Sue- 
toniOj  aUisque  credendum,   qid  decem  mensium  puta- 
venmt  Jiasse,  ut  tunc  Albanis  erat,  unde  orti  Romani, 
Man  ersieht  hieraus,   dafs  sich  die   zehn   Monate  auf 
keine  urkundliche  Nachricht,  sondern  auf  einen  bloisen 
Schluis  gründen.     Die  Analogie  hatte  indessen  fiir  die 
Römer  so  viel  Gewicht,  dafs  nicht  blofs  Censorinus, 
sondern  alle  noch  vorhandenen  Schriftsteller,   die   auf 
diesen  Gegenstand   zu  sprechen  kommen,     Ovidius, 
Gellius,  Macrobius,  Solinus  '),  die  zehn  Monate 
fcir  ausgemacht  halten.    In  welchem  Werke  Yarro,  des- 
sen Stimme  hiebei  von  besonderem  Gewicht  ist,   seine 
Meinung  vorgetragen  haben  mochte,  wissen  wir  nicht; 
sie  geht  aber  auch  nicht  undeutlich  aus  einer  Stelle  sei-« 
ner  Schrift  De  Ungua  latirta  hervor,  wo  er,   nachdem 
er  die  Monate,  die  ihm  für  die  ältesten  gellen,  genannt 
bat,  dem  lanuarius  und  Februarius  das  Prädicat  ad  hos 
qui  additi  beilegt  ^).     Nur  Plutarch  erklart  sich  fizr 
2  wölf  Monate.     Numa,   sagt  er,   machte  den  Martins, 
der  anfangs  der  erste  Monat  war,  zum  dritten,  den  la« 
nuarius  und  Februarius,  die  sonst  die  elfte  und  zwölfte 
Stelle  einnahmen,  zum  ersten  und  zweiten.     Viele  be- 
baupim  jedoch,  setzt  auch  er  hinzu,  da(s  Numa  diese 
Monate  erst  zum  ursprünglichen,  nur  aus  zehn  Mona- 
ten bestehenden  Jahr  hinzugefügt  habe. 


*)   C.20. 

')  Fast.  1, 27, 43.  HI,  99, 119, 151.  N,  A,  m,  16.  Saium,  1, 12. 
Pofyh.  c.  1. 
')  LT.  coL36. 
n.  [2] 


20  Technische  Chronologie. 

Oyid  sagt  von  den  ältesten  Römern,  nachdem  er 
ihre  Unkunde  mit  grellen  Zügen  gesdiildert  hat  ^]: 

f/go  ofiimi  indociles  et  adhuc  ratione  carentes, 
Mensiius  egerunt  lustra  minora  decem. 

Anfius  erat,  decimum  cum  luna  repleverat  orbem. 
Hie  numerus  magno  tunc  in  honore  ßuU 

Seu  quia  tot  digiti  etc. 
Er  scheint  hiermit  andeuten  zu  wollen,  dafs  das  ur- 
sprüngliche Jahr  aus  zehn  Mondmonaten  bestanden 
habe.  Allein  sehn  nach  dem  Monde  abgemessene  Mo* 
nate  halten  nicht  304  Tage;  auch  wäre  ein  solches 
Mondjahr  eine  seltsame,  ganz  unerklärliche  Erschei- 
nung. Man  mu(a  es  aber  mit  den  Worten  des  Dich- 
ters nicht  ganz  genau  nehmen.  Er  will  wol  blo&  sa- 
gen, das  Jahr  besUnd  aus  zehn  Monaten,  und  dafc 
diese  nicht  etwa  das  Sonnenjahr  erschöpften,  sondern 
von  einer  ähnlichen  Dauer,  wie  im  spätem  Jahr  wa- 
ren, gibt  er  durch  die  Worte:  mensibus  egerunt  lun 
stra  minora  decem  hinreichend  zu  erkennen.  Yon 
einer  Ausgleichung  mit  dem  Sonnenjahr  ist  also  bei 
ihm  nicht  die  Rede.  Den  Grund  von  den  zehn  Mo- 
naten sucht  er  theils  in  der  Roheit  des  Urvolks,  theils 
in  der  Bedeutsamkeit  der  Zahl  zehn. 

Auch  Platarch  ist  der  Meinung,  dafs  das  Wesen 
der  uranfanglichen  Zeitrechnung  der  Römer  lediglich 
in  ihrer  Unwissenheit  begründet  war.  Sie  hatten,  sagt 
er<,  keine  Ahnung  von  der  Anomalie  des  Mondes  und 
der  Sonne;  er  meint  von  der  Incommensurabilität  des 
Sonnen-  und  Mondlaufs«     Ob  ihm,  wie  den  firühern 


*)  Fast.  m,ii9. 


Römer.  21 

Griechen^  nicht  selten  (1,264),  die  Zahl  360  blofs  für 
einen  Ausdnick  des  Sonnen jahrs  gelten  soll,  so  dafs  er 
nur  sagen  ivill,  ihr  Jahr  war  bei  aller  Anomalie  der 
Monate  ein  annus  vertens ,  oder  ob  die  Zahl  wirk- 
lich eine  Ueberlieferuog  für  sich  hatte,  ist  nicht  klar. 
Des-Vignoles  hätte  sie  für  seine  Hypothese  (1,69)  ge- 
brauchen können,  wenn  ihm  nicht  das  304tägige  Jahr 
noch  annehmlicher  geschienen  hätte  *), 

Es  ist  sehr  zu  bedauern,  dafs  der  unterrichtete  und 
gründliche  Gensorinus,  dem  wir  die  wichtigsten  Auf- 
schlüsse über  die  Zeitrechnung  der  alten  Völker  ver- 
danken ,  sich  über  das  romulische  Jahr  so  kurz  gefafst 
hat.  Er  legt  den  zehn  Monaten  die  oben  gedachte  Dauer 
bei,  ohne  von  einer  Ausgleichung  derselben  mit  dem 
Sounenjahr  zu  reden.  Dafs  ihm  aber  eine  solche  yoiv 
geschwebt  haben  müsse,  lehren  die  Worte,  womit  er 
sich  den  Uebergang  zu  dem  römischen  Jahr  bahnet: 
Sed,  ut  hos  annos  mittam,  caligine  iam  profimdae  ve- 
tustatis  obductos,  in  his  quoque,  qid  sunt  recentioris 
memoriae,  et  ad  'cursum  huiae  'vel  solis  instituti,  quanta 
Sit  varietasy  facile  est  cognoscere,  si  qms  vel  in  wtius 
Italiae  gentibus,  ne  dicam  peregrinis,  velit  anquirere. 
Nam  ut  alium  Ferentini,  alium  Lavinii,  itemque  Albani 
vel  Romani,  habuerunt  annum:  ita  et  aliae  gentes. 
Omnibus  tarnen  fuit  propositum,  suos  cii^i- 
les  annos,  varie  intercalandis  mensibus,  ad 
unum  verum  illum  naturalemque  corrigere. 

Bestimmter  äufsem  sich  Macrobius  und  Ser- 
vius*  Der  erste  macht  die  ältesten  Römer  zu  wah- 
ren Barbaren ;   denn  nachdem  er  der  304tägigen  Dauer 


*)    Chronol,  de  VHist,  Sainte  Tom.  11,  p.  ZS2, 


22  Technische  Chronologie. 

der  zehn  Monate  gedacht  hat»  gibt  er  folgende  ver- 
mathlich  von  ihm  selbst  ersonnene  Erklärung  in  Form 
einer  Notiz :  Cum  is  numerus  neque  solis  cursui,  neque 
bmae  rationibus  convenirety  nonnunquam  usu  T^eniebat, 
ut  Jrigus  anni  aestivis  mensibus',  et  contra  calor  hie^ 
malibus  provenireU  Quod  ubi  contigisset,  tan- 
tum  dierum  sine  ullo  mensis  nomine  patie- 
bantur  absumi,  quantum  ad  id  anni  tempus 
adduceret,  quo  caeli  habitus  instanti  mensi 
aptus   ini^eniretur. 

Etwas  annehmlicher  stellt  Servius  die  Sache 
dar  ^).  Nur  zehn  Monate,  sagt  er,  führten  ursprüng- 
lich eigene  Namen«  Dazu  kamen  noqh  propter  ratio-' 
nem  signorum  anni  (zur  Ausgleichung  mit  dem  Son- 
nenlauf) zwei  eingeschaltete  namenlose,  die  nachmals 
vom  lanus  und  Februus  benannt  wurden.  Er  scheint 
diese  Notiz  aus  Licinius  Macer  geschöpft  zu  haben, 
der  nach  Macrobius  ^)  den  Romulus  für  den  Urhe- 
ber des  Einschallens  bei  den  Römern  hielt«  Es  ist 
aber  sehr  unwahrscheinlich,  dafs  man  für  die  beiden 
Schaltmonate  keine  eigene  Namen  erfunden  haben  sollte. 
Undecember  und  Duodecember  lagen  ja  so  nahe. 

Dies  ist  alles,  was  wir  über  das  ursprüngliche  Jahr 
der  Römer  bei  den  Alten  aufgezeichnet  und  geurtheilt 
finden.  Man  sieht  leicht,  welches  weite  Feld  der  Com- 
bination  sich  hier  den  neuem  Forschem  eröffnete.  Ich 
würde  kein  Ende  finden,  wenn  ich  alle  ihre  Hypothe- 
sen sammeln  und  prüfen  wollte,  und  will  mich  daher 
nur  auf  die  Hauptansichten  beschränken. 


•)   Jdrirg.  Georg,  1,^3. 
')  Satum.l,i3, 


Römer.  23 

Scaliger  ^)  verwirft  das  zelmmonatliche  Jahr,  das 
er  ad  omnia  et  per  omnia  inutiUssimuan  nennt,  zugleich 
mit  der  Meinung  derer,  die  den  Hirten  Romulus  gern 
zu  einem  Meton  und  Callippus  machen  möchten.  Er 
glaubt,  dafs  das  römische  Jahr  gleich  anüeings  aus  zwölf 
nach  dem  Monde  geregelten  Monaten  bestanden  habe, 
als  wovon  die  Wörter  CcJendaei  Nonae,  Idus ,  und 
das  Beginnen  des  römischen  Tages  mit  der  Mittemacht 
hinlänglich  zeugten.  Wie  der  letztere  Umstand  auf 
ein  Mondjahr  hindeute,  begreift  man  nicht;  wenig- 
stens finden  wir  bei  den  alten  Völkern,  die  ihre  Mo- 
nate nach  den  Phasen  abmafsen,  einen  ganz  andern 
Tagsanfang  (1,80) ;  aber  die  Benennungen  der  drei  Haupt- 
epocben  des  römischen  Monats  beweisen  allerdings,  dals 
zu  Rom  einmahl  ein  solches  Jahr  gebräuchlich  sein 
muiste,  wenn  auch  gerade  nicht,  dafs  es  kein  tflieres 
von  einem  andern  Charakter  gegeben  habe« 

Auch  Dodwell  ')  findet  ein  304  tägiges  Jahr,  des- 
sen Anfang  weder  zu  gleicher  Mondgestalt,  noch  zu 
gleicher  Jahrszeit  zurückkehrte,  den  Zwecken  einer  bür- 
gerlichen Zeitrechnung  ganz  unangemessen.  Aber  die 
zehn  Monate,  die  auch  die  Albaner  hatten,  nimmt  er 
in  Schutz.  Es  ist  klar,  dafs  diese  Monate,  wenn  sie 
das  Sonnenjahr  erschöpfen  sollten,  zum  Theil  bedeu- 
tend länger  sein  mufsten,  als  im  spätem  römischen 
Jahr.  Nun  hat  uns  Censorinus  die  merkwürdige 
Notiz  aufbewahrt  ^),  dafs  der  Martius  bei  den  Albanern 
36,   der  Mains  22,  der  Sextilis  18,  der  September  16, 


■)   Emend,  iemp,  11,  p.  1720*. 
')    De  Cyclis  X,  108. 
')   €.22. 


24  Technische  Chronologie. 

bei  den  Tusculanem  der  Quintilis  36,  der  October  32, 
und  bei  den  Aricinem  der  October  39  Tage  bielt;  und 
da  auch  Plutarch  von  einer  ähnlichen  Verschieden- 
heit der  Monate  bei  den  ältesten  Römern  spricht,  so 
nimmt  D  od  well  keinen  Anstand,  ihnen  ein  zehn« 
monatliches  Jahr  von  einer  ähnlichen  Beschaffenheit 
wie  das  der  Albaner  beizulegen,  und  das  Jahr  von 
304  Tagen  einem  Irrthum  zuzuschreiben,  der  die  spä- 
tere Länge  der  Monate  auf  die  frühem  übertrug. 

Es  hat  aber  diesem  kurzen  Jahr  auch  nicht  an 
Vertheidigem  gefehlt.  Dahin  gehört  Erycius  Pu- 
teanus, dem  die  Gommensurabilität  desselben  und 
der  achttägigen  römischen  Woche,  auf  die  auch  Des- 
Vignoles  ^)  und  andere  viel  Gewicht  legen,  zuerst 
merkwürdig  geschienen  hat.  SoU  Romuli  anno,  sagt 
er  in  seiner  Schrift  de  Nundinis  Romanis  '),  nundinas 
exacto  conveniunt  numero.  Putes  prima  isla  originc 
vel  annum  nundinarum,  vel  nundinas  anm  causa  in* 
stitutas*  Annus,  rumirum  diebus  consiabat  CCCIF',  og^ 
doades  autem  XXXVIII  totidemqwß  nundinas  hi  dies 
CCCiy  ünplent*  Und  weiterhin:  Pukhra  sane  et 
concinna  lutec  nundinaria  ratio ,  guia  constans  et  sui 
semper  simHis;  quae  proinde  nuUo  cyclo  indigehat. 
Unus  annus,  omnis  annus;  unius  nundiiute,  annorum 
omnium. 

Gegen   Scaliger's   und   DodwelTs  Ausspruch, 
da(s   das   304tägige   Jahr   ohne  allen  Nutzen   gewesen 


')  A.a.O. 

^)  c.  4  und  7.    Die  kleine  Schrift  findet  sich  im  achten  Bande 
des  Thesaurus  von  G  r  ä  t  i  u  s . 


Römer.  25 

■ 

sei,  erhebt  sich  Julius  Pontedera  *).    Ein  Jahr  von 
zehn  Monaten,  sagt  er,  von  denen  keiner  vorzugsweise 
dem  Winter,   d.  i.    der  Unthätigkeit ,   gewidmet   war, 
mufsle,  da  es  unaufhaltsam  alle  Jahrszeiten  durcheilte, 
die  Menschen  zu  stätem  Fleifse  reizen.    Es  eignete  sich 
daher  ganz  Torzüglich  für  das  ackerbautreibende  Land 
des  Saturn.     Bei  der  Rückkehr  des  FrühÜDgs  ging  ein 
jeder  an  seine  Arbeit,  nicht  weil  es  der  Kalender,  son- 
dern  die   erste    warme  Luft   gebot;    man    ruhte   aus, 
wenn  der  stürmende   Winter  der  Feldarbeit  ein  Ziel 
setzte,  gleich  dem  Reisenden,    der  sich  durch  die  Um- 
stände,  nicht  etwa  durah  eine  Ephemeride  zum  Ein- 
kehren veranlafst  findet.     Zehn  Monate  von  einer  der 
spätem   ähnlichen  Dauer  sind  um  ein  Sechstel  kürzer, 
ab   das  Sonnenjahr,  ^o  dafs  sechs  solcher  zehnmonat- 
lichen Jahre  nahe  fänf  Sonnenjahre  geben.    Diesen  Zeit- 
raum nennt  er  Hexaeteris^  und  zeigt  in  einer  Tafel,  wie 
beide   Jahre  zusammenstimmten.     Lfifst  man  das  erste 
Sonnenjahr  am  1.  Martins,  das  zweite  am  1.  Mains,  das 
dritte  am  1.  Quintilis,  das  vierte  am  1.  September  und 
das  fünfte  am  1.  November  anfangen,   so  findet  man, 
bei  gehöriger  Beachtung  der  von  Gensorinus  ange- 
gebenen Dauer  der  Monate,   dafs  auf  die  vier   ersten 
Jahre  36S    und   auf  das  fünfte   364,   mithin   auf  die 
ganze  Hexaeteris  1824  Tage,  ein  Tag  weniger,   als  auf 
eben  so  viel  ägyptische,  2-^  Tage  weniger,  als  auf  eben 
so   viel  julianische  gehen.     So  viel  über  seine  Ansicht 
im  Allgemeinen.     Was  er  über  seine  Hexaeteris  weiter 


')  Antiquitatum  Latinarum  Graecarumque  enarraliones  atque 
emendationes ,  praecipue  ad  veteris  anni  rationem  attinentes 
(Patarü  1740,  4),  ep.  30  und  33. 


26  Technische  Chronologie. 

im  Einzelnen  sagt,  ist,  wie  alles,  was  er  über  die  Zeit- 
rechnung der  alten  Völker  geschrieben  hat,  ein  Gewebe 
zwar  sinnreicher,  aber  unhaltbarer  Hypothesen. 

Hl*.  Niebuhr  widmet  dem  304tägigen  Jahr  einen 
eigenen  Abschnitt  seiner  Römischen  Geschichte  un- 
ter dem  Titel:  lieber  den  Säcularcyclus  ^];  So 
wie  ihm  in  Rom  alles  auf  etrusLischen  Ursprung  hin- 
deutet und  ihm  die  ganze  älteste  Verfassung  der  Stadt 
durch  die  heiligen  Bücher  der  Etrusker  geordnet  er- 
scheint, so  sieht  er  auch  in  jenem  Jahr  eine  Schöpfung 
dieses  Volks,  und  zwar  eine  Schöpfung  von  tiefem  Sinn. 

Der  Säcularcyclus,  mit  dem  er  es  in  Verbindung 
bringt,  soll  folgende  Einrichtung  gehabt  haben.  Sechs 
304tägige  Jahre  kommen,  wie  wr  eben  gesehen  haben, 
bis  auf  2-^  Tage  mit  fünf  juliaiuschen  überein.  Dies 
ist  das  Lustrum  der  altem  nömer.  Ihr  Saeculwn  hielt 
HO  Jahre  ')  oder  22  Lustra,  Um  nun  diese  mit  der 
Sonne  auszugleichen,  schalteten  sie  zweimahl,  am  Ende 
des  elften  und  zwei  und  zwanzigsten  Lustri,  einen  Mo- 
nat von  24  Tagen  oder  drei  Nuudinis  ein,  und  so  er- 
hielt der  ganze  Säcularcyclus  40176  Tage,  welche  bis 
auf  etwa  15  Stunden  mit  HO  tropischen  Jahren  über- 
einstimmen, dahingegen  110  Julian ische  Jahre  von  eben 
so  vielen  tropischen  um  21  Stunden  abweichen;  der  so 
eingerichtete  Säcularcyclus  von  22  Lustris,  110  Sonnen- 
jahren, 132  romulischen  Jahren,  5022  Nundinis,  und 


«)  Th.I,  S.  192ff. 

*)   HieiTon  unten.  Für  jetzt  erinnere  man  sich  nur  an  die  Verse 
Cerlus  undenos  decies  per  annos 
Orbis  ut  cantus  referaique  ludos 
aus  dem  Carmen  saeculare  des  Horaz. 


Römer.  27 

40176  Tagen  stimmte  also  genauer  mit  dem  Himmel 
überein,  als  der  julianische  Schal icydus.  —  Allerdings, 
wenn  sich  nur  mit  einiger  Sicherheit  nachweisen  liefse, 
dafs  dieser  durch  eine  sinnreiche  Combination  gebildete 
Cjclus  wirklich  einmahl  bei  den  Etruskem  und  ältesten 
Römern  in  Gebrauch  war. 

Ein  wesentlicher  Bestandtheil  desselben  ist  das 
304tägige  Jahr  gerade  nicht.  Man  könnte  ihn  eben 
so  gut  auf  das  360tägige  Jahr  beim  Plutarch  (2^  19) 
gründen ,  das  ebenfalls  eine  volle  Zahl  von  Nundinis 
enthält.  Nähme  man  an,  dafs  am  Ende  von  je  fünf 
solcher  Jahre  ein  Monat  von  24  Tagen  oder  3  Nundinis, 
und  noch  ein  überzähliger  von  gleicher  Dauer  am  Ende 
des  elften  und  zwei  und  zwanzigsten  Lustri  eingeschal- 
tet wurde,  so  erhielte  man  einen  Cjclus  von  eben  so 
vielen  Nundinis  und  Tagen,  der  noch  den  nicht  unbe- 
deutenden Vorzug  hätte,  dals  er  sich  auf  ein  naturge- 
mäfseres  Jahr  gründete.  Dennoch  sei  es  fern  von  uns, 
ihn  für  etwas  mehr  als  einen  lusus  ingenii  ausgeben  zu 
wollen. 

Dafs  zu  Rom  ursprünglich  ein  Jahr  von  zehn  Mo- 
naten im  Gebrauch  war,  haben  wir  keinen  triftigen 
Grund  zu  bezweifeln.  Aber  nie  werde  ich  mich  über- 
reden, dafs  dies  Sonnen-  oder  Mondmonate  waren. 
Schon  oben  (1,63)  ist  die  Bemerkung  gemacht  worden, 
dafs  die  Zahl  von  zwölf  Monaten  nicht  wesentlich  zum 
Chaiacter  des  Sonnenjahrs  gehört,  und  daher  von  Völ- 
kern, für  welche  die  Mondwechsel  von  keiner  besondem 
Bedeutsamkeit  waren,  leicht  mit  jeder  andern  conven- 
tiouellen  vertauscht  werden  konnte.  Aber  die  wenig- 
stens rohe  Beachtung  der  Jahrszeiten  ist  überall  und 
zu  allen  Zeiten  als  ein  dringendes  Bedürfniis  gefühlt 


30  Technische  Chronologie. 

bezeichneten.      Dafs  die  Landbebauer  und  Scliiflafarer 
der  alten  Welt  von  je  her  fleifsig  auf  die  Erscheinungen 
der  Gestirne  in  der  Morgen-  und  Abenddämmerung  ach- 
teten, weifs  ein  jeder,   der  in  den  Dichtem  und  land- 
"v^irthschaftlichen  Schriftstellern  der  Griechen  und   Ro< 
mef  nicht  ganz  unbelesen  ist.     Man   erinnere  sich   aus 
dem  Obigen  (1,251),  dafs  Hippocrates  sieben  Jahrs- 
zeiten annahm,  indem  er  den  Frühling  mit  der  Nacht- 
gleiche,  den   Frühsommer  mit  dem  Frühaufgange  der 
Plejaden,   den  Spätsommer  mit  dem  Frühaufgange  des 
Sirius,  den  Herbst  mit  dem  Frühaufgange  des  Arktur, 
die  Saatzeit  mit  dem  Frühuntergange  der  Plejaden,  den 
Winter  mit  der  Sonnenwende  und  die  Baumpflanzungs- 
zeit mit  dem   Spätaufgange  des   Arktur  anfing.     Eine 
ähnliche  Bewandnifs  nun,  wie  mit  diesen  sieben  Jahrs- 
zeiten,    glaubt  Dodwell,    dafs  es  mit  den  zehn  Jahrs- 
zeiten oder  sogenannten  Monaten  der  Albaner  und  älte- 
sten Römer  nicht  allein,  sondern  auch  mit  dem  sechs- 
monatlichen   Jahr    der    Akamaner    und    Garer,     dem 
viermonatlichen  der  allem  Aegypter,    und  dem  drei- 
monatlichen der  Arkadier  hatte,    wovon  Plutarch, 
Gensorinus,  Macrobius  ^)  und  andere  reden.     Das 
Wort  fXTjv,    mensis,    Monat,   das  offenbar  vom  Monde 
entlehnt  (1,256)    und  vielleicht  spätem  Ui*sprungs  ist, 
hat  man,  sagt  er,   durch  einen  Mifsgriff  auf  die  alten 
siderischen  Jahreinschnitte  übergetragen.    Das  Jahr  aller 
dieser  Völker  war  ein  Sonnenjahr,  das  dem  Ackerbau 
und  der  Schiffahrt -allein  zusagt. 

Es  können  aber  auch  die  zehn  Jahreinschnitte  der 
ältesten  Römer  durch  ihre  Hauptbeschäftigungen  bedingt 


*)   Fita  Numae  1.  c.   De  die  naL  c.  19.  Saturn.  1, 12. 


Römer.  31 

gewesen  sein,  wie  dies  nach  Kirascheninikow's  Yer- 
Sicherung  *)  bei  den  Kamtschadalen  der  Fall  ist, 
die  ihr  Jahr  gleichfalls  in  zehn  ungleiche  Ahschnille 
theilen. 

Will  man  sich  indessen  die  ungleichen  Monate 
nicht  gefallen  lassen,  nun  so  verlheile  man  die  360 
Tage,  die  Plutarch  als  die  Dauer  des  ursprünglichen 
römischen  Jahrs  nennt,  auf  zehn  gleiche.  Dann  er- 
hält das  Jahr  des  Romulus  eine  ähnliche  Form,  wie 
das  Pr y tan en jähr  der  Athener  (1,289). 

Doch  genug  von  einem  Gegenstande,  von  dem  wir 
so  gut  wie  gar  nichts  wissen ,  und  der  sich  du^h 
die  scharfsinnigsten  ComLinationen  nie  ganz  aufs  Reine 
bringen  lassen  wird. 

n.   Jahr  des  Numa. 

Die  alten  Schriftsteller  sind  darüber  einverstanden, 
dafs  das  ursprüngliche  Sonnenjahr  der  Römer  frühzeitig 
zu  einem  Mondjahr  umgebildet  worden  ist.  lunius 
Gracchanus,  einer  der  altem  römischen  Geschieh t- 
schreiber,  legte  nach  Gensorinus  diese  Aenderung 
dem  Tarquinius  bei,  ohne  Zweifel  dem  Priscus; 
denn  da  er  nach  Macrobius  den  Servius  Tullius 
als  den  Urheber  der  Einschaltung  ansah,  so  mufs  er 
sich  das  Mondjahr  selbst  älter  als  die  Ausgleichung  des- 
selben mit  der  Sonne  gedacht  oder  geglaubt  haben, 
dals  die  Römer  erst  ein  reines  Mondjahr  hatten,  ehe 


*)  Histoirt  ei  däscription  du  Kamtchatka  (Amsterdsra  1770) 
Th.  I.  S.  26. 


32  Technische  Chronologie. 

sie  ein  gebundenes  erhielten  ^  wenn  nuin  anders  an- 
nehmen darf,  dafs  die  römischen  Schriüsteller  die  No- 
tizen, die  sie  von  der  frühem  Zeitrechnung  ihres  Volks 
geben,  nach  richtigen  astronomischen  Principien  abge- 
wogen haben.  Der  noch  ältere  Fulvius  Nobilior 
und  mit  ihm  die  jungem  ohne  Ausnahme  machen  da- 
gegen den  Numa  zum  ersten  Yerbesserer  des  römi- 
schen Kalenders,  was  nichts  weiter  sagen  soll,  als  dais 
die  Einführung  von  zwölf  Monaten  und  die  Bestim- 
mung der  Dauer  des  Jahrs  zu  355  Tagen  einer  uralten 
römischen  Gesetzgebung  angehören. 

Ich  habe  hier  die  beiden  wesentlichsten  Punkte 
der  Reform  genannt  ^),  über  die  wir  jetzt  den  Haupt- 
gewährsmann, den  Gensorinus,  vernehmen  wollen. 
Nachdeifi  er  vom  romulischen  Jahr  geredet  hat,  fährt 
er  also  fort:  ,, Nachmals,  sei  es  vom  Numa,  wie 
,, Fulvius,  oder  vom  Tarquinius,  wie  lunius 
„behauptet,  sind  12  Monate  und  355  Tage  eingeführt 


*)  Am  ausfühiiiclisten  handeln  von  ihr  Gensorinus  c.  20, 
Solinus  c.l  und  Macrobiu^  &r/i/m. 1, 13.  Der  Hinzufügung 
des  lanuarius  und  Febmarius  zu  den  urspränglichen  zehn  Monaten 
gedenken  kurz  Livius  1, 19,  Ovidius  F<ist.  I,  43  und  in,  151, 
Aurelius  Victor  de  vir.  illustr,  c.  3,  Florus  1,2  und  Cas- 
siodorus  Chron,  p.  381  (ed.  1679)*  Mit  allen  im  Widerspruch 
ist  Eutropius,  wekin  er  Brev.  I,  3  vom  Numa  sagt:  Annum 
descripsit  in  X  menses,  prius  sine  aliqua  computatione  co/t- 
/usum»  Arntzen  an  der  angeführten  Stelle  des  Aur.  Victor 
schlägt  Yor,  das  Komma  nicht  hinter  menses,  sondern  hinter  <fe- 
scripsit  zu  setzen.  Aber  annum  describere  in  menses  ist  ein 
solenner  Ausdruck,  der  sich  unter  andern  an  den  obigen  Stellen 
des  Livius  und  Florus  findet.  Wahncheinlicher  ist  es,  dals 
das  Zahlzeichen  verdorben  ist. 


RÖMBR«  33 

,, worden,  wiewohl  der  Mond  mit  seinen  zwölf  Um- 
„laufen  nur  354  Tage  auszufüllen  scheint.  Da(s  aber 
,,ein  Tag  mehr  genommen  wurde,  geschah  entweder 
,,au8  Irrthum,  oder,  was  mir  wahrscheinlicher  ist,  aus 
,,  jenem  Abei^lauben,  nach  welchem  die  ungerade  Zahl 
,,fiir  voll  und  glücklicher  gehalten  wird.  Gewifs  ist 
„es,  dafs  zu  dem  frühern  Jahr  51  Tage  kamen,  und 
,,da  diese  nicht  zwei  Monate  ausfüllten,  so  wurde  je- 
,,dem  der  sechs  hohlen  Monate*'  (den  30üigigen  des 
Romulus)  „ein  Tag  genommen,  wodurch  zusammen  57 
,,Tage  entstanden,  aus  denen  zwei  Monate,  der  lanua- 
,,rius  zu  29  und  der  Februarius  zu  28  Tagen,  gebildet 
,, wurden.  So  erhielten  also  alle  Monate  eine  volle 
,,nnd  ungerade  Anzahl  von  Tagen,  den  Februarius  aus- 
,, genommen,  der  allein  hohl  blieb  und  defshalb  für 
„minder  glücklich  als  die  übrigen  galt."  In  Ansehung 
der  Epitheta  plenus  imd  cwms  verdient  bemerkt  zu 
werden,  dais  der  römische  Sprachgebrauch  dem  griechi- 
schen entgegengesetzt  ist  (1,266).  Wegen  des  numerus 
impar  vergleiche  man  des  Servius  Anmerkung  zu 
dem  numero  deus  impare  gaudet  des  Yirgil  ^).  Auch 
beim  Plinius  heifst  es  '):  Impares  numeros  ad  om- 
nia  vehementiores  credimuSy  und  beim  Festus:  Im- 
parem  numerum  untiqui  prosperionem  hominibus  esse 
crediderunt. 

Wesentlich  in  gleichem  Sinne  mit  Censorinus 
äufsem  sich  Solinus  und  Macrobius.  Das'Jahr 
des  Numa  hatte  hiemach  folgende  Einrichtung: 


«)  Eclog.Yni,1S. 

»)  if.  iv.  xxvm,  5. 

n.  [3] 


34  Technische  Chronologie. 

Martiüs  31  Tage 

Aprilis  29     - 

Maius  31     - 

lunius  29     - 

Quintilis       31 

Sextilis  29     - 

September    29     - 

October  31 

November     29     - 

December      29     - 

lanuarius       29     - 

Februariua  28 
Macrobiua  "will,  cUfa  nach  diesen  Monaten  yon  An- 
fiing  an  ganz  ordentlich  datirt  worden  sei,  gerade  wie 
im  spätem  Jahr.  In  den  yier  ein  und  dreüsigtagi- 
gen  Monaten,  sagt  er,  waren  .die  Nonae  septimanae^ 
in  den  übrigen  qidntanae,  und  in  allen,  mit  Aus- 
nahme des  Februarius,  wurde  nach  den  Idus  a.  d. 
septimuni  decimum  Calendas  gesagt. 

Die  355- Tage  finden  sich  auch  beim  Plinius  er- 
wähnt. Er  gedenkt  nämlich  *)  einer  angeblich  von 
Numa  geweihten  Statue  des  lanus  mit  den  Worten: 
Praeterea  lanus  gerriinus  a  Numa  rege  dicatusp  qui 
pads  beUiquß  argumento  colitur,  digids  ita  figuratts^ 
ut  trecentorum  quinquaginta  qiunque  dierum  nota,  per 
significaUonem  anni,  temporis  et  aeyi  se  deum  indica-- 
ret,  Macrobius  sagt  dagegen  von  diesem  Gott  '): 
Simulacrum  eius  plerumque  ßngitur  manu  deoctera  tre^ 
centorum  et  sinistra  sexaginta  et   quinque  numerum 


«)  i/.  iV.  XXXIV,  16. 
•)  Sätum.1,9. 


RÖMEA.  36 

retinens,  ad  demonstntndam  anni  dimensionem.  Man 
hat  den  Handschriften  su'vvider  den  einen  Schriftsteller 
durch  den  andern  verbessern  wollen ;  es  ist  aber  nichts 
zu  ändern.  Plinius  redet  yon  einer  uralten  Bildsäule 
des  lanus,  Macrobius  von  seiner  in  spätem  Zeiten 
gewöhnlichen  Darstellungsweise. 

Aber  auch  die  3SS  Tage  stehen  nicht  ganz  fest. 
Plutarch  versichert,  Numa  habe  den  Unterschied  des 
Sonnen*  und  Mondjahrs  zu  11  Tagen,  also  die  Dauer 
des  letztem  zu  354  Tagen  angenommen  ^).  Macro- 
bius, der  beide  Angaben  vor  sich  hatte,  sucht  sie  da- 
durch zu  vereinigen,  daüs  er  den  Numa  erst  das  Jahr 
zu  354  Tagen  bestimmen,  aber  paullo  post  in  honorem 
imparis  numeri  noch  einen  Tag  zum  lanuarius,  der 
anfangs  mit  dem  Februarius  von  gleicher  Dauer  ge- 
wesen sein  soll,  hinzufügen  lälst.  Die  355  Tage  be- 
stätigen sich  vollkommen  durch  das  Wesen  der  nach- 
maligen Reformen  des  römischen  Jahrs;  die  354  haben 
ihren  Grund  vermuthlich  in  einer  spätem  Klügelei, 
welche  die  Sache  aus  dem  Standpunkt  der  Theorie  be- 
trachtete. 

Dem  sei  jedoch,  wie  ihm  wolle,  man  sieht,  dafs 
Noma^  den  Einfluüs  abgerechnet,  den  Aberglauben  und 
Unwissenheit  auf  seine  Kalendereinrichtungen  haben 
mochten,  sein  Jahr  nach  dem  Monde  abgemessen  hat, 
der  in  354  Tagen  8  St.  48'  zwölfmal  zur  Sonne  zu- 
rückkehrt und  sein  Licht  erneuet.  Dies  versichern 
auch  die  Alten  allgemein,  am  bestimmtesten  L'ivius 
mid  Solinns.     Der  erste  sagt:    Omnium  primum  ad 


*)   An  der  mehnnals  angeführten  Stelle  aus  dem  Leben  des 
Nnma. 

[3'] 


36  Technische  Chronologie. 

cursum  bmae  in  duodecim  menses  describit  annum; 
der  andere:  Cum  ratio  iUa  ante  Numam  a  lunae  cursu 
discreparet,  bmari  computatione  annum  peraequarunt. 
Es  ist  sehr  "vvahrscbeiDlich,  ^(s  er  sein  Mondjahr  von 
den  griechischen  Kolonien  aus  Unteritalien  entlehnt 
hat,  die  damals  ohne  Zweifel  in  dem  Besitz  einer 
höhern  Cultur  waren,  als  die  UiTÖlker  des  Landes. 
Das  Mondjahr  war  aber  zu  innig  in  den  Cullus  der 
Griechen  verflochten,  als  dafs  man  es  nicht  unter  ihre 
ältesten  Institute  zählen  mülste.  Auf  diesen  Ursprung 
des  römischen  Mondjahrs  deutet  selbst  die  alte  Tradi- 
tion von  einem  Verkehr  des  Numa  mit  Pythagoras,  die 
Ovid  in  folgenden  Versen  berührt: 

Primus  oUviferis  Romam  deductus  ab  arvis 

PompiUus  menses  sensit  abesse  duos; 
Siye  hoc  a  Samio  doctus,  qui  posse  renasci 

Nos  putat,  Egeria  sive  monente  sua, 

Fast.m,  151. 
eine  Tradition  übrigens,  die  schon  Cicero  mit  Recht 
für  einen  insfeteratus  error  erklärt  ^). 

War  denn  aber  das  355tägige  Jahr  auch  wirklich 
ein  Mondjahr?  Die  Alten  machen  die  Sache  ihrer  be- 
stimmten Versicherung  ungeachtet  dadurch  wieder  zwei- 
felhaft, dais  sie  den  Numa  zugleich  zum  Urheber 
der  Schalteinrichtung  machen,  wodurch  späterhin  das 
355tägige  Jahr  mit  der  Sonne  ausgeglichen  wurde.  Es 
geschah  dies  vermittelst  eines  Monats  von  abwechselnd 
22  und  23  Tagen,  des  sogenannten  Mercedonius, 
der  ein  Jahr  ums  andere  eingeschaltet  wurde  und  dessen 
Wesen  unten  näher  erklärt  werden  wird.     Ein  solcher 


*)  DeRepubl.U.iS.  Vergl.  Di on.  Halic.  H, 59. 


Römer.  37 

Monat  vertragt  sich  aber  durchaus  nicht  mit  dem  Charak- 
ter eines  Mondjahrs;  denn  wenn  ein  Ja&r  diesen  Na- 
men mit  Recht  fahren  soll,  so  ist  es  nicht  hinlänglich, 
dafs  seine  Dauer  nach  dem  Monde  abgemessen  ist ;  auch 
die  einzelnen  Monate  müssen  dei^stalt  geordnet  sein,  dafs 
ihr  Anfang  immer  zu  der  ersten  Erscheinung  der  Mond- 
sichel zurückkehrt.  Dies  bedachte  Dio  Cassius  nichti 
wenn  er  sagt,  dafs  die  Römer  bis  auf  lulius  Cäsar  ihre 
Monate  nach  den  Mondwechseln  abgemessen  haben  ^), 
und  dies  bedenken  eben  so  wenig  Scaliger  und  mit 
ihm  fast  alle  neuere  Chronologen,  wenn  sie  yon  Mond- 
schaltjahrcykeln  reden,  die  auf  den  kurzen  Schalt- 
monat gegründet  gewesen  sein  sollen.  Sobald  die  Reh- 
mer ihren  Meroedonius  einzuschalten  anfingen,  erhielten 
sie  ein  cyklisches  Sonnenjahr,  wie  wir  dergleichen 
bei  mehreren  Völkern  antreffen.  Sollte  das  355tägige 
Jahr  von  Anfang  an  ein  solches  werden,  so  begreift 
man  nicht,  warum  nicht  lieber  gleich  ein  dem  juliani« 
sehen  analoges  Sonnenjahr  eingeführt  wurde*  War  aber 
zvkersl  ein  Mondjahr  im  Gebrauch,  das  nach  griechischer 
Weise  durch  einen  von  Zeit  zu  Zeit  eingeschalteten 
Mondmonat  mit  der  Sonne  ausgeglichen  wurde,  so  ist 
es  gar  wohl  denkbar,  dafs  man,  als  die  Form  der  Ein- 
schaltung und  mit  ihr  der  ganze  Charakter  der  Zeit- 
rechnung geändert  wurde,  die  Dauer  sowohl  des  Jahrs 
als  der  einzelnen  Monate,  an  die  man  einmahl  gewöhnt 
war,  beibehielt. 


')  npo(  tag  Tijc  9'iXi7vif)(  mpio^ouc  ^^i  xal  rort  touc  fJii]va<  ^^^' 
Hisi.hXLni,  C.26.  In  gleichem  Irrthum  sind  Appianus  und 
Lydus  befangen.  De  bell,  civ,  L  11  am  Schlafs.  De  mensi" 
bus  p.  30. 


38  Technische  Chronologie. 

So  würden  wir  lutheilen  müssen,  wenn  es  ans 
auch  an  Beweisen  feUte,  dafs  die  Monate  des  Numa 
wahre  Mondmonate  gewesen  sind.  Es  gebricht  uns 
aber  daran  keinesweges.  Ich  halte  es  für  nöthig,  die« 
sen  wesentlichen  Punkt  der  altem  römischen  Zeitrech- 
nung mit  einiger  Ausführlichkeit  zu  erörtern  und  über 
jeden  Zweifel  zu  erheben ,  da  ihn  Petavius,  der 
unter  den  neuem  Chronologen  allein  eine  richtige  An- 
sicht von  demselben  gehabt  hat,  sehr  ungenügend  be- 
handelt  *). 

Zu  den  Beweisen  gehört  zuvörderst  das  Wort  mensis 
selbst.  Mensis  i  sagt  Yarro  '),  a  bmae  motu  dictus, 
dum  a  sole  profecta  fursus  redit  ad  eum  hma,  quod 
graece  oUm  dicta  fx^vtj,  wide  illorum  firlng,  ab  eo  nch- 
stri.  So  wie  es  etymologisch  und  geschichtlich  ausge- 
macht ist,  dafs  ju»]v  und  juiccg  bei  den  Griechen  einen 
Mondmonat  bezeichnet  hat,  so  wird  auch  das  davon 
entlehnte  mensis  bei  den  Römern  keine  andere  Bedeu- 
tung gehabt  haben,  und  wer  dies  bezweifeln  wollte, 
dürfte  nur  die  Eintheilung  des  römischen  Monats  und 
die  uralten  Benennungen  seiner  Hauptepochen  in  Er- 
wägung ziehen. 

Die  Idus  zer&Uten  den  Monat  in  zwei  Abschnitte 
von  ungleicher  Dauer,  indem  sie  in  den  31tägigen  Mo- 
naten des  Numa  dem  ISten  und  in  den  übrigen  dem 
13ten  Tage  den  Namen  gaben.  Der  erste  Abschnitt 
hielt  also  14  oder  12,  der  zweite  17  Tage.  Schon  diese 
Zahlen  machen  es  wahrscheinlich,  dafs  die  Calendae 
ursprünglich  der  ersten  Erscheinung  der  Mondsichel  in 


*)  Docir*  temp,  ü,  74. 
')   I.e.  col. 32. 


RÖMBR.  39 

der  Abenddämmerung  und  die  Idu8  dem  Vollmonde 
entsprachen.  Noch  unzweideutiger  geht  dies  aus  folgen- 
der  Notix  beim  Macrobius  hervor^):  Priscis  temporir 
busi  antequam  fitsti  a  Cn.  Flavio  Scriba  imdtis  patribus 
in  omnium  notitiam  proderentur  (dieses  Factum  gehört 
in  das  Jahr  450  d.  St.),  pontifici  minori  haec  provincia 
delegabaturf  ut  noyae  bmae  primum  obsefvaret  adspe- 
dum,  visanuiue  regi  sacnficulo  nunUaret;  itaque  sacrir 
ficio  a  rege  ac  minore  pontißce  cekbnUo,  idem  pon* 
tifex  caLua,  id  est  *vocata,  in  CapitoUum  plebe  iuxta 
curiam  Calabram,  quae  casae  ßomuli  proxima  est, 
quot  numero  dies  a  calendis  ad  nonas  superessent  pro* 
nuntiabat,  et  quintanas  quidem  diclo  quinquies  nrerbo 
xaXw,  septimanas  repetito  septies  praedicabat.  F'erbum 
auiem  xaXw  graecum  est,  id  est  voco,  et  hone  diem, 
qui  ex  bis  diebus,  qui  calarentur,  primus  esset,  placuit 
calendas  vocari.  Hinc  et  ipsi  curiae,  ad  quam  ^ocof 
bantur,  Ckdabrae  nomen  datum.  Diese  Nachricht  trägt 
ganz  das  Geprtfge  der  Wahrheit  an  sich.  Ist  sie  aber  ge- 
gründett  ^  muls  das  römische  Jahr  einmahl  ein  Mond- 
jabr  gewesen  und  auch  eine  geraume  Zeit  geblieben 
sein,  wenn  es  gleich  wohl  möglich  ist,  dafs  alles,  was 
Macrobius  beschreibt,  selbst  nach  Abschaffung  dessel- 
ben noch  eine  Zeitlang  als  eine  leere  Geremonie  fortbe- 
stand, da  die  Plebs  den  Kalender  noch  nicht  kannte, 
mithin  noch  über  die  Calenden  und  Nonen  belehrt  wer- 
den muiste. 

Einem  der  PontiGces  lag  es  also  ob,  Aus  der  Gestalt 
der  zuerst  wahrgenommenen  Mondsichel  zu  beurtheilen, 
wie  viel  Tage  bis  zu  den  Nonen,  d.  i.  bis  zum  ersten 


*)  50/11/71.1,15. 


40  Technische   Chronologie. 

Viertel,  noch  zu  zäUen  waren;  denn  dieser  Einschnitt 
des  Monats,  der  allemahl  acht  Tage  vor  den  Idus  oder 
dem  Yollmonde  hei'ging,  kann  ursprünglich  nichts  an- 
ders, als  die  luna  dixprofiog  bezeichnet  haben.  Nach 
Macrobius  sprach  er  das  lautschallende  Wort  xaXSi 
fünf  oder  siebenmahl  hintereinander  aus.  NachYarro, 
der  diesen  alterthümlichen  Gebrauch  kurz  berührt  *), 
rief  er  dagegen  entweder  quinque  calo  luno  ffoveUa^ 
oder  Septem  calo  Inno  Nosfclla»  Scaliger  will  lana 
Nouella  gelesen  wissen  ').  In  Yarro's  Landbau  ^)  fragt 
nämlich  jemand,  was  die  luna  quadripartita  mit  dem 
Feldbau  zu  schaffen  habe,  worauf  geantwortet  wird: 
Hast  du  denn  nie  gehört,  dafs  die  Landleute  vom  ersten 
und  letzten  Viertel  sprechen?  und  dies  wird  folgender- 
mafsen  ausgedrückt:  Nunquam  rure  audisti  octaifo  la^ 
nam  et  crescentem  et  contra  senescentem?  Hier  steht 
also  das  alterthümliche  lana  geradehin  für  Luna,  das 
auch  in  den  Ausgaben  daneben  gesetzt  ist.  Auch  beim 
Macrobius  heifst  es  ^):  Pronuntiaifit  Nigidius,  Jpolli" 
nem  lanum  esse,  Dianamque  lanam,  apposita  d  lit^ 
fern,  quae  saepe  i  litterae  causa  decoris  apponitur,  ut 
reditur,  redhibetur,  redintegratur  et  similia»  Allerdings 
apostrophirt  der  Pontifex  das  neue  Licht;  es  scheint 
aber  obiger  Ausruf  keiner  Aenderung  zu  bedürfen.  Mö- 
gen Inno  und  lana  oder  Diana  ursprünglich  bei  den 
Römern  Namen  von  einerlei  Gottheit  gewesen  sein,  oder 
nicht,  was  ich  gelehrtern  Allerthumsforschem  zu  unter- 


')  A.  a.  0.  col.  35.  Vei*gl.  Lydus  p.  34. 

')  Emend,  Ump,  1.  II.  p.  174. 

')  1.37. 

*)  Saturn,  1^9. 


Römer.  '        41 

sacben  überlasse;  gewifs  ist  es,  da(s  die  Calendae  der 
luno  geweibt  waren,  und  zwar  der  luno  Lucina. 
Oyid  sagt: 

yindicat  Ausonias  lunonis  cura  Calendas: 
Idibus  alba  Jovi  gnmdior  agna  cadit, 

Nonanun  tutela  deo  caret  etc. 

Fast.  I,  65 ; 
und  an  einer  andern  Stelle: 

An  faciant  mensem  luces,  Lucinaque  ab  Ulis 
Dicar,  et  a  nuUo  nonuna  mense  traham? 

Ib.  VI,  39. 
Luces  ist  bier  das  neue  Liebt,  und  von  diesen  lucibus 
eben  wurde  luno  Lucina,  d.  i.  die  Liebt-  oder  ans 
Liebt  bringende  genannt,  welchen  Namen  sie  be- 
kanntlich auch  als  Geburtshelferinn  führte.  Dieser 
Umstand  dient  also  zu  einer  Andeutung  mehr  von  der 
ursprünglichen  Stellung  der  Gdendae,  was  auch  schon 
Macrobius  bemerkt;  denn  nachdem  er  gesagt  hat, 
dafs  ,an  den  Calendis  von  einem  Pontifex  der  luno  ein 
Opfer  dax^bracht  wurde,  setzt  er  hinzu  ^):  Cum  emm 
initia  mensiwn  maioi^s  nostri  ab  exortu  bmae  serva- 
^ermt,  iure  lunoni  addixenmt  Calendas  ^  lunam  ac 
lunonem  eandem  putantes. 

Die  Athener  zählten  die  Tage  der  letzten  Dekade 
ihrer  Monate  in  rückgängiger  Ordnung  (1,  280).  Es 
scheint  dies  der  Gebrauch  mehrerer,  wo  nicht  aller 
griechischen  Völker  gewesen  zu  sein,  ein  Gebrauch,  der 
zugleich  mit  dem  Mondjahr  von  ihnen  zu  den  Hörnern 
übergegangen  sein  muls.  Macrobius  sagt  dies  aus* 
drücklieb  ^) :   Lata  vtteres  incolae  morem  Graeciae  in 

*)   Saturn,  1, 15.  Vergl.  Ljdus  p.  36. 
'}    SaturnA,i6. 


42  Technische  Chronohgie. 

numerandis  mensiwn  diehus  secuti  sunt,  ut  retrovettwn 
cedente  numero  ab  augmento  in  dinUnutionem  compu- 
tatio  resoluta  desineret.  Wäre  diese  unsem  Begriffen 
nach  unbequeme  Zahlungsweise,  die  auf  alle  drei  Perio- 
den angewendet  worden  ist,  vom  Monde  unabhängig 
gewesen,  so  würde  sich  kein  befriedigender  Grund  dafür 
angeben  lassen.  Entsprachen  aber  die  Calendae  der 
ersten  Phase,  die  Nonae  dem  ersten  Viertel,  die 
Idus  dem  Vollmonde,  so  war  es  ganz  natürlich,  dafs 
man  sich  durch  das  Datiren  selbst  in  jedem  Augenblick 
die  Frage  beantwortete,  wie  lange  es  bis  zu  diesen  drei 
Epochen  noch  hin  sei« 

Die  Nonae  haben  ihren  Namen  daher,  weil  sie 
allemahl  die  Stelle  des  ante  diem  nonum  Idus  ein- 
nahmen. Neben  dieser  natürlichen  Etymologie  findet 
sich  beim  Varro  und  Festus  noch  eine  andere  sehr 
gezwungene,  nach  der  das  Wort  auf  die  erste  Mond- 
phase, die  nova  bma  Bezug  haben  soll,  quod  in  eas 
concurreret  prindpium  bmae,  wie  es  beim  letztem  heiist. 
Sie  dient  abermals  zum  Beweise,  daüs  die  Römer  über 
das  Wesen  ihres  altem  Jahrs  wenig  nachgedacht  haben. 
Auch  beim  Plutarch  kommt  sie  vor.  Er  wirft  die 
Frage  auf'),  warum  die  Römer  ihren  Monat  in  drei 
Abschnitte  von  ungleicher  Dauer  getheilt  haben,  und 
beantwortet  sie  unter  andern  so:  ,,Es  geschah  deis- 
,,halb,  weil  sie,  die  Zeit  nach  den  Mondgestalten  ab- 
,, messend,  im  Verlauf  des  Monats  drei  Hauptverände- 
„rungen  am  Monde  wahrnahmen,  zuerst  die,  dafs  er, 
„mit  der  Sonne  in  Verbindung,  sich  gar  nicht  zeigt; 
„dann  die,  dafs  er,  ihren  Strahlen  sich  entwindend, 


')   Quaesi.Bom.XXTV. 


R  Ö  M  B  E.  43 

„in  der  Abenddiünmerong  encheint;  endlich  die,  dafi 
,,er,  ihr  gegenüberstehend,  mit  yoUem  Lichte  leuch« 
,,tet.  Man  nennt  daher  seine  Unsichtbarkeit  Calendas, 
„yon  den  Wörtern  clam  und  celardf  seine  erste  Er- 
,,scheinnng  oder  die  Noufttjvia  Nonas,  vom  Worte  no- 
„iiitf,  und  sein  volles  Licht  Idus,  Aut  ro  xakXog  xtä 
,,r^  ci^o$."  Mögen  diese  Etymologien  geüadlen,  irem 
sie  wollen;  so  viel  ist  gewils,  dais  die  Intervalle  zwi- 
schen den  drei  Epochen  sich  mit  der  Ansicht,  aus  der 
sie  hervorgehen,  durchaus  nicht  vertragen;  denn  von 
der  G>n]unction  bis  zur  ersten  Phase  sind  nicht  fünf 
oder  gar  sieben  Tage,  und  von  der  letztem  bis  zur 
Opposition  mehr  als  acht,  wohl  zehn  bb  zwölf.  Plu- 
tarch  fühlt  dies;  denn  er  setzt  hinzu:  ,,Man  muis  es 
,,mit  diesen  Zahlen  so  genau  nicht  nehmen,  da  noch 
„jetzt,  wo  die  Astronomie  eine  so  grofse  Entwickelung 
,,  erhalten  hat,  die  Anonudien  des  Mondes  den  Erfisih- 
,,rungen  und  Rechntuigen  der  Mathematiker  nicht  sel- 
,,ten  Trotz  bieten."  Allein  selbst  diese  falsche  Ansicht 
der  Sache  gibt  zu  erkennen,  dafs  es  die  Mondwechsel 
waren,  durch  welche  ursprünglich  die  Galendae,  No- 
nae  und  Idus  bestimmt  wurden. 

In  Ansehung  der  Idus  ist  die  Sache  vollends  ent- 
schieden durch  alles,  was  die  Alten  über  den  Ursprung 
dieses  Worts  beibringen.  Beim  Macrobius  *)  findet 
man  eine  ganze  Reihe  Etymologien,  die  alle  darauf 
hinauslaufen,  dafs  die  Idus  ursprünglich  der  YoU- 
mondstag  waren.  Nur  einiges  davon  zur  Probe!  Zu- 
erst soll  Idus  vom  etruskischen  Itis  kommen,  das 
dieser  Schriftsteller  durch  Io\ns  fiducia  erklärt.     N€un 


■)   Satum.l,iS, 


44  Technische  Chronologie. 

cum  lovem  accipiamus  lucis  auctorem,  unde  et  Lucc- 
tium  Salii  in  carmine  canunt^  et  Cretenses  Aict  ttJv 
T^fiipav  ^ocant,  ipsi  quoque  Romani  diespitrem  appel- 
lant  ut  diei  patrem,  iure  hie  dies  levis  fiducia  'voca-- 
tuTy  Claus  lux  non  finitur  cum  solis  occasu,  sed  spien" 
dorem  diei  et  noctu  continuat  iUustmnte  luna,  quod 
semper  in  plerubmio,  id  est  media  mense,  fieti  seiet. 
Diem  igitur,  qui  *vel  noctumis  caret  tenebris,  lovis 
fiduciam  Tusco  nomine  "vocauenmt,  unde  et  omnes  idus 
lovis  ferias  observandas  sanxit  antiquitas,  Dais  die 
Idus  dem  lupiter  eben  so  wie  die  Calendae  der 
luno  geweiht  waren,  sagen  mehrexe  Alte,  und  da(s 
jener  aus  einem  ganz  ähnlichen  Grunde  Lucetius  hiefs, 
aus  welchem  diese  Lucina  genannt  wurde,  ist  mehr  als 
wahrscheinlich.  Lucetium,  sagt  Festus,  loueni  appel- 
labant,  quod  eum  lucis  esse  causam  credebant,  und 
Seryius  *):  Lingua  Osca  Lucetius  est  luppiter,  Actus 
a  luce,  quam  praestare  hominibus  dicitun  Martianus 
Capella  gebraucht')  Lucetia,  als  gleichbedeutend  mit 
Lucina,  auch  von  der  luno. 

Nach  einer  andern  von  Macrobius  mit  beson- 
derer Billigung  hervorgehobenen  Etymologie  soll  Idus 
der  Tag  heifsen,  qui  dividit  mensem.  Iduare  enim 
Etrusca  lingua  dividere  est,  Inde  ^idua,  quasi  ^alde 
Idua,  id  est  valde  div^isa.  Hiernach  wäre  also  Idus 
das  griechische  diXO|ui)]yui,  und  dies  läfst  sich  allerdings 
hören.  Noch  andere  Etymologien  bringen  das  römische 
Wort  mit  dem  griechischen   litiv  und  »dos  in  Yerbin- 


*)   Ad  yirg.  Aen^ISiySlO.    Nach  Gellius  iV.  ^.V,  12,  haue 
besonders  Nävius  dieses'  Beiwort  vom  lupiter  gebraucht. 

»)  iViti^/iae  n,  p.  37. 


Römer»  45 

düng.    Bei  allen  aber  liegt,  wie  gesagt,  der  Begriff  des 
Yollmondes  zum  Grunde. 

Nach  allem,  was  ich  hier  zusammengestellt  habe, 
wird  hoffentlich  niemand  weiter  zweifeln,  dafs  Numa's 
Jahr  ein  Mondjahr  gewesen  sei,  und  dafs  ein  solches 
lange  zu  Rom  bestanden  haben  müsse,  weil  es  sonst 
schwerlich  auf  Sprache  und  Verkehr  so  tief  eingewirkt 
haben  würde,  dafs  ein  bleibendes  Andenken  davon  sich 
bis  auf  die  spätesten  Zeiten  erbalten  konnte.  Ich  wie- 
derhohle hier  eine  schon  oben  (1,405)  gemachte,  für 
die  Zeiti*echnung  der  alten  Völker  wichtige  Bemerkung, 
dafs  unsere  regelmäfsige  Ai*t  zu  datiren,  nach  der  jeder 
Monat  seine  bestimmte,  unveränderliche  Zahl  von  Tagen 
erhält,  nicht  so  alt  ist,  als  man  gewöhnlich  abnimmt, 
und  dafs  der  Sinn  für  eine  solche  Genauigkeit  sich  erst 
spat  etwickelt  hat,  eigentlich  erst  seit  der  dur6h  lulius 
Cäsar  veranstalteten  Reform  der  römischen  Zeitrechr 
nung.  Früherhin  befanden  sich  die  Völker ,  mit  Aus- 
nahme der  Aegypter  und  (wenigstens  meiner  Ueberzeu- 
gung  nach)  der  Athener  seit  Meton,  alle  mehr  oder 
weniger  in  dem  Falle  der  Siculer,  von  denen  Cicero 
an  einer  oben  (1,  256)  beigebrachten  Stelle  spricht. 
Wäre  diese  Ansicht  unter  den  neuem  Chronologen  bis- 
her allgemeiner  gewesen,  so  würde  des  Streitens  über 
die  anticipirten  julianischen  Data  so  mancher  Begeben- 
heiten der  alten  Welt  weit  weniger  gewesen  sein.  Un*- 
möglich  können  die  römischen  Monate,  so  lange  das 
Mondjahr  bestand,  von  der  festen  Dauer  gewesen  sein, 
die  ihnen   Censorinus  und  Macrobius  beilegen^). 


*)  Es  ist  ein  Mifsgriff  des  letztern,  wenn  er  Saturn»  1, 15  schon 
Ton  Romulus  behauptet,  dafs  er  die  Dauer  seiner  Monate  zu 


46  Technische  Chronologie^ 

An  dem  Tage,  wo  der  gedachte  Pontifez  die  Mondsichel 
zuerst  In  der  Abenddämmerung  erldickte ,  rief  er  sein 
cedo ,  und  die  Calendae  scheinen  nun  allemahl  von 
der  nächsten  Mittemacht  an  gerechnet  worden  zu  sein ; 
denn  wir  haben  keinen  Grund  zu  bezweifeln,  dals  die 
Mitternacht  yon  je  an  die  Epoche  des  römischen  Tages 
geif^esen  bt.  Die  Mondsichel  zeigt  sich,  der  verschie- 
denen Lage  der  Ekliptik  zufolge,  bald  einen,  bald  auch 
wol  erst  zwei  oder  drei  Tage  nach  der  G>njunction. 
Der  Pontifex  mufs  daher  aus  ihrer  jedesmaligen  Starke 
zu  beurthellen  gehabt  haben,  ob  er  die  Nonen  funf- 
oder  siebentägig  zu  verkündigen  hatte ;  denn  ein  uralter 
Gebrauch  liefs  ihm  nur  die  Wahl  zwischen  beiden  Be- 
stimmungen. Die  Nonae  wurden  so  in  die  Gegend  des 
ersten  Viertels,  und  die  acht  Tage  später  eintreffenden 
Idus  in  die  des  Vollmondes  geschoben.  Nach  den  Idus 
mag  man  immerhin,  wie  Macrobius  versichert,  ante 
diem  decimum  septimum  Cälendas  gesagt,  und  durch 
diese  SSählungsweise  den  Tag  der  Calendae  bestimmt 
haben,  wenn  trübe  Witterung  die  Beobachtung  der 
ersten  Phase  hinderte;  allein  man  hat  sich  zuverlässig 
erlaubt,  die  Intervalle  zwischen  den  drei  Hauptepochen 
des  Monats  um  einen  oder  zwei  Tage  zu  verlängern 
oder  zu  verkürzen,  so  bald  man  eine  Abweichung  yon 
den  Monderscheinungen,  denen  sie  angehören  sollten, 
wahrnahm.  Erst  als  durch  Einfuhrung  des  Mercedo*- 
nius  der  Kalender  von  den  Mondwechseln  ganz  on- 


31  und  30  Tagen  nach  dem  Monde  abgemessen  habe.  Es  ist 
mmiöglich,  in  dem  ältesten  Jahr  der  Römer,  wie  man  es  auch 
constniirt  sich  torstellen  mag,  eine  Spur  einer  Beziehung  auf  den 
Mondlaof  wahrzunehmen. 


RÖMSR.  47 

abhängig  geworden  war,  kann  die  regelmcUsigere  Dati- 
rungsweise,  nach  der  die  Monate  eine  ein  für  allemahl 
bestimmte  Zahl  von  Tagen,  und  die  Nonae  septimanae 
ihren  festen  Sitz  erhielten,  aufgekommen  sein. 

Es  gibt  nun  aber  ein  zwiefaches  Mondjahr,  das 
freie,  dessen  An&ng  allmälig  das  ganze  Sonnenjahr 
durchwandert,  und  ein  gebundenes,  welches  yon 
Zeit  zu  Zeit  dergestalt  mit  der  Sonne  ausgeglichen  wird, 
dais  einerlei  Monate  immer  auf  einerlei  Jahrszeit  haften 
(1, 67*68).  Das  Jahr  des  Numa  gehörte  entschieden 
zur  letztem  Klasse.  Unter  den  römischen  an  bestimmte 
Monatstage  geknüpften  Festen  gab  es  mehrere  von  ho- 
hem Alter^  deren  Bezug  auf  die  Jahrszeiten  unverkenn- 
bar ist,  z.  6.  die  Cerealia,  Robigalia,  Parilia 
oder  Palilia«  Die  letztem,  ein  ländliches  Frühlings- 
fest  '),  müssen  von  jeher  undecimo  Calendas  Maias 
gefeiert  worden  sein,  weil  nach  einer  uralten  Tradition, 
deren  wir  öfters  gedacht  finden  ')y  an  diesem  Fest  und 
Datum  zugleich  der  Grund  der  Stadt  gelegt  sein  soll» 
daher  auch  die  Jahre  Roms,  wie  Censorinus  sagt'), 
a  Parilibus  gezählt  wurden.  Die  Hjaden  hatten  den 
Namen  sidus  Parilicium  ^),  weil  sie  um  die  Zeit 
der  Parilia  heliacisch  untei^ngen.  Solche  volksthüm- 
liehe  Namen  pflegen  sehr  alt  zu  sein.  Das  Fest  war 
es  gleichfidls;  denn  nach  Plutarch  ^)  soll  es  schon 


*)    Oudvo-iv  h  avri[,  sagt  Dionysius  I,  88,  «spl  yo)^  Ttrpo. 

*)   S.  unter  andern  Gic.  de  if<Vf>i.  ü,  47,  und  die  eben  dtirte 
Stelle  des  Dionysius. 
*)   c.21. 

•)    Plin.ir.iV.XVra,66. 
^)    FitaRom,c.\2. 


48  Technische  Chronologie. 

vor  Erbauung  Roms  unter  den  Hirten  Latiums  bestan- 
den haben.  Selbst  der  Name  des  Monats ,  auf  den  es 
traf,  Api'iHs«  deutet  nach  der  wahrscheinlichsten  Ab- 
leitung, wicf  das  attische  'AvS-cp^picüv,  auf  den  Frühling. 
Macrobius,  der  das  Kapitel  von  den  Etymologien 
der  Monatsnamen  nach  Cincius  und  Yarro  umstand- 
Jich  abliandelt^),  bemerkt  schon,  die  Analogie  beider 
Benennungen,  irrt  aber,  wenn  er  sie  einerlei  Monat 
beilegt;  denn  der  Anthesterion^  entsprach  mehr  dem 
Februarius  als  dem  Aprilis.  Solcher  Beziehungen  der 
römischen  Monate  auf  die  Jahrszeiten  wird  der  Alter- 
thumsforscher  leicht  mehrere  auffinden  können.  Die 
wenigen  hier  angeführten  sind  hinlänglich,  uns  zu 
überzeugen,  dafs  Numa  eine  Einschaltung  zur  Aus- 
gleichung seines  Jahrs  mit  der  Sonne  angeordnet  ha- 
ben müsse. 

Die  altem  Geschichtschreiber  waren  sehr  yerschie- 
,dener  Meinung  über  den  Ursprung  des  Schaltwesens 
bei  den  Römern.  Macrobius  sammelt,  was  er  dar- 
über aufgezeichnet  fand,  in  einer  Stelle'),  die  ich 
hier  im  Zusammenhange  anfuhren  will,  da  ich  mich 
öfters  auf  sie  beziehen  muis:  Quando  autem  pnmum 
intercalatum  sit,  *varie  refertuTj  et  Macer  quidem  Ja- 
cinius  eius  rei  originem  Romulo  assignat.  Antias  Ubro 
secundo  Numam  Pompilüjon  sacrorum  causa  id  mi^- 
nisse  contendiu  lunius  Sendwn  Tullium  regem  pri-- 
mum  intercalasse  commemorat,  a  quo  et  nundinas  m- 
stitutas  F'arroni  placet.  Tuditanus  refert  Ubro  tertio 
magisttatuum  f    Decemviros ,    qui  decem    tahuUs  duas 


*)   Satum,l,i2. 
*)  «Sdrfum.  1, 13. 


R  Ö  M  B  R.  A9 

(tddidenmti  de  intercaUmdo  populüm  rogasse.    Cassius^ 
eosdem  scrihit  auctores.     Fulvius  autem  id  egisse  Ma- 
niunh  Consulem  dicit  ah  urhe  condita  anno  qtungente» 
simo   sexagesimo  secwtdo ,    inito   mox   hello  AetoUco. 
Sed  hunc  arguit  Varrö  scrihendo  antit/uissimam  legem 
fidsse  incisam  in  columna  aerea  a  L.  Pinario  et  Furio 
consulihus,   cui  mentio   intercalaris  adscribitur.     Nach 
Valerius   Antias   hatte  also  Numa  die  Einschaltimg 
sacrorwn  causa  eiDgeführt,   d.i.  um  die  Feste  in  ei- 
nerlei Jahrszeit  zu  erhalten,  was  allerdings  seine  Absicht 
dabei  gewesen  sein   mufs.     Die  spätem  Schriftsteller, 
die  ihm  das  Mondjahr  beilegen;  vereinigen  sich  dahin, 
ihn  zugleich  zum  Schöpfer  des  Schaltwesens  zu  machen, 
wenn  gleieh  die  Form  der  Einschaltung,  die  ihm  allein 
angehört  haben  kann,  yon  keinem  ausdrücklich  erwähnt 
wird.     Cicero   Sufsert  sich  nur  ganz  im  Allgemeinen, 
w^enn  er  sagt  ^}:  Diligenter  hahenda  ratio  intercalandi 
esty  quod  institutum  perite  a  Numa,  posteriorum  pon- 
tificum  negligentia  dissolutum  est.     Liyius  ^)   macht 
ihn  auf  eine  ganz  unstatthafte  Weise  zum  Urheber  des 
später  zu  Rom  gebräuchlichen,  auf  den  kurzen  Schalt- 
monat  gegründeten  Cyclus,   bei   dem  das   Jahr   kaum 
noch  dem  Namen  nach  ein  Mondjahr  blieb.     Plutarch 
legt  ihm  ausdrucklich  den  Mercedonius  bei,   indem 
er  sagt,  er  habe  den  elftägigen  Untei^schied  des  Sonnen«- 
vlhA  Mondjahrs  verdoppelt,   und  alle   zwei   Jahre  zur 
Ausgleichung  beider  einen  Monat  von  22  Tagen  einge* 
scBoben.    Gensorinus  hat  eine  richtigere  Ansich t  von 
der  Sache;  denn  nachdem  er  von  den  Jahren  des  Ro* 


^)   De  legg,  n,  12. 

')   An  einer  unten  im  Zusammenhange  anzufdhi'enden  Stelle, 

II.  [4] 


60  Technische  CJironologie. 

miilus  und  Numa  geredet  hat,  fährt  er  fort  ^):  Deni" 
gue,  cum  interccJarem  mensem  viginti  duum  vel  vi- 
ginti  trium  dierum  akemis  annis  addi  placuisset,  ut 
cwiUs  annus  ad  naturalem  exäequaretur,  in  mense  po- 
tissimum  Februario  intercalatum  est,  wo  aus  dem  de- 
nigue  klar  genug  hervorgeht,  daß  er  die  Einschiebung 
des  kurzen  SchaltmonatB  für  eine  spätere  Erfindung  ge- 
halten hat;  und  dies  war  sie  allerdings.  Die  von  dem 
Urheber  des  Mondjahrs  eingefiöfarte  Einschaltung  kann 
blois  darin  bestanden  haben,  dafs  er  aUe  zwei  oder  drei 
Jahre  nach  dem  Yoigange  der  Griechen,  jedoch  noch 
ohne  die  unter  diesen  erst  späterhin  aufgekommene  feste 
Nonuy  einen  vollen  Mondmonat  einschob,  um  den  An- 
fang des  Jahrs  in  einerlei  Jahrszeit  zu  erhalten.  Nur 
eine  solche  rohe  Einschaltung,  bei  der  das  Jahr  den 
Cbarakler  eines  Mondjahrs  behielt,  ist  dem  Zeitalter 
des  Numa  und  seinen  übrigen  Kalendereinrichtungen 
angemessen. 

Es  ist  mir  nun  noch  iibrig  zu  untersuchen ,  mit 
welchem  Monat  das  alte  Mondjahr  angefimgen  hat.  Die 
römisdien  Schriftsteller,  welche,  die  Epochen  der  mit 
ihrem  Kalender  voi^gangenen  Aenderungen  wenig  un- 
terscheidend,  Alles  und  Neues  bunt  unter  einander 
mischen,  habe^  auch  über  diesen  Punkt  sehr  verschie- 
dene Ansichten. 

Wie  wir  unten  sehen  werden,  traten  die  Gonsuln 
erst  seit  dem  Jahr  601  d.  St.  am  1.  Januar  in  Fun- 
ction, da  sie  früher  ihr  Amt  mit  den  Idus  des  März, 
und  noch  früher  mit  andern  Epochen  begonnen  hatten. 
Die  GJendae  lanuariae  hatten  also  in  den  ersten  sechs 

•)  €.20. 


Römer.  61 

Jahrhunderten  d.  St.    keine  Art  von  Vorrecht,   wenn 
vom  Anfange  des  römischen  Jahrs  die  Hede  ist.     Dies 
^mässen  indessen  die  spätem  Schriftsteller  geglaubt  ha- 
ben, weil  sie  ziemlich  allgemein  versichern,  dafs  Numa 
die  Monate  lanuarius  und  Februarius,   die  er  zum  ro- 
malischen  Jahr  hinzugefugt  haben  soll,  zum  ersten  und 
zweiten  gemacht  und  den  Anfang  des  Jahrs  von  den  Ca- 
lendis  Martiis  auf  die  Calendas  lanuarias  vei*setzt  habe. 
Am  bestimmtesten  äufsert  sich  Macrobius  in   diesem 
Sinn,   wenn   er  von   den  beiden  neuen   Monaten  des 
Numa  sagt^):   Priorem  lanuaritvn  nuncupaint,   pri- 
mumque  anni  esse  vobut,   tanguam  bicipitis  dei  nien^ 
sem,  respicientem  ac  prospicientem  transacti  annifinem 
futurique  principia,   Secuitdum  dicauit  Fehruo  deo;  und 
in  folgender  Stelle  ') :  Sequitur  lulius,  qui  cum,  secun-' 
dum  Romuli  ordinationem  Martio  anni  tenente  princi- 
pium,  Quintilis  a  numero  vocaretur^  nihilominus  tarnen 
etiam  post  praepositos  a  Numa  lanuarium  ac  Februa- 
riuni  retinuit  nomen,    cum  non  videretur  iam  quintus 
esse,   sed  septimus.     Wenn  er  dagegen  an  noch  einer 
andern  Stelle  sagt  ') :    Omni  intercalationi  mensis  Fe^ 
bruarius  deputatus  est,  quoniam  is  uhimus  anni  erat,  so 
sieht  man,  dafs  er  seine  Nachrichten  aus  sehr  verschie- 
denen Quellen  ohne  Kritik  zusammengetragen  hat. 

Dals  übrigens  der  Februarius  in  den  ältesten  Zeiten 
der  letzte  Monat  des  Jahrs  war,  finden  wir  auch  an- 
derwärts sehr  bestimmt  gesagt,   z.B.  beim  Cicero  ^): 


*)  Salum,I,i3, 

»)  Ib.  1,12. 

')  Ib.  1,13. 

•)  ne  legg.  n,  21. 

[4*1 


62  Technische   Chronologie. 

Veido  nunc  ad  manium  iura ,  quae  maiores  nosiri 
et  sapientissime  instituerunt  et  religiosissime  coluerunt» 
Februarü)  autem  mense,  qui  tunc  eoctremus  anni  mensis 
erat,  mortuis  parentari  voluerunt;  und  beim  Yarro  ^): 
Terminalia,  quod  is  dies  anni  extremus  constitutus, 
Duodecimus  enim  mensis  fuit  Fehruarius.  Auch  geht 
dies  unverLennlich  aus  dem  ganzen  Wesen  dieses  Mo- 
nats hervor«  Das  letzte  Fest,  das  in  ihm  gefeiert  wurde, 
die  Terminalia,  wcu:  zugleich  das  letzte  im  Jahr. 
Es  war  dem  Terminus  geweiht,  dem  Gotte  der  Gren- 
zen, der  Monate  so  wie  der  Felder«  Unmittelbar  nach 
diesem  Feste  wurde,  wie  unten  erhellen  wird,  der  Mer- 
cedonius,  so  wie  späterhin  der  Bissextus,  einge- 
schaltet, und  es  läfst  sich  wol  nicht  bezweifeln,  dafs 
im  Mondjahr  der  Schaltmonat  dem  Fehruarius  gefolgt 
sei.  Zum  Sitz  der  Einschaltung  wird  man  aber  nicht 
den  zweiten,  sondern  den  letzten  Monat  des  Jahrs  ge- 
wählt haben.  Der  Fehruarius  hatte  femer  allein  eine 
gerade  Anzahl  Yon  Tagen,  und  wurde  defshalb  für 
einen  verstümmelten  und  minder  glücklichen  Monat 
gehalten.  Auch  war  er  der  Reinigung  der  Lebenden 
und  der  Sühne  der  Abgeschiedenen  geweiht.  Jener 
verdankte  er  seinen  Namen,  denn  Februum  war,  wie 
Yarro  sagt,  in  der  Sprache  der  Sabiner  ein  Synonym 
von  purgamentum;  und  dieser  waren  die  Feralia  be- 
stimmt, die  in  ihm  gefeiert  wurden. 

Alle  diese   Umstände   zusammengenommen   liefsen 
den  Ovid  nicht  bezweifeln,    dais  der   Fehruarius   vor 

")  2>tf /. /.Y.  col.  32.  Gf.  Festus  y.  Fehruarius  und  Servius 
ad  Georg,  1, 43,  wo  noch  eine  andere  dasselbe  sagende  Stelle  des 
Yarro,  und  folgende  Worte  des  Atta  angeführt  werden:  Maie* 
res  Martiwn  primum  kabuerunt. 


n 


Römer.  53 

Zeiten  der  letzte  Monat  des  römischen  Jahrs  gewesen 
sei.  Da  er  sich  aber  zugleich  nicht  yon  dem  Wahn 
losmachen  konnte ,  dafs  der  lanuarius  von  Alters  her 
der  erste  gewesen,  so  sagt  er: 

Sed  tarnen  antiqid  ne  nescius  ordinis  erreSj 
PrimuSy  ut  est,  lani  mensis  et  ante  ßut. 
Qiä  se^uitur  lanum  n^eteris  fiät  ultimus  anni. 

Tu  quoque  sacrönim,  Termine,  finü  eras. 
Primus  enim  lani  mensis,   quia  ianua  prima  est; 

Qui  sacer  est  imis  manibus,  imus  erat» 
Postmodo  creduntur  spatio  distantia  longo 
Tempora  bis  qidni  continuasse  mri. 

Fast.  II,  47. 
Er  schiebt  also  den  Februarius  in  die  zwölfte  Stelle, 
spatio  longo  vom  lanuarius  weg,  ohne  zu  bedenken, 
dafs  beide  Monate  auch  so  immer  an  einander  grenzten, 
nur  dafs  leuterer  dem  ersten  nicht  voranging,  sondern 
folgte.  Yon  dieser  umgekehrten  Stellung  beider  Mo- 
nate und  yon  ihrer  Yertauschung  unter  den  Decemyirn 
spricht  aber  kein  Aller  weiter.  Ich  halte  sie  daher  iiir 
sehr  ungewils  und  pflichte  dem  Ausonius  bei,  wenn 
er  vom  Februarius  sagt  ^): 

Unus  erit  tantwn  duodetriginta  dierum^ 
Quem  Numa  praeposito  ofobiit  succedere  lano. 
Plutarch  wirft  die  Frage  auf  ^),  warum  man  das 
neue  Jahr  mit  dem  lanuarius  anfange?  ,,In  alten 
,, Zeiten,"  sagt  er,  ,,war  der  Martins  der  erste  Monat, 
,,was  aus  vielen  Zeichen  klar  ist,  besonders  aber  dar- 
,,aas,  dals,  vom  Martins  gerechnet,  der  fünfte  Monat 


'}   Eclögarium  No.  378  ed.  in  us.  Delpb. 
')    Quaest.  Rom,  No.  XIX. 


54  Technische  Chronologie. 

,,QuintiIIs,  der  zehnte  Deoember  heilst.     Daher  haben 
,,denn  auch  einige  Veranlassung  genommen,    zu  be- 
,,haupten,   dafs  die  Römer  damals   nur  zehn  Monate 
,,auf  das   Jahr   rechneten,    einigen  mehr  als  dreilsig 
,,Tage  beilegend.     Andere  berichten   jedoch,   der  la- 
f^nuarius  sei  für  den  elften,   und  der  Februarius,    in 
,,  welchem  man  Reinigungs*  und  Todtenopfer  darbringt, 
,,für  den  zwölften  genommen  worden.    Nachmals  habe 
,,man  diese  Monate  versetzt  und  den  lanuarius  zum 
,, ersten  des  Jahi*s  gemacht,  weil  an  dea  Calenden  des- 
,, selben  die  ersten  Gonsuln  ihr^mt  angetreten.   Wahr- 
,, scheinlicher  ist  aber  die  Meinung  derer,  welche  glau- 
„ben,   dafs  der  kriegerische  Romulus  das   Jahr  vom 
,, Martins,  der  von  seinem  angeblichen  Yater  den  Na- 
,,men  führte,   der  friedliebende  Numa  hingegen  vom 
,, lanuarius  angefangen  habe,  der  nach  einem  mehr  für 
,,den  Frieden  als  für  den  Krieg' gestimmten  und  von 
,,ihm  hochgefeierten  Gott  benannt  sei.     Es  fragt  sich 
„  aber,  ob  Numa  nicht  vielmehr  den  Anfiamg  des  Jahrs  auf 
,,eine  natui^emäfse  Weise  bestimmt  habe.     Im  Grunde 
,,ist  zwar  bei  Dingen,  die  sich  im  Girkel  drehen,  nichts 
,, zuerst  und  nichts  zuletzt.     Es  scheint  doch  aber  am 
,, passendsten,   das  Jahr  nach  der  Wintersonnenwende 
,,zu  beginnen,   wo  die  Sonne  aufhört,   sich  von  uns 
,,zu  entfernen,  die  Tage  wieder  anfiamgen  zuzunehmen 
,,und  die  ganze  Natur  sich  erneuet."    Ganz  in  demsel- 
ben Sinn  argumentirt  Ovidius.     Er  fragt  den  lanus, 
den  er  redend  einführt: 

^^»  ^^f  frigoribus  quare  nosnis  incipit  annus, 

Qiä  melius  per  ver  incipiendus  erat?     ' 
Omnia  tunc  ßorent^  etc. 

Fast.  I,  149. 


R  Ö  M  B  A.  >  55 

Quaesienun  mukis:  non  mubis  iUe  moratus, 
ContuUt  in  versus  sie  sua  verha  duos: 

Bruma  rum  prima  est,   veterisque  no\fissima  solis: 
Principium  capiunt  Phoebus  et  annus  idem. 

Fast.l,  161. 
Man  sieht  hieraus,  wie  man  in  spätem  Zeiten  so  ganz 
yergais,  dals  das  oonsularische  Jahr  -erst  mit  dem  be- 
ginnenden siebenten  Jahrhundert  d.  St.  mit  den  Galen* 
den  des  lanuarius  angefangen  habe,  und  was  man  nun 
alles  ersanni,  diese  Epoche  zu  rechtfertigen. 

Es  ist  zu  bedauern,  dafs  Plutarch  die  vielen 
Zeichen,  aus  denen  klar  geworden  sein  soll,  dafs  der 
Marüus  ursprünglich  der  erste  Monat  des  Jahrs  war, 
nicht  erwtthnt  hat.  Oyidius  *)  und  Macrobius') 
fuhren  Mehreres  davon  an,  z.  B.  dab  man  an  'den  Ca- 
lendis  Martiis  das  Feuer  auf  den  Altären  def  Yesta  er- 
neuerte, vt,  wie  letzterer  sagt,  incipiente  anno  cum 
denuo  servandi  novati  ignis  indpena;  dafs  man  an  dem- 
selben Tage  in  der  Wohnung  der  Flamines  die  alten 
Lorbem  gegen  neue  vertauschte  u.  d.  m.  Schwerlich 
würden  solche  zu  einer  Zeit,  wo  das  Jahr  noch  mit 
dem  Martins  anfing,  aufgekommene  Gebräuche  sich  bis 
auf  späte  Zeiten  erhalten  haben,  wenn  schon  Numa 
die  Jahrepoche  geändert  hätte.  Da  nun  ohnedies  alles 
darauf  hindeutet,  dafs  der  Februarius  lange  der  letzte 
Monat  geblieben  ist,  und  da  der  lanuarius  erst  spät 
seinen  nachmaligen  Yorrang  erlangt  hat,  so  können  wir 
uns  überzeugt  hallen,  dafs  das  römiscl^e  Jahr  im  volks- 
thümlichen  und  religiösen  Gebrauch  .die  ersten  sechs 


•)    FasLJSl,i35ff, 
*)  Satum.l,i2. 


66  Technische  Chronologie. 

Jahrhunderte  d.  St.  hindurch  mit  dem  Martins  begon- 
nen hat.  Selbst  unter  den  Imperatoren,  wo  in  politi- 
scher Hinsicht  der  lanuarius  längst  die  erste  Stelle  un- 
ter den  Monaten  eingenommen  hatte,  blieb  den  Rö- 
mern die  Ansicht  noch  immer  geläufig,  dais  das  Jahr 
mit  dem  Frühlinge  anfange.  Man  vergleiche  nur,  was 
Seryius  zur  Erläuterung  des  Ausdrucks  vere  novo 
beim  Yirgil  beibringt  ^). 

in,  Jahr  der  Decemvirn. 

Ich  hoffe  überzeugend  dargethan  zu  haben,  dals 
das  römische.  Jahr  seit  seiner  ersten  Reform  unter  den 
Königen  ein  gebundenes  Mondjahr  gewesen  und 
eine  gei^ume  Zeit  geblieben  ist.  Es  hörte  auf,  ein 
solches  zu  sein,  als  man  den  kurzen  Schaltmonat  zu 
gebrauchen  anfing,  dessen  ich  schon  ein  paarmahl  ge- 
dacht habe.  Wir  müssen  zuvörderst  Namen,  Dauer, 
Sitz  und  Form  desselben  kennen  lernen. 

Plutarch  erwähnt  diesen  Monat  zweimahl.  Im 
Leben  des  Numa  ')  nennt  er  ihn  Mfpxid&o^,  im  Le- 
ben des  Cäsar  ^)  MEpxi^^oytcg.  Die  erste  Form  scheint 
eine  griechische  €k>rruption  der  letztem  zu  sein.  Beim 
Festus  findet  sich:  Mercedonias  {dißa)  dixenmt  a  mer- 


*)  Jd  Georg.  I,  A3,  Lydus,  der  (de  mens,  p.  42)  einen  drei- 
facHen  Jahranfang  unterscheidet,  den  mit  dem  1.  Januar,  den 
mit  dem  1.  März,  und  den  zu  seiner  Zeit  im  osti'ömischen  Reich 
gebräuchlichen  mit  dem  1.  September,  sagt  vom  zweiten,  dafs 
er  den  Römern  für  den  vaterländischen  —  narpiov  —  gegol* 
ten  habe. 

*)  An  der  mehrmab  citirten  Stelle. 

')   C.59. 


RÖMBR.  57 

cede  soU^nda,  und  beim  Isidorus:  Mercedonius 
(homo)  gm  Isolvit  mercedem,  Lydus  hat  uns  die 
Notiz  ans  dem  Cincius  aufbewahrt^),  dals  der  No- 
vember bei  deu  Alten  den  Namen  Mcpxtdtyo^  geführt 
habe,  weil  die  Pächter  den  Eigenthümern  in  ihm  den 
Zins  entrichtet  hätten.  Man  sieht  also,  dafs  Mercedo- 
nius beim  Plutarch  so  viel  als  Zahlmonat  hei&t, 
und  dais  mithin  auch  im  Sohaltmonat  gewisse  Zahlunr 
gen  2U  leisten  gewesen  sein  müssen,  von  denen  je- 
doch die  Geschichte  schweigt.  Merkwürdig  ist  es,  dafs 
diese  Benennung  bei  keinem  römischen  Schriftsteller 
vorkommt.  Wir  finden  blofs  mensis  intercalaris 
und  intercalariuSf  und  es  scheint  fast,  als  wenn 
Mercedonius  in  der  edlem  Sprache  nicht  gebrauch* 
lieh  war  *). 

PlutaTch  sagt,  Numa  habe  den  elftägigen  Un- 
terschied des  Mond-  und  Sonnenjahrs  verdoppelt  und 
daraus  einen  Monat  von  22  Tagen  gebildet,  der  ein 
Jahr  ums  andere  eingeschaltet  worden  sei.  Nach  Gen- 
sorinus  und  Macrobius  dagegen,  die  in  diesem 
Punkt  mehr  Glauben  verdienen,  hielt  der  Schaltmonat 


')   De  mens,  p.  125. 

*)  Wenn  Scaliger  (Emend,  temp,  ü.  p.  177)  glaubt,  dafs 
das  Merk»  welches  in  einem  alten  römischen  Kalender  auf  Mar- 
mor hinter  einigen  Tagen  des  lulius,  September  und  November 
steht,  die  dies  mercedonias  des  Festus  bezeichnen  soll,  so  irrt 
er.  Er  meint  den  Kalender,  der  in  der  Sammlung  des  Toggini 
Calendarium  Maffaeiorum  heifkt.  Auch  im  Cal.  Amiternino 
und  Pinciano  findet  sich  dieses  Merk,  In  dem  Calendario 
Capranicorum  stiebt  dafür  Merca,,  und  im  Antiatino  ein 
paarmal  yoUständig  Mercatus. 


58  Technische  Chronologie. 

abwechselnd,  22  und  23  Tage^*).  Befremdend  ist  es  da- 
her auf  den  ersten  Blick,  wenn  sich  in  den  Digestis') 
die  Notiz  findet:  Mensis  intercalaris  constat  ex  diehus 
viginti  octo.  Wir  werden  ab^r  gleich  sehen,  welche 
Bewandnib  es  damit  hat« 

Nach  Plutarch  wurde  der  Schaltmonat  in  den 
Febroarius  eingeschoben.   Näher  bezeichnen  seine  Stelle 
Gensorinus  und  Macrobius.     Der  erste  sagt:   In 
mense  potissimum  Februario  inier  Terminalia  et  Regi- 
Jugiwn  inHerccUatum  est*    Der  andere  bemerkt,  die  Rö- 
mer hätten  zwar  nach  dem  Beispiel  der  Griechen  ihren 
Schaltmonat  ans  Ende  des  Jahrs  gebracht,   wären  aber 
in  Einem  Punkt  von  ihnen  abgewichen :  Nam  illi  con" 
fecto  ultimo  mense,   Romani  non  confecto  Februario, 
sed  post  *uicesimum  et  tertium  diem  eius  intercaiabant, 
terminalibus  sciUcet  iam  peractis:   deinde  reUquos  Fe-- 
bruarii  mensis  dies,  qui  erant  qvinque,  post  intercalatio^ 
nem  subümgehant ,  credo  vetere  reUgionis  suae  more, 
ut  Februarium  ontnimodo  Martius  consequeretur.    Auch 
Yarro  sagt^):  Duodecimus  mensis  fidt  Februarius,    et 
cum  intercalatur,  inferiores  quinque  dies  duodecimo  d&^ 
muntur  mense,  welche  Worte   offenbar  vor  der  julia- 
nischen Kalenderyerbesserung  geschrieben  sind.   Wir  er- 
sehen hieraus,  dais  im  Schaltjahr  die  Terminalia  der 


*)  De  d,  n,  c.  20.  Saturn,  I,  13.  Solin us  drückt  sich  c.  1 
sehr  Tei*worren  über  das  ältere  römische  Schallwesen  aus.  Man 
lernt  aus  ihm  weder  die  Dauer  noch  den  Sitz  des  Schaltroonats 
kennen.  Nugalur  kic  Solinus,  quod  illi  solemne,  sagt  Sal- 
masius.    Auch  erfordert  der  Text  offenbar  Berichtigungen. 

»)'  LL.tit.XVI,lcg.98. 
')   Deling.lat.Y.col32, 


Römer.  69 

letzte  Tag  des  Febmarius  waren,  der  dann  nur  23  Tage 
zählte,  dais  ihm  der  Schaltmonat  von  22  oder  23  Tagen 
folgte ,  und  da£i  die  fünf  letzten  Tage  des  Februarius 
von  Regifugium  an,  welches  im  Gemeinjahr  der  24ste 
war,  nach  Art  der  ägyptischen  Epagomenen  dem  Jahr 
angehängt  wurden,  Unmögiidi  konnte  man  beim  Da- 
tiren, wenn  der  Schaltmonat  zu  Ende  war^  noch  ein- 
mahl zum  Februarius  zurückkehren ;  man  muis  die  fünf 
al^erissenen  Tage  als  zum  Schaltmonat  gehörig  bezeich- 
net haheu,  der  also  dadurch  eine  Dauer  von  27  oder 
28  Tagen  erhielt«  Nur  von  28  ist  in  den  Digestis 
die  Rede;  vielleicht  hat  aber  der  alte  Rechtsgelehrte, 
aus  welchem  die  Worte  entlehnt  sind,  viginti  Septem 
vel  octo  geschrieben  *]• 

Wie  man  im  Schaltjahr  datirt  haben  müsse,  hat 
zuerst  Erycius  Puteanus  genügend  nachgewiesen'). 
Der  Februarius,   sonst  von  28  Tagen,  hatte  im  Schalt- 


*)  Die  Stelle  yerdient  im  Zusammenhange  angefühlt  zu  wer- 
den. Nachdem  Gelsus,  aus  dem  sie  genommen  ist,  bemerkt 
hat,  dafs  nach  römischen  Rechten  das  bissextum  des  Cäsar 
nur  fiir  Einen  Tag  gelte,  sagt  er:  ,, Selbst  der  ehemalige  Schalt* 
„monat  wurde  mit  dem  Februarius,  dem  er  beigefügt  war,  nur 
„ftir  Einen  Monat  angesehn.^*  Dies  ist  so  ausgedi'ückt :  Cato 
putat^  mensem  intercalarem  additicium  esse,  omnesque  eius 
dies  pro  momento  temporis  observal,  extremoque  diei  mensis 
Pebruarii  attribuit  Q.  Mucius.  Mensis  autem  intercalaris  con- 
stat  ex  diebus  viginti  octo*  Man  sieht,  es  kam  hier  auf  keine 
scharfe  Bestimmung  der  Dauer  des  Schaltmonats  an;  genüge  dafs 
er  Tiele  Tage  hielt.  Die  Worte  können  daher  auch  unverdor- 
ben  sein. 

*)  Ln  13ten  Kapitel  seiner  kleinen  Schrift  de  Bissexto,  welche 
Grävius  in  den  achten  Band  seines  Thesaurus  aufgenom« 
wen  hat. 


60  Technische  Chronologie. 

jähr  nur  25.  Statt  da(s  man  also  im  Gemelnjalir  nach 
den  Idus  a.  d.  XYI  Galendas  Martias  sagte,  hiefs  es  Im 
Schaltjahr  a.  d.  XI  Calendas  intercalares.  Die  Termi- 
nalia,  die  im  Gemeinjahr  auf  a.d.YII  Calendas  Mar- 
tias trafen,  waren  im  Schaltjahr  pridie  Calendas  inter- 
calares.  Dem  Schaltmonat  gab  man  ganz  ordentlich 
seine  Calendas,  Nonas  und  Idus  mit  clem  Zusatz 
intercalares.  Nach  den  Idus  sagte  man  entweder 
a.  d.  XY  oder  a.  d.  XYI  Galendas  Martias ,  je  nachdem 
der  Monat  22  oder  23  Tage  hatte.  In  beiden  Fällen 
war,  wie  im  Gemeinjahr,  Regifugium  a.  d.  YI  Calen- 
das Martias.  Als  Beläge  hiersu  finden  sich  nur  fol* 
gende  wenige  Stellen.  Livius  sagt^)  von  L.  Scipio: 
Triumphayit  mense  intercalario,  pridie  Calendas  Mar^ 
tias..  ]^im  Cicero  helfst  es^):  Dic^  Naeui,  dient. 
Ante  V  Calendas  intercalares,  am  20.  Februar.  .Gleich 
darauf:  DeOcitur  de  saltu  pridie  Calendas  intercalares y 
am  23.  Februar.  Beim  Asconius  Paedianus^] :  Pont- 
peius  ah  interrege  Sen^io  Sulpitio  V  Calendas  Martias 
mense  intercalario  consul  creatus  est;  entweder  am  24 
oder  25sten  des  Schaltmonats,  je  nachdem  derselbe  im 
Jahr  702  d.  St. ,  Yon  welchem  die  Rede  ist,  27  oder 
28  (eigentlich  22  oder  23)  Tage  hatte.  Nach  den  Fa- 
'  stis  triumphalibus,  die  bekanntlich  zu  den  capito- 
llnischen  Marmorn  gehören,  hat  der  Consul  C.  Duillus 
493  (nach  yarronlscher  Acre  494)  C.  Intercalar.,  am  er- 
sten Tage  des  Schaltmonats,  und  der  Consul  P.  Cornelius 


')  L.  XXXVn,  c.  59. 
')   Pro  P,  Quintio  c.  25. 

')    Comment.  in   Cic,   oral,  pro  MiUme  p.  186  ed.     Lugd. 
Bat.  1644. 


Römer.     '  61 

Lentulus  517  (518)  an  den  Idih.  IntercaL,   am  13ten 
des  Schallmonats,  triumphiit  *). 

Dies  war  ohne  Zweifel  die  Regel.  Wer  aber  weiis, 
was  uns  die  Römer  von  dem  höchst  schwankenden  Zu- 
stande ihres  Kalenders  vor  lulius  Cäsar  sagen,  wird 
leicht  erachten ,  dafs  es  nicht  an  Ausnahmen  gefehlt 
hahen  werde.  Dahin  deutet  schon  das  potissimum  in 
den  vorhin  (2,58)  angefahrten  Worten  des  Censori- 
nus,  welches  zu  erkennen  gibt,  dafs  dej*- Schaltmonat 
auch  wol  einmahl  anderswo  als  in  den  Februarius  ein- 
geschoben worden  ist,  wenn  sich  gleich  (mit  Ausnahme 
des  Jahrs  708  d.St«,  des  nächsten  vor  der  julianischen 
Reform)  nirgends  eine  deutliche  Anzeige  davon  findet, 
und  wenn  gleich  Macrobius,  in  chronologischen  Din- 
gen freilich  minder  zuverlässig,  versichert:  Omni  inr 
tercalationi  mensis  Februarius  deputatus  est.  Da(s  selbst 
im  Februarius  der  Schaltmonat  keinen  ganz  festen  Sitz 
hatte,  geben  ein  paar  Stellen  des  Livius  zu  erkennen. 
An  der  einen  heilst  es ') :  Intercalatuni  eo  anno  (587) ; 
postridie  Terminalia  intercalares  fuerunt.  Wäre  dies  die 
unverletzliche  Regel  gewesen,  so  würde  sich  der  Schrifl- 
sLeller  eines  so  unnützen  Zusatzes  enthalten  haben.   Dais 


*)  Wenn  Cicero  an  den  Atlicus  VI,  1  schreibt:  Accepi 
tuas  Uttensts  a,  d.  quinium  terminalia  LaodicEoe,  d.  i.  den 
19«  Februar,  so  war  dies  gewifs  eine  selir  ungewöhnliche  Art  zu 
datiren,  die  er  offenbar  gebrauchte,  weil  er  nicht  wufste,  ob 
man  in  seiner  Abwesenheit  zu  Rom  eingeschaltet  habe  oder  nicht ; 
denn  in  jenem  Falle  würde  er  lieber  a,  d,  sextum  Calendas 
intercalares  gesagt  haben.  Dafs  er  es  aber  wirklich  nicht  wufste, 
geht  aus  dem  weitem  Verfolge  des  Briefes  hervor,  wo  es  hcifst: 
Ea  sie  observabo,  quasi  intercalatum  non  sit. 

»)   l.XLVc.44. 


62  Techniscke  Chronologie. 

sie  aber  in  der  That  Ausnahmen  erlitt,  sehen  wir  aus  ei- 
ner andern  Stelle^),  welche  also  lautet:  Hoc  anno  (584) 
intercalatum  eA.  Tertio  die  post  terminalia  cor 
lendae  mterccJares  fuere.  Puteanus  glaubt'),  um  der 
Nothwendig;keit  einer  hier  anzunehmenden  Ausnahme 
auszuweichen,  da(s  erst  postriduo  im  Text  gestanden 
habe,  woraus  triduo  post  und  weiter  tertio  die  post 
geworden  sei.  Fabricius  sagt  gar^),  aus  der  Yer- 
gleichung  beider  Stellen  gehe  klar  hervor,  da(s  tertio 
die  post  und  postridie  einerlei  sei!  Es  wird  aber  nicht 
nöthig  sein ,  weder  zu  solchen  Voraussetzungen  ^  seine 
Zuflucht  zu  nehmen,  noch,  wie  andere  wollen,  den 
Grund  der  Anomalie  in  einer  bloisen  Laune  der  An<- 
ordner  des  Kalenders  zu  suchen. 

Beim  Macrobius  heifst  es  *):  ,,Da  das  römische 
,,Yolk  nach  Vertreibung  der  Könige  die  Nonen  beson- 
,,ders  festlich  zu  begehen  pflegte,  um  seine  hohe  Ver* 
,,ehrung  für  den  König  Servius  Tullius  an  den  Tag  zu 
,, legen,  von  dem  es  wufste,  dafs  er  an  irgend  einem 
,, derselben  geboren  sei,  so  suchte  man,  aus  Besorgnifs, 
,,dafs  sich  die  versammelte  Menge  aus  Sehnsucht  nach 
,,dem  Könige  eine  Neuerung  erlauben  möchte,  das 
,, Begegnen  der  Nundinae  mit  den  Nonis  zu  verhin- 
,,dern;  auch  wurde  das  .Zusammentreflen  der  erstem 
,,mit  dem  Neujahrstage  für  unglückbringend  gehalten." 
Ein  solcher  Fall  trat  im  Jahr  714  d.St.  ein^  wo  man. 


')  l.XLmcll. 
')   De  bissexto  c.  2. 
')  Menologium  p.  89. 
")  Satum.l.iS, 


Römer,  63 

wie  Dio  Cassius  erzählt  ^),  einen  Tag  gegen  ilie  fest«- 
geseUie  Norm  einschalle  te,  damit  nicht  der  Anfang  des 
nftchslfolgenden  Jahrs  auf  die  Nundinas  treffe,  was  man 
von  Alters   her  sorgfaltig   vermieden;   nachher  wurde 
wieder  ein  Tag  ausgemerzt ,   damit  keine  Störung  im 
Kalender  des  Cäsar  verursacht  werde.     So  wie  nach 
der  julianischen  Reform,   wird  man  auch  vor  dersel- 
ben hier  einen  Tag  eingeschoben,  und  dort  dafür  einen 
andern  weggelassen  haben,  so  oft  sich  Collisionen  ge- 
dachter Art  ereigneten.    Da  nun  Cäsar  seinen  Schalt* 
tag  unmittelbar   auf  die    Terminalla    folgen   liefs,    so 
scheint  die   Yoraussetzung  ganz   natürlich,    dafs   man 
schon  vor  ihm  gewohnt  war,  dem  aufser  der  Ordnung 
einzuschiebenden  Tage  eben  die  Stelle  anzuweisen.    Dies 
geht  auch  wirklich  aus  den  Worten  hervor,   die  Ma- 
crobius  auf  obige  Notiz  folgen  läfst:  Unde  dies  üle, 
quo  abundare  annum  diximusy   eorum  est  pemiissus 
arbitrioy  qui  jfastis  praeerant,  uti  cum  veUent  intercor- 
IfuetuTy   dummodo  eutn  in  media  tenninaUonun   vel 
mensis  intercalaris  ita  locai^nt,   ut  a  suspecto  die  ce- 
lebritatem  iwerteret  nundinarum*     Atque  hoc  est  quod 
quidam  veterum  retulerunt^  non  solum  mensem  apud 
Romanos,    verum  etiam  diem  intercalarem  ßässe  ... 
wenn  wir  nur  statt  des  vel  vor  mensis  interctdaris 
et  lesen,  welche  Aenderung  schon  dadurch  gerechtfer- 
tigt wird,   dafs  wir  sonst  das  Wort  Terminalia  in 
einem  ganz  andern  Sinn  nehmen  müfslen,   als  es  im- 
mer gebraucht  vorkommt.     Der  überzählige  Tag  des 
Jahrs,  den  der  Schriftsteller  meint,  ist  der  335ste,  den 
Numa,  der  Sage  nach  aus  Vorliebe  fiir  die  ungerade 


')  1.  XLYin,  c.  33,  p.  5iO.  Yergl.  1.  XL,  c.  47,  p.  Sil. 


64  Technische  Chronologie. 

Zahl,  zur  uisprünglichen  Dauer  des  Mondjahrs  hinzu- 
gefügt hat.  Dieser  Tag  wurde  also,  so  oft  dergleichen 
Gollisionen  zu  vermeiden  waren,  im  Schaltjahr  zwischen 
den  Tag  Terminalia  und  den  Schaltmonat  eingeschoben, 
in  welchem  Falle  man  nach  den  Idus  des  Februarius 
a.  d.  XII  Calendas  intercalares  gesagt  haben  mufs.  So 
wäre  denn  das  tertio  die  post  terminalia  beim  Liyius 
gerechtfertigt.  Wenn  Macrobius  kurz  zuvor  bemerkt, 
dafs  der  überschüssige  355ste  Tag  dem  lanuarius  zuge- 
legt worden  sei,  welcher  anfangs  nur  28  Tage  ge- 
habt habe,  so  sieht  man,  dafs  er  seine  Notizen  ohne 
Kritik  zusammenstellt.  Man  mufs,  um  beides  zu  ver- 
einigen, annehmen,  entweder  dafs  im  Fortgange  der 
Zeit  mit  dem  überzähligen  Tage  eine  Aenderung  vor- 
gegangen sei,  oder  dafs  ihn  die  Ordner  des  Kalenders 
nach  Willkühr  bald  an  den  Schlufs  des  lanuarius, 
bald  unmittelbar  vor  den  Anfang  des  Schaltmonals  ge- 
setzt haben. 

Nach  diesen  Erörterungen  über  das  Wesen  des  rö- 
mischen SchaltmonatB  fragt  es  sich,  welche  Form  durch 
Einführung  desselben  das  Jahr  des  Numa  erhielt.  Dals 
es  kein  Mondjahr  bleiben  konnte,  ist  klar;  denn  bei 
der  ersten  Einschaltung  des  kurzen  Monats  gingen  die 
Calendae  zum  letzten  Yiertel,  und  bei  der  zweiten  zum 
Yollmonde  zurück.  Befestigung  der  Monatsanfange  in 
der  Gegend  des  neuen  Lichts  konnte  also  nicht  länger 
das  Princip  sein,  welches  die  Anordner  des  Kalenders 
leitete  (diese  Rücksicht  hatte  für  die  Römer,  deren  Feste 
nicht  an  die  Mondwechsel  geknüpft  waren,  weniger  Ge- 
wicht, als  für  die  Griechen),  sondern  vielmehr  die  Be- 
festigung des  bei  der  frühem  noch  rohen  Einschaltungs- 
weise schwankend  gebliebenen  Jahranfeinges  in  einerlei 


RÖHBB.  65. 

Gegend  des  Sonnenjahrs.  Gensorinus  sagt  ausdriick-* 
lieh,  dafs  man  den  kurzen  Schaltmbnat  ein  Jahr  unu 
andere  eingeschaltet  habe,  ut  civilis  annus  ad  natura-* 
lern  exaeguaretur.  Das  alte  Jahr,  dessen  Dauer  von 
355  Tagen  beibehalten  wurde,  nahm  wonach  den  Cha* 
rakter  eines  cyklischen  an  (1,68),  welches  sich  der 
Absicht  seiner  Urheber  nach  durch  eine  zweimalige  Ein- 
schaltung mit  der  Sonne  ausgleichen  sollte»  Da  sie 
aber  bei  dieser  Reform  von  keinen  richtigen  astrono* 
mischen  Grundsätzen  ausgingen,  sondern  sich  blols  eine 
fremde,  auf  die  Dauer  ihres  Jahrs  nicht  passende  Schalt- 
einrichtnng  aneigneten,  so  legten  sie  dadurch  den  Grund 
zu  einer  Kalenderyerwirrung,  wie  sie  die  Geschichte  kei- 
nes andern  Yolks  kennt. 

Man  sieht,  es  wurden  alle  acht  Jahre  90  Tage  ein- 
geschaltet. Da  nun  von  der  griechischen  Octaeteris  das^ 
selbe  gilt  (1,294),  so  wird  man  schon  hieraus  schliefsen, 
dafs  das  vor  Meton  in  Griechenland,  wenigstens  zu 
Athen,  gebräuchliche  Schaltwesen  dem  römischen  zum 
Muster  gedient  habe,  und  dies  war  wirklich  der  Fall, 
wie  wir  aus  dem  Macrobius  ersehen,  dessen  Zeugnifs 
wir  nicht  so  schnöde  verwerfen  wollen,  wie  Scalige'r  ^). 
Es  ist  wahr,  er  hat  sich  in  den  Nachrichten,  die  er  von 
der  Octaeteris,  dem  Schaltcjdus  eines  fremden  Yolks, 
gibt,  ein  paar  Versehen  zu  Schulden  kommen  las- 
sen (1,306);  aber  darum  annehmen  zu  wollen,  dafi 
alles,  was  er  aus  Gincius')  und  andern  alten  Gewährs- 


*)   Macrobius  et  alii  eins  notae  scriptores  hae  in  re  muUum 
meniiii  sunt,  multum  haüucinati,   Emend,  temp,  1. 11,  p.  176. 

'}   L.  Cincius  Alimentiis  sckrieb  um  die  Zeit  des  zwei- 
ten panischen  Krieges  eine  yaterlandische  Geschichte  in  giiechi« 

n.  [5] 


66  Technische  Chronologie. 

inännern,  durch  deren  damals  noch  vorhandene  Schrif- 
ten ihn  seine  Zeitgenossen  in  jedem  Augenhlick  contro- 
liren  konnten,  üher  die  ältere  Schalteinrichtung  seines 
eigenen  Yolks  sagt,  auf  lauter  Mifsversländnissen  beruhe, 
weil  es  sich  etwa  nicht  in  unsere  Ansichten  fügte,  wäre 
eine  Uebereilung.  Wenigstens  behauptet  er  keinesweges, 
wessen  ihn  ScaKger  beschuldigt,  dafs  der  Mercedonius 
Von  den  Griechen  kopirt  sei;  denn  nachdem  er  be- 
tnerkt  hat,  dafs  die  Griechen  aus  den  90  überzähligen 
Tagen  drei  Schaltmonate  zu  30  Tagen  bildeten,  sagt 
tv  ausdrücklich,  die  Römer  hätten  zwar  gleichfalls  alle 
acht  Jahre  90  Tage  eingeschaltet,  sie  aber  auf  vier 
Monate  abwechselnd  zu  22  und  23  Tagen  vertheilt. 

Nunmehr  werden  wir  im  Stande  sein,  die  Epoche 
der  zweiten  Reform  des  römischen  Kalenders  mit  vieler 
Wahrscheinlichkeit  festzusetzen.  Im  Jahr  300  d.  St. 
wurden  Gesandten  nach  Athen  geschickt,  mit  dem  Auf- 
trage, die  Gesetze  Solon's  abzuschreiben^  und  von  der 
Verfassung ,  den  Sitten  und  Rechten  der  übrigen  grie- 
chischen Staaten  Kunde  einzuziehen.  Um  diese  Zeit, 
22  Jahre  vor  Einfuhrung  des  metonschen  Cyklus,  war 
die  Octaeteris  in  entschiedenem  Gebrauche.  Die  Vor* 
aussetzung  ist  also  wol  sehr  natürlich,  dafs  sie  den  Rö- 
mern damals  bekannt  geworden  sei,  und  zur  Einfuh- 
tning  des  Mercedonius  Anlafs  gegeben  habe.  Und  wirk- 
lich sagt  Macrobius  an  der  oben  (2,48)  citirten  Stelle, 
worin  er  die  verschiedenen  Meinungen  über  die  Zeit 
der  Einfuhrung  des  römischen  Schaltwesens  anfuhrt, 


scher  Sprache.  Noch  Macrobius,  der  ihm  ToiViiglich  gefolgt 
ztt  sein  scheint,  hatte  man  auch  eine  Schrift  de  FasUs  von  ihm 
(5n/t</n.I,12},  die  Lydns  p.  125  unta*  dem  Titel  mpl  ioptSy  citirt. 


Römer.  67 

dals  nach  Tuditanus  und  Cassius  (Hemina),  zweien 
der  ältesten  lömischen  Schrlflsteller,  die  zweiten  Decem.«- 
vim  —  qui  decem  tabuüs  duas  addidenmt  —  diejeni- 
gen waren,  die  wegen  des  Einschalten»  einen  gesets- 
lichen  Antrag  an  das  Volk  machten.  Oflenbar  ist  hier 
von  keiner  Einschaltung  nach  einmahl  angenommenen 
Gnindsätzen  die  Red«  (diese  war  Sache  der  Pontifices), 
sondern  von  einer  Einführung  oder  neuen  Gestaltung 
des  Schaltwesens*  kh  nehme  daher  keinen  Anstand, 
den  Ursprung  des  römischen  Schaltmonats  ins  Jahr 
304  d.  St.  zu  setzen,  wo  jene  Deoemvirn  am  Ruder  wa- 
ren. Dafs  das  Mondjahr  wenigstens  his  dahin  bestan* 
den,  beweiset  folgende  Stelle  des  Dionysius:  „Im 
,,  nächsten  Jahr  übernahm  Appius  Claudius  mit  den 
,,  übrigen  Decemyim  die  consularische  Gewalt  an  den 
,,Idus  des  Maius;  man  rechnete  die  Monate  nach  dem 
„Monde,  und  es  traf  der  Vollmond  auf  die  Idus  ^)," 
wenn  es  gleich  befremdet,  dafs  er  bei  dieser  Gelegen- 
heit die  bald  nachher  erfolgte  Veränderung  der  Jahr- 
form  nicht  erwähnt.  Die  bestimmte  Kunde  davon  muis 
ihm  entweder  nicht  zugekommen,  oder,  da  er  dies 
schrieb,  nicht  gegenwärtig  gewesen  sein.  Wenn  Varro 
nach  eben  jener  Stelle  des  Macrobius  von  einem  un- 
ter den  Consuln  Pinarius  und  Furius ,  d.  i.  im  Jahr 
282  d.  St.,  gegebenen  und  auf  einer  ehernen  Säule  ein- 
gegrabenen Gesetz  gesprochen  hat,  worin  schon  des 
Schaltilionats  gedacht  gewesen,  so  hindert  uns  nichts, 
den  Schaltmonat  zu  verstehen,  der  zur  Zeit  des  Mond- 
jahrs im  Gebrauch  sein  mu&te  (2,  SO). 


[5'] 


68  Technische  Chronologie. 

M?ii  kann  hiegcgen  einwenden,  dafs  in  der  oben 
(2,39)  angeführten  Stelle  des  Macrobius  wegen  der 
Calendae,  die  so  offenbar  und  glaubwürdig  aus  ttltem 
Schriftstellern  genommen  ist,  der  Rex  sacrificulus, 
den  es  zu  den  Zeiten  der  Könige  noch  nicht  gab,  als 
eine  wesentltch  handelnde  Person  aufgeführt  wird,  dafs 
daher  das  alte  Mondjahr  noch  eine  geraume  Zeit  unter 
der  Republik  bestanden  haben  müsse.  Scheinen  sechzig 
Jahre  hiebei  nicht  auszureichen ,  so  mufs  man  anneh- 
men, dafs  alles  das,  was  Macrobius  beschreibt,  noch 
als  eine  leere  Geremonie  fortdauerte,  als  das  Mondjahr 
längst  abgeschafll  war,  das  Volk  aber  den  Kalender  noch 
nicht  kannte,  folglich  über  die  Nonen  belehrt  werden 
mufste,  was  dann  auf  die  ursprüngliche  Weise,  die  nun 
nichts  mehr  bedeutete,  fort  geschah. 

Durch  die  neue  Schalteinrichtung  erhielt  das  rö- 
mische Schaltjahr  abwechselnd  377  und  378 ,  das  Biea- 
üium  also  abwechselnd  732  und  733,  und  das  Qua* 
driennium  1465  Tage').  Da  nun  vier  julianische  Jahre 
nur  1461  Tage  hallen,  so  wurde  das  römische  Jahr  im 
Mittel  um  einen  Tag  zu  lang  angenommen,  eben  unti 
jenen  Tag,  den  Numa  dem  alten  Jahr  zugelegt  haben 
soll.  Die  Folge  davon  mufste  sein,  dafs  sich  der  An- 
fang des'  Jahrs  durch  alle  Jahrszeiten  vorwärts  schob. 
Wenn  Gensorinus  versichert,  es  habe  lange  ge« 
dauert,  ehe  man  diese  Verschiebung  wahrgenommen  ') , 


*)  Die  Zahl  733  halbirte  Ennius^  wenn  er  nach  Gdnaori- 
nus  (c.  19)  dem  tropbchen  Jahr  {annus  verlens)  eiiue  Daue^ 
▼on  366  Tagen  beilegte. 

*)  Idque  diu  factum,  priusquam  seniiretur,  annos  civiles 
aUquanio  naturalibus  esse  maiores,  Qiese  Worte  folgen  aul 
die  oben  (2, 50)  citirten. 


'    il  ö  X  B  a.  69 

» 

so  irrt  er  oflenbar;  denn  sie  mufiite  bei  einiger  Auf- 
merksamkeit auf  die  Fixstemerscheinungen ,  die  in  der 
alten  Welt  fleifsig  beobachtet  wurden,  schon  nach  weni- 
gen Jahren  sehr  merklich  werden.  Um  ihr  zu  begeg- 
nen, gab  es,  wenn  die  Schalteinrichtung  im  Wesent«* 
lidien  beibehalten  .werden  sollte ,  kein*  anderes  Mittel, 
als  dals  man  Ton  Zeit  su  Zeit  einen  Schaltmonat  weg- 
lie(s.  Dies  geschah  anfangs  vermuthlich  ohne  feste  Ke- 
gel; wenigstens  versidiert  der  eben  gedachte  Schrift- 
steller, dafii  man  die  Jlbhülfe  des  Fehlers,  so  wie  über- 
haupt das  ganze  Schaltwesen,  der  Willktihr  der  Pon-^ 
ti6ces  anheim  gestellt  habe  ?).  Späterhin  aber  wurd^ 
zur  Ausgleichung  des  bürgerlichen  Jahrs  mit  der  Sonne 
ein  vier  und  zwanzigjähriger  Schaltcyelus  ein* 
geführt,  dessen  Einrichtung  wir,  wenn  auch  nur  im 
Groben,  aus  folgender.  Stelle  des  Macrob^ius  kennen 
lernen ') :  Hunc  ergo  ordinem  (die  griechische  Weise, 
alle  acht  Jahre  90  Tage  einzuschalten)  JRomanü  ^UO" 
que  imitari  placuit:  sedjrustra:  qmppie  fagit  eos  wmm 
diem  odditum  esse  ad  Graecum  numerum  in  honorem 
imparis  muneri.  —  Hoc  quoque  errore  iam  cognita, 
haec  species  emendationis  inducta  est.  Tertio  quoque 
octennio  ita  intercalandos  dispensabant  dies  9  ut  non 
noruiginta,  sed  sex€Lginta  sex  intenalarent,  compensar 
tis  nfiginti  et  quatuor  diehus  pro  iliis,  qui  per  totidem 
annos  supra  Graecorum  numerum  creverant.  Durch 
zwei  achtjährige  Zeiträume  ging  also  die  Einschaltung 


^)  Quod  delicium  ut  corrigeretur,  pontißcibus  datum  est 
negotium,  eorumque  arbitno  intercatandi  ratio  permissa. 
Ebend. 

*)   Satum.l,  i3. 


70  Technische  Chronologie. 

regelmM&ig  fort.  Im  dritten  aollten  24  Tage  ausge-» 
merzt  werden.  Dies  konnte  so  geschehen,  dafs  man 
dem  Meroedonius  im  20sten  Jahr«  nur  22  Tage  gab,  und 
ihn  im  245ten  ganz  wegliefs«  Vielleicht  wurde  aber  eine 
andere  Anordnung  des  Schaltcydus  beliebt,  woräber 
sich  nichts  mit  Sicherheit  entscheiden  Ififst,  da  die  ein* 
zige  Stelle,  die  seine  Einrichtung  beschreibt,  so  unbe- 
friedigend ist. 

Man  eisiebt  hieraus,  da&  die  Römer  dem  Wesen 
nach  schon  vor  lulius  Cäsar  das  jidianische  Jahr  ge- 
In^aucht  haben,  wenn  auch  nicht  in  der  bequemen  von 
ihm  zuerst  eingeführten  Form«  Es  ist  mir  aber  sehr 
wahrscheinlich,  dafs  die  Theorie,  mit  der  uns  Macro- 
bius  bekannt  macht,  nie  recht  zur  Ausführung  gekom- 
men und  das  römische  Schaltwesen  unter  den  Händen 
der  Pontifices  fortwährend  in  einem  schwankenden  Zu- 
stande geblieben  ist,  weil  Censorinus  des  24jäfarigen 
Schaltcydus  mit  keiner  Sylbe  gedenkt  und  desselben 
überhaupt  nirgends  weiter  Erwähnung  geschieht,  als  in 
folgender  problematischen  Stelle  des  Liyius^):  Qm- 
nium  primum  (Numa)  ad  cursum  bmae  in  düodecun 
menses  describit  annumy  quem,  quia  trioenos  dies  mVs- 
gulis  ntensibus  luna  non  eocplety  desuntque  dies  soHdo 
anno,  qui  solstitiali  circumagitur  orbe,  iniercaiaribus 
ntensibus  interponendis  ita  dispensa^it,  ut  quarto  et 
^igesimo  anno  ad  metam  eandem  solis,  undeorsi 
essentj  plenis  annomm  omnium  spatiis  dies  congrue^ 
rent.  Hätte  es  mit  den  ausgezeichneten  Worten  seine 
Richtigkeit,  so  würden  sie  offenbar  auf  dieselbe  Schalt- 
periode gehen,   yon  der  Macrobius  spricht.     Allein 

•)  1.19. 


-Römer.  71 

all^  gandschriften  DrakeuborQh'a  lesen  vigesimq 
anno;  nur  eine  hat  Ton  zweiler  Hand  *vigesimo  quarto 
qaoquß  amu>i  welcbe  Lesart  zuerst  Sabellicus  In 
seine  Ausgabe  von  1491  eingeführt  hat,  den  Livius 
nach  Macrobius  emendirend.  DiQ  spätem  Heraus- 
geber sind  ihm  mit  Ausnahme  yon  Sigonius  gefolgt^ 
der  die  alte  Lesart  zurückruft,  welshalb  ihn  aber  Ro* 
borteil  US  in  einer  Abhandlung  De  rattofie  conigendi 
zurechtweiset^}.  Job.  Friedr.  Gronoy  erklärt  sich 
in  seinen  Observatior^Si  worin  er  ausführlich  von  die- 
ser SteUe  handelt'},,  für  die  Emendation,  doch  so, 
da/s  er  richtiger  guarto  et  /vigesimo  anno  lieset,  das 
quoque  weglassend,  wdches  nadi  römischem  Sprachge- 
brauch eher  auf  eine  drei-  als  vier  und  zwanzigjäh- 
rige Periode  deuten  würde.  Wir  sehen  also,  dafs  Li- 
yius  nicht  mit  enlschiedener  Sicherheit  als  Gewährs- 
mann des  24jflhrigen  Schaltcyclus  genannt  werden  kann, 
was  ^ichwohl  von  Petayius  und  andern  Chronologepi 
geschieht,  die  der  alten  Lesart  nicht  einmahl  gedenkeq. 
Ich  zweifele  indessen  nicht  an  der  Richtigkeit  der  Emen- 
dation. 

Dais  es  keinen  zwanzigjährigen  Cyclus,  wenig- 
stens keinen  solchen,  wie  Sigonius  will,  gegeben  ha- 
ben könne,  geht  klar  aus  allem,  was  wir  von  der  Länge 
des  römischen  Jahrs  und  Schaltmonats  mit  Bestimmt- 
heit wissen,  hervor.  Beim  Plutarch.heifst  es:  ,,Numa 
„verdoppelte  den  Unterschied  des  Mond-  und  Sonnei^- 
„  Jahrs,  den  er,  das  Mondjahr  zu  354,  das  Sonneujahr 


*)  S.  Gruter's    Fax  critica  (Francof.  1604,  8)   Tom.  II. 
p.  23,  24. 

')   l.n,c.  18.  p.273ff.  cd.  Platner. 


72  Technische  Chronologe. 

„zu  365  Tagen  annehmend,  auf  11  Tage  setzte,  nnd 
,, bildete  daraus  einen  Schaltmonat  zu  22  Tagen,  den 
,, sogenannten  Merkidinos,  den  er  in  den  Februar  ein- 
,, schob."  Diese,  wie  man  sieht,  etwas  leicht  hinge- 
schriebenen Worte  fafst  Sigonius  auf.  ^  sagt,  der 
Unterschied  beider  Jahre  betrug  eigentlich  11  ^  Tage; 
man  nahm  ihn  yiermahl  und  yertheilte  die  45  Tage, 
äie  man  so  erhielt,  auf  zwei  Schaltmonate,  einen  zu  22, 
nnd  einen  zu  23  Tagen.  Auf  diese  Weise  entsteht  aller- 
dings eine  Ausgleichung  för  ein  Jahr  von  354  Tagen, 
aber  eine  vierjährige,  von  der  man  nicht  begreift, 
warum  sie  Liyius  gerade  eine  zwanzigjährige  ge- 
nannt  haben  sollte;  dcmn  sie  konnte  eben  so  gut  eine 
yier  und  zwanzigjährige  heilsen.  Auch  hielt  ja 
das  Jahr  des  Numa  nicht  354,  sondern  355  Tage. 

Einen  andern  Gang  nimmt  Joh.  Gottl.  Seger 
in  einer  mit  mehr  Gelehrsamkeit  als  Klarheit  geschrie- 
benen Dissertation  über  die  römische  Zeitrechnung  *). 
Um  den  unemendirten  Liyius  mit  Plutarch  und 
Hacrobius  in  Uebereinstimmung  zu  bringen,  trägt 
er  folgende  Hypothese  yor :  Numa  gab  seinem  Jahr  354 
und  dem  Schaltndonat  unabänderlich  22  Tage,  wie  es 
Plutarch  versichert.  Er  vernachlässigte  also  den  Yier- 
teltag,  wodurch  nach  zwanzig  Jahren  ein  Deficit  von 
fünf  Tagen  entstand.  Um  dieses  zu  decken^  führte 
Seryius  Tullius,  der  als  einer  der  Urheber  der 
Einschaltung  bei  den  Römern  genannt  wird,  die  2(^äh- 
rige  Pei*iode  ein,  von  der  «Liyius  allein  spricht,   da 


'  ')  Jnnus  Romanus.  Argumentum  historicum  ampL philos, 
ordinis  auctoritate  a.  d,  XFIII  Mail  a.  ClOlOCCLyilll  mo^ 
desie  disceptandum  proposuit  Joann,  Theoph,  Segerus. 
T««ozie.  4. 


R  Ö  M  B  R.  73 

€9  ibm  an  der  angeführten  Stelle  nur  darauf  ankam, 
die  älteste  römische  Zeitrechnung  zu  erwähnen..  Den 
.24jahrigen  Schaltcirkel ,  dessen  Macrobius'  gedenkt, 
hat  erst  der  Gonsul  H'  AciHus  Glabrio  welcher  gleich- 
falls unter  die  Urheber  des  römischen  Schaltwesens 
geiählt  wird,  im  Jahr  563  d.  St;  in  Vorschlag  ge- 
bracht. Wie  die  20 jährige  Periode  eingerichtet  war', 
la(st  Seger  auf  sich  beruhen.  Dafi  sich  eine  solche 
denken,  ja  auf  mehr  als  eine  Weise  construiren  lasse, 
wird  niemand  berweifeln;  aber  man  wird  hier  hoffent- 
lich keine  Widerlegung  einer  Hypothese  erwarten,  die 
allem,  was  oben  über  den  Charakter  des  frühem  rö- 
mischen Jahrs  und  Schaltwesens  gesagt  ist,  zuwider 
läuft,  und  durchaus  nichts  weiter  für  sich  hat,  als 
einige  flüchtig  hingeworfene  Worte  eines  griechischen 
Schriftstellers,  und  eine  höchst  wahrscheinlich  verdor- 
bene Stelle  eines  römischen. 

Es  gibt  schwerlich  einen  Gegenstand  der  Alter- 
thumskunde,  an  welchem  sich  der  Scharfsinn  der  Ge- 
lehrten vielfacher  versucht  hätte,  als  an  diesem.  Ein 
undankbares  Beginnen  wüixle  es  sein,  wenn  ich  alle 
von  Panvinius,  Gujacius,  Langius,  Petitus 
und  andern  ersonnene  Schal tmelhoden  ausführlich  zer- 
gliedern und  prüfen  wollte.  Sie  tragen  ohne  Ausnahme 
ihren  Ungrund  an  der  Stirn  ^).     Nur  einer  Hypothese 


^)  So  stellt  der  erste  (Comment,  in  L  I.  Fastor.  p.  30  ed. 
1580,  fol.)  einen  yierjahrigen  Gyclus  auf,  indem  er  die 
10 1-  Tage,  um  welche  das  Jahr  des  Numa  kürzer  als  das  julia- 
nische  war,  yiermahl . nimmt  und  dai-aus  zwei  Schaltmonate  ab- 
wechselnd zu  20  und  21  Tagen  bUdet.  Der  zweite  in  seinem 
Commentar  zu  der  oben  (2,59)  citirten  Stelle  der  Digesta  ver- 
theilt  die  82  Tage,  welche  auf  gleiche  Weise  in  acht  Jahren 


74  Technische  Chronologie. 

mufs  bler  mit  einiger  Ausführlichkeit  gedacht  werden, 
da  sie  der  Name  ihres  Urhebers  bei  den  Gelehrten  noch 
immer  in  einigem  Ansehen  erhttlt,  ich  meine  die  des 
losephus  Scaliger.  Sie  hat  längst  an  Petayius  ') 
und  Gronovius  sehr  gründliche  Beurtheiler  gefunden; 
ich  werde  daher  besonders  nur  diejenigen  Momente  her- 
vorheben, die  beide  Gelehrte  weniger  berücksichtigt  ha- 
ben, als  es  nöthig  scheint« 

Scaliger  legt')  der  römischen  Schaltperiode  eine 
Dfiuer  von  22  Jahren  bei.  Am  Schlüsse  derselben,  sagt 
er,  liels  man  den  Meroedonius,  der  die  ersten  20  Jahre 
hindurch  abwechselnd  22  und  23  Tage  gehalten  hatte, 
weg,  so  dafs  im  Verlauf  der  ganzen  Periode  225  Tage 
eingeschaltet  wurden.  Da  aber  22  julianische  Jahre  um 
225  Tage  12  Stimden  länger  sind,  als  eben  so  viel  rö- 
mische Gemeinjahre,  so  gab  man,  um  die  12  Stunden 
einzubringen,  in  der  folgenden  Periode  dem  ersten 
Schaltmonat  nicht  22  sondern  23  Tage,  wodurch  am 
Ende  zweier  Perioden  die  Ausgleichung  vollkommen 
wurde.  Folgendes  Schema  gewährt  eine  Uebersicht  die- 
ser Schalteinrichtung : 


entstehen y  auf  drei  Schaltmonate,  von  denen  zwei  27  und  einer 
28  Tage  gehalten  haben  soll.  Die  Meinung  des  Wilhelm 
Lange  findet  man  in  seinem  Werk  de  Annis  Christi  (Lugd. 
Bat.  1649, 4)  1.  I.e.  15,  und  die  des  Petitus  in  semen  Eclogis 
chronologicis  (1,254)  I.V.  c.l. 

*)   Doctr.  temp.U.ISff. 

*)  Emend.  temp.  1.  ü.  p.  172  ff.  und  1.  IV.  p.  298  ff. 


R 

ÖMBlt. 

Erste  Periode. 

Zweite  Periode. 

n. 

22 

Tage. 

n. 

23  Tage. 

IV. 

23 

- 

IV. 

23     - 

VI. 

22 

. 

VI. 

22  .  - 

vm. 

23 

- 

vni. 

23     - 

X. 

22 

~ 

X. 

22     - 

xn. 

23 

- 

XII. 

23     - 

XTV. 

22 

> 

XIV. 

22     - 

XVI. 

23 

— 

XVI. 

23      - 

XVIIT. 

22 

- 

xvm. 

22     - 

XX. 

23 

- 

XX. 

23     - 

xxn. 

0 

xxn. 

0 

76 


225  Tage.  226  Tage. 

Er  gkubt  femer,  dafs  aus  der  22  jährigen  Perlode  und 
dem  .5  jähr  igen  Lustrum  das  110jährige  Saeculum 
der  Römer  entstanden  sei.  Die  erste  Periode  des  Sae* 
culi  habe  mit  dem  ersten  Jahr  des  Lustri,  die  zweite 
mit  dem  dritten,  die  dritte  mit  dem  fünften,  die  vierte 
mit  dem  zweiten,  die  fünfte  mit  dem  vierten,  die 
«echste  wledet  mit  dem  ersten  angefangen,  und  mit  dem 
neuen  Saeculo  sei  wieder  alles  in  das  vorige  Geleise  ge- 
kommen. Das  Saeculnm  habe  also  aus  fünf  Perioden, 
22  Lustris  und  110  Jahren  bestanden.  Am  Schlüsse 
jedes  Saeculi  seien  die  Ludi  saeculares  gefeiert  wor- 
den. Weder  Yarro  noch  iigend  ein  anderer  Kritiker 
habe  von  dieser  Sache  eine  richtige  Ansicht  gehabt. 
Von  den  ersten  Spielen,  die  nach  den  G>mmentarien 
der  Qnindecimvim  im  Jahr  298  d.  St.  gefeiert  worden 
wären,  bis  auf  Septimius  Severus  habe  man  die  1  lOjäh- 
rigen  Intervalle  genau  beobachtet.    Ziehe  man  1 10  Jahre 


76  Technische  'Chronologie. 

yoD  der  Epoche  der  ersten  Spiele  ab,  so  erhalte  man 
das  Jahr  188,  wo  des  Servins  TulIIns  erstes  Lustram 
Statt  gefunden. 

Man  sieht,  die  sealigersche  Periode  sollte  eigentlich 
eine  yier  und  vierzigjährige  heifsen,  weil  erst  nach 
Ablauf  von  je  44  Jahren  die  Art  von  Ausgleichung, 
die  man  bei  der  Einschaltung  beabsichtigt  haben  soll, 
vollständig  bewirkt  war.  Die  44jährige  Periode  ist  aber 
eben  so  wenig  dem  110jährigen  Saeculo  commensura- 
bel,  als  das  fünfjährige  Lustrum  der  22  und  44jähri- 
gen  Periode.  Auch  die  ganze  Anordnung  der  Periode 
empfiehlt  sich  durch  keine  besondere  Symmetrie;  sie 
hat  wenigstens  in  dieser  Hinsicht  keinen  Vorzug  vor 
der  24jährigen.     Doch  dies  sind  Kleinigkeiten. 

Erheblicher  ist  es,  dafs  bei  den  Alten  nirgends  von 
einem  22jährigen  Cyclus  die  Rede  ist,  während  sich 
die  Nachricht  von  einem  24jährigen  erhalten  hat.  Die 
sie  betreffende  Stelle  des  Macrobius  anzuführen  hält 
Scaliger  der  Mühe  gar  nicht  werth,  nachdem  er  sich 
über  die  Glaubwüixligkeit  seines  Zeugnisses,  auf  das  er 
sich  doch  anderswo  ohne  Bedenken  beruft ,  auf  eine 
höchst  wegwerfende  Weise  geäufsert  hat.  Dagegen  citirt 
eV  den  Livius  mit  der  Lesart  *vtgesimo  quarto  quoque 
anno,  die  er  für  die  einzige,  oder  doch  für  die  richti- 
gere gehalten  haben  mufs.  Dafs  dieser  Gesohichtschrei- 
ber,  der  bald  nach  der  julianischen  Reform  lebte,  nicht 
gewufst  habe,  was  die  Römer  vor  derselben  für  eine 
Schaltperiode  hatten,  eine  zwei-  oder  eine  vier  und 
zwanzigjährige,  ist  schon  sehr  befremdend;  dafs 
aber  gar  Varro,  von  dem  Cicero  sagt  ^) :  Tu  aetatem 


^)  Acad,  QuaesL  1, 3. 


R  ö  M  E  a.  77 

patriae j  tu  descriptiones  temporum  • . .  to  omnium  di" 
^inarutn  humanarumque  rerum  nomina,  genera,  offi- 
da,  causas y  apena'sti,  von  dem  frühem  römischen 
Schaltwesen,  das  doch  erst  in  seinen  spfitem  Lebens- 
jahren abgeschafll  worden ,  keine  richtige  Ansicht  ge- 
habt haben  soll,  ist  völlig  unbegreiflich. 

Das  Zeu^nifs  des  Livius  verwirft  Scaliger  — - 
weil  es  sich  nicht  in  sein  System  fügt  (dies  gilt,  wie 
man  sieht,  auch  dann,  wenn  wir  vigesimo  lesen),  und, 
wie  er  glaubt,  mit  um  so  gröfserem  Recht,  da  der 
Ausdruck  plenis  annorum  omnium  spatiis  schlecht  auf 
einen  Cyclus  passe,  worin  eine  Einschaltung  übergangen 
werde.  Gronov  zeigt  abä  mit  Hülfe  einer  Parallel- 
stelle des  Cicero,  was  damit  eigentlich  gemeint  wird, 
nämlich  die  durch  die  Einschaltung  bewu*kte  vollstän« 
dige  Ausgleichung  des  kürzern  Jahrs  mit  dem  iur 
Norm  angenommenen  längern,  und  fragt  nun,  ob  der- 
selbe mit  gröfserem  Recht  vo|i  einem  22jährigen  Cy- 
dus,  der  noch  einen  halben  Tag  auszugleichen  übrig 
lasse,  oder  von  einem  24jährigen,  der  alles  in  sein  vori- 
ges Geleise  bringe,  gebraucht  zu  werden  verdiene. 

Was  allein  für  Sca ligers  Hypothese  zu  sprechen 
scheint,  ist  das  Yerhältnils,  in  welchem  seine  Periode 
zum  Lustrum  und  Saeculum  der  Römer  stehen 
soll.  Dieser  Gegenstand  mufr  hier  soi^fältig  erörtert 
werden. 

Wenn  wir  einen  Blick  werfen  auf  alle  die  Stellen 
früherer  und  späterer  Autoren,  wo  sich  Lustrum  als 
Benennung  eines  Zeitraums  gebraucht  findet,  so  über* 
zeugen  wir  uns  leicht,  dafs  dieses  Wort  bei  den  Römern 
nie  zu  der  festen  Bedeutung  gelangt  ist,  wie  ^Ohjfmtd^ 
bei  den  Griechen.    Vor  dem  Zeitaller  des  August  scheint 


78  Technische  Chronologie. 

es  in  diesem  Sinn  selten  vorzukommen,  und  nur,  wenn 
Yon  der  Geschäftsfiihning  der  Censoren  die  Rede  ist« 
JBeihi  Ovid  ist  es  bald  eine  Zeit  von  fünf  Jahren: 
Troia  fuix  lustris  obsessa  duohus  ^),  bald  von  vier, 
2.  B.  wenn  er  die  jidianische  Schaltregel  also  ausdrückt : 
In  lustrum  accedere  debet,  Quae  consummatur  partim 
busy  una  dies  ')•  Dafs  die  letzte  Bedeutung  den  Sprach- 
gebrauch in  Prosa  eben  so  gut  für  sich  hatte,  wie  die 
erste,  ersehen  wir  aus  Plinius,  der  zweimahl  kurs 
hintereinander  ^)  Lustrum  deutlich  für  Quadrien- 
nium  setzt.  Sie  fixirie  sich  besonders  seit  Einführung 
der  kapitolinischen  Spiele  unter  Domitian,  welche  gleich 
den  olympischen  in  vierjährigen  Zwischenräumen  ge* 
feiert  wurden  ^),  die  wir  auf  Inschriften  Lustra  ge~ 
nannt  finden  ^).  Im  dritten  Jahrhundert  unserer  Zeit- 
rechnung war  es  schon  so  gebräuchlich,  Lustrum  nur 
für  einen  vierjährigen  Zeitraum  zu  nehmen,  dafs 
der  sonst  so  wohl  unterrichtete  Gensori'nus  gar  nicht 
einmahl  eine  andere  Bedeutung  des  Worts  gekannt  zu 
haben  scheint;  denn  nachdem  er  die  Olympiaden  ei- 
nen quatemwn  annqnun  circuitus  genannt  hat,  sagt  er: 
Jdem  tcmpus  anni  magni  Romanis  fidt,  quod  lustrum 
appellabant,  ita  a  Senao  TuUio  institutum,  ut,  quinio 
quoque  anno  ceiisu  ci^^ium  habito,  lustrum  condere-^ 
tur,  und  dafs  quinto  quoque  anno  nach  gewöhnlichem 


«)   ^mor.  in,  6, 27. 

*)  Fast.ni,i65. 

')  Ä.  iV.  n.  47, 48. 

*)   Agon   et   in  Elide  lovi  Oljrmpio   et  Eomae  Capitolino 
quinto  quoque  anno  redeunle  celebratur.    Gensor.  c.  18. 

')  S.  Grater*s  Thesaurus  p.  GCGXXXU,  3. 


Römer.  79 

Sprachgebniiicli  so  viel  als  alle  vier  Jahre  heifsen 
soll ,  geht  auch  im  weitern  Verfolge  aus  den  Worten 
hervor:  Rursus  annus  idem  magnus  per  Capitotinos 
agonas  coeptus  est  diUgentius  servari. 

Doch   hier  kann  hlofs  von  der  altem  Bedeutung 
des  Worts  Lustrum  die  Rede  sein,  und  diese  scheint 
entschieden  auf  einen  fünfjährigen  Zeitraum  zu  ge- 
hen*    Abgesehen   von   dem   Artikel    btstra    beim   Fe- 
stus  ^)j   will   ich  nur   folgende  Stelle  des  Yarro  an- 
führen:  Lustrum  nonunatum  tempus  quinquennale y 
a  luendo^  hoc  est  solvendo,  quod  qxunto  quoque  anno 
'vectigaUa  et  ukro   tributa  per  censores  persoh^ehan-^ 
tur^).     Zwar  könnte  man  auch  hier  wegen  des  qutnto 
quoque  anno,  und  weil  Cicero  einmahl  von  den  olym- 
pischen Spielen  den  Ausdruck  7na:rf/7ia  illa  quinquen- 
nalis  celebritas  ludorum  gebraucht  ^)f   an  vier  Jahre 
denken  wollen;  allein  es  steht  fest,   dais  die  Censoren 
fünf  Jahre  im  Amt  blieben,  und  dafs  am  Schlüsse  des- 
selben und  des  Census  das  Reinigungsopfer,  Lustrum 
genannt,  zur  Sühne  des  Yolks  dargebracht  wurde,  wefs- 
halb  auch  diese   feierliche  Handlung   lustrum  condere 
heilst ,  wo  condere  bekanntlich  so  viel  als  ßnire  be- 
deutet. 

Dies  war  ohne  Zweifel  die  Regel ;  allein  sie,  litt  so 
häufige  Ausnahmen,  dafs  die  symmetrische  Verbindung 
des  Lustri  mit  dem  Schaltcirkel,  die  Scaliger  voraus 
setzt,  gar  nicht  entstehen  konnte.     Livius  bemerkt 


*)  Cum  vocabuli  prima  sjrilaba  producitur,  signifioai  nunc 
tempus  quinquennale,  nunc  populi  lustrationem, 

»)  X>c /. /.  V.  col.  32. 

')   De  orat.  111,32. 


80  Technische   Chronologie. 

elnmaU  ^):  Census  actus  eo  anno  (294  d.  St.);  lustnun 
propter  CapitoUum  captum,  consulem  occisum,  condi 
rßligiosum  /uit.  Aehuliche  Rücksichten  müssen  häufig 
genommen  sein ;  denn  in  dem  langen  Zeitraum  von 
nahe  650  Jahren,  zwischen  dem  ersten  von  Servius  Tul- 
lius  und  dem  letxten  im  Jahr  827  d*  St.  von  Yespasian 
yeinnstalteten  Lustrum,  hat  es  nach  Censorinus  nicht 
mehr  als  75  Lustra  gegeben,  so  daüs  auf  die  Zwischen- 
räume im  Durchschnitt  acht  bis  neun  Jahre  gehen  ')• 
Zur  Bestätigung  dessen  dient  es,  dafs  Jjiyius  das 
zehnte  Lustrum  ins  Jahr  295  d.  St.  setzt  ^),  wo  seit 
Servius  Tullius  schon  mehr  als  20  hätten  gefeiert  sein 
sollen,  und  dais  nach  den  auf  uns  gekonmienen  Bruch- 
stücken der  Fasti  Capitolini  das  25ste  Lustrum  im 
Jahr  435  und  das  58ste  im  Jahr  617  Statt  gefunden 
hat  ^).  In  diesem  Zeitraum  ist  kein  Lustrum  übergan- 
gen worden;  wie  unregelmäfsig  aber  die  Intervalle  ge- 
wesen sind,  erbellet  aus  folgender  Uebersicht  *]•  Unter 
den  G>n8uln  der  Jahre  435,  441  und  446  stehen  die 
lYamen  der  Censoren  mit  dem  Beisatz  L.  F.  {lustrum 
fecem)  XXV,  XXVI,  XXVII.    Beim  Jahr  488  kommen 


*)  m,22. 

')    Cum  inter  primum  a  Sefvio  Rege  conditum  lustrum,  et 

id^   quod  ab  Imperatore  f^espasiano  V  et  Caesare  III  Cass* 

factum  est,  anni  interfuerint  paullo  minus  sexcentis  quinqua^ 

ginta,  lustra  tarnen  per  ea  tempora  non  plura  quam  septua* 

ginta  quinque  sunt  Jacta.  c.  19. 

')   m,24. 

*)  Die  Jabre  in  diesen  Fastis  sind  durchgehends  um  eine 
Einheit  kleiner  angesetzt,  als  nach  der  sogenannten  vantnuschen 
Aere.    Davon  unten. 

»)  Gruteri  rAej./i»cAp.CGXGIbisGGXGiy. 


Römer.  81 

die  Censoreii  vor ,  qui  L.  F.  XXXY.  Beim  Jahr  495 
hat  sich  nur  der  Name  des  einen  Gensors  erhalten; 
der  des  andern  mit  dem  L.  F.  XXXVI  ist  verwischt. 
Beim  Jahr  SOÖ' werden  Gensoren  genannt,  jedoch  ohne 
L.  F.  Beim  Jahr  501  kommen  andere  Gensoren  vor 
mit  dem  Beisatz  L.  F.  XXXYII.  Beim  Jahr  506  ste- 
hen die  Namen  der  Gensoren  mit  dem  L.  F.  XXXVIU. 
Beim  Jahr  512  findet  sich  nur  der  Name  des  einen 
Gensors ;  der  des  andern  mit  dem  L.  F.  ist  verwischt. 
Beim*  Jahr  517  werden  Gensoren  genannt,  doch  ohne 
L.  F.  Beim  Jahr  519  kommen  andere  Gensoren  vor 
mit  L.  F.  XL.  Beim  Jahr  522  stehen  wieder  andere 
Gensoren  ohne  L.  F.'  Beim  folgenden  Jahr  sind  neue 
Gensoren  bemerkt  mit  L.  F.  XLI.  Beim  Jahr  528  kom- 
men Gensoren  mit  dem  L.  F.  XLII  vor.  Nun  eine 
Lücke.  Dann  sind  die  Jahre  549,  554,  559,  564, 
569,  574,  579,  584,  589,  594  und  599  mit  den  Lustris 
XLV  bis  LY  bezeichnet.  Yon  hier  an  haben  sich  nur 
noch  einzelne  Bruchstücke  erhalten,  aus  denen  sich  je- 
doch noch  abnehmen  läfst,  dafs  das  56,  57  und  58ste 
Lustrum  in  die  Jahre  606,  611  und  617  gehören. 

Man  sieht,  dafs  diese  Lustra  in  unregelmäfsigen 
Zwischenräimien  von  4,  5,  6,  ja  öfters  von  7  Jahren 
fortschreiten,  und  so,  hoffe  ich,  wird  man  obige  Be- 
hauptung von  der  UnStatthaftigkeit  der  Verknüpfung 
des  Lustri  mit  dem  zu  Rom  gebräuchlichen  Schaltcirkel, 
welches  auch  die  Dauer  desselben  gewesen  sein  mag,  ge- 
rechtfertigt finden.  Wenn  die  olympischen  Spiele  zwar 
in  der  Regel  alle  4  Jahre,  aber  auch  zuweilen  in  Zwi- 
schenräumen von  3,  5,  ja  6  Jahren  gefeiert  und  öfters 
ganz  w^ge&llen  wären,  wie  würden  die  griechischen 
Geschichtschreiber  darauf  gekommen  sein,  die  Olym- 

n.  [6] 


82  Technische  Chronologie. 

piaden  ab  einen  Zeitmafsstab  zu  gebrauclien?  Das  La- 
atrum  ist,  ich  wiederhoUe  es,  bei  den  Römern  immer 
ein  schwankender  Zeitraum  geblieben,  und  kann  daher 
einem  22jährigen  Schaltcirkel  nicht  zur  Grundlage  ge- 
dient haben,  zumal  da  es  demselben  in  seiner  eigent-^ 
liehen  Dauer  nicht  einmahl  commensurabel  war. 

Eine  ganz  ähnliche  Bewandniis  hat  es  mit  dem 
Saeculum  der  Römer.  Wenn  man  den  Scaliger 
lieset,  so  ahnet  man  gar  nicht,  da(s  auch  dieses  Wort 
bei  den  Römern  in  keiner  festen  Bedeutung  genommen 
worden  ist.  Man  höre  aber  nur,  wie  sich  Censorinus 
dariiber  äufsert^):  Ronumorum  saecula  quidam  bidis 
saecularibus  putant  distingui.  Od  rei  fides  si  ceria 
estt  modus  Romani  saeculi  est  incertus*  Temporum 
enim  inten^aUa,  quihus  ludi  isti  debeant  referri,  non 
modo  quanta  fuerint  retro  ignoratur,  sed  ne  quanta 
quidem  esse  debeant  scitur.  Nam  ita  institutum  esse, 
ut  centesimo  quoque  anno  ßerent^  id  cum  An^ 
tias  alüque  historici  auctores  sunt,  tum  Varro  de  ioe- 
rdcis  originibus  libro  primc  ita  scriptum  reliquit:  cum 
multa  portenta  fierent,  et  murus  ac  turris,  quae  sunt 
intra  portam  CoUinam  et  Esquilinam,  de  caelo  essent 
tacta,  et  ideo  libros  Sibjrllinos  decemynri  adissent,  re* 
nuntiarunt,  uti  Dii  patri  et  Proserpinae  bidi  Terenr- 
tini  in  Campo  Martio  ßerent  et  hostiae  ßuvae  immo^ 
larentur,  utique  ludi  centesimo  quoque  anno  ßerent. 
Item  T.  Idvius  libro  CXXXFI:  eodem  anno  ludos 
saeculares  Caesar  ingenti  apparatu  fecit,  quos  cente^ 
simo  quoque  anno  (is  enim  terminus  saeculi)  ßeri  mos. 
At  contra  ut  decimo  centesimoque  anno  repe^ 

_  • 

•)  C.17. 


R  Ö  M  B  R.  83 

tantur,  tarn  commentarii  qumdecimvirorwn ,  quam  JD. 
Augusti  edicta  testari  videntur,  adeo  ut  Horatius  Flao* 
cus  in  carmineg  quod  saecularibus  ludis  canUstum  est, 
id  tempus  hoc  modo  designaverit: 

Certus  undenos  dedes  per  annos 
Orbis  ut  cantus  referatque  ludos, 
Ter  die  claro,  totiesque  grata 
Node  fnsquentes* 
Wir   ersehen   hieraus,   dadi  über  die   Dtner  des 
Saeculi  unter  den  Römern  zwei  yerschiedene  Mei* 
nnngen  herrschten,   indem  es  von  einigen  auf  hun- 
dert,  von  anderen  auf  hundert  und  sehn  Jahre 
gesetzt  wurde.    Zur  ersten  bekannten  sich  aufser  dem 
Geschichtsdireiber  Yalerius  Antias,  der  in  der  lets- 
ten  Hälfte  des  siebenten  Jahrhunderts  der  Stadt,  also 
vor  der  jnlianischen  Reform  lebte,  Varro  und  Liyius, 
denen  man^  wenn  die  Frage  ist,  in  welchen  Zwischen«- 
räumen  die  Ludi  saeculares  nicht  etwa  gefeiert  werden 
sollten,  sondern  wirklich  gefeiert  worden  sind,  die  C<Mn<- 
petens  nicht  absprechen  wird;   die  andere  wird  bests* 
tigt,  oder,  wie  sich  Censorinus  aiudrückt,   scheint 
bestätigt  zu  werden  durdi  den  Ausspruch  der  Quin-* 
decimyirn,  der  Aufbewahrer  und  Ausleger  der  sibyl- 
Uniscfaen  Qücher,  durch  die  nach  diesem  Ausspruch  ge- 
modelten Verordnungen,   die  August  bei  Gelegenheit 
der  von  ihm  veranstalteten  Säcularfeier  hatte  ergehen 
lassen,    und  durch   das   damals  gesungene   Carmen 
saeculare  des  Horas. 

Dals  das  römische  Saecnlum  hundert  Jahre  halte« 
war,  so  weit  wir  jetzt  darüber  urtheikn  können,  die 
allgemeine  Meinung  der  römischen  Alterthumsforscher 
und  Grammatiker.     Yarro  sagt  in  einem  noch  erhal- 

[6'1 


84  Technische  Chronologie. 

tenen  Werke  ^):  .SaecuJwn  spatiwn  annorum  centum 
i}OcaruiU^  dictum  a  sene,  quod  longissimum  spaiium 
senescendorum  hominum  id  putanmU  Eben  so  Festus, 
oder  vielmehr  der  von  ihm  epitomirte  Yerrius  Flac- 
CU8,  welcher  unter  Augustus  und  Tiberius  gelebt  hat: 
Saeculares  ludi  apud  Romanos  ppst  centum  annos  fie» 
bant,  quia  saeculum  in  centum  annos  extendi  existi-- 
mabanU  Selbst  Censorinus,  dem  in  diesem  Punkt 
vor  allen  eine  Stimme-  gebührt,  neigt  sich  zuletzt  zu 
der  Meinung  derer  hin,  die  das  Saeculum  von  den 
altem  Römern  auf  hundert  Jahre  gesetzt  wissen  wol- 
len, mit  den  Worten:  Nostri  maiores,  quod  naturale 
saeculum  (er  meint  die  längste  Lebensdauer  der  Men- 
schen) quantum  esset,  exploratum,  non  habebant,  dyilo 
ad  certum  annorum  modulum  centum  statuerunt,  wo- 
bei sie,  setzt  er  hinzu,  wie  in  so  manchen  andern 
Stücken,  den  Elruskern  gefolgt  sind.  Auch  Acron, 
der  alte  Ausleger  des  Horaz,  geht  in  diese  Ansicht 
ein,  wenn  er  zu  Od.  IV,  6  sagt:  ffjrmnum  hie  ApolUni 
dicit  et  commendat  carmina  sua  saecularibus  ludisj  qui 
celebnmtur  post  centum  annos.  In  seinen  Anmerkun- 
gen zum  Carmen  saeculare  dagegen  bestätigt  er  die 
110  Jahre  des  Dichters. 

Doch  man  wii^  sagen,  es  komme  hier  nicht  auf 
Meinungen  und  Erklärungen,  sondern  blofs  auf  die 
Epodien  der  wiridich  gefeierten  Säcularspiele  und  ihre 
Zwischenräume  an.  Da  begegnet  uns  nun  aber  Gen- 
sorinus  sogleich  mit  der  Bemerkung:  Temporum  si 
veterum  reyohantur  annales  fmodus  Romani  saecuUj 
hnge  magis  in  incerto  inuenietur.    Bis  zu  den  fünften 


•)  Z^e/.i.V.  col.32. 


Römer«  85 

Spielen  nämlich,  deren  Feier  August  im  Jahr  737  d.  St. 
yeninstaltetef  unterliegt  das  Historische  der  ludi  saecu- 
lares  hesondem  Zweifeln.  Nach  den  Gommentarien 
der  Quindecimvirn  gehörten  die  ersten  Spiele  ins 
Jahr  298,  die  zweiten,  dritten  und  vierten  in  die  Jahre 
408,  518  und  628,  so  dais'die  Intervalle  durchgehends 
110  Jahre  betragen  hätten.  Dagegen  sollen  nach  Yale* 
rius  Antias  die  ersten  Spiele  245,  die  zweiten  nach 
eben  demselben  305,  die  dritten  nach  Antias  und 
Livius  505 y  die  vierten  nach  Antias,  Yarro  und 
Livius  605,  nach  Piso  Gensorius,  Gn.  Gellius 
und  dem  damals  lebenden  Cassius  Hemina  aber  608 
gefeiert  worden  sein.  Die  überall  von  Gensorinus 
angeführten  Namen  der  Gonsuln  lassen  die  Richtigkeit 
dieser  Zahlen  nicht  bezweifeln.  Man  sieht,  dafs  ihnen 
im  Ganzen  das  Princip  einer  hundertjährigen  Feier 
zum  Grunde  liegt,  so  dals  also  über  die  vier  ersten 
Sacularfeiem  die  Gommentarien  der  Quindecimvirn  in 
offenbarem  Widerspruch  mit  den  Berichten  der  Ge- 
schieh tschreiber  waren. 

Die  Römer  hegten  bekanntlich  eine  grofse  Achtung 
für  ihre  sibyllinischen  Bücher^  die  anfangs  Duumvi* 
ris  sacris  faciundis,  nachmals  Decemviris  und 
endlich  Quindecimviris  anvertraut  wurden.  Der 
Senat  liels  sie  öfters  in  gefahrvollen  Momenten  des  Ge- 
meinwesens befragen,  und  veranstaltete  dann  auf  ihren 
Ausspruch  Sühnopfer  und  andere  Geremonien.  Die  alten 
Bücher,  die  Tarquinius  gekfiuft  haben  soll,  gingen  zur 
Zeit  des  Sylla  mit  dem  Kapitol  in  Feuer  auf.  Man 
sammelte  hierauf  von  allen  Seiten,  aus  Samos,  Ery- 
thrae,  Afrika,  sibyllinische  Verse,  von  denen  August, 
nachdem  er  die  Würde  eines  Pontifex  maximus  ange- 


86  Technische  Chronologe. 

nonunen,  eine  sorgfidtige  Auswahl  Teranstalten  und  das 
Uebrige  yerbrennen  lieis.  Auf  seinen  Befehl  mufsten 
die  Quindecimvim  die  yor  Alter  verblichenen  Yerse 
eigenhändig  abschreiben,  damit  sie  den  Augen  der  Pro- 
fanen entzogen  blieben  ^),  worauf  er  sie  in  einem  ver- 
goldeten Behältniis  unter  dem  Fufsgestell  des  Apollo 
Palatinus  niederlegen  liefs  ')•  Dies  sind  die  Versus 
SibjlUm»  von  denen  Horaz  im  Anfange  seines  Cur- 
men  saeciUare  spricht.  Ein  Fragment  davon  ist  ver- 
muthlich  das  ans  37  Hexametern  bestehende  sibylli- 
nische  Orakel,  das  uns  Phlegon  Trallianus')  und 
Zosimus  ^)  aufbewahrt  ludben.  Es  enthält  den  Aus- 
spruch, dais  die  Römer  stets  siegreich  sein  würden,  wenn 
sie  alle  110  Jahre  auf  dem  Campus  Martins  mehreren 
Gottheiten  der  Ober-  und  Unterwelt,  die  namentlich 
aufgeführt  werden,  Opfer  darbrächten.  Die  Verse,  welche 
die  Zeitbestimmung  enthalten,  lauten  also: 

'AXX'  oTTorav  infjKig-o^  ext)  XP^^^  dvä^pwTPowi 
Zw^,  cig  Itecüv  ixarov  Hxa  xukXov  odnxiW) 

Galläus  ')  hat  bcaTondia  emendiren  wollen;  allein  es 
ist  nichts  zu  ändern,  wenigstens  hat  Zosimus  ent- 
schieden ixaroy  iixa  gelesen.  Die  Yerse  haben  daher 
ohne  Zweifel  eben  so  zu  Augustes  Zeiten  gelautet;  ob 
aber  auch  früher,  ist  nicht  so  entBchieden.  Nach 
dem  uns  von  Censorinus  aus  Yarro's  Schrift  De 


*)  Die  Gassius  1.  UV.  c.  17. 

*)  Suet.  ^ug.  €.31. 

')  De  iongaevü  p.  127  ed.  Meursii. 

♦)  HistA.U.c.6. 

")  Dissert.  de  Sifyliis  c.  6. 


Römer.  87 

scenids  originibus  aufbewahrten,  oben  cilirten,  Frag- 
ment thaten  die  sibyUinischen  Büchßr  bei  einer  ge- 
wissen Gelegenheit  (vieUeicht  im  Jahr  305  d.  St.)  den 
Aussprach,  dafs  man  dem  Pluto  und  der  Proserpina 
die  ludos  Terentinos  d.  i.  saeciäares  auf  dem  Campus 
Martins  feiern  und  damit  alle  hundert  Jahre  fort- 
fahren solle.  Auch  beim  Augustinus  ^)  findet  sich 
die  Notis,  dais  in  einer  gefahrvollen  Periode  der  puni- 
sehen  Kriege  auf  Veranlassung  der  sibyUinischen  Bücher 
die  ludi  saeculares  gefeiert  wurden,  quorum  cekbritas 
inter  centum  annos  ßierat  instituta,  felicioribusque 
temporibus  memoria  jtegUgente  perienU.  Er  spricht 
ohne  Zweifel  yon  der  Feier  des  Jahrs  505,  und  was 
er  von  Yemachlassigung  sagt,  muis  auf  die  im  Jahr 
405  yersäumte  gehen. 

Sueton  gedenkt')  der  Sacularfeier  unter  August 
als  eines  abgekommenen,  damals  wieder  aufgefrischten 
Gebrauchs  mit  den  Worten:  Nonnulla  etiam  ex  anti- 
quis  ceriinonüs  paullatim  abolita  restituit,  ut  Salu^ 
tis  augurium,  Diale /laminium,  sacrum  Lupereale,  lu^ 
dos  saeculares»  An  einem  andern  Ort'),  wo  er  von 
der  sechsten  Feier  spricht,  die  Claudius  63  Jahre  später 
aur  Verherrlichung  des  beginnenden  neunten  Jahrhun- 
derts d.  St.  veranstaltete ,  sagt  er :  Fecit  et  saeculares, 
quasi  anticipatos  ab  Auffisto,  nee  legitimo  tempori  /v- 
servatos,  quams^is  ipse  in  historiis  suis  prodat,  inter^ 
missos  eos  Augustum  muUo  post,  diUgentissime  annO" 
nun  ratione  subducta,  in  ordinem  redegisse.  Auch 
Zosimus,  welcher  ausführlich  yon  den  Säcularspielen 

')  Dt  cwit,4eiUl,±%. 

*)  A.a.O. 

')    Ctaud.  c.2i. 


88  Technische  Chronologie. 

bandelt  obemerktf  dafs  sie  August  wieder  aufgefrischt 
babe,  nachdem  sie  eine  Zeitlang  yemacblässigt  worden 
wären.  Nach  den  Commentarien  der  Quindecim- 
yirn  hat  aber  bis  zur  fünften  Feier  hin  so  wenig  eine 
Yernachlässigung  Statt  gefunden,  da&  August  nicht  ein- 
mahl den  Schlufs  des  llOten  Jahrs  abgewartet,  sondern 
daä  Fest  schon  im  Verlauf  desselben  wiederhohlt  hat. 
Dagegen  fehlt  in  der  hundertjährigen  Reihenfolge  bei 
den  Geschichtschreibern  die  Feier,  welche  im  Jahr  705 
hätte  eintreten  soUen,  und  yermuthlich  de&halb  nicht  in 
Anregung  gebracht  worden  war,  weil  in  diesem  höchst 
unruhvoUen  Jahr  der  Bürgerkrieg  zwischen  Pompeins 
und  Cäsar  ausbrach. 

Suetonius  und  Zosimus  scheinen  also  die 
Epochen  der  vier  frühem  Säcularfeiem ,  wie  sie  die 
Quindecimyim  bestimmt  haben ,  gar  nicht  anzuerken- 
nen. Da  nun,  was  allerdings  sehr  auffallend  ist,  kein 
Geschichtschreiber,  ich  will  nicht  sagen  der  beiden  er- 
sten Feiern  aus  den  Jahren  298  und  408,  wo  es  noch 
schlecht  um  die  römische  Geschichtschreibung  stand, 
sondern  nicht  einmahl  der  beiden  folgenden  aus  den 
Jahren  518  und  628  gedenkt,  di^  doch  zu  den  merk- 
wüidigsten  öffentlichen  Verhandlungen  gehört  haben 
mülsten;  da  diese  Jahre  mit  den  von  Antias,  Liyias 
und  anderen  angegebenen  im  Widerspruch  stehen  ^}, 


')  Letztei^r  bat  von  der  dritten  und  vierten  Feier  in  seinem 
verloren  gegangenen  49sten  Buch  gesprochen,  wie  die  Epitome 
zeigt.  Unter  den  Fragmenten  der  FeisU  Capitolini  finden  sich 
Ludi  saec,  tert.  ei*wähnt;  allein  das  zugehörige  Jahr  ist  nicht 
auszumitteln.  Man  sehe  Nr.  25  bei  Sanclemente,  der  im  er- 
sten Buch  seines  Werks  De  vulgaris  aerae  emendatione  (1,456) 
diese  Bruchstücke  am  vollständigsten  gibt« 


Römer.  89 

und  da  sich  Tor  dem  augusteiscben  Zeitalter  nirgends 
eine  Spur  einer  hundertzehnjährigen  Feier  zeigt, 
aher  yvohlj  selbst  nach  dem  Ausspruch  der  sibyllini- 
scheu  Bücher,  einer  hundertjährigen  (man  ver- 
gleiche die  aus  Censorinus  angeführten  Worte  des 
Varro),  so  wird  es  niemand  befremden,  wenn  Peta- 
yius,  Taffinus^)  und  andere  die  Vermuthung  aufstel- 
len, dais  die  Quindecimvirn,  über  die  Zeit  der  Säcu~ 
larfeier  von  August  befragt,  die  yier  ersten  Feiern  er- 
sonnen haben,  um  ihrer  Angabe,  dafs  sie  in  110 jähri- 
gen Zwischenräumen  zu  wiederhohlen  seien,  desto  mehr 
Nachdruck  zu  geben. 


*)  Petri  Taffini  de  veierum  Romanorum  anno  seculari 
eiusque  potissimum  per  ludos  seculares  celebritate,  eorum'- 
que  chronologia  liber  singularis,  Tomaci  l64l,  4;  aucb  im 
achten  Bande  ron  Gräyii  Thesaurus.  Derselbe  Gegenstand 
ist  yon  mehi^ren  anderen  Gelehrten  gründlich  bearbeitet  worden« 
▼on  Onuphrius  Panvinius  (Gravü  Thes.  Tom.  IX),  yon 
Joh.  Alphonsus  Turretin  (Genf  1701),  von  Job.  Matth. 
Gesner  (Weimar  1717)  und  von  Chr.  Fr.  Ayrmann  (Wit- 
tenberg 1717).  letzterer  stellt  die  Hypothese  auf,  dafs  es  zweier- 
lei ludi  saeculares  gegeben  habe,  1)  die  ludi  Terentini  zu 
Ehren  des  Dis  pater  und  der  Proserpina,  die  man  ursprünglich 
zur  Abwendung  der  Pest  angestellt,  nachmals  aber  alle  hundert 
Jahre  wiederhohlt  habe;  2)  die  eigentlichen  ludi  saeculares, 
welche  zu  Ehren  mehrerer  Geilheiten,  besonders  des  Apollo  und 
der  Diana,  alle  110  Jahre  gefeiert  worden  seien.  August  soll 
diese  Spiele  combinirt  haben.  Es  wäre  doch  aber  sonderbar, 
wenn  Censorinus  yon  einer  solchen  Unterscheidung,  die  alle 
Schwierigkeiten  yermittelt,  beim  Yarro  und  andern  kein  Wort 
aufgezeichnet  gefunden  hätte.  In  obigen  Schriften  sind  übrigens 
auch  Notizen  über  die  nach  Augusfs  Zeiten  gefeierten  Sacular- 
spiele  zusammengetragen,  yon  denen  hier  zu  handeln  nicht  der 
Ort  ist.  Es  liegt  ihnen  theils  das  Princip  des  hundertjährigen, 
iheils  des  hundertzehii)ährigeii  Saeculi  zum  Grunde. 


90  Technische  Chronologie. 

WaB  konnte  aber  die  Quindecimvim  yeranlassen, 
die  hundertjährige  Feier  in  eine  hunderlsehnjäh* 
rige  zu  verwandeln,  und  wird  le^Utere  nicht  immer 
noch  fiör  Scaliger'a  Hypothese  sprechen,  da  sie  von 
einem  110 jahrigen  Saeculum  zu  zeugen  scheint? 

Mit  einer  auf  Veranlassung  der  sibyllinischen  Ora- 
kel im  Jahr  628  d*  St.  veranstalteten  Sühne  des  Volks 
mag  es  seine  Richtigkeit  haben.  Ceremonien  dieser  Art 
waren  gewiis  nicht  selten,  sind  aber,  wenn  gleich  tfhn- 
liehe  Lieder  dabei  gesungen  sein  mögen,  mit  den  Sä- 
cularspielen  nicht  zu  verwechseln,  wie  schon  ein  alter 
Ausleger  des  Horaz  bemerkt:  SaeaUans  carminis  du-- 
plex  de^Hytio  esse  consueverat;  out  enim  pro  sedanda 
out  ^itanda  pestilentia,  out  pro  certo  et  constituto  nu- 
mero  annorum.  Als  nun  August  die  seit  605  oder  608 
vernachlässigte  Säcularfeier  unter  gesetzlichen  Formen 
zu  wiederhohlen  wünschte,  so  erklärten  die  Quinde- 
cimvim, von  jener  Ceremonie  als  der  letzten,  die  Statt 
gefunden  haben  mochte,  ausgehend,  dafs  die  Spiele 
vor  110  Jahren  gefeiert  wären,  und  dafs  ihre  richtige 
Epoche  wiedergekehrt  sei.  Es  kam  ihnen  dabei  der 
schwankende  Gebrauch  des  Worts  Saeculuni  zu  Statten, 
das  nach  Censorinus  eigentlich  spatium  viiae  huma- 
nae  longissimum  partu  et  morte  deßnitum  bezeichnet. 
Dem  Ausspruch  der  Quindecimvim  gemäis  modelte  dann 
August  seine  Edicte  und  Horaz  sein  Carmen  sae- 
culare,  die  also  gerade  nur  so  viel  Beweiskraft  haben, 
als  der  Ausspruch  selbst. 

In  der  That,  es  scheint  so  schwer,  das  Still- 
schweigen zu  erklären,  das  die  Geschichtschreiber  über 
eine  Feierlichkeit  beobachten ,  die  in  der  Verbindung, 
in  die  sie  Scaliger  bringt,  dem  rSmiachen  Volke  ein 


RÖMBR.  91 

hohes  Interesse  gewähren  und  einen  bedeutenden  Ein- 
schnitt in  seine  Geschichte  machen  mnfste,  dals  sich 
in  ihr  durchans  keine  Bestfltigang  der  22  jährigen  Pe- 
riode finden  läist.  Auch  ist  es,  wie  Petayius  zeigt, 
eine  grundlose  Hypothese^  dafs  Seryius  Tullius  sein  er- 
stes Lustrum  gerade  im  Jahr  188  d.  St.,  110  Jahre  yor 
den  ersten  Säcularspielen  der  Quindecimvim ,  gefeiert 
haben  soll.  Ans  Censorinus  geht  nur  so  viel  mit 
Bestimmtheit  hervor,  dafs  es  bald  nach  dem  Jahr  177 
Statt  gefunden  haben  mu(s« 

Da  sich  also  die  22jährige  Periode  von  keiner  Seite 
her  bestätigen  will,  so  kehren  wir  zur  24jährigen  zu- 
rück, die  wenigstens  Ein  entschiedenes  Zeugnifs  für  sich 
hat*  Wenn  sie  zu  verwickelt  scheinen  sollte«  als  dafs 
sie  einem  Yolkskalender  zur  Grundlage  gedient  haben 
könnte,  so  mochte  sie  sich  vielleicht  gerade  dadurch  den 
Patriciem  empfehlen,  denen  darum  zu  thun  sein  mufste, 
dafs  die  Plebejer  ihr  Kalendergeheimnils,  welches,  wie 
wir  unten  sehen  werden,  durch  Cn.  Flavius  im  Jahr 
450  d.  St.  zum  Theil  verrathen  worden  war,  nicht  vol- 
lends durchschauten. 

Die  Frage  aber,  wann  diese  Periode  eingeführt 
worden,  gehört  zu. den  schwierigsten  der  altern  rö- 
mischen Zeitrechnung.  Man  könnte  geneigt  sein,  den 
Consul  Mahius  Acilius  Glabrio  des  Jahrs  563  als 
ihren  Urheber  zu  betrachten,  weil  er  uns  in  der  mehr- 
mala  angezogenen  Stelle  des  Macrobius  über  den  Ur^ 
Sprung  des  römischen  Schaltwesens  (2,  49)  als  einer  der 
Begründer  desselben  genannt  wird,  und  weil  die  Pe- 
riode zu  genau  mit  dem  Himmel  übereinstimmt,  als 
dafii  man  ihr  bei  den  Römern,  die  erst  damals  zu  ein!-* 
ger  wissenschaftlichen  Gultur  zu  gelangen  anfingen,  ein 


92  Technische  Chronologie. 

höheres  Alter  betlegen  könnte.     Allein  diese  Annahme 
ist  grolsen  Schwierigkeiten  unterworfen. 

Wenn  die  24jährige  Periode  563  eingeführt  war  ^), 
so  sollte  man  meinen;  daüs  ein  Jahr  später  der  römische 
Kalender  in  Ordnung  sein  mulste.  Er  war  aber  564 
In  einer  eben  so  grofsen  Yerwirrung  wie  zu  Cäsar's 
Zeit*  Livius  sagt  nämlich  vom  Gonsul  L.  Corne* 
lius  Scipio'):  Per  eos  dies,  quibus  est  profectus  ad 
bellum,  ludis  ApoUinanbus ,  ante  diem  quintum  Idus 
QuitUiles,  caelo  sereno  interdia  obscurata  lux  est,  cum 
luna  sub  orbem  solis  subisseU  Das  römische  Datum 
dieser  grolsen  Sonnenfinstemifs  soll  also  der  11.  Quin- 
tilis  190  V«  Chr.  gewesen  sein.  In  diesem  Jahr  hat  sich 
aber  keine  Sonnenfinstemifs  weiter  ereignet,  als  am 
14.  März  des  julianischen  Kalenders.  Nach  den  De- 
lambreschen  Sonnen-  und  Mayer -Masonschen  Mond- 
tafeln hat  sie  zu  Rom  um  6  U.  33'  Morg.  w.  Z.  ange- 
fangen, um  8  U.  44'  aufgehört  und  11  Zoll  14  Minu- 
ten am  südlichen  Rande  betragen,  so  dafii  nur  eine 
schmahle  Sichel  von  der  Sonnenscheibe  unveidunkelt 
blieb.  Ist  nun  der  Ute  römische  Quintilis  564  der  I4te 
julianische  März  190  y.  Chr.  gewesen,  so  hat,  voraus- 
gesetzt, dafs  auf  dieses  Jahr  kein  Meroedonius  traf,  der 
Anfang  des  römischen  lanuarius  dem  8len  julianischen 
September  191  entsprochen.  Eine  solche  Verschiebung 
konnte  nur  durch  Weglassung  mehrerer  Schaltmoni^te 
entstehen,  wobei  die  Pontifioes  damals  offenbar  schon 
eben  so  willkührlich  verfahren  sind,  wie  späterhin. 


^)   Macrobius,  der  nach  der  calonischen  Aere  zu  i*echnen 
pflegt,  nennt  das  Jahr  562  {2, 49). 

»)  L  xxxvn,  c.  4. 


RÖMBiu  93 

Wir  sehen  uns  also  genöthigt,  die  Einführung  der 
24jährigen  Schaltpeiiode  und  den  Zeitpunkt,  wo  der 
römische  Kalender  mit  dem  Himmel  wenigstens  im 
Groben  übereingestimmt  hat,  in  eine  ältere  Periode  zu 
setzen;  in  welche  gerade,  wage  ich  nicht  zu  entschei- 
den. Es  ist  schwer  zu  sagen ,  worauf  die  Anträge  des 
Consuls  Blanius  Acilius  an  das  Volk  eigentlich  gerichtet 
gewesen  sind,  ob  auf  eine  neue  Gestaltung  des  Schalt- 
wesens'oder  auf  eine  blofse  Rectification  des  durch  eine 
willktihrliche  Anwendung  der  Schaltprincipien  verscho- 
benen Kalenders.  Ein  Irrthum  kann  bei  der  ganzen 
Notiz  unmöglich  im  Spiel  sein,  da  sie  ^us  den  Fastis 
seines  Sleitgenossen  Fulyius  Nobilior,  Consuls  im 
Jahr  565,  entlehnt  ist.  YieUeicht  ist  einmahl  jemand 
so  glücklich,  eine  Hypothese  aufinistellen,  wodurch  sich 
alle  Schwierigkeiten  vermitteln  lassen«  Als  dieser  Glück- 
liche ist  aber  keinesweges  der  französische  Gelehrte  De 
la  Nauze  zu  betrachten,  dessen  Schalttheorie  wir  jetzt 
in  Erwägung  ziehen  wollen. 

In  seiner  Abhandlung :  Le  Calendrier  Romain  de^ 
pvis  les  Decemvirs  jusqvü  ä  la  correction  de  Jules  Ci-* 
sar  ^)  beurtheilt  er  zuerst  die  Arbeit  seines  Vorgängers 
D  od  well.  Dieser  Ghronolog,  sagt  er,  geht  in  seinem 
TVeike  de  CycUs  ')  in  tie%e]ehrte  Untersuchungen  über 
den  römischen  Kalender  aus  der  Periode  von  den  De- 
cemvirn  bis  auf  Cicero  ein,  um  zu  zeigen,  wie  der- 
selbe mit  dem  antidpirten  julianischen  übereingestimmt 
habe.  Einer  der  Fäden,  die  ihn  in  diesem  Labyrinthe 
leiten  soUen,  ist  die  Reihenfolge  der  Nundinae,  von 


')   JUSmoires  de  VAcaddmie  des  Inscriptions  Tora.  XXYI. 
')  Dissert.X. 


94  Technische  ChronoU^. 

denen  sich  tha  nur  drei  D>U  airlhnt  finden,  ond 
noch  dazu  erst  ins  den  Zeiten  nach  Cäsar'a  Hefbnu. 
Die  Principien,  die  er  befolgt,  sind  meiatena  nnsicfaere 
Voraiuietzungen ,  ■.  B.  dalä  der  achttägige  Cjdni  nie 
unterbrochen  worden,  dafä  die  Tage  der  Comitien  und 
Triumphe  nie  mit  den  Nondinis  maaminengetroffen 
sind  n.  s.  w.  Nach  Gntdünken  mac^t  und  Tervirfi  er 
hiemach  Einschaltungen.  Femer  ^verwechselt  er  die 
Jabrszeilen  der  Geschichtachreiber ,  die  ungefähr  den 
unarigea  analog  aind,  mit  denen  der  landwirtbacbaft- 
lichen  Schrifuteller ,  die  ihren  Frühling,  Sommer, 
Herbst  und  Wioler  fast  sechs  Woclicn  vor  der  Rück- 
kehr der  Sonne  zu  dtin  Cardinaipnnkten  anfangen. 
Wie  er  es  gerade  noihig  Gndct,  bestimmt  er  die  Jahrs- 
ttiien  bald  so,  bald  anders,  und  wenn  er  bei  aller  dio 
•er  Willkiihr  auf  Schwierigkeiten  stufst,  was  häuGg  der 
Fall  ist,  ao  hilft  er  sich  mit  gezwungenen  Eikläruagsn 
oder  mit  der  Voraussetzung,  dafs  sich  die  Alten  gäm 
haben.  Selbst  die  Nachrichlen  von  den  Finste 
verwirft  er,  wenn  sie  sich  nicht  in  sein  Sj&lent 
wollen. 

Dieses   Urtbeil,    dem    ich    im  Wesentjj 
pflichte,  überhebt  micli  der  Mühe,  in  du 
einer  der  nnklarsten  und  meines  I 
testen  cbronologitthen  Untersuchui 
je  angestellt  worden  sind.    Es  i 
franiöeiachen  Gelehrten  gelunf 
nXmlich  dafs  es  keineswegej 
das  Chaos  der    frühern 
nnng  Licht  und    Ordnd 
gender  zu  beariieiten. 


1  Römer.  95 

Die  HypothesCf  welche  seiner  ganzen  Untenuchnng 
zum  Grande  liegt,  ist  folgende.  Das  Gemeinjahr  der 
Römer  behielt  his  auf  lulius  Cfisar  seine  von  Numa 
festgesetzte  Dauer  yon  355  Tagen.  Mit  seltenen  Un- 
terbrechungen wurde  ein  Jahr  ums  andere  der  Mer« 
cedonius  eingeschaltet,  abwechselnd  von  22  und  23  Ta- 
gen. Vier  auf  einander  folgende  römische  Jahre  hiel- 
ten daher  1465  Tage,  dahing^en  vier  julianische  oder 
feste  Sonnenjahre  nur  1461  geben.  Eine  nothwendige 
Folge  dieses  Unterschiedes  war,  dafii  der  lanuarius,  mit 
welchem  man  im  bürgerlichen  Leben  das  Jahr  b^nn^ 
in  365  Jahren  alle  Jahrszeiten  durchlief.  Die  Jahre 
der  Stadt  hingegen,  nach  denen  die  Geschichtschreiber 
rechnen,  sind  feste  Sonnenjahre ;  denn  sie  wurden  durch 
den  Wechsel  der  Consuln  bestimmt,  die  als  Befehlsha* 
ber  der  Heere  im  Winter  gewählt  werden  mulsten,  imi 
bei  der  jedesmaligen  Eröffnung  des  Feldzuges  auf  ihrem 
Posten  zu  sein.  Da  nun  der  lanuarius  wandelbar  war,  so 
ist  die  allmälige  Verschiebung  des  Dattmis,  mit  welchem 
die  Consuln  ihr  Amt  angetreten  haben,  ganz  in  der  Ord« 
nung.  Wir  wollen  sehen,  wie  diese  Hypothese  durch- 
geführt ist. 

Nach  Dionysius  *)  und  Livius  ')  sind  die  De- 
cemvirn  an  den  Idus  des  Mains  in  Function  getreten, 
die  ersten  nach  vanonischer  Acre  im  Jahr  303  d.  St., 
welches  mit  diesem  Datum  ange&ngen  hat.  Die  an- 
dern Decemvim  folgten  mit  dem  Jahr  304,  und  da 
sie  ihr  Amt  eigenmächtig  um  mehrere  Monate  über  die 
gesetzliche  Frist  verlängerten,  ao  muis  das  Jahr  305, 


»)  m,36. 


96  Technische  Chronologie. 

welches  wieder  ein  consularisclies  war,  erst  mit  den 
Idus  des  December  begonnen  haben,  mit  welchem  Da- 
tum wir  bald  nach  dieser  Epoche,  nämlich  im  Jahr  311, 
die  Gonsuln  eintreten  sehen  ^),  Um  also,  sagt  De  la 
Na  uze,  den  römischen  Kalender  fortfuhren  zu  können, 
mufs  ausgemittelt  werden  1)  auf  welches  Jahr  d.  St.  die 
erste  Einschaltung  des  Mercedonius  traf;  2)  welchem 
julianischen  Datum  die  Idus  des  December  entsprochen 
haben,  womit  das  Jahr  305  begann.  Die  erste  Frage 
beantwortet  er  mit  der  Stelle  des  Macrobius  (2,48): 
Tuditanus  refert  libro  tertio  magistratuum,  Decem^iros, 
qui  decem  tabulis  duas  addiclenmt,  de  intercalando  po- 
pulum  rogasse.  Hiemach,  sagt  er,  gehört  die  erste  Ein- 
schaltung dem  Jahr  304  an,  so  dafs  die  geraden  Jahre 
d.  St*  Schaltjahre,  die  ungeraden  Gemeinjahre  sind«  — 
Aber  aus  dem  ganzen  Zusammenhange,  in  den  der 
Schriftsteller  diese  Worte  bringt,  geht  nichts  weiter  mit 
Sicherheit  hervor,  als  dafs  die  zweiten  Decemyirn  dem 
Yolke  den  Entwurf  eines  Gesetzes  über  die  Anordnung 
des  Schaltwesens  vorgelegt  haben.  Ob  sie  zugleich  dar- 
auf antrugen,  dafs  das  laufende  Jahr  ein  Schaltjahr  sein 
sollte,  wissen  wir  nicht. 

Um  die  zweite  Frage  zu  lösen,  geht  De  la  Nauze 
von  der  oben  (2,92)  erwähnten  Sonnenfinstemifs  aus, 
welche  sich  nach  Liyius  am  11.  Quintilis  564,  nach 
den  astronomischen  Tafeln  am  14ten  julianischen  März 
190  v.  Chr.  ereignet  hat.  Bei  Yoraussetztmg  eines  rege!- 
mafsigen  Ganges  des  römischen  Kalenders,  sagt  er,  sind 
von  den  Idus  des  December  305  bis  zum  gedachten 
11.  Quintilis  94697  Tage  verflossen.    Rechnen  wir  diese 


')   Dionysius  am  Schlufs  seines  elften  Buchs. 


Römer.  97 

vom  14.  Hin  190  zurück,  so  erhalten  wir  den  7ten  jidia- 
nischen  Deoember  450  y.  Chr.,  dem  also  jene  Idus  ent- 
sprochen haben  müssen.  Hiernach  entwirft  er  eine  Ta- 
fel, worin  der  Anfang  eines  jeden  Gonsularjahrs  im  an- 
ticipirten  julianischen  Kalender  nachgewiesen  ist.  Sie 
fängt  mit  dem  ISten  römischen  oder  12ten  julianischen 
Mai  des  Jahrs  305  d.  St.  an  und  führt  den  römischen 
Kalender  bis  zum  Jahr  565  regelmälsig  fort.  Dem  er- 
sten Meroedonius  gibt  er  22  Tage.  Die  Jahre  d.  St.  lalst 
er  von  305  ab  mit  den  Idus  des  Deoember,  von  353 
mit  den  Calendis  des  October,  von  467  mit  den  Ctt^ 
lendis  des  Quintilis,  und  von  533  mit  den  Idus  des 
Martins  anfangen,  welcher  Wechsel,  wie  er  sagt,  die 
Bedingung  erfüllt,  dafs  die  G>nsuln  immer  in  den 
Wintermonaten    gewählt  wurden. 

Wer  verbürgt  uns  aber  den  regelmäßigen  Gang 
des  romischen  Kalenders  während  eines  Zeitraum^  von 
mehr  als  dritthalb  hundert  Jahren?  Waren  die  frü- 
hem Pontifices  gewissenhafter,  als  die  spätem,  von 
denen  Censorinus  sagt:  Ob  odium  vel  graUam^  quo 
qids  magistratu  cidus  abiret,  diuUusve  fungerelurt  out 
publici  redemtor  ex  anni  nutgrUtudine  in  lucro  dam- 
nove  esset,  plus  minusve  ex  libidine  üUerculando,  rem 
sibi  ad  corrigendum  maadatam  ultro  depmvarunt  *), 
Und  läfst  sich  das  Zusammentreffen  des  11.  Quintilis 
mit  dem  14ten  julianischen  März  im  Jahr  564  nicht  aus 
einer  schon  damals  eingerissenen  Unordnung  erklären, 
so  wie  die  der  Reform  Gäsar's  unmittelbar  vorangegan- 
gene ganz  ähnliche  Yerschiebung  des  römischen  Kaien« 


' )    c.  20.    In  gleichem  Sinn  äufsern  sich  Macrobius  Sat,  I,  l4, 
Ammianus  Marcellinus  XXYI,  1  und  Solinus  c.l. 


/ 


98  Technische  Chronologie. 

Aex%  die  bIo£se  Folge  einer  Yerletzung  der  Schalt^rinci- 
pien  üvar?  Man  durfte  ja,  so  wie  späterbin,  nur  einige 
Schallmonate  weggelassen  haben. 

Dafs  die  Consuln  zunächst  nach  den  Deoemvim  an 
den  Idus  des  Deoember  eingetreten  sind,  kann  man  zu- 
.geben.  Dionysius  versichert  es  vom  Jahr  311  und 
•Livius  ^)  von .331.  W<»m  letzterer  an  einer  andern 
Stelle  ')  sagt,  dafs  die  Militärtribunen  des  Jahrs  352 
jgenöthigt  wurden,  ihr  Amt  ante  Idus  Decemhres,  jo- 
lemnem  ineundis  magistmtibus  diem  bereits  an  den  Ca- 
lendis  des  October  niederzulegen ,  so  berechtigen  uns 
seine  Worte  gar  nicht  zu  der  Voraussetzung,  dals  es  von 
nun  an  beim  1.  October  geblieben  sei.  Diese  Ausnahme 
mag  damals  eben  so  wenig  zur  Regel  geworden  sein, 
wie  eine  andere,  welche  nach  Livius  bei  den  Consuln 
des  Jahrs  425  Statt  gefunden  ^),  von  De  la  Nauze  als 
liormbildend  angesehen  wird  ^)» 


•»*■ 


•)   IV,  37. 
•    ')  V,9. 

')  vra,  30. 

*)  Noch  eine  Anomalie  scheint  nach  Livius  beim  Jahr  5S4 
d.  St.  yorgekommen  zu  sein.  L.  XLIII.  c.  11  heifst  es:  Comäia 
eonsularia  ante  diem  quintum  Calendas  Septembres  fuere.  Der 
ganze  Zusammenhang  zeigt  aber,  dafs  ante  diem  quintum  Ca- 
lendas Fehruarias  gelesen  werden  müsse.  Der  Senat  läfst 
dem  in  Macedonien  befindlichen  Consul  Hoslilius  durch  Legaten 
andeuten,  er  möge  die  Comitien  zur  Wahl  der  neuen  Consuln 
dergestalt  anordnen,  dafs  sie  im  Monat  lanuarius  gehalten  wer- 
den könnten  und  baldmöglichst  nach  Rom  kommen.  Gleich 
darauf  folgen  obige  Worte.  Dann  heifst  es,  die  Legaten  waren 
exacto  mense  Februario  aus  Macedonien  zurückgekommen  und 
das  Jahr  sei  ein  Schaltjahr  gewesen,  worauf  die  Erzählung  wei- 
tergeht   mit  den  Worten:    Principio  insequentis  anni,   quum 


RÖMBR.  99 

.Von  einem  Eintrilt  der  Magistiaispenonen  an  den 
Calendis  des  Quinttlis  findet  sich  nur  in  der  letztge» 
dachten  Stelle  des  Livius  eine  Spur,  die  aber  auf 
nichts  Sicheres  leitet.  Dafs  um  die  Mitte  des  sechsten 
Jahrhunderts  d.  St.  die  Consuln  mit  den  Idus  des  Mar- 
tins ihr  Amt  angetreten  haben,  erhellet  aus  dem  An- 
£uige  des  22stenf  26slen  und  326ten  Buchs  des  Livius ; 
dafs  es  aber  gerade  seit  dem  Jahr  533  geschehen  sei, 
wird  nii^ends  bemerkt.  Alles  was  De  la  Nauze  Un* 
verbürgtes  über  diesen  Gegenstand  sagt,  beruht  auf 
Muthmafsungen  von  Lydiat  und  Sigonius.  Wenn  er 
übrigens  eine  Bestätigung  seiner  Hypothese  in  den  Da- 
tis  der  Triumphe  finden  will,  indem  es  bekannt  und 
auch  natürlich  sei,  da£i  die  Consuln  allemahl  gegen 
das  Ende  ihrer  Amtsführung  triumphirt  haben,  so  steht 
es  damit  sehr  schwach.  Er  feiligt  die  Sache  kurz  mit 
drei  Triumphen '  aus  den  Jahren  30S,  311  und  317 
ab,  wo  nach  seiner  Theorie  der  römische  Kalender 
noch  wenig  von  dem  julianischen  abwich,  und  be- 
ruft sich  wegen  der  übrigen  auf  die  Fasti  trium- 
phales (2,60).  Von  d^n  98  Triumphen,  die  in  den 
Fragmenten  derselben  während  des  Zeitraums  von  250 
bis  672  mit  deutlicher  Erwähnung  des  Jahrs  und  Ta- 
ges aufgeführt  sind,  treffen  20  auf  den  Martins,  13  auf 


cottsules  novi  etc.  Wer  kann  hier  zweifeln,  dafs  die  neuen 
Considn  an  dem  damals  gebräuchlichen  Termin,  nämlich  an 
den  Idus  des  Martius,  ins  Amt  getreten  sind,  und  dafs  die 
Emendaüon  Calendas  Februarias,  die  schon  Pighius  und 
I.  F.  GronoT  gemacht  haben,  richtig  ist?  Gleichwohl  behält 
Do d well  die  alte  Lesart  bei,  und  macht  sie  zu  einem  der  An- 
gelpunkte seines  chronologischen  Systems,  von  dessen  Unhaltbar- 
kcit  man  sich  hiernach  einen  Begriff  machen  kann. 

[7*] 


100  Technische  Cluvnologie. 

den  Febniarius,  12  auf  den  September,  9  auf  den  Octo* 
ber,  7  auf  den  Mains  und  eben  so  viel  auf  den  Sextilis, 
6  auf  den  lunius  und  eben  so  viel  auf  den  lanuarius, 
5  auf  den  November,  4  auf  den  Aprilis ,  und  je  drei 
auf  den  Quinlilis,  Deoember  und  den  SchaltmonaU 
Aus  diesen  Datis  läist  sich,  so  viel  ich  sebe,  durchaus 
kein  sicherer  Schlufs  auf  die  Epoche  des  Eintritts  der 
Consuln  machen.  Dals  derselbe  von  den  Idus  des  De- 
oember auf  die  Idus  des  Martins  und  endlich  auf  die 
Calendas  des  lanuarius  verlegt  ^rorden,  steht  fest,  und 
diese  Data  fugen  sich  ganz  gut  in  die  allerdings  rich- 
tige Ansicht,  dafii  die  G>n6uln  mit  der  Eröffnung  des 
jedesmaligen  Feldzuges  in  Function  sein  mufsten,  auch 
ohne  dafs  man  sich  den  römischen  lanuarius  durch 
alle  Jahrszeiten  irrend  vorstellen  darf. 

Wie  man,    einmahl   in  einer  Theorie  befimgen, 
überall  die  Bestätigung  derselben  findet,  und  auch,  was 
sie  nicht  unmittelbar  bestätigen  will,   zu  seinem  Yor- 
theil  zu  deuten   weiis,   zeigt  De  la  Nauze  noch  an 
folgenden  Beispielen.     Der  Consul  Duilius  triiunphirte 
nach  den  capitolinischen  Marmorn  im  Jahr  493,  nach 
varronischer  Aei«  494,  an  den  Calendis  intercalaribus. 
Das  Jahr  494,  sagt  er,  war  richtig  ein  Schaltjahr.     Es 
fing  mit  dem   1.  Quintilis  an,    welcher  damals   nach 
seiner  Rechnung  dem  23sten  julianischen  December  ent- 
sprach. —   Hat  es  aber  mit  dem  Zusammentreffen  dieser 
Data  und  dem  Jahranfange  am  1.  Quintilis  seine  Rich- 
tigkeit, so  triumphirte  der  Consul  am  lOten  julianischen 
August,  fünf  Monate  vor  seinem  Austritt,  was  schwer 
zu  glauben  ist.    Nehmen  wir  dagegen  an,  dafs  das  oon- 
sularische  Jahr  schon  damals  mit  den  Idus  des  Martius 
begann,   woran  uns  nichts   hindert,   so  hat  er  nicht 


Römer.  101 

lange  yor  seinem  Abgange  triumphlit.  Eine  ganss  ähn- 
liche Bewandnifs  hat  es  mit  dem  Triumph  des  Consuls 
P.  Cornelius  Lentulus,  der  nach  den  capitolinischen 
Marmorn  im  Jahr  S17,  nach  yarronischer  Aere  518, 
an  den  Idus  des  Schal tmonats  Statt  gefunden  hat. 
Selbst  die  Notiz  beim  Macrobius,  dals  der  Consul 
M'  Acilius  Glabrio  im  Jahr  563  den  Entwurf  eines 
Gesetzes  wegen  des  Schaltwesens  yor  das  Volk  gebracht 
hat,  deutet  De  la  Nauze  (iir  sich  günstig*  Es  gc* 
schah  dies,  sagt  er,  kurz  yor  dem  Ende  seines  Gonso' 
lats  d.  i.  yor  den  Idus  des  Martins ;  die  Einschaltung 
konnte  daher  erst  auf  das  folgende  Jahr  treffen,  welches 
auch  seiner  Hypothese  nach  ein  Schaltjahr  war.  —  Dafs 
der  Consul  seinen  Antrag  kurz  yor  seinem  Aus- 
tritt gemacht  habe,  ist  ein  bloiser  Schluik,  zu  weichem 
die  Worte  des  Macrobius  nicht  berechtigen,  und  wenn 
der  römische  Kalender  damals  noch  regelmälsig  fort- 
schritt  (erst  mit  dem  Jahr  565  s(dl  sein  Gang  gestört 
worden  sein),  so  begreift  man  nicht,  warum  eine  Ein« 
Schaltung  in  Vorschlag  gebracht  wurde,  die  sich  yon 
selbst  yerstand. 

Ein  paar  Einwüifci  die  sich  De  la  Nauze  hier 
macht,  weifi  er  leicht  zu  beseitigen.  Die  Floralia, 
die  auf  den  28.  Aprilis  trafen,  müisten  im  Jahr  516,  wo 
sie  nach  Plinius  eingeführt  wurden,  dem  I4ten  julia- 
nischen Noyember  entsprochen  haben.  Der  28.  Aprilis, 
sagt  er,  war  der  Tag,  auf  den  sie  nach  der  julianischen 
Reform  fielen ;  yor  derselben  war  das  Datum  ihrer  Feier 
yeränderlich.  Wir  wollen  sehen,  wie  sich  Plinius 
ausdrückt^):    Floralia  quarto  Calen^das  Mail  institue- 


•)   H,N,X\m,69. 


102  Technische  Chronologie. 

runt  urbis  anno  DXVI  ex  oraculis  Sibjrllae,  ut  om-- 
nia  bene  deßorescerent.  Hunc  diem  Varro  detemunat 
sole  tauri  partem  guartam  decimam  obtinente.  Es  war 
also  ein  Fest,  welches  von  seinem  Ursprünge  an,  so 
wie  die  Terminalia,  Palilia,  Robigalia  und  an- 
dere, an  ein  bestimmtes  Datum  geknüpft  war.  Es 
mä&te  mithin  nach  De  la  Nauze^s  Theorie  durch 
alle  Jahrszeiten  gewandert  sein,  und  dies  lä&t  sicli 
nicht  annehmen,  weil  es  in  der  Absicht  gefeiert  wurde, 
ut  omnia  bene,  oder,  wie  Yarro  sagt  ^),  tempestiife, 
deßorescerent.  Mochte  es  auch  in  dem  frühem  Ka- 
lender wegen  des  Meroedonius  in  einem  dreiwöchent- 
lichen Zeitmum  umfaerscbwanken ;  es  blieb  doch  im- 
mer auf  dem  Frühlinge  haften,  von  welchem  es  blols 
durch  die  in  die  römische  Zeitrechnung  eingerissene 
Unordnung  entfernt  werden  konnte. 

Ein  zweiter  Einwurf  betriflt  das  *ver  saenany  das 
grolse  Frühlingsopfer,  welches  nach  alter  Sitte  in  ge- 
fahrvollen Momenten  der  Republik,  z.  B.  als  Hannibal 
sich  Rom  näherte,  den  Göttern  gelobt  zu  werden  pflegte. 
Es  bestand  nach  Li v ins')  in  allem  was  der  Frühling 
ex  suiHo,  ouilhy  caprlno,  boviüo  grege  brachte,  und 
zwar,  wie  Plutarch^)  und  Feslus  ausdrücklich 
sagen,  jedesmahl  der  nächstfolgende  Frühling.  Ein 
solches  ver  sacrum  war  den  Göttern  im  Jahr  5S9.d.  St* 
geopfert  worden.  Im  fügenden  erhob  sich  darüber  nach 
Livius^)  ein  Streit.     Der  Pontifex  P.  Licinins  be- 


')  Ä.Ä.1,1. 

**)  XXIIi9, 10.  Vergl.  Fcstus  y.  ver  sacrum, 

')  Vita  Fabii  c.  4. 

'*)  XXXIV, 


RÖMBA.  103 

hauptetei  es  müsse,  als  uimchtig  dargebiacht,  medeiv 
hoUt  werden;  denn  'ver  sacrum  'uideri'pecus,  quod  na-- 
tum  esset  inter  Calendas  Martias  et  pndie  Cakndas 
MaiaSi  P.  Comelio  Scipione  et  T.  Sempromo  Lonßo. 
ConsuUbus.  ,,Man  sieht,"  sagt  De  la  Nauze,  nach: 
dessen  System  das  i«r  sacrum  dem  julianischen  I7o^ 
Yember  und  Deoemher  entsprochen  hahen  mülslef  ,,man,> 
,1  sieht,  dais  die  Partei,  die  es,  unabhängig  von  den. 
,,Jabrszeiten,  an  den  Kalenderlagen,  erhallen  wissen; 
„wollle,  an  die  es  ursprünglich  geknüpft  worden  war, 
j,deli  Sieg  über  diejenigen  davon  trugv  die  es,  der  an- 
„fitnglichen  Anordnung  gemttis,  dem  Frühlinge  anr 
,, eigneten.*'  Wie  ist  es  aber  denkbar,^  da(s  man  mit 
dem  Worte  ver  so  gespielt  haben  sollte  l  Die  Zeilbestim- 
mung P.  Comelio  Scipione  et  T.  Sempronio  Longo  Coss,, 
welche  das  Jahr  560  gibt,  zeigt  oflenbar,  dafs  der  ganze 
Gegenstand  des  Streits  blofs  die  Frage  betraf,  ob  die 
Erzeugnisse  des  Jahrs  559,  wo  sich  das  Gelübde  erle-» 
digt  haben  mochte,  oder  die  des  folgenden  Früh-* 
lings  lum  *ver  sacrum  zu  nehmen  seien.  Wir  wollen 
uns  übrigens  die  Schwierigkeit  der  Sache  nicht  ver- 
hehlen;  denn  bei  der  damaligen  Anomalie  des  römi- 

>  

5chen  SLalenders  waren  der  Martius  und  Aprilis  Win- 
termonate. Wir  müssen  entweder  annehmen,  dafs 
Livius  das  Datum  der  miehrmals  erwähnten,  vier  Jahr 
später  eintreffenden,  SonnenGnslernifs  unrichtig  ange- 
geben, oder  die  ursprüngliche  Bestimmung  des  o^er 
sacrum,  nach  der  es  mit  dem  Martins  und  Aprilis 
zusanunengehört  haben  mufs ,  auf  das  Jahr  560  über* 
getragen  und  dem  Pontifex  Licinius  Worte  in'  den 
Mund  gelegt  hat,  die  er  nicht  füglich  gesagt  habep 
kann. 


1 1  <  .« 


104  Technische  Chronologie. 

Wir  nnd  nun  mit  De  la  Nauze  bis  zum  Jahr 
565  d. St.  gekommen,  wo  nach  seiner  Hypothese  die 
erste  Unordnung  im  römischen  Schaltwesen  entstanden 
ist.  Siö  gibt  sich,  sagt  er,  auf  folgende  Weise  zu  er- 
kennen. ,, Unter  dem  Consulat  des  L.  Aemilius  Paulus 
und  C.  Licinius  Crassus,  im  Jahr  586,  ereignete  sich 
eine  Mondfinstemils,  wie  Liyius  berichtet'),  Tiocle 
qiuun  pridie  Nonas  Septembres  insecuta  est  dies,  also 
am  dritten  römischen  September.  Diese  Finstramiis  kann 
keine  andere  sein,  als  die  totale,  die  in  der  Nacht  vom 
21  zum  22.  Junius  des  julianischen  Kalenders  im  Jahr 
168  v.Chr.  eingetroffen  ist').     Der  15.  Martins,   mit 


Front' Sirai.hi2^S.  Yal.Maz.YIII,  11. 

')   Nach  meiner  Berechnung  trat  zu  Rom  der  Anfang  der  Fin- 
sternifs  um  5  U.  AA\  der  Anfang  der  totalen  Verdunkelung  um 

6  U.  5i\  das  Mittel  um  7  U.  34',  das  Ende  der  totalen  Verdun- 
kelung lim  8  U.  18'  und  das  Ende  der  ganzen  Finstemifs  um 

9  U.  24'  Abends  w.  Z.  ein,  in  Macedonien,  unter  40  Grad  Lange, 
99  Min.  später.    Die  Sonne  ging  zu  Rom  und  in  Macedonien  um 

7  U*  33'  unter.  Eine  Nachtstunde  dauerte  44y  Min.  Aequato- 
realzeit.  Die  erste  Nachtstunde  endigte  sich  also  um  8  Ü.  17', 
die  zweite  um  9  ü.  2',  die  dritte  um  9  U.  46',   die  viei^te  um 

10  U.  31'.  Der  Mond  ging  demnach  in  Macedonien  total  rer- 
dunkelt  auf,  das  Mittel  der  Finstemif«  trat  am  Ende  der  ersten 
Nachtstunde  ein,  'die  totale  Verdunkdting  hörte  am  Ende  der 
zweiten  und  die  ganze  Finstemifs  gegen  die  Mitte  der  vierten 
auf.  Man  sieht  der  Tribunus  militum  G.  Sulpicius  Gallus, 
der  seihen  Soldat^  auf  die  nächste  Nacht  ab  hora  secunda 
usque  ad  quartam  eine  Mondfinstemifs  rei  kündigt  haben  s<^l, 
muA.  «ich  sehr  gut  auf  ihre  Berechnung  vei^tanden  haben»  Auch 
Plinius  und  Frontin us  reden  von  einer  Vorherverkündi- 
gung.  Nach  Cicero  'dagegen  {de  RepubL  1, 15.  p.  44  ed.  Maii) 
hatte  er  die  Armee  blofs  über  die  Statt  gefundene  Finstemifs 
belehrt  —  haud  dubitavit  postridie  palam  in  castHs  döcere 


Römer.  105 

welchem  das  Jahr  586  d.  St.  hegann,  entsprach  mithin 
dem  4ten  julianischen  Januar  168  v.  Chr.  Das  Jahr 
565  d.  St.  hat  aber  am  30«  November  190  y.  Chr.  sei- 
nen An£sing  genommen.  Das  Intervall  zwischen  beiden 
Datis  beträgt  7706  Tage,  da  doch  die  21  römischen 
Jahre  bei  ungestörter  Einschaltung  nur  7680  hielten. 
£s  sind  mithin  in  diesem  Zeiti'aum  26  Tage  zu  viel 
eingeschaltet  worden,  welche  sich  folgendermafsen  nach- 
weisen lassen.  Livius  sagt  von  L.  Scipio  Asiaticus, 
weldier  564  Consul  war:  Triumphavit  mense  intercä" 
lario  pridie  Calendas  Martias  —  anno  fere  post^  quam 
consulatu  abiit  ^).  Dies  geschah  also  am  Schluls  des 
Jahrs  565,  das  mithin  ein  Schaltjahr  war,  da  es,  als 
ein  ungerades,  ein  Gemeinjahr  hätte  sein  sollen.  Dann 
ging  die  Einschaltung  wieder  ganz  ordentlich  fort  bis 
zum  Jahr  584 ,  das ,  wie  alle  geraden ,  ein  Schaltjahr 
war,  und  zwar  mit  einem  Schaltmonat  von  25  statt  22 
Tagen;  denn  Livius  bemerkt'):  Hoc  anno  interca^ 
latum  est;  tertio  die  post  terniinaUa  Calendae  inter- 
calares  fiiere.  Nehmen  wir  also  diese  drei  Tage  mit 
jenem  auiserordentlichen  Schaltmonat,  der  füglich  23 
Tage  gehalten  haben  kann,  zusammen,  so  haben  wir 
die  26  zu  viel  eingeschalteten  Tage." —  Daus  das  Jahr 
565  ein  Schaltjahr  war,  ist  gewifs;  ob  gerade  ein 
aufserordentliches,   wollen  wir  nicht  mit  Sicher- 


nuUum  esse  prodigium.  Eben  so  stellt  Yalerius  Maximus 
die  Sacbe  dar,  vermutlilich  der  Wahrheit  gemäfser.  Auch  das 
(d^i^iovy  plötzlich^  beim  Plutarch,  deutet  eben  nicht  auf  eine 
erwartete  Finstemifs. 

*)  xxxvn,59. 

-")  XLin,  11. 


106  Technische  Chronologie. 

heit  behaupten.  Von  dem  tertio  die  post  temunaUa 
ul  schon  oben  (2,64)  die  Rede  gewesen.  Auf  keinen 
FaD  kann  es  von  drei  vollen  Tagen  zwischen  den 
beiden  Grenzen  genommen  werden. 

Eine  zweite  aufserordentliche  Einschaltung,  und 
noch  dazu  von  zwei  Monaten,  soll  im  Jahr  S87  unter 
dem  Consulat  des  Q.  Aelius  Paetus  und  M.  Innius 
Pennus  Statt  gefunden  haben;  denn  Livius  sagt^): 
Intercalatum  eo  anno,  da  doch  dieses  Jahr  als  ein  un- 
gerades ein  gemeines  hätte  sein  müssen.  Dafs  aber  der 
Mercedonitts  zwiefach  war,  folgert  De  la  Nauze  dar- 
aus, da£i  die  Censoren  des  Jahrs  586  nach  Livius') 
um  eine  Amtsverlängerung  von  einem  Jahr  und  zwei 
Monaten  anhielten.  Man  verweigerte  sie  ihnen  zwar, 
sagt  er,  mufii  aber  nichts  desto  weniger  ihrem  Wunsch 
gemäis,  das  nächstfolgende  Jahr  um  zwei  Monat  ver- 
längert haben.  In  der  That  ein  bündiger  Schluis!  So 
willkührlich  auch  das  Schaltwesen  um  diese  Zeit  schon 
gehandhabt  sein  mag,  so  ist  es  doch/ nicht  wahrschein- 
lich, dofs  man  in  Einem  Jahr  zwei  Monate  eingeschaltet 
habe.  Und  Livius  sollte  es  nicht  der  Mühe  wertli  ge- 
halten haben,  eine  solche  auflallende  Anomalie  zu  be- 
merken ?  - 

Die  Iiiothwendigkeit  eines  dritten  aufsen>rdenUichen 
Mercedonins  entweder  für  das  Jahr  587,  od^r  doch  für 
ein  nicht  sehr  weit  davon  entferntes,  sucht  De  la 
Nauze  auf  folgende  Weise  dai*zuthun.  M.  Porcius 
Cato,  der  im  Anfange  des  dritten  punischen  Krieges 
(im  Jahr  604)  starb,  beschäftigte  sich   in  den  letzten 


•)   XLV,  44. 
»)  XLV,  15. 


RÖHER.  107 

Jahren  seines  Lebens  mit  dem  Ackerbau  und  verfafste 
ein  kleines  noch  vorhandenes  Werk  über  denselben. 
In  diesem  stehn  die  römischen  Monate  in  eben  dem 
Yerfaältnisse  zu  den  Jahrszeiten,  -^ie  im  spätem  julia- 
nischen Kalender.  So  hetist  es  c.  146 :  Dies  argento 
ex  Cal.  Noy.  mensiwn  decetn  oleae  legendae  faciun* 
daequß  locaia  est,  et  si  emtor  locarit,  Jdibus  soU^ito. 
Es  ist  vom  Verkauf  der  Oliven  am  Stamm  die  Rede, 
nach  PI  in  ins*)  begann  die  Olivenemte  nach  der 
Weinlese  um  die  Zeit  des  Untergangs  ^der  Plejaden, 
den  er  auf  den  11.  November  setzt  ^).  Hiermit  kommt 
Cato's  Vorschrift  sehr  gut  überein,  der  die  Oliven 
am  Stamm  zum  1.  November  verkauft  wissen  will.  Von 
hier  an  sollen  dem  Käufer  zum  Einsammeln,  zur  Be- 
reitung des  Oels  und  zum  Verkauf  zehn  Monate  bewil- 
ligt sein;  wenn  der  Käufer  aber  die  Ernte  wieder  ver- 
kaufen will,  so  soll  er  dem  ersten  Verkäufer  schon  um 
die  Mitte  des  November  Zahlung  leisten. 

Zu  Cato's  Zeit  stimmte  also  der  rSmische  Kaien« 
der  mit  dem  )ulianischen  überein,  was  nach  De  la 
Nauze's  Theorie  blofs  dem  zufälligen  Umstände  bei« 
zumessen  ist,  da(s  er  gerade  schrieb,  als  der  römische 
lanuarius  seinen  Kreislauf  durch  das  julianische  Jahr 
vollendet  hatte.  Wie  ist  es  aber  denkbar,  da6  Gato 
die  Wandelbarkeit  des  römischen  Jahro  in  seinem  Werk 
gar  nicht  berücksichtigt  haben  sollte?  Gesetzliche  Vor- 
schriften, wie  er  sie  imter  andern  noch  über  den  Ver- 
kauf der  Weintrauben  gibt,  kcnmten  im  alten  rdmi'- 
sehen  Kalender,  wenn  es  damit  wirididi  die  von  De 


*)  H. /v.  xvra,  74. 
^)  n,47. 


108  Technische  Chronologie. 

la  Na  uze  angenommene  Bewandnils  hatte,  gar  nicht 
an  bestimmte  Data  geknüpft  weiden ,  weil  sich  nach 
30  Jahren  schon  alles  um  einen  Monat  yerschoben 
hatte.  Cato's  unstreitig  ächte  Schrift  dient  vielmehr 
zum  Beweise,  dals  das  römische  Jahr  zu  seiner  Zeit 
durch  einen  Schaltcydus  gesegelt  sein  mufste,  und  dafii 
nur  durch  die  Schuld  der  Pontifices  Anomalien  ent- 
standen, die  er  natürlich  unberücksichtigt  liels. 

Mit  dem  Jahr  601  d.  St.  begannen  die  G)nsuln 
ihre  Amtsführung  an  den  Calendis  des  lanuarius'.  Die 
Einschaltung  ging  nun  nach  De  la  Nauie  auf  die 
ungeraden  Jahre  über,  indem  das  Jahr  600  wegen  des 
anticipirten  Eintritts  der  Gonsuln  ein  gemeines  gewor- 
den sein  soll.  Das  Schaltwesen  erlitt  hierauf  seiner  Mei- 
nung nach  bis  zum  Consulat  des  Cicero  (im  Jahr  691) 
keine  Anomalien  weiter,  aber  desto  häufigere  nach  dem- 
selben ,  wo  bis  708 ,  dem  letzten  vor  der  julianischen 
Reform,  sieben  Schaltmonate  übergangen  sein  sollen. 

Man  sieht,  dals  in  dieser  Hypothese  von  einer  Aus- 
gleichung des  altern  römischen  Jahrs  mit  dem  Sonnen- 
.  jähr  vermittelst  einer  Schaltperiode  durchaus  keine 
Rede  ist,  da  sich  doch  die  sehr  bestimmte  Nachricht 
von  einer  vier  und  zwanzigjährigen  findet,  die  wir  so 
ganz  zu  vernachlässigen  unmöglich  berechtigt  sind. 

Bei  der  grofsen  Willkühr,  mit  der  die  Pontifices' 
das  Geschäft  der  Einschaltung  betrieben,  scheint  der 
einzig  sichere  Weg,  zur  Kenntnifs  der  Stelle  zu  gelan- 
gen ^  die  ein  jedes  Consujat  im  julianischen  Jahr  ein* 
nimmt,  da:  zu  sein,  dais  man  ohne  vdrgefafiite  Mei- 
nung durch  sorgfaltige  Vei*glcichung  aller  sich  ergeben- 
den Zeitmerkmale  die  julianischen  Data  der  einzelnen 
Begebenheiten  wenigstens  annäherungsweise  zu  ermitteln 


RÖMBB*  109 

sucht.    Diesen  Weg  hat  Hr.  Albert  in  aeinem  Ahrige 
chivnologüjua  de   VHistoire  Romaine  ^),  so  weit  Li- 
yins  und  Dionysius  seine  Führer  waren,  nicht  ohne' 
Glück  betreten. 

So  unhaltbar  nun  auch  De  la  Nauie's  Hypo- 
these im  Ganzen  sein  mag'),  so  ist  doch  das,  was  er 
über  die  Jahrsxeiten  einzelner  von  Cicero  nach  Mo- 
natstagen bestimmten  Begebenheiten  aus  dem  Zeitraum 
seines  Consulats  und  der  folgenden  Jahre  beibringt,  aller 
Aufmerksamkeit  werth« 

Scaliger,  Calyisius,  Petavius,  Usserius  und 
fast  alle  übrigen  Chronologen  und  Annalisten,  sind  der 
Meinung,  da(s  zur  Zeit  dieses  Consulats  der  römische 
Kalender  dem  julianischen  schon  eben  so  vorgeeilt  sei, 
wie  siebzAn  Jahre  spater  bei  seiner  Reform  durch  Ctf« 
sar.  Scaliger  z.B.  sagt^),  Cicero  habe  dasselbe  im 
Jahr  4650  der  juliauischen  Periode  (64  v.  Chr.)  ent- 
weder am  13ten  oder  23.  Oktober  angetreten,  je  nach- 
dem das  vorhergehende  Jahr  ein  Gemein«  oder  ein 
Schaltjahr  gewesen  sei«  Man  nimmt  daher  gewöhn- 
lich an,  dafii  die  Mondfinsternifs ,  deren  er  im  zwei- 
ten Buche  seines  Gedichts  Consulatus  mit  den  Worten 
gedachte^): 


*)  Vjirt  de  virißer  les  dates  avant  Vire  chrätienne 
Tom.  rV  und  V. 

^)  Man  yergleicbe,  was  Hi*.  Daunou  über  sie  urtheilt.  Jour^ 
nal  des  Savans  1820,  p.  658  ff. 

^)  Emend*  temp.  I.V.  p.  443. 

*)  De  divin.  1, 11.  Er  besang  sein  Consulat  in  einem  eigenen 
Gedicht,  von  welchem  er  uns  an  dieser  Stelle  ein  Fragment  auf- 
bewahrt hat. 


110  Technische  Chronologie. 


Quod  forme  dirum  in  tempus  cecidere  Latinae^ 
Cum  claram  speciem  concreto  htmine  hoia 
Abelidit,  et  subito  stellanti  nocte  perenUa  est, 
die  partielle  yom  7.  November  64  y.  Chr.  gewesen  sei '). 
De  la  Nauze  dagegen  macht  den  1.  lannarias  691  zum 
I4ten  julianischen   März  63  y.  Ghr.>   und  bringt  uns 
so  das  Gonsulat  um  ganze  fiinf  Monate  näher.     Nach 
ihm  ist  die  Mondfinstemifs ,  yon  der  Cicero  spricht, 
die  totale  yom  14.  Mai  des  Jahrs  63. 

Dafs,  wenn  auch  er  nicht  bis  auf  den  Tag  Recht, 
doch  seine  Vorgänger  entschieden  Unrecht  haben,  geht 
meines  Eitichtens  unwidersprechlich  aus  den  Zeitum- 
ständen der  caülinarischen  Verschwörung  heryor.  Aus 
der  Hede  pro  P,  Sjrlla')  ersehen  wir,  dais  Gatilina 
und  seine  Mityerschworenen  ihre  Plane  in  der  Nacht 
yerabredelen,  quae  conseciUa  est  posterum  diem  NonO' 
nun  Novembr. ,  also  in  der  zum  7-  Noyember.  Am 
8ten  hielt  Cicero  die  erste  seiner  noch  yorhandenen 
Reden  gegen  ihn,  und  am  folgenden  Tage  die  zweite. 
In  der  letztern  nun  sagt  er^):  F'eruntamen  quid  sibi 
isti  miseri  'volunt?  num  suas  secwn  muUerculas  sunt  in 
castra  ducturi?  quemadmodum  autem  iUis  carere  po-- 
terunty  his  praesertim  noctibus?  quo  autem  pacta 
illi  j^penninwn  atque  illas  pruinas  ac  nives  per^ 
ferent'?  Dies  pafst  schlecht  auf  die  letzte  Hälfte  des 
August ,  in  die  der  9.  November  gehört  haben  müfste, 
wenn  der  1 .  lanuarius  des  verschobenen  römischen  Ka- 


i  *)  Dieser  Meinung  ist  zum  Beispiel  Gal?ititts.    Opus  chro^ 

nologicum  p.  397  ed.   Francof.  1650,  fol. 

I  *)   eis. 

fc  ')  c.  10. 


RÖHEE.  111 

lenders  dem  13.  Oktober  des  julianlschen  entsprochen 
hätte.  Dio  Cassius  ferner  berichtet^),  GatUina  sei 
gleich  im  Anfange  des  Jahrs,  in  welchem  lunius 
Silanus  und  L.  Licinius  G>nsuln  gewesen  (692  d«  St.) 
vernichtet  worden,  also  nach  der  gewöhnlichen  Ansicht 
bis  z«r  Mitte  des  Oktobers,  und  doch  sagt  Cicero  in 
seiner  Rede  pro  P.  Sexdo  ') :  Si  M.  Petreü  non  exceU 
lens  animo  et  amore  reipublicae  ^irtus,  non  summa 
audoritas  apud  milites  ...  fuisset,  datus  illo  in 
hello  esset  kiemi  locus ^  neque  unquam  Catilina, 
cum  e  pruina  Apennini  atque  e  nivibus  Ulis 
emersisset,  atque  aestatem  integram  nactus,  Jtaliae 
calles  et  pastorum  stabula  cepisset,  sine  muUo  sanguine 
ac  sine  totius  Jtaliae  *vastitate  miserrima  concidisseU 
Alles  dies  stimmt,  wie  man  sieht,  sehr  gut  zu  De  la 
Nauze's  Ansicht,  dafs  der  römische  Kalender  damals 
um  dritthalb  Monate  retardirte;  denn  der  kurze  gegen 
Gatilina  unternommene  Feldzng  triflt  hiemach  auf  den 
Februar.  Auch  gelten  obige  Verse  des  Cicero  offenbar 
auf  eine  totale  Mondfinsternils,  nicht  zu  gedenken,  dals 
die  Feriae  Latinae,  mit  denen  er  dieselbe  in  Yer- 
Lindung  bringt,  als  ein  auf  dem  hohen  Mons  Albanus 
gefeiertes  VdUisfest  der  Einwohner  Latiums,  schicklichei* 
in  den  Mai  als  in  den  November  zu  setzen  sind  ^). 


«)  /?«/.  XXXVn,  39. 

»)   C.5. 

*)  Die  Zeit  ihrer  Feier  ww  unbestimmt.  Doch  finden  wir 
gewöhnlich  nur  Frühlingsmonate  genannt.  Man  vergl.  Livius 
XXV,  12 ;  XU,  16 ;  XLH,  35 ;  XLIV,  22,  Verhehlen  wollen 
wir  uns  übrigens  die  Schwierigkeit  nicht,  die  das  ein  paar  Vene 
früher  Ton  Cicero  dem  Mons  Albanus  beigelegte  Epitheton  /ii- 
valis  verursacht. 


112  Technische  Chronologie. 

Noch  eine  Bestätigung  erhttlt  diese  Ansicht  durch 
den  Horoskop  des  August,  der  sich  nach  der  Stel- 
lung, die  man  sonst  den  römischen  Monaten  während 
Cicero 's  Gonsulat  gab,  nicht  befriedigend  erkläiea 
läfst.  Dieser  Gegenstand,  der  zu  vielen  Streitigkeitea 
Anlafs  gegeben  hat  ^),  verdient  hier  eine  Erörterung. 

August  wurde  nach  Suetonius  M.  TulUo  Cicerone, 
C.  Antonio  Coss,  IX.  Cal.  Octohr.  paullo  ante  solis 
exortum  geboren').  Hier  fragt  sich  zuvöitlerst,  ob 
der  23.  September  des  damaligen  verschobenen  römi- 
schen Kalenders  oder  des  julianischen  gemeint  sei. 
Letzteres  nimmt  Dodwell  an^),  voraussetzend,  dafs 
August  das  römische  Datum  seiner  Geburt  auf  den  spä- 
terhin von  Cäsar  rectificirten  Kalender  reducirt  habe. 
Für  diese  Meinung  spricht  die  Lebensdauer,  die  wir 
ihm  beigelegt  finden ;  denn  vom  23sten  julianischen 
September  des  Jahrs  691  d.  St.  bis  zum.  19.  August  767, 
wo  er  starb,  verflielsen  76  Jahre  weniger  3S  Tage,  die 
ihm  Suetonius^),  oder  75  Jahre  10  Monate  26  Tage, 
die  ihm  Dio  Gassius  gibt  ')•  Es  ist  aber  weit  wahr- 
scheinlicher, dafs  der  23.  September  des  alten  Kalen- 
ders nach  Einführung  des  neuen  unverändert  als  der 
Geburtstag  des  Imperators  beibehalten  wurde,  und  die 


')  Man  sebe  den  Thesaurus  numismatum  Imperaionun  Mo-' 
rellianus,  Tom.  L  p.  19^  ff. 

^)  j4ug,  c.  5.  Dasselbe  Datum  findet  sieb  in  einem  Ton  August 
an  seinen  Enkel  Caius  geschriebenen  Briefe  (GelliusiV.  >^.  XY,  7) 
und  in  den  Calendariis  Maffaeiorum,  Pinciano  und  Gaprani- 
c  o  r  u  m  bemerk t.    Man  vergleiche  die  Sammlung  des  F  o  g  g  i  n  i. 

^)   De  Cyclis  X,  3. 

*)    €.100. 

•)   LVI,30. 


Römer.  113 

beiden  Geschichtsclirelber  hiemach  seine  Lebensdauer 
berechnet  haben,  ohne  sich  um  den  gewils  schon  da- 
mals schwer  zu  bestimmenden  Siu  dieses  Tages  im 
julianischen  Kalender  zu  kümmern.  Dies  ist  auch 
Scaliger's  und  Petayius  Meinung.  Nun  erzählt 
Suetonius^),  August  habe  sich  von  dem  Malhemaüker 
(Astrologen)  Theogenes  die  Nativität  stellen  lassen  und 
so  viel  Vertrauen  zu  dessen  Verkündigungen  gefafst,  ut 
thema  suuni  'viägaverit,  nummumquc  argentewn  nota 
sideris  Capricorni,  quo  natus  est,  percusserit.  Der- 
gleichen Münzen  sind  noch  mehrere  vorhanden*  Der 
Horoskop  des  August ,  d.  i.  das  in  der  Stunde  seiner 
Geburt  aufgehende  Zeichen  des  Thierkreises,  war  also, 
wenn  anders  Theogenes  richtig  gerechnet  hatte,  der 
Steinbock.  Wie  ist  aber  dieses  Zeichen  und  die 
Frühstunde,  in  der  die  Geburt  geschehen  sein  soll, 
mit  dem  Julius  zu  vereinigen,  auf  den  damals  nach 
der  gewöhnlichen  Annahme  der  23ste  römische  Septem- 
ber traf?  Scaliger'}  durchhauet  den  Knoten,  indem 
er  den  Suetonius  in  der  Angabe  der  Tagszeit  eines 
Irrthums  beschuldigt,  und  die  Geburt  auf  den  Abend 
setzt.    Alles  hingegen  geht  klar  auseinander,  wenn  wir 


*)  c.  94.  In  eben  diesem  Kapitel  wird  angemerkt,  August  sei 
an  einem  Tage  geboren,  wo  der  Senat  über  Catilina  verhandelt 
habe.  Bedenkt  man,  dafs  Cicero  schon  eine  geraume  Zeit  vor 
Ausbruch  der  Yei'schwörung  von  ihrer  Existenz  untenichtet  war 
und  den  Senat  davon  in  Kenntnifs  setzte,  so  wird  man  bei  die- 
ser Notiz  wenig  Schwierigkeit  finden.  Dodwell  hingegen  be- 
nutzt sie,  um  den  9*  November  des  alten  Kalenders,  an  welchem 
die  zweite  catilinarische  Rode  gehalten  worden  ist,  als  den  eigent- 
lichen Geburtstag  Augustes  festzustellen. 

*)  Emend.  temp»  1.  Y.  p.  443. 

n.  (8] 


114  Technische  Chronologie. 

der  Ansicht  des  französischen  Gelehrten  beitreten*  Nach 
dieser  traf  der  23ste  römische  September  auf  den  28sten 
jiilianischen  November,  und  erwägen  wir,  dafs  die  Rö- 
mer die  Aequinoctien  und  Solstitien  auf  die  achten 
Grade  der  entsprechenden  Zeichen  setzten  ^),  so  wer- 
den wir  keine  Schwierigkeit  finden,  den  Aufgang  des 
Steinbocks  mit  der  ante  soUs  eocortum  erfolgten  Geburt 
des  Imperators  zusammenzubringen. 

Welchen  Gang  des  römische  Kalender  weiter  wäh- 
rend der  letzten  siebzehn  Jahre  vor  seiner  Reform  ge- 
nommen hat,  wird  sich  durch  ein  genaues  Studium 
der  Werke  des  Cicero,  besonders  «einer  Briefe,  de- 
ren aus  allen  Jahren  dieses  Zeitraums  noch  viele  vor- 
banden  sind ') ,  mit  ziemlicher  Sicherheit  ausmitleln 
lassen. 

Das  Jahr  708,  unmittelbar  vor  der  Reform,  hatte, 
wie  die  unten  beizubringenden  Zeugnisse  lehren  wer- 
den, 445  Tage.  Es  fing  also  den  13.  Oktober  47  v.  Chr. 
an.  Da  nun  das  alte  römische  Gemeinjahr  355,  das 
Schaltjahr  abwechselnd  377  und  378  Tage  hielt,  so 
würden  wir  leicht  den  Anfang  aller  übrigen  Jahre  aus 
dem  gedachten  Zeitraum  angeben  können«  wenn  wir 
die  Schaltjahre  kennten.  Mit  Bestimmtheit  wissen  wir 
aber  nur  vom  Jahr  702,  dafs  es  ein  solches  war'). 
Alle  übrigen  macht  De  la  Na  uze  zu  Gemeinjahren. 
El*  glaubt  sich  dazu  uol  so  eher  berechtigt,   da  Ma- 


')  S.  unten. 

')  Man  vergleiche  die  chronologische  Anordnung  derselben  in 
der  schiitzischen  Ausgabe,  wo  ab^r  nach  der  catonischen  Acre 
gerechnet  ist. 

')  S.  die  oben  (2,60)  citirte  Stelle  des  Aiconius  Pedianus. 


RÖMBE.  115 

crobius  eiomahl  bemerkt^).:  Fiat  tempus,  cum  prop- 
ter  superstitionem  intercalaäo  omnis  omissa  est.  Auf- 
fallend nur  bt  es,  dals  Mieder  Gensorinus  noch  ein 
anderer  einen  so  merkwürdigen  Umstand,  wie  die  Weg- 
lassung so  vieler  Einschaltungen  kurz  hinter  einander, 
nicht  erwähnt  hat*  Wie  willkührlich  es  übrigens  beim 
Einschalten  damals  zuging,  lehren  folgende  Worte  des 
Cicero  ') :  lUud  tarnen  memento  curare  per  te  et  per 
omnes  nostros,  inprinUs  per  Hortensium^  ut  annus  m>-  ' 
ster  maneat  suo  statu,  ne  quid  tum.  decematur.  Hoc 
tibi  ita  mando,  ut  dubitem,  an  etiam  te  rogem,  ut 
pugnes,  ne  intercaletur.  Er  meint  das  Jahr  seines  Pro- 
consulals,  704  d.  St.  Der  Tribun  Curio  hatte  damals 
die  Einschaltung  betrieben'),  aber  nichts  ausgerichtet  — 
de  intercalando  non  obtinuerat,  wie  es  in  einem  Brieüe 
des  Goelius  an  Cicero  heilst*). 

Wäre  wirklich  in  dem  Zeitraum  von  691  ein« 
scblieislich  bis  708  nur  einmahl,  im  Jahr  702',  einge« 
sdialfet  worden,  so  würden  die  Anfange  der  Consular- 
jahre  also  zu  stehen  kommen: 

A.  u.  691  den  14.  Man       63  v.  Chr. 

-  692  den    4.  März       62      - 

-  693  den  22.  Februar  61 

-  694  den  11.  Februar  60      - 

-  695  den    1.  Februar  59      - 


*)  &M,l4. 

')  jidJtticum\,9-  Man  Tergleiche  Y,  13.  und  doch  sagt  er 
sdbst:  Diligenter  habenda  ratio  intercaUmdi  est  etc,  S.  oben 
(2, 49). 

')   Dio  CtiiBiuB  HisLXL, 62. 

*)  Jddiv.ym,6. 

[8*1 


116  Technische  Chronologie. 

A.  u.  696  den  22.  Januar  58  v*  Chr. 

-  697  den  12.  Januar  57 
->  698  den     1.  Januar  56 

-  699  den  22.  Deceraber  56 

-  700  den  12.  Deoember  55 
«-  701  den     2;  December  54 

-  702  den  21.  November  53 
*  703  den    3.  December  52 

-  704  den  23.  November  51 

-  705  den  13.  November  50 

-  706  den     2.  November  49 

-  707  den  23.  Okiober  48       - 

-  708  den  13.  Okiober  47 

und  es  wäre  nun  die  Frage,  o)>  sich  alle  Zeitbestim- 
mungen beim  Cicero  ungezwungen  in  diese  Hypo- 
these fügen.  So  viel  ich  sehe,  allerdings.  Wenn  er 
1«  B.  im  Jahr  700  an  den  Atticus  schreibt  *),  er  habe 
von  seinem  Bruder  Quintus  und  von  Cäsar  Briefe,  vom 
26.  September  an  den  Ufern  Britanniens  nach  Beendi- 
gung des  dortigen  Feldzuges  datirt,  erhalten ,  so  stimmt 
damit  die  Angabe  Cäsar*s'),  dafs  er  seine  Armee  ge- 
gen das  Aequinoctium  aus  Britannien  zuinickgezo- 
gen  habcj  ganz  gut  überein;  denn  nach  vorstehendem 
Schema  entsprach  der  26s te  römische  September  da- 
mals dem  31sLen  julianischen  August,  und  das  Herbst- 
äquinoclium  traf  auf  den  25sten  julianischen  Septem- 
ber. Im  Jahr  705  datirt  Cicero  einen  Brief  an  den 
Atticus^)   vom  16.  Mai,  worin  er  sagt:    Nunc  qwr 


')  IV,  17. 

')   De  hello  Gallico  Y,  23. 

•)  X,  17. 


Römer.  117 

dem  aequinoetium  nos  monxtur.  Der  16te  römische 
Mai  war  der  246te  julianische  Man,  der  Tag  nach 
dem  Frühlingsäquinoctium. 

ly.    Jahr  des  lulius  Cäsar. 

Die  Pontifioes,  denen  die  Aufsicht  üher  den  Ka- 
lender oblag,  bedienten  sich  desselben,  im  EinverstSnd- 
niis  mit  ihrer  Kaste,  als  eines  Mittels  zui*  Bedrückung 
des  Volks.  Zwar  hatte  der  gewöhnlichen  Sage  nach 
der  Scriba  Gn.  Flayius  im  Jahr  450  d.  St.  das  Ge- 
heimnils der  dies  fosti  verrathen*);  allein  es  blieb 
ihnen  noch  immer  der  Schallmonat ') ,  den  sie  ihren 
jedesmaligen  Privatabsichlen  gemäfs  gegen  die  Norm  an- 
zusetzen sich  erlaubten.  Sie  allein,  sagt  Plutarch  '), 
wufsten  um  die  Zeit;  plötzlich  und  ohne  dals  es  je- 
mand ahnte,   schoben  sie  den  Schaltmonat  ein.     Da- 


*)  Ftuios  circa  forum  in  albo  proposuit,  ut,  quando  lege 
agi  posset,  sciretur,  Liv.  IX, 46.  Vergl.  Cicero  pro  L.  Mu^ 
raena  c.  11.  Yal.  Max. II, 5.  Macrob.  SaLl^iS,  Aus  einem 
Briefe  des  Cicero  an  deil  Atticus  (VI,  1)  eraehen  wir  übrigens, 
dafs  dieser  die  ganze  Geschichte  bezweifdt  und  jener  ihm  daiin 
nicht  ganz  unrecht  gegeben  hatte. 

')  Pontißcum  arbitrio  intercalandi  ratio  permissa,  Censor. 
c.  20. 

^)  Vita  Caes,  c.  S9.  Man  yei^gleiche  die  oben  (2,  97)  aus 
Censorinus,  Aromianus  Marcellinus  und  Solinus  citir-> 
tcn  Stellen.  Cicero  konnte  daher,  Tvas  nach  unsem  Begriffen 
sonderbar  klingt,  an  den  Atticus  schreiben  (V,21):  Cum  scies 
Jtomae  intercalatum  sit,  necne,  velim  ad  me  scribas.  In 
einem  andern  Briefe  (ad  div.yU.^  2)  sagt  er:  Quotidie  vota 
facimus,  ne  intercaietur,  ut  quam  primum  te  videre  poS'* 
simus. 


118  Technische  Chronologie. 

durch  entstand  eine  solche  Verwirrung  im  Kalender, 
ut  nequß  n^essium  foriae  aestati,  neque  afindenuar- 
nun  autumno  competerent,  wie  Suetonius  sich  aus- 
drückt*). 

lulius  Cäsar  erwarb  sich  als  Pontifex  maximns, 
welche  Würde  er  in  seinen  letzten  Jahren  unter  den 
höchsten  im  Staat  bekleidete ,  das  grofiie,  noch  auf  die 
späteste  Nachwelt  wohlthätig  einwirkende ,  Verdienst, 
dafs  er  nicht  blols  die  römischen  Honale  lu  den  Jahrs- 
leiten  zurückführte,  denen  sie  ursprünglich  angehört 
hatten,  sondern  auch  zur  Verhütung  fernerer  Verschie- 
bungen eine  möglichst  einlache  Schaltrq;el  aufstellte. 
Bei  seinem  Aufenthalt  im  Orient  hatte  er  das  reine 
Sonnenjahr  kennen  gelernt.  Die  Aegypter  haben  zwar 
den  Vierteltag  im  bürgerlichen  Leben  nicht  vor  dem 
Jahr  30  v.  Chr*  zu  gebrauchen  angelangen ;  allein  die 
Hundsstemperiode ,  wodurch  ihr  bewegliches  Jahr  mit 
dem  festen  ausgeglichen  wurde ,  war  auf  denselben  ge- 
gründet. Er  hatte  nun  den  einfachen  Gedanken,  eine 
vierjährige  Ausgleichung  einzuführen,  indem  er  dreien 
'ägyptischen  Jahren  zu  365  Tagen  ein  viertes  zu  366 
beigesellte,  wodurch  ein  Cyclus  von  1461  Tagen  gebil- 
det wurde,  der  nur  um  etwa  -f-  Stunden  zu  lang  ist. 
Dies  gibt  alle  128  Jahre  einen  Tag  zu  viel.  Ob  er 
den  Unterschied  mit  Hipparch  in  300  Jahren  auf 
einen  Tag,  oder  mit  Gallippus  auf  Null  gesetat  hat 
(1,344,352),  lälst  sich  nicht  mit  Sicherheit  entscheiden, 
da  die  nicht  ungelehrten  astronomischen  Schriften,  die 
er  nach  Macrobius  hinterlassen  haben  soU'),  iinter- 


')   Caesarea. 

')  Siderum  motus,  de  quibus  non  indoctos  lihros  reliquii, 
ab  Jegyptiis  disciplinis  hausU,  Satum.l^XS.    Plinius  lUhrC 


Römer.  119 

gegangen  sind;  genug  er  beriicLsichtigte  denselben  bei 
seiner  Schalteinrichtung  nicht« 

Die  Ausdrücke,  in  denen  die  Schriftsteller  von  sei- 
ner Kalenderverbesserung  reden  ^),  zeigen,  dafs  er  we- 
der, wie  in  gleichem  Falle  Gregor  XIII,  blofs  seinen 
Namen  dazu  hergegeben  hat,  noch  ganz  ohne  Zuzie- 
hung der  Gelehrten  dabei  zu  Werke  gegangen  ist.  Als 
sein  iiilius  und  Glavius  werden  uns  von  Plinius  der 
Peripatetiker  Sosigen  es,  und  von  Macrobius  der 
Scriba  M.  Flavius  genannt.  Jener  scheint  ihm  bei 
der  wissenschaftlichen,  dieser  bei  der  technischen  Partie 
behülflich  gewes^  zu  sein. 

Das  Wesen  und  die  Umstände  der  Reform  lehrt 
uns  am  bündigsten  Gensorinus  kennen.  Jdeo  aber^ 
ratum  est^  sagt  er^  ut  C.  Caesar  Pontifex  Maximus ^ 
suo  III.  et  M.  AemiUi  Lepiäi  consulatu,  quo  retro 
delictum  com'geret,  duos  menses  intercalarios  dierum 
sexaginta  septem  in  mensem  Novembrem  et  Decem- 
brem  interponeret,  cum  iam  mense  Februario  dies  tres 
et  viginti  intercalasset,  Jaceretque  eum  annuni  dierum 
CDXLVy  simul  prosddens  in  fiUurumy  ne  iterum  erra- 
retur,  Nam  intercalario  mense  sublato,  annum  ciVi- 
lem  ad  solis  curswji  formavit.  Itaque  diebus  CCCLF' 
addidit  X^  quos  per  septem  menses^  qui  dies  undetri" 


unter  den  von  ihm  beim  achtzehnten  Bach  benutzten  Quellen  ein 
Werk  Cäsar*s  de  astris  an. 

*)  Die  Hauptstellen  sind:  Plut.  vita  Caes.l.c,  Dio  Cas- 
sius  XLin,  26.  Appianus  de  hello  civ,  1.  II.  extr.  Ovid. 
Ftf5MII,  155ff.  Suct.  CflM.l.c.  Plin.Ä.iV.XVIII,57.  Censo- 
rinusl.  c.  Macrob.  ^/um.  I,  l4.  Am mianus  Marc.  XXVI,  1. 
An  letzterm  Ort  wird  die  Refoiin  irrig  dem  August  zuge- 
schrieben. 


i 


120  Technische  Chronologie. 

cenos  habebantf  ita  distribuit,  ut  lanuario  et  SextiU 
et  Decemhri  bini  accederent,  caeteris  singuU:  eosque 
dies  extremis  partibus  mensiiun  apposuit,  ne  scilicet 
religiones  sm  ciuusque  mensis  a  loco  submo9erentui\ 
Quapropter  nunc  cum  in  Septem  mensibus  dies  singuU 
et  triceni  sint,  quatuor  tarnen  Uli  ita  primitus  instituti 
eo  dinoscuntur,  quod  Nonas  habent  septimanas,  caeteri 
quintanas.  Praeterea  pro  quadrante  diei,  qiä  annum 
Oferum  suppleiurus  videbatur,  instituit^  ut  peracto  qua^ 
driennii  circuitu  dies  unus,  ubi  mensis  quondam  soU" 
bat,  post  Terminalia  intefcalaretur ,  quod  nunc  bis^ 
sextum  ^ocatur.  Ex  hoc  anno  ita  a  Julio  Caesars 
prdinato,  caeteri  ad  nostram  memoriam  luliani  ap^ 
pellantur,  iique  consurgunt  ex  quarto  Caesaris  con^ 
sulatu. 

Das  Jahr  also,  dem  CSsar  eine  so  abnorme  Ge* 
stall  gab»  um  die  Calendas  des  lanuarius,  die  bis  ge- 
gen die  Herbstnachtgleiche  zurückgewichen  waren,  su 
ihrer  ursprünglichen  Stelle  im  Sonnenjahr  zurückzu* 
schieben,  war  das,  auf  welches  sein  drittes  G>nsulat 
trifll,  nämlich  708  d.  St.,  46  y.  Chr.  Von  den  neuem 
Chronologen  wiixl  es  das  Jahr  der  Verwirrung 
genannt,  von  Macrobius  tretender  annüs  confusio- 
nis  ukimus.  Nach  Gensorinus  bestimmter  Angabe 
der  Länge  der  drei  eingeschalteten  Monate  läfst  sich 
mit  Zuziehung  der  ursprünglichen  Dauer  der  übrigen 
leicht  folgendes  Schema  entwerfen: 


RÖMBB 

121 

Römiflche  Monate.          Tagzahl. 

Anfang  im 
juliaoischen  Kalender. 

lanuarius  a.  u«  708 

29 

13.  Oktober  47  y.  Chr. 

Febiiiarius 

23 

11.  November 

Heicedonius 

23 

4.  December 

LeUle  'f age  des  Februarios 

5 

27.  December 

Martius 

31 

1  •  Januar  46  y.  Ckr. 

Aprilis 
Maius 

29 
31 

1.  Februar 
2.Mär2 

Iimiiis 

Quintilis 

Sexlilis 

29 
31 
29 

2.  AprU 
I.Mai 
1*  Junius 

September 
October 

29 
31 

30.  Junius 
29.  Julius 

• 

November 

Zwei  aufserordentliche 

29 

29.  August 

Schaltmonate 
December 

67 
29 

27.  September 
3.  December 

lanuarius  a.  u.  709 

1.  Januar  45  v.  Chr. 

Summa 

445 

Macrobius  spricht  nur  von  443  Tagen.  Da  er  aber 
die  Daner  der  Schaltmonate  nicht  angibt,  so  verdient 
Censorinus  Aussage  den  Vorzug.  Dals  das  Jahr  der 
Verwirrung  aus  fünfzehn  Monaten  bestanden  habe, 
sagt  auch  Suetonius  sehr  bestimmt:  Quo  autem  mar 
gis  in  posterum  e  Calendis  lanaarüs  nobis  temponun 
ratio  congrueret,  inter  Novemhrem  ac  Decembrem  men* 
sem  interiecit  duos  alios,  ßdtque  is  annus,  quo  liaec 
consütuehantur ,  XV  mensium  cum  intercalario ,  qui 
ex  consuetudine  in  eum  annam  inciderat.    Wenn  also 


122  Technische  Chronologie. 

Dio  Cassius  versichert,  dafii  nur  67  Tage  eingeschal- 
tet wurden  und  die  Angabe  Ton  mehreren  als  unrich- 
tig verwirft^),  so  hat  er  Recht,  in  sofern  auf  den 
Meroedonius,  der  auf  das  Jahr  der  Verwirrung  ex  con^ 
suetudine  traf,  keine  Rücksicht  genommen  wird.  Auf 
keinen  Fall  kann  diesem  Zeugnils  der  Vorzug  vor  dem 
des  Suetonius  und  Censorinus  eingeräumt  werden, 
was  gleichwohl  von  De  la  Nauze  geschieht,  der  das 
Jahr  708  erst  mit  dem  5.  November  anfkngt* 

Die  67  aufser  der  Ordnung  eingeschalteten  Tage 
sind  nach  Puteanus  nicht  unwahrscheinlicher  Mei* 
nung  ')  also  vertheilt  gewesen : 

Mensis  intercalaris  prior  29     27*  September 

Mensis  intercalaris  posterior    31     26.  Oktober 
Epagomenen  7     26.  November. 

Von  dem  erstem  Monat  ist  in  folgender  Stelle  des 
Cicero  die  Rede'):  Ego  idem  tarnen  cum  a.  d,  V. 
CaL  intercalares  priores,  rogatu  fratmm  tuo- 
nun,  venissem  mane  ad  Caesarem  • .  •  Dieses  Datum 
entspricht  dem  23sten  julianischen  September. 

Man  kann,  fragen,  wodurch  Cäsar  bestimmt  wor- 
den sei,  dem  Jahr  der  Verwirrung  gerade  die  Dauer 
beizulegen,  die  er  ihm  gegeben  hat.  Offenbar  wollte 
er  die  Calendas  des  lanuarius  zu  ihrer  ursprünglichen 
Stelle  in  der  Gegend  der  Bruma  oder  des  kürzesten 
Tages  zurückfuhren.  Das  Wintersolstitium  ereignete 
sich  im  Jahr  46  v*  Chr.  unter  dem  Meridian  Roms  am 


')  De  hissexto  col.  442. 
')  Ad  dis^.yi,ik. 


RÖMBR.  123 

24.  Deoember  um  0  U.  9'  Morgens.  Hatte  er  den  1.  la- 
nuarios  gerade  auf  die  Bnuna  setzen  'woUen  ^))  so  hätte 
er  die  sieben  Epagomenen  sparen  können.  Er  mnis 
aber  sugleich  die  Absicht  gehabt  haben,  den  Anfang 
des  ersten  richtigen  Jahrs  auf  den  Neumond  zu  brin- 
gen, der  zunächst  auf  die  Bruma  folgte,  um  auch  in 
diesem  Punkt  seine  Achtung  für  die  uralten,  von  ihm 
so  viel  als  möglich  beibehaltenen  Kalendereinrichtun- 
gen des  Numa  an  den  Tag  zu  l^n.  Der  mittlere 
Neumond  ereignete  sich  nach  meiner  Berechnung  zu 
Rom  am  1.  Januar  des  Jahrs  45  v.  Chr.  oder  709  d.  St. 
um  6  U.  16'  Abends  und  der  wahre  am  2.  Januar  um 
1  U.  34'  Morgens.  Auf  diesen  Umstand  zielt  ohne  Zwei- 
fel Macrobius  mit  den  nicht  ganz  treffend  gewählten 
Worten:  Annum  ciyilem  Caesar  hahitis  ad  lunatn 
dimensionihus  constitutum  edicto  palam  posito  pur 
hlica\dt^).  Schade,  dafs  dieses  Edikt  nicht  auf  uns 
gekommen  ist!  Auch  Plutarch  erwähnt  dasselbe, 
wenn  er  Tom  Cicero  die  Anekdote  erzählt,  dafs  er, 
als  ihm  jemand  nach  der  Kalenderreform  sagte,   mor- 


'}  Mit  den  Worten  des  OTidiui: 

Bruma  novi  prima  est  veterisque  novissima  solis, 
Principium  capiunt  Phoebus  et  annus  idem, 

Fast,  1, 163. 
mufs  man  es  nicht  ganz  scharf  nehmen.  Selbst  der  sonst  bo  ge- 
naue Gensorinus  sagt  (c.  21):  Einige  (er  meint  die  Römer), 
fangen  ihr  Jahr  a  novo  sole  id  est  a  bruma  an.  Bestimmter 
drückt  sich  Servius  aus,  wenn  er  zu  Aen.yjl^*!20  sagt:  Pro^ 
prie  sol  no9us  est  octavo  Calendas  lanuarias, 

*)  Lydus  sucht  den  Grund  der  Stellung,  die  Cäsar  dem 
1.  lanuarius  gegeben,  blofs  in  der  Verkürzung  des  Mittagschat- 
tens, wekhe  erst  acht  Tage  nach  dem  Wintersobtittum  merklich 
zu  werden  anfange  p.  4l. 


124  Technische  Chronologie. 

gen  wird  die  Leier  aufgehen,  spöttisch  antwortete:   vei 
hc  dutTdyfjiaTog ^   ja  wohl,   nach  dem  Edikt! 

Aus  Plinius^)  und  Golumella')  ersehen  wir, 
dafs  Cäsar  das  Wintersolstitium  auf  den  YIU.  Cal.  lan. 
oder  den  2I).  Deoember  gesetzt  hat  ^).  Da  es  nun  zu  sei- 
ner Zeit  zwischen  dem  23  und  24.  Deoember  schwankte, 
so  scheint  sein  astronomischer  Consulent  Sosigenes 
hei  der  Bestimmung  der  Bruma  nicht  yon  eigenen  Be* 
ohachtungen  ausgegangen,  sondern  frühem,  yielleicht 
denen  des  Hipparch,  gefolgt  zu  sein.  Die  übrigen 
Cardines  setzte  er  der  Gleichförmigkeit  wegen  ebenfalls 
auf  die  YIIL  Calendas ,  ungeachtet  das  FrühlingsäquI- 
noctium  damals  über  einen  Tag  früher,  und  das  Som- 
mersolstitium  einen,  das  Herbstäquinoctium  zwei  Tage 
später  erfolgte.    Yielleicht  war  es  dieser  Umstand,  der 


*)  A.a.O. 

»)  Ä.Ä.IX,l4. 

')  Merkwürdig  ist  es,  dafs  Dionysius  Ton  Halicarnass, 
der  Ton  Erbauung  der  Stadt  bis  auf  seine  Zeit  745  Jahre  zahlt 
{Jnt.  1,3)^  also  nach  Cäsar^s  Reform  schrieb,  sagt  (1,32),  die 
Luperealien  würden  im  Februarius  nach  der  Winterwende 
gefeiert,  und  (1,38)  die  Idus  des  Maius  wenig  später  als  die 
Frühlingsnacht  gleiche  annimmt,  mithin  die  Jahrpunkte  um 
anderthalb  bis  zwei  Monate  hinter  die  Zeitpunkte  setzt,  die  ihnen 
in  Casar*s  Kalender  angehören.  Hr.  Bredow  glaubt,  dafs  er 
blofs  die  altem  römischen  Geschichtschreiber,  namentlich  den 
Fabius  Pictor  und  L.  Cincius,  die  er  unter  andern  1,6  als 
seine  Gewährsmänner  nennt,  studirt  und  die  Jahrepochen  so  fixirt 
habe,  wie  er  sie  bei  diesen  Römern  nach  dem  damaligen  yerscho-* 
benen  Kalender  angesetzt  fand,  ohne  sich  um  ihre  Stellupg  im 
julianischen  Kalender  zu  kümmern.  Untersuchungen  S.  175ff. 
(1, 508).  Man  yergleiche  das  römische  Datum  der  Finstemifs  des 
Jahiv  586  (2, 104) ,  um  diese  Hypothese  sehr  wahncheinlich  xu 
finden.  . 


Römer.  125 

ihm  die  Schwierigkeit  machte,  von  der  Plinius  spricht: 
Trinis  commentationiius ,  quanquam  diligentior  caete^ 
ris,  non  cessavit  tarnen  addubitare,  ipse  semet  cor- 
rigendo. 

Was  die  Einrichtung  betrifll,  die  Cäsar  seinem 
Sonnenjahr  gab,  so  legte  er  von  den  zehn  Tagen,  um 
welche  er  das  Jahr  des  Numa  verlängerte,  je  vnA  den 
Monaten  lanuarlus,  Sextilis  und  December,  und  je  einen 
den  Monaten  Apriiis,  lunius,  September  und  November 
bei,  die  früherhin  sämmtlich  nur  29  Tage  gehabt  hat- 
ten. Um  nicht  die  Intervalle  zwischen  den  Festen 
eines  jeden  Monats  zu  ändern,  oder,  wie  sich  Gen- 
sorinus  ausdi-ückt,  nß  religiones  siä  cuiusque  mensis 
a  loco  submoverentar^  setzte  er  die  neu  hinzukommen* 
den  Tage  ans  Ende  ihres  jedesmaligen  Monats,  peractis 
cuiusque  mensis  finis,  wie  Macrobius  sagt,  der  die 
Stellen  folgendermafsen  bezeichnet:  im  Januar  kam 
hinzu  ly .  und  III.  Cal.  Febr. ,  im  April  VI.  Cal.  Maii, 
im  Junius  III.  Cal.  lulii ,  im  August  IV.  und  III.  Cal. 
Sepiembr.,  im  September  lU.  Cal.  Octobr.,  im  Novem- 
ber lU.  Cal.  Decembr.,  im  December  IV.  und  III.  Cal. 
lanuarii.  Im  April  scheint  III.  Cal.  für  VI.  Cal.  gelesen 
werden  zu  müssen,  weil  auf  IV.  Cal.  die  Floralia  trafen. 
Die  fünf  übrigen  Monate  behielten  ihre  alte  Dauer,  der 
Februarius  namentlich,  ne  deum  infervm  religio  int- 
nmtaretur,  wie  Macrobius  sagt.  An  den  Stellen  der 
Nonae  und  Idus  änderte  er  nichts,  so  dafs  die  vier 
Monate  Martins,  Mains,  Quintilis  und  Oktober  sich  da- 
durch noch  immer  als  diejenigen  kenntlich  machten, 
welche  ursprünglich  31  Tage  hatten.  Statt  dais  man 
sonst  in  allen  Monaten,  mit  Ausnahme  des  Februarius, 
17  Tage  vor  den  Cakndis  gezählt  hatte,  sagte  man  jetzt 


126  Technische  Chronologie. 

nach  den  Idos  im  lanuariuSi  Sextilis  und  Deoember 
a.  d.  XDC,  im  Aprilis,  lunius,  September  und  November 
a*  d.  XYIII«  im  Marlius,  Mains,  Quintilis  nnd  Okiober 
wie  vorhin  a.  d.  XYII ,  und  im  Februarius  a.  d.  XYI. 
Galendas,  nttmlich  des  folgenden  Monats. 

Wie   man   beim  Datiren    die   Monatstage   geztfhlt 
habe,  mag  hier  der  lanuarius  lehren: 

Laufende  Tage.  Römische  Bezeichnungsweise  derselben. 

1  Calendae  lanuariae  oder  lanuarii  '). 

2  a.  d.  ly.  Nonas  lanuarias  oder  Nonanun 

3  a.  d.  in  [lanuariL 

4  Pridie  Nonas  lanuarias. 

5  Nonae  lanuariae. « 

6  a.d.  yni.  Idus  lanuarias  oder  Iduum 

7  a.d.YU  [lanuarii. 

8  a.d.YI 

9  a.d.V 

10  a.  d.  IV 

11  a.d.m 

12  Pridie  Idus  lanuarias. 

13  Idus  lanuariae. 

14  a.  d.  XIX.  Calendas  Februarias  oder  Cb- 

15  a»  d.  Xym  [  lendarum  Februarü. 

16  a,  d.  XVn 

17  a.  d.  XVI 

18  a.d.XV 

19  a.  d.  XIV 

20  a.  d.  Xm 

21  a.d.Xn 


«)  Nimlidi  umiuii.  Die  Monatmamensiad  eigentlich  Adiditiren 


R  Ö  X  B  R. 

Laufende  Tage. 

Römische  BezeicIinungtweiM  denelb 

22 

a.  d.  XI 

23 

a.  d.  X 

24 

a.  d.  IX 

25 

a.d.VTn 

26 

a.  d.  \U 

27 

a.d.VI 

28 

a.d.V 

29 

a.  d.  IV 

30 

a.d.m 

31 

Pridie  CtUendas  Februarias. 

127 


Dach  dieser  Analogie  wird  man  den  Kalender  leicht 
forüabren  können,  wenn  man  nnr  bedenkt,  dals  in 
den  Monaten  Martins,  Mains,  lulius  nnd  October  der 
zweite  Tag  mit  a.  d.  YI.  Non. ,  in  den  übrigen  mit 
a.  d.  lY.  Non.  bezeichnet  wird.  Auf  die  Nonas  folgt 
duicbgehends  a.  d.  YlII.  lilus. 

Das  ante  diem  oder  abgekürzt  a.  d*^  welches  beim 
Datiren  gewöhnlich  der  Zahl  vorgesetzt  wird,  steht  ge- 
radehin fiir  die 9  z.B.  wenn  Cicero  sagt*):  Scripsi 
a.  d.  decimum  sexUun  Calendas  Febrvarias,  so  heilst 
dies,  er  hat  nicht  etwa  yor  dem  17*  Januar,  sondern 
an  diesem  Tage  selbst  geschrieben,  was  auch  durch 
dedmo  sexto  Calendas  Februarias  ausgedruckt  vor- 
kommt. Es  fragt-' sich,  was  ante  in  diesem  Fall  ur- 
sprünglich bedeutet  habe.  Seal  ige r  glaubt^  das  (uite 
diem  rühre  daher,  dais  die  Römer  den.  Tag  mit  der 
Mittemacht  anfingen;  dies  sei  hier  nämlich  für  den 


*}  Addw.1,2. 


128  Technische  Chronologie. 

natürlichen  Tag  zu  nehmen,  vor  dem  noch  sechs 
Slunden  des  bürgerlichen  hei^ingen.  Dies  ist  weit  her- 
gehöhlt.  Fe  ta  vi  US  meint,  ante  diem  zeige  beim  Da- 
tiren so  viel  an,  als  ante  diem  confectumy  i.  e.  ipso 
die.  Malürlicher  ist  es  wol ,  das  a.  d.  decimum  seay 
tum  Calendas  durch  Inveralon  aus  diem  decimitm  sea> 
tum  ante  Calendas,  wie  vielleicht  anfangs  gesagt  wurde, 
entstanden  sich  zu  denken.  Die  ursprüngliche,  später- 
hin ungewöhnliche  Stellung  des  ante  kommt  noch  hin 
und  wieder  vor,  z.B.  beim  Tacitus:  tertio  ante  Idus 
Odobres  ^).  Wie  wenig  man  die  Kraft  des  ante  beim 
Datiren  beachtete,  erhellet  besonders  daraus,  dafs  man 
noch  die  Präpositionen  in  und  ex  davor  setzte,  z.  B.  in 
ante  diem  quartum  Cal.  Decemhres  distulit;  nuntii  tri" 
stes  a^enerant  ex  ante  diem  Non.  Tun,  usque  ad  pri- 
die  CaL  Septembres  ').  Man  scheint  hier  in  ante  und 
ex  ante  als  Ein  Wort  geschrieben  zu  haben.  Selbst 
wenn  nicht  datirt  wird,  findet  sich  ante  diem  ohne 
Weiteres  für  die  gesetzt,  z.  B.  ante  quem  diem  iturus 
sit ')  statt  quo  die,  welcher  Gebrauch  offenbar  erst 
durch  das  Datiren  entstanden  ist*  Auch  die  griechi- 
schen Schriftsteller  bedienen  sich  dieser  Redeform,  wenn 
sie  nach  dem  römischen  Kalender  datiren.  So  sagt 
Plutarch  ^),  Rom  sei  erbauet  iqiJ^pi  r^  T^po  tvdtKa  Ka- 
htyiwv  Mafwv. 


')    Cicero  Philipp.  Wi,  8.    Jd  ML  m,  17. 

')  Caesar  </e  hello  ciV.  1,11.  Merkwürdig  ist  noch  bei  eben 
diesem  Schriftsteller :  Is  dies  erat  ante  diem  y»  Cal»  Jprilis, 
„es  war  dies  der  28.  März."   De  hello  GallA,6. 

*)    Vita  Rom.  c.  ±2. 


RÖMBK.  129 

Aus  den  ZaUen  der  Monatstage  erhelUt,  daili  die 
Römer,  wenn  sie  ein  Zeitinteryall  angeben  wollten,  den 
Tag,  von  welchem  sie  röckwärts  rechneten,  allemahl 
mitzählten,  wie  wir  Deutschen  den  Zeitraum  von  einem 
Sonntage  zum  andern  acht  Tage  nennen.  Daraus  ist 
zu  edÜaren,  warum  der  achte  Tag  vor  den  Ilus  Nonae 
hieb.  Auf  dieser  Zlddungsweise  beruht  folgende  in  der 
Ausübung  nützliche  Regel:  wenn  man  die  römischen 
Data  nach  unserer  Weise  auf  laufe9de  Monatstage  brin- 
gen wül,  addire  maü  bei  den  Nonis  entweder  zu  5  oder 
zu  7i  je  nachdem  sie  quinUmae  oder  septimanae  aind^ 
und  bei^den  Idibus  im  ersten  Fall  zu  13,  im  letztern 
zu  IS,  eins,  bei  den  Galendis  hingegen  zur  Tagzahl 
des  vorangehenden  Uonats  zwei,  und  ziehe  von  der 
Summe  die  Zahl  des  Datums  ab.  So  ergibt  sich,  dafs 
a.  d.  III»  Nonas  lanuarias,  der  Gdyortstag  des  Cicero, 
der  3.  Januar,  a.  d.  IV.  Idus  Quintiles,  der  Geburtstag 
des  Cäsar,  der  12.  Julias  und  a.  d.  XI *  CaL  Maias,  der 
angebliche  Erbauungstag  Roms,  der  21.  April  ist. 

Den  Schalttag«  setzte  Cäsar  an  die  Stelle  des 
Sclialtmonats  zwischen  Terminalia  und  Begifiigium 
oder  zwischen  a.  d.  VII.  und  VI.  CaL  Martias.  Um 
nun  im  Schaltjahr  an  der  Bezeichnung  der  Terminalia 
und  der  übrigen  Tage  rückwärts  bis  zu  den  Idus  des  Fe« 
hroarius  nichts  ändern  zu  dürfen,  gebot  er  den  Schalt- 
tag durch  a.  d.  bissextum  CaL  Martias  anzudeuten,  wo- 
her denn  derselbe  den  Namen  bissextum  erhielt  —  quod 
nunc  bissextum  vocatur,  wie  es  beim  Censorinus  heifst. 
Natürlich  wird  mau  auch  eben  so  gut  bissextus  sc.  dies 
gesagt  haben  ^),  wie  sich  annus  bissextus  fiir  das  Jahr 

')   Mit  Sicherheit  kommt  bissextus  Ton  dem  Tage  gebraucht 
nur  bei  sehr  spaten  SchriftsteUcm  tof,  z.  B.  bei  Dionysiüs 

n.  [9] 


130  Technische  'Chronologie. 

findeti  in  welchem  eingeschaltet  wlid  *).  Das  bei  den 
neuem  Chronologen  sehr  gefaräudbliche  hissextiUs  ist 
uniömisch.     Es  findet  sich  zuerst  beim  Beda'), 

Die  romischen  Rechtsgelehrteh  warfen  die  Frage 
auf,*  ob  von  den  beiden  Tagen,  die  a.  d.  sexUun  Cid. 
MarUas  hiefsen,  der  prior  oder  der  posterior,  d.i.  der 
dem  März  nähere  oder  der  entferkikei« ,  als  das  bissea> 
tum  zu  betrachten  sei.  Sie  entschieden  sich  fiir  den 
letztem,  wie  aus  folgenden  Worten  des  Celsns  erhel- 
let ^) :  Cum  bissextum  Calendas  est  (im  Schaltjabr),  tu- 
bü  rejert,  utrum  prioroy  an  posteriore  die  tpjds  natus 
jüt."  et  deinceps  (in  den  folgenden  Gemeinjahren)  sex* 
tus  Calendas  eius  natalis  dies  est:  nam  id  biduum  pro 
uno  die  habetur:  sed  posterior  dies  intercalatur,  non 
prior.  Ideo,  quo  anno  intercalatum  non  est,  sexto 
Calendas  natus,  cum  bissextum  Calendas  est,  priorem 
diem  natalem  habet. 

Cäsar's  Wille  war,  dais  peracto  quadriennii  cir- 
cuitu,  wie  Censorinus,  oder  quinto  quoque  incipiente 
annOf  wie  Macrobius  sich  ausdruckt,  das  Bissextum 
einliefiihrt  werden  sollte.    Um  dieser  Regel  vom  An- 


Exiguus  {Argumenta  paschalia  p.  86  ed.  lani)  und  Isidor 
{Etxm.Tl,\1).  Ob  Macrobius  \satumA,ii)  und  Ammia- 
nus  Marcellinus  (I.e.)  bissextus  oder  bissextum  sagen,  ist 
nicht  klar. 

')  Au  gast  in.  epist.  119  c.  7:  Nonplantem  hoc  anno  vineam, 
qui  bissextus  est.  Man  sieht,  dafs  die  Aberglüubigen  nicht  blofs 
den  dies  bissextus,  wie  Ammianus  bemerkt,  sondern  sogar  den 
ganzen  annus  bissextus  fiir  ungliickbringend  ansahen. 

•)   De  temp.  rat,  c.  9. 

')  Dig.  an  der  oben  {2^59)  angeführten  Stelle.  Yergl.  Ulpian. 
l  TV.  tit.  4,  leg.  3. 


RÖMBR.  131 

finge  CA  ihre  Gültigkeit  zu  geben,  scheint  er  gleich 
das  erste  Jahr  seiner  neuen  Zeitrechnung,  oder,  ^ie 
die  Römer  sagten,  das  erste  julianischc  Jahr  —  a.  u. 
709,  V-  Chr.  45  —  zum  Schaltjahr  gemacht  zu  haben  ^). 
In  seinem  Kalenderedikt  stand  yermuthllch,  wie  beim 
Suetonius,  das  zweideutige  quaito  quoque  anno,  und 
dies  gab  dann  zu  dem  Mifsgriffe  Anlafsy  von  welchem 
in  folgender  Stelle  des  Macrobius  die  Rede  ist'): 
Sacerdotes  sibi  errorem  novum  ex  ipsa  emendatione 
Jecerunt.  Nam  cum  (frieret  diem,  qui  ex  quadnm^ 
tibus  conßty  quarto  quoque  anno  confecto,  antequam 
quintus  inciperet,  intercalare,  Uli  quario  non  peracto 
sed  incipiente  iniervalabant.  Hie  error  sex  et  triginta 
annis  permansit,  quibus  annis  intercaUüi  sunt  dies  duo- 
decim,  cum  debuerint  intercalari  noyem,  Sed  hunc 
quoque  errorem  sero  depnshensum  correxit  Augustus, 
qui  annos  duodecim  sine  intercalari  die  transigi  iussit, 


^)  Ein  bestimmtes  Zeugnifs  darüber  ist  nicht  Torhanden,  da- 
her die  Ansichten  der  Gelehrten  getheilt  sind«  Man  yergl.  Pe« 
tavü  Doctr»  iemp,  IV,  2«  Sancletftente  findet  es  natürlich, 
dafs  sich  erst  Tier  Viertel  in  eben  so  yiekn  Gemeinjahren  sam- 
meln mufsten,  ehe  eingeschaltet  werden  konnte.  De  vulg,  aerae 
emend,  1, 10.  Er  glaubt  daher ^  dafs  nach  Gäsai**s  Absicht  erst 
das  fünfte  julianische  Jahr  ein  Schaltjahr  habe  sein  sollen.  Dann 
wären  aber  gleich  anfangs  vier  Gemeinjahre  auf  einander  gefolgt, 
die  dem  ganzen  Wesen  seiner  Verbesserung  nfu^h  nie  auf  einan- 
der folgen  konnten.  Ich  trete  Seal  ig  er 's  Meinung  bei,  der  das 
erste  julianische  Jahr  für  ein  Schaltjahr  nimmt.  Emend.  temp, 
1.  rV.  p.  229,  Die  ganze  Sache  ist  übrigens  ziemlich  gleichgültig, 
da  gleich  Tom  Anfange  an  Cäsar*s  Regel,  wie  sie  auch  gestellt 
sein  mochte,  verletzt  worden  ist. 

»)  Saturn.  I,l4.  Vergl.  Plin.  H.N.  XVin,57.  Suet,  jiug. 
C.31.  Solin.  c.  1. 

[9*1 


132  'Technische  Chronologie. 

ut  ilU  tres  dies ,  qui  per  annos  tringinta  et  sex  *vitio 
sacerdotalis  Jhstinationis  excre\ferant  ^  sequentibus  an« 
7215  duodecim  nuUo  die  intercalato  devorarentur.  Post 
hoc  unum  dient  secundum  ordinationeni  Caesaris  qiunto 
quoque  incipiente  anno  intercalari  iussit,  et  omnem 
hunc  ordinem  aereae  tahaUie  ad  aetemani  custodiam 
incisioni  mandüvit.  Man  sieht)  die  Pontifices,  von 
niemand  oontrolirt  (Cäsar  war  gleich  im  zweiten  juliani- 
schen Jahr  ermordet  worden),  machten  die  Jahre  712, 
715,  718,  721,  724,  727,  730,  733,  736,  739,  742 
und  745  zu  Schaltjahren,  statt  dals  es  die  Jahre  713, 
717,  721,  725,  729,  733,  737,  741  und  745  hätten 
sein  sollen.  Im  Jahr  745  wurde  also  zum  zwÖlftenmahl 
eingeschaltet,  da  es  erst  (die  yon  Cäsar  selbst  gleich 
anfangs  gemachte  Einschaltung  nicht  gerechnet)  zum 
neuntenmabl  hätte  geschehen  müssen.  August  gebot 
nun  im  Jahr  746  ^)  zwölf  Jahre  ohne  Einschaltung  hin* 
gehen  zu  lassen,  d.i.  drei  Schaltjahre,  nämlich  749, 
753  und  757  in  Gemeinjahre  zu  verwandeln.  Erst  das 
Jahr  761  d.  St.  oder  8  n.  Chr.  wurde  wieder  ein  Schalt- 
jahr, und  yon  diesem  Zeitpunkt  an  bis  auf  unsere  Tage 
bat  der  julianische  Kalender,  der  bekanntlich  blols  noch 
bei  den  Bekennem  der  griechischen  Kirche  im  Gebrauch 
ist,  keine  Störung  weiter  erlitten* 

Aus  obigen  Zahlen  ist  leicht  zu  folgern,  dais  man, 
imi  die  in  dem  Zeitraum  von  712  bis  757  verschobe- 
nen römischen  Data  zu  berichtigen,  addiren  müsse: 


*)  Snetonius  tagt  nämlich  a.a.O.,  zugleich  mit  der  Cor- 
rection  sei  dem  Monat  Sextilis  der  Name  Augustus  beigelegt 
worden.  Dies  geschah  aber  nach  Gensorinus  (c.  22)  Mardo 
Censorino  G.  Asinio  Gallo  Goss.,  a.  u.  746. 


Römer«  133 


einen  Tag  Tom.bisaeztum  a.  u^  712  bb  zum  71*  CaL 

MA]tii7i3, 

einen   Tag   vom   biasextum   715   bia .  nun  YI.  Cal« 

Martii  717» 

einen   Tag    zwischen'   den    biasextis   der  Jahre   718 

nnd  724  % 

zwei  Tage  bia  znm  YI.  Gal.  Martii  725« 

einen  Tag  bis  zum  bisseztnm  727» 

zwei  Tage  bia  zum  YI.  Cal.  Martii  729, 

einen  Tag  bia  znm  biasextnm  730, 

zwei  Tage  bis  zum  bissextum  73.6, 

drei  Tage  bia  zum  YI.  Gal.  Martii  737« 

zwei  Tagp  bia  znm  bjasextum  739, 

drei  Tage  bis  zum  YI.  Gal.  Martii  741, 

zwei  Tage  bis  zum  bissextum  742^ 

drei  Tage  bia  zum  YI.  Cal.  Martii  749, 

zwei  Tage  bis  zum  YI.  GJ.  Martii  753« 

einen  Tag  bis  zum  YI.  Cal.  Martii  757, 
mit  welchem  Datum  der  römische  Kalender  wieder  in 
sein  richtiges  Geleise  kommt.  Man  yergleiche,  was 
oben  in  der  figyptischen  Zeitrechnung  (1,160)  hieraus 
für  den  Neujahrstag  des  alexandrinischen  Jahrs  gefol- 
gert ist. 

Es  gibt  indessen  einen  Umstand,  der  diese  Reduction 
ansicher  macht,  ich  meine  die  Einschaltung  und  Au»- 
merzung  einzelner  Tage,  die  man  yomahm,  so  oft  die 
Nundinae  mit  den  Nonis  oder  dem  Jahranfange  in  Col- 
lision  geriethen.    Zu  der  oben  (2,63)  aus  Dio  Gassius 


')  Man  sieht  also,  dafs  die  ScUacht  bei  Actium^  die  nach  Dio 
Gassius  am  2. September  a.  u.  723  geliefeit  worden  ist,  (1, 153)t 
eigentlich  am  3.  September  Statt  gefunden  hat. 


134  Technische  Chronologie. 

ang^fahrtieti ,  das  Jalir  714  d.  St.  betreffenden,  Stelle 
füge  ich  noch-  eine  ändere  desselben  Schriftstellers  ^), 
wo  bei  Bemei'kmig  einer  im  Jahr  797  der  Nondinae 
wegen  geschehenen  Verschiebung  der  Tage  gesagt  wird, 
dafs  man  sieh  dergleichen  Willkülirlichkeiien  sonst 
häufig  —  ahXoTt  TTo^Xobii^  —  erlaftibt  habe. 

Das  Verdienst,  welches  sich  Cäsar  und  August 
um  die  Verbesserung  der  Zeitrechnung  erwarben,  scheint 
zunächst  Veranlassung  zur  Einführung  der  Monatsnamen 
lulius  und  Augustus  gegeben  zu  haben.  Jener  wutde 
C  Caesare  V  et  M.  Antonio  Coss*  ^)^  also  im  Todes- 
jahr des  erstem  auf  den  Vorschläg'des  letztern  ^)  dem 
Qtuntilis  beigelegt,  in  welchem  der  Dictator  geboren 
war  ^).  Dieseur  führte  Augustus  selbst  ein,  bei  Gelegen- 
heit seiner  yorhin  erwähnten  tlectification  des  Schalt- 
wesens. Er  wtfhlte  nicht  den  September,  in  welchem 
er  geboren  war,  sondern  «den  Sextiiis,  wegen  der  vie- 
len in  demselben  yon  ihm  gewonnenen  Siege,  welche 
in  dem  von  Macrobius  aufbewahrten  Senatuscon- 
sult  (1,153),  wodurch  dieser  Namenwechsel  sanktionirt 
wurde,  aufgezählt  sind^). 


')  Hist.  LX.  c,  24.  Irrig  sagt  der  GeschichUchreiber,  dafs  die 
Nundinae  —  t^  Syopet  rj  ^la  tuv  Iwia  ^fi9ptSv  —  rei'setzt  worden 
seien.    Dies  war  schwerlicli  jo  der  FalL 

')   Gensor.  1.  c. 

')  Legem  JerenU  M.  Antonio  M,ßliO  Consule*  Macrob.^^ 
lum.  1, 12. 

*)  Dio  Gassius  XLIV,  5.  Appian.  de  hello  ciu,  1.  U.  p.  4^4 
ed.  Steph.  Nach  Macrobius  traf  Gäsar^s  Geburtstag  auf  den 
IV.  Idos  Qaintiles  {2, 129). 

*)  Jnnum  a  />.  lulio  ordinatum,  sed  postea  negtigeniia  eon- 
turhatum  atque  confusum,  rursus  ad  pristinam  raiionem  rede^ 


Römer.  136 

:  Es  ist  aehr  su  bedauern,  dala  die  Fasti  des  lulius 
Cäsar  nicht  m  ihrer  ursprünglichen  Form  auf  uns 
gekommen  sind.  Bruchstücke  davon  haben  sich  auf 
manchen  in  und  aufser  Rom  gefundenen  Denkmälern 
erhalten,  ab«r  keins  gibt  eine  Idee  yon  allem,  nvas  in 
dem  Kalender,  wie  er  aus  den  Händen  seines  Urhebers 
gdbommen  ist,  gestanden  haben  mufs.  Diese  Bruch- 
stücke sind  yon  Gruter  und  vollständiger  von  Fog- 
gini.  gesammelt  worden  *)•  Leuteier  stellt  folgende 
elf  mit  gelehrten  Erläuterunf^n  begleitete  Kalender  zu- 


1)  das  Calendarium  Mcffaeiorum^  welches  durch  alle 
Monate  geht; 

2)  das  Cal.  Praenestinum  von  Yerrins  Flaecu«  zu- 
sammengetragen, und  nur  in  Fragmenten  der  Mo- 
nate lanuarins,  Februarius,  Martins,  Aprilis  und 
Deoember  vorixanden; 

3)  das  Cal.  Capranicorum  mit  den  vollständigen  Mo- 
naten Augustus  und  September; 

4)  das  Cal.  AnUteminum  mit  Fragmenten  der  Mo- 
nate Maius  bb  Deoember; 


git,  in  cuius  ordinatione  Sextilem  mensem  e  suo  cognomine 
nuncupavit,  magis  quam  Septembrem,  quo  erat  natus,  quia 
hoc  sibi  et  primas  consulätus  et  insignes  victoriae  obtigis^' 
sent,   Sueion,  Jug.  c.  3i.   Yergl.  Die  CassiusLY,  6. 

•)  Fastorum  anni  Romani  a  Verrio  Ftacco  ordinatorum  re- 
itquiae,  ex  marmorearum  iabutarum  Jragmentis  Praeneste  nw 
per  effossis  coliectae  et  iüustratae,  Jccedunt  Verrii  Flacci 
operum  fragmenta  omnia  quae  exsiant  ^  ac  Fasti  Romani 
singulorum  mensium  ex  hactenus  repertis  calendariis  mar^ 
mortis  inier  se  conlatis  expressi^  cura  et  studio  P,  F.  F. 
Rom  1779^  fol. 


136  Technische  Chronologie. 

'  S)  das  Ccd*  Antiatinum  mit  Brudistiicken  der  sechs 
letztem  Monate; 

6)  das  Cid.  ExquiUnum  mit  einem  Theil  des.  Mains 
und  lunius; 

7)  das  Cal.  Famesianum  nuir  imt  einigen  Tagen  des 
Febmarius  und  Martins; 

8)  das  Cal.  Pincianum  mit  Fragmenten  der  Monate 
lulius,  Augustus  und  September; 

9)  das  Cal.  Kenusinum  mit  den  voUstttndigen.Mb- 
.     .  naten  Maius  und  Imiius ;  .    . 

10)  das  Cal.  VtUicanum  mit  einigen  Tagen  des  Mar* 
tius  und  Aprilis; 

11)  das  Cal.  AUifanum  mit  einigen  7[*agen  des  lulins 
und  Augustus. 

Ueberall  finden  sieb  die  Monatstage  eben  so  mit  den 
iwiederkebrenden  acht  ersten  Buchstaben  des  Alphabets 
bezeichnet,  wie  in  unsem  Kalendern  sonst  mit  den  sie- 
ben ersten.  Diese  Buchstaben  beziehen  sich  keineswe- 
ges  auf  einen  Mondcirkel,  wie  Bianchini  gkubt^), 
sondern  auf  die  von  den  NumUnis  gebildeten  wocfaen- 
ähnlichen  Zeitabschnitte.  Die  Römer  hatten  nämlich 
eine  achttägige  Woche.  Sieben  Tage  arbeitete  der 
Landmann;  am >  achten  kam  er  in  die  Stadt,  um  zu 
handeln  und  sich  nach  Staatsangelegenheiten  zu  er- 
kundigen, weil  jeder  römische  Bürger,  auch  auf  dem 
Lande,  An  theil  an  der  Gesetzgebung  und  Yertheilung 
der  StaatBämter  hatte.  Dieser  Mari^ttag  wurde  NwuU- 
nae  genannt,  weil  er  nach  römischem  Sprachgebrauch 
nono  quoque  die  wiederkehrte').    Jeder  Gesetzvorschlag 


')  De  Calendario  et  cyclo  Caesaris.   Rom  1703,  fol. 
')  Yarro  R.R.U.pnef.   Dionys.Vn,58.    Columella  in 
praef.  Plin. //.^iV.  Xyin,3.    Macrob.&i/um.  I,l6.   Unter  den 


RÖMBB.  137 

muiste  nach  der  lex  Caedliä  Didia  *)  xur  Einsicht 
sämmdicher  römischen  Bürger  ein  Trinundimün,  d*  i. 
zffei  römische  Wochen  hindurch,  die  Nündinas,  wo- 
durch sie  begrenzt  wurden,  mitgerechnet,  also  siebzehn 
Tage,  angeschlagen  bleiben.  Diese  Zeiteintheilung  war 
bei  den  Rdmem  uralt,  indem  ihre  Einftlhrung  von 
einigen  dem  Römulus,  von  andern  dem  Seäirius  Tullius 
beigelegt  wird*  Hächstwahrscheinlich  schreibt  sie  sieh 
Ton  den  Etruskern  her,  welche  nach  Macroblus') 
itono  qwufue  die  regem  smun  saboabant  et  de  pro-^ 
priis  negotüs  consulebant.  Die  Ordnung  der  Nundinae 
scheint  eben,  so  wenig,  wie  die  unserer  Sonntage,  je 
eine  Unterbrechimg  erlitten  zu  haben;  aber  wohl  mo- 
dificirte  man,  wie  wir  oben  (2, 62, 134)  gesehen  haben, 
hin  und  wieder. einen  Monat,,  um  das  Zusammentreflen 
der  Nundinae  mit  ominösen  Tagen  zu  yeihüten«  Die 
Ueihe  jener  adit  Buchstaben  stand  also  mit  den  Nun- 
dinis  in  Verbindung.  Zwar  änderten  diese,  gleich  un- 
Bem  Sonntagen,  mit  jedem  Jahr  die  Stellen,  cBe  sie  in 
den  einzelnen  Monaten  einnahmen;  es  konnte  aber  der 


.1 


Pfeaeni  handelt  am  gründlichsteii  bieron  Erycius  Puteanus  in 
seiner  SchriA  de  Nundinis  Romanis,  S.  den  achten  Band  des 
Thesaurus  von  Gravius.  Aus  dem  durch  die  Etymologie  des 
*Wort8  Nundinae  yeranlafsten  Mifsgrifie  des  spatlebenden  Ma- 
crobius,  dafs  er  die  römischen  Landleute  octo  diehus  arbeiten, 
nono  auiem  die  in  die  Stadt  gehen  läfst,  mufs  man  nicht  mit 
De  la  Nauze  schliefsen  wollen,  dafs  es  zwei  yerschiedene  rö« 
mische  Wochen,  eine  acht-  und  eine  neuntägige  gegeben  habe, 
woTon  die  letztere  den  Zeiten  Tor  der  julianischen  Reform  auf- 
gehört habe. 

*)  Gegeben  unter  dem  Consulat  des  Gäcilius  und  Didius  a.  u. 
es6.  Cic.  Phil,  y, 3. 

'}  Saium.I,iS. 


138  Technische  •Clironologie. 

ihnen  jedesmahl  angehöiige  Buchstabe  in  GSsar^s  Ka- 
lender durch  einen  32jährigen  Cjdus  auf  eine  ähn- 
liche Weise,  wie  unser  Sonntagabuchstabe  durch  einen 
28jährigen,  berechnet  werden,  woeu  sich  indessen  nir- 
gends bei  den  Alten  eine  Anweisung- findet. 

Die  Einrichtung  der  Nwulmae  bestand  bis  auf 
Constantin.  In  einer  Steinschrift  bei  Gruter') 
und  Puteanus  ')  heifst  es  von  ihm:  Pnmsione  edam 
pietatis  'Suae  Nundinas  daß  solis  perped  anno  constäuit. 
Er  verlegte  also  die  Markttage  auf  die  Sonntage«  Nun 
wurde  die  siebentägige  Woche ,  die  schon  friiher  beim 
christlichen  Cultus  gebräuchlich  war,  auch  ins  bürger- 
lidie  Leben  eingeführt« 

Einige  unter  den  obigen  Kalendern  begnügen  sich, 
blois  die  Tage  der  Calendae,  Nonae  und  Idus  in  ver- 
zeichnen; andere  gdben  zugleich  jedem  zwischen  diesen 
Haupteinschnitten  der  Monate  liegenden  Tage  das  ihm 
zugehörige  römische  Datum ;  alle  aber  vereinigen  sich 
dahin,  den  Charakter  der  einzelnen  Tage  zu  bemerken, 
ob  sie  nämlich  F.  (fasd)^  N.  (nefasti)^  NP.  (nefasii  ex 
prima  parte) ^  EN.  (endotercisi)  oder  G.  (comitiales)  wa- 
ren. Eine  Erläuterung  dieser  Benennungen  findet  sich 
beim  Yarro  und  Hacrobius  ^).  Nur  bemerke  ich, 
da(s  endotercisi  oder  entercisi  die  ältere  Form  des  Worts 
intercisi  ist.     Zuweilen  ist  ein  Tag,  der  in  dem  einen 


*)   //i5cr.  an/,  p.  CLXIV,  2. 

')   De  Nundinis  c.  XXVT,  col.  682. 

^)  De  L  /.V,  col.  35.  Saturn.  I,  l6.  Griindliche  Untersuchungen 
über  diese  und  andere  den  römischen  Kalender  betrefiende  Ge- 
genstande findet  man  in  YanVaassen  Jnimadversionum  histo^ 
rico^criticarum  ad  Fastos  Romanorum  sacros  Jragmenta  ^  <<i- 
gessit  et praefatus  est  Christ.  Saxius.   Traj.  ad  Rhen.  1785, 4. 


RÖHBR.  139 


Kalender  ein  C«  hat,  im  andern  mit  einem  F. 
net.  Der  Untersdiied  ist  gering;  denn  die  condddles, 
wenn  an  ihnen  keine  G>mitia  gehalten  wurden,  waren 
zugleich  ,/!»ti*  Außerdem  finden  sich  die  Feste  imd  in 
einigen  die  merkwürdigsten  .Uirstage.  angemerkt*  So 
z.B.  steht  im  Galendario  Antiatino  beim  1.  Aus- 
gast :•  Augustus  AlexandrUim  recepit  (1,153)^).  Es 
wurde  immittelbar  nach  der  juliamscben  Refocm  jffi^ 
brttnchlich^  dals  dieVerfertiger  dar  Kalender  deigleicben 
Notiien  gaben,  um  den  Imperatoren  zu  schmeichelui 
Cicero  wirft  dem  M.  Antonius  vor  '),  dals  er  in  den 
Fastis  bei  den  Luperca£en  habe. anmerken  lassen:  Cdio 
Caesari  Hictatori  perpetao^  M.- Antonius  Consul  popuU 
iussu  regnium  detulit ;  und  er  selbst  erlaubte  sich  den 
Namen  Brutus  in  die  Fastos  tragen  zu  lassen^).  Unter 
den  Kaisern  ging  die  Licenz  in  diesem  Punkte  weiu 

ITocb  zwei  aus  dem  Alterthum  auf  uns  gekommene 
Kalender  müssen  hier  erwähnt  werden*  Zuerst  ein  Ca- 
lendarium  rusticiun  aui  Marmor,  in  welchem  Namen 
und  Dauer  eines  jeden  Monats,  die  Beschaffenheit  der 
Nonae,  ob  sie  nämlich  quintanae  oder  septimanae  sind, 
die  Tages-  und  Nachtlänge  in  Aequinoctialstunden,  das 
Zeichen,  worin  die  Sonne  den  gröfsten  Tfaeil  des  Monats 
Terweilt,  die  Tage  der  Aequinoctien  und  Solstitien,  die 
Schntzgottheit  eines  jeden  Monats,  einige  ländliche  Ge- 


*)  Wenn  hiei-  der  I.August  folgendermailien  bezeichnet  ist: 

£.  K.  Aug.  NP.  TL  Clau Spei,  Aug.  Alexand,  recepit,   so 

lehrt  die  Yergleichung  mit  dem  Gal.  Capranicorum,  dafs  die  Lücke 
so  zu  ergänzen  ist:  Ti.  Claudii  natalis,  Dedicatio  aedis  Spei. 
Das  anfängliche  E  ist  der  Nundinalbuchstabe. 

')  Phiiipp.IL,Sh. 

')  Epist.adBmt.Xy. 


140  Technische  Chronologie. 

Schafte  und  die  yornehmsten  Fesle  angegeben  sind.  Ea 
findet  sich  bei  Grater  ')  und  mit  Noten  yon  Fulyius 
Ursinus  im  achten  Bande  des  Thesaurus  yon  Gräyius. 
Zweitens  ein  Calendarium  nach  Art  der  elf  obigen,  zu- 
erst yollständig  yon  Lambek  aus  einer  Handschrift  der 
kaiserlichen  Bibliothdi  su  Wien  mit  schatsbaren  Anmer- 
kungen ans  Licht'  gestellt  ')•  Es  ist  in  antiquarischer 
Hinsicht  wegen  der  darin  enthaltenen  Zeichnungen,  fiir 
uns  aber  delshalb  meikwürdig,  weil  es  das  Jahr  zugleich 
in  Wochen  und  Nundinas  abgetheilt  darstellt,  indem  die 
sieben  Buchstaben  der  Woche  neben  den  acht  der  Nun- 
dinae  durch  alle  Monate  wiedeikduend  fortlaufen.  Es 
muls  also  in  eine  Zeit  gehören,  wo  schon  die  christ- 
liche Woche  im  Gebrauch,  aber  die  heidnische  noch 
nicht  ganz  erloschen  war,  etwa  in  die  Mitte  des  yierten 
Jahrhunderts,  und  wirklich  ist  unter  den  yielien  ELai- 
sem,  deren  Gdi>urtstage  in  diesem  Kalender  aufgeführt 
sind,  Gonstantius  der  letzte.  Erst  als  Theodosius 
die  unbedingte  Feier  des  Sonntags  durch  förmliche  Ge- 
setze geboten  hatte  '),  scheint  yon  den  Nundinis  nicht 
weiter  die  Rede  gewesen  zu  sein' 

In  allen  bis  jetzt  aufgefundenen  Kalendern  yer- 
mifst  man  die  Auf-  und  Untergänge  der  Gestirne  und 
die  hsiffJuuurUu  oder  Witterungsanzeigen,  die  Gisar 
nach  dem  Beispiel  seiner  VorgMuger,  des  Meton,  Eu- 
doxus  und  anderer,  in  seinen  Kalender  aufnahm.  Bei 
dem  höchst  schwankenden  Zustande,  worin  sich  die 


')  //wcri>«.  p.  138, 139. 

^)   Comment.  de  BibÜoth,  Caesarea    F'indobonensi  lib.  IV. 
p.  277 ff.    Auch  im  achten  Bande  yon  Grävii  Thesaurus* 

0   Codex  Theodos.  1.  U,  tiu  8.  l.YIII,  tit.  8. 


RÖKBR.  141 

misclie  Zeitreclinung  vor  ihm  befunden  hatte,  Tvaren 
die  Landleute,  Schifl&hrer,  kurz  alle  diejenigen,  denen 
die  richtige  Beachtung  der  Jahrszeiten  ein  Bedürfniüi 
ist,  genöthigt  gewesen,  sich  nach  den  Erscheinungen 
der  Gestirne  zu  richten.  Die  feste  Jahrform,  die.  er  bei 
seinem  Kalender  zum  Grunde  legte,  machte  zwar  der- 
gleichen Zeitbestimmungen  entbehrlich;  er  hielt  es  in- 
dessen für  nöthig,  die  Römer  mit  den  'Monatstagen  be* 
kannt  zu  machen,  denen  die  Erscheinungen  eiitsprachen, 
welche  ihnen  bis  dahin  zur  Richtschnur  gedient  hatten» 
Ob  wir  nun  gleich  diese  Partie  seines  Kalenders  nir- 
gends im  Zusammenhange  erhalten  finden,  so  konmien 
doch  so  viele  Brudistiicke  davon  in  den  Fastis  des 
Ovid,  beim  Plinius,  Columella  und  anderswo  vor, 
dals  sie  sich  £ist  vollständig  wiederherstellen  lassen 
wird.  Es  ist  hier  nicht  der  Ort,  in  ausfuhrliche  Er- 
örterungen iiber  diesen  Gegenstand  einzugehen;  ich 
kann  ihn  nur  so  weit  verfolgen,  als  er  auf  seine  Be- 
stimmung der  Jahrszeiten  Bezug  hat. 

Er  theilte,  wie  wir  aus  Yarro  '},  Plinius  ')  und 
Columella')  ersehen,  das  Jahr  in  acht  Zeiten,  de- 
nen er  eben  so  viel  gleiche  Theile  der  Sonnenbahn  an- 
wies. Die  Einschnitte  wurden  durch  die  Nachtgleichen 
und  Sonnenwenden  bestimmt,  hätten  also  nach  unserer 
Weise  dem  Anfange  des  Widders,  der  Mitte  des  Stiers, 
dem  An&nge  des  Krebses,  der  Mitte  des  Löwen,  dem 
Anfange  der  Wage,  der  Mitte  des  Skorpions,  dem  An- 
fange des  Steinbocks  und  der  Mitte  des  Wassermanns 


*)   Ä.Ä.I,28. 

')  ir.  2v.  xym,  64ff. 

')  JI.J?.D!C,14;  XI,  2. 


142  Technische  Chronologie. 

entsprechen  sollen.  Allein  er  setzte  die  Nachtgleichen 
und  Sonnenwenden  auf  die*  achten  Grade  der  Wichen, 
nicht  etwa  die  Cardinalpunkte  östlich,  sondern  die  An- 
fänge der  pichen  westlich  von  den  Koluren  schiebend, 
2.  B.  den  des  Widders  in  den  jetzigen  23sten  Grad  der 
Fische,  so  da(s  die  Sonne  den  Widder  acht  Tage  frü- 
her erreichte,  als  das  Frühlingsäcjuinoctium,  jenen  nach 
Golumella  am  17ten,  dieses  am  25.  März.  Der  ein- 
fache Grund  dieser  Begrenzung  der  Zeichen,  über  die 
Scaliger  und  Petavius  viel  gegrübelt  haben  ^),  ist 
gewifs  kein  anderer  als  der,  dais  so  die  Hauptsteme 
der  Bilder  des  Thierkreises ,  von  denen  die  Zeichen 
ihre  Namen  haben,  ganz  und  symmetrisch  in  densel- 
ben zu  stehen  kamen,  was  weniger  der  Fall  gewesen 
sein  würde,  wenn  man  den  Zeichen  ihre  je.tzige  Stel- 
lung gegeben  hätte.  Es  gilt  dies  besonders  für  die  Zeit 
des  Meton  und  Eudoxus  (400  y.  Chr.),  die  Golu- 
mella als  die  Urheber  dieser  Anordnung  nefint.  Seine 
zum  Theil  schon  oben  (1,322)  angeführten  Worte  sind: 
Nee  me  falUt  Hipparchi  ra/Üo,  quae  docet  solstitia  et 
aeguinoctin  non  octavis,  ^ed  primis  partibus  signonun 
confici.  f^arum  in  hoc  ruris  discipUnn  sequor  nunc 
Eudoxi  et,  Metonis,  antu/uorumque  fastus  astrologo^ 
nun,  gui  sunt  aptßti  publicfs  sacrificiif,  quia  et  notier 
est  ista  vetus  agricoUs  cofwepta  opinio,  |iec  tarnen 
Hipparchi  subtilitas  pinguioribus  i  ut  niunt,  rusticorum 
litteris  necessaria  est.  Wir  ersehen  hierf^nsi  dafs  Hip- 
parch  die  Zeichen  nach .  jetziger  Weise  begrenat  hatte« 
Die  Römer  folgten  dem  Meton  und  Eudoxus.  Jetzt 
haben  sich  in  Folge  der  Yorrückung  der  Nachlgleichen 


*)  Bian  Tergleiche  die  Var.  dissert,  IL  4£  des  lettUm. 


RÖHBA.  143 

Bilder  und  Zeidien  langst  gttnzlicb  gegen  einander  ver- 
schoben (1,28). 

Wie  die  Yeigleichong  der  obgedachten  Zeugnisse 
des  Yarro,  Plinins  und  Columella  lehrt,  waren 
die  Data  der  acht  Jahrpunkte  in  Cäsar's  Kalender  fol- 
gende: 

BnuHa  25.  Deoember. 

F'eris  irudum  .  7«  Februar. 

Aequinoctium  ^emum     25.  März* 
Aestatis  initiwn  9.  Mai* 

Solstitiwn  24.  Junins. 

Autumni  initium  11.  August* 

Aequinoctüan  autumni     24«  September* 
HiemU  initium  1 1 .  November* 

Man  sieht  also,  daft  Cäsar  nicht,  wie  es  jetzt  ge- 
schieht, den  Anfang,  sondern  die  Mittendes  Früh* 
ling9,  Sommers,  Herbstes  und  Winters  auf  die  Nacht- 
gleichen und  Sonnenwenden  gesetzt  hat.  Wie  weit  er 
dabei  der  vaterlitndischen  Sitte  gefolgt  ist,  lälst  sich 
nicht  mit  Sicherheit  ausmitteln*  So  viel  ist  gewüs, 
dals  er  nach  uralter  griechischer  Weise  (1,241)  den 
Anfeoig  des  Sommers  noch  immer  an  den  Frühauf- 
gang der  Plejaden  knüpfte,  ungeachtet  «ich  derselbe 
für  seine  Zeit  imd  PolhÖhe  erst  am  28.  Mai,  fast  drei 
Wochen  nach  dem  Anfimge  seines  Sommers,  ereignete* 
Dafii  er  ihn  aber  wirklich  so  viel  früher  im  Jahr  ange- 
setzt habe,  lehren  folgende  Stellen  des  Columella^): 
Nonis  Maus  Fergitiae  exoriuntur  mane;  VU  Idus  Ver^ 
gäiae  totae  apparent,  und  des  Plinius'):   Sic  fire 


*)  Ä.Ä.XI,2,39. 

')  J7.  iV.  Xym,  66.  Plinius  sagt  ausdrücldich ,  däfs  er  alle 
dergkidien  Angaben  ans  Gasar^s  Kalender  entlehnt  liäbe:  Nos 


144  Technische  Chronologie. 

in  FI.  Mus  Maü,  qm  est  Fer^giUamm  exörtus,  de- 
currunt  sidera. 

*  Richtiger  oomLinirte  er  den  Anfang  des  Winters 
mit  dem  Frühuntergange  dieses  Gestirns:  Vl.Idus 
Novewhris  VergLUae  mane  occidunt;  Fergilianun  occa-^ 
sus  a,  d,III.  Idus  Novembris,  wie  Golumella  und 
Plinius  sagen ^}.  Die  Erscheinung  erfolgte  damals  su 
Rom  am  9.  November. 

Bedeutend  irrte  er  wieder,  wenn  er, 'wie  Plinius 
berichtet'},  den  Frühuntergang  der  Leier  zum 
Zeichen  des  beginnenden  Herbstes  machte:  ///•  Idus 
jiug.  Fidicula  occasu  suo  autumnwn  incJioat,  uti  Cae-^ 
sar  adnotat.  Die  Erscheinung  traf  zu  Rom  erst  am 
24.  August  ein. 

Schon  aus  diesen  wenigen  Beispielen  wird  man  ab- 
nehmen, dafs  er  die  Auf-*  und  Untergänge  der  Sterne, 
die  er  in  seinen  Kalender  brachte,  nicht  durchgehends 
nach  eigenen  Beobachtungen  angesetzt  haben  könne. 
Und  wirklich  findet  sich  bei  näherer  Untersuchung, 
dals  er  meistens  altem,  auf  südlichere  Pblhöhen  sich 
beziehenden  Bestimmungen  gefolgt  ist^).    * 


seguemur  observationem  Caesaris;  maxime  haec  erit  Italiae 
ratio.   Ib.  57. 

f)  Ä.Ä.XI,2,84.   Ä.  iV.  XVm,  60. 

»)  Ib.  68. 

')  Ich  habe  dies  in  emer  1822  der  Berliner  Akademie  vorge- 
legten  und  in  üiren  Schrillen  abgedruckten  Abkatidiung  über 
den  astronomischen  Theil  der  Fasti  des  Qyid  mit  HUIfe 
des  Galcub  näher  nachgewiesen.  Dieses  Gedicht  besingt  die  ro- 
mischen Feste  und  die  Fixstemerscheinungen ,  die  in  Gasar*s 
Kalender  verzeichnet  standen;  aber  nur  die  erste  HälAe  la  sechs 
eben  bq  v^ek  Monate,  betreffienden  Biichem  ist  ToUendet  worden. 


Der  Anfiuig  des  Frühtiagii,  der  .Toa  keiiier  amg»* 
zeichneleii  HimmelHraobeinuDg  begleitet  war,  machte 
sieb  dwrch  .den  FaYoniua  oderlaueii  Westwind 
bemerklich ,  der  dann  zu  wehen  J)egann,  daher. a.^^ 
vonio  nach  römiachem  Sprachgehcauch  eben  so  vom 
Anfange,  des  Frühlings.. heilst»,  wie  a.  Vcf^Uanun 
esßorUL,  a  FidkuUi^  ooca^  ondiä  Fbfgäiarum.  /oc^. 
casu  Toa  Anfange  des  Sommert,  Herbst^  und 
Winters. 

Die  feste  Jahrfbntii  die  dem  jolianischte  Eaknder 
znm  Grunde  hg,  entwöhnte  die  Lalidkule  alhnahlig  von 
der  Beachtung  der  Al&f-  und  UntergMnge  der  Sterne. 
Columella,  der  am  Endio  des  ersten  Jahrhunderts 
der  Re£ns|n.  sehrjeb.,  hielt,  es  noch  für  nöihig,  in  sei- 
ner Nachweisung  der  wesentljchHen  iKndlichen  Geschäfie 
überall  neben  den  Monatstagen  die  suglach  eintreffen- 
den Fixslemeischeinmgen  au  erwähnen,  dahingegen  der 
etwa  hundert  Jahre  später  lebende  Palladius  seinen 
Roralkalender .  bloik  an  di^  Monatstage  geknüpft  hat« . 


So  viel  über  die  Jahrformen  der  ]^ömer.  Wir  haben 
n^n  noch  ihre  Jahrrechnungen  zu. betrachten*    , 

Dafs  sie  ihre  Jahre  nach  den  Consuln  zählten, 
ist  eine  b^kannile.  Sache«  Es  geschah  dies  selbst  npch 
unter  deu  Kaisem,  so  wenig  auch  die  beiden  G>nsu|n, 
die,  einer  alten  Form  zu  genügen,  fortwährend  jährlich 
gewählt  wurden,  an  der  Seite  des  Princeps  zu  bedeuten 


oder  auf  uns  glommen.  In  Tielen  Hsndschriften  findet  iich 
dem  Gedicht  eine  kuite  TwhsltMfhssige  in  der  Form  und  uüter 
dem  Titd  eines  CahndarU  TorgeieUt. 

n-  [lOJ 


t  t 


146  Technisckm  Ckp6notoffe. 

haben. moohünv  Dies  SchaMeuweieii  «rloieb  mt  völlig 
a.tii..l294,  541  n*CU. ,  wo  FU^in«  B^silius  In- 
nior  als  der  ieUt&  Privatniatin  genannt  wird,  d6r  das 
G>ttsalat  Terwaliete  ')• 

t  Unter  deb  Ycneiehnissen  der  ONumln,  die  mr  dem 
Fkiiae  niehfersr  gründlichen  ÜlerthumsforBcher,  eines 
Panyinius,  Pighins^  Sigoninsy  Sanclem-ente 
und- anderer  verdanken,  >titidient  selber  OeMiÄuigkeit  nnd 
beq[aemen  Anordnung  wq;en  yor  allen  genannt  cn  wer^ 
den:  Th%odori  lansonii  ab  Almele^een  Foffonin» 
Bomanorum  ocnsulariurh  librt  duo  ')•  Das  erste  Bach 
gibt  die-  Namen  in  ehtonblbgischer,  'das  andere  in  alpha* 
betisi^r  Ordnnng«  Für  die  kpStere*  SSeit,  toihi  Jriir 
898  d.  St.  an,  is«  sehr  brauehbar-:  Petri  Relandi 
F^uti  Consulares  ad  iibutmüonem  Codieis  lusdhianei 

ac^Theodosiani^),        

-  '•  Als  die  Römer  gegen  das  Ende^  des  sechsten  Jahr- 
hunderts d.St.  ihre  Geschichte  mit  einiger  Kritik  zu 
bearbeiten  anfingen^  kam-  es  darauf  an,  iiä  Namen  der 
G>nsuln,  Kri^tribunen  und  Dictatoren,  nach  denen 
sie  die  Jahre  bezeichnet  fanden,  an  eine  feste  Aere  zu 
knüpfen^  wozu  sich  ihnen  am  Ualiirlichnefi' die  Olym- 
piadeii  darboten;  und  so  eine  vaterländische  Jahrrech- 
nüng  zu  schaffen.  Dies  Unternehmen  halte  seine  be- 
sonderen Schwiei^igkeiten ,  die  zunächst  in  dem  grofsen 
Haligöl  urkundlicher  Nachrichten  lagen.     Ihr  ältester 


*)  S.  Pagii  Dissertatio  hjrpatica  seu  de  ConsuUbus  Caesm^- 
reis  (Lyon  16S2,  4)  p.n.c.  alt.;  auch  leiiie  CHtiea  in  Atumles 
ßaf^nii  ad  tu  ann.       .    •     .  '    /   . 

^)  Amsterdam  1705,  zweilfr  Aiuipbo  1740,  8. 
')  Utrecht  1715,  S. 


• '  « 


RÖXBR.  147 


GeschichtsdiFeiber,  ja  eigentlidier  Prosaist,  Q.  Fabius 
Pictor,  lebte  ent  tax  Zeit  des  zweiten  pttnischen  Krie- 
ges. Wie.  scfaleoht  esfirüberhin,  nicht  etwa^blois  unter 
den  Königen,  sondern  selbst  noch  lange  unter  den  G>n- 
suln,  ttm  die  römischen  Annalen  stand,  geht  aus  fol« 
gender  merkwürdigen  Notis  beim  Liyius  hervor'); 
Lex  i}eb»sta  est,  priscis  Üttäris  verhisque  scripta,  utl 
qui  praetor  maanmus  sit,  Idihus  Säptembribus  cUunmi 
pangat.  Fixa  fidt  dextro  laJteri  aedis  I(ms  optimi 
maxühif  ex  qua  parte  Minervae  ttmphan  est.  Eunt 
cla^um,  quia  rarae  per  ea  tempora  litterai 
erant^  notam  numeri  annorum  fuisse  ferunt, 
eoque  Minervae  templo  dicatam  legem,  quid 
numerus  Minervae  inventum  sit.  Noch  im  Jahr 
391  d.  St.  unter  dem  Consulat  des  Cn.  Genucius  und  L. 
Aemilius  Mamercinus  wurde  ein  Dictator  clas^i  ßgendi 
causa  gewKhlt.  Die  Geremonie  hatte  jedoch  damals 
schon  ihre  frühere  Bedeutung  verloren ;  denn  man  wie- 
derhoblte  sie  blo6,  um  den  Zorn  der  Götter  zu  besänf- 
tigen, weil  man  ans  dem  Hunde  alter  Leute  wisseii 
wollte,  dafi  einmahl  eine  pestartige  Krankheit  in  Folge 
derselben  aufgehört  habe. 

Auch  dadurch  scheint  die  Ausmittelung  des  Olym« 
piadenjahrs  delr  einzelnen  Begebenheiten  erschwert  wor- 
den >su  sein,  dals  die  Zeit  des  Eintritts  der  Consuln 
bis  tum  Anfiinge  des  aiebenten  Jahrhunderts  der  Stadt 
geschwankt  hat.  Hier  ist' im  Zusammenhange,  was  sich 
über  diesen  Punkt  angezeichnet  findet.  Ovid  sagt  vom 
1.  lanuarius: 


•)  1.Y1L0.3. 

[10*] 


1 48  Technische  -  Chfpnologie. 

Festihus  intactis  Tarpeias  üur  in  arces. 
Et  populus/esto  concolor  ipse  suo  est. 

lamque  novi  praeeunt  fasces,  no9a.  purpura  ßdget. 
Et  ncva  conspicuum  pondena  sentit  ebur. 

Fast.  I,  79. 
Zu  seiner  Zeit  traten  also  die  Consoln  •  ihr  Amt  Hiic 
den  Calendis  lanuariis  an«  Dies  war  spateriim 
durchweg  der  Fall,  friiherhin  nicht.  In  den  tfltesten 
Zeiten  der  Republik  geschah  es  an  den  Calendis 
Sextilibus,  itf  tunc  princ^ium  anni  agehatur,  wie 
Liyius  sagt*)«  In  diese  Periode  mufs  die  vcnrliin  ge- 
dachte Ceremonie  mit  dem  Nagd  gehören,  der  an  den 
Idus  des  September,  mithin  nicht  lange  naoh  Aniang 
des  neuen  Jahrs  j  zur  Beieichnang  des  abgewicheneiL 
auf  dem  Capitol  eingesehlagen  wurde.  Weilerhin,  cur 
^it  der  Decemvirn,  ^den  wir  die  |dus  Maias  als  sor- 
kmnes  ineundis  magistratibus  bei  eben  diesem  Schrift^ 
steUer  genannt').  Dann  kommen  bei  ihm  in  gj^ekhat 
Beziehung  die  Idus  Decembres  ^),  und  späterhin  die 
Idus  Martiae  Yor^)»    Erst  seit  dem  Gonsulat  des 


'    *)  m,  6.  Auch  DioDjflius  spricht  1.  IX.  c  25  beim  Jahr  278 
▼om  Sdztilii. 

*)  ni,36.  Yergl.  Dionysius  X,59. 

')  iy,37:  y,  9  und  11.  An  der  ers1«n  Sirile  ist  von  SSi,  an 
den  beiden  letslem  yon  352  die  Reds.  Dionysins  am  Ende 
des  elAen  Buchs  bemerkt  ein  Gleiches  von  311.  Im  Jahr;  352 
mufsten  die  Militärtribunen ,  mit  denen  man  unsufrieden  war, 
schon  am  I.Oktober  resigniren.  Es  folgt  aber  aus  den  Worten 
des  Liyius  gerade  nicht,  wie  De  la  Nauxe  und  andere  g|Utt« 
ben,  da(sr  es  yon  nun  an  bei  diesem  Dato  bUeb. 

*)  S*  den  Anfang  des  22,  ^  und  32sten  Buchs.  An  der  er- 
sten Stelle  wird  gesagt,  dafs  der  Consul  Cn.  Seryilias<  537  sein 


RöxBa.  149 

Q.  Pidviiis  Nobilior  und  T.  Annius  Lusens ,  A.  i.  seit 
a.  u.  601,  -traten  die  Gonsuhif  iirie  naeblier  immer,  am 
1.  btmariufl  ein.  Dies  sagt  Cassiodor  *)  bestimmt  mit 
den  Worten :  Si  primi  cönsules  Cedendis  lanuaräs  mar 
gistratum  inierunt  propter  subitum  Celtiberiae  beUuntJ^ 
Die  Nachricht  schemt  ans  dem  Terloren  gegangenen  sie- 
bennndvierzigsten  Buch  des  Livius  entkhnt  zu  sein. 
In  der  Epitome,  die  gewöhnlich  för  dies  Ricium 
citirt  wird,  ist  nur  sehr  dunkel  davoo^  die  Rede'). 


Anit  an  den  Idiis  des  Mai'tiiis  angetreten,  und  nicht  bemierkt, 
dafs  dies  damals  zum  ersten  mahl  geschah.  Yiermehr  lassen  die 
Fasti  triumphales  acfaliefren,  dafii  die  Yerändermg  schon 
swischen  den  Jahran  474  und  488  geschefaen  sein  müsse.  Im 
Jahr  473  (474)  triumphirte  erst  der  Coi^sul  Tibw  Goruncanius, 
über  die  Yolsinienser  an  den  Calendis  des  Februarius,  und  dann^ 
der  Proconsul  L.  Aemüius  Barbula  über  die  Tarentiner,  Samni- 
tei*  ttnd  Salentiner  am  "VI.  Tdus  QuintOes ;  das  Consutarjahr  kann' 
also  damals  noch  nicfal  mit  den  idus  des  Martius  angefangen  h»J 
ben.  Im  Jahr  487  (488)  ^gegtn  triumphirten  ent  .fii^id^  C^nsubil 
kurx  hintereinander,  der  eine  am  Schlufs  des. September,  der  an- 
dere im  Anfange  des  October  über  die  Sarsinaten,  und  dann  wie- 
der beide  kurz  hintereinander  im  Anfknge  des  Februarius  übei^ 
die  SileBtiner  und  Mcssa^er.  W&hrend  ihrer  Amtsflihnmg  muftter 
also  schon  der  Febroarios  der  spatere  Monat  im  Jahr  «ein.        *i 

')  Chronicoa  p.  68|.  Qpp,  ed.  Col.  AQob.  i656^  4.  Noch 
mehr  Wechsel  bringt  Hr.  Bredow  durch  Con|binaUo|i  heraus. 
Man  sehe  eine  hieher  gehörige  Abht^ldlung  in  seinen  Untei*-- 
snchungen  über  einzelne  Gegenstündil  der  Geschichte, 
Geographie  und  Chronologie. 

*)  Es  müssen  mehrere  Wolter  aus  dem*  Tint  gefallen '  sdn'. 
S.  Drakenborch.  -  Dafs  im.  Anfangs  des  siebenten  Jahrhunderts 
d.  St.  der  December  der  letzte  Monat  wurde^  was  früher  dei*  Fe« 
bmarius  gewesen,  zeigt  die  Verlegung  der  Parentalia  vom  Fe- 
bruarius (2, 52)  auf  de»  December.  Diese  Verinderung  machte 
D.  Brutus  Callaicus,  der  6l6'Consal  war.  S.  G  icaro  de  Ic^.  II,  21, 


löU  Technische  Chronologie. 

Wie  man  siebt,  gab  ein  pUtealkh  aosgebrofilMner 
Krieg  YeianUssimg ,  dals  die  Gonsiiln  des  Jabrs  601 
ibr  Amt  ein  paar  Monate  früher  als  gewähnlicb  antra- 
ten. Fanden  bei  den.  frUbem  Aenderangen  des  Ter- 
mins ähnliche  Verkürzungen  Statt,  oder  wurde  die 
eine  zum  Theil  durch  die  andere  ausgeglichen?  Letzte- 
res ist  wahrscheinlicher;  wenigstens  muis  der  Ueber- 
gang  von  den  I4us  des  Maius  su^d^n  Idus  des  Deoem- 
her  eine  Verlängerung  gewesen  sein,  da  sich  die 
zweiten  Decemvim,  wie  bekannt,  eigenmächtig  meh- 
rere Monate  über  die  gesetzliche  IVist  in  ihrem  Amt 
behauptet  haben«  Die  richtige  Beuiaheilung  dieses  Ge- 
genstandes mufite  den  römischen  Gbronologenum  so 
schwieriger  &llen,  da  sie  bei  ihien  Untersuchungen  im- 
mer einen'  dreifachen  Jahranfang  zu  unterscheiden  hat- 
ten, den  politischen,  bürgerlichen  und  histori- 
s,chen^  Unter. dem  politischen  T/erstehe  idi  den  Ein- 
tritt der  Gonsuln,  nach  deAen  die  Jahre  in  den  öflent* 
liehen  Akten  unterschieden  wurden.  Für  den  biir- 
gerlichen,  oder,  wenn  man  lieber  will,  religiösen, 
hat,,  wie  oben  (2y^5S)  gezeigt  worden,  lanjje  der  1.  Mar- 
tins gegolUBD»  Den  historischen  nenne  ich  den  Tag, 
auf  den  eine' -alte  Tradition  die  Gründung  Roms  setzte, 
und'  von  dem  dahei^  eigentlich  auch  die  Jahre  der  Stadt 
gezählt  wurden,  ich  meine  das  Fest  der  Palilia  am 
XL  Cai;  Ma^  oder  21.  April  (2, 47). 

Man  darf  sich  daher  gar  nicht  wundem,  wenn  die 
Alten  über  das.  Olympiadenjahr  dar  Erbauung  Roms 
so   vertehiedeAer   Meinung   waren.      Die   Hypothesen 


beiDBders  dueUbst  Lambiims   Ergimumg 
Plutarch  QtMrsf^iüdiii.  XXXIV. 


•    ••     ^    ivt« 


iit>4£BR.  151 


aekivnlm  in  AaSm  lehbaMi  1f«ti^'  nMt  iMAgir  als 

Am  weitsten  ging  in  seinen  Rechnungen  cMr  DitAk" 
tor  JCn'nius  ^kuriftk.  -In.«we(  ttöi  iM  YärrO^^')  auf- 

]9efiiIirtfln"yer8eaT  '/  '  *■•  o..m...L  

StptingenÜ  sUM  fntiM  f^bts  ma^Mn^  aHni,  ' 
Jugißtio  tngurh  f^sti^mm  incbäa  cöiuHia  Roma^st, 
fßb  er  der  StßAi  «tir Alisr  von  700  laufen.  Da  et  näA 
mutk  vanPOtoisolMDr  A^ke  im  Jahr  SdflIgefCorben  i«t'),  )m> 
kann  er  dÜe  Eiliafiang  Roms  nicht  spiter  ris^  B70  v.  Chr. 
gesetzt  haben.  Man  hat  hier  an  zehnmon'atlich^ 
Jahne' gedacht^  iveldhe  alktdmgs  dife  so  abweichend  er- 
•cheineiide  Zahl  700  ü$l  gana  auf  die  herrschende'  Ah^ 
aidit  lUffäeUMingen  würden.  AUein  es  >«f^'  tiichc  nk 
hegreifim,  wanm  er  sich  einer  Jahrfcnn  bedient  hütte, 
diie  längst  nidit  m^hr,  wenn  ändert  je,  im  Odbrauch 
war,  nnd  wie  dem  gelehrtesten  aller  Rfimer,  ^r  nnr 
hmidert  Jahr  spjlter  lebte«  nidit  eingefallen  sein  sollte^ 
waä  es  mit  einer  Zeitbestimmung,  die  er  in  den  IYoiv 
ten :  In  hoc  nunc  denique  esS>  ut-  dici  possü,  nön  ciän 
Eanbu  tcripdt^  als  efaie  verfehlte  darstellt,  eigentlich 
iHr  eine  Bewandnifii-  hatie.  Es  scheint  daher  an  CoA^ 
anlaijahre  gedacht  werden  su  müssen.  Yermnthlich  war 
dier  Dichter  bierin  den  Annaks  Miaiimi  gefolgt;  we- 
nigstens yersichert  Cicero  ^) ,  dals  er  mit  denselben 


•     •)  J?. /!.  m,  1,  Yergl.  Suet.^i/g.c.  7. 

\),  Cawpume  et  PMlippo  Herum  ConsuHbm*    .Cicero  Cai, 

^)  De  RepuhlA^iß.  In  Hm.  Mai* s  Anm^tmg  wird  Aos*^ 
kunft  über  diese  seit  den  ältesten  Zeiten  Tom  Pontifex  Maxi« 
mas  gefnbrten  Jabrhüeber  gegeben.  Die  Häuptotdle  ist  Gic.  de 
oral.  II,  12. 


164  TeehnUßh^  ^f&nionologie. 

^^H^aaiß  :i^  XI4  iP4»  Mwl  erfoi|[t  idi*  JKe  Rdtaner  finem 
,ydie«u  Tag,  auf  den  4af  Unlle  PifteafMl  PalUia 
,)  Iri^t,  und .  D«[nwn ,  i\m  dea  6.eb jurUUf^  r-  ^^däkuv  -« 
„der  Su^U  An  dieieai  üe^minDrtage .  soll .  sidi  «ine 
,»Soiiiienfix)ileriiiiii  eteignet  haben ,  im«  .dritten  Jahr 
nder  se«hs|^n  Olympiade^  Zur  Zeil» Ya^rro^  des 
»^gelehrtsten  xdmi^en  Geachioblaohreibaei  lebte  Ta- 
,,r«utitt6,  ein.  ge^v^andlec  Astüolog*  Dieiem.  meinem 
i^Fwunde  gab  Yarro  aiif«  dem.RoinnlM  die  Naiinlät 
,,sn  itellen"  n.s^w.  Waa  über  dieae^NatiTittttateUapei^ 
yon  der  auch  Cicero  f«det^).f  gesagt  wird,.  übei|^ 
ich,  da  iMoh  kein  aicheres  Datum  für  ^Ue  Zeitiedb&nng 

ilai»ftitf    eMfibtl    aber  aus  dem  •  7kuiamkwi\mm\itkrkam..     in   dal 

hier  Plutarck^dea  Yarro  iait  dem  von  ihm  idbst 
angenommenen  Erbauungqabr  der  Stadt  fcinngt,  geht 
klar  bervpr,  da&  er  die  gioue  Stelle  aus  den  Schriften 
diesea-  gelehrten  Aömers  entlehnt  hau 

Mit  allem  Fug  nennen  daher  die-  neuem  Chronc^ 
logen  die:  Rechnitoigi  naeb  der.  Rom  im  IMhlinge  des 
dritten  Jahrs  der  sedisien  Olympiade,  3961  der  jnlia- 
nisQhen  Periode  oder  753.  y.  Chr.  edMH  sein  mXL^  die 
Tarronisobe.  Hiernach  ist  a.  u«  753  das  encie  Jahr 
vor  und  754  .das  .erate  Jähr  nacb.  Christus.  Um  also 
ein  J^r  der  Sladt,  .dessen  Zahl. dickt  753  nbetateigt, 
in  das  Jahr  v»  Ghi^.  sü  Terwandeln  •  oder  umgekehrt, 
9u(s  man  die  gegebene  Jahrsabi.  yon  764  iübsieha,  tto 
dann  der  Rest  das  Jahr  v»  Chr.  oder  der  Slädt  gibt. 
Z\.  B..  Carthago  tOtdiCdcinth  vturden  zeMort  ^  is.  608, 
d,  i.  754  ^  608  ^  146  t.  Chr.:  WUl  man  Jahre  'd:.  St., 
die  grSisef  als  753i  isindv  mit  Jahren  n«  Chr«  oder  um- 


')  Dedhin.UAl' 


gekdiit  TO^dieii,  so  muft  tauk  ton  dta  Jdivte  der 
Stadt  753  absielm,  und  m«  den  Jahren  nLObr^'^SS 
addiren,  wo  man  dann  im  csBlen  EaH  Jahlne  n.'Gkri 
und  im  leisten  Jahre  d.  Sl.  erhidt«  Gewfihnlich 'ver* 
nachlüasigt  man  hid>ei  den  tut  Tieimonatlicheii  Un-» 
leridüed  des  An£uiges  der  Jahre  d.  St«  (2^  150}  mid  de» 
Jahre  unserer  Zeitrechnung.  Seihst  die  Römer  seheinen 
die  Verschiedenheit  jener  Jahre  von  denenider  Gm-^ 
siün,  anf  die  Censorinus  aufinerksam  su  maehen 
fiir  nöthig  häk,  wenig  healchtet  su  haben%    ' 

Es  ist  xn  bedanem ,  dafii  wir  die  Gründe  ttMü 
kennen,  wodurch  sich  Yarro  för  0L6, 3  hat  beslim-* 
men  lassen.  So  viel  ist  aber  gewüs,  dals  er  dabei 
nicht  etwa,  wie  Plutarch' anaudenten  seheint,  von 
einer  xu  Rom  siditbaren  Sonnenfinstsmüa  ausgingen 
ist;  denn  eine  solche  hat  es  in  jenem  Jahr  niekt  ge<* 
geben  ^).  Auch  die  Tage  der  Empfkngnifi  nad  des 
Todes  des  Romnlns  sotten  dnrch  Sonnenfinsternisse  aus-* 
geseichnet  gewesen  sein  f  )•  HoiSentlich  wird  man  den 
Astronomen  gern  die  Mühe  erlassen,  diese  Finslernisse, 
von  deren  Umständen  sich  nichts  anfgeaeichnet  findet^ 
aostnmittehi  und  su  berechnen  '}• 


')  Cicero  tpricht  an  der  eben  erwäli9ten  SteUe  nur  Ton  einer 
Conjitnction  —  in  iugo  cum  esset  luna, 

')   Dionys.n,  56. 

')  Die  Hypothesen  der  Gelehrten»  woran  et  aud^  hier  nicfat 
hhk,  findet  man  zusammengestellt  in  folgender  kleinen  Schrift  des 
römischen  Astronomen  Hm.  Galandrelli:  Eclisse,  solare  dai 
di  XI.Febbrajo  MDCCCiy,  ossavtUa  nella  specola  asinomo^ 
mica  deir  Universitä  Gregoriana  nel  Coiiegio  Romano  (Rom,  4) 
p.YIff.  Durch  die  obgedachte  Note  des  Herrn  Mai  (2, 151)  auf 
diese  Schrtfl  aufiaaeriusm  geancht;  habt  ich  sie  yergüchcn,' Jedoch 
ohne  erhebliche  Belehnmg.  -    * 


1 66  Technitehe  iChmnologie. 

Duä  Tavka  pflicfaMed,  fmM  seiner  Mrianng  kein 
{geringeB ' Giewicht  gibt,  Pomponias  Alticus  und 
Cioevo^bei;  Ton  denen  Solinns  yeidcken^),  da£i 
sie  die  Exbanang  Roms  in  das  dritle  Jahr  der  sechsten 
Olytaipiade  gesetit  haben,  iir.  Mai  glaubt,  dais  hieiv 
nit  dbe  Stelle  der  von  ihm  ans  Licht  geiogenen  Dcbeiw 
resle  des  Weiks  deBepubUca  im  Widersprach  stehe, 
^o  es  .heifst*):.  Si,  id  quod  Graecorum  mvestigatur 
immMus^^Roma  eondka  est  secundo  anno  Oljrm^ 
piadis  septitnae,  in  id  saeadum  RomuU  oeddU 
00i0s,  cum  iam  plena  Graecia  poetarum  et  musicorum 
esset.  Alkin  Cicero  legt  die  Worte  demP.Gome« 
lius  Soipio  in  den  Mund,  der  den  dinmologischen  Be- 
HJmniuageti  seines  Freundes  Polybius  folgte').  Seine 
eigene  Meinung  muls  er  an  irgend  einer  verloren  §»• 
gaogenen  Stelle  desselben  Werks  vorgetragen  haben; 
denn,  er  lüfit  den  Atticus  sagen ^):  Ut  iUos  de  repw' 
hlioa  Ubros  edidisti,  nihil  a  te  sane  postea  aeoepimus; 
eUü/ve  noämet  ipsi  ad  »veterum  annalium  memoriam 
conif^rehendendäm  ünpulsi  attpte  isseensi  sumus  ')•  In 
den  iloch  i^orhandenmi  Schriften  des  Cicero,  so  wie 
des  Yarro,  findet  sich  nichts,  vras  auf  dife  in  Rede 


')   An  der  oben  (2,152)  angeführten  Stelle. 
'  »)  1.  n,  c.  10. 

...  f 

*)  Sequetmur  potissimum  Polybium  nostrum,  quo  nemo  fuii 
in  exquirendis  temporibus  diligentior.  1. 11,  c.  l4.  Dafs  Poly- 
bius die  Gründung  Roms  in  Ol.  7,2  oder  eigentlich  an  den  Schluls 
TOB  Ol.  7, 1' gesetzt  habe,  werden  wir  bald  sehen. 

*)  Brutus  c.  i.  , 

')  Pfadi  Otttik  C.34  halte  Attieas  in  seiMn  gesdiichdiehoi 
Werke  annorum  septingeniorum  memeristm  umfiifiit. 


RöMBft.        ^  157 

stehende  Beüunnumg  des  ErbMumgqdift  d.  St«  kin«* 
denlele. 

Zu  denelben  Meinung  bekemt  sidi  andi  Yellei&s 
Paterculus.  Sewia  Olympiade,  sagt  er*),  post  duo 
et  wfpnd  mmos,  ^uam  prima  consiäuta  ßtenU,  üo- 
muluSf  Mariis  ßüis,  ukas  miuHas  ai^i,  Bomäm  urbem 
PanUhus  in  Paiatio  oondidiu  A  quo  teinpore  ad  vo$ 
Cansules  anni  suni  DCCLXXXJI^  Er  meint  du  Gon-^ 
solat  des  M.Yinieius,  den  er  knn  suTor  angeredet  hat. 
Dieser  war  nach  yarroniacher  Aeie  a.  u.  783  G>usnl  $ 
bis  dahin  sind  782  Jahre  yerfkissen ') ,  so  wie  32  bis 
auf  das  valnonische  Erhanungqahr.  Eutro|iius  ver»' 
dient  hier  nur  in  sofern  genannt  su  weide»,  ab  man 
aus  ihm  ersieht,  welehe  Meinung  mktst  die  yorhenv 
sehende  geworden  ist;  denn  er  spricht  gana  suyer- 
sichtlich  vom  XI.  CaL  Maü  Qfympiadis  sexiae  anna 
Urtio%  < 

Die  aweite  Bestimmung«  nach  der  die  Gründung 
Borns  in  den  Frühling  des  vierten  Jahrs  der  aeehaten 
Olympiade , SU .  setaen  ist«  schreibt  Dionjains  dem 
M*  Porcius  Cato  au.  Er  trügt  sie  anerst  ala  aeine 
eigenr  vor, mit  den  Worten:.  ,flni  432slen  Jahr  seit 
„der  Einnahme  Trojas  erbaute  eine  Colonie  Albaner^ 
,, geführt  von  Bomulus  und  Remus,  die  Stadt  Rom, 
,,im  ersten  Jahr  der  siebenten  Olympiade,  als  der 
„Messenier  Daiqles  im  Weulauf  den  Preis  davon  trug, 


*)  i7wl.I,8.  ; 

')  Dfe  ZaU  782  ist ' erst' dotdi  Emeüdation  entstanden;  die 
Lesart  der  Handschriften  schwankt.  Doch  stimmen  sie  in  der 
Zahl  22  überein^  Wer  DGGLXXXm  lesen  will,  lihk  kofende 
Jahra. 

^)  Bfi0ir.I,i.  .         *     .  • 


tfiS  Technische  Chrenohgie. 

„im  enten  des  idiii|IÜirtgeii  R^giaMiiU  des  Aichon 
ffCbarops"*).—  „Da  aber,"  aeUt  er  hinzu,  „ivegen 
„der.Erkaaiing  und  der  Erbaner  der  Stadt  Tiel  Strei- 
„tens  iat,  so  mag  ich  die  Sache  nicht  fiir  TÖUig  ent- 
„  schieden  ausgehen.'^  Zwei  Kapitel  weiter  bemerkt 
er,  die  römischen  Geschiditachfeiber,  von  denen  keiner 
sehr  alt  sei,  hätten  ans  BeiUditen,  die  auf  heiligen 
Tafeln  -i-  h  UpaS;  d^roc^  -^  aufbewahrt  ¥^rden,  ge- 
schöpft. £r  meint  unstreitig  die  Annales  Maximi. 
Weiterbin  stellt  er  dier  yersichiedenen  Angaben  der  Er- 
bauungsieit,  die  er  Torfimd,  snsammen,  und  bei  dieser 
Gdegenfaeit  sagt  er')^  „Povcius  Cato  bestimmt  zwar 
„das  Olympiadenjahr  -^  {XXi]wxov  XP^^^  *^  ^^^  1^ 
„hauung  nicht;  allein  mit  der  ihm  eigenen  in  Somm- 
„lung  urkundlicher  Nachrichten  bewiesenen  Soi^alt, 
„worin  ihn  nicht  leicht  jenund  übertroflim' hat ,  setzt 
„er  sie  432  Jahre  später,  als  die  Zerstörung  Trojas. 
„Diese  Zeit,  dordi  die  Chronographie  des  Erato- 
,^sthenea  gemessen,  trifft  auf  das  erste  Jatir  der  sie- 
„henten  Olympiade.  Dals  aber  des  Eratosthenes 
„Kanon  richtig  sei ,  und  wie  man  die  Tönrfschen  Zei- 
ten mit  den  griechischen  veq;leichen  müsse,  habe  idi 
andenwo  gezeigt*'^). 


M 


^)  Afvrlpif  n  wU  Tpioxos-f  Mai  rrrpaMOnöiy  firrit  vi|r  IX/ov  SXw 
VW,  AKomlaiß>  f^ihtnn  'AI^omI,  ^fftjktkjov  tud  *Piinmi  v^  ^^yt^iov^» 
ctuT^C  l;^oyTwr,  ml^ovn  'P Jjfii|v,  Irovc  iytrwrog  npjrtüv  t^c  iß^ift^t  oX«^ 
müofy  ^  hfiwBL  pft^iftr  AoTicXiic,  1Iiovi}MO(,  c[p;^orroc  'A^ignit«  X^o- 
noi  St0c  vQc  ^nuurioi  irpwrer.  Jni.  l^^  7U  Wesentlich  aoch  eitimahl 
11,2  wiederhohlt. 

»\   T  7A    .  .     ,      ,         . 

')  'Ev  Tofc  xJF^voig^  wie  Casaubonus  amnerkt.  Dieies  Unter-- 
gegangene  Werk  wird  öften  TonGlemens  Alezandi'invscitirt. 


t  t  ♦  ■  w 

'  Auf  ifdkhe  Cooibmatiöiien  sicli  die  ZahT  '432  beim 
Catt>  *)  gründen  mochte/ wiesen  wiir  nicht."  JDIe*  Ver- 
gleichoDg  mit  dem  Kanon  'ded  Eratosthenes  hat 
aber  Ternmtiillch  nicht  er,  'Sondern  erst  Dionysins 
angestellt,  so  dals  wir  seine  ^eigentliche  Meinung  nicht 
mit  Sidierheit  kennen.  Yoh  item  Kbnon  ist  schon 
oben  (1,373)  ein  uns  von  Clemens  Alezandrinns 
erhaltenes  Fragment  angeführt  woraen ,  auf  welches 
sich  hier  Dtonysins  unstreitig  bezieht.  Nach  diesem 
beträgt  der  Zeitraum  zwischen  der  Zerstörung  Trojas 
und  de^  erstfen  Olympiade  408  Jahre.  Legen'  wir  also 
diese  Bestimmung  zum  Grunde,  so'  iit  Rom  24  Jahre 
nach  der  ersten  Olymjiiade  oder  im  Anfange,  der 
siebenten  erbaut  worden.'' 

Man  köimte  glauben,  da&r  Dionysins  eben  dies 
mit  den- Worten  trovg  hegvhog  wpafrou'T^$ 'Ißd^jüwjj  'OXujx- 
^ndte^  gesagt  habe,  die  aucli  sein  Uebersetzer  duiclr 
initio  primi  anri  septimae  'Ofympia£s   gibt.     Allein 

l)«pSro$,  das  bei  Zeitbestimmungen  häufig  mit  sroüg  tiAd 

< 

ft^yo;  verbunden  vorkommt,  ^.B.  in' einer  obeh  (1,393) 
angefiihrten  Stelle  de^  Semösthenes  j  heiftt ' nichts 
vfriter  als  im  Verlaufe.      ' 

Seine  Re6hfaung  zeigt  jedoch  offenbar,  dafs  er  wirk«' 
Kch  den  Anfang^  des  Jahrs  meint,  wenn  er  es  auch 
nicht  ausdrücklich  sagt.  Da  er  nun,  wie  alle  andern, 
zum  Stiftungstdge  die  Palillen  macht'),  so  kann  es 
nur  der  Frühling  des  Jahrs  Ol.  6,  4,  v.  Chr.  752,  sein; 


)  , 


•   •   • 


*)    Ohne  Zweifel  war  dieser  Gegenstand  in  seLnem  grofsen  his- 
loiiiclMn  Weriee,  OrigMu  betitik,  doMen  dk  Alten  dfters  ge- 


f^abgehaiHlelt. 
»)  1,88. 


160  Technische  Chnmaiogie. 

an  dien  ev  die  Erbauung  der  Stadt  knüpft,  eben  so 
ifie  Yarro  die  zwei  bb  drei  Monate  yemachltteigend, 
um  welcbe  die,  Palüien  dem  Abkufe  4^;  Olympiaden« 
Jahrs  vorangehen.  Die  dionysische ,  oder,  wie  man 
gewobialidi  mit  Scaliger. sagt v  die  cMpuische  Be» 
Stimmung  gibt  demnadi  ein  Jahr  weniger,  als  die  yar- 
ronische.  Wollten  wir  mit  Podwell  *)  an  die  Pa- 
lilien  de^  Jahrs  OL?*  1«  ▼•Chr.  751,  denken,  bloili 
weil  Dionysius  ausdrädJich  dieses  Jah^r  nennt,  so 
würde  er  den  Unterscbi^  von  neun  bis  a^hn  Mo* 
naten,.  der  sich  swischen  sduier  Rechnung:  und  der 
von  ihm  eigentlich  gemeij;iten  Epoche  ei|^i  schwer- 
lich, unberücksichtigt  gelassen,  und  sich  üt^^iaupt  guu 
anders  ausgedrückt  haben« 

Wir  würden  hierüber  noch  zuverlässiger  urtheilen 
könn^,  wenn  wir  mit  Sicherheit  wüisten,  auf  weldie 
Jahrszeit  die  Einnahme  Roms  dipch  die  Gallier  traf. 
Dionysius  sagt  nämKo)i  im  weitem  YerfiJge:  „Die 
„Einnahme  der  Stadt  gehört,  wieifiM  allgemein  ange* 
f^nonuneu  wird,  unter  den  Archon  Fjifpßu  in  OL  98, 1* 
„Bis  dahin  eind  von.dem  Consulale  des  L.  lunius  Bru- 
„tus  und  L.  Tarquinius  CoUatUius,  dem , ersten .. nach 
„den  Königen,  120  Jahre  ver£k>S8en.  Dies  ;geht  unter 
,iander^.,  ^us  den  Commentarien  der  Gensoren 
„—Ix  rm  KoKaüixiywv  njüii]T4xcpy  vTrofi^imTuiv  -^  hervor, 
„die.  aorg^tig  vom  Vater  finf  desi  Sohn  überliefert  wer- 
„den.  Es  haben  also  hi^r^ach  die  .ersten  Consuln  ihre 
„Verwaltung  unter  dem  Archon  Isagoras  OL  68, 1  an- 


')  Man  sdictMiiw  schwerfilKg.galelicIa,  dar  hudsonschett  Aas> 
gäbe  beigedruckte,  Abhandlung:  Chronologia  ffmücü  fltwjiaa 
ex  hjrpoihesibus  Dioiyrsü  HalicermuscL 


RÖMBR.  161 


„getreten.  Weim  Hian  aber  von  Tertrabuiig  der  Kö* 
,,iiige  röckwarts  bis  auf  Romulua  recbnet,  so  wird  man 
,,244  Jahre  finden,  welche  aus  den  summirten  Reh 
,,gieningsjabren  der  einielnen  Könige  entstehen  *).  — 
,, Zieht  man  diese  244  Jahn?  oder  61  Olympiaden  von 
,,01.  68«  1  ab,  so  erhält  man  lür  die  Erbauung  Roms 
„das  erste  Jahr  der  siebenten  Qlyn^piade."  Die  120 
und  244  Jahte  sollen  unstreitig  voll  genommen  wer- 
den« Wäre  also  Rom  von  den  Galliern  gerade  um  die 
Zeit  der  olympischen  Spiele  erobert  worden,  so  hätten 
wir  hier  entschieden  wieder  den  Anfang  der  siebenten 
Olympiade.  Allein  die  Sache  stellt  sich  anders,  sobald 
wir  von  einer  andern  Jahrszeit  ausgehen.  Dennoch 
zweifele  ich  nicht,  .dafs  auch  dieser  Darstellung  die 
obige  Ansicht  zum  Grunde  liegt« 

Eusebius  und  Solinus  treten  ihr  bei.  Der 
erste,  nachdem  er  unter  01.6,4  bemerkt  hat:  „In 
„dieses  Jahr  setzen  einige  die  Erbauung  Roms,*'  nennt 
OL  7t  1  als  das  erste  der  Stadt  ')•    Der  andere  drückt 


*)  Er  gibt  dieselben  bei  dieser  Gelegenheit  also  an:  >,Ronm- 
Uu  aoll  37  Jahre  regiei't  haben  und  nach  ihm  ein  Interregnum 
Ton  einem  Jabr  eingetreten  sein.  Auf  Numa  Pompilius  rechnet 
man  43,  auf  TuUus  Hostiliut  32,  auf  Ancus  Martius  24,  ayf 
„Tarquinius  Priscus  38,  auf  Senriua  •  TuUius  44,  auf  Tanquinius 
„Superbus  25  Jahre.**  Auch  Livius  sagt  (1, 60):  Eegnatum  Ra* 
mae  a  condita  urhe  ad  liberatam  annos  ducentos  quadraginia 
quaiuor.  Duo  consules  inde  creati  sunt  L,  lunius  Brutus  et 
X.  Tarquinius  Collatinus*  Merkwüi-dig  ist  es,  dafs  wir  diese 
Sohlen  überall  mit  der  vollkommensten  Üebereinstimmung  er* 
wähnt  finden.  Offenbar  hatten  sie  einen  dei*  ältesten  römischen 
Geschichtschreiber  cum  Gewährsmann,  dem  nachher  alle  unbe- 
dingt folgten. 

?)   Chron.yo\.  U,  p.  175.  (1, 211). 

n.  [11] 


162  Teclmisehe  Cf^nologie. 

sieh  abo  aus*):  CoUatis  nostrir  et  Omeeorum  tgmpo- 
rihus  invenimus  ineipitnte  OiymjHade  sepfima  Bxh 
mam  condUam. 

Eine  dritte  Beslimmuiig  endlich  maeht  Rom  noch 
ein  Jahr  jünger.  Nachdem  Dionysius,  wie  wir  gesehen 
haben  mit  bescheidenem  Zweifel,  seine  Meinung  ilber  die 
Erbauungszeit  der  Stadt  vorgetragen*  und  sich  dabei  anf 
Cato  berufen  hat,  fahrt  er  also  fort:  nich  habe  nicht 
,,wie  Polybius^  blo&  so  viel  sagen  wollen,  dafs  ich 
,, glaube,  Rom  sei  im  xweiten  Jahr  der  siebenten 
,, Olympiade  erbaut  worden"').  Man  ersieht  hieraus, 
dafs  dieser  Geschichtschreiber  nichts  weiter  als  eine 
ganz  unbegründete  Yermuthung  aufgestellt  haben  konnte. 
Nach  Solinns  hatte  er  sie  indessen  mitEratosthenes, 
ApoUodorus,  G.  Cornelius  Nepos  und  Q.  Lnta- 
tius  Gatulus  gemein').     Offenbar  betrug  auch  der 


•)  A.a.O. 

')  Dionysius  fügt  hinzu:  „Aoeh  habe  ich  nicht  ohne 
,,tere  Prüfung  blofs  bei  dem  ütVog  der  Pontifices  stehen  bleiben 
,, wollen.*'  Für  IyK^otovi  lieset  nämlich  Hr.  Niebuhr  (Rom. 
Gesch.  I.  S.  176)  ohne  Zweifel  richtig  ^p^^tpiutft,  was  auch  ander- 
weitig für  Pontifices  gebraucht  Yorkomrot.  Es  werden  die  A n- 
nales  marimi  gemeint  (2,151).  Dafs  Polybius  gerade  dienn 
bei  seiner  Bestimmung  gefolgt  sei,  wie  Hr.  Mai  (sn  Gic.  ^  üe- 
;7tf^/.  n,  10)  glaubt,  liegt  in  Dionysius  Worten  gar  mchl.  Ich 
pflichte  hierin  gegen  meine  anfängliche  Ansicht  meinem  gddirten 
Freunde  Hin.  K lenze  mit  Ueberzeugung  bei. 

')  Solinus  hätte  auch  noch  den  Diodorus  hinzufügen  k6n* 
nen;  denn  auch  dieser  hatte  in  seinem  yerloren  gegangenen  sieben- 
ten Buch,  wie  Eusebius  CAno/t.Yol. II. p. 386  und  Syncellus 
Chron.  p.  194  vei-sichern,  die  Erbauung  Roms  in  Ol.  7, 2  gesetzt. 
Die  Graecorum  annäles  beim  Cicero  in  der  oben  (2, 156)  citir^ 
ten  Stelle  gehen,  wie  man  sieht,  auf  Eratosthenes,  Apol- 
lodortts  und  Polybius.    Von  Cornelius  Nepos  halte  man 


RÖMBR.  163 

Unterschied  zwischen  der  zweiten  und  dritten  Bestim- 
mung ein  Jahr*  Bringen  wir  also  die  zweite  auf  die 
Palüien  yon  OL  6,  4,  so  stellt  sich  die  dritte  auf 
die  Palilien  von  Ol.  7«  1  oder  auf  den  Frühliog  des 
Jahrs  751  v.Chr.,  so  dals  die  eben  gedachten  Griechen 
und  Römer  nicht  etwa  die  Palilien  von  Ol.  7)  2  oder 
den  Schlufs,  sondern  nur  den  Anfang  dieses  Olym« 
piadenjahrs  gemeint  haben  können* 

Nehmen  wir  nun  auf  die  dritte  Hypothese,  die 
niemand  unter  den  noch  yorhandeuen  Geschichtschxei- 
bem  zur  Grundlage  einer  Jahrrechnung  gemacht  hat, 
und  die  daher  über  Chr.  Geburt  hinaus  wenig  Anhän- 
ger mehr  gefunden  zu  haben  scheint,  Leine  weitere 
Rücksicht,  so  haben  wir  zwei  Acren  der  Erbauung 
Roms,  yon  denen  wir  herkömmlich  die  eine  die  yar- 
ronische,  die  andere  die  catonische  nennen  wol** 
len*  Jene  hat  zur  Epoche  die  Palilien  yon  OL  6,  3 
oder  den  Frühling  des  Jahrs  753^  diese  die  Palilien  von 
Ol.  6,  4  oder  den  Finihling  des  Ji^rs  752  y.  Chr. 

Es  yerdient  aber  wohl  bemerkt  zu  werden,  dafs  wir 
beide  Jahrrechnungen  blois  in  Consularyerzeichnissen 
(die  jjBdoch  alle  in  spätere  Zeit  gehören)  und  yon 
Schriftstellern^  nirgends  bei  öffentlichen  Yerhandlnngen 
und  nur  ein  paarmahl  auf  Denkmälern  gebraucht  fin- 
den. Auf  einer  Münze  des  Hadrian ,  die  in  Gold  und 
Erz  yorhanden  ist,  steht :  ANN.  DCCCLXXIIII.  NAT. 
URB.  P.  CIR.  CON. ,  was  man  am  wahrscheinlichsten 
durch:  Anno  DCCCLXXIIII  nataU  urbis  primum  ctr- 


dn  historisches  Werk  unier  dem  Titel  Chronica  (Gell.  iV.  ^. 
XYn,21),  ondLntatius  Gatulus  schrieb  de  consulatu  et 
bus  gestis  suis  (Gic.  Brut,  c.  35). 

[11*1 


164  Techmsclie  Chronologie. 

eenses  constituti  ergänzt  und  auf  die  Emfähning  der 
ludi  circenses  im  dem  Palilienfeste  deutet  ^).  Auf 
einem  Marmor  bei  Fabretti  ')  lieset  man:  Excessit 
anno  urbis  conditae  DCCCXCVII^  Ist,  wie  zu  yer- 
muthen  siebt,  von  der  yarronischen  Aere  die  Rede,  so 
gehört  die  Münze  in  das  Jabr  121 ,  und  der  Marmor 
in  das  Jabr  144  n.  Chr.  Sonst  überall  wird  das  Jabr 
nur  durcb  die  Gonsuln  bezeicbhet. 

Es  ist  eiiie  ganz  irrige,  durcb  die  Lebrbücber  der 
rSmiscben  Gescbicbte  nur  zu  sehr  genährte  Ansiebt, 
dafi  Yarro  und  Gato  selbst  an  die  nach  ihnen  be- 
nannten Aeren  die  Gonsuln  auf  eine  ähnliche  Weise 
gereiht  haben,  wie  sie  uns  die  Verzeichnisse  der  Neuem 
darstellen.  Welche  Untersuchungen  beide  Römer  in  die- 
ser Beziehung  angestellt  haben,  ist  uns  gänzlich  un- 
bekannt. Ihre  Aeren  sind  blois  als  der  Ganeyas  zu 
beti^chten,  auf  den  die  neuem  Forscher,  yon  dem 
um  diesen  Theil  der  Altertbumskunde  hochyerdienten 
Onuphrius  Panyinius  an,  die  Namen  der  Gonsuln  ge- 
tragen haben.  Wie  verschieden  bin  und  wieder  die  Com- 
binationen  ausfallen,  mag  Ein  Beispiel  lehren  ')•  Nach 
Panyinius,    Sigonius   und  Trewenschröder  *) 


•)   S.  Eckhel  Doctr.  Num.yol\t  p.  501  ff. 
')   Inscript.  ant,  p.  88. 

')  Ich  habe  einen  Aufsatz  unsers  gelehrten  Hrn.  RIenze  Tor 
mir ,  in  welchem  die  Hauptdivergenzen  in  der  Absicht  zusam- 
mengettellt  si^id,  um  zu  zeigen,  wie  falsch  die  Meinung  sei,  da6 
alle  Verschiedenheiten  in  der  römischen  Chronologie  schon  im 
Alterthum  auf  einen  doppelten  Kanon,  den  Tarronischen  und 
catonischen,  reducirt  sind,  einen  AuftaU,  dessen  Druck  sehr  xa 
wünschen  wäre. 

*)   Fasti  Romanorum  Liviani  (Dansig  l675,4)  S.  31. 


RÖMBR.  166 

hat  das  Deoemyirat  drei  Jahre  gedauert.  Nach  Pighins^i 
Calyisius  und  Almeloveen  dagegen  sind  die  nttch- 
sten  Consoln  L.  Yalerius  Poplioola  und  M.  Horatius 
Barbatus  schon  im  dritten  Jahr  des  DecemviralB  einge- 
treten und  kein  volles  Jahr  am  Ruder  gewesen,  Li~ 
vius  begünstigt  die  leUtere  Ansicht  nicht.  Er  nennt 
uns  swischen  den  Decemyim  und  Militartrihunen  fünf 
Paare  Gonsuln  ^)  und  sagt,  dals  die  ersten  Deoemvirn 
dem  Jahr  302,  und  die  ersten  Militärtribunen  dem 
Jahr  310  d.  St.  angehört  haben'}. 

So  schwankend  aber  auch  die  Zeiten  mancher  (Kon- 
sulate sein  mögen,  so  leidet  es  doch  keinen  Zweifel, 
dafs  die  sogenannte  yarronische  Aere  wenigstens  seit 
Claudius  yorgeherrscht  hat,  der  rie  dadurch  gleich- 
sam sanctionirte,  dafi  er  in  ihrem  achthundertsten  Jahr 
unter  seinem  und  des  L.  Yitellius  Consulate  die  sechste 
Säcularfeier  zur  Yerherrlicfaung  des  beginnenden  neun- 
ten Jahrhunderts  der  Stadt  veranstaltete  ^).  Seitdem 
rechnen  Plinius,  Tacitus,  Dio  Cassius,  kurs 
die  bewKhrtesten  Schriftsteller,  im  Sinn  dieser  Aere. 
Der  erste  verbindet  nicht  selten  die  Namen  der  G>n- 
suln  mit  den  ihnen  angehckigen  Jahren  der  Stadt.  So 
nennt  er  die  Jahre  259,  485,  505,  535,  575,  655, 
657  und  676  (ein  paar,  bei  denen  die  Lesart  schwankt, 
nicht  zu  gedenken]  in  Verbindung  mit  eben  den  Gon- 


•)  m,  55, 65, 56;  IV,1. 

')  jinno  treceniesimo  aüero,  quam  condita  Roma  trat,  ite^ 
rum  muiaiur forma  civitatis  a  consulibus  ad  decemuiros.  111^33. 
jinno  treceniesimo  decimo,  quam  urbs  Roma  condita  erat,  pri-^ 
mum  tribuni  militum  pro  consulibus  magistratum  ineunt,  lY ,  7. 

')  Genserinus  c.  17.  Das  Jahr  nennt  auch  Tacitus  Ann. 
XI,  11. 


166  Technische  Chronologie* 

8uln^},  mit  denen  sie  die  Fast!  des  Almeloyeen 
oombiniren,  welche,  wenigstens  in  der  zweiten  Ausgabe, 
jene  Aere  zum  Grunde  legen.  Aus  diesen  werdeh  sich 
daher  auch  in  den  Fällen,  wo  er  blo(s  die  Jahre  der 
Stadt  erwähnt,  die  Gonsuln  ergänzen  lassen,  z.B.  Leim 
Jahr  608 ,  in  welches  er  die  Zerstörung  von  Gorinth 
setzt,  und  beim  Jahr  830,  wo  er  geschrieben  zu  haben 
versichert  *). 

Seine  Yergleichung  der  Jahre  der  Stadt  mit  der 
Olympiadenäre  bietet  dagegen  manche  Schwierigkeiten 
dar,  die  jedoch  nicht  von  der  Art  sind,  dafs  sie  uns 
nÖthigen  könnten,  zurückzunehmen,  was  so  eben  von 
seiner  Rechnungsweise  gesagt  worden  ist.  Wenn  er 
z.  B.  das  vierte  Jahr  der  4Ssten  Olympiade,  wo  sich  die 
berühmte  von  Thaies  den  loniem  verkündigle  Son* 
nenfinstemifs  ereignet  haben  soll,  mit  dem  170stcn  der 
Stadt  combinirt  ^) ,  so  ergibt  sich  daraus  für  die  Er- 
bauung Roms  nur  dann  das  varronische  Epochenjahr 


*)  H.N,  XXXV,  3 ;  XXXIH,  13 ;  XV,  1 ;  XXIX,  6 ;  XXXV,  4 ; 

Vm,  7;  XXX,  3;  XXXVI,  8.  Nur  beim  Jahr  775  finden  sich  die 
Consuln  C.  Asinius  Pollio  und  C.  Antistius  genannt  (XXXIII,  S), 
die  nach  seiner  sonst  überall  befolgten  Rechnungsweise  dem  Jahr 
776  angehören. 

')  XXXIV,  3;  XXVm,  3, 

')  n,9.  *  Fünf  Handschriften  bei  Harduin  und  fast  alle  Aus- 
gaben lesen  CLXX,  wie  Plinius  höchstwahrscheinlich  geschrie- 
ben hat.  Emendationen  nach  Torgefafstcn  Meinungen  sind  hier 
an  der  unrecliten  Stelle.  Es  kommt  blofs  darauf  an,  wie  er  die 
Aeren  der  Olympiaden  und  der  Stadt  mit  einander  yerglichen 
hat.  In  welches  Jahr  eigentlich  die  Finstemifs  des  Thaies  ge- 
hört, ist  eine  andere  Frage,  auf  die  wir  schon  oben  (1,209)  ge- 
kommen sind.  Plinius  beantwortet  sie  auf  jeden  Fall  un- 
richtig. 


.   Römer.  167 

OL6,3|  wenn  man  amiimmt,  dafii  er  die  Finster- 
nifk  in  die  iweite  Hälfte  des  Olympiadenjahrs,  also  in 
584  ▼•  Chr. ,  setat.  Wenn  er  sagt  * ) ,  Mausolua  sei 
OL  106,  2,  a*  u.  402  ^  nach  einer  andern  Lesart  404, 
geaUahen,  ao  sollte  dafiir  nach  vanonischer  Aere  ent- 
weder 399  oder  400  stehen,  je  nachdem  der  Tod  in 
die  erste  oder  in  die  iweile  Hälfte  des  Olympiaden- 
janrs  gehört. 

Die  sogenannte  catonische  Aere  liegt  dem  mv 
sprüngUchen  Consnlarveneichnisse  von  Almeloveen 
zum  Grunde«  Uhlins,  der  zweite  Herausgeher,  hat 
sie  aher,  die  Autorität  des  Panyinius  und  Sigonius 
fiir  gälüger.  aneritennend,  als  die  des  Pighius  und 
Calyisius,  stillschweigend  mit  der  vanonischen  ver- 
tauscht '}• 

Der  Unterschied  beider  Acren  scheint  zunächst  da- 
durch entstanden  zu  sein,  dafs  einige,  wie  Livius  (2, 161), 
dem  Regiment  der  Könige  unbedingt  244  Jahre  beileg- 
ten ,  andere  aber  die  Consnln  bereits  im  Verlauf  des 
annus  regifiigü  eintreten  liefsen.  Nach  Dionysius  wa- 
ren bei  Einfiihrung  des  Consulats  von  dem  244slen  Jahr 
noch  vier  Monate  rückständig  ^). 


•)  XXXVI,  6. 

^)  In  der  eniten  Ausgabe  wird  das  erste  Gonsulat  in  das  Jahr 
244,  in  der  zweiten  in  das  Jahr  245  d.  St.  gesetzt.  Beide  Jahre 
werden  mit  509  ▼•  Chr.  ▼ei*glichen.  »Die  Gonsulate  stellen  sich  da« 
her  in  eineriei  Jahr  ▼.  Chr. ,  aber  in  'der  einen  Aere  um  ein 
Jahr  niedriger,  als  in  der  andern ,  weil  die  Epoche  der  einen 
um  ein  Jahr  jünger  ist,  als  die  der  andern.  Man  denkt  sich 
dies  gewöhnlich  nicht  bestimmt  genug. 

vwv  . . .  L.y  im  Anlange. 


168  Technische  Chronologie. 

Daffl  aucli  die  catonische  Aere,  vrenn  gleidi 
späterhin«  wie  es  scheint,  von  der  varronischen  tct- 
drängl,  wirklich  in  Rom  gebraucht  worden  sei,  kidet 
keinen  Zweifel.  Sie  liegt  deutlich  den  Uebenresten  rines 
Verzeichnisses  der  Consuln  auf  Marmor  tarn  Grunde^ 
das  yon  seinem  Aufbewahrungsort  Fasti  Gapitolini 
genannt  wird  *),  daher  sie  auch  hin  und  wieder  die 
capitolinische  heilst.  In  diesem  bis  auf  den  Tod 
des  August  gehenden  Yerzeichnisse  sind  den  Namen 
der  Consuln  von  zehn  zu  zehn  die  Jahre  der  Stadt 
beigeschrieben  '),  welche  durchgehends  um  eine  Ein- 
heit kleiner  ausfallen,  als  in  der  neuen  Ausgabe  der 
Fasti  des  Almeloyeen.  Es  scheint  daher  vom  An- 
lange hinein  ein  Jahr  weniger  gezählt  zu  sein,  worüber 
sich  indessen  nicht  bestimmt  urtheilen  läfst,    da  das 


^)  Es  ist  seit  1547,  wo  die  Bruclistiicke  zu  Rom  ausgegi-aben 
*  worden,  mehimals  gedruckt  worden,  unter  andern  in  folgendem 
'  von  Sigonius  herausgegebenen  Werke:!  Fasti  amsulares  ae 
triumpki  acti  a  Romulo  rege  usque  ad  THberium  Caesarem 
(Venedig  1556,  fol.),  in  Gruter's  Corpus  Jnscriptionum  p.  289— 
297,  und  am  besten  geordnet  bei  San  demente.  Neuerdings 
sind  noch  ein  paai*  nicht  sehr  bedeutende  Fragmente  hinzug^ 
kommen.  Nuovi  frammenti  dei  Ftuti  consolari  Capitolini  iilu^ 
strati  da  Bartolomeo  Borghesi.  Mailand  1818,  20«  2  Vol.  4. 
Petavius  (Doctr.tempA.TJL^cSi)  will  diese  Fasti  dem  unter 
August  lebenden  Grammatiker  Yerrius  Flaccns  beigelegt  ttis- 
sen,  Yon  welchem  Suetonius  {de  illustr.  Gramm*  6.17)  sagt, 
dafs  er  zu  Praeneste  auf  eine  marmorne  Wand  Fasti  habe  ein« 
hauen  lasten.  Iitig  hält  er  diese  für  die  eapitolinischen ,  da  es 
doch  die  Fasti  anni  Romani  sind,  deren  zu  Praeneste  gefundene 
Bruchstücke  Foggini  ans  Licht  gestellt  hat  (2,135). 

')  Es  haben  sich  folgende  Zahlen  eiiudten:  290,  300,  440» 
490,  500,  510,  520,  530,  550,  S60,  570,  580,  590,  620, 
670,  680. 


R  ö  X  B  a.  169 


erste  Fragment  nicht  über  da»  Jahr  .287  d.  St*  an- 
Tüdigehu 

Es  wird  nicht  überflüssig  sein,  hier  noch  ein  we- 
nig hei  der  ^  Frage  an  verweilen ,  wie  onsere  beiden 
HaaplMshriftsteller  über  die  firüheve  Geschichte  Borns, 
Liyins  und  Dionjsias,  gereehnet  haben. 

Wenn  der  erste  die  Daner  der  monarchischen  Yer- 
fassnng  an  244  Jahren  angibt,  mit  dem  Zusata:  duo 
oonsules  in  de  crßoti,  so  ist  wol  nicht  au  •  zweifln,  dafii 
nach  ihm  das  erste  Consulat  dem  Jahr  245  d«  St«  an- 
gehört* Damit  stimmt  denn  auch  überein,  dajs  er  die 
ersten  Militärtribunen  ins  Jahr  310  setst  (2, 165),  und 
den  Camillus  unmittelbar  nach  der  Befreiung  Roms 
Ton  den  Galliern  4n  einer  an  das  Volk  gerichteten 
Rede  vom  laufenden  36Ssten  Jahr  der  Stadt  sprechen 
läist-^).  Wenn  er  dagegen,  das  302te  aum  ersten  des 
DecemTimts  macht,  so  kommt  er  mit  den  Fastis  Ca- 
pitolinis  überein,  denen  auch  die  488  Jahre  ent- 
sprechen ,  die  sein  jetxiger  Text  bis  auf  den  Ausbruch 
des  ersten  punischen  Krieges  unter  dem  G>nsul  Appius 
Glaudius  zählt  ')•  Bei  der  Zusammenstellung  der  Gon- 
snln  P.  Sulpicius  Galba  und  C.  Aurelius  mit  dem 
SSOsten  Jahr  d.  St.  ^)  muis  ein  tertio  oder  quiulo  aus 


^)  Trecentesimus  sexagesimus  quinius  amuu  urhis/Quirites, 
agUur,  y,54. 

')  Quadringenii  octoginta  oeto  anni  a  conäiia  urbe  ad, 
Jppium  Claudium  ConsuUm,  qui  pnmus  bellum  Catihaginien' 
sibus  intulit,  XXXI,  1.  Das  ausgezeichnete  Wort  ist  Einend ation 
Ton  Glareanus;  die  HandschnAen  lesen  septuaginla^  oder  Yiel- 
melir  sie  lassen,  Zahlzeichen  gebrauchend,  ein  X  weg. 

')  Jnno  quingeniesimo  quinquagesimo  ab  urbe' eondita  P, 
Sulpicio  Galba  et  C.  Aurelio  Cojj.  XXXIyS. 


170  Technische  Chronologie. 


dem  Text  ge&Uen  sein;  denn  ies  liandelt  sich  hier  nur 
um  eine  Einheit.  Man  sieht,  wie  wenig  diese  Zahlen 
(die  einzigen,  die  er  meines  Wissens  erwähnt)  geeignet 
sind,  seine  Jahrrechnung  ganx  ins  Klare  au  setzen. 
Nur  so  viel  erheUet,  dafii  sie  nicht  durchweg  mit  den 
Fastis  des  Almeloveen,  weder  nach  der  ersten, 
noch  nach  der  zweiten  Ausgabe,  übereinstimmt.  Der 
olympischen  Spiele  gedenkt  er  nur  an  Emer  Stelle* 
Nachdem  er  von  der  Wahl  der  Consulu-  C.  Claudius 
Neio  und  H.  Livius  Salinator  geredet  hat,  sagt  er  ^) : 
Simuly  quod  Ofympiae  tudicrum  ea  aestate  fittumm 
erat  ••••  Er  kann  nur  die  l43ste  Olympiade  mei- 
nen, die  auf  den  Sommer  des  Jahrs  208  y.  Chr.  trifll. 
Jene  Consuln  gehören  aber  ins  Jahr  207,  mit  wdcbem 
Jahr  der  Stadt  man  sie  auch  oombiniren  mag.  Peta- 
yiu8  zeiht  ihn  daher  mit  Redit  eines  Ycnefaens*). 

Dionysius  dagegen  erwähnt  bei  jedem  vierten 
Jahr  regelmafsig  die  Olympiade  nebst  dem  Archan 
Eponymus  von  Athen,  und  verbindet  damit  ein  paar- 
mal die«  Jahre  der  Stadt,  und  £es  auf  eine  ihm  ganz 
eigentbümliehe  Weise.  Da  er  die  Erbauimg  Roms  mit 
Gato  ein  Jahr  spater  annimmt,  als  Yarro  (2-,  157), 
und  doch  der  monarchisohen  Verfassung  nur  vier  Mo- 
nate weniger  als  244  Jahre  beilegt  (2,167),  welchen 
Unterschied  er  bei  seinem  chronologischen  Calcul  ganz 
vernachlässigt,  so  bringt  er  das  erste  Consulat  in  das 
Jahr  508  v*Ghr.,  in  welchem  die  68stö  Olympiade  be- 
gann, deren  erstes  Jahr  er  ausdrücklich  nennt  (2, 160). 
Gleiche  Bewandnifs  hat  es  mit  den  Gonsuln  A.  Yirginius 


')  XX¥n,35. 

*)  Doctr,  temp,  IX,  53. 


RÖMBR.  171 

und  T«  Yeturiiis  Geminus,  die  nacb  ihm  a.  u.  260  tm* 
ter  dem  Archon  Themistodes,  im  Jalir  yor  Anfang; 
der  72sten  Olympiade  —  jükXXctxtij^  ug  rcvmov  t% 
ißdojuLijxop];  xcä  itmipoj;  oh)\i7noito^  —  in  Function  ge- 
treten sind*),  und  mit  den  G)nsula  P.  Horatius  und 
Sextos  Quintilius,  von  denen  er  sagt'),  dals  ^ie  ihre 
Amtsführung  in  der  82sten  Olympiade  unter  dem  Archon 
Chärephanes,  als  300  Jahre  nach  Erbauung  der 
Stadt  verflossen  waren  —  hSv  rpiaxoa-lwv  Ik^wtXtj- 
pofjdvwy  dno  rov  ^Pwfxrig  (ntyotxia-fxcG  —  also  im  Jahr  301, 
begonnen  haben.  Man  ersieht  hieraus,  dafs  er  eben 
die  Jahre  der  Stadt  nennt,  denen  die  gedachten  Con- 
suln  nach  der  gewöhnlichen  Rechnung  angehören,  dafs 
er  sie  aber  in  der  Olympiadenäre  um  ein  Jahr  höher 
setzt,  so  dafs  er  uns  die  ganze  römische  Geschichte,  so 
weit  er  sie  ern[hlt  (bis  a.  u.  311),  um  ein  Jahr  ntther 
bringt.  Dieser  Unterschied  von  einem  Jahr  mufs  sich 
aber  bei  ihm  weiterhin  dadurch  wieder  ausgeliehen 
haben,  dafs  er  irgendwo  ein  0)nsulat  weniger  zählte, 
wodurch  für  ihn  ein  Jahr  der  Stadt  verioren  ging; 
denn  er  bemerkt,  es  seien  bis  auf  die  0)nsuln  Clau- 
dius Nero  II  und  Calpurnius  Piso  (unter  denen  er  ohne 
Zweifel  schrieb)  745  Jahre  seit  Erbauung  der  Stadt  ver- 
flossen'), woraus  erheUet,  dafs  er  dieselben  ins  7468te 


•)  VI,  34. 
»)  X,53. 

')  Von  der-  langen  Dauer  der  Hemchafl  der  Römer  handelnd, 
sagt  er:  Tovra  Ih  miwn  kol  TtfnpaitovTct  q^ij  «poc  foU  tirroMO'&oK 
rrtatV  l^v  tU  V1WT0VC  KXmi^ioy  Mcpcova  to  ^tvrtpoiY  vntntvovra  *al 
IltVwva  KaXirovpviov ,  ot  xaxi  rqv  tpirriv  M  toXq  IvirfihfxoirTa  xcd  ixa- 
Tov  oXujütKtao'iv  ämM^Bfi^av,  I,  ä.  ^ 


174  Technische  Chronologie. 

g^  habem  su^  ihrer  mebrere  bedient,  unter  andern 
Kepler  in  seinen  Schriften  über  das  Geburtsjahr 
Christi*  Um  ihre  Jahre  auf  die  der  Stadt  zu  bringen, 
addire  man  7P8,  upd  um  ^e  mit  den  Jahren  unse- 
rer Zeitrechnung  zu  yetgleichen,  ziehe  man  sie  von 
46  oder  von  ihnen  45  ab,  je  nachdem  ihre  Anzahl 
kleiner  ist .  als  46  oder  grofser  als  45 ,  wo  man  dann 
im  ersten  Fall  Jahre  vor  und  im  letztem  nach  Chri- 
stus erhtdt. 

Auch  die  anni yiugustortun^  deren  schon  oben(l,  155) 
gedacht  worden,  scheinen  wenig  gebraucht  zu  sein«  Das 
erste  derselben  ist  das  727ste.  d.  St* 

So  lange  regelmäßig  zwei  Consuln  jährlich  gewählt 
wurden,  emp&nd  man  im  römischen  Reiche  das  Be« 
dürfiiiis  einer  fortlaufenden  Acre  wenig  oder  gar  nicht. 
E^  ward  erst  fiihlbar,  als  tiach  Verlegung  des  Kaiser- 
sitzes in  den  Orient  die  Consularär^  schwankend  zu 
werden  begann.  Wie  man  sich  dann  half,  werden  wir 
im  folgenden  Abschnitte  sehen. 


Siebenter  Abschnitt. 

Zeitrechnung  der  christlichen  Völker. 


t¥yvyv^f*fV¥y¥^ 


D 


je  Zeitrechnung,  die  mit  wenigen  Modificationen 
yon  sttaiBitlicheii  Völkern  der  Christenheit  gebraucht 
wird ,  ist ,  80  weit  sie  die  Form  und  Einthdlang  des 
Jahrs  hetrifft,  wesentlich  die  von  lulius  Cäsar  ver- 
besserte römische,  yon  der  im  vorigen  Abschnitt  ge^ 
liandelt  ist«  Nur  die  «iebeoitägige  Woche  ist  aus 
der  jüdischen  Zeitrechnung  in  die  chrisdiehe  tiheiH 
gq^uigen. 

Schon  seit  dem  Anfange  der  christlichen  Aere  sdiei- 
nen  Woche  und  SabLath  im  römischen  Reidie  sehr  be- 
kannt gewesen,  ja  leisterer  selbst  von  Niditjuden  hin  und 
wieder  gefeiert  worden  ^zu  sein,  so  wie  überhaupt;  meh- 
rere orientslisphe  Religionsgebrauche,  z.B.  der  Gultus 
der  Isis  und  des  Serapis,  unter  den  Kaisem  BSagang 
in  den  Oocident  £uiden.  Der  Sabbath,  Siüfbatum, 
kommt  seit  dieser  Zeit  bei  den  römischen  Schriftstel* 
lern  häufig  vor.  Man  erinnere  sich  der  tricesima  sab' 
haiä  beim  Horaz^),  worunter  das  Neumondsfest 
•—  rosch  chodesch  — •  der  Juden,  das  in  den  ydlen  Mo- 
naten mit  dem  30sten  anfiLngt  (1,513),  zu  verstehen 
sein  mufs,  und  vergleiche  Ovidii  an  amandi  I,  41^ 


^)  Serm.  1,9, 69* 


176  Technische  Chronologie. 

waÄ  rßmeJia  amoris  2i9  i  TiballieiSe^^I,3, 17;  Persii 
Sät.Y,  184;  luvenalis  Sat.yi,  158;  XIY,  96;  Se- 
necae  epist.95^  um  nicht  mehr  Stellen  anzufahren')« 
Man  ersieht  darauf,  dafs  sich  mapnigfachpr  Aberglaube 
an  den  Sabbalh  knüpfte«  So  wurde  es  unter  andern 
für  ominös  gehalten,  an:demselben  eine  Reiae  anzatre* 
ten.  Wenn  August  bei  einer  Gelegenheit  sagte  ') :  Ne 
Judaeus  quidem  tarn  diUgenter  sabhatis  ieümiwn  ser- 
vat,  quam  ego  hodie  servavi,  so  hatte  er  eine  falsche 
Ansicht  von  diesem  Tage;  denn  die  Juden  fiisten  an 
ihm  nie.  Ovid  nennt  ihn  rebus  minus  apia  geren- 
dis.  Anden  dachte  der  'Grammatiker  Diogenes  m 
Rhodus,  der  nach  Sueton's  Versicherung')  nur  an 
den  Sabbathen  zu  dispütiren  pflegte;  und  daher  den 
Tiberius,  der  ihn  aulser  der  Oi^nung  zu  hören  kam, 
auf  den  siebenten  Tag  beschied»  . Wamm.  er  gende  die- 
sen gewählt  hatte,  wissen  wir  nicht;  es  erhellet  aber 
aus  dieser  Yorliebe,  dais  es  bereits  um  den  Anfang  der 
christliehen  Aere  Personen  gab,  die  Ihre  Thtttigkeit 
durch  den  siebentägigen  Zeiteinschni(t  bestimmten. 
Ein  halbes  Jahrhundert  später  sagte  losephus  gar 
,,  schon ^) :  Es  gibt  keine  ciniige  weder  grkchiscbe  noch 
„nicht  griechische  Stadt,  wohin  sich  nicht  der  Gebrandi 
^,  unserer  Feier  des  siebenten  Tages  veribteitet  hätte.*' 


*)  Eine  reiche  Sammlang  deru&en  findet  sich  bei  Seiden 
(de  Iure  naiumli  ei  gentium  1.  lü.  c«  15ff.)  und  in  Gottlieb 
Wernsdorfrs  Di$seHaiift  de  gentilium  sakbaHo, 
berg  1722,  4. 

')  Suet.  ^Mg.  €.76.. 

»)    Tiber, c.^2. 

*)   Contra  Jpion,  U,  39. 


Ghbistlichb  Yölxbii.  177 

• 

Dte  damals  mehr  als  je  in  Ansehen,  stdiende  Stent- 
deuterei ,  die  wesentlich  auf  die  sieben  Planelen  der 
Alten  gegründet  war ,  trug  dazu,  ohne .  Zweifel'  nicht 
wenig  hei.  Man  vergleiche,  was  oben>  (1,178)  iibär 
die  vetmuthlich  in  Aegypten  aufgekommene  Benennung 
der  Wochentage  nach  den  Planelen  aus  Dio  Gassius 
beigebracht  worden  ist.  Man  stellte  di^  eiste.  Stunde 
des  Sabbaths  unter  den  Einflnfc  des  Sftitum,  und  in* 
dem  man  jede  der  24  Tagesstunden,  einem  andern  Phrne-r 
ten  unterordnete,  gelangte  man^  den' Kreis  immer  wie- 
der von  vorn  durchlaufend,  mit  der  ersten  Stunde  des 
nächsten  Tages  zur  Sonne,  mit  der  ersten  des  folgenden 
zum  Monde,  und  so  weiter  zum  Mars,  Merkur,  Jupiter 
und  zur  Yenus,  was  Gelegenheit  gab,  die: einzelnen  Tage 
der  Woche  also  zu  bestimmen. .und  zu  bezeichnen: 
Sonnabend  Dies  Saturni  tf 
Sohntag  Dies  Solis    .     :    Q' 

Moütag  Dies  Lnnae     :     ^ 

Dinstag  Dies  Martis         ^f. 

Mittwoch  Dies  Mercurii  Q 
Donnerstag  -Dies  lovis  -  7\» 
Freitag  Dies  Yeneris         $ 

Obgleich  Dio  Cassius  der  erste  unter  den  noich 
vorhandenen  Schriftstellern  ist,  der .  dieser  BenennungelL 
förmlich  und  im  Zusammenhange  gedenkt,  so  läfst  sich 
doch  nicht  zweifeln,  dafs  sie  sc^on  viel  früher  bekannt 
und  gebräuchlich  waren..  Wenigstens. kommt  der.NMne 
dies  Saturni  als  Synonym  von  sabbatum  bereits  in  der 
angezogenen  Stelle  des  TibuU  vor.  lulius  Fronti- 
nus,  der  unter  ITerva  schrieb,  sagt^),  Yespasian  habe 


IL  [12] 


17S  Technisehe  Chwnologie. 

die  Jaden  Saturni  die^  ^uo  eis  nefus  est  quidquam 
seriae  rei  agerßi  angegriflen  und  besiegt,  und  lusti* 
Has'M'tfrtyr,  der  um  die  Mitte  des  nreiten  Jahrhun- 
derts lebte,  bemerkt*),  Christus  sei  r^  npo  rV^  Kpovi^ 
XTJg  (am  Freitage)  gekreuiigt,  und  rff  furci  rrj^  Kpwtx^ 
(am  Sonntage)  seinen  Jüngern  erschienen.  Beim  Ter- 
t^illian  heifst  es'):  Si  diem-  Solis  laetitiae ' indul^ 
gemus,  alia  lange  ratione  quam  religione  solis,  secundo 
hca  ab  üs  swnus,  qui  diem  Saturni  otio  et  victui 
decenumiy  exorbitantes  et  ipsi  a  Judaico  more,  quem 
ignorant,  womus  hervosgeht,  dals  um  das  Ende  des 
iweiten  Jahrhunderts  viele  Römer  den  Sabbath  gefeiert 
haben  müssen,  einem  fremden  Religionsgebrauche  yiel- 
leicht  um  so  lieber  huldigend,  da  die  Feier  des  dies 
Saturni  ihnen'  einige  Analogie  mit  den  einheimischen 
Satumalien  zu  haben  schien  ').  Kurz  aus  Allem  ist 
klar,  dafs^  die  siebentägige  Woche  seit  dem  Anfange 
unserer  Zeitrechnung  im  römischen  Reiche  sehr  be- 
kannt, wenn  auch  nicht  gesetzlich  war;  denn  dies 
wurde  sie  offenbar  erst,  als  das  Chrislenthum  unter 
G)nslBntin  zur  Staatsreligion  erhoben  wurde. 

Den  Sonntag  dies  Solis  zu  nennen,  war  bei  den 
Christen  ganz 'gewöhnlich.  In  ea,  heifst  es  beim  Am- 
brosius^),  sah^ator  veluti  sol  oriens,  discussis  in^ 
femorum  tenebris,  luce  resurreetionis  emicuit.  Sie  mach- 
ten diesen  Tag  statt  des  jüdischen  Sabbaths,*  also  den 
ersten  Tag  der  Woche  statt  des  letzten,  zum 


•)  Apoll, ST, 

^)  Apologet,  c.  16. 

')  Man  Tergleiche  Taciti  HisL\,h, 

*)  Sermo  LX. 


Ghristlighb  YöLKBa.  179 

an  welcbem  sie  susammenkamen,  sieb  gemeinschaftlich 
zu  erbauen,  und  sich  bei  den  über  sie  ergehenden  Yer- 
folgongen  cur  Standhafligkeit  zu  ermuntern.  ,,An  dem 
„nach  der  Sonne  benannten  Tage,"  sagt  lustinus 
Martyr  *),  „versammeln  sich  die  in  den  Stadien  und 
„auf  dem  Lande  wohnenden  Christen  aus  einem  dop- 
„pelten  Grunde,  einmahl  weil  es  der  erste  Schöpfungs- 
,,tag,  und  dann  weil  es  der  Aufersiehungstag  Christi 
„iK/'  In  letzterer  Beziehung  nannte  man  ihn  früh* 
zeitig  den  Tag  des  Herrn  —  xvpieuci],  Domimcus  oder 
Dominica  ')• 

Folgende  Stelle  des  Isidorus')  yerdient  hier  an- 
geführt zu  werden:  Apud  Hebraeos  dies  prima  una 
sahbati  didtur  (1,518),  quae  apud  nos  dies  domini' 
cus  est,  quem  gerUiles  soli  dicui^runt.  Secunda  sab-' 
hati  secunda  feria^  quem  saeculares  diem  Lunae  vo^ 
canU  Tertia  sabbati  tertia  feria^  quem  illi  diem 
Martis  vocant.  Quarta  sabbati  quartaferia,  qui 
Mercurii  dies  didtur  a  paganis.  Quinta  sabbati 
quinta  Jeria  est,  qui  apud  gentiles  Jovis  vocatur. 
Sexta  sabbati  seocta  feria  est,  quae  apud  eosdem 
paganos  Feneris  nuncupatur.  Sabbatum  autem  sep^ 
ümus  a  dominico  die  est,  quem  gentiles  Satumo  di- 
cai^erufU  et  Satumi  nominaverunt.  Am  besten  richtet 
man  sich,  fiihrt  er  fort,  nach  dem  ritus  ecciesiasticus, 
nämlich   die   Wocbjenlage   Ferias    zu    nennen;    sollte 


•)  A.a.O. 

')  Ob  schon  die  ^K'P'  xupiaxj  in  der  Apokalypse  (1,10) 
in  diesem  Sinn  zu  nehmen  ist,  oder,  wie  einige  meinen,  den 
Auferstehungstag  Christi  bezeichnen  soll,  ist  zweifelhaft. 

^)  J^/^^m.y ,  30.  Yergl.  Beda  dt  temp,  ratione,  c.6. 

[12'] 


180  Technische  Chronologe. 

einem  aber  auch  ja  einmahl  einer  der  heidnischen 
Wochennamen  entschlüpfen,  so  bedenke  man,  da£s  alle 
die,  nach  deiien  die  Heiden  die  Wochentage  benannt 
haben,  Menschen  gewesen  sind,  die  man  ihrer  Ver- 
dienste wegen  göttlich  verehrt  und  an  den  Himmel 
versetzt  hat,  so  dafs  man  gerade  keine  Sünde  begeht, 
wenn  man  ihre  Namen  über. die  Zunge  bringt. 

Woher  es  kam,  dafs  die  Kirche  das  Wort  Feriae, 
welches  bei  den  Römern  Feiertage  beseichnete f^  an 
denen  keine  Geschäfte,  sei  es  vor  Gericht  oder  anders- 
wo, vorgenommen  wuiden,  zu  einer  allgemeinen  Be- 
nennung der  Wochentage  stempelte,  weiis  man  nicht 
bestimmt«  Nach  einem  Dekret  des  Yalentinianus  11 
sollten  die  sieben  Tage  zunächst  vor  und  nach  Ostern 
Feiertage  sein  ^).  Nur  die  Feier  der  sieben  letztem 
erhielt  sich  im  Gebrauch.  Da  nun  diese  Woche  den 
ursprünglichen  Christen,  die  ihr  kirchliches  Jahr  mit 
dem  Osterfest  zu  beginnen  pflegten,  die  erste  im  Jahr 
und  ihre  Tage  durchaus  ^noti  waren,  so  nannte  man 
auch  die  Tage  der  übrigen  Wochen  ferias.  Dies  bt 
die  Erklärung,  die  Scaliger')  und  Du  Gange')  von 
der  Sache  geben.  Ungezwungener  scheint  folgende  zu 
sein«  Auiser  dem  Sonntage  pflegten  die  ersten  Christen 
noch  den  Mittwoch  und  Freitag  als  Tage  des  Ge- 
bets und  der  Fasten  zu  feiern ").    Um  beide  Wochen- 


*)  {Feriatos  esse  iubemus)  sanctos  quoque  paschae  dies, 
quisepteno  vel  praeceduni  numero,  vel  sequuniur,  Cod,  Theo- 
dos.  l  n.  tit.  S  de  ferüs. 

")  Emend,iemp,I,p.6. 

* )    Glossar,  med,  et  in/,  latinitatis  v.  Jeriae, 

' )  Giern.  Alezandr.  Sirom.  1. YII.  p.  316  und  daselbst  Sjlburg. 


Christliche  Völker.  181 

tage  zu  untarscheiden ,  nannten  sie  den  einen  feria 
quaria,  d.  i«  den  Feiertag,  welcher  der  vierte  Wochen* 
tag  war,  den  andern  ^na  sexta.  Beide  Tage  kommen 
unter  dieser  Benennung  bereits  beim  Tertullian  vor  ^). 
Natürlich  zogen  die  feria  quarta  und  sexta  allmSlig 
auch  die^rui  secunda,  teriia,  quinta  und  septima  nach 
sich.     Dem  Sonntage  blieb  der  Name  Dominica. 

Da(s  Schebua,  die  siebentägige  Woche  der  He- 
bräer, durch  iß^ojtxog  und  septimana  übei*setzt  woi^en 
sei,  ist  schon  anderswo  (1,89,480)  bemerkt  worden« 
Letzteies  Wort  liommt  in  dieser  Bedeutung  meines  Wis- 
sens zuerst  im  Codex  Theodosianus  vor')..  Isidor, 
bekanntlich  stark  im  Etymologisiren ,  sagt^):  Hebdo- 
madam  nos  septimanam  vocamus,  quasi  Septem  luces; 
Tuun  mane  lux  est. 

Einige  Chronologen  sind  der  Meinung,  dafs  die 
Woche  bei  den  deutschen  und  nordischen  Völkern  uralt, 
und  die  Namen  der  Wochentage  in  den  germanischen 
Sprachen  schon  lange  vor  Einluhrung  der  christlichen 
Religion  im  Gebrauch  gewesen  seien  ^)«  Allein  nicht 
zu  gedenken,  dafii  sich  weder  beim  Tacitus  noch  sonst 
irgendwo  eine  Spur  davon  findet,  wäre  die  Analogie  der 


*)   De  ieiuniis  c.  2. 

^)  Dominica,  gui  septimanae  totius  primus  est  dies.  L.  XY, 
tit.  5,  leg.  5. 

')  Etxm.y,^2, 

*)  Auch  den  Kalendern  mit  Runenschrift,  die  auf  Stäben 
eingeschnitten  in  den  scandinarischen  Ländern  gefunden  werden, 
haben  einige  patriotische  Schriftsteller  ein  sehr  hohes  Alter  bei- 
legen wollen.  Es  ist  aber  gewifs,  dafs  sie  nichts  als  die  christ- 
liche Zeitrechnung  enthalten.  Yergl.  Ferner  de  anliquitaie  Ca» 
lendarii  Rupici.    Stockholm  1758,  4. 


182  Technische  Chronologie. 

griechisch-römischen  und  germanischen  Benennungen 
der  Wochentage  sehr  auffallend  und  nur  dadurch  su  er- 
klären, da(s  man  sie  aus  einer  gemeinschaftlichen  orien- 
talischen Quelle  ableitete.  Wahrscheinlicher  bleibt  es  im- 
mer, dafs  die  germanischen  Völker  die  Woche  erst  zu- 
gleich mit  dem  Ghrislenthum  erhalten  und  nun  die 
römischen  Namen  dies  Martis,  Mercurii,  low  und 
F'eneris  mit  analogen  einheimischen  yertauscht  haben. 
Dals  die  englischen  Benennungen  Tuesday,  Wednes- 
day  nnd  Thursday  (bei  den  Schweden  Tisdag,  Ons- 
dag  und  Torsdag)  {iir  Dinstag,  Mittwoch,  Don- 
nerstag, yon  Tun,  Tue,  Tug,  dem  Kriegsgott *), 
von  Wodan  oder  Odin,  dem  Merkur,  und  von  Thor, 
dem  Jupiter  oder  Donnergott  der  Sachsen  und  Scandina- 
vier  entlehnt  sind,  leidet  keinen  Zweifel.  Auch  das 
englische  Friday,  schwedische  Fredag  und  deutsche 
Freitag  hängt  höchstwahrscheinlich  mitderFrea  oder 
Friga,  der  Yenus  dieser  Völker,  zusammen.  Sonn- 
tag und  Montag  sind  Uebersetzungen  yon  dies  solis 
und  bmae.  Sonnabend  ist  aus  Sonntag-Abend, 
d.i.  Tag  yor  Sonntag,  entstanden.  Das  obeideatsche 
Samstag  ist  das  zusammengezogene  Sabbathstag, 
und  das  englische  Saturday  das  römische  dies  Sa- 
tumi,  wenn  man  nicht  lieber  auch  hier  mit  Johnson 
an  den  ähnlich  klingenden  Namen  eines  sächsischen 
Idok  denken  will  % 


^}  Auch  unser  Dinstag  wiU  Adelung  daron  herleiten.  Nach 
andern  soU  es  so  yiel  als  dies  iudicii  sein,  weil  man  Torzüglicb 
an  diesem  Tage  Gericht  gehalten  habe  (?),  und  Ding  im  allen 
Deutsch  so  Tiel  als  Gericht  heifse. 

')  Man  Tergleicfae  über  dies  Alks  Wachter*s  Glossarium  und 
Dissertatio  historicO'-philologica  de  hebdomade  gentiiuim  ei 


Ghkistlichb  Völker.  183 

Bei  dieser  Gelegenheit  bemerke  ich,  dals  imser 
Wort  Woche  aus  dem  gothisdien  PFik  entstanden,  ist, 
welches  heim  Ulfilas  so  viel  als  Ordnung,  regel-* 
mäfsigen  Wechsel,  bedeutet,  und  vieUeicht  dsM 
lateinischen  vicis  verwandt  ist.  Die  Angelsachsen  hc^ 
ben  es  fiir  Woche  gebraucht,  i/uia  hehdomas  est  sep^ 
fem  dierum  ordo  conünuo  recurrens^  wie.  sich  Wäch- 
ter ausdrückt. 

Die  Aufgabe,  den  Wochentag  zu  finden,  der 
einem  gegebenen  Monatstage  der  christlichen 
Zeitrechnung  angehört,  ist  von  Wichtigkeit,  Weil 
«ich  häufig  neben  dem  Datum  zugleich  die  Ferie '  et* 
wähnt  findet,  und  letztere  Gelegenheit  geben  kann, 
ersteres  zu  prüfen  und  zu  berichtigen.  Folgende  Me- 
thode ist  leicht  zu  übersehen.  Jedes  vierte  Jahr  der 
christlichen  Aere  vom  Anfange  hinein  ist  ein*  Schalt- 
jahr. Man  kann  daher  die  ganze  Jahn^ihe  in  Schalt* 
Perioden  zu  je  3  X  365+ 366  s  1461  Tagen  theilen.  Um 
nun  die  Zahl  der  Tage  zu  berechnen,  die  vom  An* 
fange  der  Aere  bis  auf  ein  gegebenes  Datum  verflossen 
sind,  dividire  man  die  um  eine  Einheit  verminderte 
Jahrzahl  durch  4.  Der  Quotient  zeigt  die  Anzahl  der 
abgekttfenen  Schaltperioden  und  der  Rest  die  noch  .ab- 
gelauienen  Gemeinjahre  an.     Man  multiplicire  also  je* 


dierum  a  planetis  denominatione  (Berlin  1747,  4) ,  eine  fleifsig 
susammengetrsgene  Schrift,  angeblich  ron  einer  Societas  litlera« 
ria.  Auch  yerdient  hier  erwähnt  zu  wexxlen:  P.  Joseph  Fuchs 
Abhandlung  yon  den  Wochentagen  aus  den  Geschich- 
ten der  alten  Hebräer,  Griechen,  Römer  und  Deut- 
schen zur  Erläuterung  eines  bei  Mainz  gefundenen 
alten  heidnischen  Altars  mit  acht  Götzenbildern. 
(Mainz  1773,  4.) 


184  Technische  Chronologie» 

nea  mit  1461  und  diesen  mit  365 ,  und  addixe  beide 
Prodncte.  Auf  diese  Weise  erhält  man  sammtliehe  bis 
auf  den  Anfang  des  gegebenen  Jahrs  verflossenen  Tage. 
Hiäzu  addire  man  noch  die  bis  zum  Anfange  des  ge- 
gebenen Monats  abgelaufenen  Tage  des  Jahrs,  die  man 
aus  einer  oben  (1 ,  103)  mitgetheilten  Tafel  entlehnen 
kann,  und  die.  Tage  des  laufenden  Monats»  Die  Summe 
ist  die  gesuchte  Zahl  aller  bis  zum  gegebenen  Datum 
einschließlich  verflossenen  Tage  der  christlichen  Aere. 
Nun  ist  der  erste,  mithin  der  achte,  fünfzehnte,  kurz 
jeder  siebente  Tiig  dieser  Aere  ein  Sonnabend«  Divi- 
dirt  man  also  die  gefundene  Summe  durch  sieben,  so 
wird  dem  Re^t  1  der  Sonnabend,  dem  Rest  2  der 
Sonntag,  kurz 

dem  Rest  12  3  4  5  6  0 
der  Wochentag  "fe  O  tt  cf  5  2|-  g 
angehören.  Es  mufs  aber  hiebei  nach  dem  alten  Ka- 
lender gerechnet  werden,  der  nie  eine  Unterbrechung 
erlitten  hat.  Ist  ein  Datum  nach  dem  neuen  Stil  ge- 
geben, so  mufs  man  es  zuvörderst  auf  den  alten  vedu- 
ciren.  Der  neue  zählt  mehr  vom  5.  Oktober  1582  bis 
«um  24.  Februar  1700  zehn  Tage,  bis  dahin  1800 
elf,  bis  dahin  1900  zwölf,  bis  wieder  dahin  2100 
dreizehn  u.  s.  w«  Es  sei  z.  B.  die  Ferie  des  heutigen 
20.  Novembers  neuen  oder  8.  Novembers  alten  Stils  des 
Jahrs  1825  zu  finden:  1824  durch  4  dividirt  gibt  den 
Quotienten  456  ohne  Rest,  und  456  x  1461  «b  666216. 
Bis  ans  Ende  des  Oktobers  verfliefsen  im  Gemeinjahr  304 
Tage  und  im  November  noch  8.  Man  hat  demnach 
6662 1 6 -H  304 +  8  »666528  Tage,  welche  durch  7  divi- 
dirt den  Rest  2,  also  nach  obiger  Tafel  den  Sonnlag 
geben. 


G^&rSTLICHB  YÖLKBB.  186 

Eine  andere  Methode,  die  Ferie  eines  llfonatstages 
zu  bestimmen,  hat  man  zum  Behuf  der  Berechnung 
des  Osterfestes  erfunden,  eines  Festes,  das  bekanntlich 
von  den  Christen  immer  am  Sonntage  gefeiert  wird. 
Es  ist  folgende.  Wenn  das  bürgerliche  Jahr  durchgän- 
gig 365  Tage  oder  52  Wochen  und  einen  Tag  hielte, 
so  würde  der  Anfang  desselben  der  Reihe  nach  von 
einem  Wodientage  zum  andern  fortschreiten,  und  nach 
sieben  Jahren  zu  demselben  Tage  zurückkehiren;  Da  aber 
jedes  yierte  Jahr  366  Tage  oder  52  Wochen  uhd  2  Tage 
hat,  so  muls  der  Anfang  des  auf  ein  Schaltjahr  folgen- 
den Geineinjahrs  um  zwei  Wochentage  vorschreiten,  so 
dais,  wenn  das  Schaltjahr  z.  B.  mit  einem  Freitage  an- 
gefangen, das  nächste  Jahr  mit  einem  Sonntage,  das 
folgende  mit  einem  Montage «  das  folgende  mit  einem 
Dinstage,  das  folgende  (wieder  ein  Schaltjahr)  mit  einem 
Mittwoch,  das  folgende  mit  einem  Freitage  u.  s.  w.  be- 
ginnt. Rechnet  man  auf  diese  Weise  weiter,  so  findet 
man,  dals  erst  wieder  nach  28  Jahren  ein  Schaltjahr  auf 
den  Fi-eitag  trifft,  mithin  erst  dann  dieselben  Wochen- 
tage ganz  wieder  mit  denselben  Monatstagen  überein- 
stimmen. Dieser  Zeitraum  wird  yon  den  Chronologen 
Sonnencirkel  genannt,  weil  dabei  das  Sonhenjahr 
yon  365  Tagen  6  Stunden  zum  Grunde^  liegt. 

Theilt  man  die  sämmtlichen  Tage  des  Jahrs  vom 
I.Januar  an  in  Perioden  zu  je  sieben  Tagen,  und  be- 
zeichnet die  Tage  einer  jeden  der  Reihe  nach  mit  den 
immer  wiederkehrenden  sieben  Buchstaben  A,  B,  C,  D, 
E,  F,  6,  so  wird  der  Buchstab,  der  jedesmal  auf  den 
Sonntag  triiSt,  der  Sonntagsbuchstab  des  Jahrs  ge- 
nannt. Fängt  z«  B.  das  Jahr  mit  einem  Sonnabend  an, 
so  ist  B  der  Sonntagsbuchstab,  weil  dann  der  zweite 


186  Technische  Chronologie. 

Januar,  der  immer  mit  B  bezeiclmet  wird,  ein  Sonn- 
tag ist.-  Eben  so  mufs  der  Sonntagsbuchstab  C,  D,  E, 
F,  6  sein,  wenn  das  Jahr  mit  einem  Freitag,  Donners- 
tag, Mittwodi,  Dinstag,  Montag  anfkngt.  Trifft  der 
1.  Januar  auf  einen  Sonntag,  so  ist  A  der  Sonntags- 
buchstab. 

Aber  nicht  bloft  der  Wochentag  des  1.  Januars 
wird  durch  den  Sonntagsbuchstaben  bestimmt,  sondern 
zugleich  der  jedes  andern  Datums«  Denn  da  der  Januar 
yier  Wochen  und  drei  Tage,  der  Februar  gerade  yier 
Wochen,  der  Mttrz  vier  Wochen  und  drei  Tage  u.s.w. 
hält,  so  überzeugt  man  sich  sogleich  yon  der  Richtig- 
keit folgender  Tafel,  wdche  den  An&ngsbuchstaben 
eines  jeden  Monats  gibt: 

Januar    A         Mai       B  September  F 

Februar  D         Junius  £  Oktober      A 

März  D  Julius  6  November  D 
April  6  August  C  Deoember  F 
Wenn  man  femer  bedenkt,  dafii  der  erste,  achte,  fünf- 
zehnte, zweiundzwanzigste  und  neunundzwanzigste  alle- 
mahl einerlei  Buchstaben  haben,  so  wird  man  leicht 
durch  Weiterzahlen  den  Buchstaben  finden,  der  jedem 
Monatstage  angehört.  So  hat  der  20.  November  den 
Buchstaben  B,  weil  der  erste  mit  D  bezeichnet  ist* 
Kennt  man  nun  den  Sonntagsbuchstaben  des  Jahrs,  so 
weifs  man  zugleich,  auf  welchen  Wochentag  jedes  Da- 
tum trifft«  Im  Jahr  1825  corrcspondiren  die  Wochen- 
tage und  Buchstaben  wie  folgt: 

B      G      D      E      F      6     A 

woraus  erhellet,  dafs  der  20.  November,  der  allemahl  den 
Buchstaben  B  hat,  in  diesem  Jahr  ein  Sonntag  ist. 


Ghbistlighb  yÖLX.SH.  187 

Damit  in  einem  Schaltjahr,  worin  der  Fehmar 
einen  Tag  mehr  ak  gewöhnlidi  hat,  die  eben  bemerkte 
Folge  der  Anfangsbuchstaben  eines  jeden  Monats  nicht 
gestört  verde,  also  obige  Tafel  für  alle  Jahre  gelten 
möge,  hat  man  folgende  Einrichtung  getroffen»  Es  bt 
zwar  gleichgültig,  welchen  Tag  im  Februar  man  als 
den  eingeschalteten  betrachten  will,  ob  den  letzten  oder 
ii^jend  einen  andern«  Allein  es  ist  herkömmlich,  den 
24.  Februar  in  den  Kalendern  ausdrücklich  als  den 
Schalttag  aufzuführen,  weil  ihn  lulius  Cäsar  dazu 
gemacht  hat^).  Diesem  Tage  nun  gibt  man  denselben 
Buchstaben  F,  der  dem  folgenden  angehört,  wodurch  6, 
sonst  der  Buchstab  des  2Ssten,  auf  den  26sten  über- 
geht, so  dafs  mit  dem  1.  März  alles  wieder  ins  Geleise 
kommt.  Dadurch  mufs  sich  aber  der  Sonntagsbuchstab 
ändern;  denn  da  in  der  Woche,  auf  die  der  Schalttag 
trifft,  zwei  Tage  einerlei  Buchstaben  haben,  so  werden 
von  dem  vorhergehenden  Sonntage  bis  zum  nachfol- 
genden nur  sechs  Buchstaben  gezählt,  und  es  mufs 
daher  der  Sonntagsbuchstab,  wenn  er  vor  dem  Schalt« 
tage  z.B.  D  ist,  nach  demselben  C  sein.  Jedes  Schalt- 
jahr hat  mithin  zwei  Sonntagsbuchstaben,  von  denen 
der  spätere  im  Alphabet  den  Sonntagen  vor,  und  der 
frühere  den  Sonntagen  nach  dem  Schalttage  angehört. 
Ueberhaupt  folgen,  wie  man  leicht  sieht,  die  Sonntags- 
buchstaben von  einem  Jahr  zum  andern  in  rückgängiger 
Ordntmg  auf  einander.    So  ist  6  der  Sonntagsbuchstab 


*)  Er  setzte  nämlich  den  Schalttag  zwischen  Terminalia  und 
Regifugium  (2, 129),  d.  i.  zwischen  den  23sten  Februar  und  den 
Tag,  der  im  Gemeinjahr  der  24ste  ist  und  im  Schaltjahr  der 
25ste  wird.  Im  christlichen  Kalender  ist  Regifugium  der  Mat- 
thiastag. 


188 


Technische  Chronologie. 


des  JaliTS  1821,  F  des  Jahrs  1822,  E  des  Jahrs  1823, 
DG  des  Jahrs  1824,  B  des  Jahrs  1825  u.  s.  w. 

Nach  Ablauf  des  Sonnencirkels  kehren  die  Sonn- 
tagsbuchslaben in  gleicher  Ordnung  wieder,  daher  der- 
selbe auch,  und  schicklicher  noch,  der  Sonntags- 
buchstabencirkel  genannt  werden  könnte«  Man 
hat  nun  die  Sonntagsbuchstaben  dergestalt  an  diesen 
CiriLcl  gereiht,  dafs  man  dem  letzten  Jahr  den  Buch- 
staben A  gegeben  und  das  erste  zum  Schaltjahr  ge- 
macht hat.  Dadurch  ist  folgendes  Yerhältniis  der  Sonn- 
tagsbuchstaben zu  den  Jahren  des  Sonnencirkek  ent- 
standen : 


Sonnen- 

Sonntags- 

Sonnen- 

Sonntags- 

cirkel. 

buchstab. 

cirkel. 

buchslab. 

b.  1 

GF 

15 

c 

2 

£ 

16 

B 

3 

D 

b.l7 

AG 

4 

C 

18 

F 

b.   5 

BA 

19 

£ 

6 

6 

20 

D 

7 

F 

b.21 

OB 

8 

E 

22 

A 

b.   9 

DC 

23 

G 

10 

B 

24 

F 

11 

A 

b.25 

ED 

12 

G 

26 

C 

b.  13 

FE 

27 

B 

14 

D 

28 

A 

b  bezel< 

ebnet  die 

i  Schaltja 

ihre. 

Um  aber  diesen  so  geordneten  Cirkel  zur  Bestim- 
mung der  Sonntagsbuchstaben  gebrauchen  zu  können, 


Ghaistlighb  YÖLKEa.  189 

kommt  es  darauf  an,  ihn  dergestalt  an  die  christliche 
Aere  zu  knüpfen,  dafs  ein  Schalljahr,  welches  mit  einem 
Montage  anfangt,  das  erste  des  Cirkels  werde.  Ein 
solches  war  unter  andern  das  neunte  vor  unserer  Zeitp 
rechnung.  Hierauf  gründet  sich  folgende  Regel:  man 
addire  zur  Jahrzahl  9  und  diyidire  die  Summe  durch  28. 
Der  Rest  gibt  das  jedesmalige  Jahr  des  Sonnencirkels, 
oder,  wie  man  sich  wol  kurz  auszudrücken  pflegt,  den 
Sonnencirkeh  Bleibt  kein  Rest,  so  ist  der  Sonnen- 
cirkel  28.  So  findet  sich,  dais  im  Jahr  182S  der  Son- 
nendrkel  14,  mithin  der  Sonntagsbuchstab  DisU  Hie- 
bei  ist  aber  nur  vom  alten  Kalender  die  Rede.  Um 
den  Sonniagsbuchstaben  im  neuen  zu  erhalten,  bediene 
man  sich  folgender  Yei^ leichungstafeln  der  Buchstaben 
beider  Kalender  (iir  die  Unterschiede  von  10,  11,  12 
und  13  Tagen,  die,  wie  wir  vorhin  (2, 184)  gesehn  ha- 
ben, während  Jes  Zeitraums  von  1582  bis  2100  ein- 
treten.   Es  gehören  bei  einem  Unterschiede 

von  zehn  Tagen 
A    B    G    D    E    F    G     im  alten 
zuDEFGABGim  neuen; 

von  elf  Tagen 
A    B    G    D    E    F    G    im  alten 
zuEFGABCDim  neuen; 

von   zwölf  Tagen 
ABGDEFGim  alten 
zuFGABGDEim  neuen; 

von  dreizehn  Tagen 
ABGDEFGim  alten 
zuGABGDEFim  neuen. 


190  Teehnischo  Chronologe. 

Wenn  ako  x.B.  nach  dem  Wodientage  gefingt  wiid, 
anf  den  der  24.  Jannar  nenen  Slik  des  Jahn  1712,  der 
Geburtstag  Friedrich's  des  Groiaen,  traf,  ao  ergibt  skji 
zavörderst  der  Sonnencirkd  13,  dem  im  alten  Kalen- 
der die  Sonntagsbachstaben  F  und  E  entsprechen.  Hier 
gilt  der  erste.  Der  Unterschied  beider  Kalender  belmg 
damals  elf  Tage»  und  bei  diesem  Unterschiede  oorve» 
spondirt  F  im  alten  mit  G  im  neuen.  Nun  hat  der 
24.  Januar  den  Buchstaben  G;  Friedrich  ist  also  an 
«nem  Sonnuge  gebarea. 

So  viel  über  die  Woche  der  chrisdidien  Yäker. 
Was  ihre  Monate  betfifll,  so  behalten  sie,  mit  Auf- 
nahme der  koptisdien  und  abessinischen  Christen,  die 
noch  immer  den  akxandrinischen  Kalender  (1, 143)  ge» 
brauchen,  ganz  die  von  lulius  Gäsar  augeordnete 
Form  derselben  bei,  nach  der  auf  den  Januar,  Man, 
Blai,  Julius,  August,  Oktober  und  Deoember  31,  auf 
den  April,  Junius,  September  und  November  30  und 
auf  den  Februar  im  Gemeinjahr  28 ,  im  Schalljahr  29 
Tage  gerechnet  werden.  Auch  die  Namen,  welche  die 
Monate  in  den  heutigen  europäischen  Sprachen  (Uhren, 
sind  meistens  die  mehr  oder  minder  entstell len  römi- 
schen; doch  kommen  auch,  besonders  bei  den  germa- 
nischen und  slavischen  Völkern,  eigenlhümliche  Benen- 
nungen vor,  deren  ZusammensteUung  uns  hier  sn 
weit  führen  würde.  Ich  begnüge  mich,  deishalb  auf 
Joh.  Albert  Fabricius  bekannte,  leider  sehr  un« 
kritische,  Gompilation  ^)  zu  verweisen,  wo  man  wenig- 


*)  Menohgium  sive  libeUus  de  mensibus,  cenium  cireiter 
populomm  menses  recensens  atque  inier  se  conferens,  Hain* 
borg  1711^1  8. 


GHaiSTLIGfiB   YöliKER.  191 

stens  Bächer  genug  genannt  finden  wird,  ans  denen 
man  sich  weiter  Raths  erhohlen  kann*  Ueher  die  yon 
Karl  dem  Grofsen  eingeführten  deutschen  Monats- 
namen, die  sich  zum  Theil  noch  im  Gebrauch  erhalten 
haben,  ist  Eginhard  ni  vergleichen*). 

Die  römische  Eintheilung  der  Monate  nach  Ca- 
lenden,  Nonen  und  Idus,  und  die  damit  zusam- 
menhangende, unsern  Begriffen  nach  widersinnige,  Da- 
tirungsweise  ist  erst  sehr  allmählig  auiser  Gewohnheit 
gekommen.  Gregor  ins,  der  Grofse  genannt,  Papst 
seit  590 ,  soll  der  erste  gewesen  sein ,  der  die  Monats- 
tage  hintereinander  fortgezählt  hat;  er  fand  aber  so 
lange  wenig  Nachfolger,  bis  man  anfing  in  den  neuem 
Sprachen  zu  schreiben.  Noch  1350  liefs  der  König 
Peter  von  Arrogonien  deisfalls  einen  landesherrlichen 
Befehl  ergehen  ')•  Auch  war  im  Mittelalter  nichts  ge- 
bräuchlicher,  als  beim  Datiren  die  Tage  mit  den  Na* 
men  der  Apostel  und  Helligen  zu  bezeichnen,  die  an 
ihnen  verehrt  wurden,  und  man  hat  sich  daher  mit 
denselben  bekannt  zu  machen,  wenn  man  beim  Lesen 
-von  Urkunden  und  Ghrqniken  keinen  Anstols  finden 
will.  Noch  ietzt  kommt  diese  Bezeichnungsweise  im 
bürgerlichen  Verkehr  häufig  vor ,  z.  B.  bei  Angabe  der 
Jahrmarkte  in  den  Yolkskalendem. 

Wir  gehen  nun  zu  einem  Hauptpunkt  der  christ- 
lichen Zeitrechnung,  zur  Bestimmung  des  Oster- 
festes,  über. 

Zuvörderst  müssen  wir  die  Art  und  Weise  kennen 
lernen ,   wie  man  dieses  Fest  bis  auf  die  gregorianische 


')    yUa  Caroli  Magni  c.  29. 

')  Du  Gange  Glossar,  v.  annus.  Tom.  I,  col.  468. 


192  Teohnische  Chronologie. 

Reform  bereclanet  hat  und  im  alten  Ealoider  noch  jeut 
berechnet.  Es  liegt  dabei  folgende  Regel  cum  Grunde, 
die  sich  in  den  ersten  Jahrhunderten  der  Christenheit 
gebildet  hat:  Das  Osterfest  wird .  allemahl  an 
einem  Sonntage  gefeiert«  und  zwar  an  dem, 
der  zunächst  auf  den  Frühlingsvollmond 
folgt,  und  wenn  dieser  Vollmond  auf  einen 
Sonntag  trifft,  jedesniahl  an  dem  nächstfol- 
genden. .  Unter  dem  Frühlingsvollmonde  ver- 
steht ^lan  aber  denjenigen,  der  entweder  am  21.  Mitrx, 
an  den  man  ein  für  allemahl  den  Anfang  des  Frühlings 
geknüpft  bat,  oder  zunächst  nach  demselben  eintritt. 
Er  wird  Terminus  paschaUs,  Ostergrenze,  genannt* 
Man  sieht  demnach,  es  kommt  bei  der  Bestimmung  des 
Osterfestes  auf  zweierlei  an,  einmahl  das  Datum,  und 
dann  den  Wochentag  der  Ostergienze  zu  finden.  Von 
der  letztern  Aufgabe  ist  schon  gehandelt  worden;  wir 
haben  also  nur  noch  die  erste  zu  lösen. 

Die  Ostergrenze.  wird  nicht  mit  Hülfe  astronomi- 
scher Tafeln,  deren  Handhabung  nicht  jedannanns  Sache 
ist,  sondern  cyklisch  auf  ^ine  Weise  berechnet,  die 
auch  der  Laie  leicht  zu  begreifen  im  Stande  ist.  Sowohl 
in'  der  mathematischen  Chronologie  (1,  47)»  als  in  der 
griechischen  und  hebräischen  Zeitrechnung  (1,313,578) 
ist  des  Gydus  von  235  synodischen  Monaten  gedacht 
worden,  die  sich  sehr  nahe  mit  neunzehn  Sonnen  jäh- 
ren ausgleichen.  Dieser  Zeitkreis,  den  die  Chronologen 
schlechthin  den  Mondcirkel  nennen,  wird  bei  Be- 
stimmung des  Osterfestes,  des  christlichen  so  wie  des 
jüdischen,  zum  Grunde  gelegt* 

In  dem  beliebig  gewählten  ersten  Jahr  des  Mond- 
cirkels   traf  ein  Neumond  auf  den  23.  Januar.    Zählt 


GhhISTLIGHB   YÖliKBR.  193 

man  von  diesem  abwechselnd  29  und  30  Tage  weiter, 
so  erhdt  man  die  Neumonde  des  ersten  Jahrs.  Diese 
Neumondstage  werden  im  alten  Kalender  mit  I  bezeich- 
net. Rechnet  man  femer  vom  Iß.December,  auf  den 
der  letzte  Neumond  des  ersten  Jahrs  trifft,  30  Tage 
vorwärts,  so  gelangt  man  zum  12.  Januar,  als  dem  ei-sten 
AMlmonde  des  zweiten  Jahrs,  den  man, 'wie  die  folgen- 
den, mit  n  andeutet.  So  geht  man  durch  alle  neun- 
zehn Jahre  des  Monddrkels  fort,  nur  dafs  man  zuweilen 
zwei  30tägige  oder  volle  Monate  hintereinander  zählen 
muis,  weil  der  mittlere  synodische  Monat  nicht  gerade 
29  Tage  12  Stunden,  sondern  44'  3"  piehr  hält.  Auf 
diese  Weise  ergibt  sich  nachstehender  Kalender,  den 
man  den  julianisohen  nennt,  weil  ihni  das  Jahr  des 
lulius  Cäsar  zum  Grunde  liegt.  Man  findet  ihn  in 
vielen  Büchern,  unter  andern  in  Glavü  grossem  Weri^e 
über  den  gregorianischen  Kalender*)  und  in  Chri- 
stian Wolfs  Chronologie'). 


«)   S.108. 

*)  Elemmta  Matheseos  Tom.  IV.  p.  165. 


t  M  -- 


n.  .  [13] 


194 


Chnmohgie» 


Immerwährender  jolianischer  Kalender. 


Januar. 

Februar. 

Mars. 

April. 

1 

A  m 

D 

DIU 

G 

2 

B 

E  XI 

E 

A  XI 

3 

C  XI 

F  XiX 

F  XI 

B 

4 

D 

G  VIII 

G 

C  XIX 

5 

E  XIX 

A 

AXIX 

D  VIII 

6 

F  VIII 

B  XVI 

B  VIII 

E  XVI 

7 

6 

CV 

C 

F  V 

8 

A  XVI 

D 

DXVI 

G 

9 

B  V 

EXIII 

E  V 

AXIII 

10 
11 

C 

F  II 

F 

B  II 

DXIII 

6 

G  XIII 

C 

12 

E  II 

A  X 

A  II 

DX 

13 

F 

B 

B 

E 

14 

GX 

C  XVIH 

C  X 

F  XVIII 

15 

A 

Dvn 

D 

G  VII 

16 

B  XVIII 

E 

E  XVUI 

A' 

17 

C  VI! 

F  XV 

F  VII 

B  XV 

18 

D 

Grv 

G 

C  IV 

19 

E  XV 

A 

A  XV 

D 

20 
21 

F  IV 

B  XII 

B  IV 

EXII 

6 

C  I 

C 

F  I 

22 

A  XII 

D 

DXII 

G 

23 

B  I 

E  IX 

E  I 

A  IX 

24 

C 

F 

F 

B 

25 

DIX 

GXVII 

GIX 

C  XVII 

26 

E 

AVI 

A 

D  VI 

27 

F  XVII 

B 

B  xvn 

E 

28 

G  VI 

C  XIV 

C  VI 

F  xrv 

29 

A 

D 

GIII 

30 

B  xrv 

E  XIV 

A 

31 

C  III 

F  III 

Ghristlighb  Völker. 


196 


Immerwälirender  julianischer  Kalender. 


1 

Mal. 

Junias. 

Juliua. 

Au^l. 

B  XI 

E 

G  XIX 

C  VIII 

2 

C 

F  XiX 

A  VIII 

D  XVI 

3 

DXIX 

GVIII 

B 

E  V 

4 

E  vm 

AXVI 

C  XVI 

F 

5 

p 

B  V 

D  V 

Gxm 

6 

G  XVI 

C 

E 

A  II 

7 

A  V 

Dxm 

F  XIII 

B 

8 

B 

E  II 

G  II 

C  X 

9 

CX1II 

F 

A 

D 

10 

D  II 

GX 

6  X 

E  XVIII 

11 

E 

A 

C 

F  VII 

12 

FX 

B  XVIII 

D  XVIII 

G 

13 

6 

C  VII 

E  VU 

A  XV 

14 

A  XVIII 

D 

F 

B  IV 

15 

B  VII 

E  XV 

G  XV 

C 

16 

C 

F  rv 

A  rv 

DXII 

17 

D  XV 

G 

B 

E  I 

18 

E  IV 

AXII 

G  XII 

F 

19 

F 

B  I 

DI 

G  IX 

20 

6  XII 

C 

E 

A 

21 

A  I 

DTX 

F  IX 

B  XVII 

22 

B 

E 

G 

GVI 

23 

C  IX 

F  XVII 

A  XVU 

D 

24 

D 

GVI 

B  VI 

E  XIV 

25 

E  XVII 

A 

C 

F  lU 

26 

F  VI 

B  XIV 

D  xrv 

6 

27 

6 

C  III 

E  III 

A  XI 

28 

A  xrv 

D 

F 

B 

29 

B  iii 

E  XI 

GXI 

C  XIX 

30 

C 

F 

A 

D  VIII 

31 

D  XI 

B  XIX 

E 

(13'] 


196 


Technisciie  Chronologie. 


Immerwährender  julianischer  Kalender. 


1 

September. 

Oktober. 

NoTember. 

December. 

F  XVI 

A  XVI 

D 

F  XIII 

2 

G  V 

B  V 

E  XIII 

GII 

3 

A 

CXUI 

F  II 

A 

4 

B  XIU 

DU 

G 

B  X 

5 

GII 

E 

A  X 

C 

6 

D 

F  X 

B 

DXVIU 

7 

E  X 

G 

C  XVIII 

E  VII 

8 

F 

A  XVIII 

DVU 

F 

9 

G  XV III 

B  VII 

E 

GXV 

10 
11 

A  VII 

C 

F  XV 

A  IV 

B 

D  XV 

G  IV 

B 

12 

C  XV 

E  IV 

A 

C  XU 

13 

DIV 

F 

B  XU 

DI 

14 

£ 

Gxn 

C  I 

E 

IS 

F  XTI 

A  I 

D 

F  IX 

16 

G  I 

B 

EIX 

G 

17 

A 

C  l\ 

F 

A  XVII 

18 

B  IX 

D 

G  XVII 

B  VI 

19 

C 

E  XVII 

A  VI 

C 

20 
21 

D  XVII 

F  VI 

B 

DXIV 

E  VI 

G 

C  XIV 

E  lU 

22 

F 

A  XIV 

D  III 

F 

23 

GXIV 

B  III 

E 

GXI 

24 

A  III 

C 

FXI 

A 

25 

B 

DXI 

G 

B  XIX 

26 

C  XI 

E 

A  XIX 

C  VIII 

27 

D 

F  XIX 

B  VUI 

D 

28 

E  XIX 

G  vm 

C 

E  XVI 

29 

F  VIII 

A      . 

DXVI 

F  V 

30 

G 

B  XVI 

E  V 

G 

31 

C  V 

AXIU 

J^ 


Christliche  Völker.  197 

Die  römischen  2aUen  von  I  bis  XIX,  die  hier  die 
Tage  der  Neumonde  während  der  neunzehn  Jahie  des 
Mondcirkels  bezeichnen,  werden  die  güldenen  —  nu- 
meri  aurei  —  genannt  ^)«  Um  nun  diesen  KLanon  rich- 
tig an  den  Himmel  zu  knüpfen,  kommt  es  darauf  an, 
mit  einem  Jahr  anzufangen,  dessen  erster  Neumond 
auf  den  23.  Januar  trifll.  Ein  solches  war  das  erste 
;^or  Christi  Geburt.  Hierauf  gmndet  sich  folgende  ein- 
fache Begel:  um  das  jedesmalige  Jahr  des  Mondcir- 
kels, wie  ihn  die  Christen  gebrauchen,  oder  die  gül- 
dene Zahl  zu  erhalten,  addire  man  zur  christlichen 
Jahrzahl  1  und  dividire  die  Summe  durch  19.  Het 
Rest  ist  die  güldene  Zahl,  und  bleibt  kein  Rest,  so  ist 
sie  19.  'So  findet  sich,  dafs  das  jetzige  Jahr  1825  das 
zweite  des  Mondcirkels  ist,  wo  nach  unserer  Tafel  der 
12.  Januar,  10.  Februar,  12.  März,  10.  April  u.  s.  w. 
alten,  oder  der  24.  Januar,  22.  Februar,  24.  März, 
22.  April  neuen  Stils  Neumondstage  sein  sollen.  Es 
haben  sich  aber  die  Neumonde  in  der  Wirklichkeit  be- 
reits am  19.  Jannar,  17«  Februar,  19.  März  und  18.  April 
ereignet.  Man  sieht  also,  dais  dieser  sogenannte  immer- 
währende Kalender  kein  immerwährender  ist,  son« 


')  Diese  BeDennung  ist  im  Mittelalter  entstanden,  Termuthlich 
erst  nach  Beda,  in  dessen  SchriAen  ich  sie  noch  nicht  finde. 
Durandus  oder  Durantis^  ein  italiänischer  Rech tsgclehrter  des 
dreizehnten  Jahrhunderts,  sagt  in  seinem  Rationale  divino mm 
ojjiciorufn  LVIII,  c.  11 :  Dicitur  aureus  numerus  per  similitU" 
dinem,  quia  sicut  aurum  superai  omnia  metalla,  iia  iste  nu" 
merus  omnes  alias  raliones  lunares  excellit.  Die  Benennung 
kann  aber  auch  ganz  einfach  daher  rühren,  dafs  die  güldenen 
Zahlen  in  den  im  Mittelalter  gemachten  Kopien  des  immerwäh- 
renden julianischen  Kalendera  mit  goldener  Dinte  geschrieben 
wurden. 


198  TecJmische  Chronologie. 

dem  dich  seit  seiner  Einfahmng  in  den  ersten  Jahr- 
hunderten der  Christenheit  um  vier  bis  fiinf  Tage  ver- 
schoben hat.  Der  Grund  davon  ist,  dals  neunsehn 
julianische  Jahre  um  anderthalb  Stunden  länger  sind, 
als  235  Mondmonate  von  mittlerer  Dauer.  Dieser  Un- 
terschied häuft  sich  nach  310  Jahren  su  einem  Tage 
an,  um  welchen  dann  die  wirklichen  Neumonde  früher 
eintieffen,  als  die  cyklischen. 

Aus  den  Neumonden  müssen  wir  nun  weiter  die 
Vollmonde  herleiten*  Ueberall  findet  sldi  bei  den 
Verhandlungen  über  die  Feier  des  Osterfestes  in  den 
Schriften  der  Kirchenscribenten  der  Ausdruck  neraupt^- 
xflttdExan]  (ijfiipa  rr^  aiKriyrii)  oder  Luna  decima  tpuurta 
als  Benennung  des  Vollmonds tages  gebniudit.  Der 
Vollmond  ereignet  sich  zwar  im  Mittel  fast  15  Tage 
nach  der  Conjunction;  die  Griechen  zählten  aber  das 
Alter  des  Mondes  nicht  wie  wir  von  seiner  Zusammen- 
kunft mit  der  Sonne,  sondern  von  seiner  Sichtbarwer- 
düng  am  Abendhimmel,  mit  der  sie  auch  ihren  Monat 
begannen  (1,262).  Da  nun  von  der  ersten  Phase  bis 
zum  Vollmonde  in  der  Regel  13  Tage  verflieisen,  so 
zählten  die  ersten  Berechner  des  Osterfestes,  um  vom 
neuen  Lichte  zum  voUen  zu  gelangen,  13,  oder  mit 
EinscUuls  der  Ifoujüiijy^t  14  Tage  vorwärts.  Thun  wir 
dieses,  so  erhalten  wir  folgende  Tafel  der  Oster- 
gren zen,  die  wir  von  dem  Orte,  wo  sie  ohne  Zwei- 
fel entstanden  ist,  die  alexandrinisohe  nennen 
wollen. 


GnaiSTLiCHB  Völkeb. 


199 


Güldene 
Zahlen. 

Ostergrence. 

Güldene 
Zahlen. 

Ostergrence. 

1 
2 

5.  April.  D. 
25.  Mttn.  G. 

11 
12 

15.  April.  6. 
4.  April.  G. 

3 

13.  April.  £. 

13 

24.  Mutz.  F. 

4 

2.  April.  A. 
22.  M&rz.  D. 

14 
15 

12.  April.  D. 
1.  April.  6. 

6 

10.  April.  B. 

16 

21.  März.  G. 

7 
8 

30.  März.  E. 
18.  April.  G. 

17 
18 

9.  April.  A. 
29.  MUrz.  D. 

9 
10 

7.  April.  F. 
27.  März.  B. 

19 
1 

17.  April.  B. 
5.  April.  D. 

Um  in  der  Wahl  des  Neumondes,  von  welchem 
man  ausgehen  muls,  um  den  jedesmaligen  Ostervdll- 
mond zu  erhalten,  nicht  zu  irren,  erinnere  man  sich, 
dais  die  frühste  Ostergrence  der  21. Märt,  der  ange* 
nommene  Anfangstag  des  Frühlings,  ist«  Man  über* 
zeugt  sich  leicht,  da(s  die  Ostemeumonde  zwischen  dem 
8.  März  und  S.  April  einschlielslich  liegen  müssen.  Jenes 
Datum  gibt  als  frühste  Ostergrenze  den  21.  Mttrz,  die- 
ses als  späteste  den  18.  April.  Ist  der  21.  März  ein 
Sonnabend,  so  wird  das  Fest  gleich  am  folgenden  22sten 
gefeiert;  und  ist  der  18.  April  ein  Sonntag,  so  trifft  es 
erst  acht  Tage  später  am  25.  April  ein.  Dies  sind  die 
beiden  äuisersten,  um  fünf  Wochen  auseinander  liegen- 
den, Termine  der  Feier. 

Nichts  ist  nun  leichter ,  als  mit  Hülfe  vorstehen- 
der Tafel  den  Tag  der  Osterfeier  eines  gegebenen  Jahrs 
zu  finden.  Ist  z.  B.  vom  jetzigen  182S  die  Rede,  das 
ziui  Sonntagsbuchstaben  D  (2, 189)  und  zur  güldenen 


200  Technisdke  Chronologie. 

Zahl  2  hat  (2,197),  so  ist  die  Ostergrenze  der  2S.  März, 
und  da  dieser  mit  6  bezeichnet  ist,  so  mufs  man  noch 
vier  Tage  weiter  zählen,  um  zum  Sonntagsbuchstaben 
zu  gelangen«  Ostern  trifft  also  auf  den  29.  März  alten 
oder  10.  April  neuen  Stils«  Diese  Regel  gilt  aber  blois 
yom  julianischen  Kalender,  der  jetzt  nur  noch  bei 
den  griechischen,  nestorianischen  und  jakobitischen  Chri- 
sten im  Gebrauch  ist«  Ehe  von  der  Bestimmung  des 
Festes  im  gregorianischen  gehandelt  werden  kann, 
müssen  wir  sehen,  wie  sich  die  ganze  Osterrechnung 
geschichtlich  gestaltet  hat. 

Es  ist  schon  oben  (2,178)  bemerkt  worden,  dafs 
die  Feier. des  Sonntags  besonders  zum  Andenken  an 
Christi  Auferstehung  unter  den  Bekennem  seiner  Lehre 
f^hzeitig  Aufgekommen  ist.  Natürlich  war  es^  dals 
man  eine  so  bedeutungsvolle  Begebenheit  auch  jährlich 
einmabl  um  die  JSeit  feierte,  wo  isie  sich  dem  Evangelium 
zufolge  iugetragßn,  und  da{s  man  damit  zugleich  ^ie 
Erinnerung  an  sieiuen  Tod  verband.  Die  Apostel  scbei- 
neu  hierüber  nichts  festgesetzt,  sondern,  wie  Socraies 
>8tgt^),.  in  diesem  Pankt,  so  wie  in  vielen  andern, 
der  Frömmigkeit  der  Chriaten  freien  Lauf  gelassen  su 
tiaben.  Kein  Wunder  also,  wenn  die  Feier  gleich  an- 
fangs sehr  verschieden  aus&el. 

Die  Chi'isteu  von  jüdiscbeir  Abkunft  setzten  die 
Feier  des  Passab  (1,495,514)  und  Wochenfestes 
(1,  497^521)  der  Juden  fort,  legten  aber  eine  christ- 
liche Bedeutung  hinein,  die  sich  sehr  natürlich  darbot. 
Wenn  sie  insbesondere  au  der  Luna  XIY  des  Nisan 
das  Passahmahl  feiertea,  so  war  ihnea  dieses  wichtig, 


*)   Hist.eccL\,22. 


Christliche  Völker.  201 

theils  weil  sie  das  Jüdische  Osterlamm  als  ein  Vorbild 
Gluisti  betrachteten ,  den  daher  Paulas  selbst  das 
Passah  der  Christen  nennt^),  theils  weil  sie  dadurch 
an  sein  letstes  mit  den  Jüngern  eingenommene  Mahl 
erinnert  wurden.  Den  folgenden  Tag,  die  Luna  XV, 
wehten  sie,  als  einen  Bufs*-  und  Fasttag,  dem  Anden- 
ken ah  Christi  Leiden,  und  an  dem  dritten  Tage,  der 
Luna  XVI,  begingen  sie,  welcher  Wochentag  es  auch 
sein  mochte,  die  Gedächtniiafeier  seiner  Auferstehung. 
Dieselben  Anordnungen  gingen  natürlich  auch  auf  die- 
jenigen Heidenchristen  über,  die  mit  den  jüdisch  «christ- 
lichen Gemeinden  in  Berührung  standen«  Alle  di^  in 
Syrien,  Mesopotamien  und  EJeinasien  zerstreut  wohnen- 
den Christen  feierten  das  Fassahfest  zugleich  mit  den 
Juden. 

Ganz  anders  gestaltete  sich  die  Sache  bei  den  Ge- 
meinden,' die  nicht  unter  einem  solchen  Einflüsse  stan- 
den, vielmehr  sieh  vom  Anfange  an  gegen  die  Beobach- 
tung des  jüdischen  Ceremonialgesetzes  erklärten.  Diese 
Gemeinden,  z.  B.  die  römische,  hatten  ursprünglich  nur 
Wochenfeste.  Den  Sonntag  feierten  sie  aus  dem  schon 
bemerkten  Grunde  als  ein  Freuden-  und  Dankfest,  und 
den  Freitag  wegen  des  Andenkens  an  Christi  Leiden 
als  einen  Fast-  und  Bufstag.  Indem  sie  nun  allmählig 
Einen  Sonntag  und  Einen  Freitag  im  Frühlinge  in 
dieser  Beziehung  besonders  hervorhoben,  entstand  das 
Osterfest  der  Heidenchristen.  Von  einem  Passahmahl 
war  unter  ihnen  keine  Rede. 

Bei  dieser  Darstellung  bin  ich  Hm.  Neander's 
Erläuterungen  über  die  Veranlassung  und  Be- 


')   1.  Brief  an  die  Gorinther  V,  7. 


202  Technische  Chronologie. 

schaffenlieit  der  ältesten  Paf8a,listreitigkeiten 
in  der  christlichen  Kirche  gefolgt  *)•  Etwas  an- 
ders stellt  Moshe  im  den  eigentlichen  Streitpunkt 
dar')«  Er  sagt,  das  Passahmahl  hätten  ursprimglich 
sämmtliche  Christen  gegessen,  nur  die  einen  zugleich 
mit  den  Juden  an  der  Luna  XTV,  die  andern,  um 
nicht  die  Fasten  vor  dem  Osterfeste ,  die  firnhieitig  in 
Gebrauch  gekommen,  unterbrechen  su  diirlen,  erst  in 
der  Nacht  vor  dem  Sonntage,  den  sie  zur  Osterfieier 
bestimmten«  AUein  die  Allgemeinheit  des  Ostermahls 
ist  keinesweges  eine  beglaubigte  ThatBache. 

Anftngs  lieis  jede  Gemeinde  der  andern  ihren  Ge- 
bmuch,  ohne  sie  zu  verketzern  •  Aber  schon  nach  der 
Mitte  des  zweiten  JahrhunderU  der  Christenheit  wurde 
der  Osterstreit  hin  und  wieder  mit  Bitterkeit  geführt. 
Man  nannte  diejenigen,  die  das  Passah  zugleich  mit 
den  Juden  an  der  Luna  XIY  aisen,  Tiovapsffxeuiocöairait 
Quartadedmani ,  und  beschuldigte  sie  der  Hinneigung 
zum  Judaismus^). 

'  Polycarpus,  Bischof  von  Smyma,  und  Anice- 
tus,  Bischof  von  Rom,  disputirten  über  diesen  G^gen- 


*)  S.  das   kirchenhistorische  ArchiT    Ton  Stäudlio, 

TschirDer  und  Vater,  1823,  2tes  Heft  S.90. 

')  De  rebus  Christianorum  ante  Consiantinum  Magnum  conu 
mentarii  p.  435. 

')  Man  vergleiche  Eu sebii  Hist,  eccL  lY,  l4  und  26,  V,  23  fi*. ; 
vita  Constant.  III,  5,  und  Epiphanius  in  der  Haeresis  L, 
welches  die  der  Quartadecimaner  ist.  Es  findet  sich  darin 
auch  die  Notiz  (p.  420  ed.  Petay.),  dai*s  einige  aus  dieser  Sekte 
das  Passah  aUemahl  am  2S,  Mäi'z  feierten,  als  an  dem  Tage,  an 
welchem  nach  den  apokryphischen  Akten  des  Pilatus  Christus 
gestorben  ist.  Auch  Gyrillus  gedenkt  dieses  Umstandes  in  sei- 
nem Prologus  paschaUs, 


Ghristlighb  Völker.  203 


stand  mündKch,  über  den  Melito  von  Sftides  nnd 
Apollinaris  von  Hlempolis  Schriflen  verfaOsten.  Die 
HaupUtreitfiage  war:  soll  in  den  christlichen  Gemein- 
den die  Passahmahlzeit  beibehalten  werden  oder  nicht? 
Die  Anhänger  des  jüdischen  Gebrauchs  behaupteten, 
dais  Christus  ein  eigentliches  Passahmahl  zugleich  mit 
den  Juden  eingenommen  habe*  Die  Gegenpartei  meinte, 
die  Unrichtigkeit  dieser  Ansicht  gehe  schon  daraus  hep- 
Tor,  dafii  er  das  letzte  Mahl  nicht  am  14ten,  sondern  am 
13ten  des  Monats  Nisan  gehalten  habe  (1,5,19).  „In 
„den  frühem  Jahren,''  sagt  Clemens  yon  Alexan- 
drien^),  „feierte  der  Herr  das  Passahfest  mit  den 
,,  Juden  und  afs  das  yon  ihnen  geschlachtete  Passah« 
,,lamm*  Da  er  aber  verkündigte,  dafii  er  selbst  das 
„Lamm  Gottes  sei,  lehrte  er  seine  Jünger,  was  die 
„vorbildliche  Bedeutung  des  heiligen  Gebrauchs  sei, 
,, gleich  am  dreizehnten." 

Nachdem  die  Streitigkeiten  eine  Zeitlang  fortge- 
dauert hatten,  glaubte  Victor,  römischer  Bischof  seit 
192  n.  Chr.,  ^e  Quartadecimaner  durch  Decrete  zwin- 
gen zu  müssen,  sich  in  die. Sitte  der  übrigen  Chsisten 
zu  fugen,  und  als  dies  nicht  geschah,  vielmehr  Poly« 
crates,  Bischof  von  Ephesus,  den  orientalischen  Ge- 
brauch zu  rechtfertigen  suchte,  excommunicirte  er  sie 
förmlich.  AUein  Iren  aus,  Bischof  von  Lugdunum, 
rieth  zur  Duldung,  und  da  sich  die  Asiaten  selbst  durch 
ein  langes,  in  der  Christenheit  verbreitetes.  Schreiben 
von  dem  Yerdacht  einer  willkührlichen  Neuerung  rei- 


')  In  einem  Fragment  seiner  Schrift  tnpl  tou  iretoT^a,    das  ans 
das  Chronicon  paschale  p.  7  der  par.  Ausg.  aufbewahrt  bat. 


2t[4  Technische  Chvnologie. 

nigten,  so  blieb  die  Sacbe  auf  sich  bemben,  bis  sie 
das  nicänische  Gonciliam  im  Jahr  325  wieder 
aufnahm  ^). 

Constantin  hatte  diese  Versammlung  berufen, 
nicht  blois  um  die  arianischen  Streitigkeilen  zu  schlich- 
ten, sondern  auch,  um  wegen  der  gemeinschaftlichen 
Osterfeier  einen  Beschluis  zu  üsusen.  Dies  gesdah; 
allein  die  Yäter,  die  yoraussahen,  dafii  die  östlichen 
Kirchen,  die  noch  gröCitentheils  das  Fest  zugleich  mit 
den  Juden  feierten,  schwer  yon  dieser  Sitte  abzubrin* 
gen  sein  würden,  wollten,  was  sie  über  das  Passah  fest- 
setzten, nich^  in  Form  eines  Kanons  oder  geistlichen 
Gesetzes  fassen,  um  nicht  zugleich  auch  Strafen  auf 
die  Uebertretung  desselben,  die  doch  nicht  ausbleiben 
konnte,  verfugen  zu  müssen.  Wir  finden  daher  unter 
den  zwanzig  auf  uns  gekommenen  Kanons  dieses  Gon- 
ciliums  ')  keinen  über  die  Feier  des  Osterfestes« 

Was  in  dieser  Beziehung  eigentlich  beschlossen  wor- 
den, ersehen  wir  aus  dem  synodischen  Sendschreiben 
der  Nicaner  an  die  Aegypter'),  aus  dem  Briefe  Con- 
sta ntin's  an  die  Bischöfe,  die  nicht  an  derVersanun- 
lung  Theil  genommen  ^)^  und  aus  einigen  Steilen  des 


^)  Man  vergleiche  über  dies  alles  Eusebii  Hisi.  eccLY^  2SiL 
und  Socratis  Bist,  eccL  a.  a.  0. 

')  S.  Beveridge's  Pandeclae  Canonum  Tom.  L  p.  58 ff.  und 
Tergleiche  Thomas  Ittigius  in  der  Vorrede  zu  seiner  Hisioria 
Concilii  Nicaeni, 

')  Socratis  hist,  eccL  1,9.  Theodoreti  hist.  eccl.  1,9-  Ge- 
lasii  Cyziceni  Acta  conc» Nicaeni  H,  34. 

^)  Eusebii  vita  Consttmi,  Uly i7»  Socrates  I.e.  Theodo« 
retusI^lO.  Gelasius  n,  37. 


Ghbistlighb  Yölkbb.  206 

EusebiusO  und  Athanasius '),  die  beide  zugegen 
ivaren.  Es  bestand  blofs  darin,  dais  das  Passah  hin- 
fort von  allen  den  orientalischen  Gemeinden,  die  es 
bis  dahin  mit  den  Juden '  gehalten ,  libereinstimmig 
mit  den  Aegyptem  an  Einem  Sonntage  gefeiert  wer- 
den solle« 

Unter  dem  Passah  wird  hier  das  Auferste- 
hungsfest verstanden,  das  seitdem  vorzugsweise  mit 
diesem  Namen  bezeichnet  wird,  den  man  fniherhin 
schicklicher  nur  von  dem  Freitage  gebraucht  hatte,  der 
dem  Andenken  an.  Christi  Leiden  gewidmet  war  ')• 
Seitdem  finden  wir  unter  dem  Kreuzigungspassah 

—  vaaxo-  g-avpoM-ifAoy  —  und  Auferstehungspassah 

—  TFtiax^  dyag-dniJLoy  —  unterschieden. 

Athanasius  sagt,  die  Absicht  der  Kirchenver- 
sammlung sei  dahin  gegangen,  die  Christen  in  Syrien, 
Cilicien  und  Mesopotamien,  die  das  Passah  mit  den 
Juden  feierten,  zur  Mehrzahl  der  Christen  hinüberzuzie- 
hen. Auch  Epiphanius  bemierkt*},  dafs  alles,  was  zu' 
Micäa  w^n  des  Osterfestes  verhandelt  worden,  £ig  Ivwa^tv^ 
auf  die  Eintracht,  abgezweckt  habe«  Diese  wurde 
jedoch  nur  theilweise  bewirkt*  Das  antiochenische 
Concilium  vom  Jahr  341  sah  sich  daher  veranlagt, 
abermals  auf  diesen  Gegenstand  zurückzukommen  und 
sprach  die  schwersten  Strafen  gegen  diejenigen  aus>  die 

*)   Fäa  Consiant,  m,ii. 

')  Jd  Jfros  episcopos  epistola,  Tom.  I.  p.  892.  De  Sjrnodis 
Jrim.  et  Seleuc,  p.  719«   Opp»  ed.  Par.  l698. 

')   Tertullian  de  orat.  c.  l4. 

*)  Haeres,  (LXX)  Audiänorum,  c.  9*  Die  Sekte  der  Audi a- 
ner  pflichtete  in  der  Feier  des  PassahfesCes  den  Juden  und 
Quartadecimaneni  bd. 


206  Technische  Chronohgie. 

der  Festsetzung  der  Nicäner  zuwider  das  Passah  mit  den 
Juden  feiern  würden^).  Nun  ward  es  Ketzerei,  das- 
selbe an  der  Luna  XIV  zu  essen,  und  das  Auferste- 
hungsfest an  einem  andern  Tage  als  an  einem  Sonn- 
tage zu  begehen.  Diejenigen,  die  sich  derselben  schul- 
dig machten,  wurden  noch  besonders  mit  dem  Namen 
Protopaschiten  belegt,  weil  sie  das  Passah  in  der 
Regel  früher  als  die  übrigen  Christen  feierten« 

Es  ist  ein  durch  viele  Bücher  verbreiteter  Irrtbum, 
dafii  das  nicänische  Concilium  nicht  blofs  die  Einheit 
der  Feier  des  Passahfestes  geboten,  sondern  zugleich 
auch  die  Principien  festgestellt  habe,  durch  welche  die- 
selbe zu  bewirken  sei,  nämlich  die  oben  (2,  192)  er- 
wähnte Regel,  auf  die  sich  die  Berechnung  des  Oster- 
festes gründet.  Dieser  Irrthum  ist  voü  Christ.  Wilh. 
Franz  Walch  in  einer  akademischen  Abhandlimg  des 
Titels:  Decreti  Nicaeni  de  paschate  explicatw,  gründr 
lieh  widerlegt  worden  '). 

Jene  Osterregel  hat  sich  allmählig  und  allem  An- 
schein nach  schon  bald  nach  der  Mitte  des  dritten  Jahr- 
hunderts unserer  Zeitrechnung  gestaltet.  Das  christliche 
Passah  hing  natürlich  mit  dem  jüdischen  zusammen, 


*)  Codex  canonum  ecclesiae  universae  (Paris  1590,  8)  p.  40. 
Mansi  Collect,  conciliorum  Tom.  11.  p.  1307. 

')  No\fi  Comment»  Soc,  Regiae  Scient.  Gotting,  Tom.  I  aus  dea 
Jaki^en  1769  und  1770.  Derselbe  Gegenstand  ist,  n^inder  befrie- 
digend, fast  zu  gleicher  Zeit  yon  Gbrist.  Friedr.  Schott  be- 
handelt worden  unter  dem  Titel:  Momentum  constitutionis  Ni» 
caenae  de  tempore  celehrandi  paschatis,  Tilbing^  1770,  4. 
Es  Terdient  auch  das  Kapitel  de  Nicaena  synado  in  Tan  der 
Hagen  Disseriationes  de  cyclis  pasehalibus  (Amsterd.  1736, 4) 
S.  172  ff.  yerglichen  su  werden. 


Gheistlichb  Yölkbr.  207 

da  es  ein  Fest  zum  Andenken  an  Christi  Tod  und 
Auferstehung  sein  sollte.  Aber  das  jüdische  Osterlamm 
wurde  allemahl  am  vierzehnten  des  Nisan,  dem  ersten 
Yollmondstage  im  Frühling,  genossen  (1,496).  Das 
christliche  Osterfest  knüpfte  sich  also  an  eben  diesen 
YoUmood«  Die  Frühlingsnachtgleiche  traf  im  dritten 
Jahrhundert  n.  Chr*  auf  den  21.  März.  Dftfs  sie  auf 
diesem  Tage  nicht  immer  haften,  sondern  allmählig 
früher  eintreten  werde,  hätte  man  zu  Alezandrien  wol 
wissen  sollen,  wo  Hipparch  (1,352)  und  Ptolemäus 
gelehrt  hatten,  dais  das  Sonnenjahr  nicht  ganz  365  Tage 
6  Stunden  halte;  man  nahm  aber,  sei  es  aus  Unwi»* 
senheit  oder  um  die  Ostert^echnung  möglichst  zu  ver- 
einfachen, die  julianische  Schaltregel,  die  den  Sosi ge- 
nes, auch  einen  Alexandriner,  zum  Urheber  hatte, 
als  dem  Himmel  vollkommen  zusagend  an,  und  setzte 
dem  gemäfs  fest,  dais  allemahl  der  am  21 .  März  oder  zu- 
nächst nach  demselben  eintretende  Vollmond  das  Oster- 
fest bedingen  solle.  Nun  wollte  man  es  durchgängig  an 
einem  Sonntsge  feiern,  dem  Wochentage,  an  welchem 
Christus  auferstanden  war;  man  nahm  also  dazu  den 
nächsten  Sonntag  nach  der  Osteigrenze,  und  damit 
man  das  Fest  nicht  etwa  zugleich  mit  den  verhafeten 
Juden  feiern  möchte,  verschoß  man  es  um  adit  Tage, 
so  oft  die  Ostergrenze  selbst  auf  einen  Sonntag  traf« 

Wäre  diese  Norm,  die  sich  zuerst  beim  Epipha- 
nias deutlich  ausgesprochen  findet^),  von  dem  nica- 
niacben  Gmcilinm  ausdrücklich  vorgeschrieben  worden, 


ntaq,  Haeres.  L,  3.  Yergl.  Haer.  LXX,  11. 


i 


208  Technische  Chronologie. 

so  wiirden  die  Streitigkeiten  über  das  Osterfest  yer- 
mieden  worden  sein,  die  mehrere  Jahrhunderte  lang 
zwischen  der  lateinischen  und  griechischen  Kirche  ob- 
gewaltet haben,  indem  jene  zum  Theil  von  ganz  an- 
dern Principien  ausging,  als  diese,  und  daher  das  Fest 
öfters  an  einem  ganz  andern  Tage  feierte.  Auch  würde 
man  bei  den  Verhandlungen,  die  defsialls  gepflogen 
wurden,  und  von  denen  noch  manches  Aktenstück  auf 
uns  gekommen  ist,  gewifs  nicht  unterlassen  haben,  sich 
auf  diese  ökumenische,  so  hoch  verdirte  KircheuTer- 
sammlung  zu  berufen,  wenn  sie  sich  über  die  frag* 
liehen  Punkte  bestimmt  geäufsert  hätte.  Dazu  kommt, 
dafs  sie,  wenn  die  ganze  Bestimmungsweise  des  Festes 
von  ihr  ausgingen  wäre,  nicht  der  alexandrinischen 
Kirche  aufgetragen  haben  würde,  den  Tag  der  Osteiv 
feier  jährlich  zu  berechnen  und  ihn  den  übrigen  ELirchen 
anzuzeigen  ^).  Wir  werden  von  dieser  Thatsache  durch 
Gyrillus  und  Leo  unterrichtet«  Jener  sagt'}:  Cum 
his  igitur  atque  huiusmodi  dissensionibus  per  umifer^ 
sum  orbem  paschaUs  regula  turbaretur,  sandoruan  to^ 
tbis  orbis  sjnodi  consensüxne  deeretum  est,  id,  qua^ 
niam  apui  Alexandriam  talis  esset  repetta  ecclesia, 
4/uae  in  huiusmodi  scientia  clarerety  quota  Calendarum 
Del  Iduum,  quoia  bma  pascha  deberet  ceiebnui,  per 


*)  Bfit  Recht  traute  sie  derselben  eine  besonders  gi^iindlidie 
Einsicht  in  dieMCi  Gegenstand  zu.  Das  Museum,  jene  alte  Hodi- 
schule  dei*  ernsten  Wbsenschäflen,  besonders  der  astronosuschen» 
war  noch  immer  nicht  ganz  erloschen. 

')  Prologus  pro  Cyclo  XCV  annorum,  p.  481  dei^  Doctrina 
iemporum  des  Bucherius  (1,572).  Yergl.  Gassiani  Coüai.X^ 
c.2.  (0ipy7.p.383ed.Li|w.l737,fol0  und  daselbst  Gasaei  An- 
merkung. 


Ghristlighb  Völker.  209 

■ 

singulos  annos  Romanae  eccle^ae  liUeris  intimaret: 
unde  apostoUca  auctoritate  Mniversatis  ecclesia  per  to- 
tum  orbem  diffinitam  paschae  diem  sine  ulla  discepta- 
tione  cognosceret.  Auf  eine  ähnliche  Weise  drückt  sich 
der  heilige  Leo  in  einem  seiner  Briefe  aus^).  Solche 
iTTtfoXoi  iopTog-txal  oder  \cryot  ioprag-txoU  Utterae  oder 
Jiomiliae  paschales,  finden  sich  seit  der  Mitte  des  drit- 
ten Jahrhunderts  erwähnt  ')•  Erhalten  haben  sich  der- 
gleichen nur  von  Theophilus  und  Cyrillus^  die  in 
der  ersten  Hälfte  des  fünften  Jahrhunderts  nach  ein- 
ander den  bischöflichen  Sitz  von  Alexandrien  bekleide- 
ten. Die  drei  Osterreden  des  erstem,  wdche  blofs 
in  d^r  lateinischen  Uebersetzung  des  Hieronymus 
auf  uns  gekommen  sind^),  betreffen  die  Feste  der 
Jahre  401 «  402  und  404.  Die  des  letztem  gehen  auf 
die  Feste  der  Jahre  414  bis  442  n.Chr.*}.  Nach  aller- 
lei vorausgeschickten  asoetischen  Betrachtungen  über  die 
Osterfeier  vrird  am  Schlufs  einer  jeden  der  Tag  des 
Festes  so  bestimmt,  wie  folgendes  Beispiel  zeigt:  i^Wir 
,, beginnen,"  heifst  es  in  der  ersten,  ,,die  Yierziglägi« 
,,gen  Fasten  am  15.  Mechir  (9.  Februar),  und  die  hei- 
,,lige  Charwoche  am  20.  Phamenoth  (16.  März);  wir 
,, endigen  die  Fasten  am  25.  Phamenotli  (21.  März), 
,,und  feiern  das  Osterfest  Sonntags  den   26.  Phame- 


*)   Epist.  94' ad  Marcianum  August,  (ed.  Paiis.  1675,  4). 

')    Euseb.  hist,  eccLYil,  20. 

*)  S.  dessen  Werke  Tom.  IV,  p.  691  ff.  ed.  Par.  1706.  Auch  Ton 
Athanasius  halte  man  Osterschreiben ,  die  Hieronymus  er- 
wähnt.    De  vir,  illustr,  c.  87. 

*)  S.  Tom#V.  Pars  II  der  Aubertschen  Ausgabe  seiner  Werke. 
Solche  Reden  wurden  am  Epip ha nien -Feste  gehalten. 

n.  [14] 


210  Technische  Chronologie. 

ffDOth  (22.  März)."  Es  Ut  hier  vom  Fest  des  Jahrs 
414  n«  Chr.  die  Rede,  da»  auf  den  22.  März,  den  früh- 
sten Termin  der  Feier,  U'af«  Zur  Erläuterung  bemer- 
ken wir,  dafs  es  mit  den  Fasten,  wodm-cb  man  sich 
auf  das  Osterfest  vorbemtete,  vom  Anfange  her  in  den 
verschiedenen  christlichen  Kii*chen  sehr  verschieden  ge- 
halten wurde.  ,,Die  Römer,"  sagt  Socrates^),  „fasten 
,,di-ei  Wochen  vor  dem  Passah  mit  Ausnahme  des  Sonn- 
,, abends  und  Sonntags.  In  Illyrien  dagegen,  ganz 
,, Griechenland  und  zu  Alexandrien  fastet  man  sechs 
„Wochen  und  nennt  diese  Zeit  rtaatapoxo^y  Quadra- 
^ygesima.  Noch  andere  fangen  ihre  Fasten  schon  sie- 
chen Wochen  vor  dem  Feste  an"  u.  s.  w.  Statt  Ißdc- 
fia$  ToS  ffwrripiwdmg  niffya.  beim  Cyrillus,  was  ich 
durch  Gharwoche  gegeben  habe,  sagte  man  gewöhn- 
licher ixe/dkrj  ißdoixdg,  magna  hebdomas  paschalis.  Sie 
nahm  am  Palmsonntage  ihren  Anfang.  Unter  den  Ho- 
milien  des  heiligen  Ghrysostomus  handelt  eine  von 
dieser  grofsen  Woche').  Sie  hat,  wie  es  daselbst 
heifst,  diesen  Namen  daher  erhalten,  weil  uns  in  ihr 
duixh  Christi  Leiden  unaussprechliche  Wohlthalen  zu 
Theil  geworden  sind.  Es  kommen  auch  die  Benennun- 
gen hebdomas  azymorum  und  passionis  vor  ^).  Jene 
ist  vom  jüdischen  Feste  entlehnt  (1,496,515),  und 
von  dieser  ist  unser  Gharwoche  die  Uebersetzung 
(vom  altdeutschen  Char,  Leid,  Trauer).  .  Der  Char- 


•)   HisLecciy,22, 

')   Opp.  Tom.y.  p.  52SS,  der  par.  Ausgabe  Tom  Jahr  1718. 
Vergl.  Valesii  Noten  zu  Euseb.  Äi5/.  ecc/.Y,24. 

')   S.  Steph.  Evod.  Assemani  Acta  Marijrrum  orienialium 
et  occidentalium^  Yol.  I.  p.  4l. 


Christliche  Völker.  211 

frei  tag  vrarde  Trapoumsvrj^  parasceve  (1,  516),  und  der 
Sonnabend  vor  Ostern  sabbatwn  magnum  genannt. 

Um  die  Berechnung  des  Osterfestes  möglichst  zu 
erleichlei'n ,  hat  man  sie  fi*ühzeitig  auf  allerlei  Mond- 
cykel  gegründet,  von  denen  sich  der  neuuzehn- 
)  ährige  als  der  genauste  und  bequemste  allein  im 
Gebrauch  erhallen  hat.  Die  gewöhnliche  Meinung  ist, 
dafs  das  nicanische  Concilium  mit^stselzung  der  mehr- 
gedachten Osterregel  zugleich  diesen  Zeitkreis  eingeführt 
habe,  und  es  fehlt  defshalb  auch  nicht  an  ausdrück- 
lichen Zeugnissen.  So  sagt  Ambrosius  in  seinem  das 
Osterfest  des  Jahrs  387  betreirenden  Schreiben  an  die 
Bischöfe  der  Provinz  Aemilia  (1,164):  Non  mediocris 
esse  sapientiae,  diem  celebritatis  definire  paschaUsy  et 
scriptum  diuina  rios  iristruit  et  traditio  maiorum,  qui, 
convefiientes  ad  sjnoduni  Nicaenam,  inter  illa  fidei  vt 
ojcra^  ita  admiranda  decreta,  etiam  super  celebritate 
memorata,  congregatis  peritissimis  calculandi,  decem  et 
nov^em  annorum  coiiegere  rationem,  et  quasi  quendam 
constituere  circulum,  ex  quo  exemplum  in  annos  reliquos 
gigneretur,  Hunc  circulum  Enneadecaete rida  nun^ 
cuparunt;  und  Dionysius  Exiguus  in  seiner  Epis-- 
tola  ad  Petronium  *):  Pasciuziis  festi  rationem  expli- 
care  curauimus,  sequentes  per  omnia  'venerabiUum  tre-- 
centorum  et  octodecim  pontificum,  qui  apud  Nicaeam, 
civitatem  Bithjniae,  contra  vesaniam  Arii  coni^nerunt, 
etiam  rei  huius  absolutant  veranufue  sententiam;  qui 


»)  S.  Jani  hisioria  Cycli  Dionysiani  p.  S9,  (Witemb.  1718, 4; 
auch  in  seinen  ?on  Klotz  gesammelten  OpuscuUs.  Halle  1769, 8). 
Auch  vergleiche  man  das  Fragment  eines  das  Osterfest  des 
Jahrs  444  betreffenden  Schreibens  des  Cyrillus  p.  72  beim 
Bucherius. 

[14*] 


212  Technische  Chronologie. 

quartas  decimas  lunas  paschalis  ohservantiae  per  no- 
ofemdecim  annorum  redeuntem  semper  in  se  circuhun 
stabiles  immotasque  fixenmU  So  beslimmt  aber  auch 
diese  Zeugnisse  lauten  mögen,  Walch  verwirft  sie 
dennoch.  Er  sagt,  Ambrosius  sei  offenbar  der  Mei- 
nung gewesen,  dafs  der  Irrthum  der  Quartadecimaner, 
den  die  nicänische  Kirchenversammlung  verdammte, 
nur  durch  den  GehnMjfch  des  neuniefanjährigen  Cydus 
vermieden  werden  könne,  den  er  ihr  daher  beigelegt 
habe,  und  Dionysius  habe  diesem  Cyclus  der  Alexan- 
driner bei  den  Lateinern  dadurch  Eingang  zu  ver- 
schaffen gesucht,  dafs  er  ihn  fiir  eine  Erfindung  jenes 
Conciliums  ausgegeben.  Walch  scheint  aber  hierin  zu 
weit  zu  gehen.  Eingeführt  habeu  die  Nicäner  den 
neunzehnjährigen  Cyclus  alleixiings  nicht  (wir  werden 
sehen,  dafs  er  im  Orient  schon  früher  zur  Bestimmung 
des  Osterfestes  gebraucht  wurde) ;  man  sieht  aber  nicht 
ein,  warum  sie  ihn  in  irgend  einem  nicht  auf  uns  ge- 
kommenen Aktenstück  nicht  wenigstens  gebilligt  haben 
sollten.  Mittelbarer  Weise  haben  sie  dies  auf  jeden  Fall 
gethan,  indem  sie  die  alexandrinische  Rechnungsart, 
die  sich  auf  diesen  Cyclus  gründete,  dadurch  als  die 
richtige  anerkannten,  dafs  sie  die  Bischöfe  von  Alexan- 
drien  mit  der  Festsetzung  des  jährlichen  Tages  der  Feier 
beauftragten. 

Seal  ig  er  behauptet^),  dafs  sowohl  die  Juden  als 
die  Quartadecimaner,  die  ihnen  fohlen,  ihren  eigenen 
Mondcyclus  gehabt  haben;  allein  Petavius  xeigt'), 
dafs   die    Geschichte   davon    nichts   Sicheres    erwähne. 


*)   Emend.  tainp,  1.  II.  p.  150E 
*)   Doclr,  temp,  1.  II.  p.  59  ff. 


Christliche  Völker,  213 

Nach  allen  Nachrichten  und  Comhinationen  hat  sich 
die  jetzige,  auf  den  19  jährigen  Cjdus  gegi'ündete,  Zeil- 
rechnung der  Juden  nicht  vor  unserm  vierten  Jahr- 
hundert ausgebildet  (1,577)«  Früher  scheinen  sie  die 
Neumonde  durch  unmittelbare  Beobachtung  der  ersten 
Phase  bestimmt  zu  haben  (1,  S70].  Dasselbe  gilt  höchst- 
-wahrscheinlich  von  den  Quartadecimanem ,  wenigstens 
bis  zur  Mitte  des  dritten  Jahrhunderts  hin;  denn  Hip- 
polytus,  Dionysius  von  Alexandrien  und  Anato- 
lius,  die  damals  lebten,  werden  uns  als  die  ersten 
Yerfertiger  von  Osterkanons  genannt. 

Die  Geschichte  des  ersten  iist  zweifelhaft«  Ge- 
wöhnlich hält  man  ihn  für  einen  Gallier,  da  er  ein 
Schüler  des  Irenäus  war,  wie  Photius^)  berichtet. 
Man  nennt  ihn  Bischof;  allein  selbst  Eusebius')  und 
Hieron ymus^)  haben  nicht  in  Erfahrung  gebracht, 
wo  er  seinen  Sprengel  hatte  ^).  Dafs  er  im  Occident 
lebte,  wird  durch  die  von  ihm  befolgte  römische  Zeit- 
rechnung aufser  Zweifel  gesetzt.  Yon  dem  Märtyrer- 
tode, den  er  erlitten  haben  soll,  ist  nichts  Näheres 
bekannt. 

Eusebius  erwähnt  unter  andern  von  ihm  eine 
Schrift  über  das  Osterfest,  woria  er  einen  gewis- 
sen Kanon  dargelegt,  den  er  auf  eine  sechzehnjäh- 
rige Periode  gegründet  und  auf  das  erste  Jahr  des 


•)   Cod.  121. 

')   Hist.  eccl.yj,  20, 

^)   De  viris  illustr.  c.  6t. 

*)  Nach  dem  Chronicon  Paschale  p,S  und  nach  SjncelH 
Ckronograp/iia  p.  358  soll  er  Bisohof  zu  Partus  (vemiulhlicL 
Ostia)  in  der  Nähe  Roms  gewesen  sein. 


1 


214  Techmsclie  Chronologie. 

Kaiser  Alexander  gestellt  hatte '}.  Eben  desselben  ge* 
denken  auch  Hieron jmus,  Isidorus'}  und  Syn- 
cellus  ^).  Näheres  wufste  man  von  diesem  Kanon- 
nichts,  als  man  im  Jahr  1551  zu  Rom  auf  dem  Wege 
nach  Tivoli  nicht  weit  von  der  Kirche  des  heiligen 
Laurentius  unter  Trümmern  die  marmorne  Bildsäule 
eines  auf  seiner  Cathedra  sitzenden  Bischofs  hervQrzog. 
Zu  beiden  Seiten  des  Sitzes  fand  man  in  griechischer 
Schrift  gewisse  Oslerkreise  eingehauen,  und  am  Rande 
derselben  ein  Yeraeichnifs  der  anderweitig  bekannten 
Schriften  des  Hippolytus,  woraus  man  ersah,  dafs 
die  Statue  ihn  vorstellen  solle.  Sie  wird  in  der  vati- 
kanischen Bibliothek  aufbewahrt  und  ist  öfters  abgebil- 
det worden,  unter  andern  in  der  von  Jo.  Alb«  Fa- 
bricius  veranstalteten  Sammlung  seiner  Werke*),  wo 
man  auch  alles  zusammengedruckt  findet,  was  Scali- 
ger,  Petavius,  Bucherius,  Jo.  Dom.  Cassini, 
Bianchini  und  andere  über  diesen  Osterkanon,  den 
ältesten,  den  man  kennt,  geschrieben  haben. 


voc,  XOA  tiva,  tutvovtt  ixxai^eieaiT>]pe^o(  inpi  reu  nar)(a.  irpo3t((,  nrl  to 
irpwTov  Irec  auroxparepo;  'AXt^av^pov  voi$c  ^poirev;  mpc^pa^ii.  Htst. 
ecc/.VI,  22. 

»)  EtymoLyi.n, 

*)    Chronogr.  A.  a.  0. 

*)  S.  Hippoljrti  Episcopi  et  Martjrns  Opera  non  antea  col'- 
lecta  et  partim  nunc  primum  e  Mss,  in  luccm  edita,  Graece 
et  Latine,  Hamburg  1716  und  18,  zwei  Bande  in  fol.  Die  In- 
schliff  gibt  auch  Gruter  in  seinem  Thesaurus  Inscriptionum 
p.  CXL.  In  dem  Werke:  j4cta  MaHjrrum  ad  Ostia  Tiberina 
sub  Claudio  Gothico,  ex  Ms.  codice  regiae  bibliothecae  Taw 
rinensis  (Rom  1795)  finden  sich  fünfzehn  Dissertationcs  über 
den  heiligen  Hippolytus  und  seine  Werke,  deren  siebente  von 
seinem  Gydos  paschalis  handelt. 


GnHiSTLicHE  Völker.  215 

An  der  rechten  Seite  der  Cathedra  steht:  ,,Im  er- 
,,8len  Jahr  der  Regierung  des  SelbsiheiTschers  Aleian- 
,,der  traf  die  Luna  XIV  des  Passalifestes  auf  die  Idiis 
ffdes  Aprils,  einen  Sonnabend,  nach  dem  Schaltmo* 
,,nat.  In  den  folgenden  Jahren  wird  sie  so  sein, 
„wie  es  die  untenstehende  Tafel  zeigt,  und  in  den 
„yei*flosseuen  haben  die  Passahs  sich  so  ergeben,  wie 
,,es  angedeutet  worden.  Die^  Faslen  müssen  immer 
,,mit  dem  Sonntage  unterbrochen  werden"  (2,210)^). 
Darunter  folgende  Tafel  der  Ostergrcnzen: 


Em.  Idibus  Apr. 

G 

F 

E 

D 

C 

B 

A 

rV.  Non.  Apr. 

D 

C 

B 

A 

G 

F 

E 

SS.  XII.  XI.  Cal.  Apr. 

A 

G 

F 

E 

D 

C 

B 

Em.  Y.  Id.  Apr. 

6 

F 

E 

D 

C 

B 

A 

IV.  Cal.  Apr. 

D 

C 

B 

A 

G 

F 

E 

XV.  Cal.  Apr. 

A 

G 

F 

E 

D 

C 

B 

SS.  Em.  Non.  Apr. 

6 

F 

E 

D 

m 

C 

B 

A 

VIII.  Cal.  Apr. 

D 

C 

B 

A 

G 

F 

E 

Em.  Idibus  Apr. 

C 

B 

A 

G 

F 

E 

D 

IV.  Non.  Apr. 

G 

F 

E 

D 

C 

B 

A 

SS.  Xn.  XI.  Cal.  Apr. 

D 

C 

B 

A 

G 

F 

E 

Em.  V.  Id.  Apr. 

C 

B 

A 

G 

F 

E 

D 

IV.  Cal.  Apr. 

G 

F 

E 

D 

C 

B 

A 

.     XV.  Cal.  Apr. 

D 

C 

B 

A 

G 

F 

E 

SS.  Em.  Non.  Apr. 

C 

B 

A 

G 

F 

E 

D 

Vm.  Cal.  Apr. 

G 

F 

E 

D 

C 

B 

A 

capicxai^iJcaTii)  tov  irdcx«  ■i^oi'C  'AwpiiX/aic  XaßßaTy  l^ßoXtfiO"  Hl" 
yoc  j'tvojuitvou.    ^£^0»  torc  f^^c  rri0-iv  xoJ^uc  viroTiTOJcrai  h  rt}  ir:Vaxu 


21 Q  Technische  Chronologie. 

Em.  bezeichnet  den  Schaltmonat  *  fit)y  2pßc>- 
Xijüto^  —  y  der,  wie  man  sieht,  seinen  Sitz  im  ersten, 
vierlen  und  siebenten  Jahr  der  beiden  achtjährigen 
Perioden  hatte,  ohne  Zweifel  zunächst  vor  dem  Osler- 
monat.  SS  ist  eine  Abkürzung  für  dtbrgro^,  bissextus. 
(Das  grofse  lateinische  S  gilt  den  Griechen  für  die  Zif- 
fer 6,  die  in  der  kleinern  Schrift  bekanntlich  mit 
einem  g-  geschrieben  wirdj.  Das  dritte,  siebente,  elfte 
und  fünfzehnte  Jahr  der  sechzehnjährigen  Periode  ge- 
ben sich  dadurch  als  julianische  Schaltjahre  zu  erken- 
nen. Warum  beim  dritten  und  elften  Jahr  des  Cydus 
zwei  Data,  nämlich  der  21  und  22.  März,  neben  ein- 
ander stehen,  ist  nicht  recht  klar.  Das  erste  Datum 
ist  eigentlich  gemeint,  wie  die  beigesetzten  Ferien  zei- 
gen. Diese  werden,  vom  Sonntage  an  gerechnet,  mit 
den  Buchstaben  A,  B,  C,  D,  E,  F,  6  bezeichnet.  So 
geben  die  Buchstaben  G,  F,  E,  D,  C,  B,  A  in  der 
ersten  Zeile  zu  erkennen,,  dafs  die  Luna  XIY,  die 
im  ersten  Jahr  des  sechzehnjährigen  Cyclus  an  den 
13.  April  geknüpft  ist,  im  ersten  Cyclus  auf  einen 
Sonnabend,  im  zweiten  auf  einen  Freitag,  im  dritten 
auf  einen  Donnerstag  u.s.w.  trifft,  indem  sechzehn 
julianische  Jahre  um  einen  Tag  kürzer  sind  als  eine 
volle  Wochenzahl. 

Das  erste  Jahr  des  Alexander  Severus,  von 
welchem  in  der  Ueberschrift  die  Rede  ist,  kann  kein 
anderes  als  das  Jahr  975  d.  St.  oder  222  n.  Chr.  sein, 
weil  nur  in  diesem  der  13.  April  ein  Sonnabend  und 
zugleich  ein  Yollmondstag  war.  Auch  weiis  man  aus 
der  von  Dio  Cassius^)  bestimmt  angegebenen  Regie- 


>)   //i^/. /Zorn.  LXXDC,  3. 


Ghristlighb  YöiiKBü.  217 

rangsdauer  des  Antoninus  Elagabalus,  dafs  Alexander, 
sein  Nachfolger,  um  die  Mille  des  März  des  gedachlen 
Jahrs  zur  Regieiiing  gekommen  isl.  Zwar  hat  Joan. 
Vignolius  in  zwei  gelehrten  Abhandlungen  de  anno 
primo  imperii  Seiten  Alexandri  Augusti,  quem  pnw- 
Jert  cathedra  marmorea  S.  Hippoljrti  Episcopi  *}  mit 
'Hülfe  gewisser  Münzen  zu  erweisen  gesucht,  dals  er 
seine  Regierung  nicht  vor  dem  Julius  222  angetreten 
habe,  dals  also  das  Denkmal  irre,  wenn  es  schon  das 
Osterfest  dieses  Jahrs  unter  ihn  setzt.  Allein  die  Auto- 
rität dieser  Münzen  mufs  nicht  enlscheidend  sein,  da 
Eckhel  sich  nicht  durch  sie  veranlalst  gefunden  hat, 
von  der  gewöhnlichen  Zeitbestimmung  abzugehen  ')• 
Auch  der  astronomische  Kanon  (1,113),  der  sich 
überall  als  zuverlässig  bewährt,  kommt  hiermit  überein, 
indem  er  das  545sie  Jahr  der  philippischen  Acre,  das 
vom  29.  Junius  221  n.  Chr.  bis  zum  28sten  Junius  222 
reicht,  zum  ersten  dieses  Kaisers  macht.  Das  dritte, 
siebente,  elfte  und  fünfzehnte  Jahr  des  sechzehnjährigen 
Cydus  waren  mithin  gang  richtig  Schaltjahre. 

Man  sieht,  die  Oslei^renzen  kehren  alle  acht  Jahre 
in  gleicher  Oitlnung  wieder.  Die  erste  im  ersten  Cyclus 
ist,  vermuthlich  nach  unmittelbarer  Beobachtung,  ganz 
richtig  angesetzt.  Um  nun  beurtheilen  zu  können,  wie 
weit  auch  die  übrigen  dem  Himmel  zusagen,  wollen 
wir  sie  den  ersten  Cyclus  hindurch  mit  den  alexandri- 
nischen  (2, 199)  vergleichen,  die  damals  mit  den  mitt- 
lem Vollmonden  ganz  gut  übereinkamen: 


')   Abgedruckt  unter  den  Werken  des  Hippolytus  Tom.  I. 
S.  141  (F. 

')   Doctr.  Num.  Tom.YII.  p.  252, 


218 


Technische  Chronplope. 


Jahre  des 
Cydus. 

Jahre 
n.  Chr. 

r 

Güldene 
Zahlen. 

* 

Oftterg 

renzen 

nach 
Hippolytus. 

narh  den 
Alexan- 
drinern. 

1 
2 
3 

222 
223 
224 

14 
15 
16 

13.  April 

2.  April 

21.  März 

12.  April 

1*  April 

21.  März 

4 

225 
226 

17 
18 

9.  AprU 
29.  März 

9.  April 
29.  März 

6 

7 
8 

227 
228 
229 

19 
1 
2 

18.  März 

5.  April 

25.  März 

17.  April 

5*  April 

25.  März 

9 
10 
11 

230 
231 
232 

3 
4 
5 

13.  April 

2.  April 

21.  März 

13.  April 

2.  April 

22.  März 

12 
13  ■ 

233 
234 

6 

7 

9.  April 
29.  März 

10.  April 
30.  März   i 

14 
15 
16 

235 
236 
237 

8 

9 

9 
10 

18.  März 

5.  April 

25.  März 

18.  April 

7.  April 

27.  Mäi-z 

Im  sechsten  und  vierzehnten  Jahr  weichen  die  hier 
zusammengcstellleu  Ostergrenzen  um  einen  ganzen  Mo- 
nat von  einander  ab,  aber  nur  in  Folge  der  ihnen 
zum  Gioinde  liegenden  Principien.  Im  neunzehnjähri- 
gen Oslerkreise  der  Alexandriner  nämlich ,  wie  er  im 
julianischen  Kalender  noch  jetzt  gebraucht  wird,  gehen 
die  Ostergrenzen  nicht  über  den  21.  März,  den  als 
Frühlingsanfang  gesetzten  Tag,  zurück  (1,192);  in  den 
lateinischen  Osterkreisen  dagegen  wurde  der   18.  März 


CjBRi3TLicHB  Völker.  219 

zur  frülisten  Oslergrenze  gemacht.  Ganz  anders  yerhält 
es  sich  mit  der  Abweichung  von  zwei  Tagen,  die  be* 
Teils  gegen  das  Ende  des  ersten  Cjclus  eintritt«  Diese 
ist  eine  Folge  der  Unrichtigkeit  desselben.  Sie  wächst 
am  Ende  des  zweiten  Cyclus  auf  5,  am  Ende  des  drit- 
ten auf  9,  am  Ende  des  vierten  auf  12  Tage  an,  so 
dafs  im  Verlauf  des  fünften  die  Ostergrenzen  in  die 
Gegend  der  Neumonde  rücken,  das  Osterfest  also  nicht 
mehr,  dem  Willen  der  Kirche  gcmäfs,  um  die  Zeit 
des  vollen,  sondern  des  neuen  Lichtes  gefeiert  wiixl.- 
Die  Divergenz  vermindert  sich  dann  allmählig  wieder 
und  gleicht  sich  nach  Verlauf  von  zehn  Cjkeln  voll- 
ständig aus.  Die  Sache  kann  auch  nicht  anders  sein; 
denn  sechzehn  julianische  Jahre  geben  5844  Tage,  198 
synodische  Monate  dagegen  5S47;  es  müssen  sich  folg- 
lich die  Neu-  und  Vollmonde  alle  sechzehn  Jahre  um 
drei  Tage  im  Julian ischen  Kalender  vorwärts  schieben. 
Man  sieht,  es  ist  dies  die  sechzehnjährige  Periode,  von 
der  in  der  Zeitrechnung  der  Griechen  die  llede  ge- 
wesen ist  (1 ,  296) ,  eine  Verbesserung  ihrer  ursprüng- 
lichen sehr  unvollkommenen  Oclaeteris. 

Auf  der  linken  Seite  der  Cathedra  stehen  die  Oster- 
sonntage durch  sieben  auf  einander  folgende  16  jährige 
Cjkel  verzeichnet^  mit  der  Ueberschrift :  ,,I)er  Anfang 
,,im  ersten  Jahr  des  Cäsar  Alexander.  Die  jährlichen 
,,  Sonntage  des  Passah.  Die  beigesetzten  Zeichen  deuten 
,,den  Bissex tus  an*'  *)•  Diese  Zeichen  fehlen,  vermuth- 
lich  durch  die  Schuld  des  Bildhauer. 


stara  rre;.     AI  ^h  mtpaxivri^O'tK  ^njXouo-i  njv  ^Iq  irpo  Sg. 


220  Technische  Chronologie. 

Um  die  Tafel  der  Ostersonntage  aus  der  der  Oster- 
grenzen  herzuleiten,  darf  man  nur  jedesmahl  von  dem 
in  letzterer  angemerkten  Monats-  und  Wochentage  bis 
zum  nächsten  Sonntage  fortzählen,  wobei  man  jedoch 
noch  von  einer  Eigenthümlicfakeit  der  lateinischen  Osier- 
kreise  Notiz  zu  nehmen  hat,  die  Yictorius  in  der 
Vorrede  zu  seinem  Canon  Paschalis  mit  folgenden  Wop- 
ten  bemerkt^):  Si  die  sahhati  plenilunium  esse  conti" 
gerit  et  consequenti  dominico  bmam  XV  reperiri^  eo- 
dent  hebdomade  transmissa  in  altenun  dient  domirUr 
cum,  id  est  bmant  XXII,  transferri  debere  pizscha 
dixerunt,  nämlich  die  kurz  zuvor  genannten  Latini. 
Als  Grund  dieser  Abweichung  von  den  alezandrinischen 
Principien,  nach  denen  das  Osterfest  schon  an  der 
Luna  Xy  gefeiert  weiden  kann,  wird  im  weitem  Ver- 
folge angegeben,  dafs  die  Lateiner  dasselbe  nicht  vor 
der  Luna  XVI,  dem  Auferslehungstage  Christi,  feiern 
zu  müssen  glaubten.  Wenn  also  im  ersten  Jahr  des 
ersten  Cjdus  die  Ostergrenze  auf  den  13.  April,  einen 
Sonnabend,  trifft,  so  ist  nicht  der  folgende  Tag,  son- 
dern erst  der  21.  April,  der  Ostersonntag.  Im  zwei- 
ten Jahr  ist  es  der  6.  April ,  weil  die  0$tei|;renze  dem 
2.  April,  einem  Mittwoch,  entspricht;  im  dritten  Jahr 
ist  es  der  28.  März  u.  s.  w.  Hier  sind  die  Data  des 
Osterfestes,  wie  sie  den  ersten  Cyclus  hindurch  über- 
einstimmig  mit  diesen  Grundsätzen  auf  dem  Marmor 
verzeichnet  stehen.  Zugleich  sind  die  Data  beigefügt, 
an  denen  das  Fest  in  denselben  Jahren  nach  den  alexan- 
di'inischen  Principien  zu  feiern  war. 


')   Bucberius  p.  4. 


Chkistlichb  Völkeb. 


221 


Jahre  des 

Jahre 

Ostersonntag 

nach 

nach  den 

Cjclus. 

n.  Chr. 

Hippolytus. 

Alexan- 
drinei-n. 

1 

222 

21.  April 

14.  April 

2 

223 

6.  April 

6.  April 

3 

224 

28.  Wirz 

28.  März 

4 

225 

17.  April 

10.  April 

S 

226 

2.  April 

2.  April 

6 

227 

25.  März 

22.  April 

7 

228 

13.  April 

6.  April 

8 

229 

29.  März 

29.  März 

9 

230 

18.  April 

18.  April 

10 

231 

10.  April 

3.  April 

11 

232 

25.  MSrz 

25.  März 

12 

233 

14.  AprÜ 

14.  April 

13 

234 

6.  April 

6.  April 

14 

235 

22.  März 

19.  April 

15 

236 

10.  April 

10.  Aprü 

16 

237 

2.  April 

2.  April 

Die  Abweichung  yon  .vier  Wochen  beim  sechsten 
und  vierzehnten  Jahr  nicht  gerechnet,  ist  das  Osterfest 
in  diesem  ersten  Cydus  nach  Hippolytus  viermahl 
um  acht  Tage  später  gefeiert  worden,  als  nach  den 
Alexandrioem.  Weiterhin  kommen  häufigere  und  be- 
deutendei«  Unterschiede  vOr.  Im  siebenten  Cydus  fin- 
det sich  das  Fest  funfmahl  um  drei  Wochen  und  drei- 
mahl  um  vierzehn  Tage  früher ,  di*eimahl  um  acht  Tage 
und  fünfmal  um  viei*zehn  Tag^  spater  angesetzt. 


i 


222  Technische  Chronologie. 

Man  sieht,  der  Osterkanon  des  Hippoljtus  ist 
auf  siebenroahl  16  oder  112  Jahre  gestellt,  also  eigent- 
lich eine  'Exarovxfluduidcxam^ptg,  wie  die  Griechen  einen 
solchen  Zeitraum  nennen  wüixlen.  Wenn  Cyrillus  *) 
und  Victor  ins  ')  unter  andeiTi  Osterkmsen  auch  eines 
112jährigen  gedenken,  so  meinen  sie  keinen  andern  als 
eben  diesen.  Sein  Urheber  halte  aber  nicht  weiter  als 
bis  auf  56  Jahre  zu  gehen  nölhig  gehabt;  denn  schon 
nach  Ablauf  deichen  oder  zweier  Soiinencirkel  kehren 
die  Oslergrenzen  zu  denselbei^  Wochen  lagen,  mithin  die 
Oslersonntage  zu  denselben  Monalstagen  zurück« 

Aus  Allem  erhellet,  wie  wenig  der  Kanon  des 
Hippolylus  seiner  Absicht  entsprach,  das  Osterfest 
in  der  Nähe  des  Frühlingsvollmondes  zu  befesti^n. 
Es  ist  zu  bedauern,  dafs  sich  nicht  auch  seine  Schrift 
über  das  Osterfest  erhallen  hat  (2,213).  Ihr  ei- 
gentlicher Tllel,  wie  wir  ihn  auf  der  Cathedra  lesen, 
war:  'A^^odci^i^  xpovwv  toS  Tcda^a  xoS-ct  iv  rtjÜ  ^rivctxi.  Nach- 
Weisung  der  Zeiten  des  Passah,  wie  sie  in  der 
Tafel  angegeben  sind.  Es  war  also  ein  Comnientar 
über  die  Oslertafel,  die  einen  Bestandtheil  derselben 
ausgemacht  haben  mufs,  wie  auch  Eusebius  ausdi*ück- 
lieh  bemerkt. 

In  Ansehung  der  grofsen  Mangelhaftigkeit  dieses 
Kanons  mufs  man  dem  Cyrillus  beipflichten,  der, 
nachdem  er  yon  einem  84jährigen  Oslerkreise  geredet 
hat,  von  den  Urhebern  des  112 jährigen  sagt:  peius 
aUquid  addiderunt,  Franciscus  Bianchini  dage- 
gen kann   sich  nicht   überreden,   dals  ein  so  gelehrter 


^)   Prologus  in  Cyclum  paschalem, 
»)   S.  3. 


Ghristlichb  Yolk.br.  223 

Kirclienyater,  wie  Hippoljtus,  ein  solches  Monstrum 
za  Tage  gefordert ,  haben  sollte.  Vielmehr  sucht  er  in 
einer  ausführlichen  Abhandlung  unter  dem  Titel :  Dis^ 
sertatio  de  Canone  pascfiali  S,  Hippolyti  Episcopi  et 
MartyriSf  die  in  seinem  Werke  de  Calendario  et  cy^ 
clo  lulii  Caesaris  1703  zu  Rom  erschienen  und  von 
Fabricius  in  seine  mehi^edachte  Sammlung  aufgenom* 
men  worden  istM,  darzuthun,  dafs  der  Kirchenvater 
eine  Tafel  geliefert  habe,  die,  gehörig  verstanden  und 
angewendet,  die  Ostersonntage  auf  Jahrtausende  vor- 
und  rückwärts  übereinstimmig  mit  dem  Himmel  gebe. 

Er  geht  von  dem  richtigen  Satz  aus,  dafs  nach 
112  julianischen  Jahren  die  Vollmonde  um  acht  Mo- 
natstage und  um  einen  Wochentag  früher  eintreten  '). 
Wenn  man  also  die  Data  der  Ostergi*enzen  um  acht  Tage 
und  die  Ferien  um  einen  Tag  vermindere ,  *  z.  B.  statt 
des  13.  April  den  Sten  und  statt  des  Sonnabends  den 
Freitag  setze,  so  sei  die  Osterlafel  nach  Ablauf  des 
112ten  Jahrs  wieder  eben  so  richtig,  wie  zu  Anfange 
des  ersten.  Auf  eine  ähnliche  Weise  lasse  sie  sich  für 
jeden  andern  Zeitraum,  den  kleinsten  wie  den  gröfsten, 
rectificiren,  und  zu  diesem  Zweck  hat  er  eine  Methode 
ersonnen,  der  man  wenigstens  die  Gei^echtigkeit  wider- 
fahren lassen  muls,  dafs  sie  kunstreich  genug  ist.  Sie 
kann  indessen  nur  für  ein  Spiel  des  Witzes  gellen. 
Wenn  Hippolytus  wirklich  ein  so  tiefer  Kenner  der 
Astronomie  war,  wie  Bianchini  glaubt,  so  konnte  es 


«)   Vol.  LS. 93 ff. 

'}  112  julianische  Jahre  halten  40908  und  1385  synodische 
Monate  bis  auf  eine  Kleinigkeit  40900  Tage,  um  einen  Tag  we- 
niger als  eine  volle  Wochenzahl. 


224  Technische  Chronologie. 

ihm  nicht  schwer  werden,  eine  Ostertafel  zu  entwerfen, 
die  auch  ohne  fortwährende  sehr  verwickelte  llectifica- 
lionen  mit  dem  Himmel  in  Uebereinstimmung  blieb. 
Er  dui*fle  ja  nur  den  Ton  Callippus  und  Hipparch 
verbesserten  metonschen  Cyclus  zum  Grunde  legen,  der 
ihm  unter  Bianchini's  Voraussetzung  unmöglich  un- 
bekannt sein  konnte;  und  wenn  die  Data  auf  dem 
Marmor  immer  erst  einer  Gorrection  bedurften,  um  sie 
gebrauchen  zu  können,  mit  welchem  Fug  konnte  es 
^  dann  heifsen,  da£i  die  Ostergrenzen  und  Ostersonntage 
so  angesetzt  wären,  wie  sie  sich  vom  Regierungsantritt 
Alexander's  an  von  Jahr  zu  Jahr  ergäben? 

Der  Kanon  des  Hippolytus  ist  nichts  weiter  als 
ein  roher  Versuch,  der  nur  auf  wenige  Jahre  die  Probe 
bestand.  Wenn  daher  das  ihm  gesetzte  Denkmal,  wie 
es  scheint,  zunächst  dazu  bestimmt  war,  die  römischen 
Christen  mit  der  Zeit  der  Osterfeier  bekannt  zu  machen, 
so  mufs  es  ihm  sehr  früh,  vielleicht  schon  unter 
Alezander  Severus  selbst,  errichtet  worden  sein, 
während  dessen  dreizehnjährigen  Regierung  die  Christen 
ihrem  Cultus  ungestört  oblagen.  Wer  könnte  sich,  als 
die  Unrichtigkeit  des  Kanons  nach  Ablauf  einiger  Cjkel 
anerkannt  war,  noch  die  Mühe  gegeben  haben,  den 
Urheber  desselben  durch  ein  solches  Monument  verewi- 
gen zu  wollen?  Dieser  Meinung  ist  auch  Philippus 
a  Turre,  der  gegen  Vignolius  geschrieben  hat*). 

Unter  den  verloren  gegangenen  Werken  des  Hip- 
polytus, die  auf  dem  Marmor  erwähnt  werden,  fin- 
det sich  auch  ein  Chronicon,  das  von  dem  Buche 
über  das  Osterfest  verschieden  gewesen  sein  mu£s,  wie 


*)   Opp,  Hippoljti  Vol.  I.  p.  I64ff. 


GHBISTIilGHE   YÖLKBa.  225 

aus  dem  Hieronymus  erhellet,  nach  welchem  er  nilib* 
nem  paschae  und  temporum  canones  usque  ad  primum 
armum  Alexandri  Imperatoris  geschrieben.  Es  scheint 
eine  Chronik  von  Adam  bis  auf  das  erste  Regierungs- 
jahr des  Alexander  Seveinis  gewesen  zu  sein.  Yerschie* 
dene  Kirchenväter  haben  dergleichen  Bucher  in  der 
frommen  Absicht  yer&fst,  um  den  sehr  entfernten  Ur^ 
Sprung  der  göttlichen  auf  die  Qiristen  fortgepflanzten 
Lehre  im  Gegensatz  mit  den  Fabeleien  des  Ethnicismus 
darzuthun.  Wir  haben  Nachricht  von  mehreren  solchen 
Chroniken,  die  nach  Ostercykeln  geordnet  waren,  wohin 
unter  andern  die  Chronographie  des  Mönchs  Ania* 
nus  gehört,  von  der  unten  die  Rede  sein  wird.  Höchst- 
wahrscheinlich hatte  Hippel ytus  seine  Geschichte  nach 
112jfihrigen  Perioden  abgetheilt,  und  zugleich  die  Zei- 
ten der  Passahs  angegeben,  deren  im  alten  Testament 
gedacht  wird  ^).  Es  läfst  sich  sonst  nicht  wohl  erklä- 
ren, was  die  Wörter  Exodus,  in  Eremo,  lesus 
(losua),  Ezechias,  losias  und  Esdras  sagen  sollen, 
die  man  in  der  Tafel  der  Ostergrenzen  gewissen  Jahren 
des  112)ährigetf  Cyclus  beigesetzt  findet.  Auch  zielen 
dahin  vermuthlich  die  Worte  der  Ueberschrift  (2,  215): 
,,In  den  verflossenen  Jahren  haben  die  Passahs  sich  so 
,, ergeben,  wie  es  angedeutet  worden." 

Doch  genug  von  einem  Denkmal,  das  blofs  in 
archaol<^scher  Hinsicht  einige  Aufmerksamkeit  verdient* 
Ehe  von  den  anderweitigen  Yersuchen  gehandelt  wer* 
den  kann,  die  im  Occident  zu  einer  richtigen  cjklischen 
Bestimmung  des  Osterfestes  gemacht  worden  sind,  müs- 


')   2.Mo8.Xn;    4.  Mos. DL;   losuaY;   2.Chron.XXX  und 
XXXY;  EsraVI. 
IL  ^        [15] 


226  Techni$clie  Chronologie. 

seil  wir  sehen,  was  in  dieser  Beziehung  im  Orient  ge- 
schehen ist« 

Eusebius  gedenkt  in  seiner  Kirchengeschichte 
zweier  Osterbriefe  —  img'okau  koprag-ücal  —  des  Dio- 
nysius,  Bischo£i  von  Alexandrien  in  den  Jahren  248 
bis  265  n.  Chr.  In  dem  einen  soll  er  einen  achtjäh- 
rigen Kanon  aufgestellt  haben,  von  dem  Grundsatze 
ausgehend,  dafs  das  Osterfest  nur  nach  der  Fiühlings- 
nachtgleiche  gefeiert  werden  dürfe  ^).  Yon  welcher 
BeschafTenheit  die  zum  Grunde  gelegte  Octaeteris  sein 
mochte,  wissen  wir  nicht*  Yon  einem  Alexandriner  steht 
jedoch  zu  erwarten,  dafs  er  etwas  yollkommneres  als 
Hippolytus  geleistet  haben  werde.  Die  Yerbesserun- 
gen 'der  ursprünglichen  Octaeteris  durch  Eratosthenes 
und  andere  (1,  305)  waren  ihm  ohne  Zweifel  bekannt, 
und  es  konnte  ihm  nicht  schwer  fallen,  die  julianisch- 
alexandrihische  Jahrform  an  die  Stelle  der  griechischen 
zu  setzen. 

Der  achtjährige  Cyclus  wurde  aber  bald  durch 
den  neunzehnjährigen  verdrängt,  der,  so  viel  wir 
wissen,  zuerst  von  Anatolius  zur  Bestimmung  des 
Osterfestes  gebraucht  worden  ist  ')•  Dieser  Kircl|en- 
vater,   von   Geburt   ein   Alexandriner,    gehörte   nach 


')  *Ev  ^  lud  xavova  ImlBittu  Jirrarrvip/^oc,  in  pj  aXXort  ^  fur« 
vijir  iapcin]v  lffv)^ip(av  irp00>fxei  ti}v  tou  nac^a  lopnlir  htvnXth  mp«« 
^ifuvog.  LVn,  c.  20.  Nicephorus  wiederhohlt.  diese  Notiz  in 
seiner  Rirchengeschichte,  aber  minder  bestimmt.  YI,  18. 

*}  Merkwürdig  ist  es,  und  Pctavius  kann  sich  nicht  genug 
darüber  wundem,  dafs  der  hundeit  Jahre  später  lebende  Epi- 
phanius  (Haeres.LXK^  i3)  blofs  die  Octaeteris  erwähnt  und 
erklärt,  ohne  des  19jährigen  Cydus,  der  so  riel  ToUkommener 
bt,  mit  einer  Sylbe  zu  gedenken. 


Christliche  Yölkbb.  227 

Eusebius  ')  und  Hieronymus  ')  zu  den  gelehrtesten 
und  beredtsten  Männern  seiner  Zeit  Er  schrieb  unter  an- 
dern *Api3^fJLrjfruiaj;  liffayuryalg  in  zehn  Büchern,  von  denen 
sich  in  den  Theologumenis  arithmeticae  ^)  noch  einige 
Fragmente  erhalten  haben.  In  der  Philosophie  hatte  er 
sich  einen  so  groOsen  Namen  gemacht,  dafs  ihn  seine 
Alezandriner  aufforderten,  eine  Schule  der  aristotelischen 
Weltweisheit  nach  Art  der  zu  Athen  bestehenden  pla- 
tonischen zu  eröffnen;  er  zog  es  aber  yor,  sich  ganz 
dem  Beruf  eines  Religionslehrers  zu  widmen.  Bei  einer 
Reise  durch  Syrien  wuixle  er  ums  Jahr  270  n.  Chr. 
zum  Bischof  von  Laodicea  gewählt.  Er  lebte  noch  un« 
ter  Carus  im  Jahr  282. 

Von  seinen  Schriften  hebt  Eusebius  besonders 
seinen  Osterkanon  hervor,  einiges  daraus  mitthei- 
lend, was  jedoch  nicht  hinreicht,  denselben  mit  Sicher- 
heit wiederherzustellen.  Sehr  giündlich  oommentirt  dar- 
über Van  der  Hagen  % 

Zuvörderst  bemerkt  Eusebius,  dafs  Ana  toi  ins 
im  ersten  Jahr  seiner  Enneadecaeteris  die  Noujüi)]vta  des 
ersten  Monats  auf  den  26.  Phamenoth  der  Aegypter 
oder  22.  Dysti*us  der  Syrar,  d.  i.  auf  den  22.  März, 
gesetzt  habe.  Unter  dem  ersten  Monat  wird  hier, 
wie  es  in  den  ersten  Jahrhunderten  der  Christenheit  ge- 
wöhnlich geschah,  nach  dem  Vorgange  der  Juden,  die 
ihr  Kirchenjahr  mit  dem  Nisan  anfangen,  derjenige 
verstanden,  dessen  Luna  XIV  zunächst  nach  der  Frtih- 


*)  JETiVr.  eec/.Vn,  32. 

*)  De  viris  illustr,  c.  73. 

')  S.  9, 16, 34, 56, 64.  (Paris  1543, 4.) 

*)  De  cxciis^paschaUbus  S.  l42ff. 

[15*] 


228  Technische  Chronologw. 

lingsnachtgleiche  eintritt  und  das  Osterfest  bedingt. 
Traf  nun  der  Neumond  auf  den  22.  März,  so  entsprach 
die  Luna  XIV  dem  4.  April.  Dies  ist  aber  in  der 
alexandriniscben  Tafel  der  Oslergrenzen  das  Datum  der 
Luna  XIY  fctr  die  güldene  Zabl  12.  Das  erste  Jahr 
des  Anatolius  muis  folglich  mit  dem  nacbmaligeu 
zwölften  der  Alexandriner  identisch  gewesen  sein«  und 
er  hat  hiernach  seinen  Cydus  mit  dem  Jahr  277  n*  Chr. 
b^jonnen,  dem  die  güldene  Zahl  12  angehört. 

Yan  der  Hagen  fragt,  warum  er  sich  gerade  far 
dieses  Jahr  entschieden  habe.  Er  glaubt,  da(s  277  das 
erste  Jahr  des  Pi'obus  gewesen  sei,  und  dais  Anatolius 
eben  so  das  erste  dieses  Kaisers  gewählt  habe,  wie 
Hippoljtus  das  des  Alezander  Severus«  Allein  der 
astronomische  Kanon  macht  das  599ste  Jahr  der 
philippiscben  Acre,  das  am  16.Junius  275  n.Chr.  be- 
gann, zum  ersten  des  Probus,  so  dafii  das  Osterfest 
des  Jahrs  277  seinem  zweiten  Regierungsjahr  angehört 
hat.  Hiermit  stimmen  auch  die  Ergebnisse  der  sehr 
griindlicheu  Untersuchungen  überein,  die  Noris  über 
diesen  Gegenstand  angestellt  hat  ^).  Der  einfache  Grund, 
warum  Anatolius  seinen  Kanon  an  das  Jahr  277 
knüpfte,  war  ohne  Zweifel  der,  weil  er  ihn  in  dem* 
selben  entwarf. 

Weiterhin  heilst  es  beim  Eusebius:  ,, Jener 
,,26.Pbamenoth  war  bereits  der  vierte  Tag,  seitdem 
,,die  Sonne  in  das  erste  Himmelszeichen  getreten  war.'* 
Wir  ersehen  hieiAus,  dafs  Anatolius  die  Frühlings- 
nachtgleiche  auf  den  19.  März  setzte.  Wer,  sagt  er, 
die  Luna  XIV  des  Osterfestes  in  das  vorhergehende 


'}  Jnnus  et  epochae  Sjrromaeedoiupn^  disi.II,  c.3.  p.  Il4fr. 


Gheistliche  Völker.  229 

Zeichen  (die  Fische)  bringt,  irrt  sehr.  Er  berief ^ich 
defsfa'Is  auf  die  Autorität  mehrerer  gelehrten  jüdischen 
Schriftsteller,  des  Aristobulus  (eines  der  70  Doli- 
inetscber),  des  Philo,  losephus  und  anderer,  nach 
denen  das  Oslerlamm  allemahl  nach  der  Friihlings- 
nachtgleiche  in  der  Mitte  des  ersten  Monats  geschlach- 
tet werden  müsse«  Hiemach  scheint  ihm  der  20.  März, 
der  Tag  nach  der  Nachtgleiche,  die  frühste  Oster- 
grenze,  mithin  der  21*  März  der  frühste  Ostertag  ge- 
wesen zu  sein« 

Dies  ist  alles,  was  uns  Eusebius  von  dem  Osteiv 
kanon  des  Ana  toi  Ins  berichtet.  Man  sieht,  es  be- 
schränkt sich  blols  auf  die  beiden  Punkte,  da£i  im  ersten 
Jahr  seines  Cjdus  die  Luna  XIV  auf  den  4.  April  traf, 
und  dafs  ihm  die  frühste  Ostergrenze  der  20.  März  ge- 
wesen sein  mnjGi.  Diese  Data  reichen  aber,  wie  ge- 
sagt, nicht  hin,  seine  Ostertafel  wiederherzustellen, 
und  Yan  der  Hagen  hat  sich  de&falls  viel  vergeh« 
liebe  Mühe  gegeben. 

Bucherius  hat  in  seinem  mehrgedachten  Werke  ^) 
einen  vollständigen,  mit  einer  Einleitung  begleiteten, 
Canon  paschaUs  AnaloUi  Alexandrini  Laodiccnsis  EpU 
scopi  ans  einer  lateinischen  Handschrift  ans  Licht  ge- 
stellt« In  der  Yoraussetsung,  dafs  derselbe  wirklich  dem 
Bischöfe  von  Laodioea  angehöre,  hat  er  ihm  die  ächten, 
uns  von  Eusebius  aufbewahrten,  Bruchstücke  zu  einem 
bunten  Ganzen  angeflickt.  Die  lateinische  Uebersetzung 
legt  er  dem  Rufinus,  dem  alten  Interpreten  des 
Eusebius,  bei., 

*)   S.433. 


230  Technische  Chronologie. 

Es  ist  unbegreiflich,  wie  der  sonst  so  einsichtsvoUe 
Gelehrte,  trotz  der  groben  Fehler  dieses  Kanons,  die  er 
selbst  richtig  aufgedeckt  hat,  ihn  nicht  ohne  Weiteres 
für  %in  Machwerk  hat  erklaren  können,  das  eines  Man- 
nes völlig  unwürdig  sei,  Ton  welchem  Hieron yniu8 
sagt:  cuius  ingenii  magnitudinem  de  "volununCf  quod 
super  pascha  composuit,  et  decem  lihris  de  arithme^ 
ticae  instituXionibus  intelligere  possumus  *). 

Der  Urheber  des  Kanons  und  des  damit  gans 
Übereinstimmigen  Prologus  war  ein  ganz«  unwissender 
Mensch,  der  nicht  einmahl  das  Wesen  des  julianischen 
Jahrs  kannte.  Um  nach  Ablauf  des  neunzehnjährigen 
Cyclus  nicht  blo(s  4>€  Ostergrenzen,  sondern  selbst  das 
Fest  zu  denselben  MonaUtagen  zurückzuführen,  macht 
er  von  diesen  neunzehn  Jahren  nur  zwei  zu  Schalt- 
jahren, das  siebente  und  siebzehnte.  Eine  seltsame 
Verwirrung  der  Begriffe!  Dafs  er  die  Frnhlingsnacht- 
gleiche  im  Widerspruch  mit  dem  wahren  Anatolius 
nicht  auf  den  19ten,  sondern  auf  den  25.  März  setzt, 
wollen  wir  nicht  einmahl  rügen, 

Yan  der  Hagen,  der  umständlich  von  diesem 
Product  handelt'),  glaubt,  dals  es  nicht  vor  der  er» 
sten  Hälfte  des  siebenten  Jahrhunderts  entstanden  sein 
könne,  weil  darin  des  bekannten  Bischofs  Isidorus 
aus  Sevilla  gedacht  wird,  der  636  gestorben  ist,  und 
zwar  irgendwo  in  England  oder  Schottland,  wo  wäh- 
rend der  daselbst  in  jenem  Jahrhundert  herrschenden 


^}  Noch  bei  Jo.  Alb.  Fabricius  spielt  der  Pseudo- Anato- 
lius die  Rolle  des  wahren.  Opp,  Hippol.  Yol.  I.  p.  42.  BM. 
Graeca  Vol.  m.  p.  461  d.  n.  A. 

*)   De  Cyclis  paschalibus  S.  115  ff. 


Ghkistlighb  Völker.  231 

Straügkeiten  über  die  Feier  des  Osterfestes  leicht  je- 
mand auf  den  Gedanken  kommen  konnte,  sich  auf  die 
Autorität  des  gelehrten  Bischofs  von  Laodioea,  yon  dem 
man  aus  Eusebius  wufste,  dafs  er  einen  Oslerkanon 
geschrieben  hatte,  durch  eine  ihm  angedichtete  Schrift 
berufen  zu  wollen.  Aufser  Beda  und  ein  paar  andern 
Angelsachsen,  deren  Zeugnisse  Bucherius  beibringt'), 
bat  ihrer  niemand  weiter  gedacht.  Dafs  jener,  der 
Chronologie  sonst  so  kundige,  Schriftsteller  den  oflen- 
baren  Betrug  nicht  geahnet  hat,  ist  allerdings  auffal- 
lend; doch  die  Kritik  war  damals  in  der  Kindheit. 

Ob  der  neunzehnjährige  Osterkanon  des  wahren 
Anatolius  irgendwo  zur  Bestimmung  des  Osterfestes 
angewendet  worden  ist,  wissen  wir  nicht  mit  Sicher- 
heit. So  yiel  ist  aber  gewifs,  dafs  derselbe  bald  nach« 
her  diejenigen  Modificationen  erfahren  hat,  mit  denen 
wir  ihn  Ton  den  Alexandrinern,  und  nachmals  yon 
der  ganzen  Christenheit  gebraucht  finden. 

Man  kann  mit  Recht  fragen,  und  diese  Frage  hat 
uns  oben  (1, 162)  beschäftigt,  wodurch  die  ägyptischen 
Christen  yeranlafst  worden  sind,  den  Regierungsantritt 
ibies  grausamsten  Yerfolgers,  des  Diocletian,  zur 
Epoche  einer  eigenen  Jahrrechnung  zu  machen,  die 
sie,  g^n  die  sonst  in  Aegypten  herrschende  Gewohn- 
heit, auch  über  seinen  Tod  hinaus  fortgesetzt  haben. 
Yermuthlich  hat  es  damit  dieselbe  Bewandnifs,  wie  mit 
unserer  christlichen  Acre ,  die  ihre  allgemeine  Verbrai- 
tung  zunächst  der  auf  sie  gegründeten  Osterlafel  des 
Abts  Dionysius  verdankt.  Wenigstens  wissen  wir 
mit   Sicherheit,   dafs   Cyrillus   die   seinige   an    die 

•)  S.451. 


232  Technische  Chronologie. 

diodeüanische  Aeie  geknüpft  hat  *)•  Es  ist  wol  kern 
Uofser  Zufall,  dafi  ein  Anfang  unsers  19  jährigen  Mondr 
cirkek  anf  das  Jahr  285  n.Chr.,  das  erste  des  Dio- 
cletian,  trifft,  so  dais  eine  blofse  Division  der  nach 
ihm  gezählten  Jahre  die  jedesmalige  güldene  Zahl  gibt. 
Es  ist  daher  wahrscheinlich,  dals  die  Osterrechnung 
der  Alexandriner  unter  der  R^erung  dieses  Kaisers 
entstanden  ist.  Dafs  sie  von  der  nicänischen  Kirchen* 
Versammlung  zwar  nicht,  wie  man  gewöhnlich  glaubt, 
eingeführt,  aber  doch  gebilligt  worden  ist,  haben  wir 
bereiu  gesehen  (2,  212). 

Wann   und   durch   wessen   Mitwirkung   sieh   der 

neunzehnjährige    Ostercydus   völlig   ausgebildet  haben 

mag,  ist  nicht  mit  Bestimmtheit  auszumitieln.    Buche- 

rius')  imd  Jan^)  glauben,  dafs  der  berühmte  Euae* 

bius  daran  einen  vorzüglichen  Antheil  gehabt  habe« 

Sie  berufen  sich  unter  andern  auf  die  Zeugnisse  voa 

Hieronymus  und  Beda.     Der  erste  sagt^):     Hijh- 

polytus  XVI  annorum  circulum,  quem  Graeci  boceudc- 

Kxurt^plid  vocantf   rtperit,  et  Eusehio,   qui  super  pa- 

sdui  decem  et  nos^em  annonun  circuhun,  id  est  lyysa- 

KCuitHOMTripiiay  composuity  occasionem  dedit.     Der  an* 

dei*e  gibt  geradezu  diesen  Kirchenvater  als  den  Uilie* 

ber  des  neunzehnjährigen  Cydus  an'):    Decemnotfenr- 


')  Die  Metropoliten  vonApamea  in  Syrien  dagegen  gebniiiGli<- 
ton  die  seleucidtsche  (1,451).  Yergl.  Noris  Jnm.  et  Epockme 
^jTomiicedonum  II,  2, 1 . 

»)  8.127. 

')   Historia  cycli  Dionysiani  S.  7. 

*)   D0  viris  illustr.  c.  6l.  Yergl.  Gennad ins  de  seriptoribus 
pvvhsUifiviM  c.  88.  Isidorus  Etjrm,yij  17. 
*)  Dt  Umporum  raiione  c.  42. 


* . 


Christliche  Völker.  233 

naUs  circuli  ordtnem  primus  Eusebius  Cesareae  Palae* 
stinae  episcopus,  ob  quartasdecimas  lunas  festi  pa» 
schaUs  ipsumque  diem  paschae  inyeniendum  composuit. 
Van  der  Hagen  erregt  aber  gegen  diese  Meinung 
groCie  Zweifel^).  Eusebius  sage  zwar  selbst'),  dals 
er  ein  Buch  über  das  Osterfest  geschrieben,  und 
iheile  ein  BelobuDgsschreiben  mit,  das  er  defsfalls  von 
Constantin  erhalten.  Allein  er  nenne  es  juvfixfjy  dyaxa' 
Xvtf/ty  roS  r^;  iopTTJ^  XiyoVi  e4ne  Enthüllung  der 
Hysterien  des  Festes,  welcher  Titel  auf  einen 
ganz  andern  Inhalt  schliefsen  lasse,  als  auf  eine  Ent- 
wickeiung  der  Grunde,  nach  denen  das  Osterfest  zu 
berechnen  sei.  Auch  hätten  Theophilus,  Cyrillus, 
Proterius  und  alidere  Alexandriner,  die  über  diesen 
Gegenstand  geschrieben,  nirgends  eines  analogen  Werks 
des  Eusebius  gedacht.  Diese  Gründe,  sind  allerdings 
erheblich;  doch  scheint  es  immer  sehr  gewagt,  von 
einem  so  bestimmten  Zeugnisse ,  wie  das  des  gelehrten 
Hieronymus,  behaupten  zu  wollen,  dals  es  auf 
einem  Hilsverständnisse  beruhe  ')• 

Ehe  wir  in  unsem  geschichtlichen  Erdrterungen 
weiter  gehen,  wird  es  nöthig  sein,  noch  einige  Bemer-' 
kungen  über  die  Anordnung  des  Ostercyclus  der  Alcxan* 
driner  zu  machen.  Sehr  gründlich,  aber  mit  ermüden- 
der Weitschweifigkeit^  handelt  davon  Yan  der  Hagen 
in  der  gröfsem  Hälfte  seines  Werks  De  cycUs  por 
schaUbus. 


')  De  cyclis  paschalibus  p.  157  ff. 

*)    rUa  Constanl,  IV,  34, 35. 

^)  Statt  des  Eusebius  nennt  Dionjsius  Exiguus  {Episi. 
ad  Pelronium)  den  Athanasius,  Ton  dessen  Verdiensten  um 
die  Osterrechnung  aber  nichts  bekannt  ist.i 


234  Technische  Chvnologie. 

0 

Dionysius  Exiguus  sagt^):  DecemnoifennaUs 
Cyclus  per  C^doadem  et  Hendecadem  semper  in  se 
revolvitur*  Diese  Eintheilung  in  eine  achl-  und  elf- 
jährige Periode,  die  in  allen  aus  dem  Alterthum  auf 
uns  gekommenen  neunzehnjährigen  Ostertafeln  ange- 
trofifen  wird,  und  yermuthlich  schon  in  der  Ursprung- 
liehen  alexandrinischen  vorkam,  schreibt  sich  aus  einer 
Zeit  her,  wo  man  an  die  Stelle  des  achtjährigen  Cyclus 
den  neunzehnjährigen  setzte,  also  zu  den  acht  Jahren 
noch  elf  hinzufügte.  In  technischer  Beziehung  ist  sie 
von  keiner  Bedeulimg. 

Die  Jahre,  die  dem  Cyclus*  der  Alexandriner  zum 
Grunde-  lagen,  sind  die  julianischen,  aber  in  der  bei 
ihnen  gebräuchlichen  Form,  von  welcher  in  der  Zeit- 
rechnung der  Aegjpter  gehandelt  worden  ist.  Wenn 
also  vorhin  (2,232)  bemerkt  wurde,  daCi  das  erste 
Jahr  des  Diocletian  und  zugleich  des  Mondcirkels  das 
Jahr  285  n.  Chr.  sei,  so  muls  man  mit  Bezug  auf  die 
Alexandriner  den  Anfang  desselben  auf  den  l.Thoth 
oder  29.  August  des  vorhergehenden  setzen. 

Bei  der  Anordnung  des  Cyclus  kam  es  darauf  an, 
die  im  Verlauf  desselben  eintretenden  235  Neumonde  ge> 
hörig  zu  vertheilen,  und  in  jedem  Jahr  denjenigen  Mo- 
nat, dessen  Luna  XIV  an  oder  zunächst  nach  der  Früh- 
lingsnachtgleiche  eintraf,  zum  Ostermonat  zu  machen« 
Die  Nachigleiche  erei^ete  sich  zur  Zeit  der  nicänischen 
Rirchenversammlung  am  20.  März  in  den  Nachmittag»- 
slunden(l,78).  Ana tolius  wählte  den  19.März(2,228). 
Die  Alexandriner  entschieden  sich  für  den  25.  Phame- 
noth  oder  21.  März,   und  glaubten,   dafs  das  Aequi- 


^)  In  der  Epistola  ad  Bonifacüim, 


Christlicub  Yölkbr.  235 

noctium  auf  diesem  Tage  haften  werde,  worin  sie  sich 
jedoch  irrten;  denn  es  verschiebt  sich  alle  128  Jahre 
um  einen  Tag  (1,67)*  Den  21.  März  machten  sie  sn- 
gleich  lur  frühsten  Ostergrenie« 

Wir  wollen  annehmen,  dals  sie  in  dem  beliebig 
gewählten  ersten  Jahr  des  Cydus  dbn  Oatervollmond 
durch  unmittelbare  Beobachtung  bestimmten  und  den 
5.  April  fanden.  Da  auf  zwölf  mittlere  Mondmonate 
nahe  354  Tage  gehen,  so  erhielten  sie,  um  so  viel 
Tage  vorwärts  rechnend,  den  25. März  als  Ostei^grenie 
des  zweiten  Jahrs«  Gingen  sie  abermals  354  Tage  wei* 
ter,  so  gelangten  sie  zum  14.  März,  den  sie  aber  nicht 
zur  Ostergrenze  machen  konnten,  da  er  der  Nacht- 
gleiche vorangeht.  Sie  muftten  also  noch  einen  Mo- 
nat weiter  zählen,  und  diesem  30  Tage  heilend  fan- 
den sie  den  13.  April  als  Ostergrenze  des  dritten  Jahrs. 
Auf  diese  Webe  bald  354 ,  bald  384  Tage  vorwärts 
gehend,  wie  es  die  Rücksicht  auf  die  Nachtgleiche  er- 
forderte, bestimmten  sie  die  Ostergrenzen  durch  alle 
neunzehn  Jahre  des  Cydus  so,  wie  sie  oben  (2, 199) 
angegeben  sind.  Man  sieht,  da£i  sie  von  einem  Jahr 
zum  andern  entweder  11  Tage  weniger  oder  19  mehr  zu 
nehmen  hatten.  Nur  um  vom  17.  April,  der  Oster- 
grenze des  neunzehnten  Jahrs,  wieder  zum  S.April, 
von  dem  sie  ausgegangen  waren,  zurückzukommen, 
mufiiten  sie  nicht  elf,  sondern  12  Tage  weniger  zählen. 
Dies  haben  die  lateinischen  Rechner  Dionysius,  Beda 
und  andere  den  saltus  btnae  genannt. 

Auf  die  ]ttlianischen  Schalttage  konnte  hiebe!  keine 
RttdLsicht  genommen  werden,  da  der  19jährige  Gycliis 
dem  vierjährigen  Schaltcirkel  inoommensurabel  ist  und 


236  Technische  Chronologie. 

sich  beide  erst  nach  76  Jahren  ausgleichen.  Man  mufste 
die  Ostergrenzen  so  bestimmen,  ab  wenn  es  keine 
Schalltage  gäbe,  nvas  freilich  ein  Schwanken  der  cycli* 
sehen  Vollmonde  gegen  die  wirklichen  zur  Folge  hatte. 
Nur  wenn  die  Dauer  des  ganzen  Zeilkreises  beslimmt 
werden  sollte,  kamen  natürlich  die  inzwischen  elnlref- 
fenden  Schalltage  in  Betracht. 

Setaen  wir  obige  Rechnung  durch  alle  neunzehn 
Jahre  des  Cydus  fort,  so  erhallen  wir  zwölf  Jahre 
zu  354,  sechs  zu  3S4  und  eins  zu  383  Tagen.  Auf  den 
viermaligen  Cydus  gehen  also,  mit  Einschlufs  der  unter- 
dessen eintretenden  neunzehn  Schalttage,  27759  Tage. 
Gerade  so  viel  hat  Callippus  seiner  76)ährigen  Pe- 
riode gegeben  ( 1,344).  Diese  ist  es  also,  welche  die 
alexandrinischen  Rechner  zum  Grunde  gelq^  haben. 
Ihre  Verbesserung  durch  Hipparch  (1,352)  haben 
sie  entweder  nicht  gekannt,  oder  doch  zu  berücksich- 
tigen nicht  für  nöthig  erachteL  Daher  verschiebt  sich 
der  19  jährige  Oslercydus  alle  310  Jahre  um  einen  Tag. 
Um  ihn  mit  dem  Himmel  in  Uebereinstimmung  zu  er- 
hallen, hätte  man  nach  jeder  sechzehnten  Wiederhoh- 
lung  mit  Hipparch  einen  Tag  weglassen,  also  die 
Data  der  Ostergrenzen  um  eine  Einheit  vermindern  sol- 
len. Bei  der  gregorianischen  Kalenderverbesserung  ist 
eine  analoge  Einrichtung  geUroffen  worden. 

Ab  die  Jahre  des  Cydus,  in  denen  man  einen  drei- 
zehnten Monat  zu  zählen  hatte,  um  nicht  die  Oster- 
grenze  vor  die  Frühlingsnachtgleiche  treten  zu  lassen, 
ergeben  sich  (man  vergleiche  die  Tafd  der  Ostergren- 
zen) das  dritte,  sechste,  achte,  elfte,  vierzehnte, 
siebzehnte   und   neunzehnte t    die   auch   Dionysius 


Ghaistlichb  Völker.  237 

ausdrücklich  als  die  Schaltjalire  des  Osterkreises  auf* 
führt  *).  Und  dafs  diese  dreizehnten  Monate  als  die 
Schaltmonate  betrachtet  worden  sind,  geht  schon 
daraus  hervor ,  dais  man  ihnen  durehgehends  dreilsig 
Tage  gegeben  hat.  Auch  die  Juden  legen  ihrem  Schalt- 
monat  Adar  dieüsig  Tage  bei;  sie  setzen  ihn  aber  nicht 
unntittielbar  vor  den  Ostermonat  Nisan,  sondern  tren* 
nen  beide  durch  den  Yeadar,  einen  Monat  von  29 
Tagen  (1,  541).  Dais  sie  übrigens  in  ihrem  neunzehn« 
jährigen  Cydus  eben  jene  Jahre  zu  Schaltjahren  machen, 
ist  zu  seiner  Zeit  bemerkt  worden  (1,  542).  Sie  fimgen 
ihn  aber  um  fiaist  drei  Jahre  später  an,  als  die  Christen 
den  ihrigen.  So  ist  das  jetzige  Jahr  1825  das  zweite 
des  christlichen  Cjdus;  von  dem  jüdischen  nimmt  das 
neunzehnte  zugleich  mit  dem  Jahr  5586  der  Weltare 
am  13.  September  1825  seinen  Anfang.  Dionysius 
und  Beda  unterscheiden  unter  beiden  Zeitkreisen  so, 
dais  sie  den  christlichen  cycbis  decemnafennaUs ,  den^ 
jüdischen  cycbiS  bmaris  nennen,  als  wenn  nicht  beide 
neunzehnjährig  und  nicht  beide  Mondkreise  wären.  Da 
also  beide  Cykel  nicht  zugleich  anfangen,  so  sind  natür- 
lich die  Schaltjahre  in  dem  einen  nicht  immer  zugleich 
auch  Schaltjahre  im  andern. 

Doch  genug  für  jetzt  von  dem  neunzehnjährigen 
Cydus  der  Alexandriner,  auf  den  wir  unten  zurückkom- 
men werden.  Ob  er  gleich  genauer  war,  als  jeder  an- 
dere  Zeitkreis,  den  man  zur  Bestimmung  der  Osterfeier 
gebraucht  hat,  dauerte  es  doch  ein  paar  Jahrhunderte, 
ehe  er  auch  bei  den  ooddentalischen  Christen  Eingang 
fand.     Der  Grund  davon  kg  theils  darin,  dais  er  die 


*)   Epistola  ad  Bonifacium, 


238  Technische  Chronologie. 

Ferien,  mithin  auch  die  OstersonnUge,  nicht  in  gleicher 
Ordnung  zurückfuhrt,  theik  und  vornehmlich  darin, 
dab  die  lateinische  Kirche  das  Osterfest  nach  etwas  an- 
dern Principien  feierte  (2,218,220),  und  auf  die  Be- 
achtung derselben  eine  besondere  Wichugkeit  legte. 

Wie  sie  yor  dem  Jahr  222  n.  Chr.  den  Ostemeu- 
mond  bestimmt  habe,  und  wie  lange  der  damals  ent- 
standene Canon  paschalis  des  Hippolytus  im  Ge- 
brauch geblieben,  wissen  wir  nicht  mit  Sicherheit«  Dais 
sie  sich  aber  bereits  im  Anfange  des  vierten  Jahrhun- 
derts zu  diesem  Behuf  eines  84  jährigen  Zeitkreises  be- 
diente, leidet  keinen  Zweifel.  Die  nicänische  Kirchen- 
versammluDg,  die  so  sehr  auf  die  Einheit  der  Osterfeier 
drang,  scheint  dies  nicht  gewufst,  vielmehr  vorausge- 
setzt zu  haben,  dafs  die  römische  Bestimmungsweise 
des  Festes  nicht  wesentlich  von  der  alezandrinischen 
verschieden  sei,  weil  keine  Spur  vorhanden  ist,  dals  sie 
'auf  jene  ii^nd  einige  Rücksicht  genommen  hatte. 

Der  Kardinal  Noris  hat  seinem  Werke  über  die 
syromacedonische  Zeitrechnung  (1,  400)  drei  Abhand- 
lungen angehängt,  von  denen  die  erste  die  aua  einer 
Han^iBchrift  der  kaiserlichen  Bibliothek  zu  Wien  ans 
Licht  gezogenen  Fasti  oonsulaies  eines  Ungenannten, 
die  zweite  den  84  jährigen  Ostercydus  der  Lateiner, 
und  die  dritte  die  95jährige  Ostertafel  von  Ravenna 
erläutert. 

Die  Fasti  consulares  gehen  von  246  d.  St.  bis 
1107  oder  354  n.  Chr.  Dals  ihr  unbekannter  Yerfinsser 
damals  gelebt  haben  müsse,  erhellet  daraus,  dafs  er 
das  Mondalter  in  den  letzten  Jahren  seiner  Tafisl  ganz 
richtig  angesetzt  hat.  Die  Namen  der  G>nsuln  gibt 
er  zum  Theil  sehr  £üsch.    Auch  nennt  er  von  den 


GHaiSTLiCHE  Völker.  239 

Deoemvim  und  Hllilärtribunen  nur  immer  zwei,  noch 
andere  Fehler  nicht  zu  gedenken,  ypn  denen  einige 
jedoch  auf  die  Rechnung  seiner  Abschreiher  kommen 
mögen. 

Für  uns  ist  dieses  Yerzeichnifs  wegen  der  ihm  bei* 
gefugten  Zeitcharaktere  wichtig.  Zuerst  sind  den  Jahren 
der  Stadt  die  eines  84jährigen  Cydus  beigeschrieben, 
dergestalt  dals  das  Jahr  246  das  36ste  und  1107  das 
57sie  desselben  ist.  Der  letzte  GS^clus  erneuert  sich 
mit  dem  Jahr  1051  d.  St.  oder  298  n.Chr.  Zweitens 
sind  die  julianischen  Schaltjahre  durch  ein  den  Con* 
suln  vorgesetztes  B.  gröistentheils  richtig  bezeichnet. 
So  ist  das  Jahr  709  d.  St. ,  das  erste  julianische ,  ein 
Schaltjahr.  Nur  rückwärts  vom  Jahr  461,  dessen  Q>n- 
suln  L.  Papirius  Cursor  und  Sp.  Carvilius  Maximus 
ausgelassen  sind,  stehen  die  B.  falsch.  Die  Consuln 
Brutus  und  Collatinus;  womit  die  Fasti  anfangen,  ge- 
hören daher  auch  nicht  dem  Jahr  246  d.  St.,  sondern 
dem  vorhergehenden  an.  Drittens  sind  die  dem  I.Ja- 
nuar entsprechenden  'Wochentage  bemerkt.  Das  erste 
Jahr  des  Cydus  beginnt  mit  einem  Sonnabend,  das 
zweite  mit  einem  Sonntage,  das  dritte  mit  einem  Mon- 
tage, das  vierte,  das  erste  nach  einem  Schaltjahr,  mit 
einem  Mittwoch  ü.  s.  w.  Nach  28  Jahren ,  der  Dauer 
eines  Sonnencirkels,  kehren  die  Ferien  in  gleicher  Ord- 
nung wieder.  Viertens  endlich  hat  der  Ungenannte 
das  Alter  des  Mondes  am  I.Januar,  die  sogenannte 
Epakte^),    durch  alle    862  Jahre   seiner  Tafel  an- 


*)  Unter  Epakte  —  von  lwfy$w  binzufugen,  einschal- 
ten —  Tcpteht  man  im  Allgemeinen  den  Üebenchuis  eines  be- 
stimmten Zeitraums  über  einen  andern  von  ungleicher  Dauer, 
wird  fast  nur  gehraucht,  wenn  man  cum  Behuf  der  Bestim- 


240  Technische  Chronologie. 

gesetzt.  Nur  im  letzten  Cyclus  stimmen  dieselben  mit 
der  mittlem  Bewegung  des  Mondes  überein,  yon  welcher 
sie  sich  wegen  der  Mangelhaftigkeit  des  Cyclus  um  so 
weiter  entfernen,  je  tiefer  man  in  die  Yorwelt  zurück- 
geht. Im  ersten  Jahr  ist  die  Epakle  I,  d.  h.  es  trifft 
ein  Vollmond  auf  den  I.Januar,  so  dafs  das  Mondjahr 
zugleich  mit  dem  Sonnenjahr  seinen  Anfang  nimmt. 
Der  dreizehnte  Neumond  dieses  Jahrs  ereignet  sich  354 
Tage  weiter  am  21.December«  Die  Epakte  des  zwei* 
ten  Jahrs  ist  also  XII;  ferner  die  des  dritten  XXIII, 
die  des  gierten  XXXIV,  oder  nach  Weglassung  eines 
dreifsigtSgigen  Monats,  IV  u.  s.  w.  Mit  jedem  Jahr 
wachst  sie  um  11  Tage;  nur  nach  je  zwölf  Jahren 
nimmt  sie  einmahl  um  12  zu,  weil  sich  sonst  die 
cyklischen  Neumonde  im  Verlauf  des  ganzen  Zeitkreises 
SU  weit  von  den  astronomischen  entfernen  wurden«  So 
springt  die  Epakte  II  des  zwölften  Jahrs  im  dreizehnten 
auf  XIV  über.  Solcher  stüttu  binae  gibt  es  sechs,  nach 
den  Jahren  12,  24,  36,  48,  60  und  72.  Am  Scblufi 
des  ganzen  Cyclus  ist  keiner  angesetzt,  damit  die  Epak« 
tenreihe  wieder  mit  I  von  vom  anfange. 

Auf  84  julianische  Jahre  gehen  30681  Tage.  Aber 
die  inzwischen  eintreffenden  1039  synodischen  Monate 
halten  30682  Tage  6  St.  48'.  Der  84  jährige  Cyclus  gibt 
also  an  seinem  Schlufs  die  Neumonde  um  mehr  als 
einen  Tag  zu  früh,  der  19jährige  hingegen  erst 


mung  des  Osterfestes  die  Lange  des  Mondjalirs  mit  der  des  Son- 
nenjahrs vergleicht,  und  gibt  dann  zu  erkennen,  der  wieridsie 
Tag  des  Mondmonats  der  1.  Januar  oder  irgend  ein  anderer  be- 
stimmter Tag  des  Jahrs  ist.  Die  deutschen  Chronplogiea  haben 
Epakten  durch  Mondzeiger,  und  die  Ccmpntislen  des  Büttel- 
alten  durch  adiectiones  Umae  ^UierMtst. 


Christliche  Yölkbr.  241 

sechzehnmaliger  Wiederhoblung  um  einen  Tag  sni  spät.- 
Jener  stimmt  demnach  minder  genau  mit  dem  Himmel 
überein,  als  dieser.  Er  empfiehlt  sieh  indessen  dadurch, 
dafs  er  die  cyklischen  Neumonde  nicht  blofs  zu  denselben 
Mouatstagen,  sondern  auch  zu  denselben  Ferien  zurück- 
fuhrt, daher  sich  nach  seinem  Ablauf  nicht  bloüs,  wie 
beim  neunzehnjährigen  Cydus,  die  Ostergrenzen ,  son* 
dein  auch  die  Data  des  Osterfestes  in  gleicher  Ordnung 
erneuern.  Diese  Eigenschaft  veixlankter  dem  Umstände, 
dafs  er  dem  28jährigen  Sonnencirkel  oommensurabel  ist. 
Um  sie  ihm  zu  geben,  verlängerte  man  die  caljippische 
Periode,  den  viermaligen  19jälirigen  Cjclus,  absichtlich 
um  eine  Octaeteris,  ob  man  gleich  wissen  mufste,  daia 
man  ihre  Genauigkeit  daduitsh  bedeutend  vermindere« 

Es  hat  unter  den  Chronologen  lange  der  Glaube 
gelien'scbt,  dafs  bei  den  Lateinern  eben  so,  wie  bei  den 
Alexandrinern,  von  Alters  her  ein  19jähriger,  ui*sprüng- 
lieh  von  lulius  Cäsar  eingeführter,  Gjclus  im  Ge- 
brauch gewesen  sei,  und  zwar  eben  der,  den  Dionysius 
und  Beda  zum  Untei*schiede  von  dem  aleiandrinischen 
lunaris  nennen  (2,237).  Selbst  noch  Petavius*)  legt 
den  Lateinern  einen  solchen  Zeitkreis  bei  und  liefert 
einen  darauf  gegründeten  immerwabi*enden  julianischen 
Kalender,  der  sich  von  dem  obigen  (2, 194)  nur  da- 
dnitsh  unterscheidet,  dafs  die  güldenen  Zahlen  durch- 
geliends  um  drei  Einheiten  kleiner  ausfallen.  Allein 
Bücher  ins  und  Noris  sind  der  richtigem  Mei- 
nung, dafs  sich  die  lateinische  Kiix;he  vor  Annahme 
des  Cyclus  der  Alexandriner  keines  19jährigen,  sondern 
des  84  jährigen  bedient  hat.    Einen  Beweis  dafür  liefert 


*)   Doctr,  temp.yi,  5.  Vergl.  c,  12. 

n.  [16J 


242  Technische  Chronologie. 

das   Sendschreiben   des   Pascfaaslnus   an  Leo.     In 
demselben  heifst  es  bei  Gelegenheit  des  Osterfestes  des 
Jahrs  444  n.  C^r.  ^):    Cum  Romana  supputatio,   quae 
cyclo  concbtditur,  ciuus  ipse,   de  quo  agitur,  erit  an- 
nus  LXIIT,  qui  coepit  a  consulatu  AntonU  et  Sjragrüt 
nobis  duhietatem  afferret  etc.    Hier  ist  von  einer  eige- 
nen römischen  supputatio  die  Rede,    welche  sich   auf 
einen  Cyclus  gründen  soll,  von  dem  das  gedachte  Jahr 
das   63ste  war.     Das  Gonsulat  des  Antonius   und  Sya- 
grius  trifllt  auf  das  Jahr  382  n.  Chr.,  mit  welchem  die 
Fast!   Consulares   einen   neuen  Cydus  beginnen, 
und  von  diesem  war  das  Jahr  444  das  63ste.     Es  lei- 
det also  keinen  Zweifel,   da(s  der  84 jährige  Cydus  des 
Ungenannten   gemeint   ist.     Wie   sollte   er  auch   dazu 
gekommen  sein,  einen  solchen  Zeitkreis  in  seine  Tafd 
zu  bringen,   wenn  derselbe  nicht  den  kirchlichen  Ge- 
brauch  seiner  Zeit  für  sich  gehabt  hätte?     Was  noch 
weiter  dafür  spricht,   ist,   dafs  Prosper  Aquitanus, 
ein  Schriftsteller  des  fünften  Jahrhunderts,    in  seinem 
zuerst  von  Labbe  vollständig  herausgegebenen  Gbro- 
nicon  auf  die  Consulate  des  Messala  und  Sabinus,  des 
Faustus  und  Gallus   und  des  Antonius  und  Syagrius, 
d.i.  auf  die  Jahre  214,   298  und  382,  die  Anfange 
eines  Cydus  seUl '],  den  man  sogleich  für  den  84 jäh- 
rigen unsers  Ungenannten  erkennt.     So  sagt  er  beim 
erstem  Consulat:    Finis  cycli  secundi  et  initium  tertii. 
Man  ei*sieht  hieraus,   dafs  er,   bis  gegen  Christi  Tod 
zurückgehend,  als  ersten  und  zweiten  Cydus  diejenigen 


*)   Bucherius  p.  75. 

*)   S.  Labbei  No\^a  Bibliolheca  manuscHptomm   lihrorum 
Vol.  Lp.  35, 39, 47. 


Christliche  Yö&klbr.  243 

auffahrt,  deren  Anfange  auf  die  Jahre  46  und  130  n.  Chr. 
treffen«  Wegen  einer  Verwirrung  in  den  Gonsuln  knüpft 
er  sie  aber  nicht  an  die  richtigen  Jahre.  So  heiüit  es 
Vetere  et  Nerviliano  Coss.,  d.i.  bei  SO  n«Chr.^): 
Paschalis  cycli  ratio  ab  his  cotuulibus  incfpit,  per  tmr 
nos  LXXXIV  et  ad  eandem  legem-  re^rtens.  Sein« 
drai  ersten  Cykel  kommen  jedoch  nicht  in  Betracht,  da 
sich  die  Lateiner  vor  dem  Schlüsse  des  dritten  Jahr- 
hunderts schwerlich  einer  geregelten  Besiimnrang  des 
Osterfestes  bedient  haben.  Will  man  freilich  dem 
Cyrillus  Glauben  beimessen  (2,222),  so  hat  bei  ihnen 
der  84jährige  Cydus  schon  vor  dem  112jährigen  (des 
Hippolytus)  bestanden.  Hiemach  scheint  es,  dafs 
man  mit  der  Einfahrung  oder  doch  Bildung  des  erstem 
wenigstens  bis  zum  Jahr  214  zurückgehen  müsse,  auf 
welches  einer  seiner  Anfänge  trifft  ')•  Vielleicht  war  er 
in  seiner  ersten  Anlage  so  unvollkommen,  dafs  Hip- 
polytus in  dem  seinigen  etwas  besseres  lieferte,  oder 
doch  zu  liefern  glaubte. 


•)  p.26. 

*)  Nach  einer  oben  (1,571)  angeführten  Stelle  des  Epipha- 
nius  foU  der  84 jahrige  Gyclus  bei  den  Joden  gar  schon  sn 
Christi  Zeit  im  Gebrauch  gewesen  sein.  Petayius  (Noten  zum 
Epiphanius  Th.  II.  S.  151),  Bucherius  (in  einer  ausführlichen 
Abhandlung  de  antiquo  paschali  ludaeorum  cyclo  p.  313  sei- 
nes oft  citirten  Werks)  und  andere  haben  sich  riel  Mühe  mit 
Ermittelung  der  Einrichtung  dieses  jüdischen  Cydus  und  seines 
Verhähnisses  zn  dem  chiistlichcn  geg;eben.  Tan  der  Hagen 
{jObserv,  in  Chronicon  Prosperi  p.  358)  zeigt  aber,  da(s  die  Notiz 
beim  Epiphanius  zu  unbefriedigend  ist,  als  dafs  man  durch  sie 
auf  irgend  etwas  Sicheres  kommen  könne.  Bei  den  jüdischen 
SchriAstellem  findet  sich  keine  Spur  dayon. 

[16*1 


244  Technische  Chronologie. 


Was  den  Gebrauch  dieses  SSeitkieises  bei  den  La* 
teinem  vollends  aulser  Zweifel  seUt.  ist,  da(s  wirklich 
noch  eine  auf  denselben  gegründele  vollständige  Oster- 
tafel  vorhanden  bu  Miiralori  nämlich  bat  im  drit- 
ten Bande  seiner  Jnecdola  ex  Ambrosianae  BihUothecae 
codicihvLS  einen  vennuthlich  dem  neunten  Jahrhundert 
angebörigen  liher  de  comptUo  ans  Licht  gestdit«  in 
welcbem  sieb  unter  mehreren  Aussägen  aus  allerlei  die 
Bestimmung  des  Osterfestes  betreffenden  Schriften  der 
frühem  Jahrhunderte  auch  eine  Tafel  findet*),  die 
durch  einen  Zeiti^um  von  84  Jahren  den  Wochentag 
und  die  Epakte  des  I.Januar  (beides  eben  so,  wie 
die  Fast!  consulares)^  das  Datum  des  Osterfestes 
und  das  gleichzeitige  Alter  des  Mondes  angibt.  Die 
erste  Zeile  lautet  also: 

Annus  /«  Dies  solis^  lAma  XXI.  Pasch.  V.  Id.  Apr. 
Luna  XXI. 
Die  Zahlen  sind  durch  die  Schuld  der  Abschreiber  zum 
Theil  sehr  entstellt,  so  wie  schon  hier  Luna  XXI 
als  Epakte  des  I.Januar  für  Luna  XII  steht,  lassen 
sich  indessen  aus  dem  ihnen  zum  Grande  liegenden 
leicht  wahrnehmbaren  Gesetz  überall  mit  Sicherheit 
verbessern.  Mach  der  kui'zen,  veimutlilich  von  dem 
Verfasser  des  Computus  heiTÜhrenden,  Vorige  beginnt 
die  Tafel  mit  dem  Consulale  des  Festus  (1.  Faustns) 
und  Gallus,  d.  i.  mit  dem  Jahr  298  n.  Chr.  Sie  hat 
sich  aber  dei*gestalt  versclioben,  dafs  jene  Zeile  eigent* 
lieh  dem  Jahr  299,  dem  zweiten,  und  die  letzte  Zeile 

LXXXir.  Dies  VII.  Luna  /.  Pasch.  XF.  CaL  Mai. 
Luna  XVIII. 

*)   p.  204  ff. 


Ghkistlichb  Yölkbb.  245 

dem  Jahr  298  oder  382,  dem  ersten  des  Cyclus,  an- 
gehört. Am  Schlüsse  sieht:  Iterum  ad  caput  reverti^ 
tur,  zum  Zeichen,  dafs  nicht  etwa  blofs  von  einer  an 
besüramte  Jahre  geknüpflen  Osierlafel,  sondern  von 
einem  sich  stets  erneuenden  Cyclus  die:  Bede  ist.  Die 
sehr  dunkele  Nachschrift  ist  oflenbar  ein  ohne  Sach- 
kennUiifs  gemachler  Auszug  aus  einer  der  Tafel  von 
ihrem  Urheber  beigefügten  Erlüulerung.  Der  XII.  CaL 
Apr.  oder  21.  März  scheint  ihm,  wie  den  Alexandri- 
nei'n,  für  den  Tag  der  Frühlingsnachlgleiche  zu  gellen, 
an  und  vor  welchem  kein  Osterfest  gefeiert  weixlen 
soll.  Unter  dem  veteri  laterculoy  von  welchem  er 
spricht,  mnfs  er  eine  ältere  Tafel  verstehen,  die  er 
durch  die  seinige  hat  verbessern  wollen.  Ein  paarmal 
setzt  er  ein  doppeltes  Datum  für  die  Oslei*feier  an  mit 
der  Bemerkung:  Quia  una  (pascha)  obsetvanda  est, 
erit  in  arbitrio  summi  Sacerdotis  confisnv  cum  pres^ 
bjrteris,  qui  dies  eligi  debeat.  Man  sieht,  dafs  dies 
geschrieben  sein  mufs,  als  der  84 jährige  Cyclus  noch 
im  Gebrauch  war. 

Yan  der  Hagen  hat  diese  Tafel  ausführlich  ei*- 
läutert  und  ihre  Zahlen  berichtigt*).  Da  sie  sowohl, 
als  die  Fasti  consulares  lehi*en,  dafs  die  Lateiner 
ihr  Osterfest  vermittelst  der  Epakte  und  Fene  des 
I.Januar  bestimmlen,  so  fragt  es  sich,  nach  welcher 
Regel  sie  die  Dauer  der  einzelnen  Monate  gerechnet 
haben.     Hierüber  gibt  unsere   Tafel  die   vollsländigsle 


*)  In  seinem  Werke:  Observationes  in  Prosperi  Aquitani 
Chronicon  integrum  eiusque  LXXXiy  annorum  cjrclum^  ei  ia 
Anonjmi  cyclum  LXXXIV  annorum  a  Muratorio  editum,  nee 
non  in  Anonymi  laterculum  ptuchalem  centum  annorum  a 
Buchene  editum  (Amsterdam  1733,  4),  S.  245  ff. 


246  Technische  Chronologie. 

Auskunfl;  denn  aus  dem  Aller  des  Mondes  am  Tage 
des  Osterfestes  labt  sich  das  Datum  des  Ostemeumon- 
des,  und  aus  der  Epakte  des  1.  Januar  das  Datum  des 
zunächst  vorhergehenden  Neumondes  herleiten.  Aus 
der  Yergleichung  beider  ergibt  sich  dann  Folgendes: 
(ur  den  ersten  Monat  des  Jahrs  wird  derjenige  ge* 
nommen,  dessen  Alter  am  I.Januar  durah  die  jedes* 
malige  Epakte  bezeichnet  ist*  Der  Tag  des  Decembers, 
auf  den  der  Anfkng  desselben  trifft,  nvird  leicht  ge- 
funden, wenn  man  die  jedesmalige  Epakte  von  33  ab- 
zieht. So  ist  (ur  die  Epakte  YII  der  Neumond  des 
Januars  der  26.  Deoember.  Der  erste  Monat  wird  im- 
mer voll  gezählt,  und  von  hier  an  wechseln  die  vollen 
und  hohlen  Monate  regelmäfsig  bis  zu  Ende  des  Jahrs, 
so  dafs  der  letzte  Monat  im  gemeinen  Mondjahr  hohl, 
und  im  Schaltjahr  voll  ist.  Die  Neumonde ,  die  z.  B. 
zur  Epakte  YII  geholfen,  sind:  der  26.  December,  der 
25.  Januar,  der  23.Febi*uar,  der  25.  März,  der  23.  April, 
der  23.  Mai,  der  21.Junius,  der  21.  Julius,  der  19.  Au- 
gust, der  18.  September,  der  17*  Oktober,  der  16.  Novem- 
ber und  der  15.  December.  Mit  dem  letztem  ftingt  der 
erste  Monat  des  folgenden  Jahrs  an,  dessen  Epakte  XVIII 
ist.  Hat  man  nun  den  Osterneumond  gefunden,  so  zahlt 
man^  um  den  Tag  des  Festes  zu  erhalten,  nach  den 
Grundsätzen  der  Lateiner  (2,  220)  bis  zu  demjenigen 
Sonntage  fort,  der  auf  oder  zunächst  nach  Luna  XYI 
trifft,  woraus  folgt,  dafs  Luna  XXII  der  späteste  Ter- 
min der  Feier  ist. 

Aber  welcher  unter  den  jedesmaligen  Neumonden 
des  Jahrs  wurde  flir  den  Osterneumond  genom- 
men, der  vierte  oder  fünfte?  D^n  nur  einer  von  bei- 
den konnte  es  sein.     Die  lateinische  Kirche  hat,   wie 


Ghaistliche  Völker.  247 

schon  oben  (2,218)  angedeutet  woitlen,  zur  frühsten 
Oslergrenze  nicht,  wie  die  Alexandriner,  den  21.  März, 
sondern  den  ISten,  mithin  zum  fi*ühsten  Oslerneu- 
monde  nicht  den  8.  März,  sondern  den  5ten  gemacht. 
Dies  sagt  uns  Victor ius  in  folgenden  Worten  *):  In 
regulis  prinU  mensis  (2,227)9  quo  pascha  dominiciun 
celebrari  statunnt,  magna  oritur  lUrisque  (Alexandrinis 
et  Latinis)  dissensio.  Latini  namque  a  III.  Nonas  Mardi 
usque  in  III.  Nonas  j^priUs,  diebus  scilicet  XXIX,  ob" 
servandum  maxime  censuerunt,  ut  quocunque  eonun  die 
lunafuerit  naUiy  ejßcial  primi  mensis  initium  etc.  "Wenn 
hier  der  Zeitraum  vom  5.  März  bis  zum  3.  April  auf  29 
Tage  gesetzt  wird,  so  ist  dies  die  Dauei*  des  vierten  Mo- 
nats im  Mondjahr  der  Lateiner,  der  immer  hohl  war. 
Es  ist  aber  eine  der  beiden  Grenzen  auszuschliefsen, 
weil  man  sonst  30  Tage  erhalten  wüixle.  Vielleicht  hat 
Victorius  usque  in  IF^,  Nonas  Aprilis  geschrieben, 
und  wirklich  nennt  er  gleich  nachher  den  15.  April 
als  die  äuüserste  Ostergrenze:  Decimas  quartas  lunas 
mensis  eiusdem  a  XF.  Cal.  jiprilis  usque  in  XF^II.  CaL 
Mail  cLSserunt  esse  seryandas.  Wir  sehen  also,  dafs 
die  Laieiner  zum  frühsten  Osterneumond  den  5.  März 
und  zum  spatesten  Oslervollmond  den  15.  April  mach- 
ten. Sie  fügten  aber  noch  eine  Bestimmung  hinzu,  die 
sich  hiemit  nicht  immer  vereinigen  liefs,  nämlich  die, 
dafs  das  Osterfest  nicht  später  als  am  21.  April  gefeiert 
werden  solle.  Dies  geht  unter  andern  aus  einer  Aeufse- 
rung  des  Paschasinus  hervor,  der  in  seinem  iSend- 
schreiben  an  Leo  berichtet,  das  Osterfest  des  Jahrs  417 
sei  auf  Befehl  des  Papstes  Zosimus  am  25.  März  ge- 


')  Bucherius  p.  4. 


248  Technisclie  Chronologie. 


worden ,  ne  X.  Cd.  Mail  die  teneretun  In  die* 
sem  Jahr  nanilich  waren  nach  dem  84  jährigen  Cyclns 
der  4.  März  und  2.  April  Keumondstage.  Eigenüich 
hätte  letzlerer  das  Osterfest  bedingen  sollen,  weil  der 
erste  aufser  den  von  Victorius  als  herkömmlich  be* 
zeichneten  Grenien  lag;  allein  die  Luna  XIV  würde  so 
anf  den  IS.  April,  und,  da  dies  ein  Sonntag  war,  das 
Osterfest  auf  den  22.  April  getroffen  sein.  Man  ver- 
letzte nun  die  eine  Kegel,  um  eine  andere,  deren  Be- 
achtung noch  wichtiger  schien,  (warum?  werden  wir 
nnten  sehen)  in  Ehren  zu  halten.  Das  maxime  in 
obigen  Worten  des  Victorius  scheint  auf  einen 
solchen  Fall  hinzudeuten,  der  auch  in  den  Jahren  360 
und  444  eintrat.  Wie  man  in  jenem  verfuhr,  sagt 
uns  die  Geschichte  nicht;  in  diesem  verschob  man  das 
Fest  nach  den  Grundsälzen  der  Alexandriner,  die  nun 
schon  Eingang  zu  finden  anfingen,  auf  den  23.  April. 
Auch  die  Rücksicht  auf  die  Frühlingsnachlgleiche  roufi 
den  Lateinern  Bedenklichkeilen  verursacht  haben.  Die 
frühste  Oslergrense  sollte  der  18.  Harz  sein,  und  war 
dies  ein  Fit^ilag,  so  mulste  das  Osterfest  gleich  am 
206ten  gefeiert  werden,  mithin  am  Tage  vor  der  Nacht- 
gleiche, wenigstens  nach  der  Bestimmung  der  Aleian- 
di*iuer.  Früherhin  scheint  man  sich  hierüber  we^;e- 
setzt  zu  haben;  dafs  es  aber  späUsrhin  nicht  geschah, 
lehrt  die  Ostertafel  bei  Muratori. 

Aus  Allem  geht  hervor,  dafs  es  den  Oslerprincipien 
der  Laieiner  gar  sehr  an  der  Einfachheit  und  Festigkeit 
gebrach,  welche  die  Alexandriner  in  die  ihrigen  zu 
bringen  gewuist  hatten,  und  dafs  in  ihnen  der  Keim 
7u  Sireiligkeiten  lag,  die  nur  durch  einen  Machtspruch 
des  Summus  Episcopus  entschieden  werden  konnten* 


GnaiSTLIGHB   YÖLKBE. 


249 


Nor  18  hat  in  seiner  zweiten  oben  (2,238)  er- 
wähnten Ahhandlung  die  84jährige  Oslerlafel  der  La- 
teiner  aus  den  Epakien  der  Fast!  consulares  des 
Ungenannten  wiederherzustellen  gesucht«  Wenn  der 
scharfsinnige  Mann  hierbei  ein  par  Fehlgrifle  gethan 
hat,  so  wiixl  sich  niemand  darüber  wundern,  da  wir 
erst  durch  die  aus  dem  Alterlhum  auf  uns  gekommenci 
ihm  noch  unbekannt  gebliebene,  Tafel  vollständig  von 
den  Giünden  ihrer  Construction  unterrichtet  worden 
sind.  Ich  liefere  sie  hier  mit  den  nöthigen  Berichti« 
gungen. 


Yier  und  achtzigjährige  Ostertafel  der 
lateinischen  Kirche^). 


I. 

1 

II. 

III. 

IV. 

V. 

VI. 

VII. 

298,  382 

7 

I 

31.  M 

17.  A 

XVIII 

2 

299,  383 

1 

xn 

20.  M 

9.  A 

XXI 

3 

b.  300, 384 

2 

XXIII 

9.  M 

24.  M 

XVI 

4 

301,385 

4 

IV 

28.  M 

13.  A 

XVII 

0 

302,  386 

5 

XV 

17.  M 

S.A 

XX 

6 

303, 387 

6 

XXVI 

6.  M 

21.  M 

XVI 

7 

b. 304, 388 

7 

VII 

25..  M 

9.A 

XVI 

8 

305, 389 

2 

XVIII 

14.  M 

l.A 

XIX 

9 

306,390    3 

XXIX 

l.A 

21.  A 

XXI 

10 

307,  391 

4 

X 

22.  M 

6.  A 

XVI 

!ii 

b.  308, 392 

5 

XXI 

11. M 

28.  M 

XVIII 

12 

309, 393 

7 

11 

30.  M 

17.  A 

XIX 

• 

')  M  bedeutet  März  und  A  ApriL 


250 


Technisclte  ChronoU^ie. 


I. 

11. 

ni. 

IV. 

V. 

VI. 

vn. 

13 

310,394 

1 

XIV 

18.  M 

2.A 

XVI 

14 

311, 

395 

2 

XXV 

7.M 

25.  M 

XIX 

15 

b.312, 

396 

3 

VI 

26.  M 

13.  A 

XIX 

16 

313, 

397 

5 

XVII 

15.  M 

5.A 

XXII 

17 

314, 

398 

6 

xxvm 

2.  A 

18.  A 

xvn 

18 

315, 

399 

7 

IX 

23.  M 

10.  A 

XIX 

19 

b.316, 

400 

1 

XX 

12.  M 

l.A 

XXI 

20 

317, 

,401 

3 

I 

31. M 

21. A 

XXII 

21 

318, 

,402 

4 

XII 

20.  M 

6.A 

XVIII 

22 

319, 

,403 

5 

xxin 

9.M 

29.  M 

XXI 

23 

b.  320, 

404 

6 

IV 

28.  M 

17.  A 

XXI 

24 
25 

321, 

,405 

1 

2 

XV 

17.  M 

2.A 

XVII 

322, 

,406 

XXVII 

5.M 

25.  M 

XXI 

26 

323, 

,407 

3 

VIII 

24.  M 

14.  A 

XXII 

27 

b.324, 

,408 

4 

XIX 

13.  M 

29.  M 

XVII 

28 

325, 

,409 

6 

XXX 

31.  M 

18.  A 

XIX 

29 

326, 

,410 

7 

XI 

21.  M 

10.  A 

XXI 

30 

327, 

,411 

1 

XXII 

10.  M 

26.  M 

XVII 

31 

b.328, 

412 

2 

III 

29.  M 

14.  A 

XVII 

32 

329, 

,413 

4 

XIV 

18.  M 

6.A 

XX 

33 

330, 

,414 

5 

XXV 

7.M 

22.  M 

XWl 

34 

331, 

,415 

6 

VI 

26.  M 

11. A 

xvn 

35 

b.  332, 

,416 

7 

XVII 

15.  M 

2.A 

XIX 

36 

37 

333, 

,417 

2 
3 

XXVIII 

4.M 

25.  M 

XXII 

334. 

,418 

X 

22.  M 

7.A 

XVII 

38 

335, 

,419 

4 

XXI 

11. M 

3o:m 

\x 

39 

b.336 

,420 

5 

II 

30.  M 

18.  A 

XX 

40 

337 

,421 

7 

XIII 

19.  M 

3.A 

XVI 

41 

338 

,422 

1 

XXIV 

8.M 

26.  M 

XIX 

42 

339 

,423 

2 

V  • 

27.  M 

15.  A 

XX 

43 

b.340 

,424 

3 

XVI 

16.  M 

6.A 

XXII 

44 

341 

,425 

5 

XXVIl 

5.M 

22.  M 

XVIII 

45 

342 

,426 

6 

VIII 

24.  M 

11. A 

XIX 

46 

343 

,427 

7 

XIX 

13.  M 

3.A 

XXII 

47 

b.344 

,428 

1 

XXX 

31. M 

15.  A 

XVI 

48       345 

.429 

3 

XI 

21. M 

7.A 

XVIII 

Ghkistliche  Yölkeb. 


2dl 


I. 

n. 

in. 

IV. 

V. 

VI. 

VII. 

49 

346, 430 

4 

XXIII 

9.  M 

30.  M 

XXII 

50 

347, 

,431 

5 

IV 

28.  M 

12.  A 

XVI 

51 

b.34S, 

,432 

6 

XV 

17.  M 

3.A 

XVIII 

52 

349, 

,433 

1 

XXVI 

6.  M 

26.  M 

XXI 

53 

350, 

,434 

2 

VII 

25.  M 

15.  A 

XXII 

54 

351, 

,435 

3 

XVIII 

14.  M 

31.  M 

XVIII 

55 

b.352, 

,436 

4 

XXIX 

l.A 

19.  A 

XIX 

56 

353, 

,437 

6 

X 

22.  M 

11. A 

XXI 

57 

354, 

,438 

7 

XXI 

11.  M 

27.  M 

XVII 

58 

355, 

,439 

1 

II 

30.  M 

16.  A 

XVIII 

59 

b.356, 

,440 

2 

XIII 

19.  M 

7.A 

XX 

60 
61 

357, 

,441 

4 
5 

3LXIV 

8.M 

23.  M 

XVI 

358, 

,442 

VI 

26.  M 

12.  A 

XVIII 

62 

359 

,443 

6 

XVII 

15.  M 

4.A 

XXI 

63 

b.  360, 

,444 

7 

XXVIII 

4.  M 

19.  M 

XVI 

64 

361, 

,445 

2 

IX 

23.  M 

8.A 

XVII 

65 

362, 

446 

3 

XX 

12.  M 

31.  M 

XX 

66 

363, 

,447 

4 

I 

31.  M 

20.  A 

XXI 

67 

b.  364, 

448 

.5 

XII 

20.  M 

4.A 

XVI 

68 

365, 

449 

7 

XXIII 

9.  M 

27.  M 

XIX 

69 

366, 

450 

1 

IV 

28.  M 

16.  A 

XX 

70 

367, 

,451 

2 

XV 

17.  M 

l.A 

XVI 

71 

b.368. 

,452 

3 

XXVI 

6.  M 

23.  M 

XVIII 

72 

369, 

453 

5 
6 

VII 

25.  M 

12.  A 

XIX 

73 

370, 

,454 

XIX 

13.  H 

28.  M 

XVI 

74 

371, 

,455 

7 

XXX 

31.  M 

17.  A 

XVIII 

75 

b.372, 

,456 

1 

XI 

21.  M 

8.A 

XIX 

76 

373, 

,457 

3 

XXII 

10.  M 

31.  M 

XXII 

77 

374, 

,458 

4 

III 

29.  M 

13.  A 

XVI 

78 

375, 

,459 

5 

XIV 

18.  M 

5.A 

XIX 

79 

b.376. 

,460 

6 

XXV 

7.M 

27.  M 

XXI 

80 

377. 

,461 

1 

VI 

26.  M 

16.  A 

XXII 

81 

378, 

,462 

2 

xvir 

15.  M 

l.A 

XVIII 

82 

379, 

,463 

3 

XXVIII 

2.A 

21.  A 

XX 

83 

b.  380, 

,464 

4 

IX 

23.  M 

12.  A 

XXI 

84 

381, 

,465 

6 

XX 

12.  M 

28.  M 

XVII 

i 


252  Technische   Chronologie. 

Von  den  sieben  Zahlenreihen  In  vorstehender  Tafel 
gibt  die  erste  die  Jahre  des  Cydus,  die  zweite  die  ent- 
sprechenden Jahre  nach  Christus  (die  b.  bezeichnen  die 
Schal tja h  1«) ,  die  dritte  den  Wochentag  des  ersten  Ja« 
nuars,  die  vierte  die  Epakte  des  ersten  Januai*s,  die 
fünfte  das  Datum  des  Ostemeumondes ,  die  sechste  das 
Datum  des  Osterfestes,  und  die  siebente  das  zugehörige 
Alter  des  Mondes. 

Dais  man  wahrend  des  Cyclus  von  298  bis  381 
die  Osterfeier  wirklich  nach  dieser  Tafel  geordnet  habe, 
leidet  keinen  Zweifel,  da  die  Fasti  consulares, 
aus  denen  sie  abgeleitet  ist,  in  demselben  entstanden 
sind  (2,  238).  Ob  aber  die  ihr  zum  Grunde  liegende 
Gonstructionsmethode  auch  noch  wahrend  des  folgenden 
Cyclus  von  382  an  unverändert  beibehalten  woixlen  ist 
oder  nicht,  wird  sich  besser  unten  untersuchen  lassen. 

Die  Ostertafel  bei  Muratori  weicht  an  vier  Stel- 
len von  der  vorliegenden  ab,  jedoch  nicht  wesentlich. 
Zuerst  setzt  sie  beim  sechsten  Jahr  neben  dem  21.  März 
zugleich  den  18.  April  als  Datum  der  Osterfeier  an. 
Letzleiies  vei^stöfst  gegen  ein  Hauptprincip  der  Latei- 
ner, dafs  das  Fest  nicht  an  der  Luna  XV  gefeiert  wer- 
den soll  (2,  220) ;  denn  der  Neumond,  von  dem  es  ab- 
hangen würde,  gehört  dem  4.  April  an.  Das  erste  hielt 
der  Urheber  der  Tafel  für  unrichtig,  weil  er  mit  den 
Alexandrinern  kein  Osterfest  vor  dem  22.  März  gefeiert 
wissen  will  (2,  245).  Beim  SSsten  Jahr  hat  er  wieder 
zwei  Data,  den  22.  März  und  19.  April.  Warum  er 
das  erste  gesetzt  bat,  begreift  man  nicht;  denn  der 
Neumond,  auf  den  es  sich  bezieht,  trifll  schon  am 
3.  März ,  also  zwei  Tage  vor  dem  gesetzlichen  Ter- 
min (2,247)^   ein,   dahingegen  das   zweite  durchaus 


Ghbistlichb  Völker.  263 

tadellos  ist.  Beim  638teii  Jahr  gibt  er  den  16.  April 
als  Datum  der  Feier,  wieder  die  Luna  XV,  wofür  er 
aber,  vielleicht  durch  eine  pia  fraus,  Luna  XYI  ge- 
scbriebea  hat.  Der  19.  Man  war  ihfu  offenbar  an- 
sldrsig,  da  er  schon  den  2l8ten  verwarf.  Im  82siea 
endlich  setzt  er  das  Fest  auf  den  24.  März;  er  macht 
es  also  vom  Neumonde  des  4.  März  abhängig«  und  dies 
ohne  NoUi;  denn  der  21.  April  verletzt  kein  Princip. 

Wählend  des  ersten  Cyclus,  auf  den  unsere  Tafel 
geht,  hatten  die  Lateiner  ihr  Osterfest  dreizehnmahl, 
nämlich  in  den  Jahren  2,  9,  16,  19, 20,  22,  23,  26,  29, 
43,  46, 49  und  53,  acht  Tage  später,  achtmahl,  in  den 
Jahi'en  6, 14,  25, 33,  36,  44,  52  und  71«  vier  Wochen, 
und  einmahl,  im  Jahr  63,  fdnf  Wochen  früher  als  die 
Griechen  gefeiert.  Es  konnte  nicht  fehlen,  dafs  die 
Bischöfe  von  Alexandrlen,  die  von  dem  nicänischen 
Concilium  beauftragt  waren,  über  die  richtige  Feier 
des  Festes  zu  wachen,  die  so  häufigen  Abweichungen 
mifsfällig  vernahmen.  Es  wurden  nun  in  dem  Ver- 
laufe des  folgenden  im  Jahr  382  anfangenden  Cyclus 
zwischen  der  aleiandrinischen  und  römischen  Kirche 
mehrera  Schriften  über  diesen  Gegenstand  gewechselt, 
wodurch  die  letztem  allmählig  zu  den  Ansichten  und 
Grundsätzen  der  erstem  hinübergezogen  wurde,  in  die 
sie  jedoch  erst  im  sechsten  Jahrhundert  unbedingt  ein- 
ging. Wir  wollen  diese  Schriften  hier  kurz  durchge- 
hen. Sehr  gründliche  Untersuchungen  darüber  findet 
man  in  folgendem  Werke  des  oft  gedachten  Holländers 
Yan  der  Hagen  ^):  Observationes  in  veterwn  patrum 


')   Amsterdam  1734^  4.    Um  alles  beisamnien  zu  haben,  was 
dieser  um  die  Chronologie,  besonders  Nieder  Christen,  sehr 


264  Technische  Chronologie. 

et  pontificwn  prohgos  et  epistolas  paschales  aiiosque 
antiquos  de  ratione  paschali  scriptores.  Accedit  dis' 
sertatio  de  cyclo  lunari  Dionysii  et  Bedae, 

Den  ersieti  Anlais  zu  Erörlerungea  JSbet  die  Oster- 
feiei^  gab  das  Fest  des  Jabrs  387,  das  die  Alexandriner 
auf  den  25.  April,  die  Laieiner  auf  den  21.  Mttrz  seuten. 
Der  Kaiser  Theodosius,  dem  diese  Abiveichung  von 
fünf  Wochen  auffallend  war,  forderte  den  Theophilus, 
Bischof  von  Alexandrien,  dessen  Osterreden  oben  (2,209) 
erwähnt  sind,  auf,  seine  Meinung  darüber  zu  sagen, 
und  eine  Osterlafel  auf  eine  Reihe  Jahre  im  voraus  zu 
berechnen.  Dies  geschah.  Die  Tafel  ist  verloren  gegan- 
gen, aber  der  an  Theodosius  gerichtete  Prologus 
noch  vorhanden.  Er  findet  sich  lateinisch  bei  Buche- 
rius*),  und  zugleich  seinem  gröfsten  Theile  nach  in 
der  Ursprache  bei  Petavius').  Die  spätem  Oster- 
scribenten  Gyrillus,  Leo,  Proterius,  Yictorius, 
Dionysius,  Beda,  beziehen  sich  häujBg  auf  diese 
Schrift.  Unter  den  Neuern  handeln  von  ihr  am  bün- 
digsten Noris'),  Jan  ^),  Van  der  Hagen  *)  und 


Terdiente  Gelehrte  geschrieben  hat,  erinnere  man  sich  der  Titd 
dreier  schon  oben  (1,110;  2,206,  245)  erwähnten  Werke  und 
füge  dazu  noch  folgendes:  Observationes  in  Heraelii  impera» 
toris  methodum  paschalem^  ui  et  in  Maximi  Monachi  compu^ 
tum  paschalem,  nee  non  in  Anonymi  chronicon  pasckaUm. 
Amsterdam  1736,  4. 

*)  S.471. 

')   Im  Anhange  zur  Doctrina  temporum  S.  501. 

')  De  Cyclo  Ravennate  c.  1. 

^)   Hist.  Cycli  Dionysiani  S.9. 

*)   Ohservationes  in  prologos  paschales  p.l. 


Ghbistlighb  Völker.  255 

Horrebow*).  Sie  enthält  fast  die  ganze  Lehre  der 
Alexandriner  über  die  Bestimmung  der  Osterfeier.  Die 
Gründe  werden  theils  vom  mosaischen  Gesetz,  theils 
von  dem  entlehnt,  was  Evangelien  und  Tradition  über 
die  Tage  des  Leidens  und  der  Auferstehung  Christi  be- 
richten. Das  mosaische  Gesetz,  heifst  es,  lehre  zweierlei, 
einmahl^  dafs  das  Osterfest  im  ersten  Monat,  und  dann, 
dals  es  an  der  Luna  XIV  gefeiert  werden  müsse.  Die 
Frühlingsnachtgleiche  hafte  auf  dem  21. März,  und  die 
Luna  Xiy,  die  ihr  vorangeht,  gehöre  dem  letzten  Mo- 
nat an,  bestimme  also  das  Osterfest  nicht.  Diese  Yor^ 
Schrift  werde  nicht  blofs  von  den  Juden,  sondern  auch 
von  vielen  Christen  vemachtessigt,  womit  ohne  Zweifel 
auf  die  Lateiner  angespielt  wird ,  die  im  Jahr  387  das 
Fest  am  Tage  des  Aequinoctii  feierten. 

Aus  dem  Schlufs  des  Prologus  ersehen  wir,  dais 
Theophilns  seine  Ostertafel  mit  dem  ersten  Con- 
sulat  des  Theodosius,  d.  i.  mit  dem  Jahr  380  n.  Chr., 
angefangen  hatte,  für  welqhes  er  sich  um  so  lieber  be- 
sümmt  haben  wird,  da  es  zugleich  das  erste  des  19jäh- 
rigen  Gjdus  der  Alexandriner  war.  Er  anticipirte  die 
Tafel  um  einige  Jahre;  denn  er  verfertigte  sie,  als  er 
schon  Bischof  war,  was  er  erst  385  wurde.  Dafs  sie 
hundert  Jahr  umfalste,  bemerkt  er  selbst.  Welche  Ru- 
briken sie  enthielt,  wissen  wir  nicht;  er  selbst  sagt 
nur,  dals  die  Lunae  XIY  und  die  Tag(!  des  Osterfestes 
darin  aufgeführt  waren.  Die  Jahre  scheinen  nach  kei- 
ner Aere  gezählt,  sondern  nur  mit  einer  fortlaufenden 
Nummer  versehen  gewesen  zu  sein.    Cyrillus  gedenkt 


*}   Petri  Horrebowii  in  veterum  patrum  aliquot  monu' 
menta  paschalia  breves  annotaiiones*  Opp.  Tom.  U.  p.  1201^ 


266  Technische  Chronologie^ 

in  seinem  Prologus  einer  41 8 jährigen  Oslertafel  des 
Tbeophilus  mit  dea  Worl«tn:  Cuius  (Theodosii) 
praeceptis  obtemperans  quadringentonan  octodecim  an^ 
norum  circulum  ^)  paschalem  instiiuit;  und  ^weiterhin: 
ne  forte  quadringentonun  octodecim  annorum  infinita 
congeries  out  Jastidtiun  cognoscendi  aut  prigitiam  de^ 
scribendi  qwbusdam  afferret^  in  nonaginta  quinque  an^ 
nos  eundem  circulum  bre%fia%fi.  Da  wir  nirgends  weiter 
etwas  von  einer  solchen  41 8  jährigen  Oslertafel  lesen, 
so  ist  es  schwer  zu  sagen,  In  welchiem  Verbftltnils  sie 
snr  100jährigen  stand.  Vermulhlich  hat  Theophilus 
dem  Theodosius  nur  den  Anfang  derselben,  der  die  er- 
sten hundert  Jahix:  umfafste,  zugesandt  und  das  Uebrige 
zuinickbebalten ,  was  dann  blofs  in  die  Hände  seines 
Neffen  Cyrillus  gekommen  sein  mag. 

Eben  das  streitige  Osterfest  des  Jahrs  387  hat  das 
Schreiben  des  Ambrosius  ad  Episcopos  per  demiliam 
constitutos  veranlafst ') ,  von  welchem  Van  der  Ha- 
gen^) und  Horrebow^)  ausführlich  handeln.  Der 
Meti*opolit  unlen*ichlete  darin  die  Bischöfe  seiner  Diooes 
von  der  Bestimmungsweise  des  Osterfestes,  besonders 
mit  Be^Ug  auf  das  gedachte  Jahr.  Von  den  Bischöfen 
der  römischen  Kirche,  wie  er  sagt,  aufgefoi'dert ,  über 
diesen  Gegenstand  sein  Gutachten  abzugeben,   tritt  er 


*)  Für  circulum  würde  besser  laterculum  stehen.  Von  cinGiii 
circulus  oder  einer  sich  erneuernden  Ostertafel  war  bei  Theo* 
philus  nicht  die  Rede.  Die  scinige  hätte,  um  diesen  Namen  za 
veixlienen,  auf  532  Jahi'e  ausgedehnt  werden  müssen. 

*)  Es  ist  der  23ste  Brief  dieses  Kirchenvaters,  Vol.  Bf.  p.880, 
nach  der  Ausgabe  der  Benedictiner. 

')   Observaiiones  in  prologos  S.i7. 

')  S.208. 


Ghbistlighe  Völker«  267 

der  Rechnmig  der  Alexandriner  bei,  nach  welcher  das 
Fest  erst  am  25.  April,  dem  äufsersten  Termin,  gefeiert 
werden  sollte,  weil  der  18.  April,  die  Ostergrenze,  auf 
einen  Sonntag  treffe  und  daher  die  Feier  um  acht 
Tage  hinauszuschieben  sei..  Eben  dies  Princip  sei  in 
den  Jahren  373  und  377  von  den  Alexandrinern  und 
Mailändern  befolgt  worden.  Das  Wichtigste,  was  wir 
aus  diesem  Schreiben  lernen,  ist,  dals  die  Bischöfe  des 
Occidents  schon  damals  in  der  Bestimmung  der  Feier 
des  Osterfestes  nicht  durchgängig  der  römischen  Kirche 
beitraten;  denn  die  mailändische  soll  bereits  vor  dem 
Episkopat  des  Ambrosius  im  Jahr  360  das  Fest  zu- 
gleich mit  den  Alexandrinern  gefeiert  haben.  Noris 
meint  ^),  dafs  der  Gebrauch  der  alexandrinischen  Rech- 
nung von  dem  Cappadocier  Auxentius,  der  360  Me- 
tropolit von  Mailand  wurde,  nach  Italien  gebracht  sei. 
Auch  verdient  bemerkt  zu  werden,  dafs  sich  Ambro- 
sius in  diesem  Schreiben  durchgebends  des  alexandri- 
nischen Kalendera  und  der  dioclelianischen  Aere  be- 
dient*). Er  mufs  seine  Zeilbestimmungen  unmittelbar 
von  den  Alexandrineni  entlehnt  haben,  die  er  ver- 
muthlich  über  das  zweifelhafte  Fest  des  Jahrs  387  be- 
fragt hatte. 

Ferner  hat  man  eine  kurze  im  Jahr  413  geschriebene 
Epistola  Innocentü  Papae  ad  Aurelium  Carthaginensem 
Episcopum,  das  Osterfest  des  Jahrs  414  betreffend,  von 


')   De  paschali  Latinorum  cyclo  p.  115. 

*}   Man  vergleiche  die  Stellen,  die  oben  (1,1 65)  daraus  ange- 
fühil  sind. 

IL  [17] 


2Ö8  ^  Technische  Chronologie. 

Bucherius  mitgethellt^}  und  von  Yan  der  Hagen*) 
und  Horrebow^)  erläutert.  Innocenz  setzte  die 
Luna  XIV  auf  den  20sten,  also  die  Luna  XYI  auf 
den  22.  März,  einen  Sonntag,  den  er  somit  nach  latei- 
nischen Principien  richtig  zum  Osiertage  machte.  Wäre 
die  Luna  XIY  auch  nach  der  Rechnung  der  Alexandri- 
ner der  20*  Mäi*z  gewesen ,  so  würden  sie  nach  ihren 
Grundsätzen  das  Fest  vier  Wochen  später  haben  feiern 
müssen.  Für  sie  war  aber  Luna  XIY  der  21.  März, 
der  Tag  der  Nachtgleiche,  und  so  hatten  auch  sie  am 
folgenden  Tage  das  Fest.  Die  Bedenklichkeiten  des 
Papstes  rührten  nun  daher,  da(s,  wenn  es  mit  der 
alexandrinischen  Ostei^;renze  seine  Richtigkeit  hätte,  die 
römische  Kirche  gegen  ihre  sonstigen  Grundsätze  das 
Osterfest  an  der  Luna  XY  feiern  würde«  Er  hatte  des- 
halb, wie  es  scheint,  die  Astronomen  befragt,  und  es 
hatte  sich  ergeben,  dafs  der  22.  März  paene  Luna  XVI 
war;  nam  quippiam  minus  est,  wie  er  sich  ausdrückt. 
Hierdurch  wurde  er  beruhigt. 

Besonders  wichtig  für  die  Geschichte  der  Oster- 
rechnung ist  der  im  Obigen  schon  mehrmals  erwähnte 
Prvlogus  paschalis  des  Cyrillus,  Bischofs  von  Alezan- 
drien  und  Yerfassers  vieler  noch  vorhandenen  Osier- 
reden  (2,209).  Diese  von  Petavius^)-und  Buche- 
rius') mitgetheilte  Schrift  ist  in   einer  schwülstigen 


*)  S.  480.  Es  ist  der  zehnte  unter  den  Briefen  dieses  Papstes, 
die  man  im  ersten  Bande  der  Epistolae  decretales  summorum 
Pontificum  (Rom  1591|  fol.)  zusammengedruckt  findet. 

')  Observationes  in  prologos  p.  36. 

0  S.222: 

♦)  S.  502. 

»)  S.481. 


Christliche  Völker.  259 

SpTache  alsge&ist,  und  bIo(s  noch  in  einer  sleifen,  hin 
und  wieder  sehr  verderbten,  lateinischen  Uebersetzung 
vorhanden,  und  daher  ungemein  dunkel.  Einen  gründ7 
liehen,  die  Schwierigkeiten  gröfstentheils  hebenden, 
Commenlar  über  dieselbe  liefert  Yan  der  Hagen^). 
Ihr  Inhalt  ist  kurz  folgender.  Nachdem  Cyrillus 
Yon  den  falschen  Berechnungen  des  Osterfestes,  insbe- 
sondere von  dem  84  und  112 jährigen  Ostercyclus  der 
Lateiner  gesprochen  hat,  bemerkt  er,  dafs  das  nicä- 
nische  Concillum  der  alexandrinischen  Ku'che  aufgetra- 
gen habe,  der  abendländischen  jährlich  die  richtige  Zeit 
der  Osterfeier  anzuzeigen,  dafs  aber  dadurch  dem  Zwie- 
spalt nicht  abgeholfen  sei;  dafs  Theophilus  auf  Be^ 
fehl  des  Theodosius  eine  41 8jährige  Ostertafel  berech- 
net habe,  und  dafs  er,  Cyrillus,  dieselbe,  um  sie 
gemeinnütziger  zu  machen,  auf  95  Jahre  abgekürzt  lie- 
fere. Das  Uebrige  betrifft  die  Grundsätze,  nach  denen 
Theophilus  seine  Tafel  berechnet  hatte,  verglichen 
mit  den  In*Igen  Principien  der  Lateiner.  Unter  andern 
findet  sich  hier  der  Satz,  dafs  das  Osterfest  allemahl  in 
dem  fünfwöchentllchen  Zeitraum  vom  22.  März  bis  zum 
25.  April  eiuschllefslich  gefeiert  werden  müsse  (2, 199). 

Von  der  95jährigen  Ostertafel  des  Cyrillus, 
der  sein  Prologus  zur  Einleitung  diente,  ist  nur  noch 
ein  Stück  vorhanden  ^).  Sie  zerfiel  in  fünf  neun- 
zehnjährige Abtheilungen,  und  ging,  wie  wir  aus  des 


'}  Observationes  in  prologos  S.  4l.  Man  vergleiche  Noris 
de.  Cyclo  Ravennate  c.  1,  Jani  hist,  cjrcli  Dionjrsiani  S.  10 
und  Horrebow  p.224. 

')  Erläuterungen  darüber  gibt  Yan  der  Hagen,  de  cjrclis 
paschalibus  p.42. 

[17*1 


260  Technische  Chronologie. 

Dionysius  Exiguus  Epistola  ad  Petronium*)  er- 
sehen, vom  153sien  Jahr  Diodetian's  bis  zum  247slen. 
Jenes  nahm  am  29.  August  436  n.  Chr.  seinen  An- 
fang; das  erste  Osterfest  in  der  Tafel  war  also  das  des 
Jahrs  437.  Cyrillus  fing  sie  mit  einem  neuen  Mond- 
cirkel  au,  nachdem  von  der  des  Theophilus  bereiu 
drei  abgelaufen  waren.  Das  letzte  oder  95ste  Oster- 
fest war  das  des  Jahrs  247  der  diokletianischen  Acre 
oder  531  n.Chr.  Hier  schlofs  sich  die  Fortsetzung  an, 
die  ihr  Dionysius  abermals  auf  95  Jahre  gab.  Es 
geschah  dies  525 ,  wo  sein  Brief  an  den  Petronius  ge- 
schrieben ist.  Da,  wie  er  sagt,  damals  noch  sechs 
Jahre  von  der  Tafel  des  Cyrillus  übrig  wai-en,  so 
tviederhohhe  er  den  letzten  neunzehnjährigen  Cyclus 
als  den  laufenden  noch  einraahl,  und  fügte  dann  vom 
Jahr  532  ab  noch  fünf  andere  hinzu.  Im  Codex  Dig- 
baeanus,  einer  Handschrift  der  bodlejanischen  Biblio- 
thek aus  dem  Anfange  des  neunten  Jahrhunderts,  be- 
findet sich  gedachtes  Schreiben  des  Dionysius,  das 
seiner  Ostertafel  zur  Vorrede  diente,  mit  einer  von  513 
bis  S92  dui-ch  zwanzig  neunzehnjährige  Cykel  fortlau- 
fenden Tafel,  von  der  Jan  die  ei*sle  19jährige  Abthei- 
lung für  die  Arbeit  des  Cyrillus  und  die  iiinf  fol- 
genden für  die  des  Dionysius  hält*).  Van  der 
Hagen  erregt  einige  Zweifel  dagegen^).  Es  ist  auch 
alleitlings  möglich,  dafs  spätere  Fortsetzer  etwas  an  der 
Form  geändert  haben;  allein  Jan 's  Meinung  bleibt 
immer  sehr  wahrscheinlich,    weil  man  sonst  nicht  be- 


')   S.  Jani  hisL  cycli  Dionjsiani  p.63. 

»)   Ebcnd.  S.XVIlIff. 

^)  De  cyclis  paschalibus  p.  28. 


Christliche  Völker.  261 

greift,  warum  mit  dem  letzten  neunzehnjährigen  Cyclus 
des  Cyrillus  der  Anfang  gemacht  ist,  und  warum, 
wenn  diese  Abtheilung  nicht  wesentlich  von  ihm  her- 
rührte, gerade  in  ihr  und  nicht  weller  die  Jahre  nach 
Diocletian  gezählt  sind. 

lieber  die  acht  Rubriken  dieses  von  Jan  *)  mit* 
getheilten  Fragments  müssen  hier  einige  Erläuterungen 
gegeben  werden«  Die  beiden  ersten  siud  j4nni  DiO" 
clettani  und  Quae  sint  iruUctiones  überschrieben«  Von 
den  Indictionen  wird  unten  gehandelt  weiden.  Die 
dritte  hat  die  TJebei'schrift  Epactae  i«  e.  adiectiones 
lunae.  Diese  Epakten  bezeichnen  eben  so,  wie  in  den 
Ostertafeln  des  Dionysius  und  Beda,  das  Alier  des 
Mondes  nicht  am  I.Januar,  wie  in  den  Fasti  consula- 
res  des  Anonymus,  sondern  am  22.  Man.  Beda  sagt 
uns  dies  in  folgenden  Worten  ^) :  Quae  in  circulo  de- 
cemnovfennali  adnotatae  sunt  epactae,  bmam,  quota  sit 
in  XI,  CaL  y^priks,  ubi  paschaUs  est  festi  principium, 
signant.  So  trifft  im  ersten  Jahr  des  Mondcirkels  ein 
r^eumond  auf  den  23.  März ;  das  Alter  des  Mondes  am 
22slen  ist  also  XXX  oder  0.  Im  folgenden  Jahr  fUlt 
ein  Neumond  auf  den  12.  März;  die  Epakte  ist  mit- 
hin XL  Die  vierte  Rubrik  mit  dem  Titel  Concumn-* 
tes  dies  gibt  die  Wochentage ,  auf  die  der  24.  März 
trifft,  wie  uns  wieder  Beda  sagt^):  Cum  suas  {fuae- 
que  anni  dies  ftabeat  concunentes,  hae  quae  in  cir-- 
culo  adßxae  conciirrentes  sunt,  specialiter  quae  sit  nono 
Cal.  Aprilium  feria  designant.     Begreiflicherweise  wer- 


*)  S.74. 

'}    De  temporum  ratione  c.48. 

')    Ebend.  c.51. 


262  Technische  Chronologie. 

den  die  Concurrentes  eben  so  durch  den  28jährigen 
Sonnencirkel  bedingt,  wie  die  Sonntagsbuchsta- 
ben. Sie  bangen,  da  F  allemahl  der  Buchstabe  des 
24.  Man  ist,  dergestalt  zusammen,  dafs  die  concurren- 
tes 1,  2,  3,  4,  S,  6,  7  den  Sonntagsbuchstaben  F,  E,  D, 
C,  B,  A,  6  entsprechen.  Jene  schreiben  sich  aus  dem 
Orient;  diese  sind  eine  Erfindung  des  Occidents*).  Die 
fünfte  Rubrik  ist  Quotus  sit  lunae  circulus  überschi-ie- 
ben.  Sie  gibt  die  Jahre  des  cyclus  lunaris  der 
Juden,  dessen  güldene  Zahlen  durchgehends  um  drei 
Einheilen  kleiner  ausfallen,  als  die  des '  19 jährigen 
Cyclus  der  Alexandriner  (2,  237).  Hauptsächlich  dieser 
Rubrik  wegen  will  Van  der  Hagen  die  Tafel  nicht 
für  die  ächte  Arbeit  des  Gyrillus  gelten  lassen,  weil 
dieser  in  seinem  Prologus  nichts  von  einem  solchen 
Cyclus  erwähne.  Allein  Dionysins  hat  sie  vermuth* 
lieh  hinzugefügt,  um  dem  von  ihm  mitgelheilten  Frag- 
ment ganz  die  Form  seiner  Ostertafel  zu  geben.  Was 
es  mit  den  drei  letzten  Rubriken:  Quae  sit  luna  XIV 
paschalis;  Dies  dominicae  festiv^itatis  und  Quota  sit  baia 
ipsius  diei  dominicae,  für  eine  Bewandnifs  habe,  ist 
für  sich  klar.  In  der  letzten  steht  beim  achten  Jahr 
Ogd,,  bei  dem  neunzehnten  Hend.,  um  die  beiden  Ab- 
theilungen des  neunzehnjährigen  Cyclus  zu  bezeichnen, 
von  denen  oben  (2,  234)  die  Rede  gewesen  ist. 

Der  95  jährige  Zeitraum  ist  kein  wahrer  Cyclus, 
kommt  aber  einem  solchen  sehr  nahe.  Die  Data  des 
Osterfestes  kehren  nämlich  mit  Ausnahme  jedes  vierten 

')  Warum  die  Epaktcn  gerade  an  den  22,  März  und  die 
Concurrentes  an  den  24sten  geknüpft  sind,  untersucht  scharf- 
sinnig Van  der  Hagen  in  seinen  Observaliones  in  Chronicon 
Prosperi  p.203. 


Christliche  Völker. 


263 


wieder,  und  bei  diesem  vierten  bat  man  meistens 
nur,  wie  sich  Gjrillus  ausdrückt,  unum  assem,  eine 
Einheit  oder  eiuen  Tag,  propter  rationes  bisseocti, 
am  ändern.  Folgende  Zusammenstellung  der  Data  des 
Festes  aus  den  ersten  19  Jahren  zweier  auf  einan- 
der folgenden  95jährigen  Perioden  wird  dies  ins  Licht 
setzen:  ^ 


Jahre 
n.  Chr. 

Osterfeste. 

Jahre 
n.  Chi*. 

Osterfeste. 

437 
438 

1 1 .  April 
27.  März 

b.532 
.  533 

11.  April 
27.  März 

439 

b.440 

441 

16.  April 

7.  April 

23.  März 

534 

535 

b.536 

16.  April 

8.  April 

23.  März 

442 
443 
b.444 
445 
446 

12.  April 
4.  April 

23.  April 
S.April 

31.Miürz 

537 
538 
539 
b.540 
541 

12.  April 
4.  April 

24.  April 
8.  AprU 

31.  März 

447 

b.448 

449 

20.  April 
11.  April 
27.  März 

542 

643 

b.544 

20.  April 

5.  April 

27.  März 

450 

451 

b.452 

16.  April 

S.April 

23.  März 

545 
546 

547 

16.  April 

8.  April 

24.  März 

453 
454 
455 

12.  AprU 

4.  April 

24.  April 

b.548 
549 
550 

12.  April 

4.  April 

24.  April 

264  Tecfmische  Chronologie. 


Es  yerdienea  hierüber  Noris')  und  Van  der  Hagen') 
verglichen  zu  werden.  Letzterer  sagt  gans  richtig'): 
In  laterculo  centiun  annörum  paschali  nullus  obtinet 
paschae  recursus.  Sed  in  XCV  annorum  cjrclo,  {/tio^ 
lern  primus  edidit  Cjrrillus,  quidam  paschae  recursMAS, 
sed  non  praecisus,  observatur,  quia  spado  XCV  anno-- 
mm  evoluto  eadem  fere  paschata  reamunt.  Cyrillus 
suchte  dem  19jährigen  Cyclus,  indem  er  ihn  so  fönf- 
mahl  nahm,  wenigstens  einigermafsen  den  Vorzug  zu 
verschaffen,  den  die  Lateiner  an  ihrem  84jährigen 
rühmten,  dafs  nach  Ahlauf  desselben  die  Data  der 
Osterfeier  wiederkehrten.  Dionysius  behielt  nachmals 
aus  gleichem  Grunde  diese  Form  bei« 

Aufser  dem  Prologus  hat  man  von  Gyrillns  noch 
zwei  hiefaer  gehörige  Briefe,  von  denen  der  erste  419 
an  die  Synode  von  Carthago,  der  andere  443  an  die 
lateinische  Kirche  geschrieben  ist.  Jener  ist  dem  Papst 
Bonifacius  mitgetheilt  worden,  und  beide  haben  sich 
vermuthlich  in  den  päpstlichen  Archiven  bei  einander 
gefunden,  daher  sie  auf  eine  unschickliche  Weise  zu 
einem  Ganzen  verbunden  worden  sind.  So  haben  sie 
Pctavius^)  und  Bucherius  ^)  ans  Licht  gestellt. 
Jener  will  den  zweiten  Brief,  der  mit  den  Worten: 
Quod  optamusj  cliarissimi  fratres  anfangt,  dem  Bischöfe 
von  Alexandrien  absprechen;  aber  dieser  eignet  ihn 
demselben  zu,   und  gewifs  mit  Recht.     Nachdem  darin 


^)  De  cjrclo  Ravennaie  c.2. 

')  Obseivationes  in  prologos  p.  68. 

^)  De  cjrclis  paschalibus  p.  183. 

*)  S.503. 

^)  S.72. 


Ghristlighb  Völker.  265 

yerscbiedene  das  Osterfest  im  Allgemeinen  betreflende 
Regeln  aufgestellt  sind,  wird  insbesondere  von  dem 
Feste  des  Jahrs  444  gehandelt  und  bemerkt,  dals  es 
die  Alexandriner  auf  den  23.  April  setzten,  die  Latei- 
ner aber  ihren  irrigen  Principien  zufolge  einen  Monat 
früher  feiern  wollten.  In  dem  ersten  sehr  kurzen  Briefe 
muis  von  dem  Feste  des  Jahrs  420  die  Rede  sein,  und 
daher  XIY.  Cal.  Maii  statt  IX.  Gal.  Maii  gelesen  wer- 
den. Uebef  beide  oommentirt  Van  der  Hagen  mit 
seiner  gewohnten  Gründlichkeit  0* 

Von  dem  streitigen  Feste  des  Jahrs  444'  handelt 
auch  ein  443  abgefafstes  Sendschreiben  des  Pascha« 
sinus,  Bischofs  von  Lilybäum,  an  Leo').  In  diesem 
für  die  Geschichte  wichtigen  Aktenstücke  wird  die  Rech- 
nung der  Alexandriner  fär  richtig  und  die  der  Römer 
für  irrig  erklärt.  Letztere,  heifst  es,  wollten  aus  dem 
Embolismus  oder  Mondschaltjahr  (ein  solches  war 
das  dem  Jahr  444  correspondirende ,  das  achte  des 
19jährigen  Gydus)  ein  Gemeinjahr  machen,  mit  an- 
dern Worten,  das  Fest  einen  Monat  früher  feiern.  Man 
vei^leiche  Yan  der  Hagen 's  Erläuterungen  ')• 

Leo  sah  sich  durch  die  Gründe  des  Cyrillus  und 
Paschasinus  bewogen,  das  besprochene  Fest  gegen  die 
Grundsätze  der  Lateiner  auf  den  23.  April  zu  verlegen, 
weil  wenigstens,  wie  er  sich  in  seinem  Briefe  an  den 
Marcianus  ausdrückt,  das  pascha  dominicae  passionis 
(das  TüiffxoL  g-aopwcTLiioy)  nicht  über  den  herkömmlichen 
Termin  des  21.  Aprils   hinausrückte,  welchen   Beruhi* 


*)   Observationes  in  prologos  S.9^, 

')   Bucherius  S.75. 

')    Ohservationes  in  prologos  S.lll. 


266  Technische  Chronologie. 

gongsgrund  ihm  Paschasinus  an  die  Hand  gege- 
ben. Aueh  Pros  per  sagt*):  Theodosio  XVIII  et  AU 
bino  Coss.  pascha  domini  IX.  Cälendas  Mail  celebru-^ 
tum  est;  nee  erratum  est,  qida  inde  XI.  Calendarum 
Maiarum  dies  passionis  Juit,  ob  cuius  reverentiam 
natalis  urbis  Romae  sine  circensibus  transiiu 
Die  letzten  Worte  sind  wichtig.  Sie  scheinen  den  Grund 
zu  enthalten,  warum  die  römische  Kirche  so  streng 
auf  die  Satzung  hielt,  dafs  das  Osterfest  nicht  über 
den  21.  April  hinaus  gefeiert  werden  solle  (2,247)* 
Hätte  man  mit  den  Alexandrinern  auch  noch  den  22, 
23,24  und  25.  April  dazu  nehmen  woUen,  so  würde 
der  Geburtstag  Roms  (2,47),  ein  uraltes  Volksfest, 
auf  die  Charwoche  getroffen  sein,  und  es  hätte,  wie  im 
Jahr  444,  von  keinen  circensischen  Spielen  die  Rede 
sein  können.  Fiel  das  Osterfest  auf  den  XI.  Cal.  Maii 
selbst,  so  durften  die  Ciroenses  gerade  nicht  untersagt 
werden,  weil  das  christliche  Fest,  eben  so  wie  das  heid- 
nische, ein  Tag  der  Freude  war. 

Den  Papst  mochte  es  geschmerzt  haben,  dafs  in 
einem  so  wichtigen  Punkt,  wie  ihm  die  Bestimmung 
des  Osterfestes  erschien,  die  Autorität  des  alexandrini- 
sehen  Bischofs  mehr  gelten  sollte,  als  die  seinige.  Er 
nahm  also  die  Gelegenheit  wahr,  die  ihm  das  Osterfest 
des  Jahrs  455  darbot,  den  lateinischen  Grundsätzen  den 
Sieg  zu  verschaffen.  Nach  diesen  sollte  das  Fest,  wie 
er  glaubte  völlig  tadellos ,  am  17*  April  gefeiert  wer- 
den, nach  der  Ostertafd  des  Theophilus  hingegen 
acht  Tage  später,  am  24sten.  Er  schrieb  defshalb  im 
Jahr  453  den  vorhin  erwähnten  Brief  an  den  Kaiser 


')   Chronicon  S.53. 


Christliche  Völker.  267 

Marcianus,  und  einen  andern  an  den  Bischof  lulia* 
nus  Coensis,  seinen  Geschäftsträger  zu  Constantino- 
pel  (nicht,  wie  die  altem  Ausgaben  sagen,  an  Eudocia 
Augusta,  die  Wittwe  des  jungem  Theodosius),  und 
da  ihm  jener  antwortete,  dafs  er  den  Alexandrinern 
aufgegeben  habe,  die  Sache  zu  erwägen,  so  befahl  er 
dem  lulianus  in  einem  zweiten  Schreiben  vom  Jahr  454, 
die  Angelegenheit  zu  betreiben  *).  Aus  dem  Ton  dieser 
Briefe  geht  Gereiztheit  und  Vertrauen  in  seine  Ansich- 
ten hervor.  In  dem  erstem,  der  für  die  Geschichte 
des  05tei*strelts  besonders  wichtig  ist,  sagt  er  unter  an- 
dern :  j^b  XI.  Calendarum  Apriliwn  usque  in  XI ^  Ca- 
lendajum  Maiarum  tegitimum  spatium  sit  praeßamm, 
intra  quod  omnium  varietatum  necessitas  concludatur, 
ut  pascha  dominicwn  nee  prius  possimus  habere  ^  nee 
tanUus,  In  Ansehung  der  ersten  Grenze  hatten  sich 
also  die  Grundsätze  der  Lateiner  bereits  dahin  modiGcirt, 
dafs  sie  das  Osterfest  nicht  mehr  an  oder  vor  dem 
Tage  der  Frühlingsnachtgleiche,  wie  es  wol  sonst  ge- 
schehen war,  feiern  wollten ;  aber  auf  die  zweite,  den 
21.  April,  wurde  noch  immer  strenge  gehalten. 

So  zuversichtlich  aber  auch  Leo  der  lateinischen 
Bestimmung  des  Osterfestes  das  Wort  redete,  so  gab  er 
dennoch  den  Alexandrinern  nach,  um  den  Frieden  in  der 
Kirche  nicht  zu  stören.  Es  vei'anlafste  ihn  dazu  beson- 
ders das  ausführliche,  noch  in  der  lateinischen  Ueber- 
setaung  des  Dionjsius  Exiguus  vorhandene,  Send- 
schreiben, das  Proterius,  Bischof  von  Alexandrien, 
auf  Befehl  des  Kaisers  an  ihn  richtete.     Diese  Schrift 


')   Es  sind  die  Briefe  94,  9S  und  100  nach  der  oben  (2,  209) 
genannten  Ausgabe. 


268  TecJmische  Chronologie. 

preiset  Beda  als  den  Inbegriff  der  wahren  Lehre  vom 
Pascha,  und  sie  gehört  auch  wirklich  zu  den  wich- 
tigsten dieselbe  betreffenden  Aktenstücken«  Sie  findet 
sich  unter  Leo's  Werken^),  auch  bei  Petavius'), 
Bucherius^)  und  Jan^).  Man  vergleiche  Van  der 
Hagen's  Commentar ').  Des  nicänischen  Gonciliums 
wird  nicht  gedacht,  aber  der  legales  libri,  worunter 
die  mosaischen  Vorschriften  verstanden  zu  werden  schei- 
nen, und  der  Institute  der  alten  Lehrer«  Yorzüglicfa 
hält  Proterius  viel  auf  die  Ostertafel  des  Theophi- 
Ins  und  empfiehlt  ihre  genaue  Beachtung.  Sie  irre  sich, 
sagt  er,  im  vorliegenden  Falle  nicht;  denn  die  Luna 
Xiy  sei  der  17*  April,  ein  Sonntag,  und  defshalb  müsse 
das  Fest  um  acht  Tage  hinausgeschoben  werden  *).  Wenn 
der  Vollmond  immer  auf  den  Donnerstag  träfe,  so 
könne  gar  kein  Zweifel  über  die  Feier  des  Festes  sein, 
da  Christus  an  der  Luna  XIV  das  Osterlamm  gegessen 
habe,  an  der  Luna  XV  gestorben  und  an  der  Luna  XVII 
auferstanden  sei  u.s.w.  Durch  dergleichen  Grunde,  denen 
der  Wunsch  des  Kaisers  noch  mehr  Gewicht  gab,  wurde 
Leo  vermocht,  das  Osterfest  auch  in  den  Kirchen  des 
Occidents  am  24.  April  feiern  zu  lassen«  Wir  haben 
noch  das  vom  28.  Julius  454  datirte  Rundschreiben, 


•)  S.646. 

')  S.497. 

^)  S.82. 

^)  S.  95.  Hier  wird  ein  nach  HandschnAen  yerbesserter  Text 
gegeben. 

')    Observationes  in  prologos  p.  131. 

*)  Diese  Regel  hatte  zwar  die  lateinische  Kirche  mit  der  alezan- 
drinischen  gemein;  allein  nach  ihrem  Cydus  traf  die  Luna  XTV 
ein  paar  Tage  früher  ein  (2,251). 


Ghaistliche  Völker.  269 

das  er  de&falls  an  die  Bischöfe  Ton  Gallien  und  Spa- 
nien erlieis  *  j.  Es  schliefst  mit  folgenden  Worten :  Quia 
ergo  studio  unitatis  et  päcis  malui  orientalium  defini^ 
tioni  acquiescere,  quam  in  tantae  Jestii^itatis  observan-- 
tia  dissid^re,  noverit  fratemitas  vestra,  die  VIII.  Ca-- 
lendas  Maias  ob  Omnibus  resurrectionem  dominicam 
celebrandam,  et  hoc  ipsum  per  vos  aliis  esse  Jhatri" 
Bus  intimanduni,  ut  diyinae  pacis  consortio,  sicut  una 
fide  iungimur,  ita  una  solennitate  Jeriemun  Man  siebt, 
der  Papst  war  nur  überredet,  nicht  überzeugt  worden« 
Prosper,  der  damals  schrieb,  ist  sehr  unzufrieden  mit 
der  Wenduug,  die  die  Sache  genommen  hatte.  Eodem 
anno,  so  endigt  er  sein  Cbronicon'),  pascka  domi-^ 
nicum  die  FIII.  Calendas  Maii  cclebratum  est,  perti-^ 
naci  intentione  Alexandrini  Episcopi,  cui  omnes  orien^- 
tales  consentiendum  putai^runt,  quamvis  sanctus  Papa 
Leo  XV.  Calendas  Maii  potius  obsen^andum  protesta^ 
retur,  Eoctant  eiusdem  Papae  epistolae  ad  clementis^ 
simum  Principem  Marcianum  daiae ,  quibus  ratio  o^e- 
ritalis  sollicitatae  ei^identer  patefacta  est,  et  quibus 
ecclesia  catholica  instrui  potest,  quod  haec  persuasio 
studio  unitatis  et  pacis  tolerata  sit  potius  quam  pro^ 
bata;  nunquam  deinceps  imitanda,  ut,  quae  exitialem 
attulit  offensionem,  omnem  in  perpetuum  perdat  aucto^- 
ritatem. 

Moris  ist  der  Meinung,  dafs  obige  aus  den  Con- 
sular-Fasten  gezogene  Osler tafel  auch  noch  während 
des  Cyclus  von  382^  bis  465  gebraucht  worden  sei.    Es 


*)  Epist.  i09.    Auch  beim' Bucherius  S.  88. 
')  S.55. 


270  Technische  .  Chronologie. 

scheint  aber  keinem  Zweifel  zu  unterliegen,  daüs  wenig- 
stens zu  Leo*s  Zeit  eine  neue,  etwas  veränderte,  Be- 
arbeitung derselben  im  Gange  sein  mufste.  Cyrillus 
sagt  in  seinem  Briefe  an  diesen  Papst  Ton  dem  Oster- 
feste des  Jahrs  444 :  Quod  si  faciatis  VII.  Calendas 
Aprilis  lAUia  XXII,  ut  iam  praeparatis,  communent 
annum  facitis  de  embolismo,  dum  observatis  lunam 
incensam  in  III.  Nonas  MartiaSy  iuxta  regulam  La- 
tinorum^  Aber  nach  jener  Tafel  traf  der  Oslemeumond 
nicht  auf  den  5.  März,  sondern  auf  den  4ten,  und  das 
Fest  nicht  auf  den  26sten,  sondern  auf  den  19len. 
Leo  schreibt  an  den  Marcianus:  Scquenti  annOy  pridie 
Nonas  Aprilis,  eadem  propitio  Deo  erit  habenda  Jesii-- 
mtas,  sicut  regulariter  centenariae  annorum  ixxtionis 
ordo  declarat.  Er  meint  das  Fest  des  Jahrs  454,  das 
die  Lateiner,  wie  er  sagt,  übei^einslimmig  mit  der  Oster- 
tafel  des  Theophilus  am  4.  April  feiern  würden ,  und 
jene  Tafel  setzt  es  auf  den  28.  März, 

Yan  der  Hagen  hat  den  treflenden  Gedanken, 
dals  sich  diese  Abweichungen  Jurch  einen  Cyclus  mit 
dem  saltus  luuae  nicht  nach  je  zwölf  (2,240),  sondern 
nach  je  vierzehn  Jahren  i-echtfertigen  lassen.  Dals  wirk- 
lich beide  Constructionsmethoden  bei  dem  84jährigen 
Cyclus  in  Anwendung  gekommen  sind,  lehren  folgende 
Worte  des  Victor ius^):  Tum  deinde  ii,  qui  cjrclum 
annorum  LXXXIV  ediderunt,  XII  peractis  annis  lu-- 
nanh  unam  adiiciendam  legitimo  cursui  esse  praeci-* 
piunt.'  Item  sunt  qui  hanc  eandem  XV  demwn  inci^ 
pierUe  anno  magis  adnumerari  definiunt..    Setzt  man 


*)  Buckerius  p.3. 


Chhistlighe  Völkbr. 


271 


aun  mit  Beibehaltung  aller  übrigen  Principien  den 
saltus  lunae  nach  je  vierzehn  Jahren  an,  so  ändern  sich 
in  obiger  Tafel  folgende  neun  Osterfeste: 


Jahre 

Jahre  des 

Epakte 

Oster- 

Osterlag. 

Alter  des 

n.  Chr. 

Cydu». 

des  1.  Jan. 

Neumond. 

Mondes. 

394 

13 

XIII 

19.  März 

9.  April 

XXH 

421 

40 

XII 

20.  März 

10.  April 

XXII 

431 

50 

1 

III 

29.  Mära 

19.  April 

XXII 

444 

63 

XXVII 

5.  März 

26.  März 

XXII 

448 

67 

XI 

21.  März 

11.  April 

XXII 

451 

70 

XIV 

18.  März 

8.  April 

XXII 

454 

73 

XVIII 

U.März 

4.  April 

XXII 

458 

77 

II 

30.  März 

20.  April 

XXII 

463 

82 

xxvn 

» 

S.März 

24.  März 

XX 

Yictorius  sagt  zwar  nicht,  daSs  die  letztere  Con- 
stmctionsmethode  an  die  Stelle  der  erstem  getreten  sei; 
es  ist  jedoch  sehr  wahrscheinlich.  Denn  einmahl  ist 
jene  genauer  als  diese,  wie  ein  jeder,  der  sich  die  Mühe 
geben  will)  beide  mit  der  mittlem  Dauer  des  syno- 
dischen Monats  zu  vergleichen,   leicht  finden  wird  ^). 


*)   Z.  B.  für  den  Anfang  des  738ten  Jahrs  stellt  sich  die  Epak« 
tenrechnung  also: 

72  'julianische  Jahre  halten 26298  Tage. 

890  Mondmonate  .  ^ 262S2  Tage^    5  St.  25'. 

Unterschied 15  Tage,  18  St.  35'. 

Epakte  des  ersten  Jahi's 1  Tag. 

Epakte  des  73sten  Jahrs 16  Tage,  18  St.  35', 

oder  nahe  17  Tage. 

saltus  nach  12  Jahren  ist  die  Epakte  XIX,  bei  dem*  nach 


272  Technische  Chronologie. 

Zweitens  werden  die  Feste  der  Jahre  444  and  454  durch 
den  vierzehnjährigen  saltus  lunae  richtig  dargestellt.  Drit- 
tens gedenkt  Cyrillus  hlofs  des  84jährigen  Cydas  mit 
diesem  saltus,  zum  Zeichen,  dafs  derselbe  zu  seiner  Zeit 
im  Gebrauch  sein  mufste.    In  seinem  Prologus  heilst 
es  nämlich  ^):   In  ordine  autem  annonun  illorum  qui-- 
dam   in   decimo   quarto  anno ,   quidam  decimo  sexto 
(letzteres  soll  auf  den  Canon  des  Hippolytus  gehen) 
unam  diem  de  incrementis  hmaribus  addiderunt:  hone 
sanctus   Theophibis   in  decimo   nono  adiicit  ( 2,  235). 
Auch  sagt  dieser  Kirchenvater  ')>  dafs  man  den  84  jäh- 
rigen Cyclus  in  sex  quatuordecennitates  (im  Ori- 
ginal stand  ohne  Zweifel  TEa-o-apcffxaidcxamj/^ideg)  getheilt 
habe,  welche  Eintheilung  nur  durch  den  gedachten  sal- 
tus begründet  sein  konnte. 

Yan  der  Hagen  glaubt^),  dafs  es  Prosper 
Aquitanus  war,  der  diesen  verbesserten  Cyclus  ord- 
nete; denn  er  bemerke  in  seinem  Chronicon  jedes- 
mahl  den  Anfang  eines  neuen  Cyclus  (2,242),  auch 
gebe  er  durch  das,  was  er  über  die  sti^itigen  Oster- 
feste der  Jahre  444  und  455  sagt,  ein  besonderes  In- 
teresse an  diesem  Gegenstande  zu  erkennen.    Was  aber 


l4  hingegen  XVIII.     Letztere  weicht,  wie  man  sieht,  um  einen 
Tag,  erstere  um  zwei  Tage  von  der  genauem  Bestimmung  ab. 

*)  Bucherius  S.483. 

')   Ebend.  S.481. 

^)  Obsen»ationes  in  Chronicon  Prosperi  p.  1 76.  Schon  Buche- 
rius conslrutrt  S.  427  seines  "Werks  eine  84  jährige  Ostcrtafel 
mit  der  Ueberschrifl  Cjrclus  latinus  seu  Prosperianus ^  an  deinen 
Schlufs  er  sagt:  Talisjere  esse  potuit  Latinorum  cjrcU  dispo* 
sitio.  Van  der  Hagen  findet  aber  daran  mit  Recht  sehr  viel 
zu  tadeln. 


Ghbistlichb  Völker.  273 

Yoniigllch  fiir  die  Hypothese  spreche,  sei,  dafs  Gen« 
nadius  und  Isidorus  ihn  ausdrücklich  xu  den  Yer- 
fertigem  von  Osteicykeln  zahlen.  Jener  sagt  *):  yicto^ 
rius  natione  Aquitanus,  caiculator  scrupidosus^  compo^ 
suit  pcLSchalem  cursum  inaagatione  cautissima,  post  qua^ 
tuor  priores i  qui  composuerunt^  id  est  Hippoljtum,  Eu- 
sebium,  Theophilum  et  Prosperum.  Dieser  ') :  Pascha^ 
lern  cjrcluni  Hippoljtus  Episcopus  temporibus  Alexandri, 
imperatoris  primus  conscripsit.  Post  quem  probatissinU 
auctores  Eusebius  Caesariensis,  Titeophilus  Alexandri" 
nufi,  Prosper  Aquitanus  et  Victorius  muUipUces  circw^. 
los  ediderurU. 

So  gern  man  aber  auch  dem  gelehrten  Mann  in. 
diesem  Punkte  beipflichtet,  so  schwer  ist  es,  über  fol- 
genden in  seine  Ansicht  einzugehen. 

Bucherius  thetlt  aus  einer  alten  Handschrift  ei- 
nen Latercubis  paschaUs  centum  armorum  mit  ^) ,  den. 
nachher  Joh«  Georg  Eccard  aus  demselben  Codex 
der  kaiserlichen  Bibliothek  zu  Wien,  der  die  Fasti 
consulares  des  Ungenannten  enthält,  in  sein  Corpus 
historicwn  medü  aevi  gebracht  hat  ^).  Es  ist  ein  Yer- 
zeichnils  der  Gonsuln  von  312  bis  411  n.Chr.  mit  bei-' 
gesetzten  Tagen  der  Osterfeier. 

Schon  beim  ersten  Anblick  der  Data  des  Festes  ist 
es  auflallend,  dafs  als  frühster  Termin  der  Feier  ge- 


^)  De  viris  illustribus  c.88. 

')   Ongg.yi,i7. 

*)  'Zuerst  gibt  er  diese  Tafel  S.252  so,  wie  er  sie  in  seiner 
Handschrift  fand ;  dann  S.  259  noch  einmahl  mit  berichtigten 
Zahlen  und  hinzugefügter  Ferie  des  I.Januar. 

*)   Tom.I.  col.  14-16. 

n.  [18] 


274  T^echnische  Chronologie. 

gen  die  sonstigen  Grundsätze  der  lateinischen  Kirdie 
der  24.  Bfän  angenommen  ist,  wenn  gleich  denselben 
gemäfs  zum  spätesten  der  21.  April  gemacht  wird.  Ver- 
gleicht man  dann  in  der  wahrscheinlich  richtigen  Tor— 
ausseizung,  dafs  diese  Tafel  mit  dem  84  jährigen  Cydus 
in  Verbindung  steht,  die  Data  mit  dem  jedesmahligen 
Mondalter  in  obiger  Oster tafel  (2,  249),  so  zeigt  sich, 
dals  das  Fest  neunmahl  (in  den  Jahren  313,  317,  323, 
330,  340,  360,  373,  387  und  401)  auf  Luna  XV,  vier- 
mahl  (in  den  Jahren  316,  320,  333  und  404)  gar  schon 
auf  Luna  XIV,  und  einmahl  (im  Jahr  357)  auf  Luna 
XXni  gesetzt  ist,  alles  gegen  die  oben  nachgewiesenen 
Principien  der  Lateiner. 

Van  der  Hagen  nun,  der  von  dieser  Tafel  aus- 
fuhrlich handelt  ^),  sieht  darin  ein  aus  den  päpstlichen 
Archiven  gezogenes  Verzeichniis  der  zu  Rom  wiiUich 
gefeierten  Osterfeste  ^  und  nachdem  er  sie  scharfsinnig 
analysirt  hat,  stellt  er,  jedoch  nicht  ohne  willkiihrliche 
Aenderuog  mehrerer  Zahlen,  die  Hypothese  auf,  dals 
die  lateinische  Kirche  das  Fest  ursprünglich  von  Luna 
XTV  bis  XX,  und  erst  seit  343  von  Luna  XVI  bb 
XXn,  ausnahmweise  bis  XXHI,  gefeiert  habe,  und 
dals  der  frühste  Termin  der  Feier  an&ngs  der  25.HSrz, 
ausnahmweise  der  245te,  und  vom  Jahr  382  an  der 
22.  MSrz  gewesen  sei.  Er  macht  sich  selbst  verschiedene 
Einwürfe,  z.B. die,  dais  Innocentius  in  seinem  oben 
(2,257)  erwähnten  Schreiben  sagt:  In  vigesima  tertta 
luna  nullum  pascha  unquam  factum  'esse  cognosdmus; 
femer  die,  dais  Victor,  römischer  Bischof  am  Ende  des 
zweiten  Jahrhunderts,  in  der  heftigsten  Of^osition  gegen 


')   Observeiiones  in  Praxen  Ckromcon  p.293. 


Christliche  VöLKBii.  275 

die  Quartadecimaner  sUnd  (2, 203),  es  also  nicht  wahr«^ 
scheinlich  ist,  dafs  die  Römer  selbst  ihr  Osterfest  da- 
mals an  der  Luna  XIY  gefeiert  haben  u.  fr.M.  Aber 
an  den  sehr  erheMithen  Einvrm*f ,  dafs  wir  schon  im 
Canon  des  H.ippolytus  das  Osterfest  am  21.  Märt  Und 
nicht  yor  Lnna  XVI  gefeiert  finden  (2,218,220)  scheint 
er  nicht  gedacht  zu  haben. 

Höchstwahrscheinlich  hat  es  mit  diesem  Laterculus 
paschalis  dieselbe  Bewandnils ,  wie  mit  dem  Canon 
paschalis  des  Ana  toi  ins  (2,229);  denn  auch  nach 
diesem  wird  das  Fest  ton  Lutoa  XIY  bis  XX  uhd. 
frühstens  am  25.  März  gefeieil.  beide  Tafeln  gehören 
in  die  Kategorie  dfer  sogenannten  jicta  Concilii  Cäesa* 
riensis  und  des  Tractatus  Anastäsü  de  ratione  paschae^ 
die  anerkannt  unflcht  sind  ^). 

Wir  sind  nun  in  unsem  Untersuchungen  bis  zum 
Canon  paschalis  des  Ylctorius  gekommen. 

Es  ist  noch  ein  kurzes  Schreiben  vorhanden,  worin 
der  Papst  Hilarius,  damahls  noch  Archidiaconus,  den 
Victdrius  ')  aus  Aquitanien  auffordert  zu  untersuchen, 


*)  Die  Acta  findefa  «ch  in  Beda^s  kleiner  Schrift  de  ver<m 
nali  aequinoctio  (Opp,  Tom.  11.  p»232),  wo  sie  überschrieben 
sind:  De  ordinatione  feriarum  paschalium  per  Theophilum 
Episcopum  Caesariensem  äc  reliijuorum  episcoporum  Synodum, 
Bucherius  gibt  sie  S.  469  nach  Handschriften  yerbessert  unter 
dem  Titd:  Epistola  PkÜippi  de  pascha.  Dann  hat  sie  Baluziua 
in  seinei*  Pfova  Concilionim  colleciione  col.  13  aus  zwei  sehr 
alten  Handschriften  abdrucken  lassen.  Auch  stehen  sie  in  dem 
Ton  Muratori  mitgetheilten  über  de  Computo  {Anecdota 
Tom.in,  p.l89)*  Den  Tractatus  de  ratione  paschae  haben  zu* 
erst  die  Benediktiner  in  ihrer  Ausgabe  des  Anastasiu»  ans 
Licht  gestellt.    Tom.  11,  p.74l. 

*)  Nicht  Victor  oder  Yictorinus«  wie  einige  neuere  Chro« 
Belogen  schreiben. 

[18'] 


276  Technische  Chronologie. 

woher  die  Yersqhiedenlieit  der  Bestimmung  des  Oster- 
festes eigentlich  rühre  und  wie  die  Wahrheit  zu  er- 
forschen sei.  Der  Calculator  scrupulosus,  wie  ihn  Gen* 
nadius  nennt  >  arbeitete  nun  einen  neuen  Osterka- 
non  aus-,  den  er  auf  einen  Cyclus  von  532  Jahren, 
gründete,  und  widmete  ihn  in  einem  Constantino  et 
Rufo  Coss,  d.  i.  im  Jahr  457  geschriehenen  Prologas 
dem  gedachten  Papst«  lieber  diesen  Prolog  und  Kanon 
hat  der  Jesuit  Aegidius  Bucherius  das  gelehrte,  im 
Obigen  schon  oft  angeführte,  Weik :  De  Doctrina  tem-- 
porum  commentarius  in  Victorium  AquiXanwn  geschrie- 
ben. Den  Prolog,  der  für  die  Geschichte  der  Oster* 
feier  in  der  römischen  Kirche  besonders  wichtig  ist, 
gibt  auch  Petayius  ^).  Ueber  beides  oommentirt  Yan 
der  Hagen  '). 

Zuerst  handelt  Yictorius  von  den  Ursachen  der 
Divergenz  der  Osterfeier.  Er  findet  sie  in  der  Yer- 
schiedeuheit  theils  der  zum  Grunde  übenden  Oykel, 
theUs  der  R^ln,  nach  denen  der  Ostermonat  und  in 
diesem  die  Luna  paschalis  bestimmt  wird.  Der  Osler» 
kreise  nennt  er  drei,  den  84,  95  und  112jährigen. 
Unter  dem  95]Shrigen  versteht  er  den  Zeitraum,  den 
die  Ostertafel  des  Cyrillus  umfalste,  der  aber  den  Na- 
men eines  Cjdus  eigentlich  nicht  verdient,  weil  er  die 
Data  des  Osterfestes  nicht  in  vollkommen  gleicher  OrdU 
nung  zurndiführt  (2,  262).  Auch  hat  ihn  sein  Uihe- 
her  nicht,  wie  Yictorius  zu  glauben  scheint,  für  einen 
wahren  Cyclus  ausgegeben.  Mit  dem  112jährigen  meint 
er  den  des  Hippolytus.     Bei  der  Yergleichung  die* 


*)  S.504. 

')   Ohsetvaiiones  in  prologos  pascMes  p.  l44. 


Christliche  Völk.er.  277 

ser  drei  Kreise  wird  besonders  die  Verschiedenheit  des 
Saltos  lunae  hervorgehoben  (2,235,270).  Im  li2jäh- 
rigen  soll  derselbe  nach  je  16  Jahren  eingetreten  sein; 
die  Yergleichung  der  oben  (2,215)  gegebenen  Tafel  zeigt 
aber,  dafs  im  Verlauf  von  16  Jahren  zwei  saltus  Statt 
finden ,  im  dritten  und  elften ,  wohin  auch  das  zwie- 
fache Datum  bei  diesen  Jahren  zu  deuten  scheint.  Sollte 
vielleicht  dieser  Cyclus  nach  Vollendung  des  Kunstwerks, 
das  uns  ihn  allein  kennen  lehrt  (2,214),  Modificatio- 
nen  erlitten  haben,  wodurch  man  seiner  grofsen  Un- 
Vollkommenheit  abzuhelfen  suchte? 

Noch  einen  Grund  von  der  so  httafigen  Verschie- 
denheit des  Oslertages  bei  den  Alexandrinern  und  La- 
teinern findet  Victor i US  mit  Recht  in  der  abweichen- 
den Zählung  des  Mondalters«  Cum  Jegyptii,  sagt  er, 
XF'  lunam  verbi  graiia  nunierant^  nostri  eandem  XVI 
'vel  XVII  calculantur.  Es  war  dies  eine  Folge  der 
UnvoUkommenheit  des  84  jährigen  Cyclus  (2,240).  Um 
deutlich  zu  sehen,  wie  sich  dei-selbe  allmahl  ig  verschob, 
wollen  wir  die  Luna  XIV  paschalis  seiner  Anfangsjahre 
298,  382  und  466  mit  der  der  Alexandriner  vergleichen. 
In  diesen  drei  Jahren  trifft  der  Ostemeumond  des  Cy- 
clus auf  den  31.  März  (2,  249),  also  die  Luha  XIV  auf 
den  13«  April.  Es  sind  aber  die  entspredienden  gül- 
denen Zahlen  14,  3  und  11,  mithin  die  zugehöri- 
gen Lunae  XIV  der  Alexandriner  der  12te,  13te  und 
15.  April  (2,199). 

Was  Victor i US  über  die  Construction  seines  Oster- 
kanons  sagt  und  was  der  Kftnon  selbst  davon  lehrt,  ist 
wesentlich  folgendes« 

Er  oombinirte  den  19jährigen  Mondcirkel  mit  dem 
28j2thrigen  Sonnencirkel  zu  einem  532  jährigen  Cyclus 


278  Technische  Chronologe. 

lunisoläro  (19  x  28  b»  532),  nach  dessen  Ablauf  die  Lu- 
nae  XIV  nicht  blols  zu  denselben  Daus,  sondern  auch 
zu  denselben  Ferien  zurüdikehren,  die  Monatstage  der 
Feier  sich  also  in  vollkonimen  gleicher  Ordnung  erneu- 
ern. Diesen  Oster  kreis  nennen  die  Chronologen  ge- 
wöhnlich nach  ihm  die  yictorianische  Periode. 
Er  ist  aber  nicht  der  Erfinder  derselben,  yrie  Buche- 
rius  glaubt;  schon  ein  halbes  Jahrhundert  früher  bat, 
wie  wir  unten  sehen  werden,  der  ägyptische  Möoch 
Anianus  einen  solchen  in  seine  Chronographie  ver- 
flochten. 

Yictorius  hatte  eigentlich,  um  eine  vollständige 
Udbersicht  vom  Laufe  der  Zeiten  zu  geben,  die  Absiebt, 
seinen  Kanon  an  die  mosaische  Schöpfung  zu  knüpfen 
und  ihn  bis  zu  dem  zunächst  nadi  ihm  eintretenden 
Schlufs  einer  ä32iährigjen  Periode  fortzuführen.  Sd 
quia  inimensum  opus,  sagt  er,  maioiis  est  otii,  ne  dia- 
tius  praecepta  differrem,  brei^iariam  eius  Interim  tx- 
plicayi. 

Die  Berechnungen  des  Eusebius  ^)  und  Prosper 
zum  Grunde  legend ,  nimmt  er  von  der  Schöpfung  bis 
zur  Siindfluth  2242  und  von  hier  bis  zur  Geburt  Abra- 
ham's  942  Jahre  an.  Von  Abraham  bis  auf  das  sechste 
Consulat  des  Valens  und  zweite  des  Yalentinianus  lu- 
nior,  d.  i.  bis  zum  Jahr  378  n.Chr.,  redinet  er  2395 
Jahre«  Von  hier  an.  bis  zum  Consulate  des  Placidios 
Yalentinianus  und  Anthemius,  455  n.  Chr.,  wo  Pros- 
per  sein  Chronicon  endigte,  verflielsen  77  J^l^^* 
Er  selbst  schrieb  noch  zwei  Jahre  spater*     Dies  gibt 


')   S.  den  zweiten  Theil  ton  Eusebii  Chronicon  unter  deo 
Werken  des  Hieronymus. 


Ghrisvlighe  VöLSLfiii.  279 

sufiammeoL  bis  auf  das  Jahr  457  n.  Chr.  5658  Jahre,  so 
dais  das  5202le  seiner  WeLtäre  mit  dem  ersten  unserer 
Zeitrechnung  zusammen triJOTt.  Da  er  nun  Christi  Lei- 
den in  das  Jahr  5229  setzt,  so  sieht  man,  dafs  es  sei-^ 
ner  Heinnng  nach  in  das  Jahr  28  unserer  Aere  ge- 
hört^). Dies  ist  das  ecsle  seines  grolsen  Cyclus,  in 
de^uen  430stem  Jahr  er  seine  Tafel  construirt  zu  haben 
versichert.  Bis  dahin  hat  er  die  Ginsuln  angemerkt 
und  dann  noch  102  Jahre  ohne  Consuln  hinzugefügt. 
Das  Verzeichnifs  ist  yon  einer  spätem  Hand  ergänzt 
worden. 

In  der  Handschrift,  aus  der  Bucherius  den  Ka- 
non ans  Licht  gezogen  hat,  fanden  sich  acht  Rubi*iken, 
zu  denen  er  noch  acht  andere  hinzugefügt  hat.  Jene 
müssen  hier  erklart  werden;  von  diesen  werden  die 
Ueberschriften  genügen:  jirnU  numdi  Eusebümi;  anni 
Ckrisii  vulgares  primae  ät  secundae  periodi;  cyclus  so^ 
lis  et  litte  rae  dominicaies;  cyclus  bmae  Alexandrinus ; 
anni  u.  c.  F'arroniani;  Consules  Romani  veri;  anni  im- 
peraiorum  Romanorum ;  cyclus  bmae,  Fictorii. 

Yon  den  ursprünglichen  Rubriken  führt  die  erste 
bei  Bucherius  die  Ueberschrift:  Consules  FictorU  vi^ 
tiosi.    Es  nnd   nämlich  yiele  Namen  falsch  angegeben 


*)  Was  ihn  hauptsachlich  bestimmte,  es  in  dieses  Jahr  zu  brin- 
gen, ist  das  Datum,  auf  welches  das  Osterfest  damals  traf,  der 
28.  März.  Die  Schöpfung  hatte  nach  einem  in  der  lateinischen 
Kirche  gangbaren^  auch  von  ihm  angenommenen  Glauben  am 
25.  März  begonnen,  auf  den  Cäsar  das  Frühlingsäquinoctium 
setzte.  Sonne  und  Mond  schuf  Gott  nach  der  Genesis  am  vier- 
ten Tage^  also  den  28.  März.  Welcher  Tag  konnte  zur  Aufer- 
stehung Christi  .geeigneter  scheinen^  als  eben  der,  an  welchem 
Sonne  und  Mond,  letzterer,  wie  er  sagt,  mit  vollem  Lichte,  zu 
leuchten  angefangen  hatten? 


280  Technisclie  Chronologie. 

und  ganze  Reihen  yerschoben.  Erst  vom  Jahr  346  n«Ghr. 
an  finden  sie  sich  richtig  verzeichnet. 

Die  zweite  zählt  die  Jahre  der  viclorianischen 
Periode.  Um  sie  auf  unsere  Zeitrechnung  zu  bringen, 
hat  nuin  27  zu  addiren.  Wenn  es  also  in  der  Grab* 
Schrift  des  heil.  Johann  von  Reome,  eines  Benedicti- 
ners,  hcifst,  da(s  er  gestorben  sei  jinno  Domini  quin-- 
gentesimo  duodecimo  iuxta  quod  in  Cyclo  B.  Fidorii 
numeratur^)^  so  ist  das  Jahr  539  n.  Chr.  gemeint. 

Die  dritte  gibt  durch  ein  gehörigen  Orts  gesetztes 
B.  die  julianischen  Schaltjahre,  und  die  vierte 
die  Ferie  des  I.Januar  zu  erkennen. 

Die  fünfte  zeigt  die  Epakte  am  1.  Januar. 
Yictorius  behielt  nttmlich  die  bei  den  Lateinern  ge* 
brauchliche  Weise,  die  Osterfeier  vermittelst  der  Ferie 
und  Epakte  des  1.  Januar  anzusetzen,  bei.  Nur  bei 
der  Bestimmung  der  Epakten  verfuhr  er  nach  den 
Grundsätzen  der  Alexandriner,  indem  er  den  saltos 
lunae  weder  nach  12  noch  nach  14  Jahren,  wie  im 
84jährigen  Gyclus,  sondern  erst  nach  19  Jahren  an« 
brachte  (2,  235,  270).  Dadurch  erhielt  seine  Periode 
vollkommen  die  Genauigkeit  des  19  jährigen  Gyclus,  von 
dem  sie  nur  ein  Vielfaches  ist.  Wenn  wir  sie  aber 
von  vorn  hinein  in  19jährige  Abschnitte  theilen  und 
die  Jahre  derselben  einzeln  numerii^en,  wie  es  Buche* 
rius  gelhan  bat,  so  trifH  der  saltus  allemahl  auf  den 
Schlufs  des  sechzehnten  Jahrs.  Warum  er  ihm  ge- 
rade diese  Stelle  angewiesen  hat,  begreift  man  nur, 
wenn  man  erwägt,  dafs  seine  Periode  ihrer  ursprüng- 
lichen Anlage  nach  mit  der  Schöpfung  beginnen  sollte« 


*)   L'jirt  de  virifier  les  dates  Tom.  I.  p.60. 


Christliche  Völkbe,  281 

Natnrlicb  setzte  er  den  saltus  lanae  nach  dem  Vor- 
gänge der  Alexandriner  an  den  jedesmaligen  Schlafs 
des  neunzehnjährigen  Cydus.  In  einem  Gydus  aber, 
der  mit  dem  Jahr  5229  der  Welt,  dem  ersten  seiner 
Periode,  beginnt,  ist,  wie  man  leicht  sieht,  jedes  sech- 
zehnte Jahr  das  neunzehnte  in  einem  ändern,  der  sei- 
nen Anlang  mit  der  Schöpfung  nimmt.  Die  Epakten 
der  einzelnen  Jahre  seines  19jährigen  Cyclus  bleiben 
die  ganze  Periode  hindurch  unverändert.  Uebrigens 
sind  sie  so  angesetzt,  dafs  die  Divergenz  des  84jälirigen 
Cyclus  dadurch  glücldich  gehoben  wird.  Im  Jahr  457 
z.  B.,  dem  430sten  der  Periode,  ist  nach  dem  Prolog 
und  Kanon  die  Epakte  XX,  ganz  mit  dem  Himmel 
übereinstimmig,  indem  der  mittlere  Neumond  am  vor- 
hergebenden 13.Deoember  eingetreten  war,  ui^  7U.  35' 
Morgens  römischer  Zeit.  Der  84jährige  Cyclus  dage- 
gen gibt  in  seinem  entsprechenden  76sten  Jahr  die 
Epakte  XXII  (2,251),  also  den  Neumond  um  zwei 
Tage  zu  früh. 

Die  sechste  Rubrik  enthält  die  Tage  des  Oster- 
festes. Die  Grundsätze,  nach  denen  Yictorius  die- 
selben ansetzt,  sind  folgende:  aus  der  Epakte  des  I.Ja- 
nuars leitet  er  auf  eben  die  Weise,  wie  es  oben  (2, 246) 
beim  84jährigen  Cyclus  geschehen  ist,  die  Neumonde 
her.  Der  Ostemeumond  ist  ihm,  wie  den  Alexandri- 
nern, derjenige,  welcher  das  Fest  zunächst  nach  dem 
21.  März,  dem  Tage  der  Frühlingsnachtgleiche,  gibt. 
Hiernach  construirt  sich  leicht  folgende  Tafel,  die  durch 
die  ganae  Periode  wiederkehrt: 


282 


Technische  Cftronoio^. 


Jabre. 

Epakten 
des  1.  Jan. 

■ n 

Ostergrenzen          1 

nach 
Yiclorius. 

nach  den 
Alo|[andr. 

1 

XIX 

26.  März 

27.  März 

2 
3 
4 

XXX 

Xf 

XXII 

14.  April 

3.  April 

23.  März 

15.  April 

4.  April 

24.  März 

5 
6 

7 

III 

XIV 
XXV 

11.  April 
31.  März 
20.  März 

12.  April 

1.  April 

21.  März 

8 
9 

VI 
XVII 

S.April 
28.  März 

9.  April 
29.  März 

10 
11 
12 

XXVIII 

IX 

XX 

15.  April 

5.  April 

25.  März 

17.  April 

5.  April 

25.  März 

13 
14 
15 

I 

XII 
XXIII 

13.  April 

2.  April 

22.  März 

13.  April 

2.  April 

22.  März 

16 
17 

IV 
XVI 

10.  April 

29.  März 

10.  April 
30.  März 

18 
19. 

XXVII 
VIII 

16.  April 
6.  April 

18.  April 
7.  April 

Man  sieht  hier  den  saltus  lunae  nach  dem  sechzehnten 
Jahr  in  dem  Sprunge  der  Epakte  Ton  IV  anf  XYI. 
Der  yierte  Neumond  im  Jahr  bestimmt  ihm  in  der 
Regel  das  Osterfest;  nur  im  zehnten  und  ad^tsehnten 
Jahr  der  fünfte.  Die  frühste  Luna  XIV  paschalis  ist  ihm 
der  20.  März  imd  die  späteste  der  16.  April.  Im  zwei- 
ten Jahr  behandelt  er  den  Monat,  der  am  2.  Janoair 


Christliche  Yölkbr.  283 

anftngt,  als  den  ersten;  sonst  uvurde  ihm  der  Ostemeu- 
mond  der  31.  März  sein,  da  er  doch,  wie  seine  Oster- 
data  beweisen,  den  I.April  dazu  macht.  Das  erste  Jahr 
seiner  Periode  und  seines  Cydus  trifft  mit  dem  Jahr  28 
unserer  Zeitrechnung  zusammen«  In  diesem  ist  die  gül- 
dene Zahl  10,  und  mehr  bedarf  es  nicht,  um  aus  der 
oben  (2, 199}  gegebenen  Tafel  seinen  Lunis  XIV  die  der 
Alex^indriner  beizuschreiben.  Die  Yergleiichung  lehrt, 
dalii  sie  bald  übereinstimmen,  bald  um  einen  oder  zwei 
Tage  von  einander  abweichen.  Der  Grund  d^von  liegt  in 
der  verschiedenen  Bestimmungsweise  der  Neumonde. 

Der  allen  Maxime  seiner  Kirche,  das  Osterfest  nicht 
vor  Luna  XYI  zu  feiern,  bleibt  er  getreu,  und  bierin 
unterscheidet  sieb  seine  Rechnung  wesentlich  von  der 
der  Alexandriner.  Dagegen  bindet  er  sich  nicht  weiter 
an  die  früher  beobachtete  Regel,  das  Fest  nicht  über 
den  21.  April  hinaus  zu  verschieben.  Er  läfst  es  am 
22,  23  und,  wiewohl  selten,  noch  am  24.  April  feiern, 
aber  nie  am  25slen,  dem  äufsersten  Termin  der  Feier 
bei  den  Alexandrinern,  weil  die  späteste  Luna  XIV  bei 
ihm  der  16te,  nicht  der  18.  April  ist. 

Zuweilen  setzt  er  ein  doppeltes  Datum  tnr  das 
Fbst  an,  die  Wahl  zwischen  beiden  dem  Oberhaupt 
der  Kirche  anheimstellend.  Es  geschieht  dies  in  zwei 
Fällen:  erstlich  wenn  die  Luna  XIV  in  einem  der 
Jahre  11  bis  16  seines  Cyclus,  wo  sie  mit  der  alexan- 
drinischen  übereinstimmt,  auf  einen  Sonnabend  triflt; 
dann  feiern  die  Alexandriner  das  Fest  gleich  am  folgen- 
den Sonntage»  die  Lateiner  hingegen,  denen  Luna  XV 
nicht  paschalis  ist,  acht  Tage  später.  Beide  Tage  merkt 
er  an.  Dieser  Fall  kommt  in  seinem  Kanon  24  mahl 
vor.    Der  zweite  ist  folgender  t  wenn  die  Luna  XIV  im 


2S4  Technische  Chronologie. 

zehnten  und  achtzehnten  Jahr  seines  Cychis,  wo  sie 
zwei  Tage  früher  eintritt,  als  bei  den  Ale^Landrinem, 
aaf  einen  Freitag  ftllt;  so  ist  ihm  der  nächste  Sonn- 
tag, ak  Luna  XVI,  der  Ostertag,  den  Alexandrinern 
dagegen,  die  d^  Fest  nicht  an  der  Luna  XIV  feiern 
dürfen,  erst  der  folgende.  Beide  Tage  bemerkt  er  wie- 
der. Dieser  Fall  tritt  achtmahl  ein.  Von  dem  ersten 
spricht  er  in  seinem  Prolog,  von  dem  andern  nicht. 
Mit  Ausnahme  dieser  32  Doppeldata  stimmen  alle  übri- 
gen mit  den  alexandrinischen  überein.  Eine  Abweichung 
yon  einem  Monat,  .wie  sie  im  84  jahrigen  Cydus  nicht 
selten  war,  kommt  bei  ihm  nicht  vor. 

Die  siebente  Rubrik  gibt  das  Mondalter  am 
Tage  des  Osterfestes.  Es  schwankte  wie  in  dem  84  jäh- 
rigen Cydus,  zwischen  Luna  XVI  und  XXII. 

Die  achte  endlich  enthält  die  von  Bucherius 
verbesserieir  Indictionen.  In  der  Handschrift  eilten  sie 
den  richtigen  um  drei  Jahre  vor.  Yermuthlich  sind 
sie  von  späterer  Hand  auf  eine  ungeschickte  Weise  hin- 
zugefügt worden.  Im  Prolog  ist  von  keinen  Indictio- 
nen die  Rede. 

Es  leidet  wol  keinen  Zweifel,  dafs  Hilarius,  der 
den  Yictorius  zur  Bearbeitung  seines  Osterkanons 
aufgefordert  hatte,  denselben  nach  seiner  im  Jahr  461 
erfolgten  Erhebung  auf  den  päpstlichen  Stuhl  einge- 
führt habe,  und  zwar  im  Jahr  465,  wo  der  84jährige 
Gjdus  der  Lateiner  zu  Ende  lief.  Aber  auch  so  war 
der  über  die  Feier  des  Osterfestes  in  der  Christenheit 
obwaltende  Streit  noch  inimer  nicht  ganz  beseitigt; 
denn  nicht  zu  gedenken,  da£i  noch  hin  und  wieder 
im  Occident  der  alte  Cyclus  im  Gange  blieb,  liefi  die 
neue  von  Yictorius  bearbeitete  Tafel  zuweilen  den 


Gheistlighb  Völker.  285 

Tag  der  Feier  zweifelhaft,  wo  dann  der  Papsl  für  das  Da- 
tum entschied,  das  den  lateinischen  Piincipien  zusagte. 
So  wissen  wir,  dals  unter  andern  in  den  Jahren  475, 
495,  496,  499  und  516  das  Fest  im  Ooeident  überein- 
sümmig  mit  der  Tafel  des  Yictorius  acht  Tage  spä- 
ter als  im  Orient  gefeiert  wurde  ^).  Der  römische  Abt 
Dionysius,  mit  dem  Beinamen  Exiguus,  erwarb 
sich  daher  um  den  Frieden  der  Kirche  kein  gerin- 
ges Verdienst  dadurch,  dafs  er  die  beinahe  abgelaufene 
95jährige  Oster tafel  des  Cyrillus  ganz  nach  gleichen 
Gnindstttzen  fortsetzte  und  den  Gebrauch  derselben  auf 
eine  Weise  empfehl,  welche  endlich  die  Gemüther 
vereinigte« 

Dieser  Mann  wird  von  seinem  Zeitgenossen  Gas- 
siodorus  eben  so  sehr  seiner  Gelehrsamkeit  als  sei- 
ner ächtchrisUichen  Gesinnung  wegen  gepriesen  ')•  Un* 
ier  mehreren  Schriften  imd  Uebersetzungen  aus  dem 
Griechischen,  die  Fabricius  verzeichnet^),  hat  man 
von  ihm  einen  Prolog  zu  der  von  ihm  construirten 
Ostertafel,  der  gewöhnlich  unter  dem  Titel  Epistola  ad 
Petronium  dtirt  wird,  und  eine  auf  denselben  Gegen- 
stand sich  beziehende  Epistola  ad  Bonifacüun.  Jener 
ist  525,  diese  526  geschrieben,  wie  die  Exempel  (ur 


*)  Man  sehe  die  Anmerkungen  zur  Table  chronologique  im 
ersten  Bande  des  Wei-ks  V  Art  de  värißer  les  dates, 

')  Vionursius  monachus  Scyiha  natione,  sed  moribus  omnino 
Romanus,  in  utraque  lingua  valde  doctissinms,  reddens  actio^ 
nibus  suis,  quam  in  libris  domini  legerat,  aequitatem  etc. 
Divin,  lect.  cXXIII.  Beim  Beda  heifst  er  {de  temp,  rßt,  c.45) 
uenerabilis  Abbas  Romanae  urbis. 

')  In  seiner  Bibliotheca  Lutina  mediae  ei  infimae  aetatis, 
1.  IV.  p.99. 


286  Technische  Chronologie. 

die  Osterrecbnung  lehren,  die  alle  yon  diesen  Jakfen 
entlehnt  sind.  Ueber  beide  haben  Norisi  Jan  und 
Yan  der  Hagen  commentirt  ^). 

In  der  Epistola  ad  Petroniwn,  die  D-ionysius 
selbst  Praefalio  nennt,  empfiehlt  er  dringend  den 
19  jährigen  Gyclus  der  Alexandriner.  Dieser  sei  von 
den  nicänischen  Yätetn  non  tarn  peritia  saeculari, 
quam  S.  Spiritus  ülustratione  genehmigt.  Bitter  tadelt 
er  diejenigen,  die  diesen  Osterkreis  vernachlässigten  nnd, 
ludaicis  inductijabulis,  einer  ganz  andern  Bestimmungs- 
weise des  Festes  das  Wort  redeten,  womit  er  auf  den 
84jährigen  Gyclus  deutet,  den  die  llömer  mit  den  Ju- 
den gemein  gehabt  haben  sollen  (2,  243).  Dann  lobt 
er  die  standhafte  Beharrlichkeit  der  Alexandriner,  des 
Athanasius,  Theophilus  und  Gyrillüs.  Die 
95  jährige  Ostertafel  des  letctem,  von  der  noch  sechs 
Jahre  übrig  seien,  setze  er  hiermit  in  gleicher  Form 
auf  abermahlige  95  Jahre  fort  (2,  260) ,  nur  mit  dem 
Unterschiede,  dafs  er  die  Jahre  nicht  nach  Diocletian, 
dem  grausamen  Verfolger  der  Christen,  sondern  ab  In- 
camatibne  Domini  zähle.  Was  er  liefert,  nennt  er 
einen  circulus  nonaginta  et  quinque  annorum;  er  be^ 
merkt  jedoch  selbst,  dafs  dieser  Zeitraum  kein  voll- 
kommener Gyclus  sei.  Zwar  führe  er  die  Epakten 
und  die  OsteivoUmonde ,  aber  keinesweges  die  Ferien, 
mithin  auch  Qicht  die  Data  der  Oslerfeier  in  ganz  gleicher 
Ordnung  zurück  (2,  264).     Hiernächst  geht  er  au  den 


')  Der  erste  in  seiner  Disseriatio  de  cyclo  paschali  Raven» 
naiCj  der  zweite  in  seiner  Hiitoria  cjrcli  Dionysiani,  der  dritte 
in  seinen  Observationes  in  prologos  paschales  S.  188, 311,  and 
in  seinen  J)isseriaiioncs  de  cyclis  pasdialibus  p.  1. 


GäRISTLIGHS   VÖLKBII.  287 

GrandsäUen  überi  auf  denen  die  Osterrechnung  der 
Alexandriner  beruht,  und  die  hauptsachlich  darin  be- 
stehen, dafs  der  Anfang  des  Ostermonats  —  pnmi 
mensis  —  zwischen  den  Grenzen  des  8.  März  und  5.  Aprik 
liege,  die  Luna  XIV  paschalis  frühstens  auf  den  21. März 
und  spätestens  auf  den  18.  April  treffe,  und  die  Früh- 
lingsnachtg]  eiche  nach  den  Aegyptem,  qui  caiculationis 
prae  omnibus  gnari  sunt,  am  21.  März  eintrete.  Nach- 
dem er.  nun  noch  einiges  über  die  Dauer  des  Mond- 
jahrs gesagt  und  die  seiner  Behauptung  nach  von  den 
nidinischen  Vätern  festgesetzte  Osterregel  nochmahls  al« 
len,  qiubus  amor  ät  cura  est  christianae  reb'gionis,  em- 
pfohlen hat,  schliefst  er  mit  der  Bemerkung,  dafs  er 
seiner  Ostertafel  den  Tön  ihm  übersetzten  Brief  des 
Proterius  an  Leo  (1,267)  und  die  Argumenta  pascha' 
Ua  der  Aegjpter  beifüge.  Hierunter  versteht  er  die  Re- 
geln, nach  denen  sich  die  Inhalte  der  einzelnen  Rubri- 
ken seiner  Ostertafel  -^paschales  tituli^  aus  gegebenen 
Datis  berechnen  lassen,  z.B.  die  Epakten  und  con- 
currentes  (2, 2&1)  aus  der  jedesmahligen  Jahrzahl, 
dergteichen  Anweisungen  sich  auch  bei  den  ägyptischen 
Ostertafeln  befunden  haben  müssen. 

Aus  dem  Briefe  an  den  Bonifacius,  den  er 
ein  Jahr  später  geschrieben,  geht  hervor,  dafs  seine 
Ostertafel,  wenn  gleich  auf  die  Autorität  des  nicänischen 
Concilii  gegründet,  dennoch  vielen  Widerspruch  gefun-« 
den  hatte,  offenbar  von  Seiten  derer,  die  ihr  den  Cjdus 
des  Victorius  vorzogen.  Da  nun,  sagt  er,  unterdessen 
aus  dem  Archiv  der  römischen  Kirche  das  Schreiben 
des  Paschasinus  an  Leo  (2,265)  hervorgezogen  sei, 
daa  vollkommen  bestätige,  was  er  zur  Empfehlung  sei- 
nes Cydns  gesagt  habe,  so  wolle  er  auf  diesen  Gegen- 


288  Technische  Chronologie. 

stand  hier  noch  einmahl  zurückkommen«  Dem  zufolge 
handelt  er  yon  der  Bestimmung  des  Oslermonats,  wobei 
es,  bemerkt  er,  hauptsächlich  auf  den  Unterschied  der 
Gemein-  und  Schaltjahre  ankomme.  Er  geht  hiebei 
den  19jäbrigen  Gyclus  durch  und  gibt  die  Beschaflen- 
heit  jedes  einzelnen  Jahrs  an  (2,  236}« 

Beide  Briefe  finden  sich  bei  Petayius*}  und 
Bucher ius').  Am  correctesten  gibt  sie  Jan,  mit 
Benutzung  der  Lesarten  mehrerer  yon  ihm  yergliche- 
neu  französischen  und  englischen  Handschriften«  Die 
älteste  ist  der  Codex  Digbaeanus  (2,260),  und  keine 
entspricht  so  ganz  dem,  was  Dionysius  über  die- 
sen Gegenstand  geschrieben  haben  will,  daher  sidi 
nicht  zweifeln  läist,  dals  sie,  einige  Interpolationen  in 
den  Argumentis  paschalibus  und  die  Fortsetzung  sein» 
Ostertafel  über  die  yon  ihm  gesteckten  Grenzen  hin- 
aus abgerechnet,  seine  ächte  Arbeit  enthält.  Nach  dem 
ersten  Briefe  stehen  die  ohne  Zweifel  yon  ihm  selbst 
herrührenden  Worte:  Incipit  cjrclus  decemnoyennalis, 
quem  Graeci  Enneacaidecaeterida  yocant,  constiiulus 
a  Sancüs  patribus,  in  quo  XIV  as  paschales  omni 
tempore  sine  uUa  reperies  falsitate;  tantum  meminens 
annis  singulis,  qui  cjrclus  huiae  et  qui  decemna^fen" 
nalis  existat  (2,  237)*  In  praesenti  namque  tertia  in- 
dictio  est,  consulatu  Probi  lunioris,  tertius  dedmus 
drcubis  decemnovennaUs  ^  decimus  hmaris  est.  Diese 
Zeitcharactere  passen  auf  das  Jahr  525.  Dann  folgt 
eine  Ostertafel  durch  zwanzig  Cykel  fortgeführt,  yon  de^ 
nen  Jan  nur  die  sechs  ersten  hat  abdrucken  lassen,  die 


')  S.498. 
')  S.485. 


Christliche  Yölker.  289 

er  mit  Recht  für  die  Arbeit  des  Dionysius  hielt, 
Scbon  obea  (2,  260)  ist  das  Nöthigste  über  die  Zeit, 
die  sie  umfassen  und  über  ihre  Anordnung  gesagt  wor- 
den. Hier  fuge  ich  blols  noch  die  Bemerkimg  hinzu, 
dals  man  die  Einfuhrung  der  Sonntagsbuchstaben 
zwar  xiemlich  allgemein  unserm  Dionysius  beilegt, 
dafs  sich  aber  in  seinen  Schriften  noch  keine  Spur  da- 
von findet. 

« 

Auf  die  Ostertafei  folgen  in  dem  Codex  die  Ar^ 
gumerOa  de  tituUs  paschalibus  Aegjrptiorum,  in  Allem 
sechiehn«  Was  darunter  von  späterer  Hand  ist,  maqht 
sich  leicht  durch  die  Zahlen  kenntlich;  denn  Diony- 
sius entlehnt  alle  Beispiele  vom  Jahr  525.  Zur  Er- 
läuterung dieser  Osterrechnung  hat  Jan  viel  beigetra- 
gen, besonders  durch  Anfuhrung  von  Parallelstellen  aus 
den  Werken  des  Beda;  es  bleibt  aber  immer  noch 
Manches  su  thun  übrig.  Den  Beschluls  macht  das  von 
Dionysius  übersetzte  Sehreiben  des  Proterius  und 
sein  eigenes  an  Bonifacius. 

Dafs  sein  Kanon  wenigstens  von  der  Kirche  zu 
Ravenna  frühzeitig  angenommen  sei,  beweiset  die  mar- 
morne Tafel  der  dortigen  Metropolitankirche ,  welche 
Noris  mit  einem  grofsen  Aufwände  von  Gelehrsamkeit 
erläutert  hat«  Es  ist  eine  ächte,  wiewohl  nicht  vollstän- 
dige Kopie  der  dionysischen  Ostertafei,  nicht  kolum- 
nenwebe,  sondern  kreisförmig  geordnet,  dergleichen 
Rotae  paschaks  sich  hin  und  wieder  in  Handschrif- 
ten- finden  ')•  In  dem  äufsersten  Kreise  sind  die  Jahre 
des  Cjrclus  bmaris  und  im  zweiten  die  des  Cjrclus 
decemnovermalis   nebst   den   zugehörigen   O^tei^nzen 


')  S.  Jani  Mist.  Cycli  Dion.  p.47. 

n.  [19] 


290  Technische  Chronologie. 

bemerkt.  Dann  folgen  die  Tage  des  Osterfestes  nnd 
die  Lnnae  paschales  durch  die  fänf  Gykel  der  dionysi- 
schen Ostertafel.  Die  Jahre  nach  Christus,  die  In- 
dictionen,  Epakten  und  Gincurrentes  sind  w^gelassen. 
Die  Tafel  ist  offenbar  zum  Behuf  der  Kirche  von  Ra- 
yenna  angefertigt  worden  und  kann  nicht  viel  jüng^er 
als  Dionysius  sein,  weil  man  sich  sonst  nicht  die 
Mühe  gegeben  haben  würde,  die  Feste  der  abgelaufe- 
nen Jahre  noch  mit  aufzuführen. 

Da  seine  Ostertafel  allmählig  in  Gebrauch  kam, 
so  Itt&t  sich  erwarten,  da{a  sie  gegen  die  Zeit  ihres  Ab- 
laufs mehr  als  einen  Fortsetzer  gefunden  haben  werde. 
Es  sind  uns  deren  zwei  bekannt,  ein  Abt  Felix  und 
Isidorus,  Bischof  von  Sevilla,  welche  beide  die  Tafel 
abermals  durch  fünf  19jährige  Cykel  von  627  bis  721 
continuirt  haben.  Felix  wird  in  dem  Liber  de  com^ 
puto  bei  Muratori^)  Abbas  Cyrillitanus  genannt. 
Wir  wissen  nichts  weiter  von  ihm,  als  dafs  er  616  ge- 
schrieben hat.  Es  geht  dies  aus  seinem  im  Codex 
Digbaeanus  befindlichen  Prologus  deutlich  hervor,  wo 
er  sagt,  dafs  von  der  Tafel  des  Dionysius  noch  zehn 
Jahre  übrig  seien  und  dafs  er  fünf  andere  neunaehn* 
jährige  Cykel  nach  Art  der  abgelaufenen  hinzugefügt 
habe.  Die  Tafel  selbst  fehlt;  sie  wurde  von  den  Ab- 
schreibern natürlich  weggelassen,  da  sie  für  die  spälem 
Zelten  von  keinem  Interesse  weiter  war. 

Isidorus  gibt')  nach   einer  kurzen  Einleitung, 
auf  die  wir  oben  schon  ein  paarmahl  gekommen  sind. 


•)  S.168. 

')  Etjrm,\l,i7.   S.  Van  der  Hagen*s  Commentar:    Obser- 
vationes  in  Prologos  paschales  p.239. 


Christliche  Völker.  2^1 

eine  Ostertafel,  worin  et*  durch  den  Buchstaben  JB,  der 
aber  in  den  Ausgaben  immer  um  ein  Jahr  zu  früh  steht, 
die  julianischen  Schaltjahre,  imd  durch  die  Budistaben 
C  und  E  die  Mond-  Gemein-  und  Schaltjahre  bezeich- 
net, und  die  Tage  des  Osterfestes  nebst  dem  zugehöri- 
gen Mondalter  fünf  19jtthrige  Gykel  hindurch  ansetzt. 
Die  Jahre  selbst  fugt  er  nicht  bei;  aber  aus  de^  Datia 
des  Festes  ist  klar,  dafs  sich  die  Tafel  an  die  diony- 
sische anschliefst,  also  von  627  bis  7^1  geht.  Dafs  er 
den  95jährigen  Cjclus  für  einen  vollkommenen  gehal- 
ten habe,  lehren  die  Worte  am  Schlufs:  Post  cuius 
expletioTiem  ad  primum  exordiwn  recurrendum. 

Eine  neue  Fortsetzung,  aber  nach  einem  viel  um- 
fassendem Plan,  lieferte  Beda  Yenerabilis,  Presby- 
ter der  angelsächsischen  Kirche,  ein  in  der  ersten  Hälfte 
des  achten  Jahrhunderts  lebender,  für  seine  Zeit  tief- 
gelehrter Mann.  In  seinem  Werke  De  temporum  m- 
tione  sagt  er '):  Grcidus  paschae  magnus  est,  qm  mul^ 
tipUcato  per  imncem  solari  ac  lunari  cyclo,  DXXXII 
conßcitur  annis.  Nachdem  er  bemerkt  hat,  dafs  dieser 
grofse  Zeitkreis  cuncta,  quae  ad  solis  vel  bmae  curswn 
pertinent,  eodem  quo  praeterierant  semper  tenore  re- 
staurat,  fugt  er  hinzu:  Quod  ut  apertius  clarescat,  plor 
cuit  eundem  plenario  ordine  circuhun  praesenti  opus* 
culo  praeponere,  sumpto  exordio  a  quingentesimo  trice- 
simo  secundo  donUnicae  incamationis  anno,  vbi  primum 
Dionjsius  cüculum  coepit,  et  perducto  opere  usque  ad 
miUesimum  sexagesimum  tertium  eiusdem  sacrosanctae 
incamationis  annum.  Von  dem  Herausgeber  seiner  ehro- 
nologischen  Schriften  Joh.Noviomagu8  (Bronchorst) 

*J  C.63. 

[19*] 


292  Technische  ChronoU^. 

ist  nachmals  die  Tafel  bis  su  Christi  Geburt  zurück  und 
bis  1633  fortgeführt  worden  ^).  Aus  mehreren  mit  ein« 
ander  verliehenen  Stellen  seiner  Werke  geht  deut- 
lich hervor,  dais  seine  Ostertafel  in  ihren  Rubriken 
vollkommen  mit  der  des  Dionysius  übereinsdmmle. 
Wenn  sich  also  in  jener  grofsen  Tafel  noch  eine  ßu- 
brik  mit  den  Sonntagsbuchstaben  findet,  so  vermulhet 
Van  der  Ha|[en  mit  Recht'),  dals  dieselbe  von  spä- 
terer Hand  hinzugefügt  sei. 

Es  ist  eine  von  mehreren  wiederhohlte  irrige  Be- 
hauptung Scaliger's^),  dafa  Dionysius  selbst  seine 
Ostertafel  durch  532  Jahre  geführt  und  Beda  sie  erst 
von  1063  an  fortgesetzt  habe.  Letzterer  sagt  dies  nir- 
gends und  ersterer  drückt  sich  in  seiner  Praefaüo  sehr 
bestimmt  so  aus:  Nor^aginta  quinque  annorum  hunc 
cyclwn  studio,  quo  valuimus,  expedire  coniendimus  ^). 
Man  hat  also  Unrecht,  ¥renn  man  die  victorianische 
Periode  (2,278)  auch  die  dionysische  nennt.  Wollte 
man  von  einer  dionysischen  Periode  reden,  so  mülsle 
man  sie  wenigstens  von  der  victorianischen  unterscb^ 
den,  und  jene  an  das  Jahr  1  vor,  und  diese  an  das 
Jahr  28  nach  Christus  knüpfen. 

Unter  den  chrondqgischen  Werken  Beda's  führt 
das  erheblichste  den  Titel  De  ten^orum  ratione.  Es 
ist  als  ein  vollständiges  Lehrbuch  der  Zeit-  und  Fest- 


*)  Bedae  Presbyteri  Anglosaxonis  opuscula  complura  de 
temporum  ratione  diligenter  castigata,  Cöln  1537,  fol.  Auch  im 
ersten  Bande  der  Opera  nach  der  Gölner  Ausgabe  von  1688,  fol. 

')   De  cyclis  paschalibtis  p.  11. 

')  Emend,  temp.  1.  ü.  p.  ±62. 

*)  Man  yergleicfae  Jan  p.42,  S6, 


Ghhistliche  Völker.  293 

rechnung  lu  betrachten  und  im  Jahr  725  geschrieben, 
urle  alle  von  demselben  entlehnte  Beispiele  zeigen.  Es 
werden  darin  unter  andern  die  Gründe  des  oben  (2, 194) 
milgetheilten  immerwährenden  julianischen  Ka- 
lenders entwickelt.  Tan  der  Hagen,  der  denselben 
in  einer  etwas  andern  Form  hat  abdrucken  lassen,  er- 
klärt alle  dahingehörige  Stellen  dieses  alten  Chronologen 
in  einer  ausfuhrlidien  Abhandlung  de  Cyclo  Dionysü 
et  Bedae '). 

Zunächst  überredete  Dionysius  die  Römer  und 
übrigen  Italiäner  zur  Annahme  des  neunzehnjährigen 
Cydus  und  der  alexandrinischen  Osterregeln.  Doch 
war  noch  im  Jahr  S50  der  Kanon  des  Y ictorius  nicht 
überall  in  Italien  abgeschafft.  Es  erhellet  dies  aus  fol- 
gendem von  Beda  ^)  mitgetheilien  Fragment  eines  Buchs 
De  pascha,  das  Victor ,  Bischof  von  Capua,  damals 
schrieb:  Cum  paschaUs  veneranda  solennkaSy  quanam 
die  potissimum  proveniret,  per  anni  praesentis  indictio- 
nem  tertiam  decimam  a  nobis  soUicite  quaereretur^  et 
iuxta  patnan  venerahilium  constituta  FIII^  Catertdo' 
rum  Maiartun  diceremus  resurrectionem  domini  procul 
dubio  celebrandamf  aliquibus  nunime  rationabilis  visa 
est  nostra  responsio,  eo  quod  F'ictorius  quidam  in  cir- 
culo  paschaU,  quem  edidit,  aliter  diem  dominicae  rß" 
surredionis  adfixerit,  licet  et  hunc  designaverit,  quem, 
nos  celebrandum  pariter  proßtemur.  Victor  ins  hatte 
nämlich  für  das  Osterfest  jenes  Jahrs,  des  523sten  sei- 
ner Periode,  ein  doppeltes  Datum  angesetat,  den  17ten 
und  24.  April,  von  denen  Victor  nach  den  Grundstftxen 


*)   Observaiiones  in  prologos  paschaies  S.330. 
')   De  temp.  rat,  c.49. 


294  Technische  Chronolo^. 

der  Alexandriner,   die  er  in  seinem  Bnche  verfocht, 
letzteres  für  das  richtige  erklärte. 

Länger  erhielt  sich  die  Ostertafel  des  Victorias 
in  seinem  Vaterlande  im  Gebrauch.  Im  ersten  Canon 
des  vierten  Goncilii  von  Orleans  aus  dem  Jahr  541  hei&t 
es  ^):  Placuit,  deo  propitio  ut  sandum  pascha  secun- 
dum  laterculwn  Fictorii  ab  omnibus  saccrdotibus  uno 
tempore  celebretur.  Gregorius  von  Tours  bemerkt 
beim  Jahr  577  '):  Eo  anno  dubietas  paschaeßäu  In 
GaUiis  nos  cum  multis  cwitatibus  quaito  decimo  Calen- 
das  Maias  sandum  pascha  celebrauimus*  AUi  "vero 
cum  Hispanis  duodecimo  Calendas  Aprilis  solennitatem 
hone  tenuerunt.  Das  erste  Datum  ist  das  von  Yicto* 
rius  angesetzte.  Die  Alexandriner  feierten  das  Fest 
eine  Woche  später,  die  Spanier,  wie  man  hier  sieht, 
vier  Wochen  früher.  Beim  Jahr  590  sagt  er^):  Dubie- 
tos  paschae  fuit  ob  Iu)c,  quod  in  cyclo  Fictor  (Victo- 
riusj  luna  XV  pascIuL  scripsit  fieri.  Sed  nc  Christiani 
ut  ludaei  sub  liac  luna  haec  solennia  celebrarent,  ad- 
didit:  Latini  autem  luna  XXII.  Ob  hoc  multi  in 
Galliis  XV  luna  celebraverunU  Nos  autem  XXII. 
Man  ersieht  hieraus,  dafs  am  Scblufs  des  sechsten  Jahr- 
hunderts in  Gallien  das  Osterfest  schon  hin  und  wieder 
übereinstimmig  mit  den  Alexandrinern  gefeiert  wurde, 
dafs  sich  aber  noch  manche  Kirchen  nach  der  Talel 
des  Victor  ins  richteten.  Erst  mit  dem  Ausgange  des 
achten  Jahrhunderts  verschwinden  alle  Spuren  einer 
abweichenden  Feier  des  Osterfestes  bei  den  Fi*anken. 


*)   Mansi  Collectio  Concil.  Tom.  IX.  coLll4. 
')   Hisi,  Francor.^^  17.  Vcrgl.  Chronicon  Remense  in  Labbe*s 
DibL  Mss,  Tom.  I.  p.  358. 
0   X,  23, 


Ghaistlighb  Völker.  295 

« 

Nach  welchen  Grundsälzen  die  Spnier  das  Fest 
im  Jahr  577  am  21.  März  gefeiert  habend  ist  nicht  klar. 
Sie  waren  damals  noch  Arianer.  Erst  nach  587 «  wo 
Reccared,  König  der  Westgotfaen,  zur  katholischen 
Kirche  übertrat,  scheint  der  19jährige  Cyclus  in  Spa- 
nien eingeführt  zu  sein.  Isidorus,  der  um  das  Jahr 
620  schrieb,  empfahl  ihn  nicht  blofs^  sondern  setzte 
auch,  wie  wir  gesehen  haben,  die  Osteiiafel  des  Dio- 
nysius  fort. 

Am  längsten  hielten  sich  die  alten  Cykel  auf  den 
brittischen  Inseln.  Die  Britones,  zu  denen  das  Chri- 
stanthum  schon  zu  Tertullian's  Zelten  gegen  das  Ende 
des  zweiten  Jahi*huuderts  gekommen  war,  gebrauchten 
den  84  jährigen  Cjclus,  den  sie  aber  auf  eine  ihnen 
eigenthümliche  Weise  ordneten.  Sie  feierten  das  Fest  von 
Luna  XIY  bis  XX,  auch  wohl  ausnahmweise  bis  XXI, 
setzten  die  Fnihlingsnachtgleicfae  auf  den  25.  März,  vor 
welchen  kein  Fest  fallen  durfte,  und  machten  zum 
spätsten  Termin  der  Feier  den  21.  April,  wie  ursprüng- 
lich die  Bömer.  Die  Notiz  von  diesem  alten  Cyclus, 
der  auch  im  Jahr  432  durch  den  heiligen  Patricius 
nach  Irland,  das  damals  von  den  Scoten  bewohnt  wurde, 
und  von  hier  aus  zu  den  Picten  nach  Schottland  kam, 
ist  hauptsächlich  zu  schöpfen  aus  des  Cummianus, 
eines  Irländers,  Brief  an  den  Abt  Segienus  Hyensis, 
geschrieben  üms  Jahr  634^),  und  aus  Beda^s  Eccle- 
siastica  historia  gentis  Anglonan.  Das  Wichtigste  davon 
stellt  Yan  der  Hagen  bündig  zusammen'). 


")   Es  ist  der  elfte  in  Usher's   Sylloge  veterum  epistoUrum 
Hibemicarum  (Paris  1665, 4). 

^)    In  einem  Kapitel  seiner  Observationes  in  Prosperi  Chro^ 
nicon  S.336. 


296  Technische  Chronologie. 

Usher  siebt  als  den  Urheber  des  84jäbrigeii  Cydns, 
wie  er  auf  den  britUschen  Inseln  gebrancbt  wurde,  den 
Sulplcius  Severus  an,  d^  ihn  ums  Jahr  410  in 
Gallien  construirt  haben  soll,  Yon  wo  er  dann  zunächst 
durch  Patricius  nach  Irland  und  durch  dessen  Schüler 
weiter  zu  den  Britten  und  Fielen  gekommen  sei.  Van 
der  Hagen  macht  aber  gegründete  Einwendungen  ge- 
gen diese  Hypothese.  Seiner  Meinung  nach  haben  die 
Britten  den  84  jährigen  Osterkreis  schon  nnter  G>ii» 
stantin  von  dem  allem  Cjdus  der  Lateiner  copirt,  sei 
es  nun,  dafs  sie  diesen  unmittelbar  aus  Rom,  oder  watr 
nächst  aus  Gallien  erhielten.  Dafs  der  Cydus  schon  so 
früh  in  Britannien  existirt  habe,  ist  allerdings  wahr- 
scheinlich, aber  weit  weniger,  dafs  er  you  dem  altem 
romischen  entlehnt  sei,  yon  welchem  er  in  den  wesent- 
lichsten Punkten  abwich.  Usher  sagt*):  Eo  tempore 
(ums  Jahr  410)  iUe  a  Bucherio  nuper  edäus  paschaUs 
centum  annorwn  latercubu  primum  est  conscriptuSy  üi 
quOi  licet  a  Ubrariis  pessime  accepto^  huius  pascha- 
Us LXXXIV  annorwn  cycli  (veteri  Latinorum  ilH  mal' 
tum  disparisj  non  obscura  mihi  ^isus  sum  deprehei^ 
disse  vestigia*  In  der  That,  wenn  der  Lateradus  cen^ 
tunk  imnorum  nicht  etwa,  wie  oben  angedeutet  wor> 
den  (2, 275),  ein  ganz  untergeschobenes  Produkt  ist^  ao 
kann  er  nur  yon  den  Brillen  gebraucht  worden  sein, 
mit  deren  Osterprincipien  er  ganz  übereinstimmt« 

Nach  der  Eroberung  ihres  Landes  durch  die  An- 
gelsachsen sich  nach  Cambrien,  dem  heutigen  Wallis, 
zurückziehend,   behielten  die  Britten  ihre  alten  Reli- 


*)  AniiquUaies  ecclesiarum  Britannicarum  p.931  der  Dubli- 
ner  Ausgabe. 


Ghaistlighb  Yölkbr.  297 

gionsgebiauche  hartnäckig  bei,  ohne  von  den  römischen 
Cerimonien  und  dem  19jährigen  Gydus,  die  Augu- 
stin us,  der  sogenannte  Apostel  der  Angeln,  im 
Jahr  596  nach  Engbtnd  brachte,  etwas  wissen  zu  wol- 
len. Sie  feierten  nach  wie  Yor,  gleich  den  Scoten  und 
Fielen,  das  Osterfest  nach  dem  84jährigen  Cydus.  Es 
entstanden  nun  über  diesen  Gegenstand  zwischen  ihnen 
und  den  zum  Chrlstenthum  bekehrten  Angelsachsen 
langwierige  Streitigkeiten,  deren  Geschichte  man  in 
Usher's  Andquitates  ecclesiarum  Briuumicarum  und 
dem  beigefügten  chronologischen  Register  abgehandelt 
findet.  Wesentlich  trug  zur  Beilegung  derselben  ein 
ums  Jahr  710  abgefaüstes  you  Beda  ')  aufbewahrtes 
Schreiben  des  Abt  Ceolfrid  an  Naitan,  König  der 
Fielen,  bei,  das  den  19jährigen,  von  den  Angeln  schon 
lange  gebrauchten,  Cjdus  dringend  empfiehlt  und  das 
Wesen  desselben  mit  grofser  Klarheit  darstellt.  Man 
vergleidie,  was  Van  der  Hagen  darüber  sagt').  Erst 
im  Jahr  729  vereinigte  sich  der  grSiste  Theil  der  Brit- 
ten  mit  den  Angieln  durch  Annahme  des  19  jährigen 
Cydus,  besonders  auf  Betrieb  des  Beda,  der  ein  Schü- 
ler von  Ceolfrid  war.  Nur  wenige  brittische  Kirchen 
setzten  ihre  Widersprüche  noch  eine  Zeltlang  fort. 

In  die  Mitte  des  siebenten  Jahrhunderts,  wo  jene 
Osterstreitigkeiten  besonders  lebhaft  geführt  wurden, 
gehört  die  Entstehung  des  Canon  paschalis  des  AmUo- 
tolius,  der  Acta  Concilii  Caesariensis  und  des  Tractor 
tus  Anastasü  de  ratione  paschae  (2,  275  )•  Alle  drei 
Schriften  sind  in  dem  Geiste  der  Osterprindpien  der 


*)  EccL  ÄM/.V,  22. 

')   Obsetv.  in  Prologos  pasehales  p.248. 


298  Technische  Chronologie. 

Britten  und  offenbar  von  Anhängern  derselben  abge- 
fafst  worden  9  die  sie  als  Waffen  wider  ihre  Gegner  ge* 
braucht  haben.  Man  wulste  aus  der  Kirchengeschichte 
des  Eusebius,  dafs  Anatolius  einen  Osterkanon 
construirt  hatte;  man  ks  in  eben  derselben  *),  da(s 
von  den  Bischöfen  in  Palfistina  unter  dem  Yorsitz  des 
Tbeophilus  von  Cäsarea  und  Narcissus  von  Jeru- 
salem wegen  des  nicht  mit  den  Quartadecimanem  zu 
feiernden  Osterfestes  eine  Synode  gehalten  und  ein 
Synodalschreiben  erlassen  war,  und  ersah  aus  verschie- 
denen in  den  Schriften  des  Athanasius  vorkommen- 
den Andeutungen  (2|  205) ,  dafs  dieser  Kirchenvater  ein 
besonderes  Intei'esse  an  der  richtigen  Bestimmung  des 
Osterfestes  genommen  halte«  Mehr  bedurfte  es  nicht, 
um  diesen  untergeschobenen  Produkten  in  einer  so  un* 
krilischen  Zeit  Glauben  zu  verschaffen. 

Um  die  Zeit  Karins  des  Grofsen  endlich  hatte 
der  alexandrinische  Osterkanon,  den  man  im 
westlichen  Europa  den  dionysischen  zu  nennen 
pflegt«  über  alle  Widersprüche  gesiegt  und  die  Chri« 
slenheit  sich  über  einen  Punkt  vereinigt,  der  sie  so 
lange  entzweiet  hatte.  Die  nächsten  acht  Jahrhunderte 
hindurch  wurde  nun  das  Osterfest  mit  vollkommener 
Uebereinstimmung  gefeiert.  Dann  aber  trat  au&  neue 
eine  Spaltung  ein,  die  noch  immer  nicht  gänzlich  ge- 
hoben ist. 

Der  Kanon  gründet  sich  auf  die  Voraussetzungen, 
dafs  das  tropische  Jahr  365  Tage  6.  Stunden  und  der 
Cyclus  von  235  synodischen  Monaten  gerade  19  )ulia- 
uische  Jahre  halte.     Beide  sind  unrichtig.     Die  neuste 


Christliche  Yölkeb.  299 

Astronomie  lehrt,  da(s  das  tropische  Jahr  um  11'  12^* 
und  der  Cydus  um  1  St.  28'  15"  kürzer. ist  Die  Nacht- 
gleichen  und  Neumonde  treten  daher  allmählig  immer 
früher  im  julianischen  Jahr  ein,  jene  alle  128,  diese 
alle  310  Jahre  um  einen  Tag.  Eine  Folge  davon  ist, 
da£i  weder  die  unheweglichen  noch  die  heweglichen 
Feste  an  den  Stellen  hleihen,  die  ihnen  ursprünglich 
angewiesen  sind.  Jene,  an  bestimmte  Tage  des  julia* 
nischen  Jahrs  geknüpft,  rücken  immer  tiefer  ins  tro- 
pische Jahr  hinein;  diese,  zugleich  mit  dem  Osterfest 
vom  Frühlingsvollmonde  abhängig  gemacht,  erfolgen  bei 
immer  späterem  Mondalter.  Das  Princip,  nach  welchem 
die  Osterfeier  angesetzt  wird,  verliert  daher  mit  der 
Zeit  seine  ganze  Bedeutung,  indem  sich  dieselbe,  irei- 
lich  auf  eine  erst  nach  mehreren  Jahrhunderten  auf- 
fallende Weise,  sowohl  von  der  Frühlingsnachtgleicbe 
als  vom  Vollmonde  entfernt. 

Es  dauerte  auch  wirklich  lange,  ehe  man  hier- 
über ganz  aufs  K]are  kam.  Isaacus  Argyrus,  ein 
griechischer  Mönch,  der  im  Jahr  1372  n.  Chr.  eine  in 
Petavü  Uranologium  abgedruckte  Anweisung  zur 
Festrechnung  schrieb,  ein  Thema,  das  unter  dem 
Titel  CompuXus  im  Mittelalter  häufig  abgehandelt  wor- 
den ist,  war  einer  der  ersten,  der  die  ye;*schiebung  des 
alexandrinischen  Mondcyclus  wahrnahm.  Er  setzte  sie 
zu  gering  auf  zwei  Tage  seit  der  Einführung  ^).  Im 
fünfzehnten  Jahrhundert  standen  nun  mehrere  auf,  die 
eine  Verbesserung  der  Zeit*  und  Festrecbnung  für  noth- 


')  S.  das  sechzehnte  Kapitel  überschrieben  mpl  t^^  tov  iro^a 


300  Technische  Chronologie. 

wenclig  erachteten  und  in  eigenen  Schriften  empfahlen, 
unter  andern  die  Kardintfle  Petrus  de  Alliaco 
(d'Ailly)  und  Nicolaus  Cusa,  die  eine  solche 
Reform  9  der  eine  auf  dem  Kostnitzer,  der  andere  auf 
dem  Basler  Goncilio,  als  eine  der  Kirche  höchst  wich- 
tige Angelegenheit  zur  Sprache  brachten.  Sie  waren 
die  ersten,  welche  mehrere  Tage  aus  dem  Kalender 
auszumerzen  riethen,  um  das  Frühlingsäquinoctium 
zum  21.Mttrz  zurückzufuhren.  Der  Papst  Sixtus  lY 
hatte  die  ernstliche  Absicht,  den  Kalender  zu  Ycrbes- 
sem,  und  berief  zu  dem  Ende  1475  den  geschickten 
Astronomen  Johannes  Regiomontanus  nach  Rom, 
der  aber  bereits  im  folgenden  Jahr  starb,  ehe  das  Un- 
ternehmen zur  Reife  gediehen  wat^).  Es  wurde  von 
neuem  unter  Leo  X  auf  dem  lateranischen  Goncilio 
besprochen,  welches  Paulus  von  Middelburg, 
Bischof  von  Fossombrone,  dringend  dazu  in  einem 
Schreiben  aufforderte,  worin  er  besonders  die  Yerbease- 
rung  des  numerus  aureus  anrieth,  qui  diutumiiate  tem- 
poris  iam  Jactus  est  plumbeus  ') ;  allein  wichtigere  An- 
gelegenheiten zogen  für  jetzt  die  Aufmerksamkeit  des 
Oberhaupts  der  Kirchs  auf  sich.  Das  tridentiner  Gon- 
cilium  trug  endlich  dem  Papste  die  Kalenderverbesse- 


')  S.  Gas 8 endlos  yUa  Georgii  Peurbachii  et  Johannis  Re^ 
giomontani  im  fiinAen  Bande  seiner  Werke. 

')  S.  seine  Exhoriaiio  pro  Calendarii  emendaiione  im  sech- 
sten Bande  der  Supplemente  zu  M ans i*s  Sammlung  der  Gön* 
cilien  S.461.  Ei'  schrieb  selbst  ein  ausführliches  Leo  X  gewid- 
metes Werk  über  die  Kalender -Yerbesserang  unter  dem  Titel: 
Paulina,  sive  de  recia  Paschae  celebratione  et  de  die  passio^ 
nis  Domini  nostri  lesu  Christi.   Forosempronii  1513,  fol. 


Ghhistlichb  Völker.  301 

rang  fönnlich  auf,  und  Gregor  XIIIi  der  dieser  Ver- 
aammliuig  als  Reehtsgelehrter  beigewohnt  battCi  brachte 
sie  im  Jahr  1S82  glücklich  xu  Stande. 

Unter  mehreren  Vorschlägen,  die  ihm  dazu  gemacht 
worden  waren,  genehmigte  er  den  des  Aloysius  Li- 
lius,  der  als  der  eigentliche  Urheber  des  neuen  Kalen- 
ders zu  betrachten  ist^).  Unter  dem  Titel  Compendium 
noyae  rationis  restituendi  Cakndarium  legte  er  den  Plan 
dieses  Mannes  im  Jahr  1577  den  Fürsten  und  berühm- 
testen Universitäten  Europas  cur  Prüfung  vor,  und 
setzte  dazu  selbst  eine  Gommission  von  Gelehrten  zu 
Rom  nieder,  unter  denen  der  Deutsche  Christoph 
Clavius,  der  Spanier  Petrus  Ciaconius  (Cha- 
con)  und  der  Italiäner  Ignazio  Danti  die  ein- 
sichtsvollsten waren.  Letzterer  beobachtete  an  einem 
1575  in  der  Kirche  des  heiligen  Petronins  zu  Bologna 
errichteten  Gnomon  die  Solstitien,  um  genau  die  Tage 
des  jnlianischen  Jahrs  auszumitteln,  auf  welche  die  Jahr- 


*)  Man  weiis  Ton  seinen  Lebensumständen  weiter  nichts,  als 
dafs  er  ein  Galabresa  war.  S.  Tiraboschi  Sioria  della  lette^ 
ratura  Italiana  Tom.YII.  P.I.  p.390.  Geschrieben  hat  er  nichts 
weiter.  Man  spricht  gewöhnlich  von  den  Gebrüdem  Lilio;  al- 
lein Antonio,  römischer  Arzt,  hat  weiter  kein  Verdienst  um 
die  Sache,  als  dafs  er  den  Phin  seines  Bruders  dem  Papst  über- 
reichte. In  der  Bulle  desselben  heifst  es:  Dum  Uaque  nos  in 
hac  cogitatione  curaque  versaremur,  allatus  est  nobis  Über 
a  dilecto  ßlio  Antonio  Lilio,  artium  et  medicinae  doctore^ 
quem  quondam  Jlojrsius  eius  germanus  f  rater  conscripserat. 
Moreri  (art.  Giraidi)  und  mit  ihm  Delambre  {Astronomie 
Tom.  ni.  p.  711)  Terwechseln  diesen  Luigi  Lilio  mit  Lilio 
(eigentlich  Giglio)  Gregorio  Giraidi,  einem  Ferraresen,  der 
in  der  ersten  Hälflte  des  sechzehnten  Jahrhunderts  über  allerlei 
antiquarische  Gegenstände,  unter  andern  eine  unkritische  Abhand- 
lung de  annis  et  mensibus  geschrieben  hat. 


302  Technische   Chronologie. ' 

punkte  damals  trafen  ^).  Nachdem  die  römische  Com- 
mission  noch  einige  kleine  Aenderungen  mit  dem  ur- 
sprünglichen Plan  vorgenonunen  hatte,  arbeitete  sie  die 
mehr  ins  Einzelne  gehende  Schrift  Canones  in  Caten- 
darium  Gregorianum  perpetuum  aus,  auf  deren  Grund 
dann  der  Papst  in  einer  vom  24.  Februar  1581  '}  da« 
tirten  Bulle  die  Reform  definitiv  anordnete.  Ein  noch 
ausfiihrlicheres  Werk  erschien  nachmals  unter  dem  Ti- 
tel: Romani  Calendarü  a  Gregorio  XIII  P.  M.  restir 
tuU  expUcatio,  Clementis  VIII  iussu  edita.  Auetore 
Christophoro  Cla'vio  Bamhergensi  Sqcietatis 
lesu^).  Dies  ist  das  Hauptwerk  über  die  gregorianiscfae 
Kalenderverbesserung,  in  welchem  man  auch  jene  bei- 
den ihr  vorangegangenen  Schriften  und  die  Bulle  abg^ 
druckt  findet. 

In  der  letztern  wird  der  Gegenstand  der  ganzen 
Reform  folgendermafsen  angegeben:  Curtwimus  non  so^ 
lum  ,ae</uinoctium  ^emum  in  pristinam  sedent,  a  qua 
iam  a  Concilio  Nicaeno  decem  circiter  diebus  recessü, 
restituendum,  et  XIF"  paschalem  suo  in  loco,  a  quo 
quatuor  et  eo  amplius  dies  hoc  tempore  distat,  repo^ 
nendam,  sed  viam  quoque  tradendam  et  rationem,  qua 


')  Dominic  Cassini,  Manfred i  und' Zanotti  haben  nach- 
mals diesen  berühmten  Gnomon  yerbessert,  an  ihm  beobachtet 
und  über  ihn  geschrieben. 

^)  Eigentlich  yom  24.  Februar  1582.  Der  Papst  fing  das  Jahr 
nach  florentiner  Weise  mit  dem  25.  März  an.    Hierron  unten. 

')  Rom  1603  fol.  Wiederhohlt  in  der  I6l2  zu  Mainz  erschie- 
nenen Sammlung  der  Werke  des  Glayius.  Noch  yerdient  we-> 
gen  der  grofsen  Klarheit,  womit  es  abgefafst  ist,  Gassendt's 
Eomanum  Calendarium  compendiose  expositum  genannt  zu  wer- 
den.   Es  findet  sich  im  fiinften  Bande  seiner  Werke. 


Christlighb  Völker.  303 

cai^atur,   ut  in  posterum  aequmoctium  et  XIV  luna 
a  proprüs  sedibus  nuiu/uam   dimo\^antun     Um   den 
ersten  Zweck  zu  erreichen,  befiehlt  der  Papst, -dafs  im 
Oktober  des  Jahrs  1582  zehn  Tage  aus  dem  Kalender 
weggelassen  werden  sollen,  dergestalt,   dafs  nach  dem 
4ten  sogleich  der  15te  gezählt  werde^  wodurch  sich  der 
Sonntagsbuchstabe  6  dieses  Jahrs  in  G  verwandelte.  ,Um 
die  Frühlingsnachtgleiche  auf  dem  21  .März,  zu  welchem 
sie  hiemit  zurückgeführt  war,   für  immer  zu  erhalten, 
sollen  alle  400  Jahre  drei  Schalttage  weggelassen  wer- 
den, und  zwar  aus  den  Säcular jähren  —  centesinus 
annis  —  oder  den  letzten  Jahren  der  Jahrhunderte,  so 
dals  die  Jahre  1600  und  2000  Schaltjahre  bleiben,  die 
dazwischenliegenden  Säcularjahre  1700,  1800  und  1900 
hingegen  Gemein  jähre  werden,  und  nach  diesem  Gesetze 
weiter.     Zur  Erreichung  des  zweiten  Zweckes,   näm- 
lich zur  Befestigung  des  Ostervollmondes,   soU  an  die 
Stelle  der  sich  allmählig  yerschiebenden  güldenen  Zah- 
len der  von  Lilius  erfundene  Epaktencyclus  gesetzt 
weiden,  welshalb  der  Papst  auf  die  der  Bulle  beigefüg- 
ten Canon  es  verweiset.     Dann  sagt  er,  dafs  er  das 
von  ihm  hiedurch  sanctionirte  Calendarium  correctum^ 
zugleich  mit  dem  Martyrologium  oder  dem  Verzeich- 
nisse der  von  der  Kirche  anerkannten   Heiligen  und 
Märtyrer,   zu  Rom  drucken  zu  lassen  befohlen   habe, 
wo  es  auch  1S86  unter  dem  Titel:  Martjrrohgium  Mo-' 
manum,  ad  nouam  Calendarii  rationem  et  ecclesiasticae 
historiae  veritatem  restitutum  cum  notationibus  Cae^ 
saris  Baronii  Sorani  erschienen  ist.     Schlieüslich 
befiehlt  er  sämmtlichen  Kirchen,  hinfort  die  Feste  dem 
neuen  Kalender  und  Martyrologio  gemäis  zu  feiern,  und 
ermahnt  den  Kaiser  Rudolph  und  die  übrigen  Könige, 


304  Teclimsche  Chronologie. 


Fürsten  und  Republiken,  ut  quo  studio  Uli  a  nohis 
contenderunt,  ut  hoc  tarn  praeclarum  opus  perficere'' 
mus,  eodenif  imo  etiarn  maiorß,  ad  conservandam  in 
celebrandis  Jestiyiiaiibus  inter  Christianas  nationes  con» 
cordiam,  nostrum  hoc  Calendarium  et  ipsi  susapiant, 
et  a  cunctis  sibi  subiectis  populis  religiöse  suscipiendusn 
imaolatet/ue  ohsetvandum  curent. 

Aus  dem  Bisherigen  erhellet,  dafii  Gregor  eigent- 
lich nur  das  Yerdienst  hat,  die  längst  anger^te  Kaien- 
derverbesserung  sunächst  Teranlaist  und  ins  Leben  ge- 
rufen SU  haben.  Der  neue  Kalender,  den  er  an 
die  Stelle  des  alten  oder  julianischen  su  setaen 
gebot,  fuhrt  nach  ihm  den  Namen  des  gregoria- 
nischen, auch  wol  hin  und  wieder  nach  seinem 
wahren  Urheber  den  des  Jilianischen.  Eine  Me- 
daille, die  auf  die  Reform  geschlagen  worden  ist,  stellt 
auf  der  Vorderseite  das  Bildniis  des  Papstes,  und  auf 
der  Rückseite  einen  Widder  mit  einem  Blumengewinde, 
dem  Symbol  des  Frühlings,  dar ;  umher  eine  Schlange, 
die  in  ihren  Schwanz  beiist,  mit  der  Aufichrift :  Anno 
restituto  MDLXXXII  '}• 

Tom  15.  Oktober  1582  bis  zum  24.  Februar  1700 
hat  der  neue  Kalender  zehn  Tage  und  von  hier  an  bis 
zum  24.  Februar  1800  elf  Tage  mehr  als  der  alte  ge- 
ztthlt.  Seitdem  beträgt  der  Unterschied  zwölf  Tage. 
Mit  jedem  Säcularjahr,  das  sich  nach  Weglassung  der 
beiden  letzten  Ziffern  nicht  durch  4  ohne  Rest  dividi- 
ren  läftt,  wichst  derselbe  um  einen  Tag. 


')  S.  Bonanni  Numismata  Pont,  Rom.  p.368,  No.IJX  der 
Miinsan  Grsgor*s. 


Ghristlighb  Völker.  305 

Die  Weglassung  von  drei  Tagen  in  400  Jahren 
setzt  eine  Jahrlänge  von  365  Tagen  5  St.  49'  12"  vor- 
aus, welche  nur  um  i"  geringer  ist«  als  sie  die  al* 
phonsinischen  Tafeln  geben,  auf  die  sich  die  Ka- 
lenderverbesserer hiebei  berufen  *).'  Nach  Lalande's 
jetzt  allgemein  angenommener  Bestimmung  beträgt  die 
Dauer  des  tropischen  Jahrs  2^"  weniger  (1^  35),  welche 
sich  in  3600  Jahren  zu  einem  Tage  anhäufen  werden« 
Delambre  thut  den  zweckmälsigen  Vorschlag'),  das 
Jahr  3600  unserer  Zeitrechnung,  das  nach  Gregor  ein 
Schaltjahr  sein  sollte,  und  seine  Vielfachen  7200,  10800 
u.  s.  w.  zu  Gemeinjahren  zu  machen.  Dadurch  würde 
der  Kalender  in  vollkommene  Uebereinstimmung  mit 
der  Sonne  gebracht  werden.  Modificirt  man  die  gre- 
gorianische Schaltregel  nicht,  so  wird  der  Kalender  nach 
36000  Jahren  wieder  um  eben  so  weit  wie  1582  vom 
Himmel  abweichen»  Im  julianischen  Kalender  wird 
dann  das  Osterfest  den  Kreis  der  Jahrszeiten  schon 
grölstentheils  durchlaufen  haben. 

Die  cyclischen  Neumonde,  die  der  immerwährende 
julianische  Kalender  gibt,  trafen  zur  Zeit  der  gregoria- 
nischen Reform  bereits  um  vier  Tage  später  als  die 
Conjunctionen,  und  um  etwa  drei  Tage  später  als  die 
ersten  Phasen  ein.  Man  hätte  sie  durch  Verschiebung 
der  güldenen  Zahlen  wieder  mit  dem  Hinunel  in  Ueber- 
einstimmung bringen  können;  allein  nach  drei  Jahr- 
hunderten würde  eine  abermahlige  Verschiebung  dersel- 
ben nöthig  gewesen  sein.  Li  1  ins  hielt  es  daher  für 
gerathener,   ganz  von  ihnen  abzugehen  und  statt  ihrer 


*)   ClaTius  p.74. 

')   Astronomie  Tom.  EI;  p.696. 

II.  [20] 


306  Technische  Chronologie. 

einen  Epaktencyclus  einsufiihren,  den  wir  jetzt  ken- 
nen lernen  wollen. 

Triflt  ein  Neumond  auf  den  1.  Januar,  so  kann 
man  diesen  Tag  als  den  ersten  des  Mondmonats  beU'ach- 
ten,  und  ihm  mit  den  frühem  Computisten,  die  das 
Alter  des  Mondes  nach  laufenden  Tagen  stthlten,  die 
Epakte  I  geben.  Man  kann  aber  auch  sagen,  das  Alter 
des  Mondes  sei  dann  Null,  und  den  Tag  mit  der  E|)akte 
0  bezeichnen.  Der  grqiorianische  Kalender  setzt  dafür  * 
und  schreibt  eben  dieses  Zeichen  neben  die  übrigen 
Neumondslage  des  Jahrs,  welche  man  findet,  wenn  man 
abwechselnd  30  und  29  Tage  weiter  zählt.  Im  folgen* 
den  Jahr  ist  der  Mond  am  ersten  Januar  11  Tage  alt, 
weil  das  Mondjahr  um  11  Tage  kürzer  ist  als  das  Son* 
nenjahr.  Der  erste  Neumond  gehört  also  dem  20.  Ja* 
nuar  an,  neben  den  man  die  Zahl  XI  setzt,  um  an* 
zudeuten,  dafs  bei  dieser  Epakte  der  20.  Januar  ein 
Neumondstag  ist.  Dieselbe  Zahl  kommt  wieder  bei  al- 
len übrigen  Neumondstagen  des  Jahn  zu  stehen.  Im 
dritten  Jahr  ist  die  Epakte  XXII , .  welche  neben  den 
9.  Januar  gesetzt  wird.  Schreibt  man  auf  diese  Weise 
die  jedesmalilige  Epakte  oder  die  Zahl  der  am  I.Ja- 
nuar vom  Mondmonat  verflossenen  Tage  das  ganze 
Jahr  hindurch  den  Datis  bei,  auf  welche  bei  dieser 
Epakte  die  Neumonde  treffen,  so  entsteht  folgender 


Christliche  Yölkeb. 


307 


Immerwährender  gregorianischer  Kalender  ^). 


Januac 

Februar. 

Man. 

April. 

1 

k* 

DXXIX 

D* 

GXXIX 

2 

BXXIX 

E  XXVHI 

EXXIX 

A  XXVIU 

3 

C  XXVIII 

F  XXVU 

F  XXVIII 

B  XXVU 

4 

D  XXVII 

GXXVI 

G  XXVU 

C  XXVI 

5 

E  XXVI 

A  XXV.  XXIV 

AXXVI 

DXXV.XXIV 

6 

PXXV 

B  XXIII 

B  XXV 

E  XXIII 

7 

Gxxrv 

CXXII 

CXXIV 

FXXII 

8 

A  XXIII 

DXXI 

D  XXIII 

GXXI 

9 

B  XXII 

EXX 

EXXU 

A  XX 

10 
11 

C  XXI 

FXIX 

FXXI 

BXIX 

DXX 

G  XVIII 

GXX 

CXVUI 

12 

EXIX 

AXVU 

AXIX 

DXVII 

13 

F  XVIII 

BXVI 

B  XVIII 

E  XVI 

14 

GXVII 

CXV 

CXVH 

FXV 

15 

AXVI 

DXIV 

DXVI 

Gxrv 

16 

BXV 

EXIU 

E  XV 

AXIU 

17 

CXIV 

FXII 

FXIV 

BXU 

18 

DXIII 

GXI 

GXUI 

CXI 

19 

E  XII 

AX 

AXU 

DX 

20 
21 

FXI 

BIX 

BXI 

£  IX 

GX 

C  VUI 

CX 

F  VUI 

22 

AIX 

DVU 

OIX 

GVU 

23 

B  VIII 

EVI 

E  VUI 

AVI 

24 

CVII 

F  V 

F  VII 

B  V 

25 

DVI 

GIV 

GVI 

crv 

26 

E  V 

AUI 

A  V 

DIU 

27 

F  rv 

B  II 

BIV 

E  II 

28 

GUI 

Gl 

ein 

FI 

29 

AU 

DU 

G* 

30 

B  I 

EI 

A  XXIX 

31 

1 

C* 

F  • 

')   S.  ClaTiua  S.40. 


[20'] 


308 


Technische  Chronologie. 


Immerwährender  gregorianischer  Kalender. 


Mai. 

Junius. 

Julius. 

i 

August.       ' 

1 

B  XXVIII 

E  XXVII 

GXXVI 

C  XXV.XXIV 

2 

C  XXVII 

FXXVI 

AXXV 

D  XXIU         ! 

.3 

DXXVI 

GXXV.XXIV 

B  XXIV 

EXXU 

4 

EXXV 

A  XXIU 

C  XXIII 

F  XXI 

S 

pxxrv 

B  XXII 

DXXII 

GXX 

6 

6  XXIII 

CXXI 

EXXI 

AXIX 

7 

AXXII 

DXX 

F  XX 

B  XVUI 

8 

B  XXI 

EXIX 

6  XIX 

C  XVII 

9 

cxx 

F  XVIII 

A  XVIII 

DXVI 

10 
11 

DXIX 

GXVII 

BXVII 

EXV 

EXVIII 

AXVI 

GXVI 

FXIV 

12 

F  XVII 

B  XV 

DXV 

GXIU 

13 

GXVI 

cxrv 

EXIV 

AXH 

14 

AXV 

DXIII 

FXIII 

BXI 

15 

BXIV 

EXII 

GXII 

CX 

16 

CXIII 

FXI 

AXI 

DIX 

17 

DXII 

GX 

BX 

E  VIII 

18 

EXI 

AIX 

CIX 

F  VU 

19 

FX 

B  vm 

D  VIII 

G  VI 

20 
21 

GIX 

CVII 

E  VII 

AV     . 

A  VIII 

D  VI 

F  VI 

BIV 

22 

B  VU 

E  V 

GV 

cm 

23 

C  VI 

F  IV 

AIV 

DU 

24 

DV 

GIII 

U  III 

EI 

25 

E  IV 

AU 

GII 

F* 

26 

F  III 

B  I 

DI 

GXXIX 

27 

GII 

C* 

E* 

A  XXVIII 

28 

AI 

DXXIX 

FXXIX 

B  XXVII 

29 

B  * 

E  XXVIII 

G  XXVIII 

GXXVI 

30 

CXXIX 

F  XXVII 

A  XXVII 

DXXV 

31 

DXXVIU 

B  XXVI 

E7CXIV 

Ghbistlichb'  Völker. 


309 


Immerwährender  gregorianischer  Kalender. 


1 

September. 

Oktober. 

NoTQmber. 

December. 

F  XXIU 

AXXII 

DXXI 

FXX 

2 

6  XXII 

B  X\I 

EXX 

GXIX 

3 

AXXI 

CXX 

FXIX 

A  XVIII 

4 

BXX 

DXIX 

G  XVIII 

BXVII 

5 

CXIX 

E  XVIII 

AXVII 

CXVI 

6 

D  XVIII 

F  XVII 

BXVI 

DXV 

7 

EXVII 

GXVI 

C  XV 

EXIV 

8 

FXVl 

AXV 

DXIV 

FXIII 

9 

GXV 

BXIV 

EXIII 

GXII 

10 
11 

Axrv 

CXIII 

FXII 

AXI 

BXIII 

DXII 

GXI 

BX 

12 

CXII 

EXI 

AX 

CIX 

13 

DXl 

FX 

B  IX 

DVIII 

14 

EX 

GIX 

GVIII 

E  VII 

15 

FIX 

A  VIII 

DVII 

F  VI 

16 

GVIII 

B  VII 

EVI 

GV 

17 

A  VII 

CVI 

P  V 

AIV 

18 

B  VI 

DV 

GIV 

6  III 

19 

C  V 

E  IV 

AIII 

CII 

20 
21 

DIV 

FIII 

B  II 

DI 

Ein 

GII 

Gl 

E* 

22 

FII 

AI 

D* 

F  XXIX 

23 

61 

B» 

EXXIX 

G  XXVIII 

24 

A  * 

CXXIX 

F  XXVIII 

AXXVU 

25 

B  XXIX 

D  XXVIII 

G  XXVII 

BXXVI 

26 

C  XXVIII 

E  XXVII 

AXXVI 

CXXV 

27 

D  XXVII 

FXXVI 

B  XXV.  XXIV 

DXXIV 

28 

E  XXVI 

GXXV 

G  XXIII 

E  XXIII 

29 

F  XXV.  XXIV 

AXXIV 

DXXII 

FXXII 

30 

G  XXIU 

B  XXIII 

EXXI 

GXXI 

31 

CXXII 

AXX 

310  Technische  Chronologie. 

Da  jede  Zahl  in  dieser  Tafel  neben  dem  Monats- 
tage steht,  auf  den  bei  der  ihr  gleichen  Epakte  ein 
Neumond  trifft,  so  kommt  es  nur  auf  die  jedesmablige 
Epakte  des  Jahrs  an,  um  sammtliche  Neumonds-  folg- 
lich auch  Vollmonds -Tage  zu  kennen;  und  da  jede 
der  dreifsig  Epaktenzahlen  abwechselnd  in  30  und 
29tägigen  Intervallen  wiederkehrt,  so  mufsten  bei  den 
29tägigen  irgend  jiwei  Zahlen  an  Einem  Tage  angesetzt 
werden.  Lilius  hat  sich  für  XXV  und  XXIV  ent* 
schieden. 

Nach  dem  alten  KLalender  trifll  im  ersten  Jahr  des 
Mondcirkels  ein  Neumond  auf  den  23.  Januar  (2,  192). 
Durch  Weglassung  der  zehn  Tage  im  Jahr  1582  rndite 
dieser  Neumond  auf  den  2.  Februar,  mithin  der  yor* 
hergehende  auf  den  S.Januar.  Lilius  setzte  ihn  auf 
den  31.December.  Er  nahm  also,  wie  man  sieht,  eine 
Verschiebung  des  Cydus  yon  drei  Tagen  an. 

Trifll  ein  Neumond  auf  den  31.Deoember,  so  ist 
die  Epakte  am  1.  Januar  I.  Es  gehören  also  zunächst 
nach  der  Kalenderyerbesserung  die  güldenen  Zahlen  mit 
folgenden  Epakten  zusammen: 


Christliche  Yölkea. 


311 


Tafel  I. 


Güldene 
Zahfcn. 

Gregor. 
EpditeD. 

Güldene 
Zahlen. 

Gregor. 
Epakten. 

1 

I 

11 

XXI 

2 

XII 

12 

II 

3 

XXUI 

13 

XIII 

4 

IV 

14 

XXIV 

5 

XV 

15 

V 

6 

XXVI 

16 

XVI 

7 

VII 

17 

XXVII 

8 

xvm 

18 

VIII 

9 

XXIX 

19 

XIX 

10 

X 

1 

I 

Mit  jedem  Jahr  wächst  die  Epakte  um  elf  Einhei- 
ten; nur  vom  letzten  Jahr  zum  ersten  springt  sie  um 
zwölf  weiter,  weil  nach  neunzehn  Jahren  dieselbe  Epak- 
tenmhe  wiederkehren  muls. 

Allemahl  wenn  ein  Schalltag  aus  dem  Kalender 
we^ielassen  wird,  weicht  der  Anfang  des  gregorianischen 
Jahrs  im  julianischen  um  einen  Tag  zurück,  und  die 
Epakten  yermindem  sich  um  eine  Einheit.  Dies  nennt 
man  in  der  Epaktenrechnung  die  Sonnengleichung. 
Eine  solche  trat  im  Jahr  1700  ein,  von  wo  an  folgende 
Epoktenreihe  gilt:     ' 


i 


312 


Technische  Chronologie, 


Tafel  n. 


Güldene 
Zahlen. 

Gregor. 
Epakten. 

Güldene 
Zahlen. 

Gregor. 
Epakten. 

1 

* 

11 

XX 

2 

XI 

12 

I 

3 

XXII 

13 

XII 

4 

III 

14 

XXIII 

5 

XIV 

,15 

IV 

6 

XXV 

16 

XV 

7 

VI 

17 

XXVI 

8 

XVII 

18 

VII 

9 

XXVIII 

19 

XVIII 

10 

IX 

1 

« 

Bleibt  dagegen  zwar  der  Jahraufang  an  seiner  Stelle, 
weichen  aber  die  Neumonde  um  einen  Tag  zuräck ,  so 
wachsen  die  Epakten  um  eine  Einheit.  Dies  nennt  man 
die  Mondgleichung.  Eine  solche  sollte  zwar  alle 
310  oder  nach  der  Meinung  der  Kalenderreformatoren 
alle  312 4^  Jahre  einmahl  vorkommen;  allein  der  leich- 
tern  Uebersicht  wegen  läfst  man  sie  alle  300  Jahre,  und 
M^enn  dies  siebenmahl  hintereinander  geschehen  ist,  ein- 
mahl nach  400  Jahren,  also  in  2^00  Jahren  achtmahl 
wiederkehren.  Zum  erstenmahl  wird  sie  im  Jahr  1800, 
und  dann  in  den  Jahren  2100,  2400,  2700,  3000, 
3300,  3600,  3900,  4300,  4600,  4900,  5200,  5500, 
5800,   6100,   6400,   6800  u.  s.  w.   angeseut.     Treffen 


Ghhistliche  Völker. 


313 


beide  Gleichungen  zusammen,  wie  im  Jahr  1800,  so 
wird  die  eine  durch  die  andere  aufgehoben.  Die  zweite 
Tafel  gilt  daher  bis  zum  Jahr  1900,  wo  die  Sonnen- 
gleichung allein  .eintritt.  Dann  erhält  man  folgende 
neue  Epaktenieihe : 

Tafel  III. 


Güldene 
Zahlen. 

Gregor. 
Epakten. 

Güldene 
Zahlen. 

Gregor. 
Epakten. 

1 

XXIX 

11 

XIX 

2 

X 

12 

¥■ 

3 

XXI 

13 

XI 

4 

II 

14 

XXII 

5 

XIII 

15 

in 

6 

xxrv 

16 

xrv 

7 

V 

17 

XXV 

8 

XVI 

4 

18 

VI 

9 

XXVII 

19 

XVII 

10 

VIII 

1 

XXIX 

Im  Jahr  2000  kommt  weder  die  Sonnen-  noch  die 
Mondgleichung  vor,  und  im  Jahr  2100,  wo  beide  zu- 
gleich eintreten,  heben  sie  einander  auf.  Die  dritte 
Tafel  bleibt  dabei:  bis  zum  Jahr  2200  im  Gange.  Dann 
ändeiii  sich  wegen  der  Sonnengleichung  die  Epakien, 
wie  folgt: 


314 


Technische  Chronologie, 
Tafel  IV. 


Güldene 
Zahlen. 

Gregor. 
Epakten. 

Güldene 
Zahlen. 

Gregor. 
Epakten. 

1 

XXVIII 

11 

XVIII 

2 

IX 

12 

XXIX 

3 

XX 

13 

X 

4 

I 

14 

XXI 

5 

XII 

15 

II 

6 

XXIII 

16 

XIII 

7 

IV 

17 

XXIV 

8 

XV 

18 

V 

9 

XXVI 

19 

XVI 

10 

VII 

• 

1 

1 

xxvni 

Diese  Tafel  gilt  bis  2300,  und  da  dann  die  Son- 
nengleichung  wieder  allein  eintritt,  so  erhält  man  fol- 
gende Epaktenieihe  t 

Tafel  V. 


Güldene 
Zahlen. 

Gregor. 
Epakten. 

Güldene 
Zahlen. 

Gregor. 
Epakten. 

1 

XXVII 

11 

XVII 

2 

VIU 

12 

xxvm 

3 

XIX 

13 

a 

4 

¥ 

14 

XX 

S 

XI 

15 

I 

6 

XXII 

16 

XU 

7 

III 

17 

XXIII 

8 

XIV 

18 

IV 

9 

XXV 

19 

XV 

10 

VI 

1 

XXVII 

Ghristlighb  Völker«  315 

Im  Jahr  2400  findet  blöd  die  Mondgleichung  und 
im  Jahr  2500  blofi  die  SoQnengleichang  Statt ;  mit  dem 
ersten  Jahr  kommt  also  wieder  die  vierte  und  mit  dem 
andern  wieder  die  fünfte  Tafel  an  die  Reihe.  Man 
sieht,  da£i  es  solcher  Tafebi  in  Allem  dreifsig  gehen 
mufs,  indem  die  Epakte  im  ersten  Jahr  des  Mondcy* 
clus  oder  fiir  die  güldene  Zahl  1  dreifsig  verschiedene 
Werthe  haben  kann.  Da  das  Gesetz,  nach  welchem 
die  Sonnen-  und  Mondgleichung  wechseln,  klar  ist, 
und  da  die  Epakten,  wenn  die  erste  allein  eintritt,  um 
eine  Einheit  abnehmen,  wenn  die  zweite  allein  gilt, 
um  eine  Einheit  zunehmen,  und  wenn  beide  zugleich 
oder  beide  gar  nicht  Statt  finden,  ungeändert  bleiben, 
so  wird  man  leicht  alle  dreüsig  Tafeln  mit  den  Jahr* 
hunderten,  denen  sie  angehfiren,  hinschreiben  können. 
Bis  zum  Jahr  8200  unserer  Zeitrechnung  kommen  alle, 
dreifsig  an  die  Reihe;  aber  erst  nach  300000  Jahren 
ist  die  Ordnung,  in  der  die  beiden  Gleichungen  und 
die  zugehörigen  Epakienreihen  wechseln,  vollkommen 
wieder  dieselbe.  Man  sehe  die  grofse  Tabula  aequor 
tionis  bei  Clavius  '). 

Wenn  die  Verschiebung  des  Mondcydus  bisher 
immer  in  310  Jahren  zu  einem  Tage  berechnet  worden 
ist,  so  setzt  dies  eine  mittlere  Dauer  des  synodischen 
Monau  zu  29  Tagen  12  St.  44'  3*  voraus.  Gregorys 
Mathematiker  nahmen  mit  den  prutenischen  Ta- 
feln, die  damals  die  vollkommensten  waren,  29  Tage 
12  St.  44'  3"  10«  48'^  an  «).   Dies  gibt  in  312 1  Jah- 


*)  S.134. 

')   GlaTius  S.  102.    Der  Urheber  dieser  Tafeln,  Erasmus 
Reinhold,  hatte  des  Ptoleokäus  und  Gopernicus  Beobach- 


316  Technische  Chronologie. 

ren  einen  Tag.  Setzt  man  dagegen  mit  Tobias  Mayer 
den  Mondmonat  nur  9pi  29  T.  12  St.  44'  2%  8283, 
so  erhält  man  bereits  nach  308  Jahren  einen  Tag,  und 
hiemach  würde  der  gregorianische  Kalender,  der  durch 
die  Mondgleichung  alle  2500  Jahr  acht  Tage  ausmerzt, 
die  T^eumonde  nach  etwa  21000  Jahren  um  einen  Tag 
zu  spat  geben.  Allein  die  mittlere  Bewegung  des  Mon- 
des ist  nicht  constant  —Mayer 's  Bestimmung  gilt  für 
das  Jahr  1700  ^}  •*-  und  so  wollen  wir  auf  diese  ohne- 
hin sehr  geringe  Abweichung  kein  Gewicht  legen. 

Soll  nun  für  irgend  ein  Jahr  das  Datum  des  Oster- 
fiestes  im  gregorianischen  Kalender  gefunden  werden,  so 
suche  man  zuerst  nach  der  oben  (2, 197)  gegebenen 
Regel  die  güldene  Zahl.  Dann  nehme  man  in  der  je- 
desmahligen  Epaktentafel  die  der  gefundenen  güldenen 
Zahl  angehörige  Epakte  und  suche  sie  in  dem  immer- 
währenden gregorianischen  Kalender  vom  8.  März  bis 
zum  ä.  April  einschliefislich  auf.  Der  Tag,  neben  wdchem 
sie  sich  findet,  ist  der  Ostemeumond.  Zählt  man  yon 
diesem  13  volle  Tage  weiter,  so  hat  man  die  Luna  XIV 
oder  Ostergrenze,  von  welcher  das  Fest  noch  immer 
auf  die  alte,  oben  (2, 192)  angegebene,  Weise  abhängig 
ist.  Z.  B.  im  gegenwärtigen  Jahr  1825  ist  die  güldene 
Zahl  2,  und  dieser  entspricht  in  der  zweiten  Tafel,  die 
für  das  achtzehnte  und  neunzehnte  Jahrhundert  gilt, 
die  Epakte  XI.     Diese  Epakte  findet  sich  neben  dem 


tuDgen  mit  einander  vergliclien  und  daraus  die  gedachte  Dauer 
des  synodischen  Monats  hergeleitet.  Seine  Tafeln  waren  genauer 
als  die  alphonsinischen  und  kopernicanischen,  und  sind 
erst  durch  die  rudolphinischen  von  Kepler  iibertroffea 
worden. 

*)  Lalande  Astronomie  Art.  1421.     . 


Gheistlighb  Völker. 


317 


20.  März.  Die  Luna  XIY  ist  also  der  2.  April ,  der 
mit  dem  Buchstaben  A  bezeich^f  t  ist.  Da  nun  diesem 
Jahr  der  Sonntagsbuchstab  B  angehört,  so  ergibt  sich 
der  3.  April  als  Datum  des  Festes.  Hier  sind  die  der 
zweiten  Tafel  entsprechenden  Ostergrenzen: 


Güldene 

Güldene 

■ 

Zahlen. 

Ostergrenzen. 

Zahlen. 

Ostergrenzen. 

1 

13.  April.  E. 

11 

24.  März.  F. 

2 

2.  April.  A. 

12 

12.  April.  D. 

3 

22.  März.  D. 

13 

1.  April.  6. 

4 

10.  April.  B. 

14 

21.  März.  C. 

S 

30.  März.  £. 

15 

9.  April.  A. 

6 

18.  April.  C. 

16 

29.  März.  D. 

7 

7.  Aprü.  F. 

17 

17.  AprU.  B. 

8 

27.  März.  B. 

18 

6.  April.  E. 

9 

15.  April.  6. 

19 

26.  März.  A. 

10 

4.  April.  G. 

1 

13.  April.  E. 

Diese  Tafel  gibt  auf  einen  Blick  das  Datum  des  Oster- 
festes, wenn  man  die  güldene  Zahl  und  den  Sonntags- 
buchstaben des  Jahrs  kennt.  Ist  bei  der  güldenen 
Zahl  14  der  Sonntagsbuchstab  D,  so  trifft  das  Fest  auf 
den  22.  März ,  und  ist  bei  der  güldenen  Zahl  6  def 
Sonntagsbuchstab  G,  so  fällt  es  auf  den  25.  April.  Dies 
sind  die  äulsersten  Termine  der  Feier.  Beide  kommen 
in  diesem  Jahrhundert  nur  einmahl  vor;  der  erste  ISIS, 
der  andere  1886. 

Ist  der  Tag  des  Osterfestes  ermittelt,  so  hat  man 
zugleich  die  Tage  aller  übrigen  beweglichen  Feste  und 
die  Ordnung  aller  Sonntage  im  Jahr.     Tabellen  dar- 


318  Technische  Chronologie. 

über,  80  wie  Notizen  von  den  unbeweglichen  Festen 
und  Erklärung  aller  in  den  Urkunden,  besonders  den 
deutschen,  vorkommenden  auf  den  Kalender  sich  be- 
ziehenden Wörter  und  Namen  findet  man  in  Chri- 
stian Gottlob  Haltaus  Calendarium  medii  aad 
praecipue  Germanicum*),  in  Johann  Heinrich  Wa- 
ser's  historisch-diplomatischem  Jahrbuch  zur 
'Prüfung  der  Urkunden'),  in  Pilgram's  QUenda- 
rium  chronologicum  medii  potissimwn  gevi  ntonumen^ 
tis  accommodatuni^)  und  in  Joseph  Helwig's  Zeit- 
rechnung zur  Erörterung  der  Data  in  den  Ur- 
kunden für  Deutschland^).  Besonders  bequem 
sind  die  35  vollständigen  Kalender  bei  Fi  1  gram  für 
alle  die  ver3cbiedenen  Monatstage  vom  22.  März  bis  zum 
25.  April  einschließlich,  auf  die  das  Osterfest  treffen 
kann,  mit  Angabe  aller  der  Jahre  aus  dem  Zeitraum 
von  300  bis  2000  unserer  Aere,  denen  jeder  dieser  Ka- 
lender angehört.  Der  letzte  z.  B.  stellt  die  beweglichen 
und  unbeweglichen  Feste  aller  der  Gemein-  und  Schalt- 
jahre dar,  in  denen  das  Osterfest  auf  seinen  äuisersten 
Termin,  den  25.  April,  fiillt«  Es  sind  deren  in  dem 
gedachten  Zeitraum  nicht  mehr  als  14,  nämlich  387, 
482,  577,  672,  919,  1014,  1109,  1204,  1451,  1S46, 
1666,  1734,  1886  und  1943. 

Man  spricht  auch  von  julianischen  Epakten 
und  versteht  darunter  diejenigen ,  welche  zur  Zeit  der 
Kalenderreform  durch  die  neunzehn  Jahre  des  Mond- 


')  Leipzig  1729,  8.    Deutsch,  Erlangen  1794,  4. 

»)  Zürich  1779,  fol. 

»)  Wien  1781,  4. 

♦)  Wien  1787,  fol. 


GhRISTLICHB    VÖliKER. 


319 


cyclos  dem  1.  Januar  a.  St.  entsprachen.  Man  findet 
sie,  wenn  man  in  der  erslen  Tafel  (2,311)  die  Epakien 
um  10  Einheiten  vergröisertt  weil  der  damahlige  Un- 
terschied heider  Kalender  so  viele  Tage  hetrug. 


Güldene 

Julianische 

Güldene 

Julianische 

Zahlen. 

Epakten. 

Zahlen. 

Epakten. 

1 

XI 

.11 

I 

2 

XXII 

12 

XII 

3 

III 

13 

XXIII 

4 

XIV 

14 

IV 

5 

XXV 

15 

XV 

6 

VI 

16 

XXVI 

> 

7 

XVII 

17 

VII 

8 

xxvm 

18 

XVIII 

9 

IX 

19 

XXIX 

10 

XX 

1 

XI 

Man  sieht,  dafs  man,  um  die  jedem  Jahr  des  Mond- 
cydus  angehörige  julianische  Epakte  zu  erhalten,  die 
güldene  Zahl  mit  11  zu  multipliciren  und  aus  dem 
Produkt,  wenn  es  groiser  als  30  ist,  so  oft  30  wegzu- 
lassen hat,  als  es  angeht.  So  gehört  dem  sechzehnten 
Jahr  die  Epakte  26  an,  weil  16  X  11  «  176  durch  30 
dividirt  den  Rest  26  gibt.  Diese  Epakten  werden  nicht 
etwa  zur  Bestimmung  des  Osterfestes  im  alten  Kalender 
gebraucht  —  die  Methode  bt  noch  immer  die  oben  (2, 199) 
beschriebene  —  sondern  blofs,  um  durch  sie  bequem  die 
gregorianischen  Epakten  zu  finden;  denn  man  darf  nur 
den  jedesmaligen  Unterschied  der  gregorianischen  und 
jnlianischen  Epakten,  der  von   1582  bis   1700  zehn, 


320  Technische  Chronologie. 

von  1700  bU  1900  elf  und  von  1900  bis  2200  zwölf  Tage 
beträgt,  von  den  letztern,  nachdem  man  sie  nöthigen- 
falls  um  30  Einheiten  veigröi^rt  hat,  abziehen,  um  die 
erstern  zu  erhalten* 

Die  cyklischen  Neumonde,  die  der  immerwährende 
gregorianische  Kalender  gibt,  sollten  eigentlich  die  mitt- 
leren astronomischen  sein.  Da  aber  die  Kalenderver- 
besserer nach  alter  Weise  den  YoUmondstag  als  die 
Luna  Xiy  angesehen  und  die  alte  Regel,  nach  der  man 
vom  Neumonde  13  volle  Tage  vorwärts  zählen  muls, 
um  zum  Vollmonde  zu  gelangen,  noch  immer  beobachtet 
wissen  wollten,  "so  stellten  sie  die  angeblichen  Neumonde 
so,  dafs  sie  dem  ersten,  auch  wol  erst  dem  zweiten 
Tage  nach  der  Gonjunction  entsprachen,  dem  Begriff  der 
vtfjuiYjvia  bei  den  Griechen  gemäfs,  die  darunter  die  erste 
Phase  verstanden.  Die  Vollmonde  dagegen  kommen 
meistens  mit  den  mittleren  Oppositionen  überein  oder 
wteichen  höchstens  um  einen  Tag  von  denselben  ab. 
Eine  vollkommene  Uebereinstimmung  der  cyklischen 
Rechnung  mit  der  astronomischen  ist  schon  defshalb 
nicht  möglich,  weil  die  cyklischen  Monate  immer  aus 
einer  vollen  Tagzahl  bestehen«  Es  ist  daher  ganz  un- 
vermeidlich, dals  das  Osterfest  der  Juden,  das  immer 
bei  vollem  Licht  gefeiert  werden  soll,  gegen  den  Wil- 
len des  nicänischen  Conciliums  zuweilen  mit  dem  der 
Christen  zusammentrifft.  Dies  ist  z.  B.  im  gegenwär- 
tigen Jahr  1825  der  Fall.  Der  3.  April  ist  der  Oster^ 
tag  bei  den  Christen  (2,  317),  und  eben  so  bei  den  Ju- 
den (1,560),  deren  cyklische  Rechnung  diesmahl,  wenn 
auch  nicht  immer,  mit  der  astronomischen  überein- 
stimmt; denn  der  wahre  Vollmond  ereignet  sich  nach 
den  Delambreschen  Sonnen-  und  den  Hayer-Masonschen 


Ghristlighb  Völker«  321 

Mondtafeln  am  3.  April  um  7  U.  18'  Morgens  ber- 
liner Zeit. 

Es  ist  sehr  zu  bedauern,  dafs  Gregor  XIII  nicht 
das  Fest  an  einerlei  Sonntage,  z.B.  am  letzten  des 
März  oder  ersten  des  Aprils,  zu  feiern  angeordnet  hat. 
Jetzt  kann  der  gemeine  Mann,  ja  mancher  Gebildete, 
nicht  begreifen,  warum  es  in  einem  Zeiti'aum  von  fiinf 
Wochen  umherirrt.  Auch  macht  es  in  manche  Ver- 
hältnisse des  biiigerlichen  Lebens  einen  Einschnitt,  des- 
sen Wechsel  nicht  anders  als  unbequem  ^in  können. 
Dals  die  Kirche  das  Recht  zu  einer  solchen  Feststellung 
der  Feier  gehabt  habe,  gesteht  selbst  Clav  ins  ein  ^)j 
so  sehr  er  auch  übrigens  der  Epaktenrechnung  das  Wort 
redet.  Vielleicht  einigt  sich  noch  einst  die  gesammte 
Christenheit  über  diesen  wichtigen  Punkt,  wodurch  un- 
sere Zeitrechnung  die  einfachste  von  der  Welt  werden 
würde,  weil  dann  die  Bestimmung  des  Osterfestes  allein 
von  dem  Sonntagsbuchstaben  abhängig  wäre. 

Der  gregorianische  Kalender  wurde  in  dem  gröfsten 
Theil  Italiens,  so  wie  in  Spanien  und  Portugal,  gleich 
an  dem  Tage  eingeführt,  den  die  Bulle  des  Papstes  fest- 
gesetzt hatte.  In  Frankreich  geschah  es  erst  zwei  Mo- 
nate später,  indem  man  einem  Edikt  Heinrich 's  III  zu- 
folge vom  9.  December  zum  208ten  überging  ^).  Die 
katholischen  Kantone  der  Schweiz  und  die  katholischen 
r^iederlande  traten  der  Verbesserung  1583,  Polen  1586 
und  Ungarn  1587  bei.  'In  Deutschland  kam  sie  1582 
auf  dem  Reichstage  zu  Augsburg  zur  Sprache.  Der 
Churfürsf  August  von  Sachsen,  nachdem  er  den  wegen 


*)  S.59. 

')   VAH  de  virifitr  les  daies  Tom.L  p.82. 

n.  [21] 


322  Technische  Chronologie. 

seiner  astronomidchen  Kenntnisse  berühmten  Landgra* 
fen  Wilhelm  von  Hessen  zu  Rathe  gezogen  halte, 
erklärte  sich  dawider,  und  die  übrigen  evaugelischen 
Stände  und  Staaten  in  und  aufser  Deutschland  folgten 
seinem  Beispiel,  theils  aus  Besoi*gni(s ,  dem  Eapsle  zu 
viel  einzui'äumen ,  theils  weil  Mästlin  und  Joseph 
Sca liger  nicht  ohne  Grund  die  Meinung  geltend  zu 
machen  gesucht  hatten,  dafs  auch  die  neue  Zeitrech- 
nung nicht  ganz  fehlerfrei  sei  ^),  Der  Kaiser  und  die 
katholischen  Stande  hingegen  nahmen  sie  1583  an. 
Man  pflegte  nun  in  den  öffentlichen  Akten  den  alteu 
und  neuen  Kalender  oder  Stil  zu  unterscheiden 
und  Ix*i  Verhandlungen  zwischen  Katholiken  und  Pro- 
testanten das  Datum  nach  beiden  anzusetzen. 

Letztere  verharrten  lan^  bei  ihrer  Weigerung,  den 
neuen  Kalender  anzunehmen.  Man  besprach  sich  tw 
auf  dem  Ck>nvente  zu  Rothenburg  an  der  Tauher  über 
diesen  Gegenstand;  da  aber  keine  Religionspariei  der 
andern  nachgeben  wollte,  so  ging  man  unverrichteter 
Sache  auseinander.  Es  konnte  nicht  fehlen,  daft  die 
zwei  so  verschiedenen  Zeitrechnungen  zu  vielen  Strei- 
tigkeiten und  yei*wirrungen  Anlais  gaben,  besonders  an 
Orten,  wo  Protestanten  und  Katholiken  unter  einander 
gemischt  lebten.  So  entstanden  zu  Augsburg  grobe, 
mehrere  Jahre  anhaltende  Unruhen,    die  unter  dem 


')  Man  sdbe  des  Clav  ins  Schiiften:  Nwi  Calendarii  üo- 
mani  apologia  adversus  Michaelem  MaestUnum  und  Responsio 
ad  convicia  et  calumnias  Josephi  Scaligeri  in  Calendariua^ 
Gregorianum  im  fiinften  Theil  seiner  Opera  (2,302).  Einsichu- 
voUe  Katholiken  gestehen  selbst  die  Mängel  des  gi<egorianischen 
Kalenders  ein.  Man  fiadet  sie  sehr  gut  entwickelt  in  L'^f^  ^^ 
vdrifier  les  dates  Tom.  I.  p.  85  ff. 


Ghristlighb  Völker.  323 

Namen  des  Kalenderstreits  bekannt  sind.  So  oft 
man  aber  auch,  wie  auf  dem  Reichstage  von  1613, 
bei  den  westphälischen  Friedensunterhändhmgen  1648, 
auf  dem  Reichstage  von  1654  und  später  in  die  evan- 
gelischen Stände  dringen  mochte,  den  neuen  Kalender 
'  des  bessern  Einverständnisses  wegen  anzunehmen,  wichen 
sie  doch  jedesmahl  aus,  weil  sie  das  wiederhohlte  kaiser- 
liche Ansinnen  als  eine  Schmälerung  ihrer  Majestäts-  ^ 
rechte  ansahen.  Als  aber  nach  dem  ryswicker  Frieden 
wegen  der  Kalenderverschiedenheit  neue  Unruhen  in 
der  Pfals,  in  Schwaben  und  anderswo  auszubrechen 
drohten,  nahmen  die  evangelischen  Stände  die  Sache 
in  nähere  Ueberlegung  und  beschlossen  nun,  besondei's 
auf  Leibnitzens  Betrieb  und  mit  Zuziehung  des 
Jenaer  Mathematikus  Erhard  Weigel,  am  23.  Septem- 
ber 1699,  mit  dem  nächsten  Jahr  einen  sogenannten 
Verbesserten  Kalender  einzuführen,  nach  welchem 
mit  Weglassnng  von  elf  Tagen  statt  des  19.  Februars 
des  Jahrs  1700  sogleich  der  I.März  gezählt,  und  das 
Osterfest  so  lange,  bis  die  Fehler  des  gregorianischen 
Kalenders  verbessert  sein  würden,  nicht  nach  cykli- 
sclier  Rechnung,  sondern,  sowohl  mit  Bezug  auf  die 
Nachtgleiche,  als  auf  den  Vollmond,  nach  astronomi- 
scher angesetzt  werden  sollte,  und  zwar  nach  Kepler's 
rudolphinischen  Tafeln  und  fUr  den  Meridian  von 
Uraniburg,  der  beriihmten  ehemaligen  Sternwarte 
Tycho's^).  Diesem  Beschlüsse  der  evangelischen  Stände 
sind  gleichzeitig  Dänemark  und  die  Vereinigten  Nie- 


*)  S.  Petri  Horrebowii  Actorum  circa  reformationem 
Calendarii  narratio  historica  ex  documeniis  authenticis.  Opp. 
Tom.  II. 

[21*] 


324  Technisclie  Chronologie. 

derlandef  und  im  Jahr  1701  die  evangelischen  Kantone 
der  Schweiz  beigetreten^).  In  England  ist  der  neue 
Kalender  erst  1752  und  in  Schweden  1753  eingeführt 
worden.  Dort  ging  man  vom  2.  September  zum  Ulen^), 
und  hier  vom  17.  Februar  zum  I.März  über^).  Die 
Russen  und  Griechen  beharren  nunmehr  in  Eui'opa 
allein  noch  beim  alten  Kalender. 

Durch  die  Weglassung  der  elf  Tage  im  Jahr  1700 
hatten  sich  die  Evangelischen  den  Katholiken  zwar  in 
so  weit  genähert,  dafs  sie  ihr  Jahr  zugleich  mit  ihnen 
anfingen ;  allein  die  abweichende  Bestimmungsweise  des 
Osterfestes  muiste  zuweilen  eine  Verschiedenheit  des 
Tages  der  Feier  und  somit  neue  Streitigkeiten  herbei- 
führen. Der  erste  Fall  dieser  Art  trat  im  Jahr  1724 
ein,  wo  die  astronomische  Rechnung  den  Yollmond  auf 
Sonnabend  den  8ten,  die  cyklische  hingegen  anf  Sonn- 
tag den  9.  April  gab,  das  Osterfest  also  (ur  die  Evan- 
gelischen auf  den  9ten,  fiir  die  Katholiken  auf  den 
16.  April  traf*  Eine  zweite  Verschiedenheit  der  Feier 
fand  im  Jahr  1744  Statt,  wo  die  Evangelischen  das 
Osterfest  am  29.  März,  die  Katholiken  am  5.  Apnl 
feierten.   Eine  dritte  würde  1778  und  eine  vierte  1798 


*)  Letztere  fingren  das  achtzehnte  Jahrhundert  mit  dem  12.  Ja- 
nuar 1701  an,  die  ei*sten  elf  Tage  gai*  nicht  zahlend.  Helwig^ 
Zeitrechnung  S.  75. 

^}  Man  vergleiche  die  Parlamentsakleybrnegu^/i/i^^^^^"' 
mencement  qf  the  year  and  for  correcting  the  Calendar  now 
in  use ,  in  den  Statutes  at  Large  qf  England.  Vol.  VI.  p-  ^  "- 
England  nahm  gleich  damahb  die  cydische  Rechnung  an. 

^)  S.  Computus  ecclesiasticus  inraUad  sd  väl  rfU^  ^^ 
gamla  som  nja  stylen  (Stockholm  1780,  8),  p.  32. 


Christliche  Völkeä.  326 

eingetreten  sein,  wenn  nicht  aiif  den  Antrag  Frie- 
d rieh's  II  das  Corpus  Evangelicorum  am  13.  Deoem« 
ber  1775  beschlossen  hätte,  den  nach  der  cyklischen 
Rechnung  geordneten  Kalender  unter  der  Benennung  ei- 
nes Yerbesserten  Keichskalenders  anzunehmen^). 
Dem  Conclusum  sind  die  evangelischen  Kantone  der 
Schweiz,  Dänemark  und  Schweden  beigetreten. 

Wir  haben  nun  noch  die  Jahrrechnungen  der 
christlichen  Yölker  durchzugehen.  ZuYÖrde]*$t  müssen 
wir  aber  die  verschiedenen  bei  ihnen .  yoi^ekommenen 
Jahrepochen  kennen  lernen. 

Ueberall  in  Europa  wird  jetzt  das  Jahr  mit  dem 
1 .  Januar  angefangen.  Diese  Epoche  hat  sich  offenbar 
zugleich  mit  dem  julianischen  Kalender  von  deii  Rö- 
mern zu  uns  fortgepflanzt;  sie  ist  aber  im  Mittelalter 
keinesweges  die  einzig  gebräuchliche  gewesen. 

Die  Benennung  mensis  primus  für  mensis  pa- 
schalis  kommt  bei  den  Osterscribenten  Yictorius, 
DionysiuSf  Beda  nicht  selten  vor.  Sie  ist,  wie 
schon  (2,227)  bemerkt  worden,  von  den  Hebräern  ent- 
lehnt, denen  der  Ostei*monat  Nisan  der  erste  im  Kirchen- 
jahr ist.  Yon  einer  bürgerlichen  Zählungsweise  der. 
Monate  kann  hiebei  um  so  weniger  die  Rede  sein,  da 
die  Christen  die  Eintheilung  ihi^r  Zeit  nirgends  auf  den 
Lauf  des  Mondes  gegründet,  und  denselben  blofs  bei 
der  Bestimmung  ihres  Osterfestes  berücksichtigt  haben. 

Es  zeigen  sich  jedoch  in  den  ersten  Jahrhunderten 
der  Christenheit  manche  Spuren,  dafs  man  die  Benen- 


')  Man  yergleiche  über  dies  alles  den  Artikel  Osterfest 
in  Häberlin*«  Repertorium  des  deutschen  Staats-  und 
Lchnrechts. 


326  Technische  Chronologie. 

nung  des  ersten  Monats  auf  denjenigen  Sonnenmo- 
nat iiberlrug,  der  in  der  Regel  dem  Nisan  entsprach. 
Wie  wir  oben  (1,430)  gesehen  haben,  wurde  der  April 
von  den  Syrern  mit  dem  niacedonischen  Namen  Xan- 
thicus  und  mit  dem  einheimischen  Nisan  belegt*  Hier- 
nach war  es  der  April,  der  den  Namen  des  ersten 
Monats  erhielt.  In  den  Constitutionibus  S.  Jpostohrum, 
einer  in  das  dritte  und  vierte  Jahrhundert  gehörigen 
Schrift,  heilst  es^):  „Beobachtet  die  Festtage,  zuerst 
,,die  Geburt  Christi  am  2Ssten  des  neunten  Monats, 
,,dann  Epiphanias  am  6ten  des  zehnten."  Weiterhin 
ist  vom  Xanthicus  als  dem  ersten  und  vom  Dystrus 
als  dem  zwölften  Monat  die  Rede').  Auch  Epipha- 
nius  scheint  wenigstens  sein  Kirchenjahr  auf  eine  ähn- 
liche Weise  angefangen  zu  haben;  denn  er  sagt^):  Hpo 
irriixspiag  ou  Trhripw^asreu  ro  erog,  ,,Vor  der  Nachtgleicfae 
,,geht  das  Jahr  nicht  zu  Ende." 

Im  Occident  änderte  sich  dieser  Sprachgebrauch  da- 
hin ab,  dals  man  den  März  zum  ersteh  Monat  machte, 
sei  es  nun,  weil  das  religiöse  Jahr  der  alten  Römer  mit 
diesem  Monat  begann  (2,53,150),  oder  aus  welchem 
Grunde  sonst.  Der  heil*  Leo  hat  Reden  über  die  Fa- 
sten des  siebenten  und  zehnten  Monats  geschrieben^  und 
Gelasius,  sein  vierter  Nachfolger  im  Pontificat,  setzt 
die  Einweihung  der  Geistlichen  auf  die  Fasten  des  vier- 
ten, siebenten  und  zehnten  Monats  *).     Es  werden  die 


*)   1.  V.  c.  13.   SS.  Palrum,  qui  temporibus  apostolicis  ßo^ 
ruerunt,  Opera,  ed.  C o tele rii  Vol.  I. 

')   c.l4  und  17. 

')   Haer,  LXX,  c.  11. 

')  Epist.JX,  c.ll.  Manai  Collect.  ConciL  Tom.ym,  col.39. 


Ghristlighb  Völkba.  327 

grofsen  Quatemberfasten   der  katholischen   Kirche   ge- 
meint,  die  auf  Mittwoch  nach  Invocavit,  nach  Pfing- 
sten,  nach  Kreuzerhöhung   (14.  September)  und  Lucia  I 
(13.  December)  treffen. 

In  Italien  scheint  aber  diese  Zähluugsweise  der  f 
Monate  blofs  bei  kirchlichen  Verhandlungen  üblich  ge^ 
wesen  zu  sein.  In  Frankreich  dagegen  ist  sie  unter 
den  Merovingem  auch  ins  bürgerliche  Leben  überge« 
gangen.  Gregorius  von  Tours  nennt  den  Julius 
den  fünften,  den  September  den  siebenten,  den  Decem- 
ber den  zehnten  Monat  des  Jahrs').  Anderswo^)  setzt 
er  das  Fest  des  heil.  Vincent ius  auf  den  XII,  Gil. 
mensis  XI.  Es  muis  offenbar  XLGal.mensb  XII  heifsen ; 
denn  es  ist  vom  22.  Januar,  dem  Tage  dieses  Märtyrers, 
die  Bede.  Aus  einetn  gleichzeitig  geschriebenen  Buche 
de  miracuUs  sancti  MarcelUni  citirt  Mabillon^)  die 
Worte:  A  mense  Augusto  usque  ad  mensem  Maitium, 
qui  apud  nos  primus  sine  dubio  vocitatur  .  •  t  Noch 
im  achten  Jahrhundert  kommt  dieser  Jahranfang  iii 
Frankreich  vor;  denn  in  einem  Statut  des  755  gehal- 
tenen Ck)ncilii  Vernensis  wird  verordnet^),  ut  bis  in' 
anfio  sjmodus  ßat,  Prima  sjrnodus  niense  primOj  quod 
est  Afartiis  Calendis.  Vermuthlich  hat  aber  neben  die- 
sem Jahranfange  zugleich  auch  der  im  volksthümlichen 


')  De  mirac.  S.  Mariini  1.  IV.  c.4.  De  mirac.  S.  luliani 
C.25.    De  gloria  Martyrum  c.91. 

^)   ^^  gloria  Marijrum  c.  90. 

^)  De  re  diplom,  II,  2^^  4.  (Ich  gebrauche  die  Ausgabe  Paris 
1709,  fo].)  Auch  Fredcgarius,  der  Fortsetzer  der  Geschichte 
des  Gregorius,  fangt  in  seiner  Chronik  das  Jahr  mit  dem 
1.  März  an,  so  wie  wieder  seine  Fortsetzer. 

*)   Canon  4.  S.  Mansi's  ColL  Conc.  Tom.XII,  col.580. 


328  Technische  Chronologie. 

m 

Gebrauch  nie  ganz  erloschene  mit  dem  1*  Januar  Be- 
standen« Wenigstens  bleibt  sich  Gregorius  in  seiner 
Zählungsweise  der  Monate  nicht  gleich;  denn  er  nennt 
einmahl  ^)  als  den  fünften  Monat  bestimmt  den  Mai. 
Um  diese  Schwierigkeit  zu  heben,  will  Mab il Ion  bei 
ihm  ein  zwiefaches  Jahr  unterscheiden,  das  Sonnen- 
jähr,  das  mit  dem  I.Januar,  und  das  Mondjahr, 
das  um  den  1.  März  begonnen  haben  soll«  Man  sieht 
aber  leicht,  dafs  sich  durch  diese  schon  an  sich  wenig 
wahrscheinliche  Hypothese  die  angeführten  Stellen  nichl 
rechtfertigen  lassen.  Doch  wir  wollen  bei  einer  Jahr- 
epoche, über  die  sich  wenig  Genügendes  sagen  lädt, 
nicht  länger  verweilen. 

Weit  allgemeiner  und  das  ganze  Mittelalter  hin* 
durch  sind  die  Jahi*e  entweder  mit  der  Empfängnifs 
Maria,  oder  mit  der  Geburt  Christi,  oder  mit  der 
Beschneidung,  oder  mit  der  Auferstehung  azige- 
fangen  worden.  Zuerst  einiges  im  AUgemeinen  über 
diese  vier  Jahrepochen. 

Nichts  nöthigt  uns  zu  der  Voraussetzung,  dais 
Dionysius  £xiguus,  der  seine  Ostertafel  im  Jahr 
525  n.Chr.  berechnete  (2,285),  den  zu  Rom  damals 
noch  immer  gebräuchlichen  Anfang  des  Consularjahrs 
(der  letzte  ConsulBasilius  lunior  gehört  ins  Jahr  541) 
geändert,  und  die  seiner  Tafel  zum  Grunde  liegenden 
Jahre  von  irgend  einer  andern  Epoche  gezählt  habe. 
Da  die  Kirche  die  Geburt  Christi  auf  den  25.  Deoem- 
her  setzt'),   so  stellt  sich  die  nach  dem  Evangelium 


')   De  miraculis  S,  Juliani  c.35. 

')   Octavo    Calendas    ApHUs    concepius    creditur    Christus 
quo  et  passus.     NcUus   traeUtur  octavo  Calendas  lanuarias. 


Christliche  Völker.  329 

# 

acht  Tage  später  geschehene  Beschneidung  auf  den  1.  Ja- 
nuarf  und  dieser  Jahraniang  —  a  Gircumcisione  — 
erhielt  somit  auch  für.  die  Christen  eine  gewisse  Be- 
deutsamkeit. 

Machmals  hielt  man  es  aber  fiir  schicLlichei*,  die 
Jahre  ab  Incarnatione  Domini  auch  wirklich  mit 
dem  Tage  anzufangen ,  auf  den  die  Kirche  die  Geburt 
Christi  setit,  zumahl  da  dieser  Tag  dem  Wintersolstitium 
näher  war,  welches  die  natürlichste  Jahrepoohe  eu  sein 
schien,  wie  schon  Ovi^  an  einer  oben  (2,55)  ange- 
führten Stelle  bemexk^t  ^).  Dieser  Jabraufang.—  a  Na- 
tivitate  —  war  daher  das  ganze  Mittelalter  hindurch 
in  Italien,  Deutschland  und  andern  Ländern  sehr  ge- 
bräuchlich» , 

Andere  &nden  es  dem  Begriff  der  Beul  aipKwav; 
oder  Incarnatio  angemessener,  das  Jahr  mit  Maritt 
Verkündigung  oder  der  Empfängnifs  — •  ab  An- 
nuntiatione  oder  a  Coüceptione  —  anzufangen, 
welche  die  Kirche  auf  den  125.  März  aetzt.  Auch  die- 
ser Jahranfang  ist  in  vielen  Gegenden  herrschend  ge- 
wesen, in  einigen  selbst  bis  auf  die  neuem  Zeiten, 
z.  B.  zu  Pisa  und  Florenz.    Von  diesen  benachbarten 


Augustin.  de  trinitA.TV,  c.  5.  Die  lateinische  Kirche  hat  das 
Fest  frühzeitig  am  25.  December  begangen.  Die  griechische  fei- 
erte es  anfangs  am  Epiphaniastage  den  6.  Januar,  trat  aber  im 
vierten  Jahrhundert  der  lateinischen  bei.  S.  Chrysostomi  //o- 
milia  in  diem  natalem  Christi.  Opp,  Tom.  II,  p.354  ed.  Montf., 
und  das  Schreiben  des  Johannes  von  Nicaea  in  Gombefisii 
Hisi,  haer.  Monotkeliiarum,  co].  298  ff. 

*)  Gregor  XIII  hätte  den  Anfang  des  Jahrs  leicht  auf  diese < 
Epoche  )>ringen  können,  wenn  er  statt  10  Tage  21  bis  22  aus- 
gemerzt hatte. 


/ 


330  Technische  Chronologie. 

Städten  fing  die  erste  die  Jahre  der  Incamaüo  neun 
Monat  sieben  Tage  früher,  die  andere  zwei  Monat  liinf 
und  zwanzig  Tage  sjnter  an,  als  wir«  'Beide  wichen 
also  in  der  Zahl  ihrer  Jahre  um  eine  Einheit  von  ein- 
ander ab.  Jene  Zählungsweise  wird  der  Galculus  Pi- 
sanus,  diese  der  Calculus  Florentinus  genanht^)* 
Beide  sind  erst  im  Jahr  1749  vom  Groisherzoge  Franz  I 
abgeschafft  worden*  Die  Verordnung^  wodnith  der  An- 
fang des  Jahrs  1750  für  alle  Toskaner  auf  den  1*  Januar 
gesetzt  wird,  ist,  in  Kupfer  eingegraben,  auf  der  groften 
Arnobrücke  zu  Florenz  aufgestellt').  Die  florentiner 
Rechnung  ist  allgemeiner  verbreitet  gewesen,  als  die 
pisaner,  und  man  hat  daher  bei  Begebenheiten  aus  der 
iflorentiner  Geschichte,  die  sich  zwischen  dem  1.  Januar 
und  25*  März  zugetragen  haben ,  gemeinhin  ein  Jahr 
mehr  zu  zählen,  als  man  angegeben  findet.  Nicht  im- 
mer steUen  die  Geschichtschreiber  die  Reduction  selbst 
an,  wie  Yillani  in  folgender  Stelle  seiner  Florenti- 
ner Geschichte^):  ,,Am  25.  Januar  des  Jahrs  1348 
,,nach  kirchlicher  Rechnung  —  secondo  ü  corso 
j^della  chiesa  di  Roma  ^  in  der  ersten  Indiction,  oder 
,,des  Jahrs  1347  nach  unserer  Weise,  die  Jahre 
,,mit  derVerkündigung  anzufangen  ^^secondo  il 
y^nostro  corso  deWannunziazione  della  nostra  Donna  ^^ 
„ereignete  sich  ein  furchtbares  Erdbeben." 


*)   Eine  bestimmte  Notiz  übei*  beide  gibt  GoTarruvias  f^ar. 
ResoL  1. 1.  c.  12.  p.  94  (ed.  Francof.  1571,  fol.) 

')   Man  findet  sie  unter  andern  abgedruckt  in  L'jirt  de  v^ri^ 
fier  les  dates,  Tom.  I.  p.  24. 

^)  l.Xn,c.  123. 


Ghristlighb  Völker.  331 

4 

Beda  berichtet*),  AdSs  die  Gallier  anfänglich  das 
Osterfest  am  25.  März,  als  an  dem  Tage  gefeiert  haben, 
quando  Christi  resurrectio  fiusse  tradebatur  ')•  Yiel- 
leicht  schreibt  sich  die  im  Mittelalter,  besonders  in 
Frankreich,  sehr  verbreitete  Gewohnheit,  das  Jahr  mit 

4 

dem  Osterfeste  zu  beginnen,  ursprünglich  von  der 
Verbindung  dieses  Festes  mit  dem  der  Verkündigung 
her.  Schon  frühzeitig  finden  sich  Spuren  davon,  am 
deutlichsten  bei  dem  im  vierten  Jahrhundert  lebenden 
Zeno  Veronensis,  der  sich  in  seiner  mystischen 
Sprache  über  den  Tag  der  Auferstehung  also  äufsert'): 
Idem  sui  successor  itemque  decessor,  longaeva  semper 
aetate  noveUus,  anni  parens,  annique  progenies,  ante^ 
cedit  seqidturque  tempora  et  saecula  infinita.  Die  be- 
'  sondere  Heiligkeit  des  Osterfestes,  das  im  Mittelalter 
festiuitas  festivitatwn  und  solemnitas  omnium  solemni" 
tatwn  genannt  iirurde,  war  es  hauptsächlich,  die  dieser 
Jahrepoche  Eingang  verschaffte,  so  unbequem  sie  auch 
sein  mochte,  da  sie  bei  ihrem  Hin-  und  Herschwanken 
dem  Jahr  keine  feste  Dauer  gab.  Man  begreift  leicht, 
dafs  einerlei  Tage  des  März  und  April  in  Einem  Jahr 
zweimahl  oder  gar  nicht  vorkommen  konnten.  Das 
Jahr  1179  z.B.  fing  mit  dem  I.April  an  und  hörte 
mit  dem  19.  April  1180  auf;  es  enthielt  also  einen  voll- 
ständigen April  und  noch  zwei  Drittel  eines  andern, 


*)  De  temp,  rat,  c.  45. 

*')   Zuerst  betrachtete  man  den  Tag  der  Empfangnifs  Christi 

zugleich   ab   den   seines   Leidens,  wie   aus   der  yorhin  citirten 

Stelle  des  Augustinus  erbellet.  Späterbin  setzte  man   dafür 
den  Auferstebungstag.   , 

^)    TracU  46,  p.  272  ed.  Ballerin. 


332  TechniscIiQ  Chronologie. 

und  wenn  sich  daher  eine  Urkunde  dieses  Jahrs  von 
einem  der  ersten  19  Tage  des  Aprils  dalirt  findet,  so 
weifs  man  nicht,  ^b  das  nach  unserer  Weise  gerechnete 
Jahr  1179  oder  1180  gemeint  ist,  es  sei  denn,  dals 
ante  pascha  oder  post  pascha  dabei  stände,  was  ge- 
wöhnlich der  Fall  ist^).  Auch  die  Indiction,  die  sel- 
ten fehlt,  hebt  gemeinhin  alle  Zweifel.  Eigentlich  war 
die  Kerzweihe  in  der  Nacht  yom  Gharsonnabend  bis 
zum  Ostersonntage  das  Signal  des  beginnenden  Jahrs. 
Besonders  deutlich  erhellet  dies  aus  zwei  Urkunden  des 
Königs  Johann  von  Frankreich ') ,  von  denen  die 
erste  vom  Gharfreitage  dem  31.  März  des  Jahn  1362, 
die  andere  vom  Gharsonnabend  dem  I.April  1363  nach 
der  Kerzweihe,  also  vom  ersten  Augenblick  des  neuen 
Jahrs,  datirt  ist«  Auf  der  geweihten  Kerze  pflegten  die 
chronologischen  Merkmale  des  Jahrs,  wie  sie  die  Oster> 
tafeln  angaben,  nämlich  das  Jahr  Ghristi,  die  Indiction, 
die  Epakte,  der  Sonntagsbuchstab,  die  Ostergrenze,  das 
Datum  der  Osterfeier ,  die  güldene  Zahl  u.  s.w.,  so 
wie  auch  der  Name  und  das  Regierungsjahr  des  j< 
maligen  Papstes  verzeichnet  zu  sein^). 

Man  wird  leicht  erachten,  welche  Verwirrung 
Verschiedenheit  des  Jahranfangs  im  gegenseitigen  Ver- 
kehr nach  sich  ziehen  mufste.  Der  Mönch  Gervasius 
von  Ganterburj,  der  im  Anfange  des  dreizehnten  Jahr- 
hunderts schrieb,  klagt  darüber  bitler  in  der  Einleitung 
zu  seiner  Chronik  mit  folgenden  Worten  *) :  Inter  ipsos 


*)   S.  Mabillon  de  re  diplom,lI^23^6. 
')   VJrt  de  virifier  les  dates,  Tom.  I.  p.  ii, 
^)   Du  Gange  Glossarium  s,  v,  cereus  paschalis  und  Ma* 
billonn,23,8. 

*)  HisLAngUcanaeScHploresX  (London  i6S2y(oh)c€A  1336. 


Christliche  Völker.  333 

etiam  Chronicae  scriptores  nonnuUa  dissensio  est.  Nam 
cum  omnium  unica  et  praecipua  sit  intentio  annos  Do- 
mini  eorumque  condtientias  supputaHone  veraci  enar- 
rarcy  ipsos  Domini  'annos  diversis  modis  et  terminis 
numerant,  sicque  in  ecclesiam  Dei  mukam  mendacio" 
rum  confitsionem  inducunt.  Quidam  enim  annos  Do- 
mini incipiunt  computare  ab  Annuntiatione,  alii  a  Na- 
tiyitate,  quidam  a  Cirvumcisione,  quidam  ^ero  a  Pas- 
sione.  Qu  ergo  istorum  magis  credendum  est?  —  Man 
würde  ein  Buch  schreiben  müssen,  wenn  man  yon  Re« 
gent  zu  Regent,  von  Land  eu  Land,  von  Stadt  zu  Stadt, 
die  verschiedenen  Jahrepochen  angeben  wollte.  Vieles 
findet  man  bei  Mabillon,  Du  Gange  ^),  in  dem 
Werke  L^Jrt  de  verifier  les  dates^)  und  in  Helwig's 
Zeitrechnung^)  gesammelt;  doch  bleibt  noch  immer 
viel  nachzutragen  übrig.  Wir  müssen  uns  auf  folgende 
Notizen  und  Bemerkungen  beschränken. 

Die  Päpste  haben  in  ihren  Bullen  und  Breven 
alle  Arten  obiger  Jahranfänge  gebraucht«  Einige  rech- 
neten vom  1.  Januar.  Wie  aber  die  frommen  Christen 
über  diese  heidnische  Epoche  dachten,  geht  unter  an- 
dern aus  folgendem  Kanon  des  Concilii  Turonensis 
vom  Jahr  567  hervor*):  Cogrto^imus  nonnullos  inve^ 
niri  sesquipedas  erroris  antiqui^  qui  Calendas  lanuarii 
cohmt,  cum  lanus  homo  gentilis  fiterit:  rex  quidem, 
sed  deus  esse  non  potuit.     Quisquis  ergo  unum  deum 


*)   Glossarium  s,  v.  annus, 

')  Tom.  I,  p.  8  ff.  und  in  den  folgenden  Bänden  unter  den 
einzelnen  Regenten. 

')  S.6tff. 

*)  Mansi  Collect.  Concil,  Tom.  IX,  coL  803. 


-" 


\ 


I 


334  Technische  Chronologie. 

patrem  regfumtem  cwnßlio  et  spiritu  sancto  credit,  certe 
hie  non  potest  integer  Christianus  dici,  qui  aliqua  de 
gentilitate  custodit^).  Kein  Wunder  also,  dafs  dieser 
' Jaliranfang ,  an  den  sich  so  manche  heidnische  Ge* 
brauche  knü[)ften,  an  dem  Sitz  des  Oberhaupts  der 
Kirche  wenig  beliebt  war.  Viel  häufiger  finden  wir 
daselbst  das  Jahr  mit  Weihnachten  oder  mit  der  Ver- 
kündigung Maria  angefangen.  Im  letztem  Falle  wird 
bald  nach  pisaner,  bald  nach  floventiner  Weise  gerech- 
net. Wenn  eine  Bulle  des  Papstes  Gelasius  II  yom 
20.December  1119  datirt  ist,  ungeachtet  er  am  29.  Ja- 
nuar 1119  starb,  so  darf  man  nur  an  den  Calculus 
Fi sanus  denken,  um  hierin  nichts' befremdendes  zu 
finden.  Eben  so  wenig  wird  man  sich  wundem,  daß 
Pius  IV  die  Beschlüsse  des  1563  im  December  geendig- 


*)  Auf  ähnliche  Aeufserungen  stöfst  man  in  den  Schnften  der 
Kirchenväter  nicht  selten.  Die  vierte  Homilie  des  Asterius 
eifert  gegen  die  ausschweifenden  YergnüguBgen  des  Festes  der 
Kalenden-^T^$  lopriJcTw»  KeCkav^Sv  —  d. i.  des  1.  Januars.  Eben 
so  die  fiinfte  Homilie  des  Maximus  Taurinensis,  worin  es 
unter  andern  heifst:  Quis  sapiens,  quidominici  natalis  iniel^ 
ligit  sacramentum,  non  ebrietatem  condemnet  Satumalium, 
non  declinei  lasciviam  Calendarum,  et  partem  cupiens  habere 
cum  Christo,  particeps  noUt  esse  cum  Saeculo?  Ferner  die 
155ste  Homilie  des  Petrus  Chrysologus  von  Ravenna  und 
eine  Rede  des  Caesarius,  Bischofs  von  Arles,  welche  also  an-> 
hebt :  Dies  Calendarum  istarum ,  fratres  carissimi,  quas  la^ 
nuarias  vocant,  a  quodam  Jano  homine  perdUo  ac  sacriiego 
nomen  accepit»  {Opp,  Augustini  ed.  Benedict.  Tom.V.  App. 
col.  233).  Selbst  heidnische  Schriftsteller  misbilligten  den  syha- 
ritischen  Unfug,  der  am  Feste  der  Kaienden  getiieben  wurde. 
Man  vergleiche  Libanii  Rede  tU  tcIc  KctXaV^ac  uncl  seine  Be- 
schreibung des  Kaiendenfestes.  Ed.  Rebke  Vol.  I,  p.  2SS.  Vol.  IV, 
p.  1053. 


Christliche  Völkbr.  335 

ten  tridentiner  Conciliums  in  einer  Bulle  vom  26*  Ja- 
nuar 1563  bestättigt;  er  rechnet  nach  florentiner 
Welse.  Seihst  einerlei  Päpste  sind  bierin  nicht  gans 
oonsequent  ver&hren.  Im  dritten  Bande  des  Werks 
VArt  de  venfier  les  dates  steht  eine  Chronologie  hi^ 
storique  des  Papes,  in  der  bei  jedem  einzelnen  Papst, 
von  dem  man  es  weifs,  angegeben  ist,  mit  welcher 
Epoche  er  das  Jahr  angefeingen  hat.  Innocenz  XII, 
der  1691  den  päpstlichen  Stuhl  bestieg,  setzte  endlich 
fest,  dafs  das  Jahr  mit  dem  !•  Januar  ange&ngen  wer- 
den solle,  und  dies  ist  seitdem  ohne  weitern  Wechsel 
geschehen.  Dais  übrigens  die  zu  Rom  gebräuchlichste 
Jahrepoche  das  Weihnachtsfest  gewesen  sein  müsse,  geht 
schon  daraus  hervor,  dais  man  sie  nicht  selten  mos 
oder  stilus  curiae  Romanae  genannt  findet.  Auch  im 
übrigen  Italien  kommt  sie  häufig  vor,.  z.B.  zu  Mailand« 
Zu  Lodi,  Lucca  und  Siena  dagegen  herrschte  der 
Galculua  Pisanus,  Zu  Venedig  ist  bis  auf  den  Un- 
tergang der  Republik  das  Jahr  in  doi  öflentlichea  Akten 
mit  dem  1.  März  angefangen  worden. 

Dies  war,  wie  wir  gesehen  haben  (2,327),  auch 
der  älteste  Gebrauch  der  Franken.  Unter  den  Caro- 
lingern  ward  dafür  der  Jahranfang  mit  der  Geburt 
Christi  der  herrschende.  So  setzen  die  Annales  Fran^ 
corum  Mettenses  bei  Bouquet  *)  die  Krönung  Karl's 
des  Grofsen  auf  den  Dies  natatis  domini  anni  DCCCI^ 
da  sie  doch,  nach  jetziger  Art  zu  rechnen,  am  Weih- 
nachtsfeste des  Jahrs  800  vor  sich  gegangen  ist.  Wenn 
dagegen  eben  diese  aus  sehr  verschiedenen  Quellen  ge-* 


*)  Historiens  des  Gaules  et  de  la  France  Tom.Y,  p.  350. 


336  Technische  Chronologie. 

schöpften  Annalen  den  Kttiser  813  sterben  lassen^),  so 
fangen  sie  nach  spaterer  französischen  Weise  das  Jabr 
mit  dem  Osterfeste  an.  In  der  Grabschrift  bei 
Eginhard')  ist  das  Jahr  nach  damaligem  Gebrauch 
richtig  gerechnet;  <lenn  sie  kutet:  Sub  hoc  conditorio 
situmest  corpus  CaroU,  magni  atque  orihoeloxi  Impe- 
ratoris,  qui  regnum  Francorum  nobiliter  amptiavit  et 
per  annos  XLVII  feliciter  rexit,  Decessit  septuage- 
narius,  anno  ab  Incamatione  Domini  D  CCCXIF,  in- 
dictione  F'll,  V.  Calend.  Fehruarias.  Eben  dieser  Jahr- 
anfang kommt  noch  lange  nachher  in  Frankreich  yor. 
So  heilst  es  nach  Mabillon  ')  in  den  Actis  Sancd  Ful- 
cranni,  die  im  vierzehnten  Jahrhundert  geschrieben  sind, 
dieser  Heilige  sei  zum  Bischof  ordinirt  worden,  arm 
gmtiae  DCCCCXLIX  pr.  Non.  Februarii,  guae  dies 
döminica  erat,  und  gestorben  anno  gratiae  Christi 
MVI  Idih.  Febr.  quartaferia,  was  alles  entweder  den 
Jahranfang  mit  dem  25.  December  oder  den  heutigen 
voraussetzt.  Von  letzterm  finden  sich  jedoch  in  Fnnk- 
reich  bis  zum  sechzehnten  Jahrhundert  keine  deutliche 
Spuren.  In  den  Statuten  der  Kirchen  von  Gabors 
und  Kodez  vom  Jahr  1289  wird  bemerkt*):  f^ota 
quod  numerus  lunaris  (die  güldene  Zahl)  et  littera  do- 
minicalis  mutantur  annuatim  in  Jesto  CXrcumcisioms; 
anni  vero  Incamadonis  Domini  mutantur  in  terra  ista 


•)   P.358. 

')    P'ita  Caroli  Magni  c.  31. 

')   De  re  dipiom.  ü,  23, 6. 

*)    Thesaurus  novus  Anecdotorum  von  D.  Martene  uod 
D.Durand,  Tom.  IV.  col.  7M. 


Ghristlighb  Yölkea.  337 

in  festo  Annuntiationis  Beatae  Mariae,  et  in  quibus^ 
dam  regionibus  in  festo  Natiintatis  Domini.  Es  ist  von 
Provinzen  die  Rede,  die  damals  unter  der  Herrschaft 
der  Engländer  standen.  In  diesen  fing  man,  wie  aus 
vielen  Urkuuden  erhellet,  das  Jahr  hier  mit  Christi 
Geburt,  dort  mit  dem  zunächst  folgenden  Feste  der 
Verkündigung  an.  In  dem  übrigen  Frankreich  dagegen 
war  es  seit  der  Zeit  der  Cape  tinger  fast  durchge* 
hends  gebräuchlich,  das  Jahr  mit  dem  Osterfest  zu 
eroffnen;  wenigstens  findet  sich  in  den  Urkunden  und 
Annalen  vom  elften  bis  zum  sechzehnten  Jahrhundert 
selten  ein  anderer  Jahranfang  erwähnt,  wobei  der  Zeit- 
raum vom  1 .  Januar  bis  Ostern  noch  zum  alten  Jahr 
gerechnet  wird.  Man  nannte  dies  in  dem  von  den 
Engländern  besetzten  Theil  des  Landes  und  in  den 
Nachbarstaaten  stilo  Franciae  oder  more  GaUico  dati* 
reu«  So  ist  der  zwischen  dem  Kaiser  Friedrich  III 
und  dem  llerzog  Karl  von  Burgund  am  17*  Novem- 
ber 147S  abgeschlossene  Friede  von  letzterem  more 
Güdlico  am  31.  Januar  eben  dieses  Jahrs,  nach  jetziger 
Weise  1476,  ratificirt  worden  ^).  Als  eine  Ausnahme  ist 
es  zu  betrachten,  dafs  in  einigen  Urkunden  des  Kö- 
nigs Robert  und  seines  Nachfolgers  Heinrich  I  der 
Calculus  Pisanus  gebraucht  wird').  In  einer  z.  B. 
heifst  es :  Data  VII*  Calend,  Noi^mbris,  indict.  XII ^ 
anno  XII  regnante  Roberto  Rege  •  •  •  anno  incamati 
^erbi  miUesimo.  Das  zwölfte  Regierungsjahr  des  Kö- 
nigs und  die  zwölfte  Indiction  geben  das  Jahr  999. 
Dieser  groisen  Verschiedenheit  im  Datiren  wurde  end- 


')  HelwigS.66. 

')   VAr{  de  virif.  les  dates^  Tom.  I,  p.  11. 

n.  [22] 


338  Teckniscfie  Chronolo^. 

lieh  durch' ein  Edikt  Karl's  IX  vom  Jahr  1563,  das 
aber  erst  1567  vom  Farlenxent  einregistrirt  zur  Aus- 
.  führung  kam,  ein  Ende  gemacht,  indem  darin  der  An* 
fang  des  Jahrs  auf  den  1.  Januar  gesetzt  wurde  *)•  Das 
Jahr  1566,  das  letzte,  welches  mit  dem  Osterfest  be- 
gann, hatte  in  Frankreich  nur  8  Monat  17  Tage.  Erst 
von  nun  an  findet  man  in  dieser  Beziehung  ein  gleich- 
förmiges Verfahren  in  den  französischen  Annalen  und 
öffentlichen  Akten  beobachtet.  Für  die  frühem  Zellen 
mufs  man  alle  jene  Jahmnfänge  gegenwärtig  haben,  wenn 
man  nicht,  besonders  bei  den  vier  ersten  Monaten  des 
Jahrs,  auf  Widersprüche  ohne  Zahl  stolsen  will.  Die 
benachbarten  Länder  Lothringen,  Franche  Comte 
und  Burg  und  folgten  dem  von  Frankreich  gegebenen 
Beispiel. 

In  den  Niederlanden  fingen  einige  Provinien, 
als  Utrecht,  Geldern  und  Friesland,  das  Jahr 
mit  dem  Weihnachtfeste  an.  Zu  Delft,  Dortrecht 
und  in  Brabant  begann  man  es  mit  dem  Charfrei- 
tage«  in  Holland,  Flandern  und  Hennegau  mit 
dem  Osterfeste.  Im  Jahr  1575  setzte  eine  Verordnung 
Philipp's  U  die  Jahrepoche  auf  den  I.Januar,  worin 
sich  nach  und  nach  alle,  auch  die  von  Spanien  abge- 
fallenen, Provinzen  vereinigten  ')• 

In  Arragonien  gab  der  König  Peter  im  Jahr  1350 
den  Befehl,  das  Jahr  mit  Weihnachten  anzufangen,  da 
man  es  zuvor  mit  dem  25.  März  begonnen  hatte.    Das- 


')  M abillon  11, 23,  7.  L'JH  de  vär.  les  dates,  Tom.  I,  p.  15. 

*)  S.  Oliyari  V redii  Sigilla  Comiium  Flandriae  ei  Jfuen'p^ 
tiones  diplomatum  ab  iis  editorum  (Brugis  l£39|  fol.)  p.  228. 
VAH  de  vär.  les  dates  Tom.  I,  p.  26. 


Ghristlichb  Yölkbr.  339 

selbe  verordneten  die  spanischen  Cortes  1383  und 
der  König  Johann  I  von  Portugal  1420  ^).  Dieser  Ge- 
brauch fand  noch  1526  in  Spanien  Statt;  denn  in  dem 
Traktat  zwischen  Karl  Y  und  Franz  I,  .welcher  der 
Gefimgenschaft  des  letztem  ein  Ende  machte,  heilst  es: 
Ainsy  faicti  traictk  et  conclu  en  la  viUe  de  Madiid, 
au  diocese  de  Toledo,  le  dimanclw,  quatorzieme  jour 
du  mois  de  Jam^ier  1526,  pns  ä  la  Nativiii  de  No-- 
stre  Seigneur  sehn  le  style  d^Espagne  ')«  Fast  gleich- 
zeitig wie  in  Frankreich  ward  es  in  Spanien  und  Por- 
tugal gebräuchlich ,  das  Jahr  mit  dem  1  •  Januar  anzu- 
fangen, ohne  dals  jedoch  dariiber  ein  ausdrückliches 
Gesetz  vorhanden  ist. 

Beda  bezeugt^),  daüs  die  Angeln  das  Jahr  mit 
dem  YIU.  Calend.  lanjuarii  oder  dem  Weihnachtfeste 
begannen.  Nachmals  sind  drei  Jahranfänge  auf  den 
brittischen  Inseln  unterschieden  worden,  der  histo- 
rische, gesetzliche  oder  bürgerliche  und  der 
liturgische.  Der  erste  hat  seit  langer  Zeit  auf  dem 
1 .  Januar,  der  zweite  bis  zum  dreizehnten  Jahrhundert 
auf  dem  25.  December  und  späterhin  auf  dem  25.  März  ^), 


*}  S.  die  Vorrede  Ton  Don  Gregorio  May  ans  i  Siscar  zu 
den  Obras  chronologicas  des  Marques  de  Mondejar  S.^3 
und  24. 

*)   VJrl  de  virif.  des  dates,  Tom.  I.  p.  2S. 

^}   De  temp,  ratione  c.  13. 

*)Wenn  einige  Chronikensdireiber  die  Krönung  Wilhelm*s 
des  Eroberers,  die  am  Weihnachttage  Tollzogen  wurde,  in 
1067,  andere  in  1066  setzen,  so  haben  die  erstem  das  Jahi*  1067 
mit  eben  diesem  Tage,  die  letztem  aber  erst  mit  dem  folgenden 
25.  März  angefangen. 

[23'1 


340  Technische  Chwnologie. 

und  der  dritte  auf  dem  1.  Advenlsonntage  gehaftet^]. 
Erst  1752,  zugleich  mit  der  Einführung  des  neuen  Ka- 
lenders, ist  die  bürgerliche  Jabrepocbe  auf  den  I.Ja- 
nuar gesetzt  worden  (2,  324). 

In  Deutschland  kommt  der  Jahranfang  mit  dem 
2S.  December  seit  dem  elften  Jahrhundert  vor.  Wlppo 
sagt  in  seinem  Leben  Konrad's  des  Saliers^): 
Inchoante  anno  Nativitalis  Christi  MX XV  11  Rex  Chuon- 
radus  in  Jpo  regia  civitate  natalcm  Domini  celebrm'U, 
Doch  war  diese  Epoche  nicht  überall  üblich.  Zu  Köln 
fing  man  von  Alters  her  das  Jahr  mit  dem  Osterfeste 
an.  Erst  die  1310  daselbst  gehaltene  Kircbenversamm- 
lung  veroixlnete,  ut  ex  nunc  de  caetera  annus  Domini 
obsen^tur  et  in  Natiuitate  Christi  innos^etur  a  quolibet 
anno,  proiU  sacwsancta  Romana  Ecclesia  id  ohservat^)] 
jedoch  behielt  man  im  bürgerlichen  Verkehr  den  alun 
Jahran&ng  noch  immer^  bei  und  nannte  dies  den  süks 
curiae,  im  Gegensatz  des  stibis  ecclesiasticus.  Die  Uni- 
versität fing  das  Jahr  mit  dem  25.  Mäi*z  an.  Eben  dies 
geschah  zu  Trier.  In  den  Urkunden  heilst  dies  more 
l'resfijrensi  oder  Treverico  datiren.  Die  Gesta  fmd- 
rorum  ^)  lehi*en,  dals  dieser  Jahranlang  schon  1307  g^ 


*)  In  dem  Annual  Register  für  1759  steht  eine  Dissertation 
of  the  antient  manner  qf  dating  of  the  beginning  ofihejtar^ 
die  eine  gute  Uebei*sicht  über  die  in  England  und  ScholtiiDd 
bis  1752  gebräuchlichen  Jahranfänge  gibt. 

*)   Pistorii  Retmm  Germanicarum  scriptores  fT/p. 433. 

*)   Mansi  Collect.  ConciL  Tom.  XXV,  p.  243. 

^)  c.  123.  S.  den  zweiten  Band  Yon  Hon t h eim*s  PnH/romui 
Hist,  Trevir,  tliplomatica. 


Christliche  Völker.  341 

br änchlich  war.  B  y  m  e  r  ^ )  gibt  eine  Akte  E  d  u  a  r d '  s  Tll 
von  England  vom  Jahr  1338  (1339)  mit  der  Unterschrift : 
Secundum  stibun  et  consuetudinem  Ecclesiae  AngUcanae 
et  prcmnciae  Trßverensis  die  penukima  mensis  Fehruariu 
Zu  Brower's  Zeit,  im  Anfange  des  siebzehnten  Jahr- 
hunderts, fing  man  das  Jahr  daselbst  schon  mit  dem 
1  •  Januar  an ;  doch  behielten  die  Notare  noch  immer 
die  alte  Jahrepoche  bei  ')•  Erst  seit  dem  westphäli- 
sehen  Frieden  verschwinden  alle  Spuren  eines  Jahran- 
fangs mit  dem  2ä.  März.  Man  bediente  sich  nun  der 
Formel  stilo  communis  um  die  Epoche  des  I.Januar 
zu  bezeichnen.  Zu  Lüttich  begann  man  von  Alters 
her  das  Jahr  mit  dem  Osterabend  nach  der  Kerzweihe, 
wie  Johann  Hocsem  in  seinen  Gestis  Pontificwn  Leo-- 
diensium  berichtet.  Seine  Worte  sind']:  Attendendwn 
est,  quod  a  tempore ,  cvdus  memoria  non  existit,  an- 
norum  Natix^itatis  Domini  cumuiatioy  sive  cuiusUhet  anni 
succrescentis  initium  in  eereo  consecrato  paschali  /uic- 
tenus  appensa  depingi  tabula  consuei^it,  et  ab  illa  hora 
annus  dominicus  inclioabat.  Im  Jahr  1333,  sagt  er 
weiter,  wurde  der  Anfang  des  Jahrs  auf  Weihnachten 
verlegt.  Eben  diese  Epoche  war  zu  Mainz  im  Ge- 
brauch .  und  hieraus  wurde  allmähllg  seit  dem  fünf- 
zehnten Jahrhundert  der  I.Januar.  Wie  die  deut- 
schen Kaiser  die  Jahre  Christi  und  ihrer  Regierung 


*)   Acta  publica  inter  Reges  Angliae  et  atios  quosvis  Int" 
peratores  etc.  Tom.  11,  part.  IV.  p.  43. 

')  Aniiquitates  et  Annales  Trevirenses  1.  XYIII.   Tom.  II, 
p.  258. 

')   c.  1.    S.  Chapeauville^s  Sammlung  der  Gesta  Pontificum 
Tungrensium,  Trajectensium  et  Leodiensium. 


342  Technische  Chronologie. 

in  ihren  Urkunden  gezählt  haben,  lehrt  Helwig  in 
seiner  Zeitrechnung  ^).  Die  erstem  scheinen  sie  bis 
zur  letzten  Hälfte  des  sechzehnten  Jahrhunderts  ohne 
Ausnahme  mit  dem  25.  December  angefangen  zu  haben. 
In  VA»t  de  verifier  les  dates  wird  behauptet'),  dafs 
es  Maximilian  gewesen  sei,  der  die  Epoche  des  er- 
sten Januars  in  die  kaiseriiche  Kanzlei  eingeführt  habe; 
allein  Helwig  zeigt,  dafs  sowohl  dieser  Kaiser,  als 
Karl  y  und  Ferdinand  I  noch  beim  25.  December 
geblieben  sind.  So  ist  Maximilian's  Testament  vom 
30.  December  1519  datirt  und  am  6.  Januar  desselben 
Jahrs  vollzogen. 

Der  Calculus  Pisanus  ist  in  Deutschland,  so 
wie  in  Portugal,  Spanien  und  auf  den  brittischen  In- 
seln, nicht  gebraucht  worden.  In  Italien,  wo  er  mei- 
stens nur  vorkommt,  finden  sich  sogar  Spuren,  dafs 
man  ein  ganzes  Jahr  mehr  als  gewöhnlich  gerechnet 
hat,  wozu  eben  dieser  Calculus  Anlafs  gegeben  haben 
mufs,  bei  dem  man  schon  drei  Vierteljahre  mehr  zählt 
Man  hat  nämlich  zwei  Bullen  von  Pascal  II,  der  am 
14.  August  1099  die  päpstliche  Weihe  erhielt.  Die  erste 
ist  vom  14.  Februar,  die  andere  vom  21.  Mäi-z  1103 
datirt,  und  beide  sind  mit  der  Indictio  X  und  dem 
dritten  Regierungsjahr  bezeichnet^).  Diese  Merkmale 
passen  auf  das  Jahr  1102,  und  da  die  BuUen  vor  dem 
25.  März  ausgefertigt  sind,  so  bleibt  nichts  übrig,  als 
entweder  einen  Irrthum  des  expedirenden  Kanzlers  oder 
jene  ungewöhnliche  Zählungsweise  anzunehmen. 


*)  S.68  und  l43. 

')  Tom.  I,  p.  16. 

')   Mabillonn,  25, 9.    Du  Gange  y.  annus  col.  464. 


Gheistliche  Völker.  343 

So  verschieden  aber  ancli  die  im  Mittelalter  bei 
öffentlichen  Yerhandhingen  gebraacblichen  Jahrepochen 
sein  mochten,  so  hat  man  doch  im  bürgerlichen  Ver- 
kehr nie  aufgehölt,  den  I.Januar  als  den  Jahranfang 
zu  betrachten.  Die  güldenen  Zahlen  und  die  Sonntags- 
buchstaben, von  denen  die  Bestimmung  des  Osterfestes 
abhängt,  haben  immer  mit  dem  1.  Januar  gewech- 
aelt  (2, 336).  Die  Tafeln  und  Rechnungen  der  Astrono- 
men und  Astrologen  waren  auf  das  gewöhnliche  julia- 
nische Jahr  gestellt.  Die  Martyrologien  und  Kalen- 
der, so  viel  ich  deren  zu  vergleichen  Gelegenheit  ge- 
habt halbe  —  einige  darunter  gehen  tief  ins  Mittelalter 
zurück^)  —  fangen  mit  dem  1.  Januar  an.  Stets  blieb 
dieser  Tag  ein  Volksfest,  an  welchem  man  nach  altrö- 
miscfaer  Sitte  Geschenke  und  Glückwünsche  austauschte. 
Es  war  also  sehr  natürlich,  dafs  die  Regierungen  end- 
lich allgemein  zu  dieser  Epoche  zurückkehrten,  so  grofse 
Yorurtheile  auch  die  frommen  Gemüther  gegen  dieselbe 
hegen  mochten. 

Nun  wollen  wir  die  von  den  christlichen  Völkern 
gebrauchten  Jahrrechnungen  durchgehen. 

In  den  ersten  Jahrhunderten  nach  Christus  ge- 
brach es  dem  Occident  gänzlich  an  einer  fortlaufenden 
Aere.  Man  bezeichnete  die  Jahre  entweder  nach  dem 
Regierungsantritt  der  Kaiser,  oder  noch  gewöhnlicher 
nach  den  Consuln.  So  finden  wir  die  im  westlichen 
Europa  gehaltenen  Goncilien  in  der  Regel  nach  den 
Consuln  datirt ,  z.  B.  das  erste  von  Toledo  nach  dem 
Consulate  des  Stilico  (400  n.Chr.).    Ein  ausdrückliches 


')   Z.B.  ein  Calendarium  vom  Jahr  826  in  d'Achery  Spici" 
legium  Tom.  II,  p.  64. 


♦  . 


i 


344  Technische  Chronologie. 

unter  den  Con^uln  lulianus  und  Probianus  (322  n.  Chr.) 
'  gegebenes  Gesetz  Constantin's  bestimmt^  da£i  keine 
G)nstitution  rechtskräftig  sein  solle ,  wenn  nicht  Tag 
und  0>nsuln  darin  benannt  seien  ^).  Noch  537«  kurx 
vor  Erlöschung  des  0)nsulats,  bestätigte  lustinian 
diese  Verordnung  dahin,  dafs  in  allen  Instrumenten 
zuerst  das  Regierungsjahr  des  Kaisers,  dann  die  Namen 
der  Consuln  und  zuletzt  Indiction^  Monat  und  Tag 
bemerkt  werden  soUten  ')• 

Nach  Verlegung  des  Kaisersitzes  in  den  Orient  wurde 
in  der  Begel  (man  weifs  nicht  genau,  von  welchem  Jahr 
an)  ein  Consulzu  Ck)nstantinopel  und  einer  zu  Rom 
gewählt  und  nach  beiden,  wie  früher,  das  Jahr  bezeich- 
net. Zuweilen  liefs  man  aber  den  Namen  des  einen 
in  den  Fastis  weg,  z.B.  im  Jahr  413  den  des  Hera- 
cllanus,  des  Cx>nsuls  im  Oocident,  weil  er  rebellirt 
hatte  ^].  Oefters  wurde  auch  nur  in  der  einen  Hälfte 
des  Reichs  ein  Consul  ernannt,  z.B.  411  im  Orient. 
Kannte  man  den  Namen  des  einen  Cx>nsuls  noch  nicht, 
so  nannte  man  blofs  den  des  andern  mit  dem  Beisatz: 
et  qui  nuntiatus  fuerit*).  Oefters  findet  sich  ein  Jahr 
mit  post  consulatum,  iutoL  Ti]y  v^rarctay,  der  vorherge- 
henden Ck)nsuln  bezeichnet,  wenn  es  auch  seine  eige* 
nen  hatte,  z.  B.  das  Jahr  429  eben  so  durch  post  con^ 
sulatum  Felicis  et  Tauri,  wie  durch  Florentio  et  Dio^ 
nysio  Coss*^).    Wurde,  welcher  Fall  auch  vorkam,  gar 


')    Cod.  Theodos.  1. 1.  tit.  I.  const.  1. 
»)  Novella  XLVH. 

')    Cod.  Theodos.  1.  XY.  tit.  XIV,  const.  13. 
*)  Ib.  l.VI.  tit.  XXVII.  const.  23. 1.  X.  tit.  X.  oonst.  34. 
')  Man  Tergleiche  Pagi^s  Criiica  in  Annales  Baronii  and  be- 
sonders Petri  Relandi  zum  Gebrauch  sehr  bequeme  i'Vuli  Coit- 


Christliche  Völkbr.  345 

kein  Consul  gewählt,  so  war  man  auf  das  post  consu-^ 
latum  beschränkt.  So  finden  wir  die  Jahre  536  und 
537,  in  denen  es  keine  Consuln  gab,  durch  P.  C  Be- 
lisarii  anno  I  und  //  angedeutet.  Im  Jahr  434  wird 
Theodorus  Paulinus  als  der  letzte  0>nsul  des  Occi- 
dents  genannt.  Der  letzte  Consul  im  Orient  und  über- 
haupt der  letzte  Privatmann,  der  dem  Jahr  seinen  Na- 
men lieh,  war  Flayius  Basilius  lunior  im  Jahr  541. 
Nachher  zählte  man  noch  25  Jahre,  bis  566  einschliefin 
lieh,  post  consulatum  Basilii  fort,  woraus  erhellet,  dals 
man  das  G)nsulat  nicht  als  abgeschafft,  sondern  nur 
als  unbesetzt  ansah  ^). 

lustin  der  Jüngere,  der  Nachfolger  lusti- 
nian's,  stellte  das  Consulat  in  einer  eigenthümlichen 
Form  noch  einmahl  wieder  her.  Schon  lange  vor  ihm 
hatten  die  Kaiser  dasselbe  als  eine  Veranlassung  be- 
trachtet,  sich  durch  Spiele  und  Spenden  beim  Volke 


sulares  (2,  l46),  wo  man  angegeben  findet,  wie  jedes  einzelne 
Jahr  sowohl  in  den  Rechtsquellen  als  Geschieh ts werken  bezeich- 
net vorkommt. 

*)  "Wie  Pagi  zeigt  (Dissert.  Hjrpatica  p.  319),  wurden  die 
Postconsulatjahre  entweder  so  genommen,  dafs  man  das  erate 
Jahr  nach  Basilius  durch  anno  P.  C,  Basilii,  das  zweite  durch 
anno  jP.  C.  Basilii  secundo,  oder  das  erste  durch  anno  secundo 
P,  C,  Basilii,  das  zweite  durch  anno  iertio  u.  s.  w.  bezeichnete. 
Letztere  Zählungsweise  kommt  unter  andeiii  in  einer  zu  Arles 
gefundenen  Grabschi*ift  beim  Baron ius  {Annales  ad  ann.  587) 
Tor,  die  defshalb  merkwürdig  ist,  weil  sich  sonst  nirgends  eine 
so  grofse  Zahl  Ton  Jahren  P.  G.  Basilii  ei-wähnt  findet.  Sie  lautet 
also:  Obiit  bonae  memoriae  Caesaria  medium  noctis  die  Do^ 
minico  inlucescente  Vh  Id*  Decembris  quadragies  et  VJ.  P.  C. 
Basilii  lunioris  V,  C.  anno  XU  Begni  Domini  Childeberti  Re^ 
gis,  Indictione  quinia.  Der  Ferie  und  Indiction  nach  gehört 
Monument  ins  Jahr  586. 


346  Technische  Chronologe. 

beliebt  zu  machen.  In  dieser  Absicht  nahmen  es  Ana- 
stasius,  lustin  und  lustinian  gleich  mit  den  er- 
sten Calendis  lanuariis  an,  die  sie  als  Kaiser  erlebten. 
Der  jüngere  lustin  nun  wollte  zwar  die  Privat -Con- 
suln  nicht  wiederherstellen,  aber  doch  die  Gelegenheit, 
seinen  Regierungsantritt  durch  Feste  zu  verherrlichen, 
^icht  unbenutzt  lassen.  Er  legte  sich  daher  am  I.Ja- 
nuar 567 9  in  seinem  zweiten  Begierungsjahr  (sein  Vor- 
gänger war  am  14.  November  565  gestorben),  den  Con- 
suUitel  bei,  und  liefs  nun  in  den  ÖfTentlichen  Akten 
die  Jahre  eben  so  von  seinem  Consulat,  wie  von  sei- 
nem Regierungsantritte  zählen.  So  findet  sich  das 
Jahr  567  mit  anno  secundo  lustino  Augusto  primum 
solo  Consule,  das  Jahr  568  mit  emno  terlio,  P*  C.  Iw- 
stini  primo  u.  s.  w.  bezeichnet^).  Auf  gleiche  Weise 
fuhren  seine  Nachfolger  fort;  wie  lange,  wird  sich 
schwerlich  genau  ausmitteln  lassen,  da  der  öffentlichen 
Akten  aus  spätem  Zeiten  nur  wenige  vorhanden  sind. 
Zum  letztenmahl  finde  ich  das  post  consulatum  in 
dem  Schreiben,  wodurch  der  Kaiser  lustinian  II  im 
Jahr  68  7  f  im  zweiten  seiner  Regierung  und  nach  sei- 
nem Consulat,  die  Akten  des  seit  680  zu  Gonstantinopel 
gehaltenen  Concilii  bestätigt').  Leo  Sapiens,  der 
886  den  Thron  bestieg,  hob  endlich  die  obgedachte 
Verordnung  lustinian's  förmlich  auf ^). 

Als  Karl  der  Grofse  zum  Kaiser  des  Occidents 
gekrönt  war,  nahm  er,  um  den  Imperatoren  des  Orients 
in  keiner  Beziehung  nachzustehen,  den  0>nsultitel  gleich- 


')  S.  Pagi  l.c.p.329ff. 

')  Mansi  Collect,  ConciL  Tom.  XI,  col.  738. 

')   Pagi  p.362. 


GnRISTLIGHB   YÖLKBR.  347 

falls  an.  Das  Edikt,  wodurch  er  die  von  ihm  verbes- 
serten Gesetze  der  Longobarden  sanctionirt,  ist  folgen«- 
detmaisen  datirt:  jinno  ab  Incamatione  Doimni  nostri 
Jesu  Christi  DCCCI,  indicU  IX,  anno  regni  nostri  in 
Francia  XXXIII ,  in  Italia  XVIII y  consulatus  autem 
nostri primo  '}.  Mehrere  seiner  Nachfolger,  als  Ludwig 
der  Fromme,  Ludwig  II  und  Karl  der  Kahle, 
folgten  seinem  Beispiel,  wovon  man  die  Belege  bei 
Du  Cange')  und  Pagi'}  nachsehen  kann. 

Als  um  die  Mitte  des  vierten  Jahrhunderts  n.  Chr. 
die  Consularäre  schwankend  zu  werden  anfing,  kamen 
die  Indictionen  in  Gebmuch.  So  heifsen  die  einzel* 
neu,  mit  dem  I.September  beginnenden,  Jahre  eines 
fünfzehnjährigen  Zeitkreises,  die  man  in  stets  wieder- 
kehrender Oixlnung  fortzählte,  indem  man,  ohne  Rück- 
sicht auf  die  Anzahl  der  seit  ii^end  einer  Epoche  ab- 
gelaufenen Cykel,  ganz  einfach  angab,  dafs  etwas  in 
der  oder  der  Indiction  geschehen  sei.  Diese  im  ganzen 
Mittelalter  sehr  gewöhnliche  Bezeichnungsweise  der  Jahre 
ist  aus  der  spätem  Steuerverfassung  des  römischen  Reichs 
hervorgegangen,  wie  man  schon  früherhin  vermuthet, 
aber  ei*st  neuerdings  Hr.  von  Savigny  in  seiner  Ab- 
handlung: Ueber  die  Steuerverfassung  unter 
den  Kaisern^)  befriedigend  nachgewiesen  hat. 


*)  Sigonius  de  regno  Italiae  1.  lY.  ad  ann.  801. 

')    Glossarium  y.  ConsuL 

^)  l.c.p.364ff. 

*)  S.  die  Schriften  der  Berliner  Akademie  aus  den 
Jahren  1822  und  23.  Historisch  •  philologischer  Theil  von 
S.  57  an. 


348  Technische  Chronologie. 

Als  Basb  der  zu  erhebenden  Grundsteuer  diente  ein 
Kataster,  welches  von  Zeit  zu  Zeit  erneuert  wurde.  Für 
jedes  Steuerjahr,  das  mit  dem  I.September  anfing,  wurde 
die  Grundsteuer  im  Ganzen  bestimmt,  und  dann  durch 
die  aus  dem  Kataster  bekannte  Zahl  der  Steuerhufen 
dividirt,  wodurch  sich  unmittelbar  ergab,  wie  viel 
jede  Steuerhufe  ^)  für  dieses  Jahr  an  Giiindsteuer  zu 
zahlen  habe.  Die  Zahlung  erfolgte  in  drei  gleichen 
Terminen  am  I.Januar,  I.Mai  und  gegen  Ende  des 
Steuerjahrs  '). 

Diese  Steuereinrichtung  findet  sich  zwar  nirgends 
vollständig  und  im  Zusammenhange  beschrieben;  allein 
die  beiden  Hauptbestandtheile  derselben,  der  in  jedem 
Jahr  neu  bestimmte  Steuersatz  (l^riv^/xijo-ig,  delegatio,  in-- 
dictio)^  und  die  gleichen  Steuerportionen,  die  von  jeder 
Hufe  entrichtet  wurden,  lassen  sich  durch  unwider- 
sprechliche  Zeugnisse  darthun,  weishalb  ich  auf  die  er- 
wähnte gehaltvolle  Abhandlung  verweise. 

Dafs  der  Cyclus  der  Indictionen  ursprünglich 
eine  Steuerperiode  war,  lehrt  theils  die  Identität  des 
Anfanges  des  Steuerjahrs  und  der  Indictionen,  wie  sie 
in  der  Chronologie  gewöhnlich  gerechnet  werden,  theils 
und  noch  mehr  der  Name  Indictio,  welcher  vom  Steuer- 
satz auf  das  Steuerjahr  selbst  übergegangen  ist^).    Dieser 


'}  Caput,  Hieraus  ist  spät  im  Mittelalter  Capitastnim  als 
Name  des  Grundbuchs,  und  durch  Gomiption  Catastrum 
entstanden. 

')  Triperiiio  autem  omniafiscalia  inferantur  . . .  videlicet 
CaL  lanuariii,  et  Cal,  Malis,  et  ad  finem  indictionis  in  tres 
aequas  partes  divisa.     Cod.  last.  X,  16, 13. 

')  Indictio  heifst  im  Allgemeinen  quidquid  in  praestaiionem 
indicitur,  wird  jedoch  nur  yon  der  Grundsteuer  gebraudit.  /n- 


Ghristlighb  Völker.  349 

ZusammenliaDg  der  chronologischen  Indictionen  mit  dem 
Steuerwesen  liegt  so  nahe,  dafs  er  auch  im  Mittelalter 
nie  ganz  in  Vergessenheit  gerathen  ist*  Dahin  deutet 
schon  der  alldeutsche  Ausdiiick  Römer-Zinszahl, 
unter  welchem  die  Indiction  in  den  deutscheu  Volks- 
kalendern his  auf  die  neusten  Zeiten  angesetzt  worden 
ist,  weil  das  Reichskammergericht  zu  Wetzlar  bis  zu 
seiner  Auflösung  nach  Römer- Zinszahlen  datirt  hat  ^). 

Fragt  man  nun  weiter,  sagt  Hr.  von  Savigny, 
welche  Einrichtung  im  Steuerwesen  darauf  führen 
konnte,  gerade  eine  fünfzehnjährige  Periode  auszuzeich- 
nen, so  bietet  sich  keine  natürlicher  dar,  als  die  all- 
gemeine Erneuerung  der  Kataster  im  römi- 
schen Reiche.  Diese  Erklärung  hat  so  viel  innere 
Wahrscheinlichkeit,  dafs  eben  um  ihretwillen  die  sonst 
unerweisliche  Thatsache  des  fünfzehnjährigen  Katasters 
angenommen  werden  darf.  Da  dieser  Cyclus  das  Drei- 
£aiche  des  alten  römischen  Lustri  ist,  so  könnte  man 
sich  vorstellen,  dafs  der  Provinzialcensus  mit  dem  Bür- 
geroensus  gleichzeitig,  nur  letzterer  öfter  gehalten  wor- 
den sei.    Allein  vor  August  kann  kaum   eine   etwas 


dictiones  non  personis  sed  rebus  indici  soieni,  Cod,  lust,  X,  16, 3. 
So  beim  Lactantius  in  folgender  Stelle:  . , .  ut  enormitate  in^ 
dictionum  consumtis  viribus  colonorum  deserereniur  agri  et  cul^ 
iurae  verterentur  in  silvam.  De  mort,  persec.  c.  7.  £s  scheint  in 
diesem  Sinne  zuerst  bei  Plinius  dem  Jüngern  vorzukommen. 
Paneg,c,29.  Von  den  St  euer  jähren  wurde  es  erst  dann  ge- 
nommen, als  man  nach  solchen  zu  zählen  anfing. 

*)  Arentinushatin  der  üeberselzung  seiner  Annales  Boiorum 
einige  Urkunden  des  neunten  und  zwölften  Jahrhunderts  deutsch 
mitgetheilt  (wiederhohlt  in  Schilter^s  Glossarium  p.  A27  ß»),  in 
denen  er  die  Angabe  z.B.  der  ersten  Indiction  so  überträgt: 
der  kaiserlichen  stewr  anlegung  im  ersten  Jahr. 


36  0  Technische  Chronologie . 

gleichförmige  Steaerver£&ssung  der  Proyiazen  angenom- 
men werden,  und  schon  unter  ihm  kommt  kein  regel- 
mäfsiger  Bürgeroensus  mehr  vor,  indem  er  während 
seiner  langen  Regierung  überhaupt  nur  dreimahl  den 
Gensus  veranstaltet  hat^). 

Hr.  von  Sayigny  ist  geneigt,  für  den  Anfang 
des  dritten  Jahrhunderts  n.Chr.  eine  zehnjährige 
Erneuerung  der  Katastrirung  anzunehmen,  weil  sich  in 
einem  Fitigment  des  Ulpian  die  Bestimmung  findet, 
dals  nur  diejenigen  Grundstücke  als  Aecker  oder  Wie- 
sen gelten  sollen,  die  als  solche  während  der  letzten 
zehn  Jahre  genutzt  worden  wären  ')•  Er  räumt  jedoch 
die  Möglichkeit  ein,  dafs  der  fünfzehnjährige  Cyclus 
schon  früher  gegolten  liat,  und  da(s  die  zehn  Jahre 
heim  Ulpian  davon  ganz  unabhängig  sind. 

Im  Ghronicon  Paschale  heifst  es  unter  01.183'): 
Hp&rov  Iro^  tt];  i  xa2  dcxamj/si^o^  rm  lydiWiuv  ^)  ino  np^ 
TOD  ETou$  Tfäov  *lovkCov  KotVopo^,  j,das  erste  Jahr  des 
„fünfzehnjährigen  Cyclus  der  Indictionen  hat  mit  dem 
„ersten  Jahr  des  Caius  Julius  Cäsar  seinen  Anfang  ge- 
,,nommen."  Gleich  nachher  folgt  mit  Uncialbuchsta- 
ben:  'Apx^  'lydtxncüvcuv,  Anfang  der  Indictionen. 
Unter  dem  ersten  Jahr  von  Cäsar's  Herrschaft  wird 
hier  das  erste  der  antiochenischen  Aere   (1^  468)   yer- 


*)  Suet.  Aug.  c.  27.'  Monum,  Ancyranum  Tab.  U. 

*)  , . ,  et  id  arvum,  quod  inira  decem  annos  proximos  sa^ 
tum  erit,  quot  iugerum  . . .  pratum,  quod  intra  decem  annos 
proximos  sectum  erit,  quot  iugerum,   />^.  L,  15, 4. 

')   S.  187  der  par.  Ausg. 

*)  Für  hnvkfivfi-ii  oder  U^onuiv  findet  sich  bei  den  Byzantinem 
auch  ig  Ulitnog, 


Ghrijstlichb  Völkbr.  351 

standen.  Van  sieht  also,  dais  der  Verfasser  dieses 
Chronicon,  vermuthlich  ein  Antiochener,  den  Ur* 
sprang  der  Indictionen  auf  das  Jahr  705  d.  St.  oder 
49  v.Chr.  setzt.  Von  hier  ai^  zählt  er  die  Jahre  regel- 
ma(sig  nach  .Indictionen  fort,  bis  OL  273,  wo  er  beim 
dritten  Consniat  des  Constantinus  und  Licinius,  d.i. 
beim  Jahr  1066  d.St«,  313  n.Chr.,  anmerkt^):  Ivduc-. 
Tvmwv  Rmg-amviaym  ivräärty  dpX'^y  ,,hier  nehmen  die 
„oonstantiniscben  Indictionen  ihren. Anfang."  Merk« 
wardig  ist  es,  dafs  auch  die  Jahre  der  antiochenischen 
Aere  mit  dem  l.Gorpiäus  o4er  September  be^innen^ 
und  da(s  sich  beide  Indictionskreise ,  der  antioche* 
nische  und  der  constantinische,  genau  an  einan- 
der schlieCsen,  indem  auf  den  Zeitraum  vom  1.  Septem- 
ber 705  d.St.  bis  zum  I.September  1065,  wo  der 
neue  Kreis  anfängt,  gerade  vierundzwanzig  15jährige 
Cykel  gehen. 

Es  läist  sich  nicht  wohl  annehmen,  dals  die  ganze 
Notiz  von  dem  friihern  Kreise  auf  einem  Irrthum  beruht, 
wenn  wir  gleich  bis  zum  vierten  Jahrhundert  n.  Chr. 
nirgends  weiter  eine  Spur  von  Indictionen  finden.  Hat 
man  wirklich  in  Syrien  schon  seit  dem  Anfange  der 
antiochenischen  Acre  hin  und  wieder  nach  Indictionen 
gezählt,  so  setzt  dies  freilich  die  Existenz  eines  fünf- 
zehnjährigen Steuerkreises  wenigstens  in  den  östlichen 
Gegenden  des  römischen  Reichs  voraus.  Dadurch  Heise 
sich  zugleich  die  sonst  unerklärliche  Verschiebung  der 
Epoche  des  syrischen  Jahrs  vom  1.  Oktober  auf  den 
I.September  (1,454)  rechtfertigen. 

*)  S.281. 


352  Technische  Chronologie, 

Die  älteste  sichere  Erwähnung  cler  Indiction 
als  eines  Zeitmerkmals  findet  sich  in  einem  Edikt  des 
Constantius  vom  Jahr  356  ^).  Es  fragt  sich,  warum 
das  Chronicon  Paschale  die  Indictionsrechnung  ge- 
rade an  den  Cydus  geknüpft  hat,  der  am  1.  September 
312  n.  Chr.  seinen  Anfang  nahm«  Offenbar  weil  sich 
dieselbe,  wenn  sie  anders  schon  wirklich  früher  existirle, 
erst  damals  über  das  gesammte  römische  Reich  su  yer- 
breiten  anfing,  ob  in  Folge  gesetzlicher  Bestinmiungen, 
oder  nur  des  allgemein  gefühlten  Bedürfnisses  einer 
festen  Bezeichnungsweise  der  Jahre,  sieht  dahin.  Die 
Zeitumstände  waren  übrigens  bedeutungsvoll  genug,  um 
zu  einer  solchen  Neuerung  Anlals  geben  zu  können. 
Gonstantin,  der  in  den  westlichen  Provinzen  des 
Reichs  schon  seit  306  regiert  hatte,  gelangte  gegen  Ende 
Oktobers  312  ')  durch  Besiegung  seines  Gegners  Ma- 
xen tius  zum  Besitz  Italiens  und  gewissermafiien  zur 
Alleinherrschaft,  und  gab  von  nun  an  eine  entschiedene 
Vorliebe  für  das  Ghristenthum  zu  erkennen.    Dals  man 


^)  Oder  357;  denn  da  der  Februar  des  Jahrs  356  nicht  zur 
15ten  Indiction  pafst,  so  mufs  entweder  Indict,  XIV  oder  Consta»- 
tio  Villi  et  lul.  II  Coss.  gelesen  weixlen.  Cod,  Theod,  XII,  12,  2. 
In  einem  Fragment  des  Athanasius  de  Sjrnodis  wird  schon 
bei  Erwähnung  des  antiochenischen  Goncilü  Tom  Jahr  34l  die 
vierzehnte  Indiction  genannt  {Opp,  Tom.  L  Part.  2.  p.  737);  allein 
der  KircheuTater  hat  dieses  Werk  erst  in  den  letztern  Jahren 
seines  Lebens  geschrieben,  wo  die  Indictionen  bereits  sehr  ge- 
bräuchlich sein  mufsten. 

')  Das  Datum  der  Schlacht  am  Pona  Milvius  ist  nicht  genau 
bekannt.  Imminebat  dies,  sagt  Lactantius  bei  der  Beschrei- 
bung derselben,  quo  Maxeniius  imperium  receperai,  qui  est 
ad  sextum  Calendas  Novembris,    De  mort,  persec,  c.  44. 


Christliche  Völker.  353 

bei  der  Rechnung  nach  Steuerjahren  dxfa  herkömmlichen 
An&ng  derselben  ungeändert  lieb,  darf  uns  um  ao  vre-' 
niger  befremden,  da  auch  andere  Jahrreehnungen  der 
alten  Welt ,  z.  B«  die  philippische,  antiochenische  und 
diodetianische  Aere,  nicht  das  Datum  der  Begebenhei- 
ten, die  ihnen  zum  Grunde  liegen,  sondern  den  zu- 
nächst Torhei^henden  Jahranfang  zur  Epoche  haben. 

Was  Scaliger  ')  über  den  Zusammenhang  der 
Indictionen  mit  den  Quinquennalien  und  Decen- 
nalien  der  rSmischen  Kaiser')  sagt,  ist,  wie  schon* 
Pagi  bemerkt'),  theils  unverbürgt,  theils  unrichtig.    ^ 


*)  Emend.  iemp.  l.YI.  p.  501. 

^)  Dio  Cassius  erzählt  (1.  LIII,  c.  13  und  l6),  August  habe 
im  Jahr  727  d.  St.  die  Herrschaft  über  das  römische  Reich  auf 
zehn  Jahre  übernommen,  und  sie  sei  ihm  nachmals  yon  zehn  zu 
sehn  Jahren  erneuert  worden.  Hiervon  leitet  er  die  Quinquen* 
nalia  und  Decennalia'ab,  welche  die  Imperatoren,  obgleich 
auf  ihre  ganze  Lebenszeit  gewählt,  gleidisam,  als  Emeuerungsfest 
ihrer  Herrschaft  von  fiinf  zu  fünf  Jahren  mit  grofsem  Pomp  zu 
feiern  pflegten.  Bis  auf  Commodus  sagte  man  Decen nalia 
prima,  secunda,  tertia,  nachmals  Decennalia,  Yicenna- 
lia,  Tricen nalia.  Beim  Antritt  der  Regierung  eines  Kaisera 
that  man  Gelübde  für  sein  Wohl  in  quinquennium  oder  decen- 
nium ,  und  nach  Ablauf  dieses  Zeitraums  brachte  man  sie  dar, 
indem  man  sie  auf  ähnliche  Zeiträume  wiederhohlte.  Die  Quin* 
quennalia  bildeten  aber  eben  so  wenig,  wie  die  Lustra,  die 
ihnen  ursprünglich  zum  Grunde  gelegen  haben  mögen,  regel* 
mafsig  begrenzte  Zeitabschnitte;  denn  sie  wurden  öfters  schon 
nach  Ablauf  von  vier  Jahren  gefeiert.  Der  dunkle  Gegenstand  ist 
zuerst  Ton  Pagi  aufgeklart  worden,  DUs.-  hjrpal,  P.  11,  c.  2  u.  3. 
Gans  neueriich  hat  Hr.  Eichstädt  in  einer  akademischen  Schrift 
De  voiü  Xj  XX  et  XXX  Imperaiorum  Romanorum  gehan- 
delt. (Jena  iS2S). 

')   l.c.p.l02ff. 

n.  .        123] 


3Ö4  Teclinisclie  Chronologie. 

Eben  so  wenig  hält  eine  scharfe  Prüfung  ans,  was 
Gothofred  über  einen  vier&chen  Gebranch  der  Indiciio- 
nen  im  Codex  Theodosianus  bemerkt^).  Er  un- 
terscheidet nämlich  eine  Indictio  Italica,  Orien- 
talis und  zwei  afrikanische,  von  denen  die  erste 
312  f  die  zweite  313,  und  die  beiden  letzten  314 
und  315  angefangen  haben  sollen*  Dals  die  Onenlalis 
von  der  Italica  nicht  verschieden  sei  und  beide  mit  dem 
Jahr  312  anfangen,  zeigt  schon  Noris  ').  Gothofred 
ist  dadundi  irre  geleitet  worden,  dais  er  einem  Coosu- 
lat  bald  die  Indiction  der  ersten  acht,  bald  die  der 
letzten  vier  Monate  beigeschrieben  fand ,  was  ganz  in 
der  Ordnung  ist;  denn  man  sieht,  dals  dabei  alles  auf 
das  jedesmahlige  Datum  ankommt^).  Was  die  beiden 
afrikanischen  Indictionen  betrifll,  so  hat  mir  Herr 
Biener  erlaubt,  darüber  aus  einem  handschriftlichen 
Aufsatze  von  ihm  folgendes  mitzutheilen :  9,Fnr  Africa 
,,proconsulari5  nimmt  Gothofred  eine  Indiction 
,,an,  welche  314  anfangen  soll.  Er  gi*ündet  sie  auf 
„1.  8.  C.  Th.  de  indulg.  XI,  28,  und  findet  hier,  dals 
„die  Indictionszahlen  um  zwei  Einheiten  zu  klein  sind. 


*}   In  seinem  Laterculus  indiciionum  XXIV,  quarum  meniio 
ßi  diserte  in  Codice  Theodosiano,     C/ironologia  Cod,  Tkead. 
Tom.  I.  p.  GCY  der  Ausg.  Lipsiae  1736,  fol.     Das  Nähere  an 
mehreren  Stellen  seines  Commentars. 

*)  Annus  ei  Epochae  Sjrromacedonum  1.  IV.  c.  4.  p.  406  ff. 

')  Wenn  das  Chronicön  Paschale  bei  den  Indictionen  inuner 
ein  Jahr  zu  wenig  zu  zählen  scheint,  so  mufs  faSemerkt  werden, 
dafs  es  einem  jeden  Consulat  nicht  die  Indiction  beisdireibi, 
welche  in  demselben  anlangt,  sondern  die,  wdche-ihm  seineiii 
gröfsem  Theil  nach  angehört  und  auf  welches  die  drei  Zahlungs- 
fristen der  Steuerpflichtigen  fallen  (2,348). 


Christliche  Völker.  355 

,, Erklären  wir  aber  die  Stelle  so,  cUfs  die  Indictions- 

ffbeseichaung  von  den  ersten  acht  Monaten  des  Jahrs 

,, entnommen  ist,   so  sind  die  Zahlen  nur  um  eins  zu 

,, klein,  und  ich  glaube  demnach,  eine  eigene  afrika- 

,,nische  Indiction  annehmen  zu  müssen,   welche  313 

,, anfing.  Diese  Stelle  bt  schon  Scaliger  und  Petavius 

,t beschwerlich  gewesen,  und  sie  haben,  wie  Gothofred 

,, bemerkt,  emendirt.     Ich  kann  diesen  Emendationen 

„nicht  beipflichten,   weil  mehrere  andere  Gründe  für 

,,die  Annahme  einer  besondem  afrikanischen  Indiction 

,,  sprechen.     Einmahl  bt  G)nstanlin  erst  313  in  den 

,, Besitz  von  Afrika  gekommen,   wie  Gothofred  bei 

,,1.  6.  de  indulg»  erwiesen  hat;  auch  mag  er  wol  das 

,, Steuerwesen  daselbst  wenig  rq[ullrt  gefunden  haben, 

,,so  dals  eine  neue  Einrichtung  nöthig  war.     Dann  bt 

,,hier  sehr  entscheidend  die  NoifeUa  posttheodosiana  36 

,,(nach  der  Zählung  im  lus  cwüe  anteiustinianeurn, 

,,  Berlin  1815,  Tom.  IL  p.  1281)  von  Yalentinian  aus 

9,  dem  Jahr  438.     Hier  werden  alle   Steuerreste   für 

,,  Italien  bis  zur  vierten,  für  Afrika  bis  zur  dritten  In- 

j^diction  erlassen,  was  höchst  wahrscheinlich  sich  auf 

,, dasselbe  Steuerjahr  bezieht.    Gothofred  kannte  diese 

,, Novelle  nicht;    sie  ist   erst    1766   aus  einer  ottobo- 

,,nischen  Handschrift  edirt.    Für  die  Dioecesis  Afri- 

,,cae  nimmt  Gothofred  eine  Indiction  an,    welche 

,,315  anfangt.    Seine  Beweisstelle  bt  1.  3  ^fe  equor*  coU 

j,lat.  XI,  17  vom  März  401.     Hierin  wird  die  zwölfte 

,,  Indiction  als  praesens  angegeben.     Er  berücksichtigt 

,, nicht,    dafs  die  Stelle  aus   den  ersten  Monaten  des 

,, Jahrs  herrührt,  und  findet  also  hier  drei  Einheiten 

,,zu  wenig.    In  der  That  aber  fehlen  nur  zwei^  da  im 

,,Härz   401  die  Indiction   14  war.     Noch  eine  zweite 

[23*] 


356  Technische  Chronologie. 

,,eigenthümliche  Indiclion  fiir  Afrika  ansunehmen,  balle 
,,ich  nicht  für  thunlich.  Emendiren  wir  ex  pmecederai 
,, statt  ex  praesenti^  so  haben  wir  nur  eine  Einheit 
,,feu  wenig,  und  auch  diese  Stelle  dient  dann  zum  Be- 
,,  weise  fiir  die  um  eins  geringere  Zahl  der  afrikanischen 
,,Indiction.  Ob  aber  diese  Indiction  in  Africa,  abge« 
,, sehen  von  der  Steuererhebung,  auch  zur  Zeitbestim- 
,,mung  gebraucht  worden  ist,  muüs  bezweifelt  werden, 
„bis  sich  Beweise  dafür  vorfinden. 

Aufser  dem  Codex  Theodosianus  ergibt  sich 
nirgends  eine  Spur  einer  solchen  Yerschiedenheit  der 
Indictionsrechnung ,  es  sei  denn,  dais  man  so  manche 
in  den  Handschriften  verderbte  oder  unrichtig  von  spä- 
terer Hand  hinzugefügte  Zahlen  dahin  deuten  wollte. 
Dionysius  Exiguus  kennt  keine  andere  Indiction,  als 
die  vom  Jahr  312.  Schon  er  gibt  *)  die  in  allen  chro- 
nologischen Büchern  wiederhoblte  Regel,  dafs  man,  um 
die  Indiction  eines  Jahrs  n*Chr.  zu  finden,  zur  Jahr- 
zahl 3  addiren  und  die  Summe  durch  15  dividiren 
müsse,  wo  denn  der  Rest,  oder  im  Fall  kein  Rest 
bleibt ,  1 5  die  Indiction  ist  *) ,  welches  Verfahren  sich 
darauf  gründet,  dafs  unter  andern  drei  Jahre  v.  Chr. 


')  Argumenta  paschalia  (2, 287)  No.  IL 

')  Dies  wird  auch  so  ausgedrückt,  dafs  man  die  Jahnahl  durch 
15  dividiivn,  und  cum  Rest,  oder,  falls  kein  Rest  bleibt,  zu  15, 
drei  addiien  solle.  Es  TCrsteht  sich,  dafs  die  Summe  nie  gröfser 
als  15  sein  darf,  also  nur  der  Uebenchufs  in  Rechnung  zu  brin- 
gen ist,  wenn  sie  15  übersteigt.  Die  21ste  Indiction,  welche 
sich  nach  VArl  de  värißer  les  daies  (Tom.  I.  p.  38)  in  einer 
Urkunde  des  Jahrs  1023  findet,  gibt  nichts  weiter  ab  eine  grobe 
Unwissenheit  des  Goncipienten  su  erkennen,  der,  Ton  einer 
frühem  Indiclion  Torwarts  zahlend,  auf  die  21ste  kam,  ohne  xu 
wissen^  dafs  der  Kreis  mit  15  yon  Tom  anfangt. 


Christliche  Völker.  357 

ein  neaer  Indiction&krexs  angefiuigen  haben  mülste, 
ynenn  die  Rechnung  wirklich  schon  damaUs  im  Gange 
gewesen  und  seitdem  ununterbrochen  fortgeführt  wäre. 
So  ergibt  sich  (ur  das  Jahr  1825  die  Indiclion  13,  die 
jedoch  bereits  mit  dem  1.  September  1824  ihren  An- 
fang genommen«  Verlangt  man  nicht  die  Indiction, 
die  dem  gröfiiten  Theil  des  Jahrs  angehört,  sondern 
die,  welche  in  ihm  b^innt,  so  muis  man  zur  Jahrsahl 
4  addiren. 

Diese  Rq;el  ist  hin  und  wieder  dahin  mifsverstan- 
den  worden,  dals  sich  die  ganxe  Indiclionsrechnong  yon 
einem  drei  Jahre  y.  Chr.  im  römischen  Reiche  yenin* 
stalteten  Census  herschreibe.  So  sagt  Duranti  *)i 
Caesar  AugusUu  edictum  proposuit,  ut  descriheretur 
vniversus  orbis,  id  est,  ut  quiUhet  aestünaret  bona  sua^ 
describens  orbem  sub  tribuio  sibi  smgulis  qumdecim 
annis  reddendo,  quod  quidem  tempus  divisit  per  tria 
iustra  etc.  Nachdem  er  noch  mehieres  Ungehörige  über 
diesen  Census  hinzugefügt  hat,  gibt  er  als  Grund  jener 
Addition  yon  drei  Jahren  an,  quia  tot  ptaecesserant  de 
indictione,  quando  Christus  natus  ßut,  vel  quia  prae^ 
nüssum  edictum  Caesaris  tribus  annis  praeeessit  nativi^ 
totem  Christi.  Vermuthlich  meint  er  die  Schätzung,  yon 
welcher  der  Eyangelist  Lucas  im  Anfange  seines  drit- 
ten Kapitels  spricht.  Dafs  aber  diese  mit  unsem  In- 
dictionen  in  keinem  Zusammenhange,  stehe ,  werden  wir 
unten  sehen. 

Noch  unstatthafter  ist  die  bei  Cedrenns')  und 
andern  spätem,  der  lateinischen  Sprache  unkundigen, 


*)  Speculum  Iuris  1. 1,  part.  2,  p.  dSl  ed.  Franef.  1612,  fol. 
')   Hist.  eompend,  p.  327  ed. 


358  Technische  Chronologie. 

Byzantinern  vorkommende  Notiz,  dals  sich  die  Indictio- 
nen  von  Augnst's  Siege  bei  Actium  datiren,  eine 
Notiz  oder  vielmehr  Yermuthung,  die  sich  gewifs  anf 
nichts  iveiter  gründet,  ab  auf  die  seltsame  Etymologie, 
nach  der  das  Wort  'lyduencov  ans  'Ivaxruvy  entstanden 
sein  soll.  Weitläufig  läist  sich  darüber  der  Verfasser 
eines  der  Zu«[tze  aus,  welche  unter  dem  Titel  Para- 
titla  das  noch  ungedruckt  liegende  Rechtsbuch  des 
Kaisers  Basilius  Macedo  begleiten.  Durch  Herrn 
Biener's  Verwendung  ist  mir  das  dahin  gehörige  Frag- 
ment aus  der  in  der  leipziger  Rathsbibtiothek  befind- 
lichen Handschrift  mitgetheilt  worden,  das  jedoch  nichts 
der  Aufmerksamkeit  des  Chronologen  nur  irgend  wür- 
diges enthfilt. 

Wie  schon  bemerkt  worden,  hat  sich  die  Indictions- 
rechnung  erst  seit  Gonstantin  über  das  rSmische 
Reich  verbreitet,  jedoch  mit  Ausnahme  der  pyrenlfi- 
sehen  Halbinsel,  auf  der  sie  nie  Wurzel  geftist  hat. 
Ihren  Gebrauch  in  jedem  Lande  zu  verfolgen,  möchte 
ein  schwieriges  Unternehmen  sein.  Hinsichtlich  Frank- 
reichs zeigt  Mabillon  ^),  dafs  sie  in  Öfl*entlicfaen  Akten 
nicht  vor  Karl  dem  Grolsen,  aber  von  Goncilien  und 
einzelnen  Schriftstellern  schon  früher  erwShnt  wird. 
Genug,  sie  ist  das  ganze  Mittelalter  hindurch  so  allge- 
mein in  Anwendung  gekommen,  dafs  selten  eine  in 
Italien,  Frankreich  oder  Deutschland  ver&fiite  Urkunde 
gefunden  wird,  in  der  nicht  unter  andern  Zeitcharak- 
teren auch  die  Indiction  genannt  sein  soUte.  Der  ob- 
gedachte  Duranti    sagt'):     Tantae  ßat  auctoniatis 


^)  De  re  diplom,  11,  24  und  26. 
')  A.a.O. 


Ghristlichb  Völker.  369 

indictioy  ut  nuUus  sine  ea  ßeret  contractus,  nee  privi-' 
leg^um,  nee  testamenium,  nee  aUa  scriptum  solennis: 
et  etiam  hodie  (im  dreiKehmen  Jahrhundert)  •  eomibm 
obtinet  de  iure  auctoritaiem. 

Als  die  Stenerver&asuiig,  die  zum  Gehraudi  der 
Indictionen  Anlais  {gegeben  hatte,  unterging,  verior  der 
I.September  überall,  wo  er  nicht  etwa,  wie  im  byzan- 
tinischen Reiche,  zur  allgemeinen  Jahrepoche  gewor- 
den war,  seine  ganze  Bedeutnmkeit.  Wir  därfen  uns 
daher  nicht  wundem,  wenn  wir  im  Ocddent  den 
Anfang  der  Indictionen  allmählig  schwankend  wer- 
den sehen.  • 

Mit  Bezug  auf  das  Datum  des  Anfangs  unterscheidet 
man  gewöhnlich  drei  Indictionen,  eine  griechische, 
kaiserliche  und  päpstliche.  Die  griechische 
oder  konstantinopelische  ist  die  ursprüngliche  und 
eigentliche.  Sie  beginnt  mit  dem  I.September  und  ist 
im  Orient  so  allgemein  verbreitet  gewesen,  dafs  sie  da- 
selbst, namentlich  zu  Ckmstantinopel  und  Antiochien, 
den  Anfeing  des  büigerlichen  Jahrs  nach  sich  gezogen 
hat*  Die  orientalischen  Kaiser  und  alle  die  Schriftstel- 
ler, die  das  Corpus  Byzantinae  historiae  umfafst, 
haben  nie  nach  andern  Indictionen  gerechnet.  Auch 
im  Oocident  sind  sie  lange  ausschliefslich  mit  dem 
I.September  angefangen  worden.  Ambrosius,  der 
in  der  let;Eten  Hälfte  des  vierten  Jahrhunderts  schrieb, 
sagt  in  seiner  Epistola  ad  Episcopos  per  Aemilißni  con-* 
stitutos  (2,256):  Indictio  Sepiembri  mense  incipä.  Be- 
stimmter drückt  er  sich  in  seiner  Schrift  de  Noe  et  Area 
aus^),   wo  er,  von  dem  Jahranfange  der  Hebräer  mit 

*)  C.17. 


960  Technische  Chronologie. 

dem  Nisan  redend,  die  Bemerkung  hininfiigt:  eUi  a 
Septembri  mense  annus  videOtur  incipere,  sicut  in^ 
dictionwn  praeseruium  usus  ostendit.  Noch  im  sechsten 
Jahrhundert  haben  die  Indictionen  in  Italien  mit  dem 
I.September  gewechselt,  wie  aus  folgender  zu  Rom  ge- 
fundenen Inschrift  bei  Reinesius  hervoigeht^): 

Hie  rßquiescit  Maximus  panndus 

Qui  ^ixit  annos  FI.  mens.  VII.  dies  X. 

Deposiius  est  sub  d.  III,  Id.  Augusiar. 

iS^mmacho  et  Boetio  FFCC.  Cos. 

In  fine  Ind.  XV. 
Es  ist  vom  11.  August  522  n.Chr.  die  Rede.  Dio- 
nysius  sagt  uns  nii^nds,  mit  welchem  Tage  er  die 
Indictionen  beginnt,  denen  er  in  seiner  Ostertafel  eine 
eigene  Rubrik  widmet;  wir  haben  aber  keinen  Grund 
lu  yermuthen,  dais  er  sich  hierin  eine  Neuerung  er- 
laubt hat«  Selbst  viel  später  noch  kommen  im  Ooci- 
dent,  besonders  in  Italien,  Spuren  genug  von  einem 
Anfange  der  Indictionen  mit  dem  1.  September  vor. 
So  ist  eine  Urkunde  des  Papstes  Gregor  YU  vom 
Jahr  1073  mit  den  Worten  unterschrieben:  Dat.  Ca- 
puae  Calend.  Sept.  indictione  indpiente  XII*).  Wie 
Muratori  bemerkt^),  haben  selbst  einige  occidenta- 
lische  Chronikenschreiber  das  bürgerliche  Jahr  nadi 
byzantinischer  TJTeise  mit  dem  I.September  angefan* 
gen,  wozu  sie  ohne  Zweifel  durch  den  Gebrauch  der 
Indictionen  veranlafst  worden  sind ,  z.  B.  der  Neapoli* 
laner  Liipus  Protospatha. 


*)  Inscriptt.  vet.  p.  978. 

*}  S.  Helwig*s  Zeitrechnung  sur  Erörterung  der  Ur- 
kunden S.  123. 

'}  ScripU.  rer.  Italic.  Tom.V.  p.  l47. 49. 


Gh&istlighb  Yölkba.  361 

Hit  dem  Namen  der  kaiserlichen  •—  Caesa- 
rea —  beaeichnet  man  eine  Indiction,  die  mit  dem 
24.  September  angefangen  haben  soll.  Scaliger  glaubt, 
da/s  dies  die  unter  Constantili  entstandene  sei,  da- 
her er  sie  auch  die  constantinische  nennt;  erst 
unter  lustinian  soll  ihr  Anfang  um  24  Tage  zurüdL- 
geschoben  sein.  Er  bringt  aber  keinen  einzigen  Beweis 
fiir  diese  Hypothese  bei.  Selbst  seine  so  zuversichtlich 
aufgestellte  Behauptung,  dals  Constantin  an  jenem  Da- 
tum zur  Rqfierung  gekommen  sei,  hat  nichts  fär  sich; 
vielmehr  gibt  Idatius,  oder  wer  sonst  der  Verfasser 
der  diesen  Namen  tragenden  Fasti.  consulares  sein 
mag,  ausdrücklich  den  2S.  Julius  als  den  Tag  seines 
Regierungsantritts  an^).  Gewifs  ist  es,  dais  sich  bis 
auf  Beda  von  einer  soldien  Indiction  nicht  die  min- 
deste Spur  zeigt.  Bei  diesem  heifst  es'):  Incipümt 
indictiones  ab  VIII*  CiUendas  Ociobris,  ibidemquß  ter- 
nunemtur.  Dasselbe  wiederhohlen  der  hundert  Jahre 
spKter  lebende  Rhabanus  in  seinem  magern  Buch  de 
Computo^)^  und  der  noch  unbedeutendere  Hariul- 
phus,  ein  Ghronikenschreiber  des  elften  Jahrhun- 
derts ^).  Weitere  Autoritttten  für  diese  Indiction  finden 
sich  nirgends,  es  sei  denn,  dafs  man  als  solche  die 
Aussagen  mehrerer  sptftem  Juristen  und  Chronologen 


*)  Beim  Consulat  des  Constantius  YI  und  Mazimiaxuis  VI, 
d.i.  beim  Jahr  306.  Diese  Fasti  sind  unter  andeni  zugleich 
mit  dem  Chronicon  des  Idatius  von  Sirmond  ans  Licht  ge- 
stellt worden  (Lut.  Paris.  I6l9.  8.) 

^)  De  temp,  raiione  c.46. 

')  c.  66.  S.  Stephan!  Balusii  Misceüanea  Tom.  I,  p.  63. 

*)   Chromeon  Centulense  \*V1,  c*  i.    S.  D*Achery  Spicile'^ 
gium  Vol.  n.  p.  309. 


362  Technische  Chronologie. 

gelten  lassen  wollte«  Ihr  Oefaranch  eradieint  daher  sehr 
problematisch.  Man  nimmt  swur  allgemein  an,  dalii 
die  in  den  Diplomen  und  Urkunden  der  deutschen 
Kaiser  Yon  Ejonrad  I  bis  auf  Karl  IV  Torkommenden 
Indictionen  keine  andern  als  eben  diese  sind,  weüshalb 
man  ihnen  auch  den  obgedachlen  Namen  beilegt ;  allein 
die  Beispiele,  die  Helwig  aus  dem  reichen  Schatz  des 
Georgisch  hemrorhebt'),  lassen  sich  tut  duschgehends 
eben  so  gut  auf  den  ersten  als  auf  den  24.  September 
beliehen,  ja  hin  imd  wieder  gilt  entschieden  das  eiste 
Datum,  z.B.  wenn  Friedrich  II  am  14. September  1218 
schon  die  siebente  Indiction  z&hlt,  es  sei  denn,  dais 
die  Zahl  durch  ein  Versehen  des  Condpienten  oder 
Schreibers  der  Urkunde  um  eine  Einheit  zu  grois  an- 
geseut  wäre;  und  wirUich  wiid  in  einer  Urkunde  die- 
ses Kaisers  vom  29.  December  desselben  Jahrs  die  sedisle 
Indiction  genannt'),  so  dafs  beide  Zahlen  wie  vertauscht 
erscheinen.  Um  aussumitteln,  ob  es  wirklich  eine  mit 
dem  24.  September  anfangende  Indiction  gegeben  habe, 
käme  es  darauf  an ,  die  Indictionszahlen  aller  der  Ur- 
kunden zu  prüfen,  die  von  einem  der  diei  und  zwanzig 
ersten  Tage  des  Septembers  datirt  sind.  Die  Untere 
suchung  wird  aber  wegen  der  häufig  um  eine  Einheit 
schwankenden  Zahlen  schwerlich  zu  einem  sichern  Re- 
sullat  fähren.  Beveridge  verwirft  diese  Art  von  In- 
diction gänzlich^),  scheint  aber  hierin  zu  weit  zu  g^ 
hen.     Beda*s  Autorität  war  im  Mittelalter  so   grols. 


*)   Zeilrechnung  S.  124 ff. 

')  Georgisch  Regesia  chronologic0''diplomalica  beim  Jahr 
1218  No.  33  und  39. 

')  InstUi.  chronoL  I.  n,  c.  5. 


Christliche  Yölilbr.  363 

dafs  sie  woU  ftuf  die  damaUigen  Kansleien  eio  gewirkt 
haben  kann.  Nur  Itfist  sieb  nicht  zweifeln,  dafii  diese 
Indiction  lediglich  auf  einem  Irrlhum,  vielleicht  des 
angelsächsischen  Chronologen  selbst,  beruht,  daher  man 
sie  (iiglich  Beda's  Indiction  nennen  kann« 

Da  im  Orient  die  Indiction  mit  dem  bürgerlichen 
Jahranünnge  wechselte,  so  war  es  natürlich,  dafs  man 
es  auch  im  Occident  bequem  üund,  sie  an  die  Jahr- 
epoche  zu  knüpfen,  und  sie  nach  Verschiedenheit  der-> 
selben  bald  mit  dem  2S«December,  bald  mit  dem 
I.Januar,  bald  sogar  mit  dem  25.  März  wechseln  zu 
lassen«  Duranti  gedenkt  dieser  verschiedenen  An- 
fange als  zu  seiner  Zeit  gebräuchlich,  und  mehrere 
seiner  Zeitgenossen,  als  Rolandinus,  Passagerius 
und  dessen  Commentator  Boaterius  erkennen  gar  t 
nicht  einmahl  eine  andere  Indiction  an  als  eine  solche, 
die  mit  dem  christlichen  Jahr  gleichen  Schritt  halt. 
Sie  findet  sich  unleugbar  in  den  Urkunden,  der  Päpste 
und  Kaiser  sowohl  als  der  Privatpersonen,  doch  schwer^ 
lieh  vor  dem  zwölften  Jahrhundert«  Sie  überall  mit 
Bestimmtheit  nachzuweisen,  ist  unmöglich;  nur  so  viel 
ist  gewifs,  dals  sie  nicht  vorzugsweise  in  den  Bullen  der 
Päpste  vorkommt,  daher  die  Benennung  der  päpst- 
lichen oder  römischen  Indiction,  die  man  ihr  ge- 
wöhnlich beilegt,  nicht  passend  gewählt  ist.  Wir  wol- 
len sie  lieber  die  Indiction  mit  dem  Jahranfange 
nennen.  Die  Päpste,  so  wie  die  Kaiser,  haben  die  In- 
dictionen  £ald  so,  bald  anders  genommen;  selbst  einige 
Päpste  zeigen  sich  im  Gebrauch  derselben  nicht  con- 
sequent.  Wenn  z.B.  Alexander  III  am  20«  Septem- 
ber 1162  die  elfte  und  am  30.  Oktober  1170  die  vierte 
Indiction  zählt,  so  muüs  er,   wenn  anders  die  Zahlen 


\ 


l 


I 


364  Techmscfie  Chronologie. 

richtig  sind,  jene  mit  dem  I.September  und  diese  entwe- 
der mit  dem  1  $ten  oder  dem  24.  September  aogelangen 
baben.  Dagegen  gehört  ihm  der  9.  November  1168 
fnoch  cor  ersten  Indiction^),  was  aof  einen  Wechsel 
entweder  mit  dem  25.Deoember,  oder  mit  dem  1.  Ja-- 
nuar  oder  mit  dem  25«  Man  deutet* 

Noch  verdient  bemerkt  zu  werden,  da£s  aich  in  den 
Akten  der  Benedictiner- Ablei  Corvei  vom  iwcdflen  Jahr- 
hundert die  willkührliche  Umbildung  der  Indictiona* 
rechnung  findet,  nach  welcher  der  ISjtfhrigf  Steuer» 
cydus  selbst  Indictio  genannt  ist,  und  solche  In» 
dictiones  vom  dritten  Jahr  v.  Chr.  gesählt  werden, 
z.  B.  Aclun^  anno  Incamati  Ferbi  MCLXXII  •  •  •  m^ 
dictioms  LXXIX  anno  F^).  Sonst  überall  wird  un- 
ter Indictio  nur  das  laufende  Jahr  irgend  eines  nidit 
näher  bestimmten  Cydus  verstanden«  Man  mu(s  da- 
her das  Jahr  einer  Begebenheit  wenigstem  im  Groben 
kennen;  wenn  es  dann  die  andern  Zeitmerkmale,  deren 
aich  in  der  Regel  mehrere  genannt  finden,  um  eine  oder 
ein  paar  Einheiten  schwankend  lassen,  so  bietet  die  In- 
diction  zu  einer  genauem  Ermittelung  6elq;enheit  dar« 
Dies  ist  das  Wesen  der  ganzen  Rechnung,  das  Beda 
sehr  richtig  aufgefalst  hat,  wenn  er  sagt,  sie  sei  ein- 
geführt (oder  vielmehr  im  Mittelalter  beibehalten)  wor- 
den, ad  cavendwn  errorem  qui  de  temporihus  forte  oho-' 
rinpoterat.  Sein  ganzes  vorhin  citirtes  Kapitel  verdient 
in  dieser  Beziehung  verglichen  zu  werden« 


*)  Man  Tergleiche  Georgisch  Regesla  unter  No.  l4,  15  und 
18  der  gedachten  Jahre. 

*)  Nottveau  traiti  de  diplomtUie  Tom.  lY,  p.  679-     L'AH 
de  v^rjfier  /es  daies  Tom.  I,  p.  36. 


Christliche  Völker.  365 

Ob  man  nun  gleich  an  den  Indictionen  ein  Mittel 
hatte,  Ewei  benachbarte  Jahre  deutlich  von  einander 
EU  unterscheiden,  so  fehlte  es  doch  noch  immer  an 
einer  iiir  die  Gesammtheit  der  sich  neu  bildenden 
christlichen  Staaten  bedeulsamen  Bezeichnungsweise  der 
Jahre,  und  als  solche  emp&hl  sich  die  Aera  ab  In- 
carnatione  Domini,  an  die  der  Abt  Dionysius 
seine  Ostertafel  geknüpft  hat«  Das  blofie  Bedürf- 
niüi ,  ohne  alle  Mitwirkung  gesetzlicher  Bestimmun- 
gen ,  verschaflle  dieser  Jahrrechnung  bald  allgemei- 
nen Beifall,  worin  sie  sich  behauptet  hat,  so  sehr  man 
auch  längst  von  ihrer  Unrichtigkeit  überzeugt  ist.  Die 
Geschichte  ihrer  Einführung  erzählt  Jan  in  seiner  Histo^ 
ria  aerae  chfistianae  ^).  Auch  vergleiche  man  die  Ein- 
leitung zu  dem  Werke :  Art  de  wrifier  les  dates  ')• 

Johann  Harduin,  ein  wegen  seiner  Gejehrsam- 
keit  achtungswerther ,  aber  zugleich  wegen  mancher 
paradoxen  Meinung  berüchtigter  Jesuit,  hat  behauptet, 
diese  Jahrrechnung  sei  schon  zu  Anfange  des  fünften 
Jahrhunderts  in  der  ganzen  Christenheit  bekannt  und 
gebrauchlich  gewesen  ^).  Als  einziger  Beweis  dafdr  dient 
ihm  eine  Münze  des  Gratianus  mit  der  Aufschrift 
Gloria  no\d  Saeculi^  die  er  auf  den  Anfang  eines  neuen 
christlichen  Jahrhunderts  deutet;  und  da  die  Regie- 
rungszeit  des  bekannten  Kaisers  Gratianus  (375  bis 
383  n.  Chr.)  sich  hiermit  nicht  vereinigen  lassen  will, 


')  Wittenberg  1715,  4.    Der  Verf.  ist  eben  der,  dessen  Hisi. 
Cjrcii  Dionjrsiani  oben  oft  citirt  ist. 

»)  Tom.  LS.  6  ff. 

')   Man  sehe  die  Disseriatio  de  nummo  GnUiani  Aug,  S.  503 
seiner  Opera  selecta. 


366  Technische  Chronologie. 

^  nimmt  er  einen  andern  Gratianus  an,  von  dem 
er  aber  nichts  Sicheres  su  sagen  weüs*  —  Das  Wort 
Säeculum  wird  von  den  Römern  in  einem  so  iveiten 
Sinne  gebraucht,  dals  es  öfters  geradehin  ior  Zeit 
steht.     Es  kann  daher  Gloria  noui.Saeculi  hier  fuglich 


von  dem  preiswürdigen  Anfange  einer  R^ening  oder 
Mitregentschaft  Terstanden  werden,  ohne  dafs  es  nöthig 
ist,  der  Geschichte  Zwang  anzuthun.  Dies  «eigen  g^en 
den  fvansösischen  Gelehrten  Leibnitz  in  seiner  Dis^ 
seriatio  de  nunmUs  Gratiani  Aug.  cum  Gloria  novi 
saeculi  und  andere,  deren  Abhandlungen  Wolter  eck 
gesammelt  hat  ^).  Eine  angeblich  ins  Jahr  Christi  CCLIU 
gehörige  ireronesische  Insdirift  bei  Baronius  erklärt 
Jan  für  untfcht  '). 

Das  Wahre  ¥on  der  Sache  ist,  da£s  unsere  Aera 
vulgaris  den  Abt  Dionysius  Exiguus  zum  Urheber 
hat.  Diesem  Manne  gelang  es ,  wie  wir  oben  (2,  285) 
gesehen  haben,  über  die  Feier  des  Osterfestes,  die  so 
lange  ein  Gegenstand  des  Zwiespalts  zwischen  der  latei- 
nischen und  griechischen  Kirche  gewesen  war,  die  Ge- 
müther zu  yereinigen.  Er  setzte  die  beinahe  abgetan- 
fene  95jKhrige  Ostertafel  des  Cyrillus  nach  gleichen 
Grundsätzen  auf  abermahlige  95  Jahre  fort,  und  redete 
ihr  in  der  vorangeschickten  Epistola  ad  Petronium  so 
nachdrücklich  das  Wort,  dafi  sich  die  römischen  Bi- 
schöfe endlich  bewogen  fanden,   woran  sie  bis  dahin 


*)  Electa  rei  nummariae  No.XXYII  ff.  Yergl.  Eckhers 
Doclr.  num.  Tom. VIII,  p.  158,  159.  ^ 

')  Hist,  aerae  chrisiianae  p.  70.  Sie  setzt  die  Ermordung 
der  beiden  Philippi,  die  nicht  später  ab  249 n.Chr.  angenom- 
men werden  kann,  ins  Jahr  253. 


Ghristlighb  Völker.  367 

diucb  Eifersacht  und  Yorartheile  gehindert  worden  wah- 
ren, der  auf  den  jDeuniehnjahrigen  Gydus  des  Meton 
gegründeten,  sdion  seit  dem  nicttnischen  G)ncilium  im 
Orient  gebiäucblichen,  Berechnungsweise  des  Festes  un- 
bedingt beizutreten.  Cyrillus,  als  Bischof  von  Alexan* 
drien,  hatte  sich  zur  Bezeichnung  der  Jahre  seiner  Ta- 
fel def  in  Ägypten  einheimischen  diocletianischen 
Acre  bedient.  Dionysius  vierwarf  sie,  und  setzte 
an  ihre  Stelle  die  Jahre  ab  Incarnatione  Domini, 
wodurch  er  zum  Gebrauch  dieser  Acre  die  erste  Anre- 
gung gab.  Was  ihn  dazu  bewog,  sagt  er  uns  selbst 
mit  den  Worten :  Quia  S*  CyriUus  primum  cyclum  ab 
aimo  Diocleiiam  ceiUesimo  quinquagesimo  tojrtio  caepit^ 
et  uhimum  in  duceniesimo  quadragesimo  septimo  ter- 
mimwit,  nos  a  duceniesimo  quadragesimo  octavo  anno 
eiusdem  tyranni  potius,  quam  principis,  inchoantess  no^ 
hiimus  circuUs  nostris  memoriam  impii  et  persecutoris 
innectere,  sed  magis  elegünus  ab  Incarnatione  Domini 
nostri  lesu  Christi  annorum  tempora  praenotare.  Hier- 
aus erhellet,  dais  seine  Ostertafel  mit  dem  248sten  Jahr 
Diocletian's,  d.  i.  mit  dem  S32sten  unserer  Aere 
(1, 164}  anfing.  Letzteres  begann  im  Verlauf  des  er- 
stem mit  den  Calendis  des  lanuarius. 

Die  Geschichte  seiner  Tafel,  die,  nachdem  sie  ab- 
gelaufen war,  in  gleicher  Form  von  Isidorus,  Beda 
und  andern  fortgesetzt  wurde,  ist  zugleich  die  seiner 
Aere;  denn  diese  ist  unstreitig  zugleich  mit  jener  den 
Christen  des  Occidents  geläufig  geworden.  Dies  lehrt 
schon  der  Umstand,  dais  man  beim  Datiren  zu  gröfse- 
rer  Bestimmtheit  den  Jahren  der  Incamation,  welche 
die  erste  Rubrik  der  Tafel  angab,  gewöhnlich  auch  die 
Zahlen  der  übrigen  Rubriken  beifügte,  was  erst  dann 


368  Technische  Chronologie. 

gani  unterblieb,  ak  die  Aere  allgemein  in  den  bor- 
gerlichen  Gebrauch  übergegangen  war.  So  ist  eine  Ur- 
kunde des  zwölften  Jahrhunderts  bei  Dom  Morice  ^)  mit 
folgender  Zeitbestimmung  versehen:  jinno  MCXXXII, 
indictione  Jl,  epacta  I,  concurrentibus  F',  terminus  pa^ 
schahs  II.  Non.  j^pr.,  dies  ipsius  paschatis  diei  IF'.  Id., 
luna  ipsius  diei  XX ^  was  alles  dem  Jahr  1132  unse- 
rer Zeitrechnung  richtig  zusagt.  Der  Concipient  der 
Urkunde  hatte  ohne  Zweifel  die  Ostertsfel  des  DIo- 
nysius  oder  vielmehr  eine  ForUetsung  derselben  vor 
Augen  und  schrieb  die  Zahlen  mechanisch  ab;  denn 
da(s,  wie  Mabillon  meint  '),  die  Notarien  dabei  ihre 
peritia  in  arie  computi,  quae  ars  magnopere  tum  ven^ 
ditahatur,  hätten  an  den  Tag  l^en  wollen,  ist  schwer 
zu  glauben. 

Mit  der  Zeit  kamen  zu  den  acht  Rubriken  der 
dionysischen  Ostertsfel  noch  ein  paar  unter  den  Titeln 
Reguläres  und  Glaves  terminorum  hinzu,  «die  sich 
auch  hin  und  wieder  in  den  Urkunden  erwähnt  finden. 
Unter  Reguläres  werden  Zahlen  verstanden,  die  zu  den 
G>ncurrente8  addirt,  den  Wochentag  des  Ostervollmon» 
des  geben.  Die  Goncurrentes  bezeichnen,  wie  oben 
(2,261)  bemerkt  worden,  den  Wochentag  des  24.  Mirz. 
Zieht  man  dieses  Datum  von  dem  der  Luna  XIY  ab, 
so  gibt  der  Unterschied  nach  Weglassung  der  ganzen 
Wochen  die  Reguläres.  Z.B. das  Jahr  532,  das  erste 
der  dionysischen  Ostertafel,  hat  die  Goncurrentes  4, 
d.  i.  der  24ste  März  ist  ein  Mittwoch.    Nun  trifft  die 


*)  M^moires  pour  servir  de  preuves  iL  rHistoirt  de  Brt^ 
iagne,  Tom.  I,  col.  566. 

*)   De  re  diplom.  ü,  24,  4. 


Christlichb  Völker.  369 

Ostergrense  auf  den  5.  April,  also  12; Tage  sfM^ier  ein. 
liLfiit  man  eine  Woche  iveg,  so  hat  man  die  Regularas 
5,  und  diese,  zu  den  Goncurrentes  4  addirt,  geboi  für 
den  OtenroUmond  den  zweiten  Wochentag  oder  Mon- 
tag. In  einer  , Urkunde  bei  Mabillon  *)  ist  die  Zeit 
also  bestimmt:  jicta  sunt  haec  anno  ab  Incamatione 
DonUni  MCIX^  indictione  II  ^  epacta  XVII  y  concuT' 
renies  IV,  cyclus  hmaris  Vy  cyclus  decennovalis  VI II, 
reguläres  paschae  IV,  terminus  paschalis  XIII  {XII II) 
Cal,  Mali,  dies  ffaschalis  VII.  Cal..Maii,  luna  ipsius 
XXI.  Die  Chronologen  reden  noch  von  andern  Re- 
guläres, die  dazu  dienen,  den  Wochentag  und  das 
Aller  des  Mondes  fiir  den  Anüemg  eines  jeden  Monats 
zu  finden.  Ich  verweise  de&halb  auf  das  Werk  VArt 
de  virifier  les  dates  ')•  Der  G^nstand  ist  von  kei- 
ner besondem  Erheblichkeit,  da  das  Gesuchte  leicht 
auf  andern  Wegen  gefunden  werden  kann. 

Unter  Clavis  terminorum  versteht  man  die 
Zahl ,  die  zum  jedesmahligen  10.  März  addirt  das  Da- 
tum des  OstervoUmondes  gibt.  Für  das  Jahr  532  z.  B. 
ist  die  clavis  26,  d.  h.  wenn  man  vom  10.  Mtfrz  so 
viel  Tage  vorwärts  zählt«  so  gelangt  man  zum  S.April, 
als  dem  Tage  der  Luna* XIV.  Der  nächste  Sonntag 
ist  der  Osiertag  ^).    Auch  die  Clptves  finden  sich  hin 


*)  Ebend.  l.VI.  No.  171. 
')  Tom.  I,  p.  70  ff. 

')  Rechnet  man  eben  so  mit  der  ClaTis  vom  6.  Januar,  27.  Ja- 
nuar, 14.  April  und  28.  April  Torwarts,  so  erhalt  man  als  nächste 
Sonntage  Septuagesima,  InTOcavit,  Rogate  und  Pfingsten.  So  er- 
geben sich  mit  der  Clavis  26  der  I.Februar,  22. Februar,  10. Mai 
und  24.  Mai,  und  die  Sonntage,  die  zunächst  auf  diese  Tier  Data 

II.  ^  [24] 


370  '  Technische  Chronologie. 

und  wieder  in  den  Urkunden  angemerktf  s.  B.  in  einer 
bei  Dom  Mofiee  *),  welche  also  datirt  bt:  Haec  con- 
firmatio  facta  est  anno  ab  Incamatione  MCUI  mense 
Septembri  in  exakatione  sanctae  Cruds,  bma  XI ,  Je- 
ria  ly  cyclus  solaris  JCIIf,  epqcta  XXIII,  concurren- 
tes  II,  cla^s  terminonan  XIV,  indictiones  XV.  Im 
Jahr  1152  war  Kreuzes -Erhöhung  (der  14.  September) 
richtig  ein  Sonntag ;  auch  passen  die  übrigen  2Seitm€nrk- 
male  mit  Ausnahme  von  epacta  XXIII,  das  vom  fol- 
genden Jahr  entnommen  istt  ol>  durch  einen  Misgriff 
oder  absichtlich,  wollen  wir  nicht  entscheiden.  Beim 
Beda  heilst  es  ') :  Epactae  incipiunt  secundum  jtegjqn 
tios  a  Calendis  Septembris  (eigentlich  yom  1.  Thoth 
oder  29.  August),  secundum  Romanos  a  Calendis  lamta- 
m.  Die  Verfasser  des  Art  de  ^Srifier  les  dates  stellen 
daher  die  Hypothese  auf  '),  da(s  einige  Computisten  des 
Mittelalters  die  Epakten  nach  ägyptischer  Weise  gewech- 
selt und  nach  dem  1.  September  schon  die  Epakte  des 
folgenden  Jahrs  gezählt  haben.  Sie  meinen,  Fälle  die- 
ser Art  kämen  %  zu  häufig  in  den  Urkunden  vor,  als 
dais  man  sie  einem  blolsen  Irrthum  beimessen  könnte. 

Wer  viel  mit  Urkunden  firnherer  Zeit  zu  thun  hat, 
muis  sich  mit  einer  Tafel  versehen,  welche  alle  bisher 
erklärten  Zeitcharaktere  darstellt.  Dergleichen  finden 
sich  in  dem  eben  gedachten  fi:anzÖ8ischen  Werke  ^)  und 


folgen^  sind  in  dem  Jahr,  das  diese  Zahl  zur  Clayis  hat,  die 
eben  genannten. 

')   Tom.  I,  col.  612. 

^)  De  argumerUis  lunae.  Opp.  Tom.  I.  p.l67. 

*)  Tom.I.  p.91. 

*)  Tom.  I  der  hier  immer  gemeinten  Abtheilung  depuis  la 
naissance  de  Notre^Seigneur. 


Christliche  Völkbr.  371 

in  Pilgram's  oben  (2,318)  erwähntem  Caiendarium 
chronologicum. 

Bei  dieser  Gelegenheit  sind  noch  ein  paar  die  Da- 
ten in  den  Urkunden  betreffende  Bemerkungen  su 
machen. 

Wir  haben  oben  (2,237)  gesehen,  wie  Dionysius 
und  Beda  unter  Cyclus  lunaris  und  Gyclus  de- 
cemno  vennalis  unterscheiden.  Dem  erstem  ist  in  ihrer 
Ostertafel  eine  eigene  Rubrik  gewidmet  mit  der  Ueber- 
schrift :  Quotus  sit  lunae  circulus;  auf  letzteren  hinge- 
gen wird  nur  mittelbarer  Weise  durch  die  ganze  An- 
ordnung der  Tafel  hingewiesen.  Es  darf  daher  gar 
nicht  befremden,  dals  in  den  Urkunden  jener  häufig 
und  allein,  dieser  selten  und  fast  immer  nur  zugleich 
mit  jenem  erwähnt  wird ,  wie  z.  B«  in  der  vorhin 
(2,369)  citirten  bei  Mabillon.  Auflallend  aber  ist  es, 
dals  der  lunaris,  der  bei  der  Bestimmung  des  christ- 
lichen Osterfestes  gar  nicht  gebraucht  wird,  auch  unter 
der  Benennung  paschalis  vorkommt,  z.B.  ^):  Acta 
est  huiusmodi  ecclesiae  cartula  anno  donumcae  Incar- 
nationis  MLXXVI^  indictione  XIV ^  cyclo  paschali  X, 
epacta  XII,  concurrentibus  V.  Uebrigens  ist  der  Anfang 
der  Jahre  des  Cyclus  lunaris  in  den  christlichen 
Ostertafeln  nicht,  wie  bei  den  Juden,  der  1.  Thischri, 
sondern  der  nächstfolgende  1.  Januar,  so  dais  der  Un- 
tersdiied  beider  Cykel,  der  eigentlich  2^  Jahre  beträgt, 
gerade  auf  3  Jahre  gesetzt  wird. 

In  dem  Archiv  der  Abtei  Qugny  findet  sich  ein 
Instrument  mit  folgender  Zeitbestimmung  ') :  Aclum  puh 


*)   Gallia  christiana  Tom.  II.  coL385  der  Instrumenta. 
')  L'JH  de  vSrißer  les  daies  TomI,  p.6l. 

[24*] 


372  Technisclie  Chronologie. 

hlice  CabHonis  cwiuue  anno,  ab  Incamatione  Domini 
MLXlIIy  indictione  I,  epacta  XVIII^  concurrente  II .  • 
secundo  magno  anno  ab  Incamatione  Domini  nostri 
lesu  Christi,  qui  constat  DXXXII  annis,  decemnoi^n- 
nati  cyclo  LVI^  IV.  Non.  lunii.  Der  annus  magnus 
yoQ  532  Jahren  ist  die  gro&e  yictorianisclie  Oster- 
periode,  auf  mrelche  Beda  seine  Ostertafel  gestellt 
bat  (2,291).  Sie  fing  mit  dem  Jahr  532  n.Chr.  an, 
mit  welchem  Dionysius  seine  95jtthrige  OsterU^ 
begonnen  hat,  und  kann,  wie  es  hier  geschehen  ist,  als 
die  iweite  seit  Christus  belrachtet  werden,  da  der  An- 
lang der  vorhergehenden  der  Geburt  Christi  nnr  um 
ein  Jahr  voreilt.  Die  Urkunde  ist  gerade  am  Schluls 
der  zweiten  Periode,  so  wie  des  56sten  Mondir^us  aus- 
gefertigt worden.  Auch  Marianus  Scotus  und  Si- 
gebertus  Gemblacensis  gedenken  dieser  greisen 
Osterperiode  in  ihren  Chroniken,  jener  bei  531, 
dieser  bei  1063.  Ehe  sie  so  durch  Dionysius  und 
Beda  fixirt  wurde,  hat  man  ihr  verschiedene  Anfinge 
gegeben.  Yictorius  setzte  ihre  Epoche  ins  Jahr  28 
n.Chr.  (2,279),  und  noch  ein  anderer  An&ng  wiid 
in  einer  Handschrift  des  CoUegiums  von  Clermont  an- 
gedeutet, wo  sich  die  Zeit  des  Todes  des  Königs  Theo- 
derich  lY  also  bestimmt  findet  ^) :  A  NativiUMte  Do- 
mini  üsque  in  praeseniem  annumy  in  quo  Theudericus, 
Rex  Franconmi,  defimctus  est,  DCCXXXVII,  in  quo 
anno,  indictione  V,  epacta  XV,  concurrente  I,  lunae 
drculo  XIII,  bma  XIV  XI L  CaL  j4prilis,  pascha  IX. 
Cal.  Aprilis,  luna  XVII,  XXIV  de  annorum  DXXXII, 
secundum  Graecos,  cyclo.    Also  nach  irgend  einer  grk- 


')  Ebendaselbst. 


Ghbistlighe  Völker.  373 

chischeii  Bestimmung,  von  der  wir  nicht  näher  unter- 
richtet  sind,  hatte  eine  Osterperiode  im  Jahr  714,  mit- 
hin die  vorhergehende  im  Jahr  182  n.  Chr.  ihren  An- 
fang genommen.  Dies  ist  sugleich,  so  viel  man  weifs, 
die  älteste  noch  vorhandene  Urkunde,  die  sich  lu  nä- 
herer Bezeichnung  des  Jahrs  der  Zahlen  der  dionysischen 
Ostertafel  bedient  hat. 

Statt  der  Sonntagshuchstaben,  die  in  den  Ur^ 
lunden  spät  und  selten  erscheinen,  findet  man  zuwei- 
len die  Zahlen  1  bis  7  gesetzt,  z.B.  in  folgender^): 
j4ctum  est  hoc  Rodomo  civitate  armo  ab  Incamatione 
Donum  ^nostri  Jesu  Christi  MXI  ^  inJUetione  IX  y  Ut- 
tera  VII  (G),  luna  (epactaj  XIV,  XVII.  Calend.  Oo 
tobrium,  regrumte  Roberto  rege  Fnsnconmu 

Unter  den  verschiedenen  Formeln,  womit  die  ehrist- 
liehe  Acre  beim  Datiren  bezeichnet  vorkommt,  ist  anno 
ab  Incamatione  bei  weitem  die  gewöhnlidiste.  Sie 
wird  vorzugsweise  voii  dem  Jahr,  das  mit  dem  25.  März 
anfing,  aber  auch  nicht  selten  als  allgemeine  Bezeich- 
nung der  Jahre  Christi  gebraucht,  ihr  Anfang  sei  welcher 
er  wolle.  Aulserdem  finden  sich  anno  Gratiae,  anno 
Circumcisionis  und  anno  Trabeationis.  Anno 
Gratiae  ist  im  zwölften  Jahrhundert  entstanden  und 
findet  sich  seitdem  häufig.  Anno  Circumcisionis 
ist  nur  mit  bestimmter  Beziehung  auf  das  mit  dem 
1  •  Januar  beginnende  Jahr  gesagt  worden.  Ein  Bei* 
spiele  aber  erst  aus  dem  sechzehnten  Jahrhundert,  gibt 
Ughelli's   Italia   Sacra*).     Anno    Trabeationis 


')   Pomuieraye  HisL  de  rjhhaye  de  Saint ^Ouen  de  Ronen 
P.I.  p.422. 

')   Tom.y.  col.  1619  ed.  Rom. 


374  Technische  Chronologie. 

steht  in  einigen  Urkunden  des  zehnten  und  elften  Jahr- 
hunderts.    So  fängt  das  Dekret  der  Ernennung  eines 
Bischofs  von  Roda  in  Catalonien  mit  den  Worten  an  *) : 
j4nno  Tmbeationis  Domini  nostri  lesu  Christi  miUesimo 
XVII y  aera  millesima  quinquagesüna  quinta,  indictione 
XV y  concurrenie  I,  epacta  XX,  was  alles  ganz  richtig 
auf  das  Jahr   1017   der  christlichen  Aere  palst.     Du 
Gange  erklärt  es')  durch  anno,   quo  Christus  trabi 
qffiocus  est.     Allein  in  einem  zweiten  denselben  Bischof 
betreffenden  Dekret  heifst  es'}:  A  corporea  traheatione 
Derbi  divini,  und  yei^leicht  man  diesen  Ausdruck  mit 
folgenden  Worten  aus  einer  vom  heil.  Fulgentius 
am  zweiten  Weihnachtstage  gehaltenen  Predigt  ^}:  Heri 
Rex  noster,  trabea  camis  indutus,  de  aula  uteri  mr- 
ginalis    egrediens  visitare   dignatus    est  nmndum ,   so 
sieht  man,  da&  a  Traheatione  so  viel  als  ab  In- 
carnatione  sagen  soll.    Anno  a  Natiyitate  Do- 
mini ist  in  alten  Urkunden  wenig  gebräuchlich,  und 
anno   Christi,    Domini,    Salutis   und    Orbis 
redemti  sind  modern.     Das  regnante  Christo, 
welches  beim  Datiren   nicht   selten  vorkommt,   dient 
nicht  eigentlich  zur  Bezeichnung  der  christlichen  Aere, 
sondern  Uofs  als  eine  die  Zeitbestimmung  einleitende 
Foi*meL     So  ist  das  Concilium  Yalentlnum   da- 
tirt^):   Regnante  Domino  nostro  lesu  Cliristo,   anno 


*)  Baluzii  Capitularia  regum  Francomm^  Tom.  11.  ccrf.650. 

*)  Glossarium  ▼.  annus^  co].4£l. 

')  CapUularia  col.633. 

')  Sermo  UI.  p.252  ed.  Yen.  1742. 

*)  S.  Dayid  Blondel  de  formulae  Regnante  Christo  in 
veterum  monumentis  usu  (Amsterdam  l646,  4)  p.387« 


GaaisTLiGHB  YöiiKCR.  375 

DCCCLV  ab  IncamaJtione  eius,  glori^sissimo  Lothario 
imperante  XV ^  indictione  III^  mense  lanuario  etc. 

Aus  dem  Jahrhundert  des  Dionysius^  des  Urhe* 
bers  unserer  Aexa  vulgaris,  weifs  ihr  Gescbichtschreiber 
Jan  nur  ein  paar  zweideutige  Spuren  ihres  Gebrauchs 
anzuführen,  die  ich  hei  ihm  nachzusehen  anheim  gebe^). 
Ihm  ist  ein  Heiner  Aufsatz  des  Cassiodorus,  com-' 
putus  paschalis  betitelt'),  entgangen,  worin  durchweg 
nach  Jahren  ab  Incarnatione  gerechnet  und  daf 
21ste  post  consulatum  Basilii  lunioris  (2,345) 
als  das  S62ste  aufgeführt  wird.  Hieraus  erhellet,  dais 
die  Os^rtafel  des  Dionysius  und  die  Aere,  an  die  sie. 
geknüpft  war»  zu  Rom  bereits  bald  nach  der  Mitte  des 
sechsten  Jahrhunderts  im  kirchlichen  Gebrauch  sein 
muislen. 

Im  siebenten  Jahrhundert  war  die  Aere  auch  schon 
aulser  Italien  nicht  unbekannt  mehr.  Dies  Jehren  fol* 
gende  Worte  des  Bischofs  lulianus  vpn  Toledo^):  Jn- 
norum  numerus  a  tempore  nativitatU  Christi  usque  in 
praesens  in  promptu  est  umcuigue,  et  scire  si  volet, 
et  supputare  si  placet,  cusumptis  videUcet  annis  secun-r 
dum  Eram  ab  ipsa  Domfni  incarnatione.  Era  enim 
inveiUa  est  ante  triginta  et  octp  annos,  quam  Christus 
nasceretur.  Nunc  autemacclamatar  Era  esse  DCCXXIF. 
Detractis  igitur  triginta  et  octo  annis,  ex  quo  Era  in^ 
"venta  est,  usque  a4  nativüatem  Christi,  residui  sunt 
DCLXXXFI  anni.     Die  spanische  Aere,  die  hier,  wie 


')  Bist,  aarae  Christ,  c.  3. 
»)   P.  672  ed.  Colon. 

')    Contra  ludaeos  l.UI.  am  Schlufs  (BibL  Patrum  Lugdun. 
Tom,  Xn,  p.  630.). 


376  Technische  Chronologie. 

in  der  Regel  bei  den  einheimiacben  Autoren,  schlecbüiin 
Era  heifst,  bat  wirklich  38  Jahre  vor  unserer  christlichen 
ihren  Anfang  genommen.  Man  sieht  also,  dals  von 
keiner  andern  christlichen  Zeitrechnung,  als  der  ge- 
wöhnlichen, die  Rede  ist.  In  den  öffentlichen  Akten 
dieser  beiden  Jahrhunderte  finden  wir  aber  blots  noch 
nach  Regierungsjahren  und  Indictionen  datirt. 

Im  achten  Jahrhundert  wurde  der  Gebraudi  der 
dionysischen  Aere  allgemeiner  verbreitet,  und  zwar 
hauptsächlich  durch  Beda,  der  ihrer  in  seinen  Schrif- 
ten häufig  gedenkt.  In  seinem  Buche  de  temponan 
ratione  handelt  er  bei  Gelegenheit  der  Erklärung  der 
OsterUifel  des  Dionysius  in  einem  eigenen  Kapitd  de 
annis  dominicae  Incamattonis  ^),  aus  welchem  deutlich 
hervorgeht,  dals  er  an  ihrer  Zahlungsweise  nichts  ge- 
ändert hat.  In  seiner  Kirchengeschichte  rechnet 
er  gewöhnlich  nach  ihr.  So  sagt  er  am  Schlufs,  dals  er 
sie  geendigt  habe  anno  dominicae  Incamattonis  septin- 
gentesimo  tricesimo  primo.  In  einer  Epitome,  die  er 
ihr  folgen  liefs,  wiederhohlt  er  die  Hauptbegebenheiten, 
indem  er  sie  an  die  christliche  Aere  reihet,  z.  B.:  jinno 
quadrihgentesimo  quadragesimo  nono  AngU  a  Britoni- 
hus  accersiti  Briianniam  adierunt. 

Bald  nachher  finden  wir  auch  zum  erstenmahl  eine 
öffentliche  Yerhandlung  nach  Jahren  dieser  Aere  datirt. 
Die  Acta  des  Goncilii  Germanici,  das  entweder  zu 
Regensburg  oder  zu  Augsburg  gehalten  worden,  fangen 
also  an  '} :  In  nomine  Domini  nostri  lesu  Christi*  Ego 
Carlomannusy  dux  et  princeps  Francorum,  anno  ab 


')  c.  45. 

^)   Baluzii  Capiiularia  Tom.I.  p.l46. 


GHfilSTLICHB    VÖLKBB.  377 

Incamatione  lesu  Christi  DCCXLIIi  XI  videUcet  Ca-- 
lendas  Maias,  cum  consilio  seivorum  Dei  et  optima- 
tum  meonun  episcopos,  qiii  in  regno  meo  sunt,  con- 
gregavi  etc.  Mit  einer  ähnlichen  Zeitbestimmung  sind 
die  Verhandlungen  des  zwei  Jahr  jungem  Concilii  von 
Soissons  eingeleitet  ^).  Bei  beiden  präsidirte  der  Lands- 
mann und  Zeitgenosse  Beda's,  der  heil.  Vonifacius« 

Der  erste  Regent,  der  sich  ihrer,  wiewohl  noch 
sparsam ,  in  seinen  Edikten  *  und  Diplomen  bedient 
hat,  ist  Karl  der  Grofse,  und  die  tflteste  Urkunde, 
in  der  es  geschah,  das  Diploma  Mettense'),  an  des- 
sen Schlüsse  es  heifst:  Datum  Calendis  Maii  anno 
quinto  decimo  Regni  nostri,  ab  Incamatione  Domini 
nostri  anno,  septingentesimo  octogesimo  tettio,  in  die 
j^scensionis  dominicae,  Indict.  sexta.  Sein  Testament 
ist  Tom  Jahr  811  datirt,  und  in  seiner  Grabschrift 
wird  seines  Todesjahrs  814  gedacht^). 

Ludwig  der  Fromme  gd[>rauchte  die  cLristliche 
Acre  zwar  selteft,  vernachlässigte  sie  aber  doch  nicht 
ganz,  wie  unter  andern  die  Verhandlungen  der  beiden 
aachener  Concilien  lehren,  von  denen  das  erste  816  im 
dritten,  das  andere  836  im  drei  und  zwanzigsten  Jahr 
seiner  Regierung  gehalten  ist^).  Seine  Söhne  dagegen, 
Lothar,  Ludwig  der  Deutsche  und  Karl  der 
Kahle,  haben  ihre  zahlreich  vorhandenen  Akten  blols 
nach  Jahren  ihrer  R^erui^  und  nach  Indictionen  da- 
tirt.   Erst  Karl  der  Dicke  hat  wieder  nach  Jahren 


')  Ib.  p.l55. 

')  Meu risse  HUt,  des  Evesques  de  Veglise  de  dietz  p,i79' 

^)  Eginhard  Fita  Caroli  Magni  c.31. 

*)  Mansi  Collect.  Conc.  Tom.XIY,  col.  l47  und  673. 


378  Technische  Chronologie.  ^ 

Christi  gerechnet,  und  zwar  so  httafig,  dafs  ihn  einige 
für  den  Urheber  dieses  Gebrauchs  gehalten  haben  ^). 
In  dem  Jahrhundert  dieser  Regenten  gab  es  übrigens 
schon  eine  Menge  Annalisten,  die  ihre  Jahrbücher  nach 
der  christlichen  Acre  ordneten,  z.  B.  Saxo  der  Dich- 
ter, der  im  fünften  Buche  seiner  Annales  Caroli  Magni 
unter  andern  das  Todesjahr  des  Monarchen  also  be- 
zeichnet'): 

Post  octingentos  Christi  nascentis  ab  ortu 
Hie  annus  quartas  extUit  et  decimus» 
Mit  dem  zehnten  Jahrhundert  endlich  wurde  der  Ge- 
brauch der  christlichen  Aere  in  Deutschland  und  Frank- 
reich so  aUgemein,   dafs  es  unnothig  ist,  weitere  Be- 
weise davon  beizubringen. 

In  den  päpstlichen  Diplomen  hat  Mabillon')  die 
Acre  des  Dionysius  nicht  vor  Leo  IX^  der  um  die 
Mitte  des  elften  Jahrhunderts  regiert  hat,  wahrgenom- 
men, so  daüs  Sethus  Calvisius  offenbar  Unrecht 
hüt,  wenn  er  behauptet^),  sie  sei  durch  die  Autoritfit 
des  Papstes  der  Chrbtenheit  aufgedrungen  worden.  Sie 
kommt  in  den  Bullen  anfangs  nur  sparsam  und  Uo(s 
in  solchen  vor,  die  von  der  Hand  des  Kanzlers  ausge- 
fertigt sind,  als  wenn  sie  von  den  Päpsten  fiir  ver- 
dächtig erklärt  worden  wäre.     Dies  gilt  auch  wirklich 


*)  Jan  Hist.  aerae  Christ,  iit  der  Vorrede  and  S.95. 

^)   S.  Leibnitii  Scripte,  rerum  Brunsvicensium  illusiraiioni 
inservienies,  Tom.  I.  p.  169* 

^)  De  re  diplom,  11,  2S^  7. 

*)  Isagoge  chronologiea  c.46,  p.  158  seines '  C3^iii  ehronolo^ 
gicum  (Frankf.  1650>  fol,   Die  erste  Ausgabe 
1605.}. 


Christliche  YöiiKSR.  379 

von  Urbanll,  der  eine  seiner  Bullen  also  datirt^): 
Data  Laierani  VII.  Cd.  ApnL  anno  ab  Incamatione  Do- 
mini  secundum  Dionjrsüun  miUesimo  nonagesimo  octavo, 
secundum  vero  certiorem  Evangelü  probationem  millß- 
simö  ceniesimo  XXI,  indictione  VI,  epacta  XF,  conr 
currente  IV.  Auch  mehrere  gleichzeitige  Annalisten, 
als  Marianus  Scotus,  Sigebertus  Gemblacensis 
und  Gervasius  von  Ganterbury  unterscheiden  un- 
ter Jahren  secundum  Dionysium  und  secunduni 
Evangelium.  Letzterer  &ngt  seine  Chronik  also  an: 
Anno  Gnuiae  secundum  Dionysium  MC,  secundum  Eyann 
gelium  *vero  MCXXII,  suscepit  Henricus  Primus  mo- 
narchiam  totius  AngUae.  Man  sieht,  er  setzt  den  Un- 
terschied, der  in  jenei^  Bulle  zu  23  Jahren  angenommen 
wird,  nur  auf  22«  Der  Grund  dieser  aufiaUeuden  Unter- 
scheidung liegt  nach  Petavius')  darin,  dals  Christus 
am  fünfzehnten  Tage  des  Mondmonats,  an  einem  Frei- 
tage und  zugleich  einer  alten  Tradition  nach  (von  der 
unten)  am  25.  März  gestorben  sein  soll«  Wollen  wir 
diese  drei  ZeitcharaLtere  vereinigen,  so  mässen  wur  sei- 
nen Tod  in  ein  Jahr  setzen,  das  zur  güldenen  Zahl  13 
und  zum  Sonntagsbuchstaben  B  hat»  Ein  solches  war 
das  zwölfte  der  dionysischen  Aere  und  Unge  nachher 
keins  wieder.  Da  nun  Christus  ein  Alter  von  33  bis 
34  Jahren  erreicht  haben  soll,  so  mufs  er  22  bis  23 
Jahre  früher. geboren  sein,  als  Dionysius  annimmt«  — 
Der  Schlufs  ist  richtig;  aber  niemand  verbürgt  uns 
die  Richtigkeit  des  angeblichen  Todestages. 


*)  Mabillon  a.  a.  0. 
')   Voctr,  temp,  XII,  4. 


380  Technische  Chronologie. 

Paulas  von  Midclelburg  ^)  und  mehrere  nach 
ihm  behaupten,  es  sei  Eugen  lY  gewesen,  der  den 
Gebrauch  der  Jahre  ab  Incarnatione  zuerst  in  die 
päpstliche  Kanzlei  eingeführt  habe.  Dies  Lann  unmög- 
lich heifsen  sollen,  dafs  in  den  Diplomen  der  frühem 
Päpste  die  dionysische  Aere  noch  gar  nicht  erwähnt 
werde.  Wenn  aber  der  Papst  genannt  werden  soll, 
der  zuerst  in  eigenhändig  vollzogenen  Bullen  die  Jahre 
Christi  mit  denen  seines  Pontificats  zusammengestellt 
hat,  so  wird  man,  wie  Jan  versichert,  keinen  altem 
als  den  eben  genannten  finden.  So*  ist  eine  seiner 
Bullen  wie  folgt  daürt ') :  Data  Romae  apud  S,  Petrum 
anno  Incamationis  DonUnicae  MCCCCXXXI,  VII.  CaL 
NouembriSy  Pontificatus  nostri  anno  primo. 

Durch  das  Bisherige  wird  der  Leser  hoffentlich  zu 
der  Ueberzeugung  gelangt  sein,  dafs  unsere  Aera  vulga- 
ris den  Abt  Dionysius  zum  Urheber  hat.  In  der 
That,  hätte  sie  schon  vor  ihm  bestanden,  so  würde 
man  Spuren  von  ihr  in  den  Actis  Martyrum,  in  den 
Verhandlungen  der  Concflien  und  in  christlichen  Grab- 
schriften,  deren  aus  dem  vierten  und  fünften  Jahr- 
hundert noch  so  manche  vorhanden  sind,  antreffen 
müssen ;  aber  überall  findet  sich  die  Zeit  nur  auf  die 
bei  den  Römern  gewöhnliche  Weise  nach  Consuln  und 
Kaiserjahren  bezeichnet  ^). 

Es  bieten  sich  uns  hier  drei  Fragen  zur  Beantwor- 
tung dar:   1)  in  welches  Jahr  hat  Dionysius  die  Ge- 


')  Paulina  l.Xm,  c.6  (2,300). 

')   BuUarium  magnum  Gherubini  Tom.  I.  p.320. 

^)  Man  vergldche  Jan  c.I.  p.  66  ff. 


Ghbisxlighs  Völkbr.  381 

bort  ChriBÜ  gesetzt?  2)  la  ivelchem  Yerhttltiiifs.  steht 
seine  Bestimmung  zu  den  Angaben  der  bewährtesten 
Kirchenväter?  3)  Um  wie  viel  Jahre  zählt  seine  Aere 
zu  wenig?  Denn  dals  sie  zu  wenig  zählt t  ist  längst 
anexiuumt. 

Was  die  erste  Frage  betrifft,  so  ist  es  eine  herge- 
brachte Meinung,  dafs  die  dionysische  Aere  ursprünglich 
ein  Jahr  mehr  ab  jetzt  gezählt  und  ihre  gegenwärtige 
Form  erst  durch  Beda  erhalten  habe.  Petavius^), 
von  welchem  diese  Ansicht  ausgeht,  drückt  sich  also 
aus:  Coniecturae  nostrae  summa  est,  Dionjsiwn  Eon- 
guum  Incamationem  ac  Natalem  Domini  eodem  anno 
statuisse,  quo  *vulgo  hodieque  ponitur,  eo  scilicet,  qui 
Christianam  aeram  proxime  praecedit:  tum  ab  eodem 
Incamationis  annos  numerare  coepisse^  sie  ut  uno  mi" 
nus  anno  nwneremus  hodie  quam  Dtonjrsius  institue-^ 
rat,  quam%ds  in  incamatione  ipsa  et  natali  nihil  ab 
eo  discrepemus.  Dieselbe  Behauptung  ist  öfters  wieder- 
hohlt  worden  ')•  Noch  in  der  neuen  Ausgabe  des  Art 
de  verifier  les  dates  heilst  es  bei  Gelegenheit  des 
Calculus  Pisanus^):  Tous  les  sa^ans  convienfient, 
que  Dinys  le  Petit  avait  6tabU  cet  usage  en  Italic, 
en  introduisant  la  maniere  de  compter  par  les  an-- 
nees  de  Notre^-Seigneur.  Hiemach  hätte  er  also  ei- 
gentlich seine  Aere  drei  Yierteljahr  vor  ihrer  jetzi- 


')  Doctr,  temp,  Xu,  2, 

^)  Man  sehe  unter  andern  Gassendi's  Romanum  Calenda^ 
rium  c.  5;  Wilh.  Langius  gelehrtes  Werk  de  annis  Christi 
LI.  c.  1.  G.  A.  Hamberger*8  Dissertatio  de  epochae  Christian 
nae  ortu  et  autore  (Jena  1707, 4)  p.  4l  ff. 

')   Tom.I,  p.ll. 


382  Technische  Chronologie. 

gen  Epoche  angefangen.    Die  Sache  ist  aber  ohne  allen 
Grund.     Da£i  er  nicht  vom  25.  MSrz  gerechnet  haben 
könne,  geht  daraus  klar  hervor,  dafs  er  jedem  Jahr  ah 
Incamatione  Domini  nur  ein  Osterfest  gibt,  da  er  sonst 
öfters  zwei  Feste  auf  einerlei  Jahr  gesetzt  haben  mülkte, 
z.  6.  auf  das  Jahr  536,  das  fünfte  seines  Cydus;  denn 
hätte  er  es  dem  Galculo  Pisano  gemäfs  schon  mit  dem 
25.  März  535  begonnen,  so  würde  das  Fest  in  demsel- 
ben zweimahl,  am  S.April  und  23.  März,   zu  feiern 
gewesen  sein.     Auch  zeigt  seine  Epistola  ad  Petro- 
nium,   die  der  Ostertafel  zur  Einleitung  dient,  und 
noch  besser  die  Petavius  imbekannt  gebliebene,   erst 
von  Jan  ans  Licht  gezogene,  Ostertafel  selbst,  dals  sein 
532stes  Jahr  vollkommen,  mit  dem  532sten  nach  jetzi- 
ger Acre  übereinstimmt;  denn  alle  damit  verknüpften 
Zeitmerkmale,  Epakte,  Ostergrenze,  Datum  des  Oster- 
festes ,   Indiction  u.  s.  w.  sind  genau  dieselben,  die  wir 
dem  Jahr  532  beilegen.     l\atk  war,  gerade  so  wie  uns, 
das  erste  Jahr  der  Acre  das  zweite  des  neunzehnjähri- 
gen Mondcirkels  —  wie  auch   Beda  ausdrücklich  be- 
merkt ^)  —  femer  das  4714te  der  julianischen  Periode, 
das  754ste  der  Sladt  Rom  nach  varronischer  Reehnung, 
das  vierte  der  194sten  Olympiade,  die  sich  im  Sommer 
desselben   endigte,   und  das   312te  der    seleucidischen 
Acre,  das  drei  Monate  früher  begann. 

Wir  zählen  also  unsere  Jahre  von  der  Geburt 
Christi  eben  so  wie  Dionysius.  Am  natürlichsten 
scheint  es  nun,  dafs  er  die  Rechnung  auch  wirklich 
mit  dieser  Epoche  angefangen  und  nur  die  acht  Tage 
vernachlässigt  habe,  um  welche  die  Eirdie  das  Geburts- 


*)  De  iemporum  ratione  c.  45. 


Christlighb  Völkbr.  383 

fest  vor  der  gewöhnlichen  Jahrepoche  feiert*  Auch  le- 
gen ihm  die  bewährtesten  Chronologen,  namentlich 
Noris  und  Pagi,  diese  Ansicht  bei.  Nur  Sande- 
rn ente  behauptet  0,  dafs  er  Christi  Geburt  an  den 
Schlufs  nicht  des  ersten  Jahrs  vor,  sondern  des  ersten 
nach  der  Epoche  seiner  Acre,  nämlich  auf  den  25.  De- 
cember  des  Jahrs  4714  der  julianischen  Periode,  gesetzt 
habe,  und  seine  Grunde  yerdienen  auch  wirklich  alle 
Aufmerksamkeit. 

Dionysius  spricht  sich  über  die  Zählungsweise 
seiner  Jahre  nirgends  aus.  Aber  nach  dem  Gebrauch 
zu  urtheUen,  den  wir  bei  den  Kirchenvätern  von  dem 
Worte  (TopKwa-^,  incamaüoy  gemacht  finden,  war  ihm 
die  eigentliche  Epoche  seiner  Jahre  ab  Incarnatione 
höchst  wahrscheinlich  die  Verkündigung  Maria. 
Nun  hat  die  Kirche  die  Verkündigung  von  jeher  an 
den  25.  März  geknüpft.  Hätte  er  also ,  wie  man  ge- 
wöhnlich annimmt,  Christi  Geburt  auf  den  2S.  Deoem- 
ber  des  Jahrs  4713  der  julianischen  Periode  gesetzt; 
so  würde  er  seine  Acre  neun  Monate  nach  ihrer  wah- 
ren Epoche  angefangen  haben,  und  dies  ist  nicht  wohl 
zu  glauben.  Fing  er  sie  dagegen  drei  Monate  vor  der- 
selben mit  der  bürgerlichen  Jahrepoche  an,  so  hatte  er 
die  Gewohnheit  des  ganzen  Alterthums  fiir  sich,  das 
die  Jahre  seiner  Regenten  und  Acren  durchgehends  auf 
eine  analoge  VITeise  geühlt  hat ').  Dazu  kommt,  da£i 
ihn  Beda  und  alle  Computisten  des  Mittelalters  nicht 


^)  De  vulgaris  aerae  emendatione  l.  lY,  c.  8. 

')  Man  yergldche  unter  andern,  wa«  oben  (1,117,465)  über 
den  Anfang  der  Jahre  im  Regentenkanon  des  Ptolemäus 
und  über  die  Epoche  der  antiochenischen  Aere  gesagt  bt. 


384  Technische  Chronologie. 

anders  verstanden  haben  *)•  Der  erste  sagt'):  In  primo 
suo  circuh  gmngentesimum  tricesimum  secundum  do^ 
minic£ie  incamadonis  annum  in  capüe  ponendo,  ma^ 
nifeste  docuit,  secundum  sui  circuli  annum  (man  er-* 
innere  sich,  daiii  das  erste  Jahr  der  christlichen  Acre 
zur  güldenen  Zahl  2  hat)  ipsum  esse,  quo  eiusdem  jo- 
crosanctae  iiuranuuionis  mjrsterium  coepit.  Hiemach 
würde  also  eigentlich  der  Caleulus  Florentinus  der  Mei- 
nung des  Dionysius  entsprechen.  Nehmen  wir,  der 
jetzt  gebräuchlichen  Terminologie  gemäis,  Christi  Ge- 
burt als  den  terminus  a  quo  an,  von  dem  er  ausging,  so 
müssen  wir  freilich  sagen,  er  habe  seine  Aere  bdnahe 
um  ein  Jahr  zu  früh  begonnen;  allein  diese  Ansicht 
ist  der  eigentlichen  Bedeutung  des  Worts  Incarnatio, 
dessen  er  sich  bedient,  nicht  gemäfii.  Erst  als  um  die 
Zeit  Karl's  des  Grofsen  der  Jahranfang  mit  dem 
25.  December  aufkam,  scheint  man  Incarnatio  als 
Synonym  yon  Natiyitas  genommen  lu  haben.  Nun 
bildete  sich  die  Meinung  aus,  die  man  ihm  gewöhnlidi 
unterschiebt.  Späterhin  kehrte  man  zur  ursprünglichen 
Bedeutung  des  Worts  zurück,  und  so  entstand  der,  cal- 
eulus Pisanus,  der  die  Aera  ab  Incamatione  um.  ein 
YoUes  Jahr  früher  anfiingt,  als  der  calculns  Floren- 
tinus. 

Es  scheint  nun  also  festzustehen:  Dionysius  setzte 
Christi  Geburt  an  den  Schlufr  des  ersten  Jahrs  seiner 
Aere,  des  47l4ten  der  julianischen  Periode,  des  7S4sten 
der  Stadt  Rom. 


*)  Veigl.  PetaTÜ  Doctr.  temp.  Xu,  1. 
*)  De  temp,  ratione  c.  45. 


Christliche  Völker.  385 

Wenn  wir,  mit  Bezug  auf  unsere  zweite  Frage, 
nicht  eine  sehr  unbestimmte  Zeitangabe  beim  lusti- 
nms  Martyr,  nach  welcher  Christus  150  Jahre  vor 
ihm  geboren  sein  soll*),  berücksichtigen  wollen,  so  sind 
Irenäus,  Tertullianus  und  Clemens  Alexan- 
drin  US  die  ältesten,  die  hier  genannt  werden  müssen. 
Der  erste  sagt '} ,  Christus  sei  um  das  41ste  Jahr  der 
Regierung  des  Augustus  geboren,  d.  i.  um  das  Jahr  751 
d.St.;  denn  der  Anfang  der  Regierung  des  Kaisers  wird 
hier  offenbar  an  das  Triumvirat  geknüpft,  zu  welchem 
er  sich  im  Jahr  711  d.  St.  mit  Antonius  und  Lepidus 
verband  ^),  wo  er  zugleich  zum  erstenmahl  das  Consu- 
lat  verwaltete.  Tertullianus  stimmt  hiermit  über- 
ein ^) ,  indem  er  die  Dauer  der  gedachten  Regierung 
auf  56  Jahre  setzt,  von  denen  41  vor  i^nd  15  nach  der 
Geburt  Christi  gezahlt  sein  sollen.  Clemens  drückt 
sich  also  aus*):  ,, Einige,  welche  die  Geburtszeit  un- 
,,8eTS  Heilandes  sorgfältig  erforscht  haben,  geben  nicht 
,,blofs  das  Jahr,  sondern  selbst  den  Tag  derselben  an, 
,, nämlich  den  25.  Pachon  des  28sten  Regierungsjahrs 
,,des  Augustus«"  Nach  alezandrinischer  Weise  wird 
hier  August's  Herrschaft  von  dem  Zeitpunkt  gerechnet, 
^o  er  nach  dem  Tode  des  Antonius  und  der  Cleopatra 
Aegypten  zu  einer  römischen  Provinz  machte,  vom 
1.  Thoth  oder  29.  August  des  Jahrs  724  d.St.  Man 
sieht,  dafi  diese  Bestimmung  Christi  Geburt  ins  Jahr 


*)  Apologia  II  pro  Christianis  p.  83.     Opp.  ed.  Paris.  I6l5. 

^)   jidv.  Haeres,  l.m.  c.25. 

^)  Dio  Gassius  1.  XLYI  am  Schlufs. 

*)   Adv.  ludaeos  c.8.  p.98.     Opp.  ed.  1697. 

•)  Strom.  1. 1.  p.  147. 

n.  [25] 


386  Technische  Chronologie. 

752  bringt.  Eusebius  wiederhohlt  und  bestätigt  sie. 
,,Es  war,  sagt  er  ^),  das  42ste  Regierungsjahr  des  Au- 
,,gustus,  das  28ste  seit  der  Unterwerfung  Aegyptens 
,,und  dem  Tode  des  Antonius  und  der  Cleopatra,  wo- 
,,niit  die  Dynastie  der  Ptolemäer  erlosch,  als  unser 
,,Herr  und  Heiland  Jesus  Christus  zur  Zeit  der  ersten 
,, Schätzung  Syriens  unter  dem  Proconsul  Quirinus,  den 
,, Weissagungen  der  Propheten  gemäfs,  zu  Bethlehem  in 
„Judäa  geboren  wurde."  Der  Anfang  der  Regierung 
Augustes  wird  hier  eben  so,  wie  beim  Irenäus^  auf 
das  Jahr  711  d.  St.  gesetzt,  womit  auch  das  Chroni- 
con  des  Eusebius  übereinstimmt;  denn  nach  des  Hie- 
ronymus  Uebersetzung  wird  ihre  Dauer  auf  56  Jahre 
und  6  Monate  berechnet  ') ,  was  fiir  ihren  An&ng-  die 
ersten  Monate  des  Jahrs  711  gibt,  indem  August  im 
Jahr  767  am  19ten  des  nach  ihm  benannten  Monats 
gestorben  ist  (2,  112).  Auch  Epiphanius  ^)  nennt 
das  42ste  Regierungsjahr,  das  er  noch  näher  durch  das 
Consulat  des  Octayianus  Augustus  XHI  und  Silyanus 
bezeichnet,  als  das  Geburtsjahr  Christi. 

Diese  Angaben  der  Kirchenväter,  die  anerkannt  zu 
den  gelehrtesten  gehören,  stimmen  wesentlich  mit  ein- 
ander überein.  Von  der  lateinischen  Kirche  ist  Christi 
Geburt  frühzeitig  an  den  25.  December,  und  yon  der  grie- 
chischen bis  zum  vierten  Jahrhundert  an  den  6.  Januar 
geknüpft  worden  (23  329).  Trenäus  imd  Tertullianus, 
die  beide  im  Occident  lebten,  haben  daher  unstreitig  die 
Geburt  auf  den  25.  December  des  Jahrs  751  d.St.  gesetzt. 


*)  Hist,  eccL  I,  5.  » 

')  Ad  Olymp.  1S4.     Opp.  Hieron.  Tom.Vin,  p.6l2. 

*)  Haeres.  LI,  c.  32,  p.  444. 


Christliche  Völker.  387 

Epiphanius  nennt  das  Jahr  752,  aber  zugleich  ans* 
driicklich  den  6.  Januar.  Für  eben  diesen  Tag  hat 
sich  wahrscheinlich  auch  Eusebius  entschieden.  Der 
25.  Fachen  der  Alexandriner  oder  20.  Mai  beim  Cle- 
mens steht  als  Geburtstag  Christi  ganz  isolirt  da  *); 
das  Jahr  bleibt  jedoch  dasselbe. 

Hiernach  wäre  also  Christus  zwei  Jahre  vor  der 
Epoche  der  dionysischen  Acre  geboren  ').  Der  Grund 
dieser  so  übereinstimmigen  Angabe  bei  den  Kirchenvä- 
tern ist  ohne  Zweifel  im  dritten  Kapitel  des  Evange- 
listen Lucas  zu  suchen,  wo  es  heifst,  Christus  sei 
etwa  dreifsig  Jahre  alt  von  Johannes  getauft  worden, 
der  sein  Tauferamt  im  fünfzehnten  Jahr  des  Ti- 
ber ius  angetreten.    Als  Datum  der  Taufe  nimmt  man 


')  Der  25.  Pachon  ist  rielleicht  ^o  entstanden :  die  ägyptischen 
Cbristen,  da  sie  hörten,  dafs  Christus  im  neunten  Monat,  nüm« 
lieh  des  jüdischen  Jahrs,  geboren  sei,  dachten  an  den  neunten 
des  ihrigen,  d.  i.  an  den  Pachon  (1,  l43). 

')  Späterhin  ist  man  im  Orient  noch  ein  Jahr  weiter  zurück- 
gegangen. In  einem  von  Cotelerius  in  einer  Anmerkung  zu 
der  oben  (2, 326)  citirten  Stelle  der  Constitutiones  Jpostolicae 
mitgetheilten  Fragment  des  Cod.  l474  der,  pariser  Bibliothek 
heifst  es:  „Der  "EivayytXv^QQ  (die  Verkündigung  Maria)  ist  im 
,,Jahr  5505,  Sonntags  den  25.  März,  und  die  Gebu^^t  im  Jahr 
,,5506  den  25,  Decerober  erfolgt.**  Es  ist  von  der  constantinope- 
lischen  Weltare  die  Rede,  deren  5506tes  Jahr  am  I.September, 
des  vierten  yor  unserer  Aere,  anfängt.  Die  Chronik  Ton 
Edessa  (1,452)  und  Sulpitius  Seyerus  stimmen  hiermit  über« 
ein ,  indem  erstere  (S.  389)  Christi  Geburt  in  das  Jahr  309  dei* 
seleucidischen  Aere  setzt,  und  letzterer  {Hist,  1.  U  c.  39)  die  Gon- 
suln  Calyisius  Sabinus  und  Passienus  Rufus  als  diejenigen  nennt, 
unter  denen  Christus  geboren  sein  soll.  Friedrich  Spanheim 
hat  diese  und  noch  ändert  minder  bewähile  Angaben  in  einer 
Tafel  zusammengestellt.    Opp,  Tom.  I.  p.  205. 

[25*1 


388  Technische  Chronologie. 

gewöhnlich  im  Orient  den  8.  November ,  im  Oocident 
den  6.  Januar  an.  Nun  begann  das  fünfzehnte  Jahr 
des  Tiberius  im  781sten  d.St.,  nach  jüdischer  Rech- 
nungsweise mit  dem  Frühlingsmonat  Nisan  (1,522), 
und  wurde  Christus  im  Yerkuf  desselben  30  Jahre  alt, 
so  mufs  er  gegen  den  Anfang  des  Jahirs  752  d.  St. 
geboren  sein. 

Scaliger,  der  diese  dem  Anschein  nach  mit  dem 
Eyangelio  ganz  übereinstimmende  Angabe  für  unbedingt 
richtig  hält,  sagt  ^):  Biennio  integre  a  vero  nos  remo- 
\fit  sanctio  Dionysiana;  quod  utinam  nunquam  in  men- 
tem  ^enisset  aut  ilU  Iioc  imperandi,  aut  nobis  pcuiendi. 
Aus  obiger  Darstellung  geht  aber  hervor,  dals  Diony- 
sius  die  Geburt  Christi  nicht  zwei,  sondern  drei  Jahre 
später  als  jene  Kirchenväter  gesetzt  hat,  wenn  gleich 
seine  Aere  nur  zwei  Jahre  weniger  zählt.  Was  ihn 
veranlalst  haben  mag,  von  einer  Bestimmung  abzuge- 
hen, die  so  wichtige  Autoritäten  für  sich  hatte  und  ihm 
unmöglich  ganz  unbekannt  sein  konnte,  wissen  wir 
nicht.  Nur  so  viel  ist  klar,  dais  sich  Pagi's  Behaup- 
tung ') ,  er  habe  seine  Aere  aus  dem  Orient  und  na- 
mentlich vom  Panodorus  entlehnt,  mit  jener  Dar- 
stellung nicht  verträgt;  denn  dieser  ägyptische  Mönch 
setzte,  wie  wir  unten  sehen  werden,  Christi  Geburt  in 
das  Jahr  753  d.  St. 

Wir  wenden  uns  nun  zu  unserer  dritten  Frage,  die 
wir  also  stellen  wollen:  in  welchem  Jahr  der  juliani- 
schen  Aere  oder  der  Stadt  Rom  wurde  Christus  aller 


*)  Emend.  temp,  l.YI,  p.  548. 

')  Dissert.  de  penodo  Grßeco^Romana  (vor  der  Criitca  im 
Jnnaies  Baromi)  S.  14. 


Christliche  Völker.  389 

WahTScheinlichkeit  nach  geboren?  Dieser  Gegenstand 
hlät  den  Scharfsinn  vieler  Gelehrten  beschäftigt,  und 
noch  immer  hat  sich  keine  ganz  feste  Meinung  darüber 
ausgebildet.  Nur  so  viel  ist  längst  und  allgemein  aner* 
kannt,  dais  unsere  von  Dionysius  herrührende  Aera 
vulgaris  mindestens  um  yier  Jahre  zu  wenig 
zählt.  Ich  werde  die  Gründe,  die  auf  dieses  Ergeb- 
nils geleitet  haben,  *in  der  Kürze  darlegen.  Sie  sind 
sämmtlich  von  der  Geschichte  des  jüdischen  Königs 
Herodes,  des  sogenannten  Grofsen,  entlehnt,  der 
nach  den  Evangelbten  zur  Zeit  der  Geburt  Christi  noch 
am  Leben  war. 

losephus,  dessen  aus  den  Commentarien  des  Ni- 
colaus Damascenus,  des  vieljährigen  Gesellschafters 
und  Vertrauten  dieses  Fürsten,  geschöpfte  Nachrichten 
sich  überall  als  glaubwürdig  bewähren,  berichtet^}, 
Herodes  sei  01.184  unter  dem  Consulat  des  Gn.  Do- 
mitius  Calvinus  und  C.  Asinius  PoUio,  d.i.  im  Jahr 
714  d.  St. ,  auf  Veranlassung  des  Antonius  und  Octa- 
vianus  durch  einen  Beschlufs  des  Senats  zum  Könige 
von  Judäa  ernannt  worden.  Er  gelangte  aber  nicht 
sogleich  zum  ruhigen  Besitz  seines  Königreichs,  sondern 
mufste  es  erst  vom  Antigonus  erobern,  der  sich  mit 
Hülfe  der  Parther  zum  Könige  von  Judäa  aufgeworfen 
hatte,  aus  dessen  Besitz  sein  Vater  Aristobulus  im 
Jahr  691  d.  St.  vom  Pompeius  verdrängt  worden  war. 
Herodes,  von  römischen  Legionen  unterstützt,  ero- 
berte Jerusalem  ui^d  liefs  den  Antigonus  hinrichten. 
Dies  geschah  nach  Dio  Cassius  '}  unter  dem  Consu- 


*)   Aniiqq,  XTV,  l4,5. 

^}  HisL  Rom.  I.  XUX,  c.  22. 


390  Technische  Chronologie. 

lat  des  Claudius  und  Norbanus  a.  u.  716,  nach  lose- 
phus  ^)  unter  dem  des  Agrippa  und  Caninius  Gallus 
a.  u.  717*  Der  letztere  hat  ohne  Zweifel  Recht;  denn 
aus  der  ganzen  Reihenfolge  der  Begebenheiten  gßht,  wie 
Sanclemente  zeigt  ^),  klar  hervor,  dafs  Jerusalem 
nicht  vor  dem  Sommer  717  d.  St.  erobert  sein  könne. 
Hiermit  stimmt  auch  die  wiederhohlte  Versicherung  des 
losephus^),  dafs  Herodes  37  Jahre  nach  seiner  Er- 
nennung zum  Könige,  und  34  nach  der  Hinrichtung 
des  Antigonus  gestorben  sei. 

Nehmen  wir  nun  an,  dajs  der  jüdische  Gescbicht- 
schreiber  die  Jahre  nach  der  Gewohnheit  seines  Volks 
vom  Nisan  an  rechnet,  und  dafs  die  eben  gedachten 
Zahlen  laufende,  nicht  vollendete,  Jahre  bezeichnen, 
so  ist  Herodes  im  Jahr  750  d.  St.  nach  dem  l.Nisau 
gestorben.  Auf  eben  dieses  Ergebniis  leiten  auch  meh- 
rere von  der  Geschichte  seiner  Söhne  Herodes  An- 
tipas,  Archelaus  und  Philippus  entlehnte  Argu- 
mente, wovon  ich  hier  nur  eins  anführen  will,  auf 
welches  Sanclemente  mit  Recht  ein  besonderes  Ge- 
wicht legt.  Der  erste,  den  die  Evangelisten  öfters  er- 
wähnen, wurde  durch  das  Testament  seines  Vaters  zum 
Tetrarchen  von  Galiläa  ernannt  und  in  dieser  Würde 
von  August  bestätigt.  Caligula  beraubte  ihn  der- 
selben und  verwies  ihn  nach  Lugdunum.  Dies  geschah, 
wie  Noris  bündig  darthut  ^),  im  Spätsommer  des  Jahrs 
792  d.  St.     Es  sind  aber  drei  Münzen  von   diesem 


*)   Aniiqq.  XIV,  16,  4. 

'^)  De  vulgaris  aerae  emendatione  Lm,  c.  6. 
0  Jntiqq.  XVII,  8,  1.  De  hello  lud.  I,  33,  8. 
*)   In  seiner  Epistola  ad  P.  Jntonium  Pagium  de  nwnmo 
Herodis  Antipäe,  Opp.  Tom.  11,  col.  647  ff. 


Ghristlichb  Yölkea.  391 

Fürsten  mit  der  Jahrzahl  MF^  43,  vorhanden,  welche 
Koris  und  Sanclemente  beschreiben.  Hiemach 
kann  er  seine  Regierung,  zu  der  er  erst  nach  dem 
Tode  seines  Yaters  gelangte,  spätestens  im  Jahr  750 
angetreten  haben.  Von  noch  einer  andern  Münze  mit 
der  Jahrzahl  MA,  44,  die  der  unkritische  Yaillant 
gesehen  haben  will,  und  die  Fröret  viel  zu  schaffen 
gemacht  hat^),  bezweifelt  Eckhel')  die  Existenz,  und 
wirklich  weiset  Sanclemente  beiriedigend  nach  ^), 
dals  sich  Yaillant  geirrt  hat. 

Wir  kennen  aber  nicht  blofs  das  Jahr,  sondern 
auch  die  Jahrszeit,  in  die  wir  den  Tod  des  Her  ödes 
zu  setzen  haben.  Wie  losephus  berichtet  ^),  entstand 
während  seiner  letzten  Krankheit  eine  Empörung,  an 
deren  Spitze  sich  der  Schriftgelehrte  Matthias  beiand.  Er 
liels  die  Schuldigen  verbrennen,  und  in  der  Nacht,  wo 
dies  geschah,  war  eine  Mondfinsternifs  —  xoi  ij  o-e- 
Xnjyi]  T^  ourf]  wxrl  l^ikiTTEv.  Unmittelbar  nach  seinem 
Tode,  wie  aus  der  Erzählung  des  jüdischen  Geschicht- 
schreibers erhellet,  wurde  das  Passahfest  gefeiert^}. 
Nun  trat  in  der  Nacht  vom  12  zum  13ten  März  des 
.  Jahrs  750  d.  St.  oder  4  vor  unserer  Zeitrechnung  eine 
partiale  Mondfinsternifs  ein,  die  ich  einer  genauen  Be- 
rechnung unterworfen  habe.     Nach  den  Delambreschen 


')  S.  sein  Eclaircissement  sur  Vannde  et  le  temps  precis 
de  Ul  mori  d'Hdrode  le  Grand.  Mdm.  de  VAcad.  des  Inscr, 
Tom.  XXI,  p.  278  ff. 

*)  Doctr.  num.  Vol.  BH,  p.  489- 

^)  l.  m,  c.  1. 

♦)   4ntiqq.  XVH,  6,  4. 

*)  xvn,  9,  3. 


392  Technische  Chronologie. 

Sonnen-  und  Mayer -Masonschen  Mondtafeln  eieignete 
sich  ihr  An&ng  zu  Jerusalem »  2  St.  13'  östlich  ycm 
Paris  *),  um  1  U.  4S',  und  ihr  Ende  um  4  U.  12' 
Morg.  w.  Z.  Im  Mittel,  um  3  Uhr,  betrug  die  Gid& 
4,  7  Zoll  am  nördlichen  Rande.  Der  folgende  Toll- 
mond,  der  erste  im  Frühling,  hat  ohne  Zweifel  das 
Passah  bedingt,  und  so  mufs  der  Tod  des  Königs  in 
den  ersten  Tagen  des  Aprils  und  zugleich  des  Nisan 
erfolgt  sein,  unter  welcher  Voraussetzung  alle  aus  der 
Geschichte  entlehnte  chronologische  Merkmale  vollkom- 
men richtig  erscheinen,  wobei  noch  bemerkt  weiden 
mufs,  dafs  sich  im  Jahr  7S0  weiter  keine  zu  Jerusalem 
sichtbare  Mondfinstemüs  zugetragen  hat.  Im  Jahr  751,  i 
in  welches  einige  den  Tod  des  Königs  haben  setzen 
wollen,  hat  es  gar  keine  Mondfinsternifs  gegeben. 

Dieses  auf  den  ersten  Blick  sehr  befriedigende  Er- 
gebnis wird  nun  aber  durch  die  Menge  der  Begeben- 
heiten, die  sich  nach  losephus  umständlicher  Erxäh- 
lung  yon  der  Hinrichtung  der  Empörer  bis  zum  Passah 
ereignet  haben  sollen,  wieder  zweifelhaft  gemacht.  Um 
dieser  Schwierigkeit  zu  begegnen,  nimmt  San  de- 
mente an  '),  dafs  die  Hinrichtung  schon  ein  paar 
Monate  vor  Her  od  es  Tode  erfolgt  sei,  und  dafs  die 
Finsternifs,  die  dabei  eingetreten  sein  soll,  in  irgend 
einer  zufälligen  Verdunkelung  des  Mondes  bestanden 
habe.  Aber  das  Wort  I^^Xitte  beim  losephus  ist  das 
Yocabulum  proprium  von  Finsternissen.  Fröret,  der 
sich  die  Mondfinsternifs  mit  Recht  nicht  nehmen  lassen 


*)  Monatl.  Corresp.  des  Frahemi  Ton  Zach  B.  XviUi 
S.  544. 

•)  l.m,  C.11. 


Christliche  Völker.  393 

will,  spricht  von  der  Einschaltung  eines  aufserordent- 
liehen  Nisan,  wodurch  das  Passah  bis  zum  10.  Mai  ver- 
zögert sein  soll  ^),  und  Usher  will  gar  den  Tod  des 
Königs  bis  gegen  Ende  des  Novembers  verschoben  wis- 
sen '),  weil  in  einem  jüdischen  Traktat  n'^ar^n  nVän  ^e- 
g^leth  thanith.  Buch  des  Fastens,  unter  dem  Kis- 
lev,  einem  der  Herbstmonate,  angemerkt  steht:  ,,der 
,, siebente  ein  Fasttag,  weil  an  ihm  DliniSi  Hurudes, 
,,ein  Feind  der  Weisen,  starb;  denn  es  ist  eine  Freude 
,,Vor  Gott,  wenn  die  Bösen  scheiden."  Es  bedarf  aber 
meines  Erachtens  weder  jener  gezwungenen  Hypothesen, 
noch  dieser  obscuren  Tradition,  wenn  wir  nur  die  sehr 
einfache  Voraussetzung  machen,  dais  losephus,  wie 
er  auch  sonst  zu  thun  pflegt,  die  gedachten  Begeben- 
heiten mehr  in  faktischem  als  chronologischem  Zusam- 
menhange erzahlt,  und  dem  Yerbrechen  der  Empörer 
gleich  ihre  Strafe  beigefügt  hat,  statt  beide  Fakta  durcb 
einen  Zwischenraum  von  mehreren  Monaten  zu  tren- 
nen, während  dessen  sich  andere  später  von  ihm  er^ 
wähnte  Dinge  zugetragen  haben.  So  retten  wir  die 
Finstemifs,  die  nun  ihrerseits  ein  herrliches  Zeitmerk- 
mal wird,  das  den  Tod  des  Herodes  imwidersprechlich 
in  den  Frühling  des  Jahrs  750  d.  St.  bringt. 

Hiemach  ist  nun  klar,  dafs  Christus  nicht  später 
als  um  den  Schlufs  des  Jahrs  749,  vier  Jahre  vor 
der  Epoche  unserer  Aere,  geboren  sein  könne.  Sollten 
wir  aber  nicht  noch  weiter  zurückgehen  müssen,  da 
Herodes  nach  der  Erzählung  der  Evangelisten  noch 
Jahr  imd  Tag  nach  Christi  Geburt  gelebt  zu  haben 


*)  S.287. 

')  Armales  veiens  ei  novi  Tesiamenti  ad  ann.  IV  a.Chr. 


394  Technische  Chronologie. 

scheint?  Sanclemente,  der  diesen  Gq;ensland  am 
erscböpfendsten  behandelt  hat,  entscheidet  sich  fiir  das 
Jahr  747*     Seine  Gründe  sind  folgende. 

Lucas  berichtet  im  Anfange  seines  zweiten  Kapi- 
tels, Christus  sei  geboren  zur  Zeit  der  yon  August  im 
ganzen  römischen  Eeich  verordneten  Schätzung  —  ebro- 
ypä4fri  —  und  dies  sei  die  erste  gewesen  unter  Kyrinius, 
dem  Statthalter  Syriens  —  avrri  i]  iitoypeü^  Trpwrrj  e/i~ 
ytTo  i^fxovivoyTog  ^vpia^  Kvptiviov.  Es  bt  P.Sulpitius 
Quirinus  gemeint,  der  im  Jahr  742  d.  St.  Consul 
und  nachher  Präses  von  Syrien  war.  Er  wurde  dies 
aber  erst  neun  Jahre  nach  Herodes  Tode,  wo  er  in 
dieser  Eigenschaft  nach  Syrien  gesandt  ward,  und,  wie 
losephus  berichtet*),  nach  Judäa  kam,  um  die  Gü- 
ter des  von  August  exilirten  Archelaus  zu  oonfisciren 
und  seine  mit  Syrien  vereinigte  Ethnarchie  zu  schätzen. 
Dies  ist  offenbar  nicht  der  Gensus,  von  welchem  der 
Evangelist  redet  und  den  er  den  ersten  nennt,  mit 
Bezug  auf  den  spätem,  den  er  in  der  Apostelge- 
schichte erwähnt').  Nun  kennen  wir  sämmtliche 
Statthalter  Syriens  aus  der  Zeit  des  August')»  und  wis- 
sen bestinmit,  dais  es  zur  Zeit  der  Geburt  Christi  nur 
entweder  Q.  Sentius  Saturninus  oder  P.  Quinti- 
lius  Yarus  gewesen  sein  könne.  Der  erste  war  es 
vom  Jahr  744  d.  St.  ab,  der  andere,  wie  aus  an- 
tiochenischcga  Münzen  erhellet,  spätestens  vom  Sommer 


*)   Jniiqq,  1.  XYIII  im  Anf. 

*)  c.  5  T.  37. 

')  S.  das  yeraeidinifs  derselben  in  Noris  Cenoi.  Pis.  disi.n, 
c.  16,  nnd  yergleiche  damit  sein  Werk  Annus  et  epochae  Syrom. 
diss.  m,  c.  7  imd  Sanclemente  l.in,  c.3  ff. 


Christliche  Yölker«  395 

748  ^)  bis  nach  Herodes  Tode.  Es  bleibt  also  nichts 
weiter  übrig,  als  die  Voraussetzung,  dafs  Quirinus, 
zur  Schätzung  Syriens  und  Judaas  aufserordentlich  yon 
August  beauftragt,  sie  gemeinschaftlich  mit  einem  der 
gedachten  ordentlichen  Statthalter  veranstaltet  hat;  denn 
dafs,  wie  Valesius  und  Huetius  geglaubt  haben,  im 
Text  des  Lucas  für  Kyrinius  entweder  Saturni- 
nus  oder  Quintilius  zu  setzen  sei,  ist  ganz  unstatt- 
haft, da  sich  in  Leiner  Handschrift  des  neuen  Testa- 
ments eine  Variante,  und  bei  keinem  der  Kirchenväter, 
die  diese  Stelle  citiren,  yon  lustinus  Martyr,  einem 
der  ältesten,  bis  auf  Hieronymus,  einem  der  gelehr- 
testen, ein  anderer  Name  genannt  findet. 

Die  Schätzung   im  Evangelium  hat  den  Auslegern 
viel  zu  schaffen  gemacht  ')•    Wie  konnte  August  Judäa 


*)  Es  kommt  nämlich  eine  Münze  mit  seinem  Bildnisse  und 
der  Jahrzahl  XXY  vor.  Diese  bezieht  sich  auf  die  Aera  acti- 
aca  der  Anliochener,  deren  26s tes  Jahr  mit  dem  Herbst  748 
d.  St.  begann  (1,470). 

^)  Man  vergleiche  unter  andern  Hm.  Paulus  Kommentar 
über  die  drei  ersten  Evangelien  Th.I.  S.l40  ff.  üntiT  den 
verschiedenen  Meinungen  empfiehlt  sich  noch  am  meisten  die  des 
Joh.  Georg  Herwart,  der  S.  188  seines  chronologischen  Werks 
irpm)  i^ivfTQ  für  npirtpov  fyivno  nimmt,  in  dem  Sinne:  ,, diese 
9, Schätzung  fand  Statt,  ehe  Quirinus  Präses  vcm  Syrien  wurde.** 
Es  war  dies,  würde  so  der  Evangelist  sagen,  nicht  die  allgemein 
bekannte  Schätzung  aus  der  Zeit  des  Quirinus,  sondern  eine  frü- 
here, von  der  in  Palastina  weniger  die  Rede  ist.  Ein  ähnlicher 
hebraistrender  Gebrauch  des  Worts  «purroc  kommt  beim  Evange- 
listen Johannes  vor,  1, 15  und  XY^  18.  —  Der  Tollständige  Titel 
dieses  übrigens  wunderlichen  Buchs  ist:  Admiranda  ethnicae 
theologiae  mjrsteria  propalata.  Accessit  exacia  temporum  rO" 
iio  adversus  incredibiles  Chronologiae  vulgaris  errores,  Mün- 
chen 1626,  4. 


396  Technische  Chronologie. 

schätzen  lassen,  ehe  das  Land  eine  romische  Provinz 
geworden  war,  und  wie  hat  man  sich  das  Stillschweigen 
zu  erklären,  das  losephus  und  andere  Geschichtschreir 
her  über  diese  Schätzung  und  ihren  Vollzieher  Quirinus 
beobachten?  Sanclemente  sagt,  die  Schätzung  yon 
Judäa  war  kein  eigentlicher  Census,  sondern  eine 
blofse  Descriptio  oder  YoIksnLhlung.  Tacitus  nSm- 
lieh  gedenke  ^)  eines  eigenhändig  yon  August  entworfe- 
nen Libellus,  worin  die  opes  puhlictie  yerzeichnet 
standen,  quantum  civium  socionunque  in  armis,  quot 
classes,  regna,  prouinciae,  tributa  aut  ^ectigaUa  n*  s.  w. 
Suetonius')  nenne  diese  Schrift  Breyiarium  totius 
imperii,  und  führe  als  Hauptinhalt  an  quantum  mi" 
Utunt  sub  signis  ubique  esset.  Nur  zum  Behuf  der 
Anfertigung  dieses  Breyiarii  habe  August  zugleich  mit 
dem  gesammten  romischen  Reiche  auch  Judäa  schätzen 
lassen,  vielleicht  in  der  Absicht,  um  beurtheilen  zu 
können,  welche  Streitkräfte  die  verbündete  Provinz  in 
einem  Kriege  mit  den  Parthem  verheifse.  Was  das 
Prädikat  iqyBfionvwv  betrefie,  das  Lucas  dem  Quirinus 
beilegt,  so  gebrauche  er  es  auch  von  Pontius  Pila- 
tus, der  doch  blofs  Prokurator  in  Judäa  unter  dem 
Oberbefehl  des  Präses  von  Syrien  war«  Es  sei,  wie 
bciTpoTTog  beim  lustinus  Martyr,  ein  Titel,  der  dem 
Quirinus  als  Bevollmächtigtem  August's,  mit  Recht  ge* 
bühre.  Dafs  er  zu  einer  Schätzung  von  Judäa  schon 
bei  Lebzeiten  des  Herodes  nach  Syrien  gekommen  und 
einer  der  zwanzig  Commissarien  gewesen  sei,  die  nach 
Suidas  ^)  von  August  mit  dem  Census  des 

*)   AnnaL  I,  11. 
»)  Aug.  c.  101. 


Christliche  Völkbr.  397 

Reichs  beauftragt  wurden,  sucht  Sanclemente  *) 
mit  Hülfe  zweier  früherhin  zu  diesem  Zweck  nicht  be- 
nutzten Inschriften  zu  beweisen,  und,  wie  ich  glaube, 
nicht  ohne  Erfolg,  wiewohl  das  auf  mannig&chen  Com- 
binationen  beruhende  Resultat  immer  nur  ein  wahr- 

* 

scheinliches  genannt  werden  kann« 

Wenn  Tertullian,  einer  der  ältesten  Kirchen- 
yflter,  in  seiner  Schrift  gegen  den  Marcion')  von  der 
Schätzung,  unter  der  Chxistus  geboren  wurde,  sagt: 
Census  constat  actos  sub  Augusto  in  ludaea  per  Sen- 
tiwn  Satuminum,  so  ist  er  gerade  nicht  mit  Lucas 
im  Widerspruch.  Er  nennt  den  damahligen  ordent- 
lichen Präses  von  Syrien,  durch  welchen  Quirinus, 
zu  diesem  Geschäft  eigentlich  beauftragt,  den  Census 
in  Judäa  gar  wohl  veranstalten  lassen  konnte.  Nun 
war  Sentius  der  Präses  Syriens  bis  zum  Sommer  des 
Jahrs  748  d.  St. ;  Christus  kann  also,  sagt  Sancle- 
mente, nicht  nach  dieser  Epoche  geboren  sein.  Und 
dafs  er  gerade  am  Schluls  des  Jahrs  747  geboren  sei, 
glaubt  er  delshalb  ^) ,  weil  alle  Kirchenväter  und  alle 
Hartyrologien  der  katholischen  Kirche  darin  überein- 
stimmen, dafs  die  Menschwerdung  Christi  in  eine  Zeit 
zu  setzen  sei,  wo  überall  im  römischen  Reiche  Frieden 
herrschte.  Dies  war  aber  nicht  vor  dem  Julius  des 
Jahrs  746  der  Fall,  wo  Tiberius  siegreich  und  triumphi- 
lend  aus  Deutschland  nach  Rom  zurückkehiSe.  Höchst- 
wahrscheinlich wurde  damals  der  Janustempel  geschlos- 
sen und  erst  752  beim  Ausbruch  eines  Krieges  mit  den 


«)  1.  rv,  c.  3  und  4. 
•)  1.  IV,  c.  19. 

')  L  rv,  c.  1. 


398  Technische  Chronologie. 

Parthern  wieder  geöffnet.  Die  Empfängnifs  Maria  moSi 
also,  80  schliefst  er  *),  auf  den  Frühling,  und  die  Ge- 
burt Christi  auf  den  25.  December  des  Jahrs  747  ge- 
setzt werden.  Hiemit  stimme  auch  das  Zeugniis  des 
Evangelisten  Matthäus'),  nach  welchem  Herodes 
von  Christi  Geburt  unterrichtet,  zu  Bethlehem  und  in 
der  Umgegend  alle  Kinder  von  zwei  Jahren  und 
darunter  —  ino  iuroS^  xou  xaTwripw  —  habe  ermorden 
lassen,  nach  der  Zeit,  die  er  von  den  Magiern  er- 
forscht ^) ;  auch  finde  sich  bei  einigen  Kirchenvätern 
die  Tradition,  dafs  Christus  sich  fast  zwei  Jahre  bis 
nach  Herodes  Tode  in  Aegypten  aufgehalten  habe. 

Der  Pater  Dionysius  Magnan,  der  ein  Buch 
des  Titels:  Prohlema  de  anno  nati\^itads  Christi  ge- 
schrieben^), geht  noch  ein  Jahr  weiter  als  San  de- 
mente zurück.  Sueton  sagt  vom  August*):  Cenr- 
sum  populi  ter  egit,  primum  ac  teriium  cum  coUega^ 
medium  solus.  Von  diesen  drei  Schätzungen  führt  das 
Monumentum  Ancyranum  ^)  in  seiner  zweiten 
Tafel  unter  andern  Umständen  auch  die  Zeiten   an. 


•)  1.  IV,  c.  7. 

»)  c.  2  T.  16. 

')  Merkwürdig  bt  es,  dafs  auch  Macrobius,  der  sich  nir- 
gends als  Christ  zu  erkennen  gibt,  des  bethlehemitischen  Kin- 
dermords gedenkt.  Er  führt  nämlich  unter  andern  Späfsen  voa 
August  auch  folgenden  an:  Cum  audisset,  inier pueros,  quos  in 
Sjrria  Herodes  Rex  ludaeorum  infra  himaium  iussit  inlerfici, 
ßlium  quoque  eius  occisum ,  ait :  melius  est  Herodis  porcttm 
esse  quam  ßlium,    Saturn,  II,  4. 

•)   Hom  1772,  8. 

»)   Aug.  c.  27. 

*)  Gr uteri  Thesaurus  Inscripi.  p.  GGXXX. 


Ghaistlighb  Völker.  399 

wo  sie  veranstaltet  worden  sind.  Die  erste  gehört  ins 
Jahr  726  d.  St.,  die  zweite  in  746  —  Censorino  et  Asü 
nio  Cöss.j  wie  Casaubonus  und  Gruter  ergänzend 
lesen—,  die  dritte  in  767«  Die  zweite  nun  hält  Ma- 
gnan  für  eben  die,  deren  der  Evangelist  gedenkt,  und 
dies  ist  ihm  das  HauptmomeYit  für  seinen  Satz,  dafs 
Christus  im  Jahr  746  d.  St.,  sieben  Jahre  vor  der 
Aera  vulgaris,  geboren  sei.  Allein  Sanclemente 
zeigt  ^),  dals  das  Monument  blois  von  einem  zu  Born 
vollzogenen  Gensus  und  damit  verbundenen  Lustrum, 
keinesweges  von  einer  allgemeinen  Schätzung  des  rö- 
mischen Reichs  spreche,  wenn  er  auch  gleich  nicht  in 
Abrede  steht,  dafs  August  nach  eingetretenem  allgemei- 
nen Frieden  diesen  Gensus  zum  Behuf  seines  Breviarii 
veranstaltet  habe  und  dadurch  zu  einer  Schätzung  des 
gesammten  Reichs  veranlafst  worden  sei,  die  jedoch  erst 
im  folgenden  Jahr  zu  Stande  gekommen. 

Wer  obige  für  das  Jahr  747  beigebrachte  Gründe  zu- 
sammengenommen aufmerksam  erwägt,  wird  sich  schwer- 
lieh  der  Ueberzeugung  erwehren,  dals  die  so  lange  strei- 
tig gebliebene  Frage,  um  wie  weit  unsere  christliche 
Ae^  von  der  Wahrheit  abweicht,  nun  endlich  als  ge- 
löset zu  betrachten  sei.  Es  gibt  aber  noch  ein  Mo- 
ment mehr  für  die  Entscheidung,  das  der  italienische 
Ghronolog  bei  seiner  Unkunde  der  Astronomie  nicht 
beachtet  hat. 

Im  zweiten  Kapitel  des  Evangelisten  Matthäus 
heilst  es,  die  Magier  oder,  wie  Luther  übersetzt, 
die  Weisen  aus  dem  Morgenlande,  seien  nach 
Jerusalem  gekommen,  um  sich  nach  dem  neugebomen 

•)   1.  IV,  c.  2. 


400  Technische  Chronologie. 

Könige  der  Juden  zu  erkundigen,  dessen  Stern  — 
d^poL  —  sie  in  Osten  —  Iv  r^  ivaroX^  —  gesehen, 
und  dieser  Stern,  von  dem  wiederhoUentlich  bemerkt 
wird,  dals  sie  ihn  im  Morgen  wahigeoommen,  hahe  ih- 
nen bis  Bethlehem  geleuchtet  *)•  Gewöhnlich  nimmt 
man  denselben,  wenn  auch  nicht  für  ein  Gebilde  der 
Phantasie,  doch  fiir  ii^iend  ein  Meteor,  das  entweder 
zufäUig  oder  ad  hoc  entstanden  sei.  Wir  wollen  uns 
weder  zu  den  Ungläubigen  noch  zu  den  Uebei^ubigen 
zählen,  und  dies  Gestirn  mit  Kepler  fiir  ein  wirk- 
liches, dem  Calcul  gar  wohl  zu  unterwerfendes,  hal- 
ten, nämlich  für  die  in  Gonjunction  befindlichen 
Planeten  Jupiter  und  Saturn.  Dals  nur  Ton 
einem  Stern  *  op^p  — ,  nicht  von  einem  Gestirn 
—  ag-pov  — ,  die  Rede  ist,  darf  uns  nicht  ine  machen; 
Verwechslungen  beider  Wörter  kommen  auch  anderwei- 
tig vor.  Der  gedachte  grolse  Astronom,  der  die  Astro- 
logie seiner  und  früherer  Zeiten  genau  kannte,  und  zu- 
weilen selbst  noch  als  Mittel  gebrauchte,  um  der  Astro- 
nomie bei  Laien  Eingang  und  Achtung  zu  verschaffen, 
kam  zuerst  auf  diesen  Gedanken,  als  er  die  Zusammen- 
kunft jener  beiden  Planeten  am  Schluis  des  Jahrs  1603 
beobachtete.  Sie  ereignete  sich  am  17*  Deoember.  Im 
folgenden  Frühling  kam  der  Mars  zu  den  beiden  immer 


*)  Aach  im  Proioevwigeliam  Imcobi  c.  21  und  beim  Ghal. 
cidias  in  Timaeum  Piatoms  p.325  (1,126)  ist  Ton  dieMm 
Stern  die  Rede,  ob  noch  aas  einer  andern  Qndle,  als  aas  der 
des  Matthäus,  ist  zu  bezweifdb.  Die  Autorität  des  nodi  ange- 
druckt liegenden  Dialogs  Hermippos  de  Astrologia,  aas  wdcfacm 
Fabricius  in  einer  Anmerkung  zum  Chalcidius  ein  Fragment 
dtirt,  worin  gleidiialls  des  Stenis  gedacht  wird,  ist  sckwerUdi 
Ton  Bedeatnng. 


Christliche  Völker.  401 

noch  nahe  stehenden  Planeten  hinzu,  und  im  Herbst 
des  Jahrs  1604  gar  noch  einer  jener  fixstemartigen  Köi^ 
per,  die  zu  einer  bedeutenden  Helligkeit  anwachsen, 
und  dann  nach  und  nach  wieder  spurlos  verschwinden. 
Er  stand  den  beiden  Planeten  nahe  am  Östlichen  Fufs 
des  Schlangenträgers,  und  erschien,  als  man  ihn  zuerst 
beobachtete,  als  ein  Stern  erster  Gröfse,  ungewöhnlich 
lebhaft  funkelnd.  Von  Monat  zu  Monat  nahm  er  an 
Helligkeit  ab,  und  entzog  sich  am  Ende  des  Jahrs  1605 
den  Augen  vÖUig,  die  damals  bekanntlich  noch  nicht 
bewaffnet  werden  konnten.  Kepler  hat  ein  eigenes 
Werk  über  diese  Stella  noya  in  pede  Serpen- 
tarii  geschrieben*),  und  in  demselben  zuerst  die  An- 
sicht yon  dem  Gestirn  der  Weisen  aufgestellt,  dafs  es 
aus  einer  Vereinigung  des  Saturn,  Jupiter  und  irgend 
eines  auiserordentlichen  Sterns  bestanden  habe,  über 
dessen  Natur  er  sich  nicht  weiter  erklärt. 

Die  beiden  Planeten  kommen  alle  zwanzig  Jahre 
in  Conjunction ,  jedesmahl  um  acht  Zeichen  drei  Grad 
Yon  der  zunächst  vorhergehenden  Stelle  entfernt.  Die 
Astrologen,  denen  diese  seltene  Erscheinung  von  jeher 
wichtig  gewesen  ist,  haben  mit  Bezug  auf  sie  die  zwcflf 
Zeichen  des  Thierkreises  in  vier  Trigone  oder  Drei- 
ecke getheilt,  von  denen  jedes  drei  enthält,  nämlich 

Widder,  Löwe,  Schütze, 

Stier,  Jungfrau^  Steinbock, 

Zwillinge,  Wage,  Wassermann, 

Krebs,  Skorpion,  Fische. 
Das  erste  haben  sie  das  feurige,   das  zweite  das  ir^ 
dische  ,   das   dritte    das   luftige,   das    vierte    das 


*)   Prag  1606,  4. 

n.  [26] 


402  TechniscJie  Chronologie. 

wässrige  genannt.  Kepler  hält  es  noch  fiir  no- 
thigy  In  einem  eigenen  Kapitel  seines  Buchs  zu  zeigen, 
dafs  diese  Benennungen  ganz  willkührlich  gewählt  sind. 
Da  nun  die  Oerter  der  Zusammenkunft  beider  l^laneten 
immer  um  das  gedachte  Intervall  von  einander  entfernt 
liegen,  so  muis,  wenn  jetzt  eine  Zusammenkunft  im 
An&nge  des  Widders  erfolgt,  die  nächste  im  dritten 
Grade  des  Schützen,  wieder  die  nächste  im  sechsten 
des  Löwen,  die  nächste  im  neunten  des  Widders,  die 
nächste  im  zwölften  des  Schützen  u. s.w.  Statt  finden, 
und  es  werden  zweihundert  Jahre  erforderlich  sein,  ehe 
die  Zusammenkünfte  auf  ein  neues  Trigon  übergehen, 
und  achthundert,  ehe  wieder  alles  in  seine  Ursprung 
liehe  Ordnung  zurückkehrt.  Der  alle  achthundert  Jahre 
sich  erneuende  Zeitpunkt,  wo  die  G>njunctionen  In  du 
feurige  Ti*igon  treten,  hat  den  Astrologen  besonders 
bedeutsam  geschienen,  selbst  noch  Keplern,  ob  ach 
gleich  sein  heller  Geist  sonst  ziemlich  frei  von  den 
astrologischen  Träumereien  zu  erhalten  gewufrt  hat. 
Theilen  wir,  sagt  er,  die  5600  Jahre,  die  seit  Erschaf- 
fung der  Welt  verflossen  sind,  durch  800,  so  erhalten 
wir  sieben  grofse  Perioden  oder  Rückkehre  des  feurigen 
Trigons,  mithin  acht  Epochen,  die  er  also  bezeichnet: 

4000  V.  Chr.  Adam ;  Erschaflung  der  Welt. 

3200    Eaoch;  Städte,  Künste,  Tyrannei 

2400    Noah;  Sündfluth. 

1600    Moses;  Auszug  aus  Aegypten,  Gesetz. 

800    Esaias;  Aere  der  Griechen,  Babylonier 

und  Römer. 

0    Christus;  Monarchie  der  Römer. 

800  n.Chr.  Karl  der  Grofse;   ooddentalisches  und 

saracenisches  Reich. 


Christliche  Völker.  403 

1600  n.Chr.  Rudolph  II;  vita,fata  et  vota  nostra, 

qui  haec  disserimus. 

2400    Vbi  tunc  nos  et   modo  florentissima 

nostra  Germania?  Et  guinam  suc» 
cessores  nostri?  An  et  memores  no^ 
.  stri  erunt? 
Mich  ergötzt,  sagt  er,  diese  Trigonenreihe  sehr,  und 
diese  Uebersicht  der  Zeiten,  die  dem  Gedächtniis  nicht 
wenig  zu  Hülfe  kommt.  —  Schade  nur,  dafs  der  Wech- 
sel nicht  ganz  so  regelmälsig  ist,  wie  er  ihn  darstellt! 
Denn  nicht  zu  gedenken,  dafs  die  Periode,  angeblich 
von  800  Jahren,  eigentlich  nur  794  Jahre  4  Monate 
und  12  Tage  hält,  und  dals  nach  Ablauf  derselben  die 
Conjunclionen  fast  um  einen  Grad  hinter  ihren  ur- 
sprünglichen Stellen  zurückbleiben,  was  eine  Kleinigkeit 
ist;  so  sind  es  nur  die  mittlem  oder  gleichförmigen 
Bewegungen  beider  Planeten,  die  eine  so  symmetrische 
Combination  geben.  Die  wahren  O)njunctionen ,  auf 
die  es  hier  eigentlich  ankommt,  können  sich  um  meh- 
rere Monate  früher  oder  später,  und  um  mehrere  Grade 
westlicher  oder  östlicher  ereignen.  —  Doch  die  ganze 
Sache  hat  für  uns  nur  in  so  fern  Interesse,  als  sie  die 
Huldigung  erklärt,  welche  die  Magier  dem  neugebomen 
Messias  darzubringen  kamen. 

Diese  Magier,  sagt  Kepler,  gehörten  ihrer  Re- 
ligion nach  zu  den  Juden,  wie  es  deren  so  viele  an 
den  Ufern  des  Euphrat,  besonders  zu  Babylon,  gab, 
aber  ihrem  Stande  nach  zu  den  Ghaldäern,  den 
Erfindern  der  Astrologie,  unter  deren  Lehren  besonders 
auch  die  ist,  dais  die  Conjunction  der  beiden  obem 
Planeten  in  der  Nähe  des  Widder*  und  Wagepunkts 
einen  veränderten  Zustand  der  Dinge  und  ein  zugleich 

[26*] 


4Ö4  Technische  Chronologie. 

erscheinender  Komet  die  Geburt  eines  grofsen  Monarchen 
bedeute.     Er  hielt  es  daher  der  Mühe  werth,   die   um 
die  Geburt  Christi  eingetretene  Conjunction  su  berech- 
nen*    Dazu  konnte  er  sich  nur  der  noch  höchst  un- 
vollkommenen prutenischen  Tafeln  (2,315)  bedie- 
neUi  die  ihm  eine  dreimahlige  Zusammenkunft  für  das 
Jahr  747  d.  Su  im  Junius ,   August  und  Deoember  ga- 
ben*    Beide    Planeten   befanden   sich   in   der   letztem 
Ittlfte  der  Fische,   dem  Widderpunkt  nahe.     Im  Fe- 
bruar und  März  des  folgenden  Jahrs  gesellte  sich  noch 
der  Mars  dazu.     ,, Diese  in   einer  so  bedeutungsvollen 
,, Gegend  des  Thierkreises  höchst  seltene  Yereinigong 
,,der  drei  obern  Planeten  erregle,   sagt  er,  die  astrolo- 
„gische  Neugier  der  Magier,  und  dies  um  so  mehr, 
,,da  noch  ein  auiserordentlicher  Stern  dazu  gekommen 
,iiu  sein  scheint«     Man  nehme  nun  an,  dais  der  neue 
„Stern  zuerst  gesehen  wurde,  nicht  blofs  zu  eben  der 
„Zeit,  wo  Saturn  und  Jupiter  nahe  bei  einander  stau- 
„den,   im   Junius  des  Jahrs  747,    sondern   auch   an 
^, gleichem  Orte  mit  den  Planeten,   wie  dies  wunder- 
„barer  Weise  su  unserer  Zeit  geschehen  ist,  was  konn- 
„ten  die   Chaldäer  nach  den  noch  jetzt  bestehenden 
„Regeln  ihrer  Kunst   anders  daraus  folgern,  als  eine 
,1  Begebenheit  von  der  grölsten  Wichtigkeit?" 

Er  fand  sich  veranlafst,  eine  eigene  Abhandlung 
Dt  Jesu  Christi  seruatons  nostri  n)ero  anno  naudido  *) 
au  schreiben,  worin  er  Christi  Geburt  an  den  Schlu£s 
des  Jahrs  748  setzt,  welches  auf  das  der  Conjunction 
folgte;  und  als  dagegen  der  Chronolog  Sethus   Cal- 


•j  Frankfurt  1606,  4. 


Christliche  Yölkbr.  405 

visius  auftrat^),  behandelte  er  denselben  Gegenstand 
noch  einmahl  ausführlicher  unter  dem  Titel:  De  Dero 
anno  quo  aetemus  Dei  filius  kumanam  naturam  in 
utero  benedictae  *virginis  Mariae  assumpsit')^  in  wel- 
chem Werke  er  seinen  Nachfolgern  in  den  Hauptpunk- 
ten der  ganzen  Untersuchung  nur  eine  geringe  Nach- 
lese übrig  gelassen  hat. 

Sanclemente,  der  die  Wichtigkeit  dieses  ihm 
nicht  unbekannt  gebliebenen  Buchs  gar  nicht  ahnen 
läfst,  hat  die  beiden  vom  Himmel  entlehnten  Zeit- 
merkmale der  Geburt  Christi,  ich  meine  die  kurz  vor 
Her  od  es  l'ode  eingetretene  Mondfinstemiis ,  und  die 
Gonjunction  der  beiden  obem  Planeten,  kaum  erwähnt, 
geschweige  benutzt.  Jene  hält  er,  wie  schon  bemerkt 
worden,  für  eine  zufallige  Verdunkelung  des  Mondes, 
diese  fiir  ein  regeUoses  Meteor. 

Hr.  Dr.  Munter,  Bischof  von  Seeland,  hat  sich 
das  Verdienst  erworben ,  den  Gelehrten  die  Ergebnisse 
der  keplerschen  Untersuchungen  von  neuem  in  Er- 
innerung zu  bringen.  Er  fand  in  des  rabbinischen 
Schriftstellers  Abarbanel  Commentar  über  den 
Daniel  Andeutungen  des  grofsen  Einflusses,  den  die 
jüdischen  Astrologen  mit  Bezug  auf  den  zu  erwartenden 
Messias  einer  Zusammenkunft  der  beiden  Planeten  Sa- 
turn und  Jupiter  in  den  Fischen  beigelegt  haben, 
dem  Zeichen,  unter  dessen  Regiment  die  Sterndeuter 
Palästina  setzen,  und  hat  die  Astronomen  in  einem 
Programm  vom  Jahre  1821   aufgefordert,   eine  genaue 


*)   In  der  SchrilY:   De  vero  nativitatis  Christi  anno.    Epi" 
Stola  ad  Joh,  Keplerum,    Leipzig  l6l3,  4. 

')   Frankfurt  l6l4,  4. 


406  Technische  Chronologie, 

Bereclinung  über  die  um  die  Zeit  der  Geburt  Christi 
eingetretene  Conjunction  anzustellen.  Der  berühmte 
Akademiker  Schubert  zu  Petersburg  sagt  in  seinen 
Vermischten  Schriften  ^):  ,,Ein  gelehrter  Prälat 
„der  lutherschen  Kirche,  Hr.  Bischof  Munter,  bat 
,, zuerst  ')  den  glücklichen  Gedanken  gehabt,  dals 
„der  grofse  Stern,  dem  die  Weisen  aus  dem  Moi^n- 
„lande  bis  Bethlehem  folgten,  vielleicht  nichts  anders 
,, gewesen  sei,  als  die  merkwürdige  Zusammenkunft  Ju- 
„piters  und  Saturns,  wenn  beide  zugleich  in  Opposition 
,,mit  der  Sonne  sind,  und  der  Verfasser  dieses  Aufsat- 
„zes  hat  durch  eine  strenge  Rechnung  nach  den  ge- 
,,nausten  astronomischen  Tafeln  gefunden,  dals  dieses 
„Phänomen  wirklich  zur  Zeit  der  Geburt  Christi  Statt 
,, gehabt  hat,  wodurch  dann  zugleich  der  Ungewi&heit 
„über  das  Geburtsjahr  Christi,  welche  sich  noch  bis 
„auf  zwei  oder  drei  Jahre  erstreckt,  gehoben  werden 
„könnte."  Meines  Wissens  ist  Ton  den  Resultaten  die- 
ser Rechnung  des  unlängst  verstorbenen  Gelehrten  noch 
nichts  bekannt  geworden.  Unierdessen  habe  ich  eine 
solche  mit  aller  Sorgfalt  geführt  und  mich  dazu  der 
delambreschen  Tafeln  des  Jupiter  und  Saturn 
bedient.  Die  Ergebnisse  sind  merkwürdig  genug.  Beide 
Planeten  kamen  im-  Jahr  747  d.  St.  zum  erstenmahl  am 
20.  Mai  im  20sten  Grade  der  Fische  zusammen.  Sie 
standen  damals  vor  Sonnenaufgang  am  Morgenhxmmel, 
und  waren,  da  ihre  aufsteigenden  Knoten  auf  einerlei 
Zeichen  trafen,  nur  einen  Grad  von  einander  entfernt. 
Jupiter   ging  dem  Saturn  nördlich   vorbei.      Um  die 


•)  Th.  I.  S.  71  (Stuttgart  1823,  8). 

')  Man  sieht,  dafs  dies  eiQ  Inlhum  ist. 


Ghristlighb  Völker.  407 

Mitte  des  Septembers  kamen  beide  in  Opposition  mit 
der  Sonne  um  Mittemacht  in  Süden,  Saturn  am  13ten, 
Jupiter  am  ISten.  Der  Längenunlerschied  war  damals 
anderthalb  Grad.  Beide  waren  rückläufig  und  näherten 
sich  von  neuem.  Am  27*  Oktober  fand  hierauf  eine 
zweite  Zusammenkunft  im  seehzehnteji  Grade  der  Fische, 
und  am  12.  November,  wo  Jupiter  sich  wieder  östlich 
bewegte,  eine  dritte  im  fünfzehnten  Grade  desselben 
Zeichens  Statt.  Auch  bei  den  letztem  beiden  G>njun* 
ctionen  betrug  der  Breitenunterschied  nur  etwa  einen 
Grad,  so  dafs  für  ein  schwaches  Auge  der  eine  Planet 
fast  in  den  Zerstreuungskreis  des  andern  trat,  mithin 
beide  als  ein  einziger  Stern  erscheinen  konnten. 

Hegten  nun  wirklich  die  jüdischen  Astrologen  grofse 
Erwartungen  von  einer  Zusammenkunft  der  beiden  obem 
Planeten  im  Gestirn  der  Fische,  so  mufste  ihnen  gerade 
diese  von  dei*  gröfsten  Bedeutsamkeit  erscheinen.  Die 
beiden  Planeten  gingen  dreimahl  vor  einander  über,  rück* 
ten  dabei  auch  der  Breite  nach  ganz  nahe  zusammen, 
und  zeigten  sich  die  Nacht  hindurch  Monate  lang  bei 
einander,  als  wenn  sie  sich  gar  nicht  wieder  trennen 
wollten.  Ihre  erste  Zusammenkunft  in  Osten  erregte 
die  Aufmerksamkeit  einiger  speculirenden  Chaldäer.  Sie 
erwarteten  den  Messias,  der  nach  alten  Weissagungen 
zu  Bethlehem  geboren  werden  sollte,  und  machten  sich 
auf  den  Weg,  um  ihm  ihre  Huldigungen  darzubringen. 
Als  sie  in  Jerusalem  ankamen,  zeigten  sich  die  beiden 
Planeten  auis  neue  in  Conjunction,  und  zwar  in  den 
Abendstunden  am  südlichen  Himmel,  und  sie  folgten 
dieser  Richtung,  die  sie  zur  Stelle  brachte.  Sehr  natür- 
lich ist  wol  die  Annahme,  da(s  Christus  geboren  wurde, 
als  die  Planeten  noch  nahe  bei  einander  waren,  am 


403  Technische  Chronologie. 

Schluis  des  Jahrs  747;  ein  Jahr  später,  wie  Kepler 
meint,  war  die  Constellation  schon  längst  nicht  mehr 
dieselbe.  Mars,  der  sich  in  den  ersten  Monaten  des 
Jahrs  748  in  der  Nähe  beider  Planeten  befand,  stand 
damals  als  ein  unbedeutender  Stern  tief  am  Westhim- 
mel; auch  verloren  sich  Jupiter  und  Saturn  um  diese 
Zeit  in  den  Stralen  der  Abendsonne,  und  als  sie  im 
April  an  der  andern  Seite  der  Sonne  wieder  zum  Vor- 
schein kamen,  waren  sie  schon  beträchtlich  aus  einan- 
der gerückt.  Da(s  noch  ein  aufserordentlicher  Stern 
von  der  Art  des  im  Schlangenträger  gesehenen  oder  ein 
Komet  dazu  gekommen  sei,  ist  eine  Hypothese,  die  wir, 
meines  Erachtens,  nicht  einmahl  zu  Hülfe  zu  nehmen 
nöthig  haben. 

Dafs  die  Ankunft  des  Messias  durch  die  Erschei- 
nung eines  aulserordentlichen  Sterns  verkündigt  und 
verherrlicht  sein  werde,  ist  ein  alter  Glaube  unter  den 
Juden,  der  sich  zunächst  auf  die  Worte  Bileams  im 
vierten  Buch  Mosis  gründet^):  ,,Ich  sehe  ihn,  aber 
,,noch  nicht  jetzt;  ich  schaue  ihn,  aber  nicht  nahe. 
,,Es  tritt  hervor  ein  Stern  aus  Jakob;  es  erhebt  sich 
,,ein  Scepter"  (laäV  schebet,  eigentlich  eine  Ruthe, 
nach  der  aramäischen  Bedeutung  des  Worts  ein  Ko- 
met) ,,aus  Israel,  und  wird  zertrümmern  die  Gren- 
,,zen  Moabs  imd  zerschmettern  alle  Kinder  Seths.'^ 
So  verschieden  auch  die  Stelle  von  den  jüdischen  Aus- 
legern erklärt  wird,  so  stimmen  doch  fast  alle  darin 
überein,  dafs  sie  vom  Messias  zu  nehmen  sei.  Häufig 
ist  daher  in  rabbinischen  Schriften  vom  Stern  des 
Messias  die  Rede,   wenn  gleich  immer  nur  in  ganz 

*)  XXIV,  17. 


GHmiSTLiGHE  Völker.  409 

allgemeinen  Ausdrücken,  wie  in  den  von  Hrn.  Munter 
ciiirten  Büchern  Sohar  und  Pesikta  Sotarta,  die  zu- 
nächst den  Zeiten  nach  Christi  Geburt  angehören^). 
Nannte  man  doch  den  Anführer  der  Juden  in  ihrem 
Empörungskriege  unter  Hadrian,  von  dem  man  die 
Wiederherstellung  des  unleixlrückten  Volks  erwartete, 
Bar  Gochba,  Sohn  des  Sterns,  was  man  nach- 
mals, als  man  sich  getäuscht  sah,  in  Bar  Kosiba, 
Lügensohn,  verwandelte ')•  Der  einzige,  so  viel  mir 
bekannt  ist,  der  von  einer  bestimmten  Constellation, 
und  zwar  von  der  G>njunction  des  Jupiter  und  Saturn, 
redet,  ist  der  ziemlich  spät  lebende  Abarbanel,  in 
dessen  Aeufserungen  jedoch  Spuren  einer  alten  Tradi- 
tion nicht  zu  verkennen  sind.  ,,Alle  Veränderungen 
9, der  sublunarischen  Welt,"  sagt  er^),  ,, hangen  nach 
,,der  Meinung  der  Sternkundigen  von  dem  veränder- 
,, liehen  Stande  der  Planeten  ab,  und  gerade  die  wich- 
„tigyten  werden  durch  die  Zusammenkünfte  des  Jupiter 
„und  Saturn  bedingt."  Dann  spricht  er  von  den  be- 
reits erwähnten  Trigonen  und*den  verschiedenen  Perio- 
den der  Zusammenkünfte,  die  bald  mehr,  bald  weniger 
Einfluis  auf  die  Weltbegebenheiten  äufsern  sollen.     In 


*)  Sohar  zu  Exodus  Th.II,  Bl.7^  S.  2  und  Bl.  8,  S.l  und  2; 
zu  Numeri  Tb.  III,  Bl.  212,  S.  2.  Pesikta  Sotarta  Bl.  58,  Col.  1. 
Aehnliche  Aeufserungen  finden  sich  im  Midrasch  deharim  rabba 
Bl.  287,  S.  2  und  im  Buche  Chen  tob  des  Rabbi  Tobias  Halevi 
B1.280,  S.  1.   Diese  Nacbweisungen  verdanke  ich  Hm.  Auerbach. 

^)  S.  Hm.  Munteres  gelehrte  Schrill:  Der  jüdische  Krieg 
unter  den  JCaisern  Trajan  und  Hadrian.  Altona  und 
Jjeipzig  1821,  8. 

')  S.  83  ff.  seines  Commentars  über  den  DanieJ,  betitelt 
Maajne  haschuah,  Quellen  des  Heils  (Amsterdam  1547,4). 


410 


Technische  Chronologie. 


welcher  Gegend  des  Thierkreises  die  einflufsreichsten 
G>njuDctionen  eintreffen,  könne  nur  die  Erfithrong 
entscheiden.  Keine  sei  ^wichtiger  gewesen,  als  die, 
welche  sich  im  Jahr  2365  der  Schöpfung,  drei  Jahre 
vor  Moses  Geburt,  in  den  Fischen  zugetragen  habe. 
Durch  fünf  kabbalistische  Gründe  sucht  er  darsathun, 
dafs  die  Fische  die  eigentliche  ConsteUation  der  Israeli- 
ten seien.  Dann  wird  eine  Uebersicht  der  vomehm- 
sten  Weltbegebenheiten  mit  Anführung  des  Orts  einer 
jeden  Conjunction  gegeben.  Am  Schlufs  heilst  es:  ,9yor 
,, Kurzem  (im  Jahr  5224  der  Schöpfung  oder  1463  un- 
,,  serer  Acre)  trat  wieder  eine  der  wirksamsten  Zusam- 
,,menkünfte  beider  Planeten  in  den  Fischen  ein,  und 
,,es  ist  nicht  zu  bezweifeln,  dals  sie  jener  zur  Zeit  des 
,, Moses  gesehenen  gleich  sein  und  die  Geburt  des 
,, göttlichen  Mannes,  des  Messias,  herbeiführen  werde; 
,,denn  die  dermalige  Lage  der  Juden  ist  ganz  der  ahn- 
,,lich,  in  der  sie  sich  zur  Zdt  jener  Conjunction  in 
,,Aegypten  befanden.  Ueberall  auf  der  pjrenäischen 
,, Halbinsel  —  wo  der  Yerfiftsser  lebte  —  sind  Judenverfol- 
9,gungen.  Mithin  mufs  auch  noch  in  dieser  Periode 
9, der  Conjunction  die  Erlösung  erfolgen." 

Knüpften  nun,  wie  man  wohl  annehmen  kann, 
die  Magier  ähnliche  Ideen  an  eine  Conjunction  der  bei- 
den obern  Planeten  in  den  Fischen,  so  erklärt  sich  alles 
ganz  natürlich,  und  der  Stern,  der  ihnen  leuchtete, 
wird  zur  heUen  Fackel  für  den  Chronologen. 

Hiernach  zählte  also  die  Aera  vulgaris  nicht,  wie 
man  schon  längst  angenommen,  vier,  sondern  sechs 
Jahre  zu  wenig.  Dieses  Ergebnifs  darf  wol  ein  sehr 
wahrscheinliches  genannt  werden.  Liefse  es  sich  aber 
auch  bis  zur  mathematischen  Eyidenz  erheben,  so  wird 


GnRJSTLIGHB   YÖLKER.  411 

es  doch  niemand  einfallen,  eine  Aenderung  unserer 
christlichen,  in  alle  unsere  Verhältnisse  so  innig  yer* 
flochtenen,  Aere  für  wünschenswerth,  ja  nur  für  mög- 
lich zu  halten.  Seitdem  nach  Scaliger's  Vorgänge 
Sethus  Calyisius  und  Antonius  Pagi  in  ihren 
groben  chronologischen  Werken  ^)  einem  jeden  christ- 
lichen Jahr  durch  Vergleichung  mit  dem  Sonnen-, 
Mond-  und  Indictionscirkel  und  mit  den  von  den  Ge* 
Schichtschreibern  aufgezeichneten  Sonnen-  und  Mond- 
finsteiTiissen,  seinen  eigenthümlicheh  Stempel  aufge- 
drückt haben,  kann  wol  noch  über  das  Jahr  einer 
einzelnen  Begebenheit  gestritten,  aber  die  ganze  Jahr- 
rechnung nicht  weiter  verschoben  Tverden.  Schwerlich 
wird  selbst  Sanclemeute's  Vorschlag,  die  rectificirle 
Aere,  die  er  nach  Pius  VI,  unter  dessen  Pontificat  er 
sein  grofses  Werk  vollendet  hat,  Pia  genannt  wissen 
will,  wenigstens  auf  Denkmälern  und  in  Urkunden 
neben  der  sechs  Jahre  weniger  zahlenden  Vulgaris  zu 
nennen,  bei  irgend  jemand,  der  den  Werth  einer  festen 
Jahrrechnung  zu  würdigen  weifs,  Eingang  finden. 

Jahre  vom  Tode  Christi  gezahlt  kommen  nur 
ein  paarmahl  in  den  Urkunden  des  Mittelalters  vor, 
auf  eine  Weise,  welche  deutlich  zeigt,  dafs  man  an 
diese  Epoche  keine  eigentliche  Jahrrechnung  geknüpft 
hat.     Von  dreien  bei  Du  Gange ')   ist  die  erste  also 


')  Jener  in  seinem  Opus  chronologicum  (2,378),  dieser  in  sei. 
ncr  Critica  historicO''chronologica  in  Jnnales  ecclesiasticos  Ba^ 
ronii,  der  erste  Band  Paris  1689«  die  drei  letzten  Genf  1705,  fol. 
Das  Ganze  1727  noch  einmahl  an  letztenn  Orte  in  vier  Folio- 
bänden. 

')    Glossar,  y,  annus  col.  461. 


412  Technische  Chronologie. 

datirt:  Actum  est  hoc  anno  ab  Incamatione  Do^ 
mini  MLXIIy  a  Passione  MXXIX.  Man  sieht,  dafs 
hier  Christi  Leiden  in  das  33ste  Jahr  seines  Lebens 
gesetzt  wird.  Li  der  zweiten  ist  von  32  und  in  der 
dritten  von  34  Jahren  die  Rede.  Ohne  Verbindung 
mit  dem  Jahr  ab  Incarnatione  findet  sich  anno 
a  Passione  in  einer  von  Du  Gange  und  Ma- 
billon^)  citirten  Urkunde  Theobald's,  Grafen  von 
Champagne:  Data  V.  Idus  lanuarii,  indictione  Vly 
anno  a  Passione  Domini  MLXXXIII,  regni  autem  Phi^ 
lippi  XXIII.  Das  23ste  Regierungsjahr  Philipp^s  I  von 
Frankreich  und  die  sechste  Indiction  bringen  dieses  Do- 
cument  entschieden  in  das  Jahr  1083  der  christlichea 
Acre.  Entweder  ist  hier  also  a  Passione  irrig  (iir 
ab  Incarnatione  gesetzt,  oder  es  wird,  auf  eine  ganz 
ungewöhnliche  Weise,  mit  a  Passione  das  vom  Oster- 
fest gezählte  Jahr  ab  Incarnatione  bezeichnet.  In 
diesem  Fall  müfste  man,  da  die  Urkunde  vom  9.  Ja- 
nuar datirt  ist,  annehmen,  dafs  nach  Analogie  des  cal- 
culus  Pisanus  das  Jahr  1083  unserer  Acre  vom  vorher- 
gehenden Osterfest  gerechnet  wäre. 

Da,  wie  man  hieraus  sieht >  die  schwierige  Frage, 
in  welches  Jahr  der  Aera  vulgaris  Ghristi  Tod  zu  setzen 
ist,  für  die  technische  Chronologie  kein  besonderes  In- 
teresse hat,  so  könnte  sie  hier  füglich  ganz  unberührt 
bleiben.  Indessen  wird  vielleicht  der  eine  oder  andere 
meiner  Leser  zu  sehen  wünschen,  was  sich  aus  dem 
wahrscheinlichen  Geburtsjahr  Christi  wahrscheinliches 
für  sein  Todesjahr  folgern  läfst.  Bekanntlich  ist  über 
keinen  Punkt  der  Chronologie  so  viel  geschrieben  wor- 


*)   De  re  diplom,  ü,  23^  l6. 


Christliche  Völker.  413 

den,  als  über  diesen.  Ich  wiiide  die  mir  gesteckten 
Grenzen  weit  überschreiten  müssen ,  wenn  ich  auf  die 
Litteratur  dieser  Schriften  eingehen  wollte,  und  be- 
gnüge mich  daher,  auf  Hm.  Paulus  Commentar 
über  die  drei  ersten  Evangelien^)  und  auf  Hm. 
Wurm's  astronomisbhe  Beiträge  zur  genäher- 
ten Bestimmung  des  Geburts-  und  Todesjahrs 
Jesu  ')  zu  verweisen.  Letztere  wird  niemand  ohne  Ach- 
tung für  die  Gelehrsamkeit  und  Umsicht  ihres  Verfassers 
aus  der  Hand  legen. 

Der  Abt  Sanclemente  hat  seinem  grofsen,  in 
Deutschland,  wie  es  scheint,  noch  wenig  bekannten 
Werke  über  die  Aera  vulgaris  eine  Exercitotio  chro-- 
nologica  de  anno  dominicae  passionis  angehängt,  die 
meines  Erachtens  das  gründlichste  und  consequenteste 
ist,  was  über  diesen  Gegenstand  geschrieben  worden. 
Ich  glaube  daher  hier  nichts  angemesseneres  thun  zu 
können,  als  seinem  Gange  prüfend  zu  folgen. 

Bei  den  römischen  Kirchenscnbenten  findet  sich 
überall  die  Notiz,  dafs  Christus  unter  dem  Consulat 
der  beiden  Gemini,  des  C.  Rubellius  tmd  G.  Fu- 
fius,  d.i.  im  Jahr  782  d.  St.  oder  29  unserer  Acre, 
gelitten  hat.  Zuerst  kommt  sie  beim  Tertullian  vor, 
der  sich  also  ausdrückt  ^) :  Quae  passio  perfecta  est  sub 
Tiberio  Caesare,  Coss.  RubelUo  Gemino  et  Fufio  ^)  (7&- 


")   Th.m,  S.  762  ff. 

^)   Bengers  Archiv  für  die  Theologie  und  ihre  neuste 
Litteratur,  Band  Ü,  St.  1  und  2. 

')   jtdv,  ludaeos  c.  8. 

^)   Im  Text  steht  Rufio,  wofür  sich  auch  Furio  und  Fusio 
findet.     Nach  Denkmälern  ist  die  richtige  Lesart  Fufio. 


414.  Technische  Chronologie. 

minOi  mense  Martio,  tepiporihus  paschae,  die  VIII.  Ca- 
lendarum  jiprilium,  die' prima  azjrmorum,  quo  agnum 
ut  occiderent  ad  vesperam  a  Mojrse  fuerat  praeceptum. 
Zugleich  wird  bemerkt:  Hiäus  (TiheriiJ  quinto  dednto 
anno  impeni  passus  est  Christus,  annos  hahens  quasi 
XXX  cum  pateretur,  Lactantius  stimiiLt  hiermit 
überein,  indem  er  Christi  Leiden  ins  fünfzehnte  Jahr 
des  Tiberius  und  zugleich  ins  Q>n5ukt  der  beiden  Ge- 
mini setzt  ^).  Sulpitius  Seyerus,  der  unter  dem 
Consulat  des  Stilico,  400  n.  Chr.,  schrieb,  sagt ') :  Do^ 
minus  crucifixus  est  Fußo  Gemino  et  RubeUio  Genuno 
Coss.i  a  quo  tempore  usque  in  Stiliconem  Consulem 
sunt  anni  CCCLXXII.  «Das  Jahr  372,  von  diesem 
Consulat  rückwärts  gerechnet,  führt  richtig  auf  das  der 
beiden  Gemini ,  wenn  wir  es  nur .  für  ein  laufendes 
nehmen.  Beim  Augustinus,  dessen  Zeugnifs  hier 
von  besonderem  Gewicht  ist,  heifst  es^):  Mortuus  est 
Christus  duobus  Geminis  Consulibus  octavo  Cälendas 
Jprilis.  Prosper  drückt  sich  in  seinem  Chronicon 
also  aus  ^) :  Quidam  ferunt  anno  octan^  decinto  Ti- 
herii  lesum  Christum  passum,  et  argumentum  eius  rei 
ex  euangelio  assumunt  loannis,  in  quo  post  XF  TV* 
herii  Caesaris  annum  triennio  Dominus  praedicasse  tn^ 
telUgatun  Sed  quia  usitatior  traditio  habet,  Dominum 
nostrum  XV  anno  Tiberii  Caesaris  duobus  Geminis  Con- 
sulibus  crucifixum,  nos,  sine  praeiudicio  alterius  opinis 


•)   Instil»  1.  IV.  c.  10.  Vergl.  De  mort.  persec.  c.  11. 

*)  Hist.lU.  cAO. 

')   De  civ.  Dei  I.  X\lll  gegen  deu  Schlufs. 

*)   Eigentlich  in  der  dritten  Bearbeitung  desselben.  S.  Bacbe- 
rius  de  docir,  temp.  p.  21Z 


Christliche  Völker.  415 

orus,  successionem  sequentium  consulum  a  supradictis 
consuUbus  ordiemur  iuocta  hone  traditionem.  Yicto* 
rius  nennt  dieselben  G>nsuln,  sowohl  im  Anfange  sei* 
nes  Kanons,  als  in  seinem  Piologus.  Er  schiebt  sie  aber 
um  ein  Jahr  zurück,  vermuthlich  absichtlich  (2,  279), 
wobei  ihm  die  schwankende  G>nsularrechnung  der  spä- 
tei-n  Z^it  zu  Statten  kam. 

Nii^^ds  finden  wir  in  den  ersten  fünf  Jahrhun- 
derten unserer  Zeitrechnung  Christi  Tod  an  andere 
Consuln  als  die  beiden  Gemini  geknüpft,  es  sei 
denn  bei  dem  Griechen  Epiphanius.  Die\ griechi- 
schen Kirchenväter  waren  im  Allgemeinen  mki^der 
Reihenfolge  der  römischen. Consuln  wenig  bekannt  und 
pflegen  daher  auch  selten  die  Jahre  nach  ihnen  zu  be- 
zeichDen.  Clemens  Alezandrinus  nennt  zwar  nicht 
das  Conisulat  der  Gemini,  aber  doch  das  fünfzehnte  Jahr 
des  Tiberius  als  das  Todesjahr  Christi  *)•  Eben  so 
der  Chronograph  lulius  Africanus  beim  Hierony- 
mus'):  Macedones  regnayerunt  annis  irecentis;  at- 
qMW  exinde  usque  ad  annum  quintum  decimum  Tiherii 
Caesaris,  quando  passus  est  Christus,  numerantur  anni 
searaginta.  Da  August  am  19ten  des  nach  ihm  be- 
nannten Monats  (1,118)  im  Jahr  767  d.St.  starb,  so 
geht  das  fünfzehnte  Regierungsjahr  des  Tiberius  vom 
19.  August  781  bis  dahin  782.  Es  bestimmt  also  eben 
das  Passah,  das  durch  das  Consulat  der  beiden  Gemini 
bezeichnet  wird. 


')  IltyTiiccu^txaT^  It«c  Tißip/ffu  wd  siyrixai^txaT^  Au^oii^ou  (soll 
oflfenbar  heifsen,  noch  15  unter  August  gerechnet)  ovrw  nXiipew- 
TOt  T«  Tpuucovra  2ttj  Itai  ov  htoBt»,     Strom,  I.  p.  l47. 

')  In  cap,  IX  Danielis.  Die  Worte  sind  aus  dem  fünften 
Buch  seines  grofsen  chronologischen  Werks  übersetzt. 


416  Technische  Chronologie. 

la  dieser  oonsUnten  Angabe  nim  sieht  San  de- 
mente ein  historisches  dnrch  Ueberlieferong  foitge*- 
pflanztes  Factum.  Wamm  sollte  auch  nicht  dnrdi 
Pontius  Pilatus,  der  im  Todesjahr  des  Tiberins, 
790  d.  St. ,  seines  zehn  Jahre  hmg  verwalteten  I^nd- 
pflegemmts  entsetzt  nach  Rom  zurückkehrte*),  oder 
durch  die  Apostel  Petrus  und  Paulus,  die  bekannt- 
lich daselbst  den  Martyrertod  starben,  oder  auf  sonst 
einem  Wege  die  bestimmte  Runde  von  dem  Todesjahr 
Christi  in  den  Oocident  gek<mimen  sein  und  sich  bis 
auf  Tertullian,  Lactantius  und  Augustinus  er- 
halten haben?  Auch  stimmt  die  Noüz  ganz  gut  zu 
dem  oben  nach  Wahrscheinlichkeit  ermittelten  Geburts- 
jahr Christi. 

Der  Evangelist  Johannes  gedenkt')  zweier  Pas- 
sahfieste,  als  auf  Christi  Lehramt  treffend.  Ist  auch 
noch  unter  einem  dritten  Feste,  das  er  nicht  so  be- 
stimmt bezeichnet'),  das  Passah  gemeint,  so  hat  Chri- 
stus wenigstens  drei  volle  Jahre  vor  dem  letzten,  an 
welchem  er  litt,  zu  lehren  angefangen.  Starb  er  also 
im  Jahr  782  d.  St. ,  so  muis  er  um  den  An£uig  des 
Jahrs  779,  vielleicht  schon  778,  von  Johannes  getauft 
sein.  Er  be£uid  sich  damals  in  seinem  dlsten  Le- 
bensjahr, und  übereinstimmig  hiemit  sagt  Lucas  ^): 
Kot  ourog  rjß  o  *IyfrcSg  wau  hwv  rpuxKovray  apx^f^*^> 
„Jesus  war,  als  er  (zu  lehren)  anfing,  etwa  dreifsig 
„Jahr  alt." 


*)  losepbi  Aniiqq.  AVUi,  4,  2. 

')  n,13imdYI,4. 

*)  V.  1. 

•)  in,  A3. 


Christliche  Yölkea.  417 

Man  hat  nun  aber  in  alten,  so  wie  in  neuem 
Zeiten  bei  dem  Jahr  782  defshalb  grolse  Schwierigkei- 
ten gefunden,  weil  Lucas  im  Anfange  seines  drillen 
Kapitels  das  fünfzehnte  Jahr  des  Tiberius  ausdinick« 
lieh  als  dasjenige  nennt,  wo  Christus,  von  Johannes  ge^ 
tauft,  zu  lehi'en  begann.  Eusebius,  der  dem  Lehr- 
amt eine  Dauer  von  nicht  vollen  yier  Jahren  beilegt*), 
glaubte  daher  schon  Christi  Tod  ins  neunzehnte 
Jahr  des  Tiberius,  also  in  das  Jahr  786  d.  St. ,  brin- 
gen zu  müssen  ^).  Die  neuern  Chronologen  stimmen 
ihm  meistens  in  so  fern  bei,  dafs  sie  sich  für  ein  spä- 
teres Jahr  als  das  fünfzehnte  erklären,  wenn  sie  sich 
gleich,  bald  auf  dieses,  bald  auf  jenes  Moment  der  Un- 
tei*suchung  mehr  Gewicht  legend,  über  das  eigentliche 
Todesjahr  nicht  vereinigen  können. 

Eusebius  war  um  so  geneigter,  Christi  Leiden 
in  das  Jahr  786,  das  vierte  der  202ten  Olympiade,  ztt 
setzen,  weil  er  bei  Phlegon  von  Tralles,  einem  Chit>« 
nikenschreiber  des  zweiten  Jahrhunderts,  und  anderswo 
die  Notiz  fand,  dafs  sich  in  dieser  Olympiade  eine  gi*of$e 
mit  einem  Erdbeben  begleil^te  Sonnen  finsternifs 
ereignet  habe,  die  er  zur  Erklärung  und  Bestätigung 
der  nach  den  Evangelisten  bei  Christi  Tode  Statt  ge- 
fundenen Finsternifs  benutzen  2u  können  glaubte«  Er 
bedachte  nicht,  dafs  die  Juden  ihr  Passah  immer  zur 
Zeit  des  Vollmondes   feiern,   und  dafs   eine    (astrono«- 


HisL  eccl.  1, 10. 

')  Chronicon  Vol.  11.  p.264  nach  dem  armenischen  Text.  Hie- 
ronymus  nennt  in  seiner  lateinischen  Üebersetzung  das  acht- 
sehnte Jahr  des  Tiberius. 

n.  [27] 


418  Technische  Chronologie. 

mische)  Sonnenfittstemifs  nur  seht  Zeit  des  Neumondes 
eintreten  kann  *). 

Man  hat,  um  jener  allerdings  erheblichen  Schwie- 
rigkeit auszuweichen,  verschiedene  Wege  eingeschlagen. 
Clemens  Alexandrinus,  der,  wie  wir  gesehen  ha- 
b^n,  mit  den  Römern  Christi  Tod  ins  funfaehnte  Jahr 
des  Tiherius  setzte,  nahm,  ofTenbar  um  damit  die  Zeit- 
bestimmung beim  Lucas  nach  Möglichkeit  eu  vereini- 
gen, an,  dafs  sein  Lehramt  nur  ein  Jahr  gedauert  habe, 
welcher  Meinung  auch  andei*e  KiixhenvSter  gewesen 
sind.  Allein  die  zwei  oder  drei  von  Johannes  enriliin- 
ten  Passahfeste  begänstigen  diese  Ansicht  nicht. 

Einige  Neuere'  haben,  um  Christi  Taufe  in  das 
fünfzehnte  Jahr  des  Tiherius  und  bei  einem  dreijähri- 
gen Lehramte  dennoch  seinen  Tod  in  das  Jahr  7S2  d.  St 
bringen  zu  können,  die  Hypothese  aufgestellt,  Lucas 
habe  die  Jahre  des  Tiherius  von  einem  fmhem  Zeit- 
punkte als  dem  Tode  des  August  gezählt,  nämKch  vom 
Jahr  764  oder  765  d.  St.,  wo  er  durch  einen  Beschluls 
des  Senats  zur  Theihiahme  an  der  Administration  der 
Provinzen  gelangte^).  Allein  er  wurde  dadurch  nicht 
Milregent  in  dem  Sinn,  dafs  seine  R^iemng  von  die- 
ser Epoche  an  gerechnet  werden  konnte^).  Wir^näs, 
weder  bei  Schriftstell^m  noch  auf  Münzen,  findet 
eine  Spur  einer  solchen  Zählungsweise. 


*)  Hr.  Wurm  hat  sich  das  Verdienst  erworben,  diesen  Tiel- 
besprochenen  Gegenstand  mit  Hülfe  des  Calculs  aufzuklären  uod 
gefunden,  dafs  sich  in  der  202ten  Olympiade  nur  eine  grofse  in 
Yordcrasien  sichtbare  Sonnen finstemifs  ereignet  hat,  «»mi;^!!  «m 
24.  November  des  Jahrs  782  d.  St.  oder  29  n.  Chr. 

*)  Suet.  Tib.Q.2±  Terglichen  mit  Yelleiiis  H»MI,l2l. 

')  Man  Yergleiche  Sanclemente  p.51d. 


Christliche  Völker.  419 

Da  skh  BUiif  sagt  Sanclemente,  diese  Hypo^ 
tbese  nicht  durchfahren  Ififst,  so  bleibt,  um  die  mit 
dem  Consulat  der  beiden  Gemini  verbundene  Tradition 
aufrecht  zu  erbalten,  nichts  weiter  übrig,  als  die  An- 
sicht, die  schon  Tertullian,  Clemens,  Lactan- 
tius  und  lulius  Africanus  gehabt  haben  müssen, 
dafs  die  Zeilbestimmung  h  rrci  TFiVTtKaiiBxdrw  rijg  ^s- 
fiovuig  Tißspiofo  Kaiaapo^y  i^yefxovvjovTog  Uovriov  IIiXaTou  tiJj 
'loudaiag  u.  s.  w. ,  womit  Lucas  sein  drittes  Kapitel 
anfängt,  nicht,  wie  es  der  grammatische  Zusammen- 
hang der  Worte  mit  sich  bringt,  auf  den  an  Johannes 
den  Täufer  ergangenen  Huf,  sondern  auf  Christi  Lei- 
den und  Tod  gehen  soll.  Er  bemüht  sich,  diese  ftuf 
den  ersten  Blick  paradoxe  Meinung  über  allen  Zweifel 
KU  erbeben.  Lucas  erzähle^  eben  so  wie  Matthäus 
und  Marcus,  nur  die  Geschichte  des  letzten  Lebens- 
jahrs Christi  von  dem  Zeitpunkte  an,  wo  sein  Vorläu- 
fer Johannes  eingekerkert  und  hingerichtet  wurde  ^). 
Was  er  vorausschicke,  sei  ein  ganz  summarisdier  Be- 
richt über  Johannes,  vom  Anfange  seines  Predigtamts 
bis  zu  seiner  Hinrichtung.  Letztere  sei  der  eigentliche 
terminus  a  quo,  mit  welchem  er  seine  Erzählung  be- 
ginne und  auf  die  daher  auch  jene  Zeitbestimmung 
bezogen  werden  müsse.  Was  Sanclemente  zur  Be- 
gründung dieser  Meinung  über  die  einzelnen  von  Lu- 
cas angegebenen  chronologischen  Mei^kmale,  besonders 
über  das  Hohepriesteramt  des  Kaiphas,  beibringt,  mufi 
ich  der  Kürze  halber  übergehen.  Ich  bemerke  nur  noch, 
dafs  er  vor  dem  iyiysTo  im  zweiten  Yerse   einen  Punkt 


* )   Eine  Bemerkung,  die  schon  E  u  s  e  b  i  u  s  gemacht  hat.    Bist, 
eccL  ni,  24. 

[27*1 


420  Technische^  Chronologie. 

gesetzt  wissen  will,  wo  dann  freilich  die  ganze  Zeitbe- 
stimmung wie  in  der  Luft  schweben  wüitle,  Ueber 
die  Zulässigkcit  dieser  vermittelnden  Ansicht  will  ich 
dem  Urtheil  der  Exegeten  nicht  vorgreifen. 

Es  gibt  noch  einige  andei*weitige  Zeilcharaktere,  die 
bei  dieser  Untersuchung  zu  berücksichtigen  sind,  und  es 
fragt  sich,  ob  und  wie  sie  sich  mit  dem  Consulate  der 
beiden  Gemini  vereinigen  lassen.  Christus  starb  nach 
der  ausdrücklichen  Versicherung  sämmtlicher  Evange- 
listen an  der  HapaffKeür^y  dem  Tage  vor  dem  Sabbatb, 
also  an  einem  Fmlage,  und  zwar,  meiner  oben  (1,515) 
ausgespi*ochenen  Ueberzeugung  nach,  an  dem  Tage  des 
jüdischen  Passahmahls,  dem  14.  Nisan.  Dieses  soll  nun 
nach  Tertullian's  und  Augustin's  oben  beige- 
brachten Zeugnissen  der  VIII.  Ca\.  Aprilis  oder  25.  März 
gewesen  sein  ^).  Jetzt,  wo  die  Juden,  in  der  Zerstreuung 
lebend,  ihr  Osterfest  cjklisch  bestimmen,  feiern  sie  das- 
selbe allerdings  nicht  selten  schon  in  den  letzten  Ta- 
gen des  Mäi-z.  Aber  zur  Zeit  Christi,  wo  sie,  noch 
auf  heimathlichem  Bodeu  weilend,  am  16.  Nisan  ihr 
Omer  darzubringen  hatten,  kann  das  Passah  unmöglich 
mit  dem  Frühlingsäquinoctium  gleichzeitig  gewesen  sein, 
weil  nach  allen  Berichten  der  Reisebesclii*eiber  die  Gersie 
in  Palastina  nicht  früher  als  etwa  vierzehn  Tage  nach  die* 
sem  Zeitpunkte  zu  reifen  anfangt  (1,487).  Der  25. Marx 
kann  also  nicht  iiir  ein  historisches  Datum  gelten. 
Dafs  die  ersten  Christen  den  Tod  des  Erlasers  auf  den 
Tag  setzten,  an  den  Cäsar  die  Frühlingsnachtgleiche  ge- 


*)  Schon  in  den  gewiff  sehr  alten  Actis  des  Pilatus  oder 
dem  Euangelio  JSicoäemi  findet  sich  dieses  Datum  genannt. 
Fabricii  Cod.  Apocr.  Novi  Test.  P.  L  p.  29%, 


Christliche  Völker.  421 

knüpft  hatte  (2,143),  ist  leicht  zu  erklären;  es  war 
ihnen  der  Tag  seiner  Menschwerdung  und  zugleich  der 
Schöpfung  (2,279)^).  Wollten  wir  aher  auch  wirk- 
lich die  Möglichkeit  einräumen,  dafs  er  am  25.  Man 
gestorben  sein  könnte,  so  kann  es  wenigstens  nicht  im 
Jahr  782  d.  St.  geschehen  sein ,  da  der  Mond  damals 
im  letzten  Viertel  war,  mit  welchem  sich  das  Passah 
auf  keine  Weise  zusammenbringen  läfst.  Was  San* 
clemente  von  gewissen  Cykeln  sagt,  nach  denen  die 
Juden  ihr  Osterfest  zur  Zeit  Christi  auf  eine  so  auf- 
£illend  unrichtige  Weise  bestimmt  haben  sollen,  ver- 
dient gar  keine  Beachtung.  Es  ist  überhaupt  nicht 
wahrscheinlich,  dafs  sie  schon  damals  Cykel  gebrauch- 
ten (1,571);  war  dies  aber  auch  wirklich  der  Fall,  so 
geht  doch  aus  dem   ganzen  Wesen  des  Festes  hervor, 


')  Ob  sich  nicht  yielleicht  der  25.  Man  aus  den  ältesten 
römischen  Ostercykeln  beschreiben  möchte?  Wenn  man  die 
112jährige  Periode  des  Htppolytus,  die  mit  dem  Jahr  22$ 
unsct-er  ZeitrecbniioTg  begann  (2,2l6),  bis  zum  Jahr  2$  oder 
7S2  d.St.  zurückführt,  so  ergibt  sich  das  32ste  Jahr  dcnelben 
oder  das  letzte  eines  l6j<'ilirigen  Cyclus.  In  diesem  trifH  aber 
die  Ostergrenze  oder  der  Vollmond  allemahl  auf  den  YIIT.  Cal. 
Apriiis  (2,215),  und  Tviiktich  steht  auf  der  Cathedra  beim  letz- 
ten Jahr  des  zweiten  Cyclus  das  Wort  xaB^i^  das  offenbar  auf 
Christi  Leiden  gehen  soll,  so  dafs  wir  hierin  noch  ein  Zeugnifs 
mehr  für  das  Consulat  der  beiden  Gemini  haben.  Entweder 
sanctionirte  also  Hippolytus  den  25. März,  den  er  schon  vorfand, 
oder  er  folgerte  ibn  aus  seinem  unrichtigen  Cyclus  und  brachte 
ihn  so  erst  auf  die  Bahn.  Ersteres  ist  jedoch  wahrscheinlicher. 
Auch  der  unrichtige  84jäbrige  Ostercyclus  der  Lateiner  leitet  auf 
diesen  Tag.  Im  öSsten  Jahr  desselben,  das  rückwärts  gerech- 
net dem  Jahr  29  der  christlichen  Aere  entspricht,  trifft  der 
Ostertag  auf  Sonntag  den  27.  März  (2, 251),  also  der  Chaifrettag 
auf  den  258ten. 


422  Technische  Chronologie. 

dafii  eine  Verschiebung  desselben  um  em  volles  Mond- 
vierlel  nicht  Statt  gefunden  haben  könne. 

Im  Jahr  782  d,  St.  unter  dem  Consulat  der  bei- 
den Gemini  trat  die  Conjunction  des  Aprils  nach  mei- 
ner Berechnung  am  2ten   um  7  U.  47'  Abends   mitü. 
jerusalemmer  Zeit  ein.     Dieser   Neumond  allein    kann 
das  Passah  bedingt  haben.    Während  des  zweiten  Tem- 
pels bestimmten   die  Juden  die  Anfange   ihrer  Monate 
in  der  Regel  noch  vermittelst  der  ersten  Phase  (i,512). 
Der   Nisan   kann  also  hiemach  frühstens  am  3.  April 
^begonnen  haben^  und  so  ti*äfe  der  Anfang  des  15.  Misan, 
unmittelbar  vor  welchem  sie  das  Osterlamm  afsen  (1,496) 
auf  den  17*  April,  einen  Sonntag.    Sollen  sie  daher  es 
schon  am  Freitage  genossen  haben,  so  mufs  eine  Yer- 
schiebung  des  Misan  von  zwei  Tagen  angenommen  wer- 
den,  und   eine   solche   ist  wohl   denkbar,  sei    es,  da(s 
trübe  Witterung  die  Beobachtung  der  ersten  Phase  ge- 
hindert und  eine  willkiihrliche  Bestimmung  derselben 
veranlafst    hatte,    oder  dafs   wirklich   ein   Cyclos   ge- 
braucht wurde,  den  man,   so  oft  er  sich  merklich  ver- 
schob, nach  der  Phase  rectificirte.    Aber  eine  Yerschie- 
bung  von  zwei  Tagen,  bei  der  das  Fest  noch  immer  in 
der   Nähe  des  YoUmondes  gefeiert  wurde,   kann   man 
noch   keine  besonders  merkliche   nennen.     Es  scheint 
demnach  der  Wochentag,   an   welchem   Christus   dem 
Evangclio   zufolge   gestorben   ist,   der   Meinung  gerade 
nicht  entgegenzustehen,   dafs  sein  Tod  in  das  Consulat 
der  beiden  Gemini  gehört. 

Schon  lange  vorher,  ehe  an  unsere  jetzige  dirist- 

.  liehe  Aere  gedacht  wurde,   war  auf  der  pyrenaischen 

Halbinsel,  in  Afrika,  so  weit  es  den  Yandalen»  Sueven 

und  Alanen  gehorchte,  und  im  südlichen  FnnkreiGh 


/ 


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Christliche  Yölkeb.  423 

eine  eigf^nlhümliche  Jahrrechnung  im  Gebrauch»  die 
i^an  gewöhnlich  die  spanische  neimt.  Auf  Denk- 
mälern und  bei  Schriftslellem  führt  sie  den  Namen 
Aera  oder  Era,  der  als  Nomen  appellativum  auf  alle 
übrigen  Jahri'echnungen  übergegangen  ist.  Ihtt  Epoche 
gehört  in  das  Jahr  716  d.  St.  Rom  (nach  Tan*onischer 
Rechnung)  oder  38  y,  Chr. ,  so  dafs  man  yon  ihrer 
Jabnahl  38  abzuziehen  hat,  wenn  man  sie  auf  unsere 
christliche  leduciren  will  *)• 

Vor  Entstehung  des  Reichs  der  Westgothen  in  Spa- 
nien (415  n.  Chr.)  findet  sich  nirgends  eine  Spur  von 
ihr.  Zwar  sind  ein  paar  früher  daselbst  gehaltene  Con* 
ciliea  nach  den  Jahren  der  Era  datirt,  das  eliberitanische 
vom  Jahr  305  und  das  toletanische  vom  Jahr  400 ;  allein 
bei  näherer  Untersuchung  zeigt  sich,  dafs  die  Jahre  der 
Era  erst  späterhin  von  golhiscben  Abschreibern  hinzu- 
gefügt sind.  Mit  Sicherheit  kommt  sie  zuerst  in  einer 
Grabschrift  vor,  die  an  einem  Tbore  von  Lebrija,  einer 
Stadt  im  Königreiche  Sevilla,  angebracht  ist  und  in  das 
Jahr  465  n.Chr.  gehört.  Sie  lautet  also:  Alexandria 
clarissima  femina  'vixii  annos  plus  minus  XXV ^  /v- 
eessit  in  pace  decimo  Ccd.  lanuarias  era  DIU.  Bei 
Scaliger,  deic  diese  Inschrift  anführt'),  finden  sich 
noch  mehrere  ähnliche  aus  dem  fünften  und  sechsten 
Jahrhundert.     In  allen  steht  era. 

Der  älteste  Chronograph,  der  nach  ibr  rechnet,  ist 
meines  Wissens  der  in  der  ersten  Hälfte  des  siebenten 
Jahrhunderts  lebende  Isidorus,  Bischof  von  Sevilla. 


*)  Man  Tergleiche  die  oben  (2,375)  citirte  Stelle  des  Bischoft 
Iuliai\U8  Ton  Toledo. 

^)  Emend,  temp.  I.V.  p.  446. 


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424  Technische   Chronologie. 

Zwar  wird  sie  schon  zweimahl  in  der  bis  zum  Jahr  468 
reichenden  Chronik  des  Idacius,  Bischofs  von  La- 
mego,  erwähnt*),  jedoch  nur  in  der  einzigen  Hand- 
schrifty  deren  sich  Sirmond  bedient  hat;  die  andern 
Handschriften  haben  sie  nicht,  so  dafs  sie  erst  von 
späterer  Hand  hinzugefügt  zu  sein  scheint.  Isidor 
also  gebraucht  sie,  und  zwar  in  seiner  chronikenmülsig 
abgcfafsten  Historia  Gotlionm^  ')•  Gleich  anfangs  führt 
er  ein  Factum  mit  der  Zeilbestimmung  anno  ante  eram 
conditam  XII  (50  y.  Chr.)  an.  Kachher  bezeichnet  er 
das  Jahr  immer  mit  era,  z.B.  ^):  Era  CDXLFII  anno 
imperii  Arcadii  XV  Alaricus  in  vindictam  sanguinis 
suorum  adversus  Romam  proelium  gessit,  obstssamque 
impetu^  ignc^  gladiis  irrumpit^  sicque  urbs,  cunctamm 
gentium  ^ictriXy  Goilucis  triuniphis  victa  succubuit. 

Schon  früher  mufste  sie  in  Spanjen  die  gesetzliche 
sein.  Sämmlliclie  daselbst  unter  den  gothischeu  Königen 
gehaltene  Concilien  vom  tarraconensischen  (516  n.Chr.) 
an,  sind  nach  ihr  datirt.  Auch  in  den  südlichen  Pro- 
vinzen Frankreichs,  so  weit  sie  von  den  Wesigolhen 
beherrscht  wuitlen,  war  sie  im  Gebrauch.  Noch  das 
Concilium  von  Arles  vom  Jahr  813  n.  Chr.  ist  nach 
ihr  datirt  ^).  Vom  neunten  Jahrhundert  an  findet  sie 
sich  in  der  Regel  mit  unserer  christlichen  Zeilrech- 
nung zusammengestellt.  Die  Jahra  beider  Aeien  neh- 
men inuner  zugleich  ihren  Anfang. 


*)  S.  10  und  40  der  sirmondschen  Ausgabe  (2,36l). 

')  Yol.yil  der  neuen  Ausgabe  seiner  Werke  ron  Areralo. 

*)  S.  113. 

*)  Mansi  Coüect.  ConciL  Tom.  XIV,  col.  57. 


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Christlichb  Völkea.  425 

Auch  die  in  Spanien  lebenden  arabischen  Schrift- 
steller datiren  nicht  selten  nach  der  spanischen  Aei*e^). 
Sie  heifst  bei  ihnen  Jtjai\  ^.b  tarich  el-safar  (aera  sa-* 
pharensis).  Casiri  leitet  diese  Benennung  von  dem 
hebräischen  Worte  ^nfio  sefarad  her,  das  beim  Pro- 
pheten Obadias  y.  20  von  einer  unbekannten  Gegend 
gebraucht  wird,  wo  israelitische  Deportirte  lebten,  und 
von  einigen  hebräischen  Auslegern  auf  Spanien  gedeu- 
tet worden  ist^).  Diese  Etymologie  ist  weit  hergehohlt. 
Das  Wort  scheint  vielmehr  mit  Jua  sefr  oder  sifr  zu- 
sammenzuhängen,  das  eigentlich  die  Null  bezeichnet 
(von  einer  Radix,  die  leer  sein  heifst),  aber  auch, 
wie  das  daraus  entstandene  cifra,  chiffre,  Ziffer 
der  Spanier,  Franzosen  und  Deutschen,  für  eine  allge- 
meine Benennung  der  Zahlzeichen  wenigstens  bei  den 
Arabern  in  Spanien  gegolten  haben  mufs.  So  wäre 
denn  tarich  el-si^ar  nur  die  Uebei'setzung  des  Worts 
aera  nach  seiner  gewöhnlichen,  gleich  anzufühi*enden, 
Ableitung. 

Die  Spanier  fühlten  endlich  das  Bedürfnifs,  sich 
in  der  Bezeichnung  der  Jahi*e  dem  übrigen  Europa  an- 
zuschlieisen.  Zuerst  vci*oi*dnete  das  Concilium  von  Tar- 
ragona  im  Jahr  IISO,  dafs  in  den  öifenllichen  Akten 
nur  die  christliche  Acre  gebraucht  werden  solle  ^)*    In 


^)  S.  Casiri  Bibliotheca  Escur.  Vol.  I.  p.  295.  Dafs  meh- 
rere jüdische  Gelehrte  in  SpaDien  sich  gleichfalls  der  spanischen 
Acre  hedtent  haben,  bemerkt  Oluf  Gerhard  Tychsen  in  sei- 
ner Beurtheilung  der  Jahrzahlen  in  den  hebräisch- 
biblischen Handschriften  (Rostock  1786,  8)  p.  17ff. 

')  S.  Hm.^Gesenius  Handwörterbuch  der  hebr.  Spr. 
nnter  diesem  Worte. 

')   Mansi  Collect,  ConciL  Tom.  XXII,  p.  471. 


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1 


426  Technische  Chixmologie. 

Arra^nien  bestand  die  spanische  noch  bis  1350'),  in 
YaleDcia  bis  1358  ^)^  in  CastUien  bb  1383  '),  in  Por- 
tugal bis  1420  ^).  Seitdem  konunt  sie  nirgends  wei- 
ter vor. 

So  viel  über  den  Gebrauch  dieser  Aere.  Was  Uitni 
Ursprung  und  ihren  Namen  betrefft,  so  sind  die  Mei- 
nungen defsialls  nicht  wenig  getheilt.  Ausfohrliche 
und  gründliche  Untersuchungen  darüber  findet  man  in 
den  chronologischen  Werken  des  Marques  von  Mon* 
dejar  ^). 

Gewöhnlich  nimmt  man  an,  dais  sie  dem  Angust 
zu  Ehren  von  den  Spaniern  eingeführt  sei,  daher  ue 
auch  Aer«  Caesaris  genannt  wird.  Sepulveda,  der 
in  diese  Ansicht  eingeht*),  glaubt,  dafs  Aera  nichts 
anderes  sei,  als  annus  erat  Augusti,  was  man  in 
A.  ER.  A.  abgekürzt  habe.  Er  erinnert  an  die  Namen 
der  Slädle  Caesaraugusta,  Augustobriga,  Eme- 
rita  Augusta  und  andere,  die  man  nach  diesem  Kaiser 
benannt  habe,  und  findet  es  ganz  natürlich,  dmb  auch 
die  Jahre  nach  ihm  gezählt  wurden,  seitdem  ihm 


*)   Curita  Anales  de  Aragon,  1.  VUl,  c.  39- 

')   Mariana  Bistoria  general  de  Espäüa^  1.  XYU,  c.  4. 

')  Mariana  I.  XVllI,  c.  6.  Sepulveda  de  rebus  gesiis 
Caroii  K.  1. 1.  S.  20. 

*)  Ant.  Caetano  da  Sousa  Provas  da  historia  geneaith- 
gica.  da  casa  Real  Porlugueta  Tom.  I.  p.  363. 

*)  Obras  chronologicas  de  Don  Caspar  Ibanez  de  Segtn^ia, 
Peralla  i  Mendoza,  Marques  de  Mondejar,  Las  publica  Don 
Gregorio  Mayans  i  Siscar,  Yalencia  1744,  fol.  Wiedcrgednickt 
Madrid  1795. 

*)  In  sdner  kletnen  Schrift  De  eorrectione  anni  mensütm^ 
qut  Romanorum,     Opera  (Bladrid  1780,4)  Vol.  IV.  p.  181. 


Ghristlichb  Völker.  427 

der  Yeriheilung  des  römischen  Reichs  unter  die  Trium* 
yim  unier  andern  Provinzen  auch  Spanien  zugefallen 
war.  Allein  die  Acre  nimmt  mit  dem  Jahr  716  d.Su 
ihren  Anfang,  und  Dio  Gas s ins  setzt  die  Theilung 
in  das  G>nsulat  des  Domitius  Calvlnus  und  Asinius  Pol- 
lio,  d.  i.  in  das  Jahr  714  ^).  Diese  Ableitung  des  Worts 
aera  ist  schwerlich  mehr  als  ein  Spiel  des  Witzes,  be- 
sonders da  es  fast  nur  mit  einem  schlechten  e  geschrie- 
ben vorkommt. 

Andere  bringen  den  Krieg  in  Erinnerung,  den  Do- 
mitius Calvinus  in  dem  Jahr  nach  seinem  Consulat, 
also  a.u.715,  mit  den  Gerelanern,  einem  an  dem  Fufse 
der  Pyrenäen  wohnenden  Volke,'  geführt  hat'),  und 
meinen,  dafs  die  Provinz  Spanien  erst  nach  ihrer  völ- 
ligen Beruhigung  und  Unterwerfung  unter  den  Befehl 
des  Octavianus  die  Jahre  nach  ihm  zu  zählen  ange-. 
fangen  habe. 

Noch  andere,  wie  Gerhard  Johann  Yossius^), 
wollen  die  Epoche  der  Aei^e  mit  der  Einführung  des 
juliantschen  Kalenders  in  Spanien  in  Verbindung  brin- 
gen, und  behaupten  zuversichtlich,  dais  dieselbe  in  das 
Jahr  716  d.  St.  zu  setzen  sei,  mit  dessen  I.Januar  die 
Aei«  zu  zahlen  beginnt.  Alles  dies  sind  aber  nichts 
weiter  als  Conjecturen. 

Vor  allen  Dingen  fragt  sich,  ob  aera  oder  era  ein 
lateinisches  Wort  sei.  Mehrere  Kenner  des  Arabischen 
haben  hieran  zweifeln  wollen.    Sie  bringen  es  mit  dem 


•)  HisU  Rom.  1.  XLVin,  c.  28. 

')   Ebend.  c.  42. 

')  EtymoL  ling,  lat.  t.  aera. 


428  Technische   Chronologie. 

arabischen  ^^  arrach,  datiren,  in  Verbindung,  aus 
welcher  Radix  ^.Js  tarich  entstanden  ist,  das  iiir 
Epoche,  Acre,  Chronologie  und  chronologische 
Geschichte  gebraucht  wii*d.  Jakob  Christmann 
behauptet  geradezu'),  dafs  das  Wort  Acre  erst  mit 
'  dem  gleichbedeutenden  tarich  durch  die  Araber,  also 
nach  711  unserer  Zeltrechnung,  in  Spanien  in  Umlauf 
gebracht  woitlen  sei.  Aus  dem  Obigen  erhellet  aber, 
dafs  er  sich  irrt,  und  dafs  es  nicht  arabischen  Ur-* 
Sprungs  sein  könne,  so  sehr  sich  auch  diese  Etymologie 
auf  den  ersten  Blick  empfehlen  mag. 

Die  gewölinlichste,  schon  beim  Isidor  vorkommende» 
Meiuung  ist,  dafs  Era  allerdings  ein  lateinisches  Wort 
sei,  wenn  mau  sich  gleich  über  die  Entstehung  dessel- 
ben nicht  ganz  einigen  kann.  Man  pflegt  es  folgen- 
dermafsen  abzuleiten:  zuerat  sei  oe/Yx,  der  Plural  von 
aes^  unter  andern  für  die  einzelnen  mit  Zahlzeichen 
kurz  ausgedrückten  Summen  einer  Rechnung  gebraucht 
iiroi*den.  So  in  folgendem  Fragment  des  Cicero  beim 
Nonius'):  Quid  tu  soles,  cum  rationem  a  dispensa- 
tore  accipis,  si  aeru  singula  (die  einzelnen  Posten)  pro- 
hastig  summamj  quae  ex  las  confecta  sit,  non  probare? 
Dann  habe  man,  aber  erst  in  sehr  später  Latinilat, 
das  Wort  in  derselben  Bedeutung  als  Singularis  femi- 
nini  generis  genommen^).     Nonius  sage  an  einer  an- 


*)  In  seinem  cbronologischen  Gomnientiir  über  das  erste  Ka- 
pitel des  Alfergani  hinter  seiner  lateinischen  Ucbei:sctzung  de»* 
selben  (Frankf.  1590,  S)  S.  36l. 

»)  m,  18. 

')  Was  auch  mit  mdem  Wörtern  geschah,  z.  B.  mit  hi' 
blia,  ae,  für  hiblia,  orum. 


Christliche  Völker.  429 

dem  Stelle^):  Aera  numeri^nota,  und  Rufus  Festus 
im  Anfange  seines  Bre\^iarii  rerum  gestarum  popuU  Ro-' 
mani:  Morem  secutus  calculonum,  qui  üigenics  suunmas 
aeris  hreviorihus  eocprimunt,  i'es  gestas  signabo  non 
eloquar*)^  Beim  Epaphrodi tus  undVilruvius 
Rufus,  zweien  spät  lebenden  Gromalikern,  fiude  sich 
aera  fär  die  bei  einer  Rechnung  gegebene  Zahl  ge- 
8eUl')f  und  Isidor  nehme  era  geradehin  für  Zahl*), 
SU  einer  Zeit,  wo,  wie  Vossius^)  sagt,  dipluliongi 
iam  in  desuetudinem  abire  coeperunt,  praesertim  in 
Hispaniis,  Jfrica  aliisque  tem's  longius  ab  urbe  dissi-^ 
tis»  Hieraus  sei  dann  endlich  der  chronologische  Ge- 
brauch des  Worts  entstanden,  den  Isidor  auf  folgende 
Weise  erklärt^}:  Era  singuiorum  annorum  comtituta 
est  a  Caesare  Augusto,  quando  primum  censwn  exegit 
ac  Bomanum  Ofiem  descnpsii.  Dicta  autem  era  ex 
eo,  quod  omnis  orbis  aes  reddere  professus  est  rei" 
pubUcae. 

Was  Isidor  hier  von   einem   Gensus  des   rcimi« 
sehen  Yolks  unter  August  sagt,  der  zur  Entstehung  der 


')  11,42.  In  dem  Fragment  des  Lucilius,  auf  dai  er  lich 
beruft,  ist  aera  offenbar  der  Plural. 

')  Einige  Handsclin(\en  lesen  aere  breviori^  was  auch  Ha- 
rercamp  in  seine  Ausgabe  aufgenommen  bat. 

')   Salmasii  Exercitt.  Plin.  p.  483. 

*)  Elym.y\.^.5,  Sehr  häufig  finden  sich  in  spanischen  Schrif- 
ten des  MiUelalters  die  Kapilel  der  Bücher  und  Paragraphen 
der  Gesetze  mit  era  bezeichnet.  S.  Du  Gange  Glossarium 
T.  aera, 

*)   A.a.O. 

*)  Etjrm.\y  36,  wo  die  Note  ron  Areyalo  zu  yergleichen  ist. 
Dasselbe  wird  de  natura  rerum  c.  6  wiedei'hohlt. 


430  Technische   Chronologie. 

Era  Anlafs  gegeben,  beruht  auf  einem  MifsversUind-- 
nisse,  wozu  die  von  ihm  aufgestellte  Etymologie  des 
Worts  Anlafs  gegeben  haben  mag.  Nur  so  viel  ist 
gewifs,  dafs  era  zu  seiner  Zeit  und  schon  früher  in 
den  Bedeutungen  Zahl  und  Jahrrechnung  ge- 
stempelt war. 

Ein  sehr  bemerkensM^rther  Umstand  ist  es,  dafs  von 
der  spanischen  Aei*e,  die  doch  schon  im  Jahr  38  v.  Chr. 
entstanden  sein  soll,  so  wie  von  ihrem  Namen,  vor  den 
Zeiten  der  Westgothen  keine  Spur  wahrgenommen  wird. 
Hau  sollte  doch  meinen,  dafs  sich  der  Spanier  Paulus 
Orosius,  der  seine  Geschichte  im  Jahr  417  n.  Chr. 
beendigle,  sich  ihrer  bedient  haben  müfste,  wenn  er 
sie  vorgefunden  hätte;  allein  er  zahlt  nur  nacb  Jah- 
ren der  Welt,  deren  er  bis  auf  Christi  Geburt  S199 
rechnet^),  zuweilen  auch  nach  Olympiaden  und  Jahren 
der  Stadt  Rom. 

Man  kann  sich  daher  kaum  des  Gedankens  erweh- 
ren, den  auch  schon  Mondejar  gehabt  hat'),  wenn 
er  ihn  gleich  bald  wieder  fallen  läfst,  dafs  die  spanische 
Acre  ursprünglich  den  Gothen  eigenthümlich  gewesen 
und  erst  durch  sie  nach  Spanien  gebracht  worden  ist. 
Unter  dieser  Voraussetzung  wäre  auch  das  Wort  Era, 
das  sich  nur  auf  eine  gezwungene  Weise  zu  einem  latei- 
nischen machen  läfst,  ungemein  natürlich  zu  erklären ; 
denn  es  würde  nun  nichts  anders  sein,  als  das  jera  des 
Ulfilas^),  das  jähr,  year,  aar,  är,  der  germani- 
schen Sprachen.  Wenn  schon  Isidor  den  Ursprung  des 


*)   Hist,l,i. 

*)   Discuno  I  $.  8. 

')  S.  seinen  Lucas  Ü,  4l;  IIT,  1. 


Christliche  Völker.  431 

Worts  yerkannt  hat,  so  darf  uns  dies  nicht  befrem- 
den. Die  Westgothen  machten  sich  sogleich  nach  ihrer 
Niederlassung  auf  spanischem  Boden  die  dortige  Lan- 
dessprache so  ganz  zu  eigen,  dafs  sich  in  der  heutigen 
spanischen  Sprache,  deren  Entstehung  aus  der  lateini- 
schen schon  der  Name  Roma  nee  zu  erkennen  gibt, 
verhältnifsmäfsig  nur  sehr  wenige  germanische  Wörter 
erhalten  haben. 

Was  die  Gothen  im  Jahr  38  y.  Chr.  yeranlafst 
haben  mag,  eine  Aere  zu  gründen,  wird  sich  bei  un- 
serer (Jnbekann tschaft  mit  ihrer  altern  Geschichte  kaum 
mulhmafslich  angeben  lassen.  Dafs  unter  den  in  Thra- 
cien  'Wohnenden  Geten,  die  schon  zu  Augustes  Zeiten 
eine  gewisse  Wichtigkeit  erlangt  haben  mufsten,  weil 
derselbe  nach  Sueton  ^)  eine  Yerschwägerung  mit 
Cot  ISO,  ihrem  Könige,  beabsichtigte,  die  Gothen 
begriffen,  oder  yielmehr  beide  Völker  nur  eins  sind, 
nehmen  Procopius*),  lornandes^),  Isidor^)  und 
andere  an.  Sollten  nun  yielleicht  die  Gothen  ihre 
Jahre  yon  dem  Zeitpunkte  zu  zählen  angefangen  ha- 
ben,  wo  sie  zuerst  zu  den  festen  Wohnsitzen  gelang- 
ten, in  denen  sie  sich  bis  zur  allgemeinen  Bewegung 
der  Völker  behaupteten? 

Auiser  den  bisher  gedachten,  in  den  bürgerlichen 
Gebrauch  übergegangenen,  Jahrrechnungen  haben  sich 
im  Oocident  einzelne  Regenten  und  Schriftsteller  eigen- 
thümlicher  Aeren  bedient,   die  mit  ihnen  wieder  er- 


*)  jiug,  c.  63. 

*)  De  hello  rand.1,2.    De  hello  Gotthicol,2L 

^)  De  Getarum  sive  Gothomm  origine  et  rebus  gestis  c.  5  u.  9. 

*)  HisL  Gothor.  im  Anfange. 


432  Technische  Chronologie. 

loschen  sind.  Um  hier  nur  ein  paar  solcher  Parücn- 
larären  zu  erwähnen,  so  fing  Karl  der  Einfältige, 
als  er  sich  im  Jahr  911  unsci'er  Zeitrechnung  des  Kö* 
nigrcichs  Lothringen  hemachligt  hatte,  mit  912  an,  die 
Jahre  unter  andern  a  largiore  hereditate  indepta 
zu  zählen.  In  Bouquet's  Sammlung^)  finden  sich 
mehrere  Urkunden  von  ihm,  die  von  dieser  Epoche 
dalirt  sind.  Gregorius  Turonensis  i*echnet  an  ver- 
schiedenen Stellen  seiner  Werke  vom  Tode  —  a  trän-- 
situ  —  des  heil.  Marltnus,  Bischofs  von  Tours.  In 
seiner  Historia  Francorum ')  knüpft  er  diese 
Epoche,  >velche  die  katholische  Kiralie  auf  den  11.  No- 
vember selzt,  an  das  Consulat  des  Atticus  und  Caesa- 
rius,  d.  i.  an  das  Jahr  397  u.  Chr.  Aber  hiermit  stim- 
men die  übrigen  von  ihm  angegebenen  Zeitcharaklere 
nicht  übei*ein,  weder  das  zweite  Jahr  des  Honorius  und 
Ai*cadius,  noch  das  4l2ie  seit  Christi  Tode  —  a  pas^ 
sione  —  noch  der  Sonntag,  an  welchem  der  Transitus 
erfolgt  sein  soll.  Nehmen  wir  Ferie  und  Datum  als 
zusammengehörig  an,  und  verbinden  damit  zwei  Stel- 
len des  Sulpicius  Severus'),  nach  denen  der  Hei- 
lige noch  ein  paar  Jahre  über  jenes  Consulat  hinaus 
gelebt  haben  mufs,  so  erhallen  wir  das  Jahr  400,  für 
welches  sich  auch  Franciscus  Chifflet  entscheidet^). 


*)  Recueil  des  Hisloriens  des  Gaules  ei  de  la  France^ 
Tom.  IX.  p.  514  ff. 

')  LI.  c.  43.  Yergl.  seine  Schrift  De  miraculis  S,  Martini 
1.  I.  c.  3. 

^)    Vita  B.  Martini  c.  23.     Dial.  TU,  c.  15. 

*)  In  seiner  gelehiten  DisseHatio  de  S,  Martini  Turonensis 
temporum  ratione  (zugleich  mit  noch  zwei  andern  Abhandlun- 
gen), Paris  1676,  8. 


Christlighe  Völker.  433 

Petaylus  schwankt  zwischen   400  und   401^),   und 
Baronius  will,  aher  gewiis  irrig,  402'). 

Wir  wenden  uns  nun  zu  den  Jahrrechnungen  der 
Christen  des  Orients. 

Dahin  gehört  zuvörderst  die  seleucidische  Acre, 
die  nach  Auflösung  ^es  Reichs  der  Seleuciden,  dem  sie 
die  gesetzliche  war,  sich  in  vielen  Städten  Syriens  be» 
hauptete  (1,446),  und  auch  denen,  die  sich  nach  er- 
langter Autonomie  eigenthümlicher  Jahrrechnungen  be- 
dienten, nicht  fremd  werden  konnte,  weil  sie  im  ge- 
genseitigeä  Verkehr  ein  bequemes  Reductionsmittel  für 
alle  darbot. 

Aus  einer  Stelle  des  Chronicon  paschale  (1,451) 
lalst  sich  schliefsen,  dafs  in  Syrien,  wo  wir  von  Ana- 
tolius,  Bischof  von  Laodicea,  zuerst  den  19jährigen 
Cyclus  zur  Bestimmung  des  Osterfestes  angewandt  fin- 
den (2,  226) ,  bei  der  Festrechnung  eben  so  die  seleu- 
cidische Acre  gebraucht  wurde,  wie  in  Aegypten  die 
diodetianische  und  im  Occident  die  christliche,  und' 
dies  bestätigt  auch  ^er  dem  sechzehnten  Jahrhundert 
angehörige,  arabisch  abgefafste,  Computus  ecclesiae  An-- 
tiochenae]  den  Scaliger  am  Ende  seines  grofsen  chro-^ 
Dologischen  Werks  mittheilt').  Dadurch  blieb  sie  den 
syrischen  Christen  geläufig,  die  sich  ihrer,  zugleich  mit 
ihren  einheimischen  Monaten  (1,430),  wenigstens  im 
kirchlichen  Gebrauch  (im  bürgerlichen  Verkehr  rechnen 
sie  nach  der  Hedschra  und  nach  arabischen  Monaten) 


•)   Doctr.  temp.  XI,  47. 

')   Annales  ecclesiastici  bei  diesem  Jahr.   Martjrrologium  Ra- 
manum  unter  dem  11.  November. 

')   Emend,  temp.  S.  707  ß. 

n.  [2S] 


434  Technische  Chronologie. 

noch  jetzt  bedienen.  Garsten  Niebuhr')  sah  in 
einer  nestorianischen  Kirche  zu  Mosul  das  205Sste  Jahr 
seit  Alexander,  in  welchem  sie  erbaut  war,  mit 
dem  17448ten  n.  Chr.  verglichen.  Dieses  seleucidische 
Jahr  fing  im  Herbst  1743  an;  die  Kirche  mufs  also 
in  den  ersten  neun  Monaten  des  Jahrs  1744  voUendet 
worden  sein  ^). 

Auch  kommt  diese  Acre  nicht  selten  bei  den  natio- 
nalsyrischen Kirchenscribenten  vor.  Man  sehe  die  Aus- 
züge aus  denselben,  die  Joseph  Simon  Assemani 
in  seiner  Bibliotheca  orientalis  gibt.  Sie  wird  hier 
entweder  mit  anno  Graeconan  oder  mit  dnno  regni 
Alexandri  bezeichnet. 

Yon  dem  doppelten  Jahranfange  des  syrischen  Jahrs 
mit  dem  1.  September  und  1.  Oktober  bt  oben  (1, 453) 
gehandelt  worden.  Nach  Abu'lfaradsch  ^)  fingen 
die  Rüm  (Byzantiner)  seiner  Zeit  das  Jahr  mit  )enem 
Datum,  die  Syrer  mit  diesem  an.  Er  selbst,  als  Syrer, 
rechnet  vom  l.Thischri  oder  Oktober.  In  seiner  syri* 
sehen  Chronik^)  vergleicht  er  den  10.  Elui  des 
Jahrs  1587  der  Syrer,  den  Tag,  an  welchem  er  dies 
schrieb,  mit  dem  10.  Elul  des  Jahrs  6785  der  Byzan- 
tiner. Die  Reduction  beider  Aeren  gibt  mit  Berück- 
sichtigung der  Yerschiedenheit  des  Jahranfangs,  auf  die 


*)   Beschreibung  Ton  Arabien  S.  111. 

')  Es  ist  nicht  nöthig,  aus  der  Zusammenstellung  beider  Jahr- 
zahlen  mit  Niebuhr  den  Schlufs  zu  ziehen,  dafs  die  Aere  mit 
dem  Jahr  311  ▼.  Chr.  angefangen  habe.  Es  ist  ohne  Zweifel 
Ton  der  gewöhnlichen  seleucidischen  die  Rede,  deren  Epoche  auf 
den  Herbst  des  Jahrs  312  T.Chr.  trifil  (1,448). 

»)   ffaM^nojM. YI.  p.  98. 
•J  S.4l. 


Ghbistlighb  Völkeb.  436 

er  anadröcklich  aufmerksam  macht,  deä  10.  Septem^ 
ber  1276  n.  Chr.  Nach  L'Jrt  de  vinfier  les  dates  ^) 
fangen  die  Nestorianer  und  Jakobiten  das  Jahr  noch 
jeUt  mit  dem  1.  Oktober,  die  syrischen  Katholiken 
hingegen  mit  dem  1 .  September  an. 

Die  antiochenische  Acre  haben  die  griechisch 
achreibenden  Syrer  Euagrius  und  Malelas  gebraucht, 
die  nationalsyrischen  Schriftsteller  nicht. 

Die  philippische  Acre  lälst  sich  bei  keinem 
Kirchenscribenten  mit  Sicherheit  nachweisen.  Nach 
Stephanus  Evodius  Assemani')  hat  sich  ihrer 
der  Yerfasser  der  Acta  der  heil.  Theodota  bedienti 
wenn  er  als  die  Zeit  des  Märtyrertodes  derselben  den 
Monat  September  des  Jahrs  642  nennt.  Zieht  man 
hie  von  324,  das  Epochenjahr  dieser  Aere  (1, 107),  ab, 
so  erhält  man  318,  als  das  entsprechende  Jahr  naph 
Christus,  und  dies  ist,  wie  Assemani  versichert,  der 
späteste  und  einzige  Zeitpunkt,  auf  den  sich,  allen 
Umständen  nach,  diese  Begebenheit  bringen  lä(st. 

Die  eben  gedachten  beiden  syrischen  Aeren,  die 
seleucidische  und  antiochenische,  sind  ihrem  Ursprünge 
nach  keine  christliche.  Eine  andere  Bewandnifs  hat  es 
mit   der   diocletianischen,   die   ihre   Entstehung 


')  Tom.  I.  p.  45.  Es  ist  Terwirrend,  wenn  sich  in  der  grofsen 
cfait)nologischen  Tafel  dieses  Werks  das  erste  Jahr  unserer  Zeit- 
rechnung mit  dem  313ten  der  seleucidischen  Aere  und  mit  dem 
5509ten  der  byzantinischen  Tei'glichen  findet.  Jenes-  fing  den 
I.Oktober  1  n.Chr.,  dieses  den  I.September  1  t.  Chr.  an. 
Beide  Zahlen  gehören  abo  nicht  zusammen.  Man  mufs  immer 
das  um  1  kleinere  seleucidische  Jahr  nehmen,  um  die  zusam- 
menstimmenden Jahre  beider  Aeren  zu  einhalten. 

^)  Acta  MaHrrum  Tom.  ü.  p.  210  ff. 

[28*] 


436  Technische  Chronologie. 

hSchst  wahrscheinlich  der  Osterrechnung  der  AlexAn- 
driner  verdankt  (2,231).  Ihre  Epoche,  der  29.  An- 
gast  284  n.Chr.,  war,  wie  Galvisius  richtig  be- 
merkt^), ein  Neumondstag ,  und  dieser  Umstand  trug 
gewils  nicht  wenig  dazu  bei,  dafs  die  aleiandriniscfaen 
Urheber  des  immerwährenden  julianischen  Kalenders 
den  neunzehnjährigen  Cyclus,  den  sie  an  die  SleUe  des 
frühem  achtjährigen  setzten,  an  den  Regierungsantritt 
des  Diocletian  knüpften,  so  verhafst  auch  der  Name 
dieses  Kaisers  den  ägyptischen  Christen  seit  der  schreck- 
lichen Verfolgung,  die  er  über  sie  verhängte,  sein 
mochte.  Defshalb  nannten  sie  diese  Acre,  die  ihnen 
allmählig  durch  die  Ostertafeln  geläufig  wurde,  und 
die  sie  nach  Einfuhrung  des  Christenthums  bb  auf  die 
Zeit  der  Herrschaft,  der  Araber  auch  im  bürgerlichen 
Verkehr  gebraucht  zu  haben  scheinen,  die  Märtyrer- 
äre.  Noch  jetzt  dient  sie  den  Kopten  zur  Anord- 
nung ihres  Festkalenders.  Wie  ein  an  sie  gereihtes  Da- 
tum zu  reduciren  sei,  ist  oben  in  der  Zeitrechnung  der 
A^iypter  gelehrt  worden  (1 , 1 64) ,  wo  ausfuhrlich  von 
der  ihr  zum  Grunde  liegenden  alexandrinischen  Jahr- 
form gehandelt  worden  ist. 

Von  den  koptischen  Christen  ist  sie  zu  den  äthio- 
pischen oder  abessinischen  übergegangen,  die  den 
Patriarchen  von  Aegypten  als  das  Oberhaupt  ihrer  Kirche 
anerkennen.  Unter  den  verschiedenen  Aeren,  die  in  der 
Einleitung  zu  dem  von  Ludolph')  abessinisch  und 
lateinisch  mitgetheilten  Festkalender  der  Aethio- 
pier  aufgeführt  werden,   findet  sich  auch   die  Mär- 


')    Opus  chronologicum  unter  diesem  Jahr. 

*)  Commentarius  ad  suam  historiam  Jethiopicam  p.  385  C 


Ghristlichb  Völker. 


437 


tyreräre,  deren  Epoche  auf  das  Jahr  276  ab  Incar« 
natione  gesetzt  wird.  Dieses  Jahr  entspricht  unserm 
284sten;  denn  die  äthiopischen  Christen  nehmen  mit 
den  orientalischen  Chronologen  die  Incamation  acht 
Jahre  später  an,  ak  Dionysius.  Ihre  Hauptäre  ist 
aber  die  der  Schöpfung,  nach  der  sie  bis  auf  Chri- 
stus S500  Jahre,  also  bis  auf  den  Anfang  unserer  Zeit- 
rechnung 5492  zählen  ^).  Um  d^e  Jahrzafalen  der- 
selben auf  unsere  christlichen  zu  bringen,  mufs  man 
5492  abziehen.  So  erhalt  man  für  die  Jahre  5817 
und  6114,  in  die  jener  Festkalender  das  nicänische 
Concilium  und  die  Flucht  Muhammeds  setzt,  richtig 
325  und  622  n.  Chr. 

Der  Kalender  der  äthiopischen  Christen  stimmt 
übrigens  in  Ansehung  der  Jahrepoche,  der  Dauer  der 
Monate  und  der  Schalteinrichtung  vollkommen  mit 
dem  der  Kopten  überein;  nur  die  Namen  der  Monate 
weichen  ab,  wie  aus  folgender  Tafel  erhellet'): 

Monate 


der  Aethiopier, 

der  Kopten. 

Mascaram 

Thoth 

Tekemt 

Phaophi 

Hedar 

Athyr 

Tachsäs 

Choiak 

Ter 

Tybi 

*)  Es  ist  die  in  Aegypten  einheimische  Weltare  des  Pano- 
dorus  und  Anianus,  ron  der  unten.  Letzterem  gehöi^t  auch 
die  äthiopische  Zählungsweise  der  Jahre  ab  Incamatione  an. 

')  S.  den  Festkalender  bei  Ludolph  und  Bereridge^s  /n« 
stitt,  chronoL  p.  259* 


438  Technische  Chronologie. 


Monate 

*  Aethiopier, 

der  Kopten. 

Jacatit 

Mechlr 

Magabit 

Phamenoth 

Hijazia 

Pharmuthl 

Ginbot 

Pachon 

Sene 

Payni 

Hamle 

Epiphi 

Nahase 

Mesori 

Ergänzungstage. 

liCtzlere  iveiden  von  den  Aethiopiem  mit  dem  Namen 
Paguemen  oder  Pagomen  bezeichnet,  der  ofleubar 
das  entstellte  Inayoiuvox  ist.  Die  An&nge  der  Monate 
im  julianischen  Kalender  sind  schon  oben  (1,  143) 
angegeben. 

Die  armenischen  Christen,  die  sich  seit  dem  zu 
Karn  (Erzerum)  im  Jahr  622  unserer  Zeitrechnung  ge* 
haltenen  G>ncilium  der  römischen  Kirche  angeschlossen 
haben,  bedienen  sich  jetzt,  wenigstens  bei  kirchlichen 
Yerhandlungen,  der  dionysischen  Acre  und  der  juliani- 
schen Monate.  Es  liegt  ein  zu  Constantinopel  gedruck- 
ter armenischer  Kalender  auf  das  Jahr  1789  vor  mir, 
der  ganz  übereinstimmig  mit  unsern  Kalendern  geord- 
net ist.  Sie  haben  aber  auch  eine  eigene  Acre  und  ein- 
heimische Monate.  Die  Acre  nimmt  nach  Schröder  *) 


*)  Joh.  Joach.  SchrÖderi  Dissertatio  de  antiquitaie^  Jm^ 
tis,  indole  atque  usu  linguae  Armenicae  S.  63.  Yor  seineni 
Thesaurus  linguae  Armenicae  (Amsterdam  1711,  4),  dem  noch 
immer  gründlichsten  Buche  über  die  Sprache  und  litteratur  der 
Armenier. 


GHaiSTLIGHB    YÖLILBR.  439 

lind  Yillotte  ^)  mit  dem  Jahr  S51  n.Chr.  ihren  An- 
fang. Wenn  also  die  Acta  des  Concilii  zu  Sis  vom 
19.  März  des  Jahrs  756  der  armenischen  Aere  datirt 
sind'),  so  erhält  man  durch  Addition  von  551  unser 
Jahr  1307.  Ehen  so  ergibt  sich,  dafs  die  Bulle  des 
armenischen  Patriarchen  vom  1.  December  1153  und 
das  Schreiben  des  Erzbischofs  Thomas  von  1155,  die 
Schröder  mitlheilt'),  in  die  Jahre  Christi  1704  und 
1706  gehören.  Die  Namen  der  Monate  lauten  bei 
dem  ebeugedachten  Gelehrten  und  bei  Villotte^),  die 
sie  zugleich  armenisch  geschrieben  geben,  wie  folgt: 

1)  Navasardi  7)  Miehieki 

2)  Huerri  8)  Arieki 

3)  Sahmi  9)  Ahki 

4)  Tre  10)  Harieri 

5)  Kagots  11)  Margats 

6)  Arats  12)  Hruetits 

Die  Monate  sind  durchgängig  dreifsigtägig.  Die  das  Son- 
nenjahr ei^änzenden  Tage  werden  dem  Hruetits  an- 
gehängt und  Aceliacz  genannt.  Scaliger,  der  irrig 
den  Sahmi  zum  ersten  Monat  macht,  lälst  die  Epago* 
menen  dem  Huerri  folgen  ^).  Bereits  der  im  fäuften 
Jahrhundert  nach  Christus  lebende  Moses  von  Cho* 
rene,  der  älteste  Historiker,  ja  Schriftsteller,  der  Ar- 


*)  Jac.Yillotte  Viclionarium  novum  Latino  'Armenicum 
(Rom  1714,  fol.)  f.  T.  Calendarium.  Der  Verf.  hat  2S  Jahre  als 
Missionar  in  Armenien  gelebt. 

')  S.  Clementis  Galani  Historia  Jrmena  p. 440,  und 
Mansi  Collect,  ConciL  Tom.  XXY,  p.  139. 

')   S.  380  und  383  seines  Thesaurus. 

*)  s.  T.  mensis. 

*)  Emend.  iemp.  1.  in,  p.  215. 


440  Technische  Chronologie. 

menier,  fkngt  das  Jahr  mit  dem  Nayasaidi  an^),  und 
dafs  die  Stellung  der  Monate  seitdem  unverändert  ge- 
blieben ist,  erliellet  schon  daraus,  dafs  auch  ihm  der 
HiehieLi,  oder,  wie  er  ihn  nennt,  Mehekan,  der  sechste 
nach  dem  Nayasardi  ist'). 

Freret  behauptet  in  seiner  Abhandlung  De  l'an- 
n^e  Armenienne^),  dals  sich  die  Armenier  zu  litur- 
gischem Behuf  aufser  dem  julianischen  Jahr  auch  eines 
aus  ihren  Monaten  zusammengesetzten  festen  Sonnen* 
Jahrs  bedienen,  dessen  Anfang  durch  eine  vierjährige 
Einschaltung  eines  sechsten  Ergänzungstages  mit  dem 
11.  August  des  julianischen  Kalenders  verbunden  bleibe. 
Ich  mreifs  nicht,  woher  ihm  diese  Kunde,,  fiir  die  er 
keine  Art  von  Zeugnifs  beibringt,  zugekommen  sein 
mag.  Vergeblich  habe  ich  def&halb  alle  mir  zugäng- 
Lche  Bücher  über  Geschichte  und  Lilteratur  der  Ajv 
menier  nachgeschlagen,  und  ich  mufs  daher,  bis  man 
mich  vom  Gegen theil  überzeugt,  annehmen,  daik  die 
ganze  Notiz  auf  ^einem  Mifsverständnisse  beruht,  das 
ich  mir  freilich  nicht  zu  erklären  weifs.  Schröder, 
auf  den  er  sich  sonst  überall  beruft,  sagt  nichts  wei- 
ter, als  dais  das  aus  den  Nationalmonaten  zusammen- 
gesetzte bürgerliche  Jahr  der  Armenier  gleich  dem 
nabonassarischen  ein  bewegliches  Sonnenjahr  sei,  des« 
sen  Anfang  im  Jahr  1710,  wo  er  schrieb,  dem  S.Okto- 
ber n.  St.  entsprochen  habe.  Also  die  Jahrform  der 
alten  Aegypter  und  Perser  hat   noch  im  Anlange  des 


*)  Hisi,  Armena  1. 11,  c.63. 

')  1.  in,  c.  67.    Weiter  finden  sich   keine  Monate  bei  ihm 
erwähnt. 

')  Mäm,  de  VAcad.  des  Inscriptions  Tome  XIX  p.  85  ff. 


Christliche  Völker.  441 

achuelinten  Jahrhunderts  als  eine  bürgerliche  unter  den 
Armeniern  bestanden.  Eine  merkmlrdige  Erscheinung! 
Im  Jahr  1712,  einem  Schaltjahr,  mufste  der  1.  Nava- 
sardi  auf  den  7.  Oktober  neuen  oder  26.  September 
alten  Stils  tibei^gehen,  und  man  findet  nun  leicht,  dafs 
er  im  jetzigen  Jahr  1825  auf  dem  30.  August  alten  oder 
11.  September  neuen  Stils  haften  müsse,  wenn  nicht 
etwa  die  Jahrform  zugleich  mit  den  ihr  eigenthüm- 
lichen  Monaten  seit  1710  erloschen  ist,  was  ich  für 
sehr  wahrscheinlich  halte ,  da  in  dem  obgedachten 
armenischen  Kalender  von  keinem  bewegliciien  Jahr 
mehr  die  Bede  ist. 

Unter  der  Voraussetzung,  dafs  es  neben  dem  be- 
weglichen bürgerlichen  Jahr  ein  festes  litui^isches  mit 
der  erwähnten  Epoche  gegeben  habe,  geht  Fr  er  et  in 
weitläufige  Erörterungen  über  die  Correspondenz  beider 
und  über  den  Ursprung  des  letztem  ein,  die  natürlich 
alle  in  ihr  Nichts  zusammensinken,  sobald  nicht  die 
Existenz  des  festen  Jahrs  nachgewiesen  werden  kann. 
Ich  beschränke  mich  auf  zwei  Bemerkungen.  Erstlich 
leidet  es  keinen  Zweifel,  dafs  die  Armenier  ihr  beweg- 
liches Jahr  von  ihren  Nachbaren,  den  Persem,  ent- 
lehnt haben,  denen  sie  oft  unterworfen  waren  und 
zum  Theil  noch  sind.  Zweitens  sagt  Yillotte'),  dafs 
sie  unier  ihrem  Patriarchen  Moses  im  Jahr  551  n.  Chr., 
von  wo  sie  ihre  Jahre  zählen,  ihren  Kalender  geordnet 
haben  ^).  Dies  soll  wol  nichts  anders  heifsen,  als  sie 
haben  damals  ihre  Festrechnung  eingeführt.     Da 


')   8.  T.  Calendarium  und  iia  Anhange  p.  748. 

*)  Auch  Schröder  bemerkt,   dafs  die  Aere  zugleich  cum 
correctione  Calendarii  eiDgefdhrl  sei. 


442  Technische  Chronohgie. 

sich  nun  diese  mit  keinem  beweglichen  Jahr  vertrtt^, 
und  sie  sich  der  römischen  Kirche  vor  622  nicht  ge- 
nähert haben,  so  ist  es  allerdings  nicht  unwahrschein- 
lich, dafii  sie  ihr  bewegliches  Jahr  zu  liturgischem 
Behuf  durch  Einschaltung  eines  sechsten  Eiganzungs- 
tages  fixirten.  Doch  können  sie  auch  schon  damals 
den  julianischen  Kalender  von  den  Syrern  oder  Byzan- 
tinern entlehnt  haben,  ohne  gerade  ihrem  beweglichen 
eine  analoge  Einrichtung  zu  geben.  Yon  dem  Allen 
sagt  ims  aber  die  Geschichte  nichts  Sicheres  *). 

Aufser  obigen  Monaten  kommen  bei  den  Arme- 
niern noch  ganz  andere  vor,  deren  Namen  bei  Schrö- 
der also  lauten: 

1)  Schams  7)  Thirai 

2)  Adam  8)  Damai 

3)  Schbat  9)  Hamirai 

4)  Nachai  10)  Aram 

5)  Ghamar  11)  Ovdan 

6)  Nadar  12)  Nirban. 


*)  In  der  handschrifUichen  Chronik  des  Armenien  Samuel, 
Ton  Fröret  8.9^  citirt,  findet  sich  die  Notiz,  dafs  ein  gewisser 
Andreas  Ton  Constantinopel  einen  Osterkanon  auf  200  Jahre 
angefertigt  und  ihn  23  Jahre  nach  den  Yicennaiien  des  Con- 
stantin  angefangen  habe.  Dieses  Fest,  dessen  auch  Moses 
von  Choren«  gisdenkt  (1.11.  c.  85),  wurde  nach  dem  Chro- 
nicon  Paschale  (S.282)  unter  den  Consuln  Paulinus  und  lolia- 
nus  in  der  dreizehnten  Lidiction,  abo  im  Jahr  des  nicäniscben 
Concilii,  gefeiert,  was  Eusebius  bestätigt.  Fita  Const,JY^  \7. 
Somit  fing  der  Ostei*kanon  des  Andreas  348  n.Chr.  an  und 
hörte  548  auf.  Hätten  sich  die  Armenier  bis  dahin  nach  dem* 
selben  gerichtet,  was  Samuel  anzudeuten  scheint,  so  sahen  sie 
sich  nun  in  der  Nothwendigkeit,  die  Osterfeier  weiter  zu  regit- 
liren.  Dies  kann  551  gesdiehen  sein.  Welcher  Jshrform  sie 
sich  dabei  bedienten,  wissen  wir  nicht. 


Gheistlighe  Völker.  443 

Die  Yammen  bei  Yillotte  sind  nicht  von  Bedeu- 
tung« Auch  diese  Monate  sind  dreiisigtägig  und  wer- 
den durch  die  Aceliacz  ergänzt,  und  zwar  zu  einem 
festen  Sonnen  jähr,  dessen  Anfang  auf  dem*  Früh - 
lingsäquinoctium  haftet«  Im  Schaltjahr  erhält  der 
Nirhan  31  Tage«  Einer  solchen  Jahrform  bedienen  sich 
die  Kaufleute  von  Sjulfa,  einer  am  Araies  gelegenen, 
durch  Handel  blühenden  Stadt  ^),  die  der  Hauptsitz 
der  fast  alle  Messen  Europas  besuchenden  Armenier  zu 
sein  scheint«  Sie  kommt  *ganz  mit  der  dschelaled- 
dinischen  Jahrform  überein,  ypn  der  unten  in  de^ 
Zeitrechnung  der  Perser  die  Rede  sein  wird,  und  ist 
ohne  Zweifel  nur  eine  Kopie  derselben. 

Die  Jahre  werden  auf  zweierlei  Weise  gezählt,  ent« 
weder  in  einer  fortlaufenden  Reihe,  die  man  die  grofse 
Acre  nennt,  oder  in  Perioden  von  532  Jahren,  indem 
man  yon  der  grofsen  Aere  so  oft  532  wegläist,  als  es 
angeht  und  blofs  den  Ueberschuls  in  Rechnung  bringt, 
der  dann  die  kleine  Aere  heifst«  Im  Jahr  1710  wurde 
nach  Schröder  das  97ste  Jahr  der  kleinen  Aere  ge- 
nhlt«  Er  hat  einen  Brief  eines  armenischen  Kauf- 
manns yom  24.  Ghamar  des  Jahrs  87  abdrucken  las- 
seu^),  der  am  10.  August  1700  geschrieben  sein  mufs, 
wenn  anders  der  Jahranfang  genau  dem  Tage  der  Früh« 
lingsnachtgleiche  entsprochen  hat.  Jahrform  und  Aere 
scheinen  1082  n.  Chr«  eingeführt  zu  sein,  drei  Jahre 
^ler,  als  die  dschelaleddinische  Zeitrechnung;  denn 


^)  Es  ist,  wenigstens  bis  zum  Jahr  1710,  die  einzige  in  Ar- 
menien, in  der  Bücher  in  der  Landessprache  gediiickt  sind. 
S.  Schröder  p.  39  seiner  Disseriaiio. 

')  S.  392  des  Thesaurus, 


444  Technische  Chronologie. 

zählen  vir  von  hier  an  eine  Periode  und  97  Jahre  vor- 
wärts, to  gelangen  wir  zum  Jahr  1710.  Nach  Schrö- 
der ist  der  Erfinder  dieser  Aere  ein  gewisser  Azarias, 
der  oflenbar  dabei  eine  eigenthümliche  Regulimng  der 
Festrechnung  bezweckt  hat;  denn  man  wird  sich  aus 
d^m  Obigen  erinnern,  dafs  532  die  grofse  aus  der  Mul- 
tiplication  der  Zahlen  19  und  28  des  Mond-  und  Son- 
neocirkels  entstandene  Osterperiode  ist.  Ich  bedaure  sehr, 
dafs  ich  nicht  das  1698  zu  Amsterdam  gedruckte  Buch: 
Harmoma  quintupUcis  mensis,  Romanorum,  jixariae, 
Armenonun,  Hebraeorum  et  Muhammedanorum,  aus 
welchem  Schröder  seine  Notizen  geschöpft  hat,  habe 
benutzen  können.  Es  hat  den  gelehrten  armenischen 
Erzbischof  Thomas  zum  Verfasser. 

Ich  komme  nun  zu  den  Weltären  der  Orien- 
taler,  einem  der  yerwickeltsten  Kapitel  der  Chrono- 
logie, das  zuerst  durch  Yan  der  Ha  gen 's  gründliche 
Untersuchungen  aufgeklärt  worden  ist.  Den  Verfas- 
sern des  Art  de  'verifier  les  daies,  die  Pagi's  un- 
richtiger Darstellung  folgen  ^),  scheinen  die  chronologi- 
schen Arbeiten  dieses  holländischen  Gelehrten  nicht  be- 
kannt geworden  zu  sein. 

Wenn  sich  das  Schöpfungsjahr  des  ersten  Men- 
schen mit  Sicherheit  ermitteln  oder  auch  nur  eine  Ver- 
einigung über  die  muthmafsliche  Bestimmung  desselben, 
denken  liefse,  so  würde  die  Rechnung  nach  Jahren 
des  Menschengeschlechts,  oder,  wenn  man  will, 
nach  Jahren  der  Welt,  in  der  Universalgeschichte 
die  natürlichste  sein.    Allein  der  erste  Ring  dieser  Ketle 


^)  Man  Tergleiche  ihre  Artikel  Mre  mondaine  d'JiexamiHe 
tt  d'Jniioche  Tom.  I.  p.  39  ff. 


Ghaistlighb  Völker.  445 

scbiivebt  in  der  Luft.  Alle  sogenannte  Weltären  grün- 
den sich  auf  die  im  alten  Testament  vorkommenden  Zah- 
len. (Auf  die  Geologie  pflegen  die  Chronologen  keine 
Rücksicht  zu  nehmen.)  Mun  weichen  aber  der  hebräische 
und  samaritanische  Pentateuch  und  die  Septuaginta  ge- 
rade in  den  Zahlen  bedeutend  von  einander  ab;  auch 
läist  sich  die  biblische  Geschichte  mit  der  profanen 
nicht  ohne  mancherlei  Hypothesen  in  Verbindung  brin- 
gen. Man  darf  sich  daher  über  die  Verschiedenheit  der 
Berechnung  der  Jahre  der  Welt  bei  den  altern  und 
neuern  Chronologen  eben  nicht  wundem.  Das  'Werk 
Art  de  verifier  les  dates  gibt*)  eine  Tafel  der  Jahre, 
die  nach  den  yerschiedenen  Ansichten  von  Adam  bis 
auf  Christus  yerflossen  sein  sollen,  und  hier  findet  man 
nicht  weniger  als  hundert  und  acht  deslimmungen, 
deren  Extreme  um  mehr  als  2000  Jahre  von  einander 
entfernt  sind.  Des-Vignoles  sagt  gar'),  er  habe 
zweihundert  Angaben  gesammelt,  von  denen  die  gi*öfste 
6984,  die  kleinste  3483  Jahre  von  Erschaffung  der 
Welt  bis  auf  Christus  zähle.  Um  nur  ein  paar  dieser 
Bestimmungen  anzuführea,  die  noch  den  meisten  Bei- 
fall gefunden  haben,  so  ist  das  erste  Jahr  unserer  christ- 
lichen Acre  seit  der  Schöpfung  das  3950ste  nach  Sca- 
liger und  Calyisius,  das  3984ste  nach  Petayius,  das 
4004te  nach  Usher,  das  4182ste  nach  Frank  (1,504). 
Han  mufs  also  zu  einem  gegebenen  Jahr  der  christ- 
lichen Acre  entweder  3949,  oder  3983,  oder  4003,  oder 


')  Discours  prdlim,  der  Abtheilung  avant  Vkre  chrätienne 
p.  XXVII.  Man  yergleiche  auch  die  Vorrede  zur  Allgemei- 
nen Welthistorie  B. I.  S.  100  der  deutschen  Bearbeitung. 

')   In  der  Vorrede  zu  seiner  Chronologie  de  VHistoire  sainie. 


446  Technische  Chronologie. 

4181  addiren^  wenn  man  es  auf  eine  dies^  yier'Redi- 
nungen  redaciren  will.  Gatterer  zählt  in  allen  sei- 
nen Geachichtswerken  nach  Jahren  der  Welt,  in  den 
frühern  nach  Petavius,  in  den  spätem  nach  Frank. 
Nichts  kann  unbequemer  und  verwirrender  sein,  als 
eine  solche  Zählungsweise ,  die  glücklicherweise  immer 
mehr  aus  der  Mode  kommt.  Man  yei^leiche,  was 
Bredow  darüber  in  seinen  Untersuchungen  über 
einzelne  Gegenstände  der  Geschichte,  Geo-* 
graphie  und  Chronologie  bemerkt^).  Die  swedL* 
mäfsigste  Rechnung  bleibt  immer  noch  die  nach  Jahren 
yor  und  nach  Christi  Geburt.  Die  Acren  der  Olym- 
piaden und  der  Stadt  Rom  gehen  nicht  weit  genug 
zurück,  um  die  ganze  alte  Geschichte  an  sie  knüpfen 
zu  können. 

Wenn  ich  mich  (nr  irgend  eine  jeuer  108  Be- 
stimmungen entscheiden  sollte,  so  wäre  es  die  von 
Usher;  nur  würde  ich  zu  seinen  4004  Jahren  noch 
zwei  hinzufügen.  Dieser  eben  so  besonnene  als  gelehrte 
Ghronolog,  der  sehr  wohl  fühlte,  dafs  es  ein  vei^geb- 
liebes  Unternehmen  sei,  die  .Zahl  der  von  Adam  bis 
auf  Christus  verflossenen  Jahre  auf  eine  den  Beifall  er- 
zwingende Weise  anzugeben,  hatte  den  sehr  vernünfti- 
gen Gedanken,  Christi  Geburt  gerade  in  das  400O8te  Jahr 
der  Welt  zu  setzen,  und  da  er  diese  Epoche  an  den 
Schlufs  des  fünften  Jahrs  vor  der  Aera  vulgaris  brachte, 
so  stellte  sich  das  erste  Jahr  der  letztem  auf  sein  von 
der  Herbstnachtgleiche  gerechnetes  4004te.  Nach  unsem 
Untersuchungen  tritt  aber  die  Geburt  Christi  noch  zwei 
Jahre  weiter  zurück,  nämlich  an  den  Schluis  des  sie- 

*)  th.I.  S.lff. 


Ghbistlichs  Völkbr.  447 

l)enten  Jahrs  yor  der  Aera  yulgaris«  Wir  eiiialien  also 
nach  Usher's  Weise  für  das  erste  Jahr  der  letztem 
4as  4006te  der  Welt. 

Die  Yergleichung  der  biblischen  Chronologie  mit 
der  profanen  ist  seit  lulius  Africanus,  einem  christ* 
liehen  Schriftsteller  des  dritten  Jahrhunderts,  ein  Ge- 
genstand yielfältig^r  Untersuchungen  gewesen.  Beson- 
ders haben  sich  in  dieser  Beziehung  die  ägyptischen 
Mönche  Panodorus  und  Anianus  ausgezeichnet, 
deren  Weltäre  zu  einer  besondem  Celebrität  gelangt 
ist«  Was  wir  von  ihren  Forschungen  wissen,  yerdan* 
Len  wir  einzelnen  zerstreuten  Fragmenten  beim  Geor- 
gius  Syncellus,  die  Yan  der  Hagen  scharfsinnig 
zusanmiengestellt  und  erläutert  hat^). 

Panodorus,  ein  Zeitgenosse  des  Erzbischofs  Theo* 
philus  von  Alexandrien,  von  dessen  Ostertafel  oben 
(2,  254)  gehandelt  worden,  lebte  im  Anfange  des  fünf« 
ten  Jahrhunderts.  Er  schrieb  eine  Chronographie, 
deren  Hauptzweck  war ,  die  Traditionen  der  Chaldäer 
und  Aegypter  mit  der  heiligen  Schrift  in  Verbindung 
zu  bringen.  In  diesem  Werke  rechnete  er  von  Adam 
bb  auf  seine  Zeit,  mit  Einschlufs  des  Episkopats  des 
im  Herbst  412  n.Chr.  gestorbenen  Theophilus, 
5904  Jahre  ^].  Als  Aegypter  begann  er  seine  Jahre 
ohne  Zweifel  mit  dem  l.Thoth  der  Alexandriner  oder 
dem  29.  August.    Es  mufs  aUo  das  erste  unserer  christ« 


*}  Dissertationes  de  cyclis  paschalihus  S.  GS  ff. 

')  Syncelli  Chronogmphia  p,  33»  Panodorus  wird  zwar 
an  dieser  Stelle  nicht  genannt;  abei*  aus  dem  weitem  Verfolge 
erhellet,  dafs  Syncellus  die  5904  Jahre  entweder  Ton  ihm  oder 
Tom  Anianus  (beide  rechneten  nach  einerlei  Weltäre)  ent« 
lehnt  hat. 


448  Technische  Chronologie. 

liehen  Zeitrechnung  dem  S4938ten  seiner  Aere  ent- 
sprochen haben,  bis  auf  den  Unterschied  von  etwa  vier 
Monaten,  um  welche  dieses  früher  begann,  als  jenes. 
Da  nun  Syncellus  ausdrücklich  versichert*),  dais 
er  Christi  Geburt  —  r^y  oxünfpiov  ylwr^xj  —  in  das 
Jahr  5493  setner  Weltäre  brachte,  90  glaubt  Pagi  (2,388), 
dafs  Dionysius,  der  Urheber  unserer  Jahrrechnung,  in 
der  Feststellung  ihrer  Epoche  mit  ihm  übereingestimmt, 
ja  seine  ganze  Rechnung  von  ihm  entlehnt  habe.  Allein 
nach  Sanclemente's  oben  (2,383)  vorgetragener  sehr 
wahrscheinlichen  Meinung  hat  Dionysius  Christi  Ge* 
burt  an  den  Schlufs  des  ersten  Jahrs  seiner  Aere,  mit- 
hin ein  Jahr  später  als  Panodorus  gesetzt.  Es  ist 
jedoch  aiich  möglich,  dafs  o-urnfpio^  yiwr^t^  (nr  avrrfipio^ 
a-opKuxri;  (2,329)  zu  nehmen  ist;  dann  kfime  freilich  die 
Bestimmung  des  Dionysius  mit  der  des  Panodorus 
überein,  woraus  aber  immer  noch  nicht  folgen  würde, 
dals  ersterer  den  letztem  kopirt  hat. 

Die  Chronologen  nennen  die  in  Rede  stehende 
Welläre  gewöhnlich,  ich  weiis  nicht  warum,  die  an- 
tiochenische,  und  setzen  den  Anfang  ihrer  Jahre 
auf  den  1.  September,  die  Jahrepoche  der  Antiochener. 
Pagi,  der  sich  unter  andern  dieser  Benennung  bedient, 
sagt  selbst,  dafs  sie  auf  keiner  Autorität  irgend  eines 
Alten  beruhe').  Richtiger  ist  der  Name  Kirchen- 
jahrrechnung gewählt,  den  ihr  Gatterer  beilegt^); 


•)  8.327. 

*)  Haec  aera  dicitur  Antiochena  a  quibusdam  recentio-- 
ribus,  qui  nulia  quidem  veterum  auctoritate  inniiuntur,  sed 
a  quibus,  cum  nihil  melius  afferre  possim,  in  quaestione  de 
nomine  non  discedam.    De  periodo  Graeco^ Romana  S.  18. 

')  Abrifs  der  Chronologie  S.  89. 


Christliche  Völker.  449 

denn  sie  ist  lange,  noch  von  Maximus  im  siebenten 
Jahrhundert,  bei  der  Berechnung  des  Osterfestes  ge« 
braucht  worden.  Wir  wollen  sie  die  alexand ri- 
tt isc  he  nennen,  weil  sich  ihrer  der  Aegypler  Pano- 
dorus  zugleich  mit  der  alexandrinischen  Jahrform  be- 
dient hat,  und  weil  sie  nach  der  Chronographie 
des  Theophanes  bei  den  byzantinischen  Schriftstel- 
lern diesen  Namen  geführt  haben  mufs^). 

Um  ein  alexandrinisches  Jahr  auf  unsere  Acre  zu 
bringen,  ziehe  man  5492  oder  5493  ab,  je  nachdem 
man  das  christliche  Jahr  sucht,  das  seinem  gix)fsten 
Theile  nach  mit  dem  alexandrinischen  übereinstimmt, 
oder  dasjenige,  auf  dessen  29.  August  der  Anfang  des 
alexandrinischen  trifft.  So  fängt  das  Jahr  7317  am 
29.  August  1824  an  und  gehört  meistens  mit  1825  zu- 
sammen. Um  hingegen  das  Jahr  der  alexandrinischen 
Aere  zu  finden,  das  in  einem  gegebenen  der  unsrigen 
beginnt,  addire  man  zum  letzlern  5493.  So  ergibt  sich, 
dafs  im  Jbhr  1825  der  christlichen  Aere  das  7318te  der 
alexandrinischen  anfangt. 

In  welchen  Combinalionen  die  5492  Jahre  begrün- 
det sind,  die  Panodorus  bis  auf  Christi  Geburt  zählte. 


')  Der  Titel  dieses  Werks  sagt^  es  solle  die  Chronologie  Ton 
526  Jahi*en  umfassen,  yon  dem  eisten  des  Dioclelian  oder  dem 
5777sten  der  Welt  bis  zum  6305 ten  der  Alexandriner  oder 
6321stcn  der  Römer  (Byzantiner).  Die  Jahre  tou  xooyiov  sind 
hier  gleichbedeutend  mit  den  Jahren  uara  rovf  'AXigav^pcfc;  mit 
beiden  Zahlen  ist  keine  andere  Jahrrechnung  als  die  des  Pano- 
dorus gemeint.  S.  345  und  346  der  par.  Ausgabe  wird  der  Tod 
des  Leo  Isauricus  in  das  Jahr  6248  der  Welt  nach  den  Römern, 
und  in  das  Jahr  6232  nach  den  Aegyptern  oder  Alexan- 
drinern gesetzt.  Es  wird  das  Jahr  gem^t,  das  mit  dem 
1.  September  oder  29-  August  739  n*  Chr.  begann. 

n.  [29] 


460  Technische  Chronologie. 

wissen  wir  nicht.  Yiell^icht  hat  auf  ihre  BesUmmnng 
der  Ostercyclas  der  Alexandriner  Einflufs  gehabt;  denn 
dafs  die  Division  der  Jahrzahl  durch  19  zum  Rest  alle- 
mahl  die  güldene  Zahl  gibt,  scheint  kein  blolser  Zufall 
zu  sein.  Dividircn  wir  z.  B.  7317  durch  19,  so  erhal- 
ten wir  zum  Rest  2,  die  güldene  Zahl  unsers  Jahrs  1825, 
das  mit  dem  7317ten  gröfslentheils  übereinstimmt  und 
auf  das  auch  das  Osterfest  desselben  trifft. 

Diese  Eigenschaft  der  alexandrinischen  Aere  hat 
Pagi  zur  Construction  seiner  griechisch-römi- 
schen Periode  yeranlafst.  Man  sehe  seine  Abhand- 
lung De  Periodo  Graeco  -  Romana  vor  seiner  Critica 
in  Annales  Baronii  (2,411),  auch  besonders  mit  Er- 
läulerungen  herausgegeben  von  Heinrich  Leonhard 
Schurzfleisch  ^). 

Mit  dieser  Penode,  von  der  die  Chronologen  yiel 
Aufhebens,  aber  gar  wenig  Gebrauch  machen,  hat  es 
folgende  Bewandnifs.  Die  Jahre,  nach  denen  sie  zählt, 
sind  die  des  Panodorus,  jedoch  mit  der  Aenderung, 
dafs  ihr  Anfang,  der  Gewohnheit  des  Occidenis  gemäfs, 
auf  den  1.  Janaar,  und  zwar  auf  den  zunächst  vorher- 
gehenden verlegt  ist,  so  da(s  das  Jahr  unserer  Aere, 
das  man  dui*ch  obige  Rcduclion  als  dasjenige  findet,  in 
welchem  das  alexa ndrin ische  anfangt,  ganz  mit  demsel- 
ben zusammenlrifTt.  So  ist  das  Jahr  7318  mit  unserm. 
lS25slen  identisch.  Wenn  man  nun  eine  vorgelegte 
Jahrzalil,  z.  B.  die  eben  gedachte,  durch  15  dividirt,  ao 
gibt  der  Rest  13  unmittelbar  die  Indiction.  Dividirt 
man  dagegen  durch  19  und  28,  so  mufs  man  im  er- 
sten Fall  1  vom  Rest  3  subtrahiren  und  im  letztem  4 


•)   Frankfurt  und  Leipzig  I7l6,  4. 


Christliche  Völker.  461 

zum  Rest  10  addiren,  um  die  güldene^  Zahl  und  den 
Sonnencirkel  zu  erhallen  (1,73).  Diese  Periode  leistet 
also  etwas  ähnliches,  wie  die  julianische  (1,76),  nur  dafs 
das  jedesmahlige  Jahr  der  letztem  nicht  blofs  durah  15, 
sondern  auch  dui*ch  19  und  28  diyidirt  unmittelbar 
die  di^i  chronologischen  Charaktere  gibt*  Wenn  die 
griechisch-römische  Periode  sich  durch  ihren  geschicht- 
lichen Ursprung  empfiehlt,  so  ist  die  julianische  offen- 
bar bequemer  geoi*dnet.  Dafs  jene  bei  chronologischen 
Rechnungen,  z.  B.  bei  Ycrglcichung  von  Acren,  auf  eine 
ähnliche  Weise  gebraucht  werden  könne,  wie  diese,  ist 
klar.  Meines  Wissens  ist  sie  aber  zu  diesem  Zweck  von 
niemand  weiter,  als  von  ihrem  Urheber  benutzt  wor- 
den. Wir  wollen  uns  also  bei  dergleichen  Reductionen 
nicht  aufhalten.  Wer  eine  Anleitung  dazu  suchen  sollte, 
findet  sie  bei  Schurzfleisch  ^)  und  Gatterer'). 

Anianus,  ein  Zeitgenosse  des  Panodorus,  schrieb 
ebenfalls  eine  Chronographie,  in  die  er  einen  Oster- 
cyclus  yerflocht»  Vergleichen  wir  nämlich  alle  von 
Van  der  Hagen  gesammelte  Stellen  des  Syncellus, 
wo  von  den  chronologischen  Arbeiten  dieses  Mönchs 
die  Rede  ist,  so  sehen  wir,  dafe  er  sein  mit  Adam  be- 
ginnendes Werk  nach  Jahren  der  Welt  und  zugleich 
nach  wiederkehrenden  Jahren  der  grofsen  532jährigea 
Osterperiode  dergestalt  geordnet  hatte,  dais  das  ei*ste 
Jahr  der  Welt  mit  dem  Anfange  der  ersten  Periode  zu- 
sammentraf, und  daf&  er  so  bis  zum  Schlufs  der  elften 
Periode  oder  bis  zum  Jahr  5S52  fortgegangen  war. 
Der   letztem  Periode,    auf  die    Christi   Geburt   traf, 


*)   S.  125  ff. 

^)   Abrifs  der  Chronologie  S. 91  ff. 

[29*] 


462  Technische   Chronologie. 

hatte  er  eine  Ostertafel  beigefügt,  worin  die  Tage  der 
Luna  XIV  und  des  Osterfestes  nacli  den  GmndsaUen 
der  Alexandriner  bemerkt  waren.  Diese  Tafel  galt  auch 
fiir  die  zwölfte  und  jede  folgende  Periode. 

Man  sieht,  Yictorius,  der  in  der  zweiten  Hälfle 
des  fünften  Jahrhunderts  unserer  Zeitrechnung  schrieb, 
ist  nicht  der  Erfinder  der  532  jährigen  Periode,  die  man 
gewöhnlich  nach  ihm  benennt  (2,278).  Selbst  dem 
Anianus  will  sie  Pagi  nicht  zuschreiben;  denn  da 
Photius  yon  einem  gewissen  Metrodorus  ein  Buch 
über  das  Osterfest  anfuhrt^),  worin  eine  solche 
Periode  vorgekommen  sein  soll,  die  mit  Diocletian 
begann,  so  glaubt  er'),  dafs  dies  der  Philosoph  Me- 
trodorus sei,  dessen  Hieronymus')  unter  der 
277sten  Olympiade  gedenkt.  Allein  Yan  der  Hagen 
behauptet  aus  ti*iftigen  Gi*iindea  ^),  dafs  der  Metro- 
dorus des  Photius  viel  später  geld>t  habe. 

Wie  Anianus  die  Jahre  der  Welt  zählte,  ersehen 
wir  aus  seinen  eigenen  Worten  beim  Syncellus*). 
„Wenn  wir,"  sagt  er,  ,,das  Jahr  5816"  (in  welches  er 
die  Ytoennalia  des  Gonstantinus  setzte)  ,, durch  532 
,,dividiren,  so  ergibt  sich,  dafs  bis  dahin  zehn  Perio- 
„den  und  noch  496  Jahre  der  laufenden  elften  verflos- 
„sen  sind.  Gehen  wir  mit  diesem  Ueberschufs  in  die 
„Ostertafel  —  ü^  rov  rcß  ictLrxa  rofiov — ,  so  finden 
„wir,   dafs  die  Luna  XIV  dem  25sten  und  der  Osler- 


*)  Cod.CXV. 

*)  De  periodo  Graeco^  Romana  $.  19. 

')  In  sebier  Fortsetzung  des  eosebianischen  Chitmioonj 

*)  D9  €jelis  p€uchalibus  p.  112. 

*)  Chronographia  p.  36. 


Ghaistlighe  Völker.  463 

,, Sonntag  dem  29.  März  entspricht."  Diese  Charaktere 
passen  auf  das  Jahr  324  unserer  Zeitrechnung.  Wenn 
nun  dasselbe  mit  dem  S816len  überainstimmte,  so  traf 
unser  erstes  Jahr  auf  sein  5493sles.  Die  Aere  des 
Auianus  ist  also  mit  der  des  Panodorus  identisch. 
Beide  Chronographen  zählten  von  Erschaffung  der  Welt 
bis  auf  die  christliche  Epoche  5492  yolle  Jahre  und 
noch  den  Zeitraum,  der  vom  29. August  bis  zum  I.Ja- 
nuar yerflielst.  Nur  darin  wich  der  erste  wesenQich 
von  dem  letztem  ab,  dafs  er  Christi  Incamation  nicht 
in  5493,  sondern  acht  Jahre  spater  in  5501  setzte. 

Der  Grund  dieser  Abweichung  liegt  meines  Erach"* 
tens   darin,   dafs  er  von   jener  alten   Tradition,   nach 

der   Christus  das   Osterlamm   mit   den   Juden   an   der 

• 

Luna  XlVj  einem  Donnerstage,  gegessen  hat,  an  der 
Luna  Xy,  einem  Freilage,  gestorben,  und  am  Tage 
seiuer  Incamation  erstanden  ist,  nicht  abgehen  wollte. 
So  erg£^b  sich  ihm  das  42ste  Jahr  unserer  Zeitrechnung, 
oder  das  5534ste  seiner  Aere,  in  welchem  nach  alexan- 
drinischer  Rechnung  die  Luna  XIY  auf  den  22sten  und 
das  Osterfest  auf  den  25.  März  traf^).  Da  nun  Chri- 
stus nach  der  gewöhnlichen,  auch  von  ihm  beibehal- 
tenen,. Annahme  33  Jahr  alt  gelitten  hat,  so  stellte  sich 
die'  Incarnatio,  von  der  er  dieses  Alter  rechnete,  auf 
das  Jahr  5501. 

Man  sieht,  in  welchen  argen  Anachronismus  Ania- 
nus  gerieth,  um  eine  Ueberlieferung  seiner  Kirche  in 
Ehren  zu  halten.  Das  42ste  Jahr  unsei*er  Zeitrechnung 
ist  das  zweite  des  Claudius,   und  Christus  ist  nach 


*)  Den  25. März,  als  den  Tag,  auf  welchen  er  die  Aufer- 
stehung setzte,  und  zugleich  das  Jahr  5534,  nennt  Syncellus 
ausdrücklich.   S.  35. 


454  Technische  Chronologie* 

Lucas  im  fanfzehnten  Jahr  des  Tiberius,  oder  doch 
nicht  lange  nachher,  gestorben.  Offenbar  hal  er  die 
zu  viel  gerechneteo  Jahre  in  seiner  Chronographie 
u^ndwo  aus  der  Kaisergeschichle  der  ersten  Jahrhun- 
derte, mit  der  es  die  sptem  griechischen  Chronologen 
nicht  sehr  genau  nahmen,  wieder  weggeschnitten. 

Nichts  desto  weniger  sind '  ihm  mehrere  Byzanti- 
ner, als  Haximus,  Syncellus  und  Theophanes, 
gefolgt.  Der  erste  schrieb  zur  Zeit  des  Heraclius 
einen  von  Petavius  übersetzten  tind  von  Van  der 
Hagen  (2,254)  ausfuhrlich  erläuterten  Computns,  in 
welchem  er  die  Epoche  der  Incamation  mit  grofser  Be- 
stimmtheit angibt.  Sie  traf,  sagt  er^),  im  Jahr  5501 
der  Welt  auf  die  zweite  Ferie,  die  Geburt  auf  die 
vierte.  Diese  Merktaiale  passen  auf  das  neunte  Jahr 
unserer  Zeitrechnung ,  wo  der  25.  März  ein  Montag, 
der  25.  December  ein  Mittwoch  war.  Wenn  er  dem- 
nach von  Jahren  der  Incamation  spricht,  so  zählt 
er  sie  vom  25.  März  des  Jahrs  9,  oder  eigentlich  von 
der  zunächst  vorhergehende^  Jahrepoche,  die  er  als 
Byzantiner' ohne  Zweifel  auf  den  1; September  setzte, 
und  wir  haben  somit  zu  seinen  Jahrzahlen  acht  zu 
addiren,  wenn  wir  sie  auf  die  unsrigen  bringen  wol- 
len. So  bezeichnet  er  das  31ste  Jahr  des  Heraclius, 
wo  er  schrieb,  als  das  633sle  der  Incamation').  Er 
meint  das  Jahr  641  unserer  Zeitrechnung,  welches  das 
31ste  dieses  am  5.  Oktober  610  zur  Regierung  gekom- 
menen Kaisers  ist. 


^}  1.1,0.32.    Man  sehe  das  Uranologium  des  PetaTius. 

')  A.  a.  0.  1, 17  und  in,  9  combinirt  er  es  richtig  mit  do- 
l4ten  Indiction. 


Ghristlighb  Völker.  466 

Syncellus,  der  sonst  ganz  dem  Anianus  folgt, 
weicht  nnr  darin  von  ihm  ab,  dafs  er  die  Jahrepoche 
auf  den  nächslfolgenden  Tag  der  Yerktindigung  verlegt, 
woduitsh  sich  die  Incamalion,  wie  er  auch  selbst  sagt, 
auf  den  Anfang  des  Jahrs  5 501  der  Welt  stellt  ^).  Von 
hier  an  führt  er  seine  Chronographie  bis  zum 
Jahr  5778  der  Welt  oder  278  der  Incarnation  fort. 
Einselne  in  falschen  Ck)mbinationen  gegründete,  nicht 
aber  von  einem  Schwanken  seiner  Jahri*echnung  hei^ 
rührende,  Anomalien  abgerechnet,  zählt  er  im  Ganzen 
immer  acht  Jahre  weniger,  als  wir.  So  läfst  er  den 
Antoninus  Pius  im  Jahr  130  der  Incarnation  seine  Re- 
gierung antreten,  zu  der  er  nach  unserer  Zeitrechnung 
erst  138  gelangte.  Beide  Jahre  sind  identisch,  wie 
schon  die  Zusammenstellung  mit  dem  zugleich  yon  ihm 
erwähnten  Jahr  5630  der  Welt  lehrt.  Da  er  übrigens 
seine  Jahre  um  fast  sieben  Monate  später  als  die  bei- 
den ägyptischen  Mönche  anfängt,  so  mufs  man  von 
seinen  Jahrzahlen  nur  5492  abziehen ,  wenn  man  sie 
auf  die  entsprechenden  unserer  Acre  bringen  will. 

Eben  so  rechnet  sein  Fortsetzer  Theophanes. 
Dieser  macht  z.  B.  das  erste  Jahr  des  Diocletian  zum 
5777sten  der  Welt  und  277sten  der  Incarnation  *), 
d.i.  zum  2S5stPn  unserer  Acre,  mit  welchem  es  auch 
gröfstentheils  übereinstimmt.  Nur  zuweilen  schwankt 
er  um  ein  Jahr ,   z.  B.  wenn   er  das   Ck)ncilium   von 


*)  S.  35.  Nach  der  Art,  wie  er  sich  ausdrückt,  könnte  es 
scheinen,  ab  wenn  schon  Anianus  die  Incarnation  auf  den 
Anfang  des  Jahrs  5501  gesetzt  habe.  Man  vergleiche  aber,  was 
Van  der  Hagen  hierüber  sagt.   De  cyclis  paschalibus  p.  86ff. 

'}    Chronographia  p.  4. 


456  TechniscJie  Chronologie. 

Nicäa  in  316  und  das  von  Cbaloedon   in  444  setzt*). 
Im  ersten  Fall  zählt  er  ein  Jahr  zu  wenig,  im  letztem  * 
eins  zu  viel.     Die  Indiction,  die  er  gewöhnlich  angibt, 
dient,  seinen  Gilcul  zu  rectificiren. 

Aus  dem  Bisherigen  erhellet,  dals  Petavius  voll- 
kommen Recht  hat,  wenn  er  von  der  Rechnung  der 
beiden  ägyptischen  Mönche  sagt ') :  In^  annis  mundi 
eonsentiunt  cunho  compuU,  in  annis  incamatioms  dis- 
sentiunU  Non  dehent  igitur  mundi  aerae  'vel  computi 
censeri  duo,  sed  unus  duntaxat,  cuius  ad  diverses  an- 
nos  Christi  hav^pwTnin^  alligatur.  So  klar  er  aber  aucrb 
den  von  Scaliger  unrichtig  dargestellten  Gegenstand 
aus  einander  gesetzt  hatte,  so  ist  dei*selbe  doch  von 
spätem  Chronologen,  namentlich  Pagi,  aufs  neue  in 
Yeinirirrung  gebracht  worden.  Die  Verfasser  des  j4rt  de 
*verifier  ies  dates,  die  diesem  Chronologen,  wie  schon 
bemerkt  worden,  folgen,  geben  in  ihi*er  grofsen  Zelt- 
tafel zwei  Columnen  mit  den  Ueberscbriften  Ere  mon^ 
daine  d'AntiocIie  und  Ere  mondaine  d'jilexandrie,  von 
denen  jene  im  ersten  Jahr  unsei^er  Zeitrechnung  5493, 
diese  5503  Jabra  zählt.  Erslere  ist  die,  welche  wir  die 
alexandrinische  genannt  haben.  Letztere  gründet 
sich  auf  die  ihren  Principien  nach  uns  nicht  hinläng- 
lich bekannte  Clnx>nologie  des  lulius  Africanus.  Die- 
ser berühmte  in  Syrien  lebende  Cbronolog,  der  seine 
Chronik  unter  den  Consuln  Gralus  und  Seleucus, 
221  n.  Chr.,  endigte,  setzte  Christi  Menschwerdung  ins 
Jahr  5500  und  seinen  Tod  ins  Jahr  5531   der  Welt. 


■)  S.  16  und  90. 

')    Far.  disseri.Yia,  i 


Christliche  Völker,  467 

Syncellus,  der  uns  diese  Notiz  gibl^),  sagt,  Afrl- 
canus  habe  bei  Ansetzung  der  lelztem  Epoche  um 
zwei  Jahre  gefehlt.  Oflenbar  hielt  er  diese  Aei-e  mit 
der  des  Anianus  und  Panodorus,  nach  der  er 
sonst  immer  rechnet,  für  identisch.  Petayius  veiv 
muthet  aber  ')  mit  gix>fser  Wahrscheinlichkeit,  dafs  der 
syrische  Ghronolog  die  Incarnation  eben  so  wie  Cle- 
mens Alexandrinus  und  Eusebius  (2,386),  ins 
dritte  Jahr  vor  unserer  Zeilrechnung  gesetzt  hat.  So 
kommt  unser  ei'sles  Jahr  mit  seinem  5503len  parallel 
zu  sieben.  Dieser  Ansicht  zufolge  zahlt  seine  Aeve  zehn 
Jahre  mehr,  als  die  des  Anianus  und  Panodorus. 
Zu  der  Benennung  der  alexandrinischen,  die  man 
ihr  beigelegt  hat,  ist  gar  kein  Giiind  vorhanden.  Am 
schicklichsten  wird  sie  nach  ihrem  Urheber  genannt. 
Da  wir  sie  von  keinem  namhaften  Chronologen  weiler 
gebraucht  finden,  selbst  nicht  einmahl  von  Eusebius, 
der  sein  Chronicon  doch  sonst  grofsenlheils  aus  dem 
des  Africanus  geschöpft  hat,  so  war  es  ganz  un- 
nölhig,  dafs  ihr  in  jener  Zeittafel  eine  eigene  Rubrik 
gewidmet  wuinle. 

Pagi  gibt  sich  viel  Mühe^),  den,  wie  er  sagt, 
durch  Herwart,  Bolland  und  Petavius  verbreiie- 
ten  Irrthum,  esse  *vel  fuisse  in  Oriente,  qui  aeiu  Dia- 
njrsiana  octennio  breviori  uUmtur,  zu  besu^eilen.  Ich 
bekenne  gern,  dafs  ich  diesen  angeblichen  Irrthum 
ebenfalls  theile.     In  der  That,  man  muis  ein  groüser 


•)   S.326. 

')    Far.diss,Ym,2. 

^)   De  periodo  GraecO"  Romana  S.  23  fr. 


458  Technische   Chronologie. 

Freund  von  Sophisteraen  sein,  wenn  man  mit  dem 
französischen  Chronologen  das  einfache  Factum  wc^de- 
monslriren  wiU,  dafs  Anlanus  Christi  Geburt  in  das 
neunte  Jahr  der  dionysischen  Acre  gesetzt  hat,  und 
dafs  ihm  Maximus, ^  Syncellus  und  Theophanes 
iu  der  Zählung  der  Jahre  ab  Incarnatione  gefolgt  sied. 
Von  einer  christlichen  Aere  des  Orients,  die 
acht  Jahre  weniger  zählt,  als  die  dionysische,  kom- 
men auch  aufser  diesen  Chronologen  zu  sichere  Spuren 
bei  byzantinischen  Schriftstellern  vor,  als  dafs  ihre 
Existenz  zweifelhaft  sein  könnte.  Um  nur  noch  ein 
paar  Beispiele  ihres  Gebrauchs  anzuführen,  so  heifsi  es 
in  dem  Leben  des  Euthymius,  das  Cotelerius 
in  seine  Sammlung  aufgenommen  hat*),  dieser  Heilige 
sei  am  20.  Januar  des  Jahrs  5965 .  seit  Erschaffung  der 
Welt  und  465  seit  der  Menschwerdung  Christi  gestor- 
ben. Es  wii*d  das  Jahr  473  unserer  Aere  gemeint,  in 
welches,  wie  man  auch  anderswoher  weifs,  der  Tod  des 
Euthymius  gehört.  In  dem  Leben  des  Sabas  von 
Cyrillus  Scythopolitanus,  ebenfalls  bei  Cotele- 
rius') steht,  er  sei  gestorben  am  5.  December  der  zehn- 
ten Indiction,  im  Jahr  6024  dno  xtutew^  xoo-jiiov  und  524 
ino  rTjg  rcv  S'soC  \oyov  Ix  Trap^lvov  IvavSrpwTrrjaBw^  xaä  xard 
a-oipHa  yevri<rew^.  Dies  ist  das  Jahr  531  unserer  Aere,  das 
zugleich  durch  p.  C.  Lampadii  et  Oi*estis  anno  II  be- 
zeichnet wird.  Wenn  hier  nur  ein  Epochenunterschied 
Ton  sieben  Jahren  einzutreten  scheint,  so  bedenke 
man,   dafs  der  Verfasser  seine   Jahre   yom    l.Septem- 


*)  Ecclesiae  Graecae  monumenia  Tom.  II,  p.  d93. 
*)   Tom.  m,  p.  353. 


Christliche  Völker.  459 

ber  zählt.  Auch  die  Consulate  pflegen  yon  den  byzan- 
tinischen Schriftslellern  so  gerechnet  zu  wei*den.  Die 
Welläre  ist  in  beiden  Fällen  eben  die,  welche  vir  die 
alelandrinische  genannt  haben  ^).  Aus  dem  Obi- 
gen (2,  437)  wird  man  sich  erinnern ,  dafs  die  Abessi- 
nier  sich  ihrer  in  Verbindung  mit  eben  solchen  Jahi*en 
ab  Incarnatione  bedienen.  Die  ganze  Rechnung  mufs 
ihnen  von  den  Aegjptem  zugekommen  sein.  Merk- 
würdig ist  es  übrigens,  dafs  an  den  beiden  eben  ange- 
führten Stellen  ganz  übemnstimmig  die  gebrauchte  Zeit- 
rechnung dem  Hippolytus,  Epiphanius  und  einem 
Hero  Philosophus  zugeschrieben  wird.  Von  diesen 
müfste  sie  also  Anianus  nur  entlehnt  haben. 

Die  beiden  bisher  gedachten  Vilbel lären  sind  von 
Chronographen  erfunden  und  fast  ausschliefslich  ge- 
braucht worden.  Eine  andere  Bewandnifs  hat  es  mit 
der  constantinoplischen  oder  byzantinischen 
Welläre,  die  lange  im  byzantinischen  Reiche  und  in 
Rufsland  als  die  kirchliche  und  bürgerliche  bestanden 
fajpit,  und  bei  den  Albanern,  Seryiem  und  Neugriechen 


')  Auch  in  der  Historia  Miscellä^  die  Muratori  im  ersten 
Bande  seiner  Scripta  res  rerum  Italicarum  hat  abdrucken  lassen, 
und  die  aus  Euiropii  Breviarium  und  einer  bis  806  n.Chr. 
gehenden  Forlsetzung  besieht,  sind  die  Jahre  der  byzanlini sehen 
Kaiser  von  luslinus  I  an  nacli  der  christlichen  Aere  des  Orients 
gerechnet.  So  heifst  es  I.  XVIII,  p.  124,  Heraclius  habe  seine 
Regierung  anno  ab  Incarnatione  Domini  DCII  angetreten.  Nach 
unserer  Aere  bt  dies  das  Jahr  6 10.  Ein  Schwanken  Ton  einem 
Jahr  auf  oder  ab,  das  häufig  yorkommt,  liegt  nicht  in  einer 
Unsicherheit  der  Jahrrechnung,  sondeiTi  der  chronologischen  Be- 
stimmungen. Auch  rUhrt  es  zum  Theil  von  der  Verschiedenheit 
der  Jahrepoche  her. 


460  Technische  Chronologie. 

noch  immer  besteht.  Kur  die  letztem  fangen  jetxt  im 
Zustande  ihrer  Wiedergeburt  an,  sich  bei  ihren  Ver- 
handlungen mit  den  europäischen  Völkern  der  christ- 
lichen JabiTCchnung  zu  bedienen. 

Die  byzantinische  Weltäre  zählt  sechzehn  Jahre 
mehr,  als  die  alexandrioische.  Dies  erhellet  unter  an- 
dern aus  dem  Theophanes,  der  ein  paarmahl  einer- 
lei Jahr  nach  beiden  angibt.  In  der  Ueberschrift  sei- 
ner Chronographie  heifst  es,  seine  Geschichte  gehe 
vom  ersten  Jahr  des  Diodetian,  dem  S777sten  der  Welt, 
bis  auf  das  zweite  des  Michael,  welches  das  6305te  nach 
den  Alexandrinern,  das  6321ste  nach  den  Rö- 
mern (Byzantinern)  sei.  Den  Tod  des  Leo  Isauricus 
setzt  er  ')  in  das  Jahr  6248  der  Kömer  und  6232  der 
Aegypter  oder  Alexandriner.  Vergleicht  man,  was  oben 
über  die  Epoche  der  alexandrinischen  Aei*e  gesagt  ist, 
so  erhellet,  dafs  die  byzantinische  bis  auf  den  Anfang 
der  unsrigen  5S0S  Jahre  zählt.  Leo  Allatius  bestä- 
tigt dies,  wenn  er  sich  in  seiner  Abhandlung  De  do- 
nUnicis  et  hebdomadibus  Graecorum  also  ausdiiickt ') : 
Solent  Graeciy  ut  plurimwn,  immofcre  semper,  dum  an- 
nos  recententy  non  a  Christo  nato,  sed  ab  orbe  ipso 
condito  numerare.  —  Calculum  ecclesiae  onentalis,  qui 
fere  apud  omnes  solcmnis  est,  et  quo  omnes  non  tan" 
tum  ad  dirigcnda  tempora  et  festorum  indicandas  soy 
lemnitateSf  sed  inter  commcrcia  et  congressus  familiä- 
res  utuntur,  proponam,   de  aliorum   calcuJis  minime 


')  S.  die  Anmerkung  zu  S.  449. 

')   Col.  l494  seines  Werks  De  ecclesiae  occidentalis  et  Orient 
talis  perpetua  consensione,     Cöln  1648,  4. 


Christliche  Volker.  46i 

soIUcitus.  Is  fiißrit  ab  orhe  condito  ad  Christum  na^ 
tum  annus  S50S  ').  Diese  Worte  leiten  eine  sehr  be* 
queme  Tafel  ein,  in  der  er  die  Jahi^e  der  byzautini* 
sehen  Aere  mit  denen  unserer  christlichen  yon  1  bis 
1643  und  den  Indiclionen  vergleicht.  Hat  man  keine 
solche  Reduclionstafel  zur  Hand,  so  kann  folgende  He- 
gel ihre  Stelle  vertreten:  man  ziehe  von  der  byzantini- 
schen Jahrzahl  entweder  5508  oder  5509  ab,  je  nach- 
dem man  das  christliche  Jahr  verlangt,  das  seinem  gröfs- 
ten  Theile  nach  mit  dem  byzantinischen  übereinstimmt, 
oder  dasjenige,  an  dessen  ei*stem  September  das  byzan- 
tinische seinen  Anfang  nimmt.  Wenn  z.B.  Gedrenus 
den  Tod  des  Constantinus  Porphyrogenneta  auf 
den  9.  November  des  Jahrs  6468  setzt '),  so  findet  sich, 
dafs  er  das  Jahr  959  n.  Chr.  meint.  Um  ein  Jahr  un- 
serer Aere  auf  die  byzantinische  zu  bringen,  addire  man 
zur  christlichen  Jahrzahl  5509;  die  Summe  gibt  das 
byzantinische  Jahr,  das  am  1.  September  des  christ- 
lichen anfängt.  So  zählen  die  Griechen  in  den  ersten 
acht  Monaten  des  gegenwartigen  Jahrs  1825  ihr  7333stes, 
in  den  letzten  vier  ihr  7334stes. 

Die  Entstehung  der  byzantinischen  Aere  liegt   im 
Dunkeln;    nur  so  viel  ist  wahrscheinlich,   dafs  sie  in 


^)  Ueber  das  Geburtsjahr  Christi  Dcich  byzantinischer  Aere 
scheint  sich  in  der  orientalischen  Kirche  keine  feste  Meinung 
ausgebildet  zu  haben.  Man  yergleiche  Van  der  Hagen's  06- 
servationes  in  Chronicon  Prosperi  p.  193<  Leo  Allatius,  der 
überall  bemüht  bt,  die  Üebereinstimmung  der  orientalischen  Kirche 
mit  der  occidentalischen  nachzuweisen,  ti'itt  in  diesem  Punkt  der 
letztem  ohne  Weitei'es  bei. 

')  Bist,  Tom.  n.  p.  ^4l.  Ich  citire  immer  die  pariser  Aus- 
•gabe  der  Scriptt,  kisL  Bjrztmtinae. 


N 


462  Technische  Chronologie. 

keinen  historischen  G>mbinationen  begründet  ist,  son- 
dern einen  blofs  conyenlionenen  Ursprung  hat.  Die 
alexandrin ische  Aere  gab  die  Indiclionen,  die  im  byzan- 
tinischen Reiche  sehr  gebräuchlich  ^aren,  nicht  unmit- 
telbar durch  Division  mit  15,  sondern  um  1  zu  klein. 
Es  kam  also  nur  darauf  an,  die  Jahi*zahl  um  1  zu  ver- 
gröfsem.  Man  fiigie  aber  lieber  noch  eine  ganze  In- 
diclion  mehr  hinzu,  um  eine  Jahrrechnung  zu  erhal- 
ten, die  von  jener  allzu  verschieden  war,  als  dais  beide 
leicht  verwechselt  werden  konnten.  Zugleich  verlegte 
man  den  Anfang  des  Jahrs  vom  1.  Tholh  oder  29.  Au- 
gust auf  den  I.September,  mit  welchem  die  Indicüo- 
nen  begannen. 

Die  erste  Spur  der  neuen  WeltSi«  findet  sich  im 
Chronicon  Faschale,  dessen  letzter  Verfasser  (es 
scheint  mehr  als  einen  zu  haben)  unter  Heraclius 
gelebt  haben  mufs.  >  In  diesem  Werke  werden ,  wie 
schon  erwähnt  woi*den  (2,  442),  die  Yicennalia  des 
Constantin  in  das  Consulat  des  Paulinus  und  lulia- 
nus  gesetzt.  Dabei  wird  eine  U§bersicht  der  Jahre  von 
Adam  her  gegeben,  an  deren  Schlufs  es  heifst:  'Axo 
yivia^w^  xoaiioi)  tw^  r^^  k  Irripi&o^  Kwvfamvov  In}  fwkyy 
von  Erschaffung  der  Welt  bis  auf  das  zwan- 
zigjährige Regierungsfest  des  Constantinus 
5833  Jahre.  Zieht  man  5508  ab,  so  erhält  man 
als  das  entsprechende  Jahr  unserer  Zeitrechnung  das 
325ste,  dem  auch  jene  Consuln  angehören.  Diese  Aere 
herrscht  durch  das  ganze  Werk,  jedoch  mit  einigen  Ano- 
malien, über  die  Van  der  Hagen's  gründliche  Un- 
tersuchung der  Chronologie  desselben  (2,  254)  zu  ver- 
gleichen ist.    Wenn  es  Christi  Geburt  in  das  Jahr  5507 


Christliche  Völker.  463 

seUt^)«  so  meint  es  keine  andere  als  die  gewöhnliche 
byzanlinische  Aere.  Es  verschiebt  blofs  eine  Epoche, 
die  auf  die  Bestimmung  der  Welläi^  keinen  Einflufs 
hat.  Die  Verschiebung  ist  ganz  im  Sinn  der  griechi- 
schen Kirchenväler,  die  Christi  Geburt  zwei  Jahi'e  vor 
unserer  Zeitrechnung  annehmen  (2, .387)*  Den  Anfang 
des  Jahrs  setzt  es,  wie  Van  der  Hagen  zeigt,  auf  die 
Frühlingsnachtgleiche.  Erst  als  die  Aere  in  den  bür- 
gerlichen Gebrauch  überging,  verlegte  man  die  Jahr- 
epoche auf  den  folgenden  1.  September. 

Das  erste  Beispiel  eines  solchen  Gebrauchs  gibt  mei- 
nes Wissens  die  Synodus  Trullana  vom  Jahr  691 
n.  Chr.  Im  dritten  Canon  dieses  zu  Constantinopel  ge- 
haltenen Conciliabuli  wird  die  vierte  Indiction  mit  dem 
Jahr  6199  der  Welt  zusammengestellt').  Beide  endig- 
ten sich  mit  dem  31.  August  des  gedachten  christlichen 
Jahrs.  Vom  achten  Jahrhundert  an  kommt  die  Aere 
in  Verbindung  mit  den  Indictionen  häufig  vor.  Nach 
ihr  datirten  die  Kaiser  ihre  Novellen,  die  Patriarchen 
ihre  Hirtenbriefe.  Auch  rechnen  nach  ihr  die  spfitem 
byzantinischen  Geschichtschreiber,  namentlich  Cedre- 
nus^).  Dafs  sich  ihrer  die  ziemlich  spät  lebenden 
byzantinischen  Chronologen  Isaacus  Argyrus  und 
Theodorus  Gaza  bedienen,  wird  man  leicht  er- 
achten.    Der  erste  fängt  in  seinem  Computus  das 


*)  S.  189  und  an  mehreren  Stellen. 

')  S.  Mansi  collect.  conciL  Tom.XII,  p.51  und  yergl.  Goar*s 
Noten  zum  Theophanes  p.  546  und  Pagi's  Critica  in  Ann, 
Baronii  ad  ann.  691. 

')  Montfaucon  bemerkt  {Palaeographia  Graeca  1. 1.  c.  6 
und  7)i  dafs  die  byzantinischen  Biicherabschreiber  nach  ihr  die 
Zeit  der  Beendigung  ihrer  Handschriften  anzugdien  pQ^cn. 


464  Technische  Chronologie. 

Jahr  6S81 ,  von  welchem  er  alle  seine  Beispiele  ent- 
lehnt, mit  dem  Jahr  1372  an,  wie  güldene  Zahl  und 
Ferie  lehren ;  der  andere  reducirt  das  Jahr  6978 ,  wo 
er  sein  kleines  Werk  über  die  Monate  beendigte, 
selbst  auf  unser  1470sles '). 

Mit  dem  Ritus  der  griechischen  Kirche  ist  auch 
ihre  Weltare  zu  den  Russen  übergegangen.  Schon 
Nestor,  ihr  ältester  Annalist,  der  seine  Chronik  bis 
auf. seinen  Yei*mulhlich  im  Jahr  1116  erfolgten  Tod 
fortgeführt  hat,  gebraucht  sie.^  Man  sehe  Schlözer's 
Nestor,  vor  allen  aber  Hrn.  Philipp  Rrug's  kri- 
tischen Versuch  zur  Aufklarung  der  byzanti- 
nische^ Chronologen,  mit  besonderer  Rück- 
sicht auf  die  frühere  Geschichte  Rufslands'). 
Peter  der  Grofse  hat  1700  die  europäische  Aere  und 
Jahrepoche  eingeführt,  jedoch  nicht  den  neuen  Kalen- 
der, den  die  griechische  Kirche  anzunehmen  sich  bis 
jetzt  geweigert  hat. 

Schon  viel  früher  kommen  im  Orient  Spuren  »eines 
Gebrauchs  unsei^r  Aere  vor,  die  der  Verkehr  mit  dem 
Occtdent  herbeigeführt  hat,  jedoch  nur  in  Privauklen 
und  in  Verbindung  mit  den  einheimischen  Jahrrech- 
nungen. Joseph  Simon  Assemani  sagt'),  da(s  sich 
die  Syrer  ihrer  schon  seit  dem  elften  Jahrhundert  be- 
dient haben.  Aus  dem  sechzehnten  Jahrhundert  hat 
man  mehrere  Briefe  conslanlinoplischer  und  alexandri- 
nischer  Patriarchen,  die  nach  ihr  datirt  sind.  Dahin 
gehört  die  sonderbare  gegen  die  gregorianische  Kalen- 


^)  Beide  Schriften  finden  sich  im  üranologium  des  PetaTius. 

')    Petersborg  1810,  8. 

')  Bihliolheca  oHeniaiis  Tom.  I.  p.  289. 


Christliche  Völker.  465 

derverbe^rung  eingelegte  Protestation  der  griechischen 
Kirche,  welche  von  den  Patriarchen  zu  Constantinopel, 
Alezandrien  und  Antiochien  unterzeichnet  ist^).  Der 
20.  November  1582  ist  hier  mit  der  zehnten  Indictiou 
und  dem  Jahr  7090  der  Welt  zusammengestellt,  yer- 
muthlich  durch  ein  Versehen  des  Abschreibers  oder 
Uebersetzers ;  denn  mit  dem  I.September  1582  nah- 
men schon  die  elfte  Indiction  und  das  Jahr  7091  ihren 
Anfing.  • 

Gibbon  bedauert'),  dafs  die  byzantinische  Welt- 
äre  nicht  in  allgemeinen  Gebrauch  gekommen  ist.  Sie 
scheint  ihm  vor  unserer  verworrenen  Methode,  die 
Jahre  Christi  vor  und  rückwärts  zu  rechnen,  groDse 
Vorzüge  zu  verdienen.  Von  den  7300  Jahren,  die  sie, 
als  er  schrieb,  zählte,  gehören,  sagt  er,  3000  der  Un- 
wissenheit und  Finstemifs  an;  die  folgenden  2000  sind 
fabelhaft  und  unsicher;  1000  gehen  auf  die  alte  Ge- 
schichte vom  Ursprünge  des  persischen  Reichs  bis  auf 
den^  Fall  Roms,  1000  auf  das  Mittelalter  und  300 
auf  den  neuem  Zustand  Europas  und  des  Menschen- 
geschlechts. 

Hier  verdient  noch  der  eigenthümliche  Gebrauch 
bemerkt  zu  werden,  den  die  Kirchenväter  und  Chro- 
nographen des  Orients  von  den  Olympiaden  gemacht 
haben.  Wenn  sie  dieselben  zugleich  mit  ihrem  bür- 
gerlichen Jahr,  also  um  etwa  zehn  Monate  fiüher  be- 
gonnen hätten,  als  es  die  Feier  der  olympischen  Spiele 


*)  S.HenriciHilarii  Appendix  ad  Chronicon  Cjrprii.  Laip- 
zig  und  Frankfurt  l687,  8. 

')   History  qf  the  decline  and  fall  of  ihe  Roman  Empire 
eh.  40.  Tom.  lY.  p.  121  der  londner  Ausgabe  von  1788. 

IL  [30] 


466  Technische  Chronologie. 

mit  sioh  brachte,  so  dürfte  uns  dies  wenig  befremden, 
weil  sie  hierin  nur  einer  allgemeinen  Gewohnheit  des 
Alterthums  treu  geblieben  sein  würden  (2,  383) ;  allein 
sie  fingen  sie  um  fast  zwei  Jahre  zu  früh  an.  So 
Eusebius  in  seinem  Chronicon  und  sein  Uebersetier 
Hieronymus.  Ersterer  lafst  Ol.  194, 4  mit  dem  42sten 
Regierungsjahr  August's  oder  dem  752sten  d. St.,  das 
er  als  Syrer  vier  Monate  früher  als  die  Römer  anfing, 
parallel  laufen^).  Er  beginnt  also  Ol.  194,4  mit  dem 
I.September  751,  da  hingegen  dieses  Olympiadenjahr 
nach  der  Rechnung  der  griechischen  Geschichtschrei- 
ber, auf  welche  die  oben  (1,375)  gegebene  Reducüons- 
regel  pafst,  erst  mit  dem  Julius  1  y.  Chr.  oder  753  d.  Su 
seinen  Anfang  nimmt.  Letzterer  zählt  bis  auf  den  am 
9.  August  378  n.Chr.  erfolgten  Tod  des  Valens  1155 
Olympiadenjahre'),  da  doch  das  11545te  oder  Ol. 289, 2 
seit  kaum  zwei  Monaten  im  Gange  war.  Das  Chroni- 
con paschale  rechnet  die  Olympiaden  jähre  als  dmt:h- 
gehends  den  Indictionen  gleichlaufend.  Nun  setzt  es"*) 
den  Tod  des  lulianus,  der  auf  einem  Feldzuge  gegen 
die  Perser  im  Junius  363  n.Chr.  blieb  (1,452),  rich- 
tig in  die  sechste  Indiction,  die  mit  dem  I.Septem- 
ber 362  begann.  Dies  ist  ihm  zugleich  das  vierte  Jahr 
der  2858ten  Olympiade,  das  doch  nach  der  gewöhn- 
lichen Rechnung  erst  mit  dem  Julius  364  n.Chr.  an- 
fing. Auch  beim  Geschichtschreiber  Socrates  sind  die 
Olympiaden  nicht  anders  zu  nehmen.  Calvisius  und 
Petayius  beschuldigen  ihn,  in  diesem  Punkt  gar  keine 


*)   Chronicon  Vol.  II.  p.  261  des  armenischen  Textes. 
•)   Opp.  Tom.  Vm,  col.  820. 
0  S.  296  ff. 


Christliche  Völker.  467 

feste  Regel  befolgt  zu  haben ,  aber  ohne  Grund.  Die 
wenigen  Stellen,  in  denen  wirklich  Widersprüche  yor- 
kommen,  sind  offenbar  verderbt. 

Wie  diese  spätere  Olympiadenrechnung  entstanden 
ist,  läfst  sich  nicht  mit  Sicherheit  nachweisen.  Yer- 
muthlich  hat  lulius  Africanus,  dem  Eusebius  und 
die  übrigen  christlichen  Chronologen  meistens  gefolgt 
sind,  irgend  eine  Olympiade  um  ein  Jahr  verkürzt 
und  so  die  Epoche  der  Olympiadenä^e  um  ein  Jahr, 
oder,  mit  Bezug  auf  den  Jahranfang  der  Syrer,  um 
fast  zwei  Jahre  weiter  zurückgeschoben,  als  Eratosthe- 
nes  (1,373).  Die  Feier  der  olympischen  Spiele  ist  zwar 
erst  unter  Theodosius  gänzlich  erloschen  (1,377);  sie 
mochte  aber  zur  Zeit  des  Africanus  schon  so  schwan- 
kend geworden  sein,  dafs  sie  seinen  Calcul  zu  rectifici- 
ren  wenig  mehr  geeignet  war. 

Ob  die  besondere  Stellung  der  attischen  Monate, 
die  wir  beim  Epiphanius  und  in  dem  Menolog  bei 
Henricus  Stephanus  antreffen  (1,360),  nicht  viel- 
leicht blofs  bei  den  syrischen  Griechen  gebräuchlich  war 
und  mit  der  eben  erklärten  Olympiadenrechnung  zusan^ 
menhing?  Noch  hat  sich  kein  Zeugnifs  eines  Schrift- 
stellers oder  Monument  gefunden,  das  diese  Stellung 
bei  den  Athenern  selbst  aufser  Zweifel  setzte,  ob  sie 
gleich,  wie  oben  gezeigt  worden,  ziemlich  natürlich 
darauf  kommen  konnten. 

Um  alle  in  der  Christenheit  gebrauchte  Zeitrech- 
nungen zu  erschöpfen,  mufs  hier  noch  von  der  neu- 
fränkischen die  Rede  sein,  so  wenig  sie  auch  auf 
den  Namen  einer  christlichen  Anspruch  machen  darf, 
da   sie  vielmehr  ganz  auf  die  Zerstörung  des  Cultus 

berechnet  war. 

(30'1 


468  Technische  *  Chronologie. 

Durch  ein  Dekret  vom  S.Oktober  1793  fiihrte 
der  National -Convent,  besonders  auf  des  Deputirten 
Romme  Betrieb,  der  auch  Berichterstatter  in  dieser 
Angelegenheit  war,  eine  Zeiteintheilung  ein,  die  der 
Typus  einer  ganz  neuen  Ordnung  der  Dinge  sein  sollte. 
Der  Tag  wurde  in  10  Stunden,  die  Stunde  in  100  Mi- 
nuten, die  Minute  in  100  Sekunden  getheilt.  An  die 
Stelle  der  siebentägigen  Woche  trat  eine  zehntägige,  die 
Dekade,  deren  einzelne  Tage  durch  die  Benennungen 
Primidi,  Duodi,  Tridi,  Quartidi,  Quiutidi, 
Sextidi,  Septidi,  Octidi,  Nonidi,  Decadi  un- 
terschieden wurden.  Drei  Dekaden  bildeten  den  Mo- 
nat, der  durchgehends  dreifsig  Tage  erhielt.  Zu  zwölf 
Monaten  kamen,  wie  einst  im  alexandrinischen  imd 
dschelaleddinischen  Jahr,  fünf,  im  Schaltjahr  sechs  Er- 
gänzungstage ^  jours  epagomenes  oder  jours  com- 
plementaires  ^  genannt.  Der  Anfang  des  Jahrs  wurde 
auf  den  mit  der  Mitternacht  beginnenden  Tag  geseut, 
auf  den  nach  astronomischer  Berechnung  unter  dem 
Meridian  der  pariser  Sternwarte  die  HerbstnachtgleiGhe 
traf,  auf  den  22sten  oder  23.  September.  In  der  Regel 
folgte  auf  drei  Gemeinjahre  ein  Schalljahr,  und  dieser 
vierjährige  Zeitraum  sollte  Franc  lade  heifsen.  Die  Mo- 
nate erhielten  neue  bedeutungsvolle  Namen,  nfimlich 

Herbstmonate. 

Yendemiaire 

Brumaire 

Frimaire 
Wintermonale. 

Niv6se 

Pluvi6se 

Vent6se 


Christliche  Völker.  .  469 

Frühlingsmonate. 

Germinal 

Floreal 

Prairial 
Sommermonate. 

Messidoi^ 

Thermidor 

Fnictidor 
Man  siebt,  dafs  je  drei,  die  zu  einer  Jahrszeit  gehören, 
eine  übereinstimmige  Endung  haben.  Die  Jahre  wur- 
den von  der  Stiftung  der  französischen  Republik 
im  Jahr  1792  an  gerechnet,  eben  so,  nvie  die  Englän- 
der 1648  nach  dem  ersten  Jahr  der  durch  Gottes 
Segen  errungenen  Freiheit  datirten. 

Die  Decimaleintheilung  des  Tages  hat  nie  in  den 
Gang  kommen  wollen,  weil  man  nicht  durch  einen 
Zauberschlag  alle  Uhren  verändern  konnte.  Die  Deka- 
den wurden  in  den  öffentlichen  Akten  und  in  den  Zei- 
tungen mehrere  Jahre  beibehalten;  das  Volk  hörte  nie 
auf,  nach  Wochen  zu  zählen.  Die  dreifsigUigigen  Mo- 
nate, die  mit  den  Jahrszeilen  beinahe  gleichen  Schritt 
hielten,  waren  noch  das  beste  an  der  ganzen  neuen 
Zeitrechnung.  Die  Einschaltung  tadelten  die  Sachver- 
ständigen vom  Anfange  an.  Es  gab  für  sie  gar  keine 
feste  Regel,  und  es  konnten  daher  die  Monatstage  des 
republikanischen  Kalenders  nicht  immer  einerlei  Datis 
des  gregorianischen  entsprechen;  Man  sehe  Delam- 
bre's  Astronomie^). 

Zufolge  eines  durch  Napoleon  veranlagten  Se^ 
natsbeschlusses   vom   9.  September   1805   kehrten   die 


*)  Tom.  m.  p.  695  ff. 


470  Technische  Chronologie. 

Franzosen  am  I.Januar  des  Jahrs  1806,  des  viexiehn- 
ten  ihrer  neuen  Aere,  zum  gregorianischen  ELalender 
zurück.  Eine  bequeme,  von  Joh.  Fr.  Pfaff  entwor* 
fene,  Tafel  zur  Yergleichung  des  französischen  repu- 
blikanischen und  des  gregorianischen  Kalenders  yoni 
22.  September  1792  bis  zum  dl.December  1805  findet 
man  in  Bredow's  Chronik  des  neunzehnten 
Jahrhunderts  ^). 


')   Am  Schlufs  des  Jahi'gangs  1805. 


Acihter  Abschnitt. 

Zeitrechnung  der  Araber. 


*wv*^fW%fy^n/% 


u. 


'nter  allen  zu  einiger  Cultur  gelangten  Völkern  sind 
die  Araber  das  einzige,  welches  die  Eintheilung  der  Zeit 
ausschliefslich  auf  den  Lauf  des  Mondes  gründet  (1)67)* 
Sie  fangen  ihre,  Monate  mit  der  ei*sten  Erscheinung  der 
Mondsichel  in  der  Abenddämmerung  an,  und  nennen 
die  Dauer  von  zwölf  solcher  Monate  ein  Jahr,  ohne  je 
an  eine  Ausgleichung  des  Mond*  und  Sonnenlaufs  zu 
denken,  daher  der  Anfang  ihres  Jahrs  in  einem  Zeit- 
raum von  etwa  33  der  unsrigen  rückgängig  durch  alle 
Jahrszeiten  wandert. 

Diese  ohne  Zweifel  uralte  Zeitrechnung  ist  von 
Mohammed  sanctionirt  und  in  den  von  ihm  ge- 
stifteten Gultus  verflochten  worden.  Natürlich  ist  sie 
so  zu  allen  den  Völkern  übergegangen,  die  sich  zum 
Islam  bekennen ,  daher  ^  sie  auch  eben  so  schicklich 
die  mohammedanische,  als  die  arabische  ge- 
nannt wird. 

Gehen  wir  zu  ihrer  nähern  Erörterung  über,  so 
ei^ibt  sich  zuvörderst  als  eine  nothwendige  Folge  des 
obigen  Princips,  dals  die  Araber  den  bürgerlichen  Tag 
mit  dem  Untergange  der  Sonne  anfangen,     n^ie  rech- 


472 


Techm'sclie  Chronologie. 


,nen/'  sagt  Alfergani  ^),  ,,den  bürgerliclien 
,Tag"  —  »jJLJb  »yj^iaum  bilailathi^  wöitlich  den  Tag 
mit  seiner  Nacbt  —  f^darum  vom  Untei^nge  der 
,  Sonne,  nveil  sie  die  Monatslage  von  der  Wahmeh- 
,mung  der  ersten  Mondphase  —  S^  hildl  — 
, zählen,  und  diese  Phase  beim  Unlergange  der  Sonne 
,  gesehen  wird.  Bei  den  Rum  und  andern  dagq;en, 
,  welche  bei  ihren  Monaten  nicht  auf  die  Phase  Rück- 
, sieht  nehmen,  geht  der  Tag  vor  der  Nacht  her,  und 
,es  hebt  der  bürgerliche  Tag  mit  dem  Aufgange  der 
,  Sonne  an  und  reicht  wieder  bis  zu  ihrem  Auf- 
, gange"  ^).  Da  also  bei  den  Arabern  die  Tracht  im 
bürgerlichen  Tage  vor  dem  natürlichen  hergeht,  so  hat 
sich  ihr  Sprachgebrauch  dahin  gebildet,  da(s  sie  ge* 
wohnlich  Zeiträume  nach  Nächten  bestimmen  und  nach 
Nächten  datiren. 

Die  im  ganzen  Occident  bis  auf  die  Einführung 
der  mechanischen  Zeitmesser  gebräuchlichen  veränder- 
lichen Stunden,  deren  ohne  Unterschied  der  Tag-  und 
Nacbtlänge  durchgangig  zwölf  auf  den  natürlichen  Tag 
und  eben  so  viel  auf  die  Nacht  gerechnet  werden  (1, 84), 
treffen  wir  auch  bei  den  Arabern  an.  Sie  nennen  sie 
äaSLoJ  oLcLJt  el-sddt  el'Zemänije,  welcher  Ausdruck 
ganz  dem  griechischen  wpcu  Kcuptxal,   Zeitstunden, 


^)  Elementa  astronomica  ed.  Golii  S.  2. 

')  Dafs  die  byzanlinischeu  Griechen  um!  christlichen  Syrer, 
die  hier  unter  Rum  yerstanden  werden,  ihren  Tag  mit  der  Mit- 
ternacht anfangen,  scheint  Alfergani  nicht  gewufst  zu  haben. 
Ihm  schwebten  bei  diesen  Worten  wol  yomehmlich  die  Tomlamiti- 
schcn  Perser  Tor,  die  ihren  Tag  mit  dem  Aufgange  der  Sonne 
begannen. 


i 


Araber.  473 

entspricbt.  Ihre  Sonnenuhren  haben  eine  diesen  mit 
den  Jahrszeiten  bald  zu-  bald  abnehmenden  Stunden 
angemessene  Einrichtung^).  Unsere  Stunden,  welche, 
den  bürgerlichen  Tag  in  24  gleiche  Theile  theilend, 
ihre  Entstehung  dem  von  den  Astronomen  frühzeitig 
gefühlten  Bedürfnils  einer  gleichförmigen  Zeiteinthei- 
lung  yerdanken,  werden  xJjüübJI  oLcUJI  el^sdät  e/- 
motedilß  oder  äj^UmJ!  oULMJt  el-säät  el-'mostewije, 
gleichförmige  Stunden,  genannt.  Von  dem  Un- 
terschiede beider  Arten  von  Stunden  handelt  Alfer- 
gani').  Ebn  Junis  erwähnt  sie  bei  Gelegenheit  der 
von  ihm  und  andern  angestellten  astronomischen  Be- 
obachtungen häufig^). 

An  gröfsem  Zeiteinheiten  finden  wir  bei  den 
Ambem  zunächst  die  Woche  —  py^\  usbu  ^,  welche 
bei  ihnen,  wie  bei  den  Hebräern,  von  denen  sie 
in  den  Occident  übergegangen  ist,  sieben  Tage  hält. 
,,Die  Tage,"  sagt  Alfergani^),  ,,nach  denen  die 
,, Monate  gezählt  werden,  sind  die 'sieben,  von  de- 
,,nen  der  erste  «A>>^{  »yj  jaum  el-ahad,  erster 
,, Wochentag,  genannt  wird.  Dieser  nimmt  mit 
,,dem  Untergange  der  Sonne  am  Sabbath  —  ^»^ 
,>v:>,AdMJ(  jaum  einseht  —  seinen  Anfang,  und  währt 
,,bis  zu  ihrem  Untergange  am  folgenden  Tage,  und 
^,eben  so  die  übrigen  Wochenlage.'*    Wir  ersehen  hier- 


^)  S.  Hm.  BeigeFs  gehaltvollen  Aufsalz  über  die  Gno- 
monik  der  Araber  im  ersten  Bande  der  Fundgruben  des 
Orients  S.409ff. 

*)    €.11. 

')  Notices  et  extraits  des  manuscrits  de  la  Biblioihique 
royale.   Tom.  Vü,  p.  49  ff. 

*)   An  der  zuerst  angeführten  Stelle. 


474  Technische  Cfironologie. 

aus  erstlich,  daia  die.  Araber  ihre  Wochentage  um  die 
halbe  Dauer  der  Nacht  früher  anfangen,  als  wir;  ein 
Umstand,  der  bei  Yei^eichung  ihrer  Wochentage  mit 
den  unsrigen,  wozu  ihre  Geschichtschreiber  und  Astro- 
nomen häufig  Gelegenheit  geben,  nicht  aufser  Acht  zu 
lassen  ist.  Zweitens,  dafs  der  Sonntag  bei  ihnen  wie 
bei  uns  der  erste  Wochentag  ist,  welche  Art  zu  zählen 
sich  eben  so,  wie  die  Benennung  Sabbath  für  den 
Sonnabend,  und  der  alte  Name  iu^^  arube,  Abend, 
für  den  Freitag,  aus  den  Zeiten  vor  Mohammed  hcr- 
achreibt,  wo  ein  grofser  Theil  von  ihnen  sich  zur  jüdi- 
schen Religion  bekannte.  Die  folgenden  Wochentage  bis 
zum  Donnerstage  heifsen  ^AJu'it  d»^.  jaum  el-'ühnain, 
der  zweite,  Ij^t  f^^jaum  el-^thaldthd,  der  dritte, 
Iju^^t  M^^jaum  el'-arbad,  der  vierte  und  u-,\%^  |»^ 
jaum  el^chamis,  der  fünfte  Wochentag,  und  der 
Freitag  »jl^  m^,  jaum  el-dschuma,  Tag  der  Zu- 
sammenkunft, weil  sich  an  ihm,  als  an  ihrem  Feier- 
tage, die  Mohammedaner  zum  Gebet  in  den  Moscheen 
versammeln. 

Die  Namen  der  Monate  *- jj^  schuhär  oder 
j^\  eschhur  —  sind : 

f»^      Moharrem 

Jito      Safar 
Jl^^t  Mj      Hebt  el-awwel 
j^'i]  «^      Rebt  el-accher 
Jl^Slt  (^U>      Dschemidi  el-awwel 
>^t  c5^U>      Dschemidi  el-accher*) 


*)  Die  Namm  des  fünflen  und  sechsten  Monats  kommen  aoch 
mit  einem  6  geschrieben  Tor  und  werden  hiernach,  besonders 
Ton  den  Türken,  Dschemtdsi  ausgesprodien. 


Araber.  475 

Redscheb 
..JutLÜ      SchabJLn 
^La^m^       Ramadäa  oder  Ramasän 
Jty^      Schewwal 
SJüüIt^J      Dsu '1-kade 
tJfüL  ^o      Dsu  'l-hedsche. 
Sie  sind  sämmtlich  AppeUativa  ^).     Einige  haben  eine 
offenbare  Beziehung  au£  die  Jahrszeiten,  z.B.  Rama- 
dan, welches  einen  heifsen  Monat  bezeichnet.    Diese 
Beziehung,   die  bei  der  Wandelbarkeit  der  arabischen 
Monate  befremdend  ist,  soll  nach  Dschewhari^)  nur 
zufällig  für  das  Jahr  ihrer  Einführung  gegolten  haben. 
Der  Name  «^  rebi,  der  im  Arabischen  gewöhnlich  den 
Frühling  bedeutet,  scheint,   wie  auch  Nuweiri  bei 
Colins  sagt,  ursprünglieh  ein  Synonym  von  i_-m_'^ 
proyentus,  ubertas  anni,  gewesen  zu  sein.     Die 
alten  Araber  sollen  nämlich  ihr  Jahr  in  sechs  Zeiten 
getheilt  haben,  1)  J^^l  m^  rebi  el-awwel,  proyentus 
prior,  der  Krauter  und  Blumen;  2)  Ulmo  saif,  aestas; 
3)  Jauä  kaid,  aestus;  4)  J^USl  «^^  rebi  el^-thäni,  pro- 
yentus posterior,  nämlich  der  Früchte,  der  frühere 
Theil  des  Herbstes,  die  oTrwpoL  der  Griechen;   5)  vJL^ 
cJiarif,  autumnuSy  das  fxsroTrwpov  der  Griechen;  6)  Lx& 
schitdy  hiems.  Rebt  war  mithin  zugleich  Name  zweier 
Monate  und  zweier  Jahrszeiten, 

Was  die  Dauer  der  Monate  betrifft,  so  mufs  man 
den  arabischen  Yolkskalender  yon  der  cyklischen  durch 

^)  Ihre  Etymologie  gibt  Golius  S.  5ff.  seiner  Anmerkungen 
zum  Alfergani  nach  Dschewhari,  Kazwini  und  andeni; 
auch  Pocock  S.  181  ff.  seines  Specimen  historiae  Arabum  ed. 
White. 

')   Specimen  a.  a.  0. 


476  Technische  Chronologe. 

m 

die  Astronomen  eingeföbrten  Zeitfedmung,  welcbe 
gleich  erklärt  tverden  soll,  wohl  unterscheiden.  Jener, 
durch  den  die  Feste  bestimmt  und  die  Geschäfte  des 
bürgerlichen  Lebens  geordnet  werden,  gründet  sich  anf 
die  unmittelbare  Beobachtung  der  Mondwechsel.  Der 
Monat  nimmt  allemahl  an  dem  Abend  seinen  Anfang, 
wo  man  die  Mondsichel  in  der  Dämmerung  aus  einer 
freien  Gegend  zuerst  erblickt,  und  dauert  bis  lu  ihrer 
nächsten  Erscheinung,  die  nicht  früher  als  nach  29  Ta- 
gen, und,  falls  nicht  ein  bewölkter  Himmel  ihre  Wahr- 
nehmung hindert,  nicht  später  als  nach  50  eintreten 
kann,  wenigstens  in  jenen  südlichen  Gegenden,  die  der 
Hauptsitz  des  Islams  sind.  In  der  Sun  na,  dem  Tra- 
ditionsgesetz der  Mohammedaner,  heifst  es:  ,,Wenn 
„euch  die  erste  Phase  bedeckt  wird,  so  gebt  dem  Mo- 
,,nat  das  bestimmte  Maafs  yon  30  Tagen"  ^).  Nach 
zwölf  so  gezählten  Monaten  fangt  man  ein  neues  Jahr 
an,  das  man  von  der  Flucht  Mohammed's  von  Mekka 
nach  Medina  zählt.  Man  sieht,  dafs  dieser  Yolkskalen- 
der  an  Einfachheit  gewinnt,  was  ihm  an  Bestimmtheit 
abgeht,  dafs  aber  seine  Unbestimmtheit  nie  eine  lang- 
dauernde  Yerwirrung  zur  Folge  haben  kann,  da  ihn 
der  Himmel  stets  lectificirt« 

Es  wird  nöthig  sein,  das  hier  Gesagte  durch  ein 
paar  Autoritäten  zu  erhärten.  ,,Die  Gesetzkundigen/' 
sagt  Ulug  Begh'),  ,, rechnen  die  Monate  von  einer 
„Erscheinung  der  Mondsichel  zur  andern.  Dieses  In- 
,,tervall  ist  nie  länger  als*  30,  nie  kürzer  als  29  Tage. 
„Zwölf  solcher  Monate  nehmen  sie  für  ein  Jahr.     Sie 


')  S-  Golius  zum  Alfergani  S.  l4. 
^)  Epochae  celebriores  p.9- 


Araber.  477 

,,ialile]i  also  nach  wahren  Mondjahren  und  Monaten. 
,,Die  Astronomen  hingegen  geben  dem  MohaiTem  30, 
,,dem  Safar  29  Tage,  und  auf  diese  Weise  abwech- 
,,selnd  dem  einen  Monat  30,  dem  andern  29,  bis  zu 
,,£nde  des  Jahrs.  Es  sind  mithin  die  Mondjahre  und 
„Monate,  wonach  sie  zählen,  technische  —  ^^»^üau^t 
,,i>£iüa/ii."  In  Niebuhr's  Beschreibung  von  Ara- 
bien heifst  es*):  ,,Der  Tag,  an  welchem  der  Neu- 
,,mond  zuerst  gesehen  wird,  ist  der  erste  Tag  des  Mo- 
,,nats.  Wenn  der  Himmel  zur  Zeit  des  Neumondes 
„etwa  mit  Wolken  bedeckt  ist>  so  kümmert  man  sich 
„nicht  viel  darum,  ob  man  den  Monat  einen  Tag 
,, früher  oder  später  anfängt.''  Und  weiterhin:  ,,Die 
„Sternkundigen  des  Sultans  zu  Constantinopel  machen 
„alle  Jahre  einen  neuen  Almanach,  den  sie  aufgerollt 
„beständig  bei  sich  tragen.  Bei  den  Arabern  habe  ich 
,, dergleichen  nicht  gesehen.  Ja  man  bekümmert  sich 
„sowohl  in  Aegypten  als  in  Jemen  so  wenig  darum, 
„das  Publikum  von  der  Jahrszeit  zu  unterrichten,  dals 
,,e8  der  Pöbel  daselbst  kaum  24  Stunden  vorher  gewiis 
,,weifs,  wenn  ein  grofser  Festtag  einfällt." 

Hiebei  ist  zu  bemerken,  dafs  die  Moslemen  nur 
zwei  eigentliche  Feste  haben,  welche  von  den  Arabern 
Jaiti\  Juc  id  el'fitr,  das  Fest  der  Fastenauflö- 
sung, und  j^^\  Juc  id  el^fujir  oder  ^^/^\  wX^  id 
el-kurban,  das  Opfer  fest,  genannt  werden.  Jenes 
folgt  unmittelbar  auf  den  Fastenmonat  Ramadan  am 
1 .  Schewwäl  als  ein  Freudenfest ;  dieses  macht  den  Be- 
schluß der  Geremonien  der  Pilgerfahrt  nach  Mekka, 
und  fallr  auf  den   iOten  des  ^onats  Dsu  'I-hedsche, 

*)  S.109. 


478  Technische  Chronologie. 

der  eben  von  diesen  Fahrten  seinen  Namen  bat.  Die 
Persei^*  und  Türken  nennen  diese  Feste  die  beiden 
Bairäm  —  |»!^. 

Das  Schwankende   des  arabischen   Yolkskalenders 
bemerkt  Alfergani  mit  folgenden  Worten:    ,,Die  Be* 
,,obachtung  der  Mondphase  gibt  den  Monat  bald  Ifin- 
,,ger,   bald  kürzer,  so  dafs  zwei  auf  einander  folgende 
,, Monate  30  oder  29  Tage   halten  können,   und  der 
,, Anfang  des  Monats,   wie  ihn  die  Rechnung  und  die 
,, Beobachtung  geben,   nicht  allemahl  auf  Einen  Tag 
,, trifft,   sondern   sich   beide  erst  im  Verlauf  der  Zeit 
,, ausgleichen."     Man  kann  daher,  wenn  man  yermil«- 
telst  der  cyklischen  Rechnung  ein  bei  den  orientalischen 
Geschichtschreibem  vorkommendes  arabisches  Datum  auf 
unsere  Zeitrechnung  reducirt,  bei  der  Ungewifsheit,  ob 
es  wirklich  cyklisch  zu   nehmen   ist,   nur  dann  sicher 
sein,   dafs  man  den  rechten  Tag  getroffen  hat,   wenn 
damit  der  gewöhnlich   zugleich  angegebene  Wochentag 
übereinstimmt.     Die  Abweichung  wird   indessen  höch- 
stens  einen   oder   zwei   Tage   betragen.     Eine   andere 
Bewandnifs  hat  es  mit  dem  arabischen  Datum   einer 
astronomischen  Beobachtung.     Ein  solches  ist  allemahl 
cyklisch  angesetzt,   wie  die  Natur  der  Sache  und  audk 
die  Yergleichung  mit  dem  syrischen,  koptischen  und 
persischen  Datum  zeigt,   welches  die  arabischen  Astro- 
nomen zu  gröfserer  Bestimmtheit  neben  dem  arabischen 
zu  bemerken  pflegen. 

Ich  komme  ntm  zur  Erklärung  der  cyklischen 
Rechnung,  yon  der  Alfergani  und  Ulug  Begh 
die  wesentlichsten  Gründe  angeben,  ohne  sie  jedoch 
erschöpfend  auszufahren. 


Araber. 


479 


Da  die  Dauer  zweier  synodischen  Monate  nahe  59 
Tage  beträgt,  so  gibt  man  den  arabischen  Monaten 
i^wechselnd  30  und  29  Tage.  Folgende  Tafel  zeigt, 
wie  lang  hiemach  die  einzelnen  Monate  und  wie  viel 
Tage  am  Ende  eines  jeden  vom  Anfange  des  Jahrs  an 
verflossen  sind. 

Tafel  I. 


Namen  der  Monate. 

Dauer. 

Tag- 
summe. 

1)  Moharrem 

30 

30 

2)  Safar 

29 

59 

3)  Rebt  el-awwel 

30 

89 

4)  Rebl  el-accher 

29 

HS 

5)  Dacbemädi  el-awwel 

30 

148 

6)  Dschemädi  el-aocber 

29 

177 

7)  Redscheb 

30 

207 

8)  Schabän 

29 

236 

9)  Ramadia 

30 

266 

10)  Schenmil 

29 

295 

11)  Dsu  '1-kade 

30 

325 

12)  Dsü'l-hedsche 

29 

354 

Die  zwölf  Monate  des  arabischen  Jahrs  halten  also 
354  Tage.  Aber  auf  zwölf  synodische  Monate  oder  auf 
das  astronomische  Mondjahr  gehen  354  Tage 
8  St.  48'  36''  (I966).  Yemachlassigt  man  die  Sekun- 
den, die  sich  erst  nach  2400  Jahren  zu  einem  Tage 
anhäufen,  so  betragen  dreifsig  astronomische  Mondjahre 
gerade  10631  Tage.  Da  nun  dreifsig  bürgerliche  Mond- 
jahre zu  354  Tagen  nur  10620  Tage  geben,  so  müssen 


480  Technische  Chronologie. 

im  Yerlaufe  yon  dieilsig  Jahren .  elf  Tage  eingeschaltet 
werden,  um  das  büi^rliche  Jahr  mit  dem  astronomi- 
schen in  UebereinstimmuDg  zu  bringen  oder  den  An- 
fang eines  jeden  Monats  zur  ersten  Phase  zurückzufüh- 
ren. Bei  dieser  Einschaltung  wird  folgende  Regel  beob- 
achtet: allemahl  wenn  der  Ueberschuls  des  astronomi- 
schen Mondjahrs  über  das  bürgerliche,  nämlich  8  Stun- 
den 48  Minuten,  yon  Jahr  zu  Jahr  angehäuft,  nach 
Abzug  der  ganzen  Tage  mehr  als  12  Stunden  betragt, 
wird  das  Jahr  zu  355  Tagen  gerechnet.  Dies  ist,  wie 
eine  leichte  Rechnung  zeigt,  in  den  Jahren  2,  5,  7,  10, 
13,  16,  18,  21,  24,  26  und  29  des  30jährigen  Cyclus 
der  Fall,  welche  mithin  Schaltjahre  wei'den  ^).  Der 
Schalltag  wird  dem  letzten  Monat  zugelegt,  der  dadurch 
30  Tage  erhält.  Folgende  Tafel  zeigt,  wie  viel  Tage 
hiernach  am  Ende  eines  jeden  Jahrs  des  30jährigen 
Gjdus  verflossen  sind  (b.  bezeichnet  die  Schalljahre). 


^)    Diese  Regel   drückt  Abu'lhassan   Kuschjar   also    aus: 

f^V  L5^  *^  r^  "-^^  o^  j^'  j^^  «^  "^j^  '^^^ 

,,Dei*  Dsu'l-hcdsche  hat  29  Tage  und  -f  ^^^  t  (zusammen  |^) 
„eines  Tages;  und  wenn  diese  Brüche  gröfser  als  ein  halber  Tag 
„werden,  so  gibl  man  dem  Dsul-hedsche  einen  Tag  mehr«  und 
„das  Jahr  erhält  355  Tage.  Dies  ist  das  Schaltjahr.  Solches  ge* 
,, schiebt  alle  di^ifsig  Jahre  elf  mahl.**  S.  7  der  berliner  Hand- 
schrift seiner  ^^^l»  ^;  Zidsch  el^dschami,  tabulae  uittQer^ 
sales,  eines  astronomisch -chronologischen  Werks,  das  ich  Öfters 
citii^en  werde. 


Araber. 

Tafel  n. 

JaLre. 

Tag- 
summe. 

Jahre. 

Tag- 
summe. 

1 

354 

b.l6 

5670 

b.  2 

709 

17 

6024 

3 

1063 

b.l8 

6379 

i 

1417 

19 

6733 

h.  a 

1772 

20 

7087 

6 

2126 

b.21 

7442 

b.  7 

2481 

22 

7796 

8 

2835 

23 

8150 

9 

3189 

b.24 

8505 

b.lO 

3544 

25 

8859 

11 

3898 

b.26 

9214 

12 

4252 

27 

9568 

b.l3 

4607 

28 

9922 

14 

4961 

b.29 

10277 

.  15 

5315 

30 

10631 

481 


Da  am  Ende  des  fünfzehnten  Jahrs  der  summirte 
Ueberschttls  gerade  zwölf  Stunden  gibt,  so  ist  es  nach 
den  arabischen  Chronologen  gleichgültig,  ob  dieses  oder 
das  folgende  zum  Schaltjahr  gemacht  wird  ^).  Im  ersten 
Fall  ist  die  Tagsumme  für  das  fünfzehnte  Jahr  5316« 
Das  Schaltjahr  heifst  bei  den  Arabern  >Umu5^  hebise, 
von  der  Wurzel  (j*^  implere. 

Um  nun  vermittelst  des  dreilsigjährigen  Cyclus  die 
It^eumonde  berechnen  zu  können,  kommt  e3  darauf  a^. 


')  ^^i'gl*  Ulug  Begh's  ^/yocAtftf  celebriores  p.  9. 
n.  [31] 


482  Technische  Chronologie. 

ihn  richtig  an  den  Himmel  zu  knüpfen,  d.  h.  eine  Aere 
zu  gebrauchen,  die  von  irgend  einem  Neumonde  zu 
zählen  anfängt.  Die  Araber  haben  hierzu  den  1  •  Mo- 
harrem  desjenigen  Jahrs  gewählt,  wo  Mohammed 
von  Mekka  nach  Medina  gefilohn  ist,  und  nennen  da- 
her ihre  Janrrechnung  H^ii^v^t  ^^b  tärich  el-hedschra, 
Aere  der  Flucht^).  Von  dieser  Begebenheit  dati- 
ren  sie  seit  dem  Ghalifen  Omar')  den  Anfang  ihrer 
ehemaligen  Weltherrschaft,  und  wirklich  erhielt  Mo- 
hammed's  Beginnen  erst  mit  ihr  eine  politische  Wich- 
tigkeit. Denn  nachdem  er  dreizehn  Jahre  in  der  Stille 
zu  Mekka  gelehrt  hatte,  wurde  der  mächtige  Stamm 
Koreisch,  der  Beschützer  des  uralten  Tempels  zu 
Mekka,  der  Kaaba,  zu  deren  Idolen  die  heidnischen 
Araber  seit  langer  Zeit  wallfahr leten,  auf  ihn  aufmerk- 

■ 

sam.  Es  fürchtete  derselbe  dui*ch  eine  Religion,  die 
auf  das  Princip  der  Einheit  Gottes  gegründet  war,  um 
seinen  Einflufs  zu  kommen,  und  &ng  an,  ihren  Urhe- 
ber zu  verfolgen.  Von  Lebensgefahr  bedroht,  entwich 
er  nach  Medina,  wo  er  bei^its  mehrere  Anhänger  hatte, 
worauf  er  mit  den  Korcischiden  und  andern  Stämmen, 
die  seine  Lehre  anzunehmen  sich  weigerten,  ELriege  zu 
führen  begann,  durch  die  er  bald  zu  einer  bedeuten- 
den Macht  gelangte. 

Wir  wollen  nun  die  Epoche  der  Hedschra  oder 
den  1.  Moharrem  des  ersten  Jahrs  der  arabischen  Zeit- 


')  B^.^\P  hedschra  heifst  eigentlich  abitus  a  cognatis  ei  tuni^ 
eis,  S.  eine  A Dmcrkung  von  11  e  i s  k  e  zu  A  b  u  U  f e d  a  *  s  Annales 
Muslemici  Th.  I.  S.  60.  Im  Koran  sind  ...^  j>l^  mohädschi- 
rän  Peraonen,  die  um  der  Religion  willen,  ireiwillig  oder  ge- 
zwungen, von  den  Ihrigen  scheiden. 

')  S.  Chondemir  bei  d'Herbelot  art.  Hegrah, 


Araber.  483 

rechnung  nach  den  Angaben  der  orientalischen  Schrift* 
steller  fixiren.  Abulhassan  Kuschjar  sagt  im  zwei- 
ten, der  syrischen,  arabischen  und  persischen  Zeitrech« 
nung  gewidmeten^  Kapitel  des  ersten  Buchs  seiner 
Zidsch  el-dsclidmi:  ,,Die  Epoche  der  arabischen  Acre 
,,ist  ein  Donnerstag,  und  zwar  der  Anfang  des  Jahrs, 
,,auf  welches  die  Flacht  des  Propheten  trifft.  Dieser 
,,Tag  ist  der  15.  Thamnz  des  Jahrs  933  Dsi  ^l-^kar- 
j^7iam^^^)j  d.i.  der  seleucidischen  Acre.  Der 
entsprechende  Tag  unserer  Zeitrechnung  ist  der  15.  Ju- 
lius 622.  Hiemit  stimmt  das  von  dem  Maroniten  Abra- 
ham  Ecchellensis  aus  dem  Arabischen  übersetzte 
Chronicon  Orientale,  welches  sich  also  ausdrückt'}:  Fuit 
initium  imperii  Mosleminoftun  die  lovis  prima  Mohar^ 
rami,  quae  est  decima  quinta  lulii  et  vigesima  prima 
Ahibi^  anno  ah  Alexandro  nongentesimo  trigesimo  ter- 
tio.  Beim  Ulug  Begh  heifst  es^}:  ,,Die  Epoche  der 
,, arabischen  Aere  ist  der  Anfang  des  Moharrem  desje- 
,,nigen  Jahrs,  wo  der  Prophet  aus  Mekka  nach  Medina 
,,geflohn  ist.  Zufolge  der  mittleren  Bewegung  des 
,, Mondes  war  dies  ein  Donnerstag,  zufolge  der  Be- 
,,obachtung  (der  ersten  Phase)  hingegen  ein  Freitag. 
,,Wir  wählen  den  Donnerstag."  Eben  diesen  Wochen- 
tag nennt  Alfergatii  *) ,  der  überdies  die  Intervalle 
zwischen   der  nabonassarischen ,   seleucidischen,   arabi- 


')   S.63  (Paris  1651,  fol.) 
')  Epochae  ce  leb  Ho  res  S.  7. 
*)   S-6. 

[31*] 


484  Technische  Chronologie. 

sdien  und  jezdegirdischen  Aeie  ganz  so  angibt,  wie  es 
der  Yoiaussetzung  genuiis^  ist,  dafs  auch  er.  den  15.  Ju- 
lius 622  zur  Epoche  der  Hedschia  macht. 

Alle  diese  Zeugnisse,  deren  sich,  wenn  es  nöthig 
wäre ,  leicht  noch  mehr  beibringen  lielsen ,  ^  gehen  also 
darauf  hinaus,  dafs  die  Epoche  der  Hedschra  der  15.  Ju- 
lius 622  ist.  Unter  den  orientalischen  Astronomen 
ist,  wie  der  belesene  Colins  in  seinen  Anmerkun- 
gen zum  Alfergani  versichert^),  Ebn  Schatir  aus 
Damaskus  der  einzige,  der  die  Hedschra  mit  dem  den 
Mohammedanern  heiligen  Wochentage,  dem  Freitage, 
anfkngt;  er  soll  aber  vor  seinen  astronomischen  Tafeln 
lur  Yerhütung  alles  Mifsverständnisses  ausdrücklich  be- 
merken, dals  er  in  diesem  Punkt  von  dem  gewöhn- 
lichen Gebrauch  abgewichen  sei.  Uebrigens  versteht  es 
sich  nach  dem,  was  oben  über  den  Anfang  des  büiger- 
lichen  Tages  bei  den  Arabern  gesagt  worden  ist,  dafs  das 
gedachte  Datum  eigentlich  vom  Untergange  der  Sonne 
am  vorhergehenden  Abend  genommen  werden  mufs. 

Die  europäischen  Chronologen  dagegen  machen  &st 
einstimmig  den  16.  Julius  zur  Epoche  der  Hedschra. 
Sie  bestimmen  sie  nämlich  so,  dafs  die  cyklische  Rech- 
nung in  der  Regel  die  Tage  der  ersten  Phase  gibt,  mit 
denen  man  im  gemeinen  Leben  die  Monate  anfängt, 
statt  dafs  man  sich  mehr  den  Conjunctionen  nähert, 
wenn  man  den  15.  Julius  zur  Epoche  annimmt  Die  auf 
der  vorigen  Seite  angeführten  Worte  des  Ulug  Begh 
deuten  auf  diesen  Unterschied  hin.  Um  ihn  genauer 
XU  begründen,  habe  ich  den  Neumond  des  Julius  des 
Jahrs  622  berechnet.    Nach  den  delambresgfaen  Sonnen- 


Araber.  485 

und  majer-masohschen  Mondufeln  finde  ich,  da£i  die 
vrahre  Conjuncüon  unter  dem  Meridian  von  Mekka  ^) 
am  14.  Julius  Vormittags  um  8  U.  17'  m.Z.  eingetrof- 
fen ist.  Unmöglich  konnte  schon  an  demselben  Abend 
die  Mondsichel  erscheinen.  Erst  am  IS.  Julius  wurde 
sie  in  der  Abenddämmerung  wahrgenommen.  Man  sieht 
also,  dafs  man  entweder  den  ISten  oder  16.  Julius,  beide 
vom  yorhei^henden  Abend  an  gerechnet,  zur  Epoche 
der  Hedschra  machen  müsse ,  je  nachdem  man  zum 
Bestimmungsgrund  derselben  entweder  die  Gonjunction 
oder  die  erste  Phase  macht.  Jene  Epodie  ist  zu  wäh- 
len, so  oft  man  das  arabische  Datum  einer  astrono- 
mischen Beobachtung  auf  unsere  Zeitrechnung  zu  re- 
duciren  hat;  diese,  wenn  die  cyklische  Rechnung  mit 
den  Monderscheinungen  und  dem  Yolkskalender  über- 
einstimmen oder  höchstens  nur  um  einen  Tag  davon 
abweichen  soll'). 

Es  ist  ein  ziemlich  allgemeiner  Irrthum  der  euro- 
päischen Chronologen,  dafs  die  Epoche  der  Hedschra 
der  eigentliche  Tag  der  Flucht  Mohammed's  sei. 
Schon  aus  dem  Artikel  HegraJi  bei  d'Herbelot  kann 
man  sich  eines  Bessern  belehren.  Die  orientalischen 
Schriftsteller  sind  darin  einig,  dafs  die  Flucht  in  den 


^)  Ich  setze  ihn  nach  den  besten  Karten  (eine  astronomische 
Bestimmung  ist  meines  Wissens  nicht  vorhanden)  um  2  St.  30* 
östlich  von  Paris. 

^)  Die  mittlere  Gonjunction  ereignete  sich  zu  Mekka  be- 
reits am  l4.  Julius  um  1  ü.  12'  Morgens.  Ihr  würde  der  Abend 
des  13.  Julius  näher  gewesen  sein.  Da  man  nun  den  Abend  des 
l4ten  gewählt  hat^  so.  ist  man  ohne  Zweifel  Ton  der  wahren 
Conjunction  ausgegangen,  obgleich  das  Ja^^t  ««b  beim  Ulug 
Begh  das  Gegentheil  anzudeuten  scheint. 


486  Technische   Chronologie. 

dritten  Monat  des  ersten  Jahrs  der  Hedscbra  zu  setzen  sei ; 
nur  das  Datum  geben  sie  verschieden  an.  Abu'lfeda 
sagt^):  tiDie  Flucht  von  Mekka  nach  Medina  erfolgte, 
,,als  von  dem  ersten  Jahr  bemls  der  Mohari'em,  der 
,,Safar  und  acht  Tage  des  Rebl  el-awwel  verflossen 
,, waren;"  und  weiterhin:  „Als  man  beschlossen  hatte, 
,,die  Flucht  zur  Epoche  der  neuen  Zeitrechnung  zu 
f, machen,  zählte  man  von  derselben  68  Tage  zurück 
„bis  zum  l.Moharrem,  den  man  für  den  Anfang  der 
,,Aere  nahm."  Nach  Abu'lhassan  Xuschjar  war 
der  8.  Hebt  el-awwel  der  Tag,  an  welchem  Mohammed 
in  Medina  einzog').  Ahmed  Ben«Jusuf  bei  Focock 
sagt^):  ,,Man  hat  die  Aere  um  zwei  Monate  vor  der 
„Flucht  voi^eschoben  und  sie  mit  dem  Moharrem  au- 
fgefangen." Hiernach  schiene  also  Mohammed  seine 
Flucht  am  l.Rebi  el-awwel  begonnen  zu  haben,  wie 
auch  Golius  aus  orientalischen  Quellen  berichtet^]. 
Hätte  es  mit  diesen  Datis  seine  Richtigkeit,  so  würde  er 
etwa  vom  13ten  bis  zum  20.  September  des  Jahrs  622 
unterweges  gewesen  sein.  Noch  andere  Angaben  er- 
wähne ich  nicht,  da  die  Sache  für  uns  von  geringer 
Erheblichkeit  ist. 


*)   AnnaL  Mustern,  Tom.  I.  p.  62. 

»)  iXi  ^  ^^  «JL  «1»  ^  sX^  ^\  ijS^  j» 

O^jt  ^^^*  Wenn  biet*,  yermuthlicli  einer  Ueberlieferung  la- 
folge,  der  8.  Reb!  el-awwel  zu  einem  Montage  gemacht  wird, 
io  mufs  entweder  das  erste  Jahr  der  Flucht  mit  dem  Frei- 
tage angefangen,  oder  der  Safai*  zu  30  Tagen  gei^echnel  wor- 
den sein. 

')  ^ecimen  p.  180. 

*)  Anm.  zu  Alfergant  S.  55. 


Araber.  487 

Nachdem  wir  nun  die  Einrichtung  des  arabischen 
Schaltcirkels  und  die  Epoche  der  Hedschra  kennen  ge- 
lernt haben,  werden  wir  im  Stande  sein,  jedes  arabische 
Datum  auf  unsere  Zeitrechnung  und  umgekehrt  zu  re- 
duciren.  Die  Regeln,  die  dazu  von  Wolf,  Gatterer 
und  andern  Chronologen  gegeben  werden,  haben  ganz 
das  Ansehen  von  Zauberformeln.  Folgendes  Yerfahran 
wird  man  hoffentlich  eben  so  verständlich  als  bequem 
und  sicher  finden. 

Soll  1)  ein  arabisches  Datum  auf  die  christ- 
liche Zeitrechnung  gebracht  werden,  so  divi- 
dire  man  die  Zahl  der  verflossenen  Jahre  durch  30. 
Der  Quotient  gibt  die  abgelaufenen  Schaltcirkel  und 
der  Rest  die  vei*flossenen  Jahre  des  laufenden  an.  Da 
jeder  Schaltcirkel  10631  Tage  hfilt,  so  multiplicire  man 
den  Quotienten  in  diese  Zahl,  und  addire  zum  Pix)dukt 
die  aus  Tafel  II  zu  nehmende  Tagsumme,  welche  dem 
Rest  entspricht.  Hiezu  rechne  man  noch  die  aus  Tafel  I  ^ 
zu  entlehnende  Tagsumme  der  verflossenen  Monate  des 
laufenden  Jahrs,  und  endlich  die  Tage  des  laufenden 
Monats.  Auf  diese  Weise  hat  man  sammlllche  auf  die 
Hedschra  von  ihrer  Epoche  bis  auf  das  g^ebene  Da- 
tum einschliefslich  gehenden  Tage  gefunden.  Addirt 
man  hiezu  noch  die  227015  Tage,  die  vom  I.Januar 
des  ersten  Jahi-s  unserer  Zettrechnung  bis  zum  15.  Ju- 
lius 622,  der  Epoche  der  Hedschra,  verflossen  sind  (wir 
wollen  sie  die  Absolut  zahl  nennen),  so  erhält  man 
eine  Anzahl  Tage,  die  man  auf  unsera  Jahre  und  Mo- 
nate zu  bringen  hat.  Dies  geschieht  am  bequemsten, 
wenn  man  durch  die  1461  Tage  einer  vierjährigen 
Schaltperiode  dividirt  (jedes  vierte  Jahr  unserer  Zeit- 
rechnung ist  ein   Schal^ahr),   den  Quotienten  mit  4 


486  Technische  Chronologie. 

mulüplicirt,  um  die  Jahre  der  yerflcMsenen  Schalt-- 
Perioden  zu  erhalten,  vom  Rest  der  Division  so  oft 
365  abzieht,  als  es  angeht,  und  für  jeden  Abzug  noch 
ein  Jahr  mehr  rechnet.  Der  Rest  der  letzten  Sab* 
traction  wird  dann  den  laufenden  Tag  des  julianischen 
oder  alten  Kalenders  anzeigen,  dem  das  gegebene  ara- 
bische Datum  entspricht.  Zur  Reduction  desselben  kann 
man  sich  der  oben  (1, 103)  gegebenen  Tafel  bedienen* 
Zum  Schlufs  mufs  man  noch  das  julianische  Datum  in 
das  gregorianische  verwandeln,  wenn  von  der  Zeit  nach 
der  Kalenderverbesserung  die  Redc^  ist  (1, 104).  Ist 
z.  B.  der  4.  Rebl  el-aocher  des  Jahrs  1241  zu  reduci- 
ren,  so  sieht  die  Rechnung  also:  die  Zahl  1240  der 
verflossenen  Jahre  durch  30  dividirt,  gibt 

zum  Quotienten  • . .  •  41 

zum  Rest 10     * 

41  X  10631 «  435871 

Tagsumme  für  10  Jahre  (Taf.ll)  »      3544 
Tagsumme  fiir  3  Monate  (Taf.I)  »  89 

Tage  im  Rebt  el-aocher sa  4 

Absolulzahl =  227015 

Summe  «s  666523 
Wird  diese  Zahl  durch  1461  dividirt,  so  erhalt  man 

zum  Quotienten  •  • .  •  456 

zum  Rest 307 

Der  Quotient  mit  4  multiplicirt  gibt  1824.  Man  hat 
also  1824  verflossene  Jahre  und  noch  307  Tage.  Der 
307te  Tag  des  Gemeinjahrs  bt  der  3.  November.  Der 
4.  Rebl  el-accher  des  Jahrs  1241  entspricht  mithin  dem 
3.  November  alten  oder  15.  November  neuen  Stils  un* 
sers  Jahrs  1825.  Nimmt  man  den  16.  Julius  zur  Epoche 
der  Hedschra,  so  erhfilt  man  den  16.  November.    Hie- 


Araber.  489 

bei  mufs  man  nicht  vergessen,  was  oben  über  den  An* 
fang  des  arabischen  Tages  gesagt  worden  ist;  denn  dem 
4.  Hebt  el-aocher  1241  gehören  noch  einige  Stunden 
vom  14ten  oder  15.  November  an,  je  nachdem  man 
als  das  Resultat  der  Rechnung  den  ISteu  oder  16.  No- 
vember nimmt.  Da  sich  der  wahre  Neumond  des  No- 
vembers im  Jahr  1825  unter  dem  Meridian  von  Mekka 
am  lOten  um  11  U.  56'  Morg.  ereignet  hat,  die  Mond- 
sichel also  nicht  vor  dem  Uten  Abends  erschienen  ist, 
so  sieht  man,  dals  der  4.  Rebl  el-accher,  mit  unserm 
15.  November  vei^ichen,  sehr  gut  mit  dem  Himmel 
übereinstimmt. 

Diese  Rechnung  wird  sehr  abgekürzt,  wenn  man 
eine  Tafel  der  Anfangstage  des  arabischen  Jahrs  zur 
Hand  hat.  Man  findet  eine  solche  unter  andern  in 
Greaves  Ausgabe  der  Epochae  celebriores  des  Ulug 
Begh  und  im  ersten  Bande  des  L^Jrt  de  verifier  les 
dates.  Dort  ist  der  Anfiing  der  Hedschra  auf  den  15ten, 
hier  auf  den  16.  Julius  gesetzt. 

Noch  ein  Beispiel  wird  hier  nicht  am  unrechten 
Ort  stehen.  Es  sei  der  29.  Schewwal  367^  an  welchem 
Ebn  Junis  eine  Sonnenfinstemiüs  zu  Kahira  beobach-^ 
tet  hat^),  auf  unsere  Zeitrechnung  zu  bringen. 


0  Notices  et  extraiU.  Tom.YII,  p.  181. 


490  Technische   Chronologie. 

366  durch  30  dividirt  gibt 

zum  Quotienten ...  12 

zum  Rest 6 

12x10631   =  127572 

Tagsnmme  für  6  Jahre.,  is      2126 
Tagsumme  für  9  Monate  =         266 

Tage  im  Schewwäl ss  29 

Absoluuahl =  227015 

Summe  =>  357008 
Diese  Zahl  durch  1461  dividirt,  gibt 

zti^m  Quotienten  •  •  • .  244 

zum  Rest 524 

Multiplicirt  man  jenen  mit  4,  so  erhält  man  976,  und 
Ton  diesem  la&t  sich  365  noch  einmahl  abziehen.  Man 
hat  also  977  verflossene  Jahre  und  159  Tage.  Der 
I59ste  Tag  des  Gemeinjahrs  ist  der  8.  Junius.  Die 
Beobachtung  ist  mithin  am  8.  Junius  978  angestellt 
worden,  welchem  Tage  auch  der  zugleich  von  Ebn 
Junis  angegebene  19.  Choi^idmah  ^)  des  347sien  jez- 
degirdischen,  der  8.Haziran  des  1289sten  seleuddischen 
und  der  14.  Buneh  des  694slen  diodetianischen  Jahrs 
entspricht. 

Ebn  Junis  bemerkt  bei  dieser  Beobachtung  wie 
gewöhnlich  den  Wochentag.  Um  zu  verificireii,  ob 
sie  wirklich,  wie  er  sagt,  an  einem  Sonnabend  ge- 
macht ist,  erwäge  man  Folgendes.  Die  Epoche  der 
Hedschra  ist,  wie  bemerkt  worden,  nach  der  Bestim* 
mung  der  arabischen  Astronomen,  ein  Donnerstag  oder 
die  fünfte  Ferie.  Es  wird  mithin  der  achte,  fünf- 
zehnte, zweiundzwanzigste,  kurz  jeder  siebente  Tag  der- 


')  Hinter  ^Lxlt  ist  oßeohw  jA^  aus  dem  Text  gefallen. 


Araber.  491 

selben,  gleichfalls  die  fünfte  Ferie  sein.  Wenn  man 
demnach  die  bis  zu  einem  gewissen  Datum  vom  An- 
fange der  Aeve  verflossenen  Tage  durch  7  dividirt,  so 
gibt  der  Best  1  allemahl  den  fünften  Wochentag,  und 
es  gehören  zu 

den  Resten     1,    2,    3,    4,    5,    6,    0 

die  Ferien     5,    6,    7,    1)    2,    3,    4 

oder    21-,   2,   t?i  0,  dt  cTt  5- 

Nun    sind   bis   zum    29.  Schewwäl   367    einschliefslich 

129993   Tage  verflossen,   und  diese  Summe  durch  7 

dividirt   gibt  den  liest   3.     Der  Beobachtungslag  war 

also    wirklich    ein    Sonnabend.     Nimmt   man    für   die 

Epoche  der  Hedschra  den  Freitag,  so  entsprechen 

den  Resten     1,    2,    3,    4,    5,    6,    0 

die  Ferien     6,    7,    1,    2,    3,    4,    6 

oder  2,  tr,  O,  C,  cTi  2»  ^'h 
Bei  dieser  Gelegenheit  mufs  noch  bemerkt  werden, 
dais  die  orientalischen  Astronomen,  welche  gewohnt 
sind,  neben  dem  arabischen  Datum  zugleich  das  per- 
sische, syrische  und  ägyptische  anzugeben,  zur  Ver- 
hütung alles  Mifsverständnisses  den  bürgerlichen  Tag 
nicht,  wie  die  Araber,  vom  Untergange  der  Sonne, 
sondern  mit  den  Persem  vom  Aufgange  anfangen  und 
sämmtliche  Data  parallel  fortlaufen  lassen.  Wenn  sie 
daher  eine  in  der  Nacht  angestellte  Beobachtung  an- 
fuhren, so  nennen  sie,  wenigstens  findet  es  ^ich  so 
beim  Ebn   Junis,   ausdrücklich   die   Ferie   des   fol- 


^)  Die  Bestimmung  der  Ferie  eines  gegebenen  Tages  der 
Hedschra  ist,  wie  man  sieht,  höchst  einfach.  Nichts  desto  we- 
niger quält  sich  Gatterer  damit  durch  vier  Octavseiten.  Ab« 
rifs  der  Chronologie  S.  202-206. 


492  Tecknisclie  Chronologie. 

g enden  Tages.  So  bemerkt  dieser  Astronom  von  einer 
zu  Kahira  im  Schewwäl  des  Jahrs  368  beobachteten 
Mondfinsternis :  ,,Sie  ereignete  sich  in  der  Nacht, 
„deren  Morgen  die  fünfte  Ferie  war,"  statt 
nach  arabischer  Weise  zu  sagen,  in  der  Nacht  der  iiinf- 
ten  Ferie.  Diese  Ferie,  fährt  er  fort,  war  der  25.  Ard- 
beheschtmäh  des  348sten  jezdegirdischen ,  der  15.  Jjar 
des  1290sten  seleucidischen  und  der  20.  Baschnas  des 
695stßn  diokletianischen  Jahrs.  Alle  diese  Data  geben 
den  15.  Mai  979.  Da  aber  die  Beobachtung  im  An- 
fange der  Nacht  angestellt  sein  soll,  so  war  ihr 
eigentliches  Datum  der  14.  Mai. 

Auch  wird  es  nicht  überflüssig  sein,  hier  den 
oben  (2, 472)  bemerkten  Gebrauch  der  Araber  nach 
Nächten  zu  datiren  durch  ein  paar  Beispiele  zu 
bestätigen.  Almakin  sagt:  der  Ghalif  Ali  wurde 
tödtlich  verwundet  „am  Freitage,  als  siebzehn  Nächte 
,,des  Monats  Ramadan  verflossen  waren"'),  d.i.  am 
17«  Ramadin.  Eben  derselbe  bestinmit  den  Todestag  des 
Chalifen  Almamon  wie  folgt:  er  starb  ,,am  Don- 
,,ner8tage,  da  noch  zwölf  Nächte  des  Redscheb  übrig 
,, waren"'),  also  am  achtzehnten  Tage  des  Monats, 
wenn  anders  die  Dauer  desselben  wie  bei  der  cyklischen 
Rechnung  auf  dreilsig  Tage  zu  setzen  ist. 


*)  o'-*^  j^  er*  "^^"^  ^  ^j^  Sj^  ***^  P* 

HisL  Sarac,  p.  42. 

Ib.  p.  138.  Die  bei  den  arabischen  Geschichtschreibem  häufig 
Torkommende  Weise,  durch  das  Verbum  ^jü  reliquus  JuU  einen 
Tag  nach  der  Milte  des  Monats  zu  bezeichnen^  erinnert  an  die 
ähnliche  Zählungsweise  der  Griechen  und  Römer.  Hi*.  Süt.  de 
Sacy  gibt  in  seiner  Grammaire  Arabe  Tom.  El.  p.  270  einen 
Monat  ganz  durch  datirt. 


Araber.  493 

Um  2)  ein  christliches  Datum  in  ein  ara- 
bisches zu  verwandeln,  wird  man  leicht  ein  dem 
obigen  analoges  Verfahren  ermitteln.  Wir  wollen  gleich 
ein  Beispiel  in  Rechnung  nehmen.  Es  sei  der  I.Ja- 
nuar 1825  neuen  oder  20.  December  1824  alten  Stils 
2U  redndren.  Man  diyidire  die  verflossenen  1823  Jahre 
durch  4,  so  erhält  man  zum  Quotienten  455  und  zum 
Rest  3.  Jener  zeigt  die  Zahl  der  abgelaufenen  juliani- 
schen Schaltperioden  von  1461  Tagen,  und  dieser  noch 
3  Jahre  von  365  Tagen  an»  Man  multiplidre  also  den 
Quotienten  in  1461  und  addiie  zum  Produkt  664755 
sowohl  die  auf  drei  Jahre  gehenden  1095  Tage,  als  die 
355,  die  vom  I.Januar  bis  zimi  20.  December  ein- 
schliefidich  im  Schaltjahr  enthalten  sind.  Die  Summe 
ist  666205  Tage,  welche  vom  Anfange ^ unserer  Zeit- 
rechnung bis  zum  I.Januar  1825  n.St.  verfliefsen. 
Hievon  ziehe  man  die  Absolutzahl  227015  ab,  und 
man  erhält  so  439190  Tage,  die  von  der  Epoche  der 
Hedschra  bis  zum  gesuchten  arabischen  Datum  gezählt 
werden.  Da  der  arabische  Schal tcyclus  10631  Tage  hält, 
so  dividire  man  damit  in  439190.  Der  Quotient  ist  41 
und  der  Rest  3319.  Jener  mit  30  multiplicirt  gibt 
1230  Jahre,  und  in  3319  Tagen  sind  nach  Tafel  II 
9  Jahre  und  130  Tage  enthalten.  Man  hat  also  zu- 
sammen 1239  Jahre  und  130  Tage.  Zieht  man  von 
letztern  die  118  ab,  die  nach  Tafel  I  bis  zu  Ende  des 
Rebt  el-accher  verstreichen,  so  bleiben  12  als  die  Tage 
des  Dschemidi  el-awwel  iä>rig,  die  bis  zum  gesuchten 
Datum  gezählt  werden.  Der  1.  Januar  1825  entspricht 
mithin  dem  12.  Dschem&di  el-awwel  des  Jahrs  1240. 
Bei  der  Epoche  des  16.  Julius  erhält  man  einen  Tag 


494  Technische  Chronologie. 

weniger.  Man  sieht,  dafs  hier  der  Bei  der  ersten  Auf- 
gabe genommene  Gang  rückwärts  gemacht  ist. 

Wir  wollen  nun  die  wenigen  Notizen,  die  sich 
über  die  Geschichte  der  jetzigen  Zeitrechnung  der  Ara- 
ber, so  wie  über  ihre  frühem  Monate  und  Acren,  bei 
den  orientalischen  Schriftstellern  zerstreut  finden ,  zu- 
sammenstellen. r}ur  mufs  sogleich  bemerkt  werden,  dais 
sich  aus  der  Periode  vor  Mohammed  blofii  dunkle 
Traditionen  erhallen  haben,  indem  bis  auf  wenige  Ge- 
dichte keine  schriftliche  Denkmäler  aus  ihr  vorhan- 
den sind. 

Die  Araber  hatten  ehemals  folgende  Namen  (ur  die 
Wochentage  vom  Sonntage  an :  J^t  A^^^pel^  o-^  Bdhun, 
.L>  Dschebdr,  Ja<^  Debdr,  (j*^^  Münis,  äj^^c  jirube, 
jUä  Schijdr.  Sie  weisen  in  einem  von  Golius  an- 
gefahrten Distichon  eines  alten  Dichters  erwähnt^)  und 


*)  Anmerkungen  zum  Alfergani  S.  15.  Auch  Abmed 
Ben  Jusuf  bei  Pocock  {Specimen  hist,  Arabum  p.  308)  er- 
wähnt sie,  nur  dafs  er  q^I  statt  Qj^y  schreibt.  Nach  eben 
demselben  haben  einige  alte  Araber  den  Sonnabend,  der  für  sie 
der  erste  Wochentag  gewesen  sein  soll,  <A:^I  Abdsched,  den 
Sonntag  \^  ^Ia^vaz,  den  Montag  jJ^3>'  ffoii,  den  Dienstag  ^y^ 
Kelamun,  den  Mittwoch  ^^^aÄAM««9i7/a5^  den  Donnerstag  v:>^ 3  Ko^ 
rischet  genannt.  Die  Buchstaben  in  diesen  Namen  sind  die  ur-* 
sprünglichen  22^  welche  die  Araber  mit  den  übrigen  semitischen 
Völkern  gemein  haben,  und  zwar  in  ihrer  bei  eben  diesen  Völ- 
kern gebräuchlichen  noch  durch  ihre  Zahlen werthe  angedeute- 
ten Ordnung,  welche  die  Araber  zum  Unterschiede  der  jetzigen 
Abdsched  nennen.  Der  Freitag,  fiir  den  es  damals  noch  an 
Buchstaben  mangelte,  erhielt  den  Namen  'ij^^\  el^arübe,  der 
Abend,  mit  Bezug  auf  die  bei  vielen  arabischen  Stämmen  ge- 
bräuchliche Feier  des  Sabbaths.  Es  ist  das  any  ereb  der  Hebräer, 
das  irapMuiuij  des  neuen  Testaments. 


/ 
( 


Araber.  495 

waren  vielleicht  nur  bei  einzelnen  Stämmen  im  Ge- 
brauch. Dasselbe  mag  auch  von  nachstehenden  Mo- 
natsnamen gelten,  die  eben  dieser  Gelehrte  auf  das 
Zeugnils  von  Mesudi  und  Nuveiri  als  die  ursprüng- 
lichen anführt^): 

j4^iy^  Mütemir.  |W«t  Asam. 

.li  Nddschir.        Js3U:  JdiL 


^j^  Cliawdn,    >       ^b  NätiL 
i^^yo  Sawdn»  ^\^  fVdil^ 

Lm,  Ritmd.  äü^^  Warna. 

sjul  Ida.  ^ß  Burek. 

Sie  sind  durch  die  gegenwärtigen,  welche  Kelab  Ben 
Morra,  einer  der  Vorfahren  Mohammed's,  eingeführt 
haben  soll,  um  den  Anfang  der  Weltherrschaft  der 
Araber  verdrängt  worden. 

Wie  aber  auch  die  INamen  der  Monate  ehemals 
gelautet  haben  mögen,  so  leidet  es  keinen  Zweifel,  dafs 
ihr  Charakter  nie  ein  anderer  als  der  jetzige  gewesen 
ist,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dals  mau  vor  Mo- 
hammed eine  Art  VQn  Einschaltung  gehabt  hat,  wo- 
durch das  Mondjahr  mit  d^m  Sonuenjahr  ausgeglichen 
wurde.  Um  nämlich  für  die  zur  Kaaba  Wallfahrlenden 
Pilger  zu  sorgen,  wurde  der  Dsd  U-hedsche,  der  zu 
diesem  Besuch  bestimmte  Monat,  durch. eine  Einschal- 
tung auf  den  Herbst  fixirt,  welche  Jahrszeit  wegen  der 
milden  Witterung  und  wegen  des  Ueberflusses  an  Früch- 
ten dazu  für  die  bequemsste  gehalten  wurde.  Da  sich 
vor  Mohammed  viele  Araber  zur  jüdischen  Religion  be- 
kannten, so  ist  es  wahrscheinlich,  was  auch  Dschew- 
hari,  Ebn  Alathir  und  Makrizi  bei  Pocock  ver- 

•)  A.a.O.  S. 4. 


496  Technische  Chronologie. 


sichern  ^),  dafs  man  dieses  Schaltwesen  nach  dem  )ndi« 
sehen  gemodelt  hat,  und  dafs  der  DsA  '1-hedsche,  der 
zwölfte  Monat  der  Araber,  mit  dem  Elul,  dem  zwölf- 
ten der  Juden,  zusammen&el.  Der  Oberpriester  der 
Kaaba  soll  nach  Kotb eddin')  die  Einschaltung  je- 
desmahl  dem  versammelten  Volke  durch  die  Formel  an- 
gekündigt haben:  1^  ÄJUJt  sJ^  ^  ^  Uüt  \A  „ich 
„schalte  euch  in  diesem  Jahr  einen  Monat  ein.''  Mo- 
hammed hob  diesen  Gebrauch  in  folgendem  Yerse  des 
Korans  formlich  auf^):  ,, Fürwahr  die  Zahl  der  Mo- 
,,nate  bei  Gott  ist  zwölf,  im  BucUe  Gottes  yeneiclinet 
,,an  jenem  Tage,  wo  er  Himmel  imd  Erde  schuf.  Vier 
,, derselben  sind  heilig.    Das  ist  der  wahre  Glaube.'* 

Was  die  heiligen  Monate  betrifft,  deren  Ob- 
servanz hier  bestätigt  wird,  so  war  es  bei  den  arabi- 
schen Stämmen,  die  grofsentheils  vom  Raube  lebten 
imd  delsfalls  fast  immerwährende  Kriege  unter  einan- 
der föhrtQU,  von  den  ältesten  Zeiten  her  gebräuchlich, 
im  Dsü  'l-hedsche,  der,  wie  eben  bemerkt  worden, 
der  Pilgerfahrt  nach  Mekka  gewidmet  war,  im  voran- 
gehenden D^ii  '1-kade  und  im  nachfolgenden  Mohar- 
rem,  so  wie  in  >dem  auf  die  Mitte  des  Jahrs  treffenden 
Redscheb,  sich  jeder  Fehde  zu  enthalten.  Sie  nahmen 
dann,  wie  Kazwini  sagt,  die  Spitzen  von  ihren  Lan- 
zen, und  entsagten  allen  Feindseligkeiten  so  gewissen- 
haft, dals  jemand  dem  Mörder  seines  Vaters  oder  Bru- 
ders begegnen  konnte,  ohne  ihm  Leides  zuzufügen. 
Diese  vier  Monate  waren  also  f\^  hardm,  heilig,  die 


*)   Specirnen  hist,  Arabum  p.  182. 
*)  Colins  zum  Alfergani  8.12. 
')  Sur.  Et.  T.  37. 


Araber.  497 

übrigen  hingegen  J^l>  haldl,  frei  oder  profan.  Mo- 
hammed gebot  diesen  Unterschied  zu  beobachten,  je- 
doch nur  in  Ansehung  derer ,  die  ihn  als  Propheten 
anerkannten;  denn  die  Ungläubigen  gestattete  er  zu 
jeder  ^it  des  Jahrs  zu  bekriegen. 

Golius^)  und  andere  glauben,  da(s  noch  bestimm- 
ter, als  in  dem  eben  angeführten  Yerse  des  Korans,  die 
Einschaltung  eines  Monats  in  den  gleich  darauf  folgen- 
den Worten :  jji\  ^  ^y  ,^5-y*MJJ  Uj5  „fürwahr  das  Nesi 
„ist  das  Uebermaafs  von  Gotdosigkeit"  untersagt  werde. 
Allein  der  ganze  Zusammenhang  und  die  Erklärung  des 
Dschelaleddin  bei  Haracci  lehrt»  dais  hier  bei  Nesi 
(von  der  Wurzel  Lmo,  welche  unter  andern  produ- 
cere,  retardare  heifst)  nicht  von  einer  Einschaltung, 
sondern  von  einer  Yertauschung  des  Moharrem  mit  dem 
Safar  die  Rede  ist,  welche  sich  einige  raubsiichtige  Ara- 
ber, denen  drei  heilige  Monate  hinter  einander  eine 
allzu  lange  Zeit  der  Ruhe  dünkten,  zu  erlauben  pfleg- 
ten ').  Diese  Stelle  des  Korans  scheint  indessen  früh- 
zeitig mißverstanden  zu  sein,  wenn  anders  die  Behaup- 
tung des  Kotbeddin  und  Mesudi,  dals  Nesi  der 
Name  des  alten  Schaltmonats  gewesen  sei,  keine 
Autorität  weiter  für  sich  hat. 

Man  wird  vielleicht  auf  den  ersten  Blick  geneigt 
sein,  zu  glauben,  dafs  das  bürgerliche  Jahr  der  Araber 
erst  in  Folge  jenes  Ausspruchs  ihres  Gesetzgebers  sei- 
nen jetzigen  Charakter  der  Wandelbarkdt  angenommen 
habe,  und  früherhin  ein  festes  gewesen  sei,   zumahl  da 


•)  A.a.O. 

^)  Eben  so  erklärt  Golius  in  seinem  Wörterbuch  ^J^g^ijül 
nach  Dschewhari. 

n.  [32] 


498  Technische  Chronologie. 

sich  durch  diese  Yöraussetzuiig  die  obgedachte  Bezie* 
huDg,  in  der  die  Monatsnamen  mi  den  Jahrsseiten 
standen  (2, 475) ,  ziemlich  ungezwungen  rechtfertigen 
läist.  Allein  erstens  sagen  die  Orientaler  ausdrücklich, 
dafs  das  vor  Mohammed  gebräuchliche  und  von  ihm 
abgeschaffte  Schaltwesen  blols  zum  Behuf  der  Pilgerrei- 
sen  eingeführt  worden  sei.  Das  bürgerliche  Jahr 
mufs  doch  also  früher  ein  bevregliches ,  gewesen  sein, 
und  es  Ififst  sich  gar  wohl  denken,  da(s  es  ein  solches 
blieb,  als  man  den  Monat  der  Wallfahrten  zur  Kaaba 
auf  den  Herbst  fixirte.  Zweitens  Heise  sich,  wenn  niaii 
die  Allgemeinheit  der  Einschaltung  vor  Mohammed  an- 
nehmen wollte,  nicht  füglich  erklären,  woher  es  komme, 
dafs  der  Anfang  des  ersten  Jahrs  der  Hedschra  aus  der 
Gegend  des  Oktobers  zur  Mitte  des  Julius  zurückge- 
wichen ist;  man  mü(ste  denn  gegen  alle  Wahrschein- 
lichkeit voraussetzen,  dafs  Mohammed  schon  meh- 
rere Jahre  vor  der  Flucht  Ansehen  und  Einflufs  genug 
gehabt  habe,  um  eine  Aenderung  in  der  bürgerlichen 
Zeitrechnung  bewirken  zu  können.  Endlich  müssen  die 
Araber  selbst  der  Meinung  gewesen  sein,  dals  ihr  wan- 
delbares Jahr  schon  vor  Einführung  des  Islams  im  Ge- 
brauch gewesen  sei.  Nach  Almakin  nämlich')  ist 
Mohammed  am  22.  Nisan  des  882sten  Jahrs  der  selea- 
cidlschen  Aere,  und  nach  Abu'lfeda')  am  10.  Rebt 
el-awwel  geboren.  Rechnen  wir  mit  Hülfe  des  arabi- 
schen Schaltcirkels  bis  zum  22.  Nisan  882 '}  oder  zum 


')   Hist,  Sarac,  p.  2. 

')   jinnal.  Muslem,  Tom.  I.  p.  4. 

')   Abu'lfeda  msdit  zum  Geburtsjahr  seines  Prophel«n  das 
Jahr  881  der  seleucidischen  und  1316  der  nabonassarischen  Aere. 


Ak  jlbeH.  499 

22.  April  571  n.Chr.  zurück,  so  gekngen  wir  wirklich 
zum  10.  Rebt  el-awwel.  Dieses  Zusammentreffen  des 
syrischen  und  arabischen  Datums,  das  niemand  für  zu- 
fällig halten  wird,  mufs  sich  auf  eine  Reduction  grün- 
den, die,  wenn  sie  schon  vor  der  Epoche  der  Hedschra 
angestellt  worden  ist,  die  frühere  Beweglichkeit  des  ara- 
bischen Jahrs  auiser  Zweifel  setzt,  und  wenn  sie  erst 
von  den  spätem  Geschichtschreibem  herrührt,  wenig- 
stens beweiset,  dafs  diese  von  der  frühem  Beweglich- 
keit überzeugt  waren. 

Was  die  Jahrrechnungen  der  frühem  Araber  vor 
Einführung  der  Hedschra  betrifft,  so  handelt  davon 
ein  Fragment  des  Alkodai  bei  Pocock*),  welches  im 


Allein  beide  Zahlen  sind  schon  defshalb  verdächtig,  weil  sie  nicht 
zusammengehören  können;  denn  das  erste  Jahr  fing  den  1.  Okto- 
ber 569  n.  Chr.  an  und  das  letzte  hörte  bereits  den  2,  April  569 
auf.  Das  Jahr  882  beim  Almakin  stimmt  auch  zu  Mob  am« 
med^s  Lebensdauer.  Er  starb  nämlich  am  12.  Rebi  el-awwel 
des  elften  Jahrs  der  Hedschra  (Almakin  S.  9)  und  ist  nach  der 
gewöhnlichen  Angabe  63  Jahre  alt  geworden,  und  zwar  Mopd- 
jahre,  die  immer  von  den  Arabern  gemeint  werden,  wenn  sie 
nicht  ausdrücklich  das  Gegen theil  bemerken.  Geht  man  aber 
Tom  12.  Rebi  el-awwel  des  elften  Jahrs,  oder  yom  6.  Junius  632, 
63  cyklische  Mondjahi^  oder  22324  Tage  zurück,  so  kommt  man 
seinem  obgedachlen  Geburtstage  bis  auf  zwei  Tage  nahe.  Wenn 
man  in  den  Schriften  des  Occidents  gewöhnlich  das  Jahr  569 
n.  Chr.  als  das  Geburtsjahr  Mohammed's  angegeben  findet, 
so  liegt  dabei  entweder  eine  Lebensdauer  Ton  65  Jahren,  die 
ihm  einige  Araber  beilegen  (Almakin  S.  10),  oder  der  Irrthum 
zum  Grunde,  dafs  die  63  Jahre  Sonnen) ahre  sind. 

**)  Specimen  hist.  Arabum  p.  177.  Es  verdient  hieimit  Tcr- 
gHchen  zu  wei*den  Hm.  Silyestre  de  Sacy's  gdialtToUes.^^« 
moire  sur  divers  dtf^nemens  de  VHistoire  des  Jrabes  avant 
Mahomet  im  achtundrierzigstcn  Bande  der  Mimoires  de  VAca^ 

[32*] 


600  Technische  Chronologie. 

Wesentlichen  also  lautet:  ««Die  ehemaligen  Yölker  da- 
,,tirten  von  wichtigen  Begebenheiten  und  der  Regie- 
„rung  ihrer  Könige,  z.B.  die  Ismaeliten  (die  nörd- 
„liehen  Araber  in  Hedschas)  von  der  Erbauung  der 
„Kaaba,  und  die  Hemjaren  (Homerilen,  die  Be- 
„wohner  Jemens)  nach  ihren  Königen,  den  Tobbas. 
„Die  loniei:  und  die  Römer  (1,454)  haben  nach 
„Alexander;  die  Kopten  (Aegypter)  zuerst  nach 
„Nabonassar  und  nachmals  bis  auf  unsere  Zeit 
„nach  Diocletian;  die  Magier  (die  Perser  vor  Mo- 
„bammed)  erst  nach  Adam,  dann  nach  Ermordung  des 
„Darius  und  dem  Regierungsantritt  Alezander's,  ferner 
„nach  dem  des  Ardeschir  (des  ersten  Sassaniden), 
„endlich  nach  dem  des  Jezdegird  (des  letzten  Sassa- 
,,niden)  gerechnet.  Die  Araber  datirten  ehemals  nach 
„dem  Jahr  des  Elephanten  und  dem  Tage  des 
,, Frevels,  bis  endlich  Omar  Ben  Ghattab  im  sieb- 
„zehnten  öder  achtzehnten  Jahr  der  Hedschra  beschlois, 
„die  Jahre  von  der  Flucht  des  Propheten  zu  zäh- 
„len,  und  zwar  vom  l.Moharrem  des  ersten  Jahrs 
,,  derselben. 

Da(s  die  frühem  Araber  sehr  verschiedene  Jahr- 
rechnungen  gehabt  haben,  läfst  sich  bei  der  losen  Ver- 
bindung, in  der  ihre  Stämme  vor  Mohammed  unter 
einander  standen,  leicht  erachten;  auch  stimmen  alle 
Nachrichten  ihrer  spätem  Schriftsteller  darin  nberein. 
Nur  zwei  Acren  scheinen  allgemeiner  und  langer,  we- 
nigstens in  der  G^nd  von  Mekka,   gebraucht  worden 


dSmie  des  Inscnptiom,  and  seine  Recension  der  Historia  prae^ 
cipuorum  Ardbum  regnorum  rerumque  ab  iis  gestarum  ante 
Isiamismum  im  Journal  des  Savans  Januar  1818. 


Araber.  501 

zu  sein,  als  die  übrigen,  nämlich  die  nach  dem  Jahr 
des  Elephanten  —  J^t  «Lc  dm  el-ftl  —  und  dem 
Tage  des  Frevels  —  .L^vaH  f^jaum  el-Jedschdr. 

Die  Begebenheit,  welche  zur  ersten  Anlafs  gegeben 
hat,  findet  man  von  den  Auslegern  der  105ten  Sure 
erzählt,  welche,  El-fil  überschrieben,  darauf  anspielt  ')• 
Abraha,  mit  dem  Beinamen  Sdheb  el-fil,  Herr  des 

4 

Elephanten,  Statthalter  von  Jemen  im  Namen  des 
Königs  von  Aethiopien  und  von  christlicher  Religion, 
zog  mit  einem  Heer,  worin  sich  mehrere  Elephanten 
befanden,  gegen  Mekka,  um  den  dortigen  Tempel  mit 
seinen  Idolen  zu  zerstören.  Ein  Wunder  soll  die  Kaaba 
gerettet  und  das  Heer  vernichtet  haben.  Dies  Ereig- 
nifs  gehört  nach  der  Yersicherung  der  Araber  in  das 
Geburtsjahr  Mohammed's,  also  in  das  Jahr  571  unserer 
Zeitrechnung. 

Unter  dem  Tage  des  Frevels  vei*stehen  die  Ara- 
ber das  feindliche  Zusammentreffen  zweier  arabischen 
Stamme  in  einem  der  obgedachten  vier  Monate,  wo 
das  Kriegführen  für  eine  gottlose  Handlung  gehalten 
wurde').  Mohammed  soll,  nach  einigen  vierzehn, 
nach  andern  zwanzig  Jahre  alt,  an  dieser  Fehde  Theil 
genommen  haben.  Hiernach  würde  sie  entweder  in  das 
Jahr  585  oder  591  n.  Chr.  zu  setzen  sein. 

Der  Gebrauch  dieser  beiden  Acren  war  bei  weitem 
zu  eingeschränkt,  als  dafs  man  bei  der  Vereinigung  der 
Araber  zu  Einer  Religion   und  Einem  Interesse   unter 


*)  S.  Säle 's  Anmerkungen  zu  seiner  englischen  üebersetzung 
und  Tergl.  Pocock's,  Spec»  hist,  Arahum  p.  64  und  d'Herbelot 
V.  Abrahah. 

*)  Abu*lfeda  Ann.  Muslem,  Tom.  I.  p.  20.  Golius  zum 
Alfergani  S. 54.     Alkodai  bei  Pocock  ^ec.  a.a.O. 


602  Technische  Chronolosie. 


'ö* 


den  ersten  Chalifen  picht  das  Bedürfnifs  einer  festen 
und  für  alle  Moslemen  bedeutsamen  Jahrrechnung  hätte 
fühlen  sollen.  Vielleicht  trug  das  Beispiel  der  benach- 
barten Kopten,  die  ihre  Jahrrechnung  von  der  grolsen 
unter  Diocletian  über  ihre  Vorfahren  ergangenen  Ver- 
folgung die  Märtyreräre  nannten,  dazu  bei,  dals 
man  nach  der  Verfolgung  Mohammed's  durch  die 
Koreischiden  und  seiner  Flucht  zu  datiren  beschlols. 
Nach  dem  oben  angeführten  Fragment  des  Alkodai, 
so  wie  nach  Ebn  Kotaiba')  und  Abu*lfeda'),  war 
es  der  Chalif  Omar,  welcher  der  aus  dem  Mangel  einer 
festen  Aere  entstehenden  Verwirrung  abzuhelfen  be- 
schloß, und  zuerst  die  öffentlichen  Verhandlungen  mit 
dem  Jahr  der  Hedschra  zu  bezeichnen  befahP). 

So  war  ein  bedeutender  Schritt  zur  Anordnung  der 
arabischen  Zeitrechnung  geschehen.  Ihre  völlige  Aus- 
bildung durch  Einführung  des  Schal tcirkels  scheint 
sie  aber  erst  im  dritten  Jahrhundert  der  Hedschra  un- 
ter dem  Chalifen  Almamon  erhalten  zu  haben,  als 
die  dazu  erforderliche  Kenntnils  des  Mondlaufs  mit  der 
griechischen  Astronomie  zu  den  Arabern  übergegangen, 
und  bei  weiterer  Bearbeitung  derselben  das  Bedürfniis 


^)  S.  eine  Note  Ton  Reiske  zum  Abu'lfeda  Tom. I.  p.  16. 

')   Jnn»  Mustern,  Tom.  T.  p.  60. 

')  Er  benutzte  dabei  die  Einsichten  des  Persers  Harmozan. 
Bei  dieser  Gelegenheit  soll  man  aus  dem  persischen  j^«  «U^  das 
beim  Abu'lfeda  durch  »^jüS^  j^£l*j\  \^\ut*^  Rechnung  des 
Monats  und  der  Tage  übersetzt  wird,  das  Wort  ^ y^  mo- 
^errach  zur  Bezeichnung  des  Begriflä  datirt  gemacht  haben, 
woraus  femer  das  Verbum  ^  ^  arrach  und  das  Verbalnomen 
^j^  tärich  entstanden,  deren  Bedeutungen  schon  oben  (2,428) 
angegeben  sind. 


Araber.  503 

einer  geregelten  und  von  der  unmittelbaren  Beobach* 
tung  der  Mondwechsel  unabhängigen  Zeiteinlheilung  den 
Sternkundigen  fühlbar  geworden  war. 

So  lange  die  Araber,  in'  ihrer  Halbinsel  einge- 
schlossen, auf  einer  niedrigen  Stufe  Ber  Cultur  stan- 
den, genügte  ihnen  ihr  bewegliches  Jahr  vollkommen. 
Als  sie  aber,  ihre  Grenzen  überschreitend,  mit  gebilde- 
tem Völkern  in  Berührung  kamen  und  allmählig  selbst 
zu  einer  hohem  bürgerlichen  und  wissenschaftlichen 
Entwickelung  gelangten,  sahen  sie  sich  häufig  in  dem 
Fall,  neben  ihrem  wandelbaren  Mondjahr  eine  feste, 
nach  der  Sonne  geordnete,  Zeitrechnung  zu  gebrauchen* 
Sie  adoptirlen  nun  das  julianische  Jahr  in  den  beiden 
im  Orient  gebräuchlichen  Formen ,  der  ägyptischen 
und  syrischen. 

Die  Namen  der  ägyptischen  Monate,  wie 
sie  uns  Ptolemäus  und  andere  Alte  überliefert  ha- 
ben (1,97),  scheinen  nicht  so  verderbt  zu  sein,  wie 
es  wol  sonst  die  fremden  Eigennamen  zu  sein  pfle- 
gen, die  durch  die  Griechen  auf  uns  gekommen  sind. 
La  Croze^)  hat  sie  in  einer  der  pariser  Bibliothek 
angehörigen  Handschrift  der  koptischen  Uebersetzung 
der  Evangelien  von  der  Hand  Michael's,  Bischofs  von 
Damiat,  aus  dem  Jahr  1179  n.Chr.  mit  koptischen 
Buchstaben  geschrieben  gefunden.  Auch  werden  sie 
hin  und  wieder  in  den  Auszügen  erwähnt,  die  Zoega 
aus  den  im  boi^ianischen  Museum  aufbewahrten  kopti- 
schen Handschriften  gibt').     Hier  lauten  sie  also: 


*)    Thesaurus  epistoL  Tom.  UI.  p.  133. 

^)    Caialogus   codicum   copticorum  manuscriptorum   qui  in 
museo  Borgiano  f^elUris  adservanlur.    Rom  1810,  fol.    Yergl. 


504  Technische  Chronologie. 

Thout  Phamenoth 

Paopi  Pharmuthi 

Athor  Paschons 

■ 

Choiak         Paoni 

Tobi  Epep 

Mechir  Mesore* 
Weit  mehr  sind  sie  von  den  Arabern  entstellt  wor- 
den. Einer  ihrer  ältesten  astronomischen  Schriftsteller, 
dei'  um  die  Mitte  des  neunten  Jahrhunderts  lebende 
Alfergani,  bemüht  sich,  sie  dem  Ptolemäus  so 
getreu  nachzubilden,  als  es  seine  Buchstaben  erlau- 
ben ^)*  Alle  übrigen  Araber  dagegen  schreiben  sie  ganz 
übereinstimmig  wie  folgt: 


o^' 

Tut 

•    • 

Bäbe 

j>'^ 

mtib 

^\^ 

KthAk 

t^jSo 

TAh« 

_jA**^' 

Amscbtr 

^WV 

Bermehät 

"^y^J 

Bennude 

Baschnas 

*W 

BÄne 

,_«jt 

AWh 

i^y**ji     Mesri. 
Sie  nennen  sie  Jn^Sit  j>^  schuhdr  el-kebt,  Monate 
der  Aegypter  oder  Kopten.     Unter  «I^aä  hebt  vei^ 
stehen  sie   nämlich  nicht  blofs  die   Nachkommen  der 


Raphaelis  Tukii   Rudimenta  linguae  coptae  (Rom  1778,  4) 
S.  391  ff. 

')  Eiern,  Östron,  p.  5. 


Araber.  505 

alten  Aegypter,  die  ivir  Kopten  nennen,  sondern 
auch  die. alten  Aegypter  selbst.  Das  Wort  ist  zunächst 
Ton  der  Stadt  und  dem  Nomos  Koptos  entlehnt,  i¥0 
die  Ueberbleibsel  des  alten  Yolks  noch  jetzt  grofsen- 
theils  wohnen.  Der  Name  Koptos  selbst  aber  hängt 
mit  dem  des  Yolks  und  Landes  zusammen. 

Das  Wort  huoLy6\ixvai ^  womit  Ptolemäus  und 
Plutarch  die  jErgänzungstage  bezeichnen,  schreibt 
Alfergani,  der  es  für  ein  ägyptisches  hält,  LUc^t 
abiigomena.  Nach  La  Groze  nennen  die  Kopten  diese 
fünf  Tage  Pi  abot  enkugi,  den  kleinen  Monat,  und 
hiervon  ist  das  arabische  ^^aaao!!  j^^\  el-schehr  el-saghir 
in  dem  von  Seiden  ans  Licht  gezogenen,  arabisch  abge- 
fafsten,  Festkalender  der  Kopten  die  UebersetzuDg^). 

Scaliger  behauptet'),  die  Epagomenen  wären  yon 
den  alten  Aegyptem  Nesi  genannt  worden  und  fahr- 
ten diesen  Namen  bei  den  Kopten  noch  jetzt.  Sal- 
, masius^),  der  ihm  beipflichtet,  übersetzt  dies  durch 
dies  assumpticii.     Jablonski^)   dagegen  ist  der  Hei- 


^)  Seiden  theilt  in  seinem  Werke  de  Synedriis  hUl,  c.  15 
zwei  Verzeichnisse  der  koptischen  Feste  in  arabischer  Sprache 
mit.  Das  ei*ste  legt  er  dem  Araber  Abu*laibsan  Achmed 
Calcasendi  bei.  Das  zweite  ungleich  ToUstandigere  gehört 
einem  ungenannten  Chiisten  an^  und  findet  sich  am  Schlüsse 
einer  im  Jahr  1286  n.  Chr.  geschriebenen  arabischen  üeber- 
setzung  der  Evangelien.  Beide  sind  nach  dem  koptischen  Kalen- 
lender  geordnet.  Das  letztere  hat  Ludolph  seinem  äthiopischen 
beigefügt  (2, 436). 

')  Emcnd,  temp.  1.  m.  p.  19^. 

')  Epist.  LX. 

*)   Opuscula  ed.  Te  Water  Tom.  I.  p.  160. 


606  Technische  Chronologie. 

nung,  clafs  das  Wort  Nesi  erst  von  den  Arabern  zu 
den  Kopten  übergegangen  sei.  Die  Araber  nennen  näm- 
lich die  fünf  Ergänzungstage  der  Aegypter  und  Perser, 
5o  wie  den  bei  ihren  heidnischen  Yor&hren  gebräuch- 
lichen Schaltmonat  (2,  497),  El-nesi.  Es  ist  auch  wirk- 
lich viel  wahrscheinlicher,  dafs  die  Kopten  dieses  Wort 
von  den  Arabern,  deren  Sprache  allmählig  ganz  die 
ihrige  geworden  ist,  angenommen  haben,  als  dals  es 
die  Araber  aus  dem  Altägjptischen  entlehnt  haben  soll- 
ten. Noch  andere  arabische  Benennungen  für  jene 
Ergänzangstage  sind  vJl>t^!  el^lawdhik,  adhaerenies, 
IkXjtJ!  el^Z€ude,  redundantes ,  und  ä3^X*mI!  e/-mu5te- 
mAe,  fiirtivi.  Letzteres  haben  die  spätem  Griechen 
durch  xX.07n|Luui»  übersetzt'). 

Dafs  die  diocletianische  Acre  von  den  Kopten 
die  Märtyreräre  genannt  werde,  ist  oben  (1,  163; 
2,  436)  schon  bemerkt  worden.  Hievon  ist  das  ^^b 
li>kfAMJt  tänch  el-schohada  der  Araber  die  Ueberselzung. 
Diese  Benennung  kommt  nicht  selten  vor,  z.B.  beim 
Almakin,  wenn  er  von  seinen  Glaubensgenossen,  den 
Christen,  spricht.  Noch  gewöhnlicher  findet  sich  ;^^ 
JaAfiit  tdrich  el-kebt,  Aere  der  Kopten,  und  ^^b 
(jM^LJbddv>  tdrich  dikle^änus,  Aere  des  Diocletian. 

Von  den  arabischen  Astronomen,  die  zu. grolserer 
Bestimmtheit  ihre  Beobachtungen  nach  mehr  als  einer 
Aere  zu  datiren  pflegen,  ist  meines  Wissens  der  in 
Aegypten  lebende  Ebn  Junis  der  einzige,  der  sich 
der  diocletianischen  bedient.  Alfergani  und  Albat- 
ta ni  erwähnen  zwar  die  Monate  aber  nicht  die  Aere 


')   Golius  zum  Alfergani  p.  45. 


Araber.  507 

der  Kopten^).  Abu'lhassan  Kusch jar  und  Ulug 
Begh  zählen  sie  nicht  tu  den  in  der  Astronomie  ge- 
bräuchlichen, wohin  sie  nur  die  arabische,  persische 
und  syrische  lechnen. 

Dagegen  kommt  sie  £ist  in  allen  Takwims  (19  74) 
der  Morgenländer  vor,  z.B.  in  dem,  welchen  Matthias 
Friedrich  Beck  unter  dem  Titel:  Ephemerides Persa-* 
mm  per  totum  annum  iuxta  epochas  celebriores  orien^ 
tis,  Alexandreamy  Christi,  DwcleUani^  Hegirae,  Jesde- 
girdicam  et  Gelalaeam  bekannt  gemacht  und  erläutert 
hat  (Augsb.  1696,  fol.)  Hier  wird  der  Adar  des  1999slen 
Jahrs  der  seleucidischen  Acre,  d.  i.  der  März  a.  St.  un- 
sers  Jahrs  168S,  richtig  yerglichen  mit  dem  Bermehät 
des  i404ten  Jahrs  (j^^Ld^  «tOwp  jt  ez  ahdei  Dikjänus, 
seit  der  Inauguration  des  Diocletianus  (der 
Name  ist,  wie  man  sieht,  yerstümmelt).  Hr.Nayoni') 
hatte  einen  türkischen  Kalender  vor  Augen,  worin  eben 
so  richtig  der  Adar  2120  oder  der  März  a.  Sl  1809  mit 
dem  Bermehät  1525  zusammengestellt  war. 

In  allen  solchen  Kalendern  sind  den  Datis  des 
arabischen  Mondjahrs  die  des  syrischen  und  koptischen 
Sonnenjahrs  beigesetzt.  Man  begreift  leicht,  dals  die 
Moslemen,  wenigstens  aufser  den  Grenzen  Arabiens, 
das  Sonnen  jähr  nicht  entbehren  können  und  dafs  sie 
genöthigt  sind,  zwischen  demselben  und  ihrem  Mond- 
jahr immerwährende  Yergleichungen  anzustellen*     Dies 


*)  Das  32ste  Kapitel  der  Scientia  stellarum  des  letztem  ist 
chronologischen  Inhalts,  aber  in  der  lateinischen  üebersetzung^ 
die  davon  allein  gedruckt  ist,  auf  eine  barbarische  Weise  ent- 
stellt.    Das  Original  scheint  nicht  mehr  zu  existiren. 

')   Fundgruben  des  Orients  B.IY.  S.57. 


608  Technische  Chronologie. 

wird  mehr  als  sonst  irgendwo  in  einem  Lande,  wie 
Aegypten,  der  Fall  sein  müssen,  dessen  ganze  Exislenz 
durch  die  periodischen  Ueberschwemmungen  des  Hils, 
also  durch  das  Sonnenjahr  bedingt  wird«  Im  ersten 
Bande  der  Notices  et  extraits  werden  yon  Hm.  Sil- 
yestre  de  Sacy  Auszüge  aus  der  ägyptischen  Ge- 
schichte des  in  der  ersten  Hälfte  des  siebzehnten  Jahiv 
hunderts  lebenden  Schemseddin  Mohammed  gege- 
ben. In  diesem  findet  sich  ein  Ruralkalender ,  worin 
der  Wechsel  des  natürlichen  Zustandes  des  Landes 
durch  alle  Monate  des  koptischen  Jahrs  verfolgt,  z.  B. 
der  Aufgang  des  Sirius,'  der  den  Aegyptem  noch  jetzt 
von  Wichtigkeit  sein  mufs,  auf  eben  das  Datum  ge- 
setzt wird  ^),  an  welchem  ihn  die  alten  Aegypter 
beobachtet  haben ,  nämlich  auf  den  26.  Epiphi  oder 
20.  Julius  a.  St.  (1,  129).  Hierdurch  bestätigt  sich,  was 
Niebuhr  in  seiner  Reisebeschreibung  sagt'),  dais 
sich  die  Aegypter  bei  ihren  Beobachtungen  über  das 
Wachsthum  des  Nils  noch  immer  nach  dem  koptischen 
Kalender  richten.  In  Makrizi's  noch  nicht  vollstän- 
dig gedruckter  Beschreibung  Aegyptens  kommt  ein 
Kapitel  unter  dem  Titel  ^\  )iJs>\^  iuUJl  ^>j>s\j  SS 
Äx>.jt]t  xJ^t  iuUJt  Reduction  des  Sonnenjafars 
auf  das  arabische  Mondjahr  vor,  wovon  mir  Hr. 
Freytag  bei  seinem  Aufenthalt  in  Paris  eine  Abschrift 
zu  machen  die  Gefälligkeit  gehabt  hat.  Das  Sonnen- 
jahr heifst  hier  )L^\j^  charädschije ,  von  ^)p-  cha- 
rädsch,  Grundsteuer,  weil  die  Zahlung  derselben 
von  den  Jahrszeiten  abhängig  ist.   Das  Mondjahr  führt 


'}   S.263. 

')  Tb. LS.  125. 


Araber.  509 

den  Namen  äJ^  hildlije,  weil  es' durch  die  Mond- 
phasen —  S^  hildl-^  bestimmt  wird.  Die  eigentlichen 
Benennungen  für  Sonnen*  und  Mondjahr  sind  ÄJuJt 
ÄAMMi^t  el'sana  el-schemsife,  und  )uj4Jii\  iuUJt  el-sana 
el-kamarije,  von  ^j*^  schcms^  Sonne  und  ^^  kamar 
Mond. 

Die  syrischen  Monate  heifsen  bei  den  Arabern 
gewöhnlich  m^J\  .^^^  schuhur  el-rum,  Monate  der 
Römer  (1,454).  Die  Namen  derselben  (1,430)  lau- 
ten beim  Ulug  Begh^)  wie  folgt: 

J^^t  er?j^'     Tischrtn  el-awwel 
:>^l  ey^r^'     Tischrtn  el-accher 
J^^t  ^^1^     KiLnun  el-awwel 
>^l  ^^1^     Känun  el-accher 
^Uä     Schebät 
j\ii\     Adär  oder  Adsär 
Ntsän 


j\j\     Ijär  oder  Ajar 
qU»     HaztriLn 
jj^     Tamüz 

'  vt  Ahb 
J^J  Eil  AI. 
Für  el-accher^  der  letztere,  findet  sich  beim  Alfer- 
gani')  el-tlidni,  der  zweite.  Man  sieht,  es  sind 
dies  die  den  Syrern  eigenthümlichen  Namen,  nicht  die 
ihnen  von  den  Maoedoniem  zugefiihrten.  Der  Gehalt 
der  Monate  ist  bei  den  Arabern,  wie  bei  den  Syrern, 
ganz  der  der  julianischen  vom  Oktober  an  gerechnet, 
wie  schon  aus  der  unbedingten  Zusammenstellung  des 


*)  Epochae  celebriores  p.  17. 
')   5.3. 


610.  Technische  Chronologie. 

Schebat  mit  dem  Februar  beim  Alfergani  erhellet. 
Er  sagt,  das  Jahr,  worin  der  Schebat  29  Tage  habe, 
heifse  jUmu^  kebise,  Schaltjahr.  Der  Parallelismiis 
gilt  aber  blofs  yom  alten  Kalender;  der  neue  ist  den 
Moi^nländem  fremd.  So  ist  der  heutige  24.  Oktober 
neuen  oder  12.  Oktober  alten  Stils  der  12.  Tischrtn 
el-awwel. 

Der  eben  gedachte  Astronom  unterscheidet  nach 
einem  ihm  eigenthümlichen  Sprachgebrauch  unter  j^^^ 
^^^LdwJt  schuhdr  el-sirjantjün,  Monate  der  Syrer 
und  ^•i^^j^^i^  schuhdr  el-rüm,  Monate  der  Römer. 
Beides  sind  ihm  .die  julianischen,  zuerst  unter  ihren 
syrischen  eben  angeführten  Benennungen,  und  dann 
unter  den  romischen  (j^^|^.  Januarius^  ^j,*^j\^jas 
Februarius  u.  s.  w*  Die  Araber  nehmen  von  diesen 
römischen  Namen  sonst  keine  Notiz. 

Zugleich  mit  den  Monaten  der  Syrer  gebrauchen 
sie  auch  häufig  die  Hauptära  derselben,  die  seleuci- 
diso  he.  Sie  nennen  sie  ^•^J]  ^Js  tdrich  el-rum,  Acre 
der  Römer,  wofür  der  persisch  schreibende  Ulug 
Begh  ^3^  ^n^Ij  tärichi  rumi,  römische  Acre  sagt, 
oder  .JüXmI  ^^b  tdrich  Iskender,  Acre  Alexanders, 
oder  ^^yüt  ^J  ^^b'  tdrich  di  oder  dsi  ^Ikamain,  Aere 
des  Zweigehörnten,  was  wieder  so  viel  als  Aere 
Alexander's  heiüsen  soll.  Alexander  fuhrt  nämlich 
im  Koran*)  den  Namen  ^^^\  ^S  der  Zweige- 
hörnte, entwedier  weil  er  als  angeblicher  Sohn  Jupiter 
Ammons  auf  den  Münzen  gehörnt  abgebildet  worden 
ist,  oder  weil  er,  wie  sich  Abu'lfaradsch  ausdrückt'). 


* )  Sure  XYin^  t.  85  ff.  Yergl.  die  Anmerkung  von  H  a  r a  cc  i. 
*)   l>ynast.yi,p,96. 


Araber.  Sil 

im  Besitz  der  beiden  Homer  der  Sonne,  des  Orients 
und  Oocidents,  war.  Ob  übrigens  die  Benennung  Aere 
Alexander's  auf  einem  chronologischen  Mifsgriff  be- 
ruht, oder  ob  sie  schon  von  den  Seleuciden  in  summi 
ducis  et  victoris  memoriam  ac  honorem,  wie  Golius 
meint  ^),  gebraucht  worden  ist,  sei  dahingestellt.  Meh- 
rere Orientaler  sind  durch  sie  verführt  worden,  die  se- 
leucidischen  Jahre  vom  Regierungsantritt  oder  von 
der  Expedition  Alexander's  zu  datiren').  Das 
Wahre  findet  sich  beim  Abu'lfaradsch  und  Ulug 
Begh.  Die  Worte  des  erstem  sind  bereits  oben  (1,449) 
angeführt  worden.  Der  letztere  sagt^):  9,Die  seleuci- 
,,dische  Aere  hebt  zui'ölf  Jahre  nach  dem  Tode  Alexan- 
,,der's,  des  Sohns  des  Philippus,  des  Griechen,  an." 

Dafs  die  arabischen  Astronomen,  namentlich  Ebn 
Junis,  neben  andern  Zeitrechnungen  auch  die  syrische 
gebrauchen,  ist  schon  bemerkt  worden.  Die  Kalender- 
macher  im  Orient  ei^angeln  nie,  dieselbe  mit  der  ara- 
bischen zu  vergleichen.  Hieronymus  Welsch  hat 
einen  immerwährenden,  nach  den  syrischen  Monaten 
geordneten,  Kalender  in  Kupfer  stechen  lassen,  und 
mit  einem  sehr  gelehrten  Commentar  versehen,  der 
alles  mögliche,  nur  nicht  den  Kalender  selbst  erläu- 
tert,  von   welchem  er  nicht  einmahl  eine  lateinische 


')  Zum  Alfergani  S.  57. 

')  Z.B.  Mesudi  in  dem  Ton  De  Guignes  im  ersten  Bande  der 
Notices  et  extraiis  gegebenen  Auszüge  aus  seinen  s^^^t  Z^J^* 
goldenen  Wiesen,, S.  31,  und  der  Verf.  der  von  Beck  heraus- 
gegebenen Ephemeride. 

')   A.a.O. 


512  Technische  Chronologie. 

Uebersetzung  gibt^).  Einen  andern  ganz  ähnlich  ein- 
gerichteten Kalender  hatte  Beck  yor  Augen.  Er  theill 
daraus  einen  Monat  im  Original  und  in  der  Ueber- 
setzung mit^). 


*)  Commentarius  in  Rusname  Naurus  sive  tabulae  aequi- 
noctiales  novi  Persarum  et  Turcarum  anni.  Augsburg  1676, 4. 
Ueber  die  Unwissenheit  des  Herausgebers  macht  Hr.  de  Sacy  sehr 
gegründete  Bemerkungen.    Journal  des  Savans  1816,  p.  242. 

^)  Ephem.  Fers.  p.  2. 


Neunter  Abschnitt. 

Zeitrechnung  der  Perser 


#WWW^W^M« 


D 


le  Perser  gebrauchen  heut  zu  Tage  mit  allen  übri- 
gen Bekennem  des  Islams  die  arabischen  Monate  und 
die  Aere  der  Flucht.  Von  einer  eigenthümlichen  Zeit- 
rechnung konnte  bei  ihnen  nur  in  der  frühem  Periode 
ihrer  Selbständigkeit  die  Hede  sein,  vor  dem  Unter- 
gange der  Dynastie  der  Sassaniden  im  siebenten  Jahr- 
hundert nach  Christus.  Aus  diesem  Zeitraum  sind  von 
ihnen  keine  schriftliche  Denkmälei*  vorhanden,  einige 
von  Herrn  Silvestre  de  Sacy  in  seinen  Mimoires 
sur  diyerses  Antiqidtis  de  la  Perse  erklärte  Steinschrif- 
ten und  2um  Theil  vieUeicht  die  durch  Anquetil  du 
Perron  aus  Indien  gebrachten  Zendbücher  ausge- 
nommen, welche  jedoch  über  chronologische  Gegen- 
stande keine  Auskunft  geben.  Wir  werden  also,  wenn 
wir  uns  über  die  2ieitrechnung  der  alten  Perser  unter- 
richten  wollen,  die  klassischen  Schriftsteller,  und  falls 
uns  auch  diese  ohne  Belehrung  lassen  sollten,  die  ara- 
bischen und  neupersischen  zu  befragen  haben. 

Bei  den  erstem  findet  sich  in  der  That  nichts 
weiter  hieher  Gehöriges,  als  folgende  gelegentlich  an- 
gebrachte Notiz  beim   Gurtius^):   Magi  proximi  (im 


•)  m,3,9. 

n.  [33] 


614  Technische  Chronologie. 

Heereszuge  der  Perser)  patrium  carmen  canebant.  Man- 
gos trecenti  et  sexaginta  quinque  iuvenes  sequebeintur, 
punicis  amicuUs  Dclati,  diebus  totius  anni  pares  nu-- 
mero;  quippe  Persis  in  totidem  dies  descriptus  est  an- 
nus  —  eine  Stelle,  auf  die  ich  unten  surückkom- 
men  werde. 

Bei  diesem  Mangel  an  Nachrichten  gleichzeitiger 
Schriftsteller  sehen  wir  uns  auf  die  mohammedanischen 
beschränkt.  Der  älteste,  welcher  von  einer  eigenen 
persischen  Zeitrechnung  redet,  scheint  der  im  Anfimge 
unsers  neunten  Jahrhunderts  unter  dem  Ghali&n  AI- 
mamon  lebende  arabische  Astronom  Alfergani  zu 
sein.     Er   berichtet   uns   im   ersten   Abschnitt   seiner 

• 

Sternkunde^),  dals  die  Perser  ein  bewe^^ches  Jahr 
TOn  365  Tagen  hatten,  das  aus  zwölf  drei&igtägigen 
Monaten  und  fünf  Ergänzungstagen  bestand,  dals  ktz- 
tere  zwischen  den  achten  und  neunten  Monat  einge- 
schoben wurden,  da{s  jeder  Monatstag  seinen  eigenen 
Namen  führte,  un^  dafs  die  Jahre  von  der  R^ierung 
Jezdegird's,  des  letzten  sassanidischen  Königs,  ge- 
zählt werden. 

Von  dieser  Zeitrechnung,  die  sich  durch  eine  be- 
sondere Einfachheit  empfiehlt,  haben  die  meisten  ara- 
bischen Astronomen  bei  ihren  Beobachtungen  und  in 
ihren  Tafeln  Gebrauch  gemacht,  zumahl  da  sie  der 
altägyptischen,  an  die  sie  durch  den  Almagest  des 
Ptolemäus  gewöhnt  waren,  analog  ist.  Um  sie  der- 
selben noch  analoger  und  zugleich  geschmeidiger  zu 
machen,  versetzte  man  späterhin  die  Ergänxunfptage 
an   den  Schluis  des  Jahrs.     Hier   &nden   sie   Ulug 

')  S.4  und  6. 


Perser.  615 

Begh^)  und  Schah  Choldschi^)  im  fünfzehnten 
Jahrhundert,  die  letzten  namhaften  Astronomen  des 
Orients. 

Wir  wollen  sogleich  die  Terminologie  und  das  Tech* 
nische  dieser  für  die  Geschichte  der  Sternkunde  wichtig 
gewoixlenen  Zeitrechnung  kranen  lernen.  Die  Namen 
der  Monate  und  die  Summen  der  am  Ende  eines  jeden 
yerflossen^n  Tage  des  Jahrs  sind  folgende^): 

0*^^3>       1)  Ferwerdln. 30 

vi^wj^fj^t       2)  Ardbehescht 60 

6\c^j:>       3)  Chordäd 90 

jf^i       4)  Ttr 120 

6b^       5)  Mordad 150 

jjij^       6)  Schartr 180 

j^       7)  Mihr 210 

Ji\       8)  AbÄn 240 

Ergänzungstage..  245 
jS]       9)  Ader  oder  Adser. . .  275 

^o     10)  Dei 305 

^y^     11)  Bahmen 335 

J^twXAA^t     12)  Asfendärmed 365 

Werden  die  Ergänzungstage  ans  Ende  des  Jahrs 
gesetzt,  so  ändern  sich  die  Tagsummen  vom  neunten 
Monat  an  auf  nachstehende  Weise: 


^)  Epochae  celebriores  p.  23. 

')  S.  das  Fragment  seiner  Tabulae  universales,  welches  Hyde 
in  seiner  Historia  religionis  veterum  Persarum  S.  204  mitUieilt. 

'}  Die  Namen  lauten  hier  so,  wie  sie  sich  bei  den  Arabern 
Alfergani  und  Ebn  Junis  finden.  Es  kommen  mehrei*e  Va- 
rianten vor.  Für  MordAd  steht  im  Zend-Aresta  Amerdad. 
Für  Asfendl^rmed  findet  sich  auch  ü^.tcXJlÄMf  Sefendärmed 
und  cX^kXä^  Sependdrmed.  LeUtere  Schreibart  ist  die 
persische. 

[33*] 


616  Techniscfie  Chronologie. 

9)^  Ader 270 

10)  Dci 300 

11)  Bahmen 330 

12)  Asfendärmed 360 

Ergänzungstage.  .  .  365 

Die  bei  den  8emiti5che]i  Völkern  gebräuchliche  und 
von  ihnen  zu  uns  übergegangene  Eintheilung  der  Zeit  in 
Wochen  kannten  die  alten  Perser  nicht.  Sie  gaben  da- 
für einem  jeden  Monatstage  seinen  eigenen  Namen,  der 
beim  Datiren  gewöhnlich  statt  der  Zahl  des  Tages  gesetzt 
wurde;  wenigstens  findet  es  sich  so  bei  den  orientali- 
schen Astronomen.  Diese  Namen  sind  folgende  *) : 
j^       1)  Hormuz  j^     16)  Mihr 

^^y^      2)  Bahmen  ^^y**     17)  Serusch 

s:;^J^jj^^t      3)  Ardbehescht  o^^     18)  Resch 

y^      4)  Schahrtr  XT^j^^     ^9)  Ferwerdln 

J^^tvXJvÄdw^l       5)  Asfendirmed  ^t^     20)  Bahram 

ob^      6)  Choi-dad  ^\j     21)  Räm 

i\:>jA      7)  Moi-dad  oL     22)  Bad 

yUp      8)  Deibader  o:^^^     23)  Deibadtn 

yT     9)  Ader  ^    24)  Dln 

^LT    10)  AMn  Oj\    25)  Aid 

11)  Chor  iU^t     26)  Ascht&d 

»U    12)  mh  oUJ    27)  Asman 

ji^i    13)  Tir  ^\^\j    28)  Z4mj4d 

'•  —   .14)  Dschusch  OUÄ*^U    29)  Mäiesfend 

-.^.-     15)  Deibamihr  qLoI    30)  AnIrin. 


*)  Ich  gebe  sie  so,  wie  sie  beim  Alfergani  lauten.  Für 
Hormus  findet  sich  auch  ^j^^  Hormuzd  oder  ^y^\^  Or* 
muzd.  Für  Chor  und  Resch  steht  im  Zend-Aresta  Ghor-> 
schid  und  Raschne-Rast.  Für  \^ßtyS>  schreiben  die  Pener 
\Jft^  gusch,  noch  andere  Abweichungen  nicht  xu  gedenken. 


Perser.  517 

Man  sieht,  daft  unter  den  Namen  der  Honatstage 
die  der  Monate  wiederkehren.  Um  Yerwechslungen  zu 
yerhüten,  verband  man  die  übereinstimmigen  Namen 
gewöhnlich  mit  den  Wörtern  vU  mdh,  Monat,  und 
jw^j  ruz,  Tag.  So  bezeichnet  gUoi.\j)y  Ferwerdtn- 
mäh  den  ersten  Monat,  und jj^^^Ap^^^  Ferwerdtnriiz 
den  neunzehnten  Tag  des  Monats.  Mit  Ausnahme  von 
Hör m uz  und  Dei,  Prädikaten  des  höchsten  Princips 
des  Guten,  sind  sämmtliche  Namen  der  Monate,  so  wie 
der  Monatstage,  von  den  Izeds  oder  Genien  entlehnt, 
die  nach  Zoroaster's  Religion  das  Reich  des  Hor- 
muz  bilden  und  den  einzelnen  Monaten  und  Tagen 
vorstehen^).  Deibäder,  Deibamihr  und  Deiba- 
dln  sagen  so  viel  als  Dei,  auf  welchen  Ader,  Mihr 
und  Dtn  folgen.  Bemerkenswerth  ist  es,  dals  der 
erste,  achte,  fünfzehnte  und  dreiundzwanzigste  Tag  in 
fast  gleichen  Intervallen  mit  dem  Namen  des  höchsten 
Wesens  bezeichnet  sind.  Diese  Einschnitte  geben  eine 
wochenähnliche  Eintheilung.  Jeder  Tag  war  in  dem 
Monat,  dessen  Namen  mit  dem  seinigen  übereinkam, 
ein  Festtag,  z.B.  der  neunzehnte  des  ersten  Monats, 
der  zweite  des  elften  u.  s.  w.  ') 

Die  Ergänzungstage  werden  von  den  Arabern  und 
arabisch  schreibenden  Persem ,  eben  so^  wie  die  ägypti- 
schen (2,506),  m^XmmJI  el-musterake,  die  verstohl* 
nen,  genannt,  und  von  Alfergani  mit  dem  persi- 
schen, ganz  dem  griechischen  hrayoiuveu  entsprechenden, 

*)  S.  Darstellung  des  Lehrbegriffs  der  alten  Perser. 
Zcnd-Avesta,  nach  Kleuker's  Bearbeitung,  Th.  I.  S.  15  ff.; 
▼ergl.  mit  Th.  ü.  S.  2S6  ff. 

')  S.  das  Fragment  des  Nidam -eddin  bei  Golius.  Zum 
Alfergani  S.  40. 


618  Technische   Chronologie . 

Worte  oUl>^Oüt  enderdschähdt  bezeichnet').  In  dem 
Buche  Izeschne  der  Panen  heifsen  die  Ergänzungs- 
tage  Ferwardian ').  Nach  Alfergani  wurden  die 
eehn  Tage  vom  26.  Aban  bis  zum  Schlufs  der  Ergän- 
zungstage iML?\P);)y  FerwerdtdBchftn  genannt.  Nach 
einem  Gtat  bei  Hyde  ^j  sind  sie  von  den  alten  Per- 
sem festlich  begangen  worden.  Auch  die  Ei^ilnsangs- 
tage  hatten  ihre  eigenen  Namen,  die  sehr  verschie- 
den geschrieben  vorkommen»  Beim  Alfergani  lau- 
ten sie  also: 

Jü^t     1)  Ahnud 
Oül^t     ^  Aschnud 
i\     ^)  Asfendmed 
:>!     4)  Achschuter 
c>49  y^i^^j^^     S)  Wahescht  wascht^), 
mit  überall  hinzugesetztem  8L>.  dschäh,  welches  für  das 
persische  »l^  ghäh,  Zeit,  steht. 

Die  Aere,  deren  sieh  die  orientalisehen  Astrono- 
men bedienen,  so  oft  sie  nach  persischen  Monaten  da- 
tiren,  ist  die  jezdeg irdische,  ^j=>^jJi  ^^  tdrichi 
jezdegird^)^  auch,   zugleich  mit  d^r  ganzen  Zeitrech- 


••  A 


*)   Eigentlich  qL^u^uXjI  endergähän,  Jtempora  insiticia. 

*)  Zend-Avesta  Th.  I.  S.  107. 

')  S.248. 

*)  Den  letztem  Namen  gibt  Golius  in  seiner  üebersetzung 
blofs  durch  Wahescht,  und  in  eben  dieser  Form  erkennen  ibn 
Meninski  und  Richardson  in  ihren  Wörterbüchern  an.  Aber 
auch  Abu*lhassan  Kuschjar  hat  (S. 9  der  herl.  Handschrift) 
vA»i^^^XA.^^  was  nach  den  beigesetzten  Yokalzeichen  Wahisch- 
tauschet  auszusprechen  ist. 

')  Ich  sage  Jezdegird,  nicht  Jezdedschird,  der  persi* 
sehen  Schreibart  '^ß'^jh  gemafs. 


r    Perser.  519 

nung,  y^UII  ^^b  tdrich  el-fdrs  oder  ^^^  ^b'  tdrtclü 
fdrsif  die  persische,  genannt.  Sie  nimmt  mit  dem 
Regierungsantritt  Jezdegird-s,  nicht,  wie  Scaliger, 
Petavius  und  andere  irrig  sagen,  mit  seinem  Tode 
ihren  Anfang. 

Jezdegird,  der  dritte  seines  Namens,  Sohn  des 
Scherijar  und  Enkel  des  Chosru  Perwis,  gelangte 
im  Jahr  632  unserer  Zeitrechnung  auf  den  Thron  der 
Sassaniden,  den  innere  Zerrüttungen  längst  erschüttert 
hatten,  und  den  er  daher  auch  nur  kuree  Zeit  gegen 
den  fanatischen  Eroberungseifer  der  Mohammedaner  zu 
behaupten  vermodite.  Im  Jahr  15  .der  Hedsdira  oder 
636  n.  Chr.  verlor  er  durch  die  enischeidende  Schlacht  bei 
Kadesije  seine  Hauptstadt  Mad4in  mit  dem  gröfsten 
Theil  seiner  Staaten.  Er  irrte  noch  mehrere  Jahre  in 
den  Provinzen  am  Oxus  umher,  bis  er  651  durch 
Meuchelmord  seinen  Tod  fand.  Die  Perser  waren  un- 
terdessen von  den  Siegern  zur  Annahme  des  Islams  ge- 
zwungen tvovden.  Der  Feuerdienst  befaidt  nur  noch 
wenige  unter  Druck  und  Verachtung  lebende  Anhän- 
ger, deren  Abkömmlinge,  die  sogenannten  Parsen  oder 
Gebern,  ihm  noch  jetzt  im  südlidien  Persien  und  im 
westlichen  Indien  huldigen. 

Hyde^)  und  Anquetil')  versichern,  dafs  nach 
dem  Zeugnisse  der  orientalischen  Gesdiichtschreiber 
Jezdegird  am  Tage  Hormuz  im  Monat  Ferwerdln  des 
ersten  Jahrs  der  nach  ihm  benannten  Acre,  also  gerade 
mit  dem  Anfange  derselben,  zur  Regierung  gelangt  ist« 


')  S.186. 

')  Untersuchungen  über  das  Zeitalter  Zoroaster'f. 
Zend-Avesta,  Anhang  B.I.  Abth.  I.  S.356. 


520  Technische   Chronologie, 

Abu'Ihassan  Kusch jar  sagt:  ,,Die  Epoche  der  per* 
yysischen  Aere  trifft  auf  einen  Dinstag,  und  zwar  auf 
,,den  ersten  Tag  des  Jahrs,  worin  Jezdegird  König 
,,  geworden  ist.  Es  war  dies  der  22.  Rebt  el-awwel 
,,des  elften  Jahrs  der  Hedschra  oder  der  16.  Haziran 
,,des  943sten  Jahrs  der  seleucidischen  Aere"  ^).  Die 
Reduction  gibt  den  16.  Junius  632  unserer  Zeitrech- 
nung. Auf  eben  dieses  Datum  führt  die  Angabe  des 
Alferganii  dals  der  Zwischenraum  zwischen  den  sehr 
genau  bekannten  Epochen  Nabonassar's  und  Jezde- 
gird's  1379  persische  Jahre  und  3  Monate  betragen 
hat|  mehrere  ähnliche  Bestimmungen  bei  Uiug  Begh 
und  andern  nicht  zu  gedenken. 

Da  nun  die  Epoche  der  persischen  Aere  und  die 
Form  der  Jahre,  nach  denen  sie  zählt,  bekannt  ist, 
so  kommt  es  auf  eine  Regel  an,  nach  der  wir  ein 
persisches  Datum  auf  unsere  Zeitrechnung  zu  redud- 
ren  haben. 

Man  multiplicire  die  Zahl  der  verflossenen  persi- 
schen Jahre  mit  365,  und  addive  zum  Produkt  sowohl 
die  Tagsumme  der  abgelaufenen  Monate  des  gegebenen 
Jahrs,  als  die  Tage  des  laufenden,  nebst  den  23063& 
Tagen,  die  vom  Anfange  unserer  Aere  bis  auf  den 
16.  Junius  632,   der  Epoche  der  persischen,   verflosKn 


pJJüJ  ^JJ  isiU  ^^  ^jfJOj\^  v£iJß  iU-..  S.8  der  bcrw 
liner  Handschrifl.  Das  eingeschlossena  Wort  habe  ich  aus  Go- 
litts  Amnerkongen  zum  Alfergani  ergänzt,  wo  S.  30  die  Sldle 
mit  einigen  Varianten  angeführt  wird. 


Perser.  521 

sind,  weldie  Zahl  wir  die  Absolutzahl  nennen  wol- 
len. Die  Summe  gibt  eine  Anzahl  Tage,  welche  aut 
unsere  Jahre  und  Monate  zu  bringen  sind.  Es  sei  z.B. 
der  22.  Adermäh  des  Jahrs  346,  an  welchem  Ebn  Ju^is 
eine  SonnenGnsterniis  beobachtet  hat'),  zu  redudren. 
Die  Rechnung  steht  also: 

345x365 »  125925 

Tage  bis  zum  Ader  s=         245 
Tage  im  Ader  . . . .  ss  22 

Absolutzahl . . .  =  230639 

Summe  =  356831 
Wird  diese   Zahl   durch   1461 ,    die   Tagsumme    einer 
vierjährigen  julianischen  Schaltperiode,  diyidirt,  so  er- 
hält man 

zum  Quotienten  .  •  •  •  244 

und  zum  Rest  ••••••  347« 

Der  Quotient  mit  4  multiplidrt  gibt  976.  Man  hat 
also  976  verflossene  Jahre  und  347  Tage  des  977sten ; 
die  Beobachtung  ist  mithin  (1,103)  am  13.Decem- 
ber  977  angestellt  worden,  an  welchem  sich  auch  wirk- 
lich eine  Sonnenfinsternifs  ereignet  hat.  Hr.  Caussin, 
der  Uebersetzer,  schreibt  den  12.  Deoember,  wozu  ihn 
das  beigesetzte  arabische  Datum  verleitet  hat.  Es  muÜs 
aber  offenbar  der  29.  Rebt  el-accher  des  Jahrs  367  der 
Hedschra  statt  des  28sten  gelesen  werden,  wie  auch 
der  zugleich  bemerkte  Wochentag  lehrt,  der  ein  Don- 
nerstag gewesen  sein  soll.  Da  nämlich  die  Epoche  der 
persischen  Acre  ein  Dinstag  ist,  so  darf  man  nur  die 
Zahl  der  von  ihr  abgelaufenen  Tage  durch  7  dividie- 
ren, wo  dann 


*)  Notices  ei  extraits  Tom.YII.  p.  179. 


522  Technisc/ie  Chronologie, 

zu  den  Resten     1,    2,    3,    4,    S,    6,    0 
die  Ferien    3,    4,    5,    6,    7,    1,    2 

oder    cf»  5t    2|.,  9,  t?,  Oi  ü 
gehören.     In  vorliegendem  Fall   gibt  126192  durch  7 
dividirt  den   Rest  3;   der   Wochentag   ist  mithin   der 
Donnerstag« 

Bei  dieser  Beobachtung  gibt  Ebn  Junis  blois  das 
arabische  und  persiche  Datum  an.  Nicht  seilen  nennt 
er  auch  das  syrische  und  ägyptische,  z.  B.  bei  der  Con- 
junction  des  Jupiter  und  Saturn,  die  er  zu  Kahira  Frei- 
tags den  23.  Safar  des  Jahrs  398  der  Hedschra,  den 
28.  Abänmfth  des  Jahrs  376  des  Jezd^rd,  den  7*  Tisch- 
rin  el-accfaer  des  Jahrs  1319  des  Zweigehömten  und 
den  10.  Hatur  des  Jahrs  724  des  Diokletian  beobachtet 
hat').  Der  7.1'ischrin  el-accher  des  Jahrs  1319  der 
seleucidischen  Acre  ist  der  7*  November  1007  n.  Chr. 
und  man  findet  nach  den  im  Obigen  voi^etragenen 
R^ln  leicht,  dals  eben  diesem  Tage  auch  die  übrigen 
Data  entsprechen  und  dafs  der  Tag  der  Beobachtung 
ein  Freitag  war. 

Wollte  man  umgekehrt  ein  Datum  der  christlichen 
Aere  auf  die  persische  bringen,  so  würde  man  von  der 
Gesammtzahl  der  Tage  der  erstem  die  Absolutzahl  230639 
abzuziehen  und  den  Rest  auf  Jahre  und  Monate  der  letz- 
tem zu  bringen  haben.  So  findet  man,  dafs  der  1.  Ja- 
nuar des  gegenwärtigen  Jahrs  1825  der  13.Mord4dmah 
des  1194sten  jezdq;irdischen  bt« 

Greaves  gibt  in  seiner  schätzbaren,  mit  grofser 
Genauigkeit  gearbeiteten  Yergleichungstafel  der  v<Mmehm- 
sten  orientalischen  Acren,  die  er  seiner  Ausgabe   und 

*)  S.238. 


Persea»  523 

Uebersetzong  der  Epochae  celebriores  des  Ulug  Begh 
angehängt  hat  (2,  489),  auch  die  Reihe  der  persischen 
Jahre  mit  Bemerkung  des  julianischen  Datums  und  der 
Ferie  des  Neuriiz. 

Beim  Gebrauch  der  oben  <2,  515)  gegebenen  Mo- 
natstafel muls  man  wissen,  ob  der  Astronom,  der  ein 
persisches  Datum  angibt,  die  Ergftnzungstage  ans  Ende 
des  achten  oder  zwölften  Monats  setzt  Von  Ebn  Junis 
gilt  das  erste.  Golius  führt  nämlich  aus  ihm  eine 
Beobachtung  der  Schiefe  der  Ekliptik  an,  weldie  ,,im 
,,237sten  Jahr  des  Jezdegird  am  dritten  der  fünf  am 
,,Abinmäh  hangenden  Tage"  gemacht  worden  ist^). 
Die  ReduGtion  gibt  den  16.Deeember  868  n.Chr. 

Hier  ist  noch  die  Frage  zu  beantworten,  mit  welcher 
Tagszeit  die  alten  Perser  ihren  bürgerlichen  Tag  — 
in  ihrer  Sprache  j^yUä  schebänräz  —  angefangen  ha- 
ben. Eine  bestimmte  Angabe  findet  sich  hierüber  nicht. 
Da  aber  Ulug  Begh  sagt^),  dafs  die  Astronomen 
seines  Reichs  den  Tag  mit  dem  Mittage,  die  Araber 
und  übrigen  Mohammedaner  mit  dem  Abend  und  die 
Nichtamber  mit  dem  Morgen  anfingen,  so  mufs  er  bei 
den  letztem  Wol  zunächst  an  die  Perser  gedacht  haben, 
die  ihm  so  nahe  waten  und  in  deren  Sprache  er  schrieb. 
Dies  ist  um  so  wahrscheinlicher ,  da  sie  vor  Annahme 
des  Islam  Anbeter  der  Sonne  waren.  Es  leidet  daher  wol 
keinen  Zweifel,  dafs  die  alten  Penser  ihren  bürgerlichen 
Tag,  wie  Plinius  vo|i  ihren  Nachbarn  den  Babylo- 
niem  versichert  (1, 100),  inter  duos  solis  exortus  ge- 
nommen haben. 


^)   Noten  zum  Alfergani  S.  68. 
^>  Epochae  eelebr,  S.  3. 


* 

r 

i 


524  Technische  Chronologie. 

Neben  dem  bisher  beochrlebeneot  beweglichen 
Jahr  finden  wir  bei  den  Persern  seit  dem  elften  Jahr- 
hundert unserer  Zeitrechnung  ein  festes  Sonnenjahr 
von  ganz  ähnlicher  Form  und  gleichen  Monatsnamen, 
von  wdchem,  als  einer  merkwürdigen  chronologischen 
Erscheinung,  ich  hier  so  ausführlich  handeln  will,  als  es 
die  mir  zu  Gebot  stehenden  Hülfsmitlel  erlauben  * ). 
Chardin  sagt  in  seiner  Reise  nach  Persien'): 
,Als  im  Jahr  465  der  Hedschra  der  Sultan  Dschelal- 
,eddin  gerade  am  Tage  der  Frühlingsnachtgleiche  znr 
, Regierung  kam,  so  nahmen  die  Astronomen  seines 
, Reichs  daher  Gelegenheit  ihm  vorzustellen,  dals  die 
, Vorsehung  dies  so  gefügt  habe,  damit  er  den  uralten 
,  Gebrauch  des  persischen  Volks,  den  Anfang  des  Jahrs 
,  durch  ein  Fest  zu  feiern,  wiederhersteUen  möge.  Der 
, König  genehmigle  den  Vorschlag,  und  seitdem  feiert 
,man  in  Persien  den  Eintritt  der  Sonne  in  den  Wid- 
,der  als  ein  bürgerliches  Fest.  Man  nennt.es  NeurAzi 
jsukäni,  das  königliche  Neujahr,  um  es  von  dem 
, Neujahrstage  des  mohammedanischen  Jahrs  zu  unter- 
, scheiden.  Die  Astronomen  begeben  sich,  prächtig  ge- 
, kleidet,  in  den  königlichen  Pallast  oder  in  die  Woh- 
,  nung  des  Statthalters  ein  paar  Stunden  vor  dem  Aequi- 
,noctium,  um  den  Augenblick  desselben  zu  beobachten, 
,  welches  mit  dem  Astrolabium  an  einem  erhabenen 
,Ort  geschieht,  und  auf  ihr  gegebenes  Zeichen  Islst 
,man  Artilleriesalven  und  eine  rauschende  Musik 


*)  Zu  diesen  zahle  ich  nicht  Ludovici  du  Four  de  Lon- 
guerue  Abhandlung  De  anno  Persarum,  die  sich  in  seiner 
Sammlung  chix>nologi8cher  Abhandlungen  (1,394)  findet.  Es  ist 
eine  ziemlich  gehaltlose  Gompilation  aus  Golius  und  andern. 

')  Tom.  n.  p.  263  d.  n.  A.  Schon  von  S.  2iB  an  su 


Perser.  525 

,, tönen.  Das  Fest  dauert  gewöhnlich  drei  Tage,  am 
,,Hofe  acht,  und  es  ist  das  einzige,  das  man  aufser 
,,den  am  mohammedanischen  Kalender  haftenden  reli- 
,,giosen  feiert." 

So  weit  Chardin.  Dafs  den  Persem  der  sulta- 
nische Neurüz  ein  Volksfest  sei,  versichern  mit  ihm 
übereinstimmig  alle  übrigen  Reisebeschreiber.  Was  aber 
das  Factum  betrifft,  das  zur  Einfuhrung  oder  Wieder- 
emeuerung  dieses  Festes  Anlais  gegeben  haben  soll,  so 
erscheint  es  aus  dem  Grunde  zweifelhaft,  weil  die  nach 
dem  Sultan  Dschelal-eddin  benannte  Acre  erst  einige 
Jahre  nach  seiner  Thronbesteigung  ihren  AnÜEing  ge- 
nommen hat. 

Abu'l-fetah  Melek- Schah,  Sohn  des  Alp 
Arslan,  von  seinen  Unterthanen  unter  dem  Namen 
Dschelal-eddaulet  we  eddin,  Glorie  des  Staats 
und  der  Religion,  proklamirt,  war  der  dritte  Sul- 
tan aus  der  Dynastie  der  Seldschuken  von  Iran, 
die  von  429  bis  593  der  Hedschra  über  den  gröfsten 
Theil  des  jetzigen  Persiens  und  einige  benachbarte  Län- 
der geherrscht  haben.  Seine  Staaten  reichten  von  An- 
tiochien  bis  Urkend  in  Turkistan.  Er  gelangte  im 
Jahr  465  der  Hedschra  oder  1072  n.  Chr.  zur  Regie- 
rung, und  starb  im  zwanzigsten  Jahr  derselben  mit 
dem  Ruhm  eines  der  ausgezeichnetsten  Männer  des 
Orients,  den  er  mit  seinem  bis  auf  diesen  Tag  von 
den  Dichtem  und  im  Munde  des  Yolks  gepriesenen 
Yezier  Nidam-elmuik  theiltM. 

Die  Zeitrechnung,  die  nach  ihm  ^^L>-  ^Ja  tdrichi 
dscheläli  oder  ^JüU  meUki  oder  ,3LyU  suUaiü  heifst. 


*)  S.  d'Herbelot  Art.  MaUksckah. 


526  Technische   Chronologie. 

findet  sich  meines  Wissens  bei  keinem  orientalisdien 
Schriftsteller  ganz  erschöpfend  dargestellt.  Die  Um- 
stände ihrer  Einführung  und  ihres  Gebrauchs  liegen 
fast  ganz  im  Dunkel.  Nur  das  Technische  ergibt  sich 
ziemlich  yolktändig,  wenn  man  zwei  von  Golius^) 
und  Hyde^)  mitgetheilte  Fragmente  des  Kotb-eddin 
und  Schah  Choldschi  und  das  von  ihr  handelnde 
fünfte  Kapitel  des  Ulug  Begh  mit  einander  ver- 
gleicht« Das  Wesentlichste,  was  man  hier  findet,  ist 
Folgendes. 

Acht  Astronomen,  unter  denen  Omar  Alcheijam 
auch  als  Dichter  bekannt  ist,  vereinigten  sich  unter 
der  unmittelbaren  Theilnahme  des  Sultans  Dschelal- 
eddin  Melek-Schah  zur  Einführung  einer  neuen  Zeit- 
und  Jahrrechnung.  Zur  Epoche  derselben  wählten  sie 
den  10.  Ramadan  471  der  Hedschra  oder  den  15.  Adar 
1390  der  seleucidischen  Aere  oder  endlich  den  19.  Fer- 
werdlnmäh  448  seit  Jezdegird,  einen  Freitag,  d.  i.  den 
15.  März  1079  n.C!hr.,  den  Tag  des  Eintritts  der  Sonne 
in  den  Widder,  und  sie  setzten  fest,  dafs  der  Neuruz 
allemahl  der  Tag  der  Frühlingsnachtgleiche  sein  solle. 
Die  Jahre  sind  demnach  wahre  Sonnenjahre.  Auch 
die  Monate  sollten  nach  der  ersten  Bestimmung  wahre 
Sonnenmonate  sein,  indem  man  den  Eintritt  der  Sonne 
in  jedes  Zeichen,  also  die  Dauer  eines  jeden  Monats, 
astronomisch  berechnen  wollte.  Man  &nd  es  aber  fiir 
die  Verfertigung  der  Kalender  bequemer,  die  Monate 
cyklisch  zu  nehmen,  indem  man  einem  jeden  30  Tage 
beilegte  und  die  fünf  überschüssigen  Tage  ans  Ende  des 


')   Noten  zum  Alfergani  S.32. 
')  Hist.  relig.  vet,  Pers.  p.  209. 


Perser.  527 

zwölften  Monats  setzte.  So  kommt  also  die  Form  der 
Monate  mit  der  der  alten  persischen  überein.  Auch 
ihre  Namen  behielt  man  bei.  Zum  Unterschiede  fügt 
man  denselben  die  Wörter  {«JcXd  kadim,  alt,  und_J^L>- 
dscheldli  bei ,  z.  B.  Fenverdinmähi  kadim  und  dsche-* 
IdU.  Von  vier  zu  vier  Jahren  werden  sechs  Ei|;än- 
zungstage  gerechnet.  Da  aber  der  Ueberschufs  des  Son- 
nenjahrs über  365  Tage  keinen  vollen  Yierteltag  aus- 
macht, so  läist  man  die  Einschaltung,  wenn  sie  eini- 
gemahl  hinter  einander  auf  das  vierte  Jahr  getroffen 
ist,  einmahl  auf  das  fnnfte  fallen. 

Bei  dieser  Notiz  drängen  sich  sogleich  einem  je- 
den, der  sie  aufmerksam  erwägt,  folgende  Fragen  auf: 
1)  was  gab  Veranlassung,  gerade  das  Jahr  1079  unse- 
rer Zeitrechnung,  das  siebente  von  Melek-Schah's  Re- 
gierung, zur  Epoche  einer  nach  ihm  zu  benennenden 
Aere  zu  machen?  2)  Auf  welche  Weise  hat  man  den 
An&ng  des  Jahrs  bestimmt,  durch  eine  feste  Schalt- 
methode, oder  durch  jedesmahlige  Berechnung  der 
Frühlingsnachtgleiche?  3)  Welcher  Gebrauch  bt  von 
der  ganzen  Zeitrechnung  gemacht  worden? 

Die  erste  Frage  beantworten  folgende  Worte  des 
Schah  Gholdschi:  ,,Zur  Epoche  oder  zum  l.Fer- 
,,werdtnmahi  dschelMi  des  ersten  Jahrs  dieser  Zeit- 
,,rechnung  hat  man  einen  Tag  gewählt,  mit  dessen 
„Anfang  die  Sonne  zum  Frühlingspunkt  gelangt  ist, 
,,und  dieser  Tag  war  der  lO.Ramadin"  *)  u.s.w.    Man 


*)  Im  Text  steht,  wie  die  Yergleichung  mit  den  übrigen  Datis 
zeigt,  iiTig  der  9*Ramadla,  es  sei  demi,  dafa  Schah  Gholdschi, 
gegen  die  Gewohnheit  der  orientahschen  Astronomen,  die  Epoche 
der  Hedschra  nicht  auf  den  15ten,  sondern  auf  den  16.  Julius  622 
gesetzt  hat  (2, 484). 


628  Technische  Chronologie. 

sieht  also,  dafs  die  Epoche  der  dschelalischen  Aere  durdi 
kein  historischeSi  sondern  durch  ein  rein  astronomisches 
Factum  bestimmt  worden  ist.  Wie  man  den  Augen- 
blick der  Frühlingsnacfatgleiche  gefunden  hat,  ob  durch 
Beobachtung  oder  Rechnung,  wissen  wir  nicht;  vei^ 
muthlich  auf  letzterem  Wege.  Dem  sei  wie  ihm  wolle, 
gewüs  ist  es,  dafs  sie  sich  im  Jahr  1079  zu  Ispahan, 
der  Residenz  der  seldschukischen  Sultane,  zu  der  Tages- 
zeit ereignet  hat,  die  dem  Schah  Choldschi  höchst 
wahrscheinlich  für  den  Anfang  des  büi^rlichen  Tages 
der  Perser  galt  (2,  523).  Ich  fiude  nämlich  nach  den 
delambreschen  Sonnentafeln,  dafs  sie  unter  dem  Meri- 
dian dieser  Stadt,  3  Stunden  18  Minuten  östlich  von  Pa- 
ris^), am  15.  März  um  6  U.  31'  Morgens  mittlerer  Zeit, 
also  bald  nach  Aufgang  der  Sonne,  eingetreten  ist. 

Nach  Ulug  Begh  haben  einige  die  Aere  um  drei 
Jahre  fi'üher,  nämlich  mit  dem  5.  Schaban  des  Jahrs  465 
der  Hedschra  oder  dem  13.  März  1076,  angefangen.  Er 
verwirft  aber  diese  Bestimmung,  und  mit  Recht;  denn 
die  Friihlingsnachtgleiche,  von  welcher  der  Anfang  der 
Aere,  so  wie  aller  ihrer  Jahre,  abhängt,  ti*af  1076  nicht 
auf  den  13ten,  sondern  auf  den  14.  März.  Diese  anf- 
üllende Verschiedenheit  zu  erklären,  dient  eine  Stelle 
der  Annalen  des  Abu'lfeda,  wo  es  beim  Jahr  467 
der  Hedschra  heilst'):  ,,In  diesem  Jahr  setzten  Melek- 
„Schah  und  Nidam-elmulk  mit  Zuziehung  meh- 
,,rerer  Astronomen  den  Neuruz  auf  den  Eintritt  der 


*)  Nach  John  Macdonald  Kinneir*s  Geographicül  me- 
moir  of  the  Persian  Empire  (London  1813)  liegt  Ispahan  51* 
50'  östlich  Ton  Greenwich,  was  den  obigen  Zeituntenchied  gibt. 

*)  Tom.  m.  p.  236. 


Perser.  529 

) Sonne  in  den  Widder,  da  er  vorher  der  Mitte  der 
,  Fische  entsprochen  hatte.  In  eben  diesem  Jahr  grün- 
,dete  der  Sultan  mit  grofsen  Kosten  die  Sternwarte^), 
,bei  dei^n  Eim-ichtung  er  mehrere  geschickte  Männer, 
, unter  andern  den  Ibrahim  Alcheijam,  den  Abu 
,Modaf£er  Isfarani  (vielleicht  Isfahani)  und  Mai- 
,mun  Ben  Nadschib  aus  Waset  zu  Rathe  gezogen 
,  hatte.  Sie  bestand  bis  zum  Tode  des  Sultans  im 
,Jahr  485,  wo  sie  einging/'  Man  ersieht  hieraus, 
dafs,  während  einige  die  Acre  im  Jahr  471  begannen, 
Yto  die  Sonne  bald  nach  ihrem  Aufgange  in  den  Wid- 
der trat,  andere  ihre  Epoche  ein  paar  Jahre  zurück- 
setzten, nämlich  bis  zur  Vollendung  der  von  Melek- 
Schah  errichteten  Sternwarte.  Offenbar  ist  die  erste 
Eestimmungsart  dem  Geist  der  ganzen  Zeitrechnung  an^ 
gemessener,  daher  sie  auch  die  allgemeinere  geworden 
ist.  Statt  des  Jahrs  468  beim  Ulug  Begh  nennt  hier 
Abu'lfeda  und  mit  ihm  Ebn  Schonah  bei  d'Her- 
belot^)  das  Jahr  467«  ob  durch  einen  Irrthum,  oder 
ob  es  gar  ditsierlei  Bestimmungen  des  Epochenjahrs  gab, 
läfst  sich  nicht  entscheiden.  Vielleicht  fand  die  Ver- 
sammlung der  Astronomen  im  Jahr  467  Statt,  in  Folge 
deren  der  Neuriiz  »"St  468  auf  den  Eintritt  der  Sonne 
in  den  Widder  gesetzt  werden  sollte,  wofür  man  nach- 
her aus  astronomischen  Gründen  das  Jahr  471  nahm. 
Dals  der  altpersische  Neuniz  keinesweges  immer  auf  der 
Mitte  der  Fische  haftete,  wie  es  Abu'lfeda  anzudeuten 
scheint,  sondern  nur  gerade  zur  Zeit  der  Einführung 


')   Für  iX^  scheint  \XfOjA  gelesen  werden  zu  müssen. 
^)  An.Mociadi\ 

n.  [341 


630  Technisclie   Chronologie. 

des  dschelalischen  Jakrs,  bedarf  kaum  einer  Erinncniiig. 
Das  bewegliche  persische  Jahr  fing  damals  mit  dem 
25.  Februar  au* 

Was  zweitens  den  Punkt  der  Einschaltung  be- 
trifft, so  läfst  sich  wol  nach  der  Art,  wie  sich  KLotb- 
eddin,  Schah  Choldschi  und  Ulug  Begh  dariiber 
äufsem,  nicht  bezweifeln,  dafs  der  Anfang  des  Jahrs  ur- 
sprünglich cyklisch,  nicht  astronomisch,  bestimmt  woiv 
den  ist.  Der  erste  sagt:  ,,Man  ist  darin  iibereinge- 
,, kommen,  dals.die  Einschaltung  eines  Tages,  wenn  sie 
,, sieben  oder  achtmahl  hintereinander  Im  vierten  Jahr 
,, Statt  gefunden,  einmahl  auf  das  fünfte  treffen  soU.^' 
Heiist  dies,  man  hat  erst  siebenmahl  hintereinander 
nach  vier  und  dann  einmahl  nach  fünf,  femer  acht- 
mahl hintereinander  nach  vier  und  dann  einmaU  wie- 
der nach  fünf  Jahren,  und  so  abwechselnd,  also  in 
70  Jahren  17  Tage  eingeschaltet,  so  wird,  die  mittlere 
Länge  des  Sonnenjahi^  zu  365  Tagen  5  St.  48'  48*  an- 
genommen, in  1575  Jahren  ein  Tag  zu  viel  gerechnet. 
Schah  Choldschi  drückt  sich  eben  so  aus.  Ulug 
Begh  dagegen  spricht  von  einer  sechs  oder  siebenmahl 
nach  vier  Jahren  zu  wiederhohlenden  Einschaltung,  wor- 
aus unter  derselben  Yoraussetzung  folgen  würde,  dafs 
man  alle  62  Jahre  15  Tage  eingeschaltet  hätte,  was  in 
3487  Jahren  einen  Tag  zu  wenig  gibt*  Man  sieht 
also,  da(s  schon  In  dieser  Hinsicht  die  gregorianische 
Schaltmethode,  die  erst  In  3600  Jahren  um  einen  Tag 
vom  Himmel  abweicht  (2,305),  der  dschelallschen  vor- 
zuziehen ist,  Ihrer  gröfsern  Einfachheit  nicht  zu  geden- 
ken. Ich  kann  dahqr  In  Gatterer's  Bewunderung 
des  dschelallschen  Jahrs  nicht   einstimmen.     „Es   ist 


Pbrsbr.  531 

,,dies/'  sagt  er^),  ,,das  beste  bürgerliche  Sonnenjahr 
,, unter  allen,  die  je  vorhanden  gewesen  sind.  Zwar  ist 
,,es,  astronomisch  angeschlagen,  um  einige  Sekunden 
,, länger,  als  das  tropische  Jahr  nach  der  Angabe  unse- 
, ,  rer  heutigen  Astronomen ;  aber  bürgerlich  angewandt 
^, ist  es  ohne  allen  Fehler.  Von  der  julianischen  Jahr- 
,,form  ist  es  in  der  Einschaltungsart  himmelweit  ver- 
,, schieden;  denn  nicht  immer,  wie  bei  uns,  wird  der 
,, Schalttag  alle  vier  Jahre  beigefügt,  sondern  wenn 
,,man  sechs  oder  siebenmahl  die  Einschaltung  in  je- 
„dem  vierten  Jahr  vorgenommen  hat,  so  wird  sie  nach- 
,,her  einmahl  auf  das  fünfte  verlegt.  Also  bleibt  der 
,,Neurus  beständig  auf  der  Frühlingsnachtgleicbe  ste- 
,,hen,  auf  welche  zuerst  der  Anfang  dieses  herrlichen 
,, Sonnenjahrs  gesetzt  worden  ist.  Welche  Erscheinung! 
,, Mitten  in  Asien,  in  dem  Reiche  der  seldschukischen 
,, Türken,  ist  schon  ein  halbes  Jahrtausend  vor  Gre- 
,,gor  XIII  ein  besseres  Sonnen  jähr,  als  unser  gregoria- 
,,nisches  ist,  eingeführt  worden." 

Ohne  meine  Erinnerung  sieht  ein  jeder,  der  über 
das  Wesen  einer  guten  bürgerlichen  Zeitrechnung  nach- 
gedacht hat,  wie  wenig  dieses  Lob  der  dschelalischen 
Schaltmethode  begründet  ist.  Sie  ist  so  verwickelt  und 
auf  eine  Reihe  Jahre  vor-  und  rückwärts  so  schwer  an- 
zuwenden, dafs  man  ihr  gewifs  bald  die  astronomische 
Berechnung  des  Jahranfangs  vorgezogen  haben  wird. 
Geschah  dies,  so  hatte  man  eine  Zeitrechnung,  die  mit 
der  französisch  -  republikanischen  in  der  Jahrform,  so 
wie  in  der  Bestimmungsart  des  Neujahrstages,  völlig 
übereinkam,  und  blofs  darin  von  ihr  abwich,  dafs  man 


*)  Abrifs  der  Chronologie  S.240. 

[34*1 


632 


Technische  Chronologie. 


in  Persieii  das  Jalir  mit  der  Frühlings-,  in  Frankreich 
hing<^n  mit  der  Herbstnachlgleiche  anfing  (2,  468). 

Uing'Begh  gibt  eine  Ankitung  su  einer  solchen 
Berechnung,  die  hier  erklärt  sn  werden  verdient.  Er 
nimmt  die  mittlere  Länge  des  dschelalischen  Jahrs  zu 
36S  Tagen  und  14-*  33-*  7""'  32-*  Sexagesimalthei- 
len,  d.i.  zu  365  Tagen  5  St.  49^  und  etwa  15*  an,  und 
entwirft  hiemach  folgende  Tafel  der  in  ganaen  dsche- 
lalisdien  Jahren  enthaltenen  Tage  und  Theilen  von 
Tagen  *): 


1 

Jahre. 

Tage. 

Jahren 

Tage. 

1 

365, 243 

60 

21914, 552 

2 

730, 485 

70 

25566, 977 

3 

1095, 728 

80 

29219, 403 

4 

1460,  970 

90 

32871,828 

5 

1826,  213 

100 

36524, 253 

6 

2191,455 

200 

73048, 507 

7 

2556,  698 

300 

109572, 760 

8 

2921,  940 

400 

146097, 014 

9 

3287, 183 

500 

182621, 267 

10 

3652, 425 

600 

219145, 521 

20 

7304,  851 

700 

255669, 774 

30 

10957, 276 

800 

292194, 028 

40 

14609, 701 

900 

328718, 281 

50 

18262, 127 

1000 

365242, 535 

')  Ich  habe  die  Sexagesimsltheile  auf  die  uos  geläufigem  De- 
cimaltheile  i*educirt;  Ton  denen  drei  Stellen  su  gegenwärtigem 
Behuf  ToUkammen  genügen. 


Perser.  533 

Soll  nun  ein  Datum,  sei  es  der  seleucidischen ,  christ- 
lichen, arabischen  oder  jezdegirdischen  Zeitrechnung, 
auf  die  dscbelalische  gehraeht  werden,  so  berechne  man 
die  bis  auf  das  gegebene  Datum  einschliefslich  verflos- 
senen Tage  der  zugehörigen  Acre,  ziehe  davon  die  zwi- 
schen den  Epochen  beider  Acren  liegenden  Tage  ab, 
und  verwandele  den  Rest  mit  Hülfe  vorstehender  Tafel 
in  Jahre  und  Monate,  letztere  zu  30  Tagen  gerechnet. 
Die  übrig  bleibenden  Tage  mit  dem  Decimalbruch,  der 
noch  (ur  einen  ganzen  Tag  zu  nehmen  ist,  geben  dann 
den  laufenden  Tag  des  laufenden  Monats  der  dschelali- 
schen  Aere.  Ihre  Epoche  ist  der  15. März  1079  n.Chr. 
Sie  fängt  also  später  an  als 

die  seleucidische  um  507497  Tage, 
die  christliche        -    393812     - 
die  arabische  -     166797     - 

die  jezd^rdische  -  163173 
Es  sei  z.  B.  der  heutige  17.  August  neuen  oder  5.  Au- 
gust alten  Stils  unsers  1825sten  Jahrs  auf  die  dscbela- 
lische Zeitrechnung  zu  bringen.  Man  dividire  1824, 
die  Zahl  der  verflossenen  Jahre,  durch  4,  so  erhält 
man  zum  Quotienten  456.  Diesen  Quotienten;  der  die 
Zahl  der  abgelaufenen  julianischen  Schaltperioden  be- 
zeichnet, multiplicire  man  mit  1461  und  addire  zum 
Produkt  die  bis  zum  5.  August  einschlielslich  abgelau- 
fenen 217  Tage  des  Jahrs  1825.  Yon  der  Summe, 
welche  666433  Tage  betrügt,  ziehe  man  das  Epoehen- 
intervall  393812  ab,  so  bleiben  272621  Tage  zu  redo- 
ciren  übrig.     Dies  geschieht  nach  der  Tafel  also: 


534  Technische  Chronologie. 

272621  Tage 

255669,  774  »  700  Jahie 


16951, 
14609, 

226 
701 

^ 

40  Jahre 

2341, 
2191, 

525 
455 

^ 

.6  Jabre 

150, 
150 

070 

an 

5  Monate. 

0,070 
Ihn  findet  also  746  Jahre  5  Monale  und  einen  Tag, 
also  den  1*  Schahrlr  des  747slen  Jahrs. 

Diese  Rechnung  kann,  wieUlug  Begh  bemeilLt, 
mn  einen  Tag  schwanken.  Hat  man  daher  durch  sie 
das  dschelalische  Datum  vorläufig  bestimmt,  so  mufs 
man,  um  es  genau  xu  erhalten,  fiir  den  Tag,  auf  den 
der  zurückgerechnete  1 .  Ferwerdlnmih  trifft,  den  Ort 
der  Sonne  suchen,  und  wenn  sich  dann  eigibt,  dals 
sie  nicht  an  demselben  Tage,  sondern  am.  vorhergehen- 
den oder  nachfolgenden,  in  den  Widder  getreten  ist, 
so  hat  man  dem  gemäfs  das  erhaltene  Datum  zu  be- 
richtigen. Im  vorliegenden  Fall,  wo  der  1.  Schahiir- 
mäh  dem  17«  August  n.St.  entsprechen  soll,  findet  sich 
für  den  1.  FerweidtnmlLh  der  20.  März,  und  es  ist  nun 
die  Frage,  ob  dieser  Tag  als  Neurds  des  dschelaliachen 
Jahrs  beizubehalten  ist  oder  nicht.  Es  kommt  hier 
alles  auf  den  Terminus  a  quo  des  Neurüz  an.  Dieser 
ist  nach  Ulug  Begh's  und  Schah  Choldschi's  Yer- 
^)  von  Melek-Schah's  Astronomen  also  fest- 


^)   Letzterer  drückt   sich  also   aus:  jP)^3  j^    J^A^i    ^] 

jö  v-»böTj;j^  Jj^^  U^jO  »S^   M>^\  j^j    J  ^LbL- 

vXÄü  Aa»^  Ji*>   iniiium  veris  et  neuruz  suüanei  dies   est. 


Perser.  535 

gestellt  worden,  dafs  allemahl  derjenige  bürgerliche  Tag) 
dessen  Mittag  dem  Eintritt  der  Sonne  in  den  Widder 
zunächst  folgt,  für  den  Heuriiz  genommen  werden  soll. 
Nun  hat  die  Sonne  in  diesem  Jahr  unter  dem  Meridian 
von  Ispahan  den  Widder  am  21.  Mfin  um  0  U.  41' 
Morg.  w.  Z.  erreicht;  es  ist  also  der  21.  März  der  Neu- 
riiz  und  der  17*  August  der  30.  MordlUlmah  des  Jahrs  747 
der  dschelalischen  Acre.  Nach  der  altpersischen  Zeiti'ech- 
nung  erhält  man  für  den  17*  August  1825  den  19.  As- 
fendftrmedmäh  des  Jahrs  1194  seit  Jezdegird. 

Soll  umgekehrt  ein  Tag  der  dschelalischen  Aere  auf 
eine  der  vier  ohgedachten  Zeitrechnungen  reducirt  wer- 
den, so  geht  man,  wie  Ulug  Begh  richtig  bemerkt, 
dabei  nur  dann  ganz  sicher,  wenn  zugleich  der  Wochen- 
tag gegeben  ist.  Denn  hat  man  die  Tagsumme  der 
dschelalischen  Aere  vermittelst  der  Tafel  gefunden,  so 
kann  solche  um  einen  Tag  schwanken.  Man  prüft  sie 
dann  durch  die  gegebene  Ferie.  Die  Epoche  der  Aere 
ist  ein  Freitag.  Dividirt  man  also  die  Tagsumme  durch  7» 
so  gehören 

zu  den  Resten     1,    2,    3,    4,    5,    6,    0 
die  Ferien    6,    7,    1,    2,   3,    4,    S 

oder  9,  tr,  0,  (L,  cfi  5i  21- 
Weicht  nun  die  so  gefundene  Ferie  von  der  gegebenen 
um  einen  Tag  ab,  so  mufs  man  zuvörderst  die  Tag- 
summe berichtigen,  ehe  man  weiter  rechnet.  Auch  für 
diesen  Fall  stehe  hier  ein  Exempel.  Welchem  Tage 
unserer  Zeitrechnung  entspricht  der   1.  Ferwerdlnmähi 


in  cuius  meridie  sol  in  arietem  ingressus  est,  nicht, 
wie  Hyde  p. 211  übersetzt,  ingreäiiur,  was  einen  fal- 
schen Sinn  gibt. 


Ö36  Technische  Chronologie. 

cUcbel&li  des  Jahrs  609,   ein  Freitag?    Nach  der  Tar 
fei  sind 

600  Jahre  »  219145,  521  Tage 
8      •      =»      2921,940     - 
Summe  »  222067,461  Tage. 
Wird  der  Dedmalbmch  für  einen  ganzen  Tag  genom- 
men und  noch  ein  Tag  für  das  h^innende  609te  Jahr 
gerechnet,   so  hat  man  die  Tagsumme  222069,   welche 
sich  hei  der  Prüfung  durch  die  Ferie  richtig  hewXhrt. 
Addirt  man  nun  das  Epocheninlervall  393812,  so  erge- 
hen sich   in  Allem  615881   seit  Anfang  unserer  Aere 
verflossene  Tage,   welche  reducirt  den    11«  Man  alten 
oder  21*  März  neuen  Stils  des  Jahrs  1687  geben. 

Was  endlich  noch  den  Gehrauch  anlangt,  der 
von  der  dschelalischen  Zeitrechnung  gemacht  worden 
ist,  so  wissen  wir  davon  wenig  bestimmtes.  Ich  zwei- 
fele indessen  nicht,  oh  ich  gleich  kein  ausdrüddiches 
Zeugni(s  dafür  beibringen  kann,  dafs  man  sich  ihrer 
während  der  Herrschaft  der  seldschukischen  Sultine  bei 
Erhebung  der  Staatsgefälle  und  andern  von  den  Zeiten 
des  Sonnenjahrs  abhängenden  Geschäften  neben  der  ara- 
bischen. Zeiti'echnung  wirklich  bedient  hat*).     Bei  den 


*)  Hadschi  Ghalfa  lalst  dies  ahnen,  wenn  er  sich  In  dei* 
Einleitung  zu  seinen  chronologischen  Tafeln,  wo  er  Ton 
▼erschiedenen  Zeitrechnungen,  und  unter  diesen  auch  toh  der 
dschelalischen  kurz  handelt,  folgendeiTnafsen  ausdrückt:  „Acht 
„der  Torti^fflichsten  Männer  ihrer  Zeit,  untei*  andern  Omar 
„Gheijam  und  Abderrahman  Ghazim,  stellien  dem  Soltan 
„Dschelal-eddin  Melek-Schah  Tor,  dafs,  wenn  man  Ton 
„der  bei  der  persischen  Zeitrechnung  gebräuchlichen  Yemach- 
„lässigung  des  Schalttages  abgehen  und  dagegen  den  griechi- 
„ sehen  (julianischen)  gebrauchen  wollte,  dies  für  die  Einnah- 
„men  der  Steuereinnehmer  und  für  den  Landesschatx  von  grSfs- 


Perser.  537 

häufigen  Staatsumwälzungen,  wodurch  Fersien  seitdem 
erschüttert  worden  ist^  mag  sie  zwar  hald  au%ehört 
hahen,  die  öfTentlichen  Verhandlungen  zu  leiten;  da 
man  aber  fortfuhr,  den  NeurAz  zu  feiern,  so  konnte 
sie  nie  ganz  unter  den^  Volke  erlöschen,  zumahl  da 
man  bei  dem  Gebrauch  der  durch  alle  Jahrszeiten  wan- 
dernden arabischen  Monate  das  Bedürfnifii,  sich  nach 
der  Sonne  zu  orientiren,  lebhaft  fühlen  mufste.  Und 
wirklich  treflen  wir  sie,  wenn  auch  nicht  bei  den  6e- 
schichtschreibem ,  doch  bei  den  Dichtern  und  andern 
Volksschriftslellem  der  Perser  nicht  selten  an.  Wenn 
z.B.  Sadi  in  seinem  Gulistan  die  Idee  der  schönsten 
Jahrszeit  bei  seinen  Lesern  mit  wenig  Worten  wek- 
ken  will,  so  sagt  er,  es  war  der  erste  Tag  des  Ardbe^ 
heschtm&hi  dschelili^).  Auch  erscheinen  im  Morgen- 
lande .fortwährend  Kalender,  welche  die  dschelalischen 
und  syrischen  Sonnenmonate  mit  den  arabischen  Mond- 
monaten vergleichen  und  zeigen,  in  welchem  Verhält- 
nis die  letztem,  nach  denen  man  im  gemeinen  Leben 
gewöhnlich  datirt,  zu  den  Jahrszeiten  stehen. 

Ein  solcher  Kalender  ist  es,  den  Beck  unter  dem 
Titel  Ephemerides  Persarum  herausgegeben  hat  (2, 507)* 
Es  sind  darin  die  dschelalischen,  syrischen,  arabischen, 
jezdegirdischen  und  koptischen  Monate  neben  einander 
gestellt,  doch  so,  dafs  die  ersten  die  Hauptrolle  spie- 
len; denn  es  ist  eigentlich  ein  vollsUindig  durchgeführ- 
ter dschelalischer  Kalender  auf  das  609te  Jahr  der  Acre, 


„tem  Nutzen  sein  werde."  S.Yon  Diez  Denkwürdigkeiten 
von  Asien  Th.  11.  S.  395. 

')  Vorrede  5. 13  der  londner  Ausgabe,  S.  22  der  des  Gen- 
tius.  Die  Notiz,  die«  dieser  Herausgeber  S.  547  Tom  dschelali- 
schen Jahr  gibt,  enthalt  rersdüedenes  Unrichtige. 


538  Technisclie  Chronologie. 

vom  11.  März  a.St.  1687  bis  dahin  1688.  Kicht  dmth- 
gängig  ist  der  Verfasser  den  von  den  orientalischen  Astro- 
nomen angenommenen  chronologischen  Principien  getreu 
geblieben.  Den  NeuvAz  oder  1.  FerwerdtnmlLh  hat  or, 
wie  wir  gesehen  haben  richtig,  auf  den  11.  Adar  oder 
März  gesetzt;  aber  der  11.  Adar  ist  mit  dem  7«  Dscbe- 
mädi  el-awwel  des  Jahrs  1098  der  Hedschra  verglichen, 
da  ihm  doch  nach  der  cyUischen  Theorie  der  8te  ent- 
sprach. Mit  dem  l.Moharrem  kommt  wieder  alles  ins 
Geleise,  indem  das  gedachte  Jahr,  das  achtzehnte  des 
arabischen  Schaltcirkels,  zum  Gemeinjahr  gemacht  wird. 
Dem  609ten  dschelalischen  Jahr  sind  sechs  Ergänzungs- 
tage statt  fünf  gegeben  wordeu,  wodurch  der  An&ng 
des  610ten  auf  den  zweiten  Mittag  nach  der  Frnhlings- 
nachtgleiche  geschoben  wii^. 

Greaves  gibt  in  seiner  oben  (2,  489)  gedachten 
Yergleichungstafel  der  orientalischen  Aeren  auch  die 
dschelalischen  Jahre  in  einer  0)lumne  mit  der  Ueber- 
Schrift:  Armi  Epochae  Gelalaeae  solares  ab  aequinoctio 
vemoy  swe  ameridie  proonme  sequenti  ingresswn  so- 
Us  in  arietem  in  Horizonte  Chowarezmiorum. 
Die  letzten  Worte  beruhen  auf  einem  Irrthum.  Er 
hatte  etwas  von  einem  ^Läy^^t^  ;»^^  neuruzi  cho- 
.  wdrezmschdhi  gehört,  den  er  mit  dem  neuräzi  subdni 
verwechselt.  Jener  trat  neunzehn  Tage  später  ein  als 
dieser.  Hyde  sagt^),  er  habe  einen  zu  Constantinopel 
verfertigten  Kalender  vor  sich,  worin  beim  19.  Ferwer- 
dlnmähi  dscheläli  angemerkt  stehe :  neuräzi  chowdrezm- 
sclidhi.  Eben  dies  findet  sich  an  eben  diesem  Tage 
in  den   Kalendern  bei   Beck  und  Welsch,     lieber 

*)  S.2li. 


\ 


Perser.  539 

diesem  NeurÄ2  ruht  ein  tiefes  Dunkel.  Offenbar  hat  er 
seinen  Namen  von  einem  der  Sultane  aus  der  Dynastie 
von  Chowarezm  oder  Charezm*  Es  ist  dies  eine 
bekannte  Provinz,  bei  den  Griechen  XwpcLj-fxiri  genannt, 
in  Osten  des  kaspischen  Meers  zu  beiden  Seiten  des 
Oxus,  welche  während  des  zwölften  und  der  ersten 
Hälfte  des  dreizehnten  Jahrhunderts  unserer  Zeitrech- 
nung ihre  unabhängigen  Regenten  gehabt  hat.  Von 
einem  derselben  hat  jener  Neuruz  ohne  Zweifel  seinen 
Namen.  Was  zu  seiner  Einführung  Anlafs  gegeben, 
und  ob  er  mit  einer  eigenen  Aere  zusammengehangen 
hat,  finde  ich  nirgends  bemerkt. 

Um  kurz  zusammenzufassen,  was  ich  bisher  über 
die  Zeitrechnung  der  Perser  gesagt  habe,  so  treffen  wir 
bei  ihnen  aufser  dem  arabischen  Mondjahr,  das  sie  mit 
allen  Mohammedanern  gemein  haben,  ein  zwiefaches 
Sonnenjahr  an,  ein  bewegliches,  das  allmählig  alle 
Jahrszeiten  durchläuft,  und  ein  festes,  dessen  Anfang 
auf  der  Frühlingsnachtgleiche  haftet.  Das  feste  ist  im 
elften  Jahrhundert  unserer  Zeitrechnung  durch  eine  der 
julianischen  ähnliche  Einschaltung'  aus  dem  bew^lichen 
entstanden,  mit  dem  es  übrigens  ganz  übereinkommt; 
das  bewegliche  finden  wir  von  den  arabischen  Astrono- 
men schon  seit  dem  neunten  Jahrhundert  gebraucht. 
Unmöglich  haben  es  diese  erst  gebildet.  Die  eigen- 
thümlichen  Namen  seiner  Monate  und  Monatstage,  und 
die  eigenthümliche  nach  einem  Sassaniden  benannte 
Aere,  an  die  es  geknüpft  ist,  zeigen  allein  schon,  wenn 
es  auch  keine  andere  Beweise  für  seine .  frühere  Existenz 
gäbe,  dafs  es  sich  aus  der  Zeit  vor  Einfuhrung  des 
Islams  herschreibt,  wo  es  ein  bürgerliches  gewesen 
sein  mufs. 


\ 
\ 


\ 


540  Technische  Chronologie. 

Aus  den  oben  (2,  513)  angefahrten  Worten  des 
Curtius  scheint  xu  fol^n,  dals  es  schon  zu  Alexan- 
der's  Zeit  im  Gebrauch  war.  Allein  wenn  die  alten 
Perser  auch  wirklich  kein  Jahr  gerade  von  365  Tagen, 
sondern  ein  durch  irgend  eine  Einschaltung  fixirtes  hat- 
ten, so  würde  darum  die  Zahl  der  Jünglinge,  die  im 
Heer  des  Darius  den  Magiern  folgten,  wol  eben  so  we- 
nig eine  andere  gewesen  sein,  als  die  Art,  wie  sich  der 
Geschichtschreiber  ausdrückt. 

Und  in  der  That  hat  sich  unter  den  mohamme- 
danischen Persem  die  Tradition  erhalten,  dals  ihre  Vor- 
fahren zu  der  Zeit,  wo  sie  sich  noch  zur  Religion  des 
Zoroaster  bekannten,  ein  festes  Sonnenjahr  von 
einer  besondern  Einrichtung  gehabt  haben. 

Aus  religiösen  Grundsätzen,  sagt  Nidam-eddin 
bei  Golius^),  mieden  die  Perser  im  Heiden thum, 
einen  einzelnen  Tag  einzuschalten.  Den  Grund  gibt 
Mesudi  an.  Sie  unterschieden  die  Tage  in  glücklidie 
und  unglückliche,  und  scheuten  sich  durch  Einschaltung 
eines  einzelnen  die  letztem  an  die  Stelle  der  erstem  zu 
schieben«  Auch  stand- nach  Kotb-eddin  ein  jeder  Tag 
unter  dem  Schutz  eines  besondem  an  ihm  verehrten  Ge- 
nius, dergestalt,  dais  man  die  ganze  Oekonomie  des  Ge- 
setzes zu  verwirren  geglaubt  haben  würde,  wenn  man 
einen  Tag  aufser  der  Ordnung  eingeschaltet  hätte.  Und 
doch  sollte  das  Jahr  fixirt  werden,  weil  die  meisten  Feste 
an  bestimmte  Jahrszeiten  geknüpft  waren.  Wie  man 
sich  geholfen,  lehren  uns  eben  diese  Schriftsteller  and 


^)  Anmerk.  zum  Alfergani  S.  27ff.,  wo  auch  die  angezo- 
genen Stellen  des  Mesudi  und  Kotb-eddin,  den  er  gewöhnlich 
Philosophtts  Schirasita  nennt,  Torkommen. 


Perser.  641 

Schah  Choldschi*).  Das  Jahr,  sagen  sie,  war  ganz 
von  der  Beschaffenheit,  wie  wir  es  bei  den  Orientalin 
sehen  Astronomen  gebraucht  finden,  ein  bewegliches 
Sonnenjahr  von  365  Tagen,  dessen  Anfang  dem  des 
festen  mit  jedem  vierten  Jahr  nm  einen  Tag  voreilte* 
Man  schaltete  daher  alle  120  Jahre  einen  Monat  von 
dreifsig  Tagen  ein,  wodurch  man  den  Neurdz  immer 
zu  demselben  Tage  des  Sonnenjahrs  zuriickfiihrte,  von 
welchem  er  ursprünglich  ausgegangen  war,  so  dals  120 
persische  Jahre  ihrer  Dauer  nach  mit  eben  so  vielen 
julianischen  übereinstimmten.  Der  Schaltmonat  rückte 
jedesmahl  um  einen  Monat  vorwärts,  so  dais  er  jetzt 
zwischen  den  ersten  und  zweiten,  nach  120  Jahren  zwi- 
schen den  zweiten  und  dritten  u.  s.  w.  eingeschoben 
wurde,  wo  er  dann  allemahl  den  Namen  desjenigen 
Monats  erhielt,  dem  er  zunächst  folgte«  Er  durchlief 
mithin  in  12  mahl  120  oder  1440  Jahren  das  ganze  per- 
sische Jahr.  Die  Ergänzungstage  wurden  immer  dem 
Schaltmonat  angehängt,  und  folgten  in  den  Gemeinjah* 
reu  demjenigen  Monat,  von  welchem  der  letzte  einge* 
schaltete  seinen  Namen  erhalten  hatte. 

Diese  Schaltmethode  bestand,  wie  jene  Schriftstel- 
ler versichern,  bis  zum  Untei^iange  des  Reichs  der 
Sassaniden.  Als  der  letzte  derselben,  Jezdegird, 
den  Thron  bestieg,  war  die  Reihe  des  Einschaltens  an 
den  Abänmäh  gekommen ,  mit  dem  nun  die  Ei-gän- 
zungstage  verbunden  blieben;  denn  die  Zeitrechnung 
hörte  bald  nachher  auf,  eine  bürgerliche  zu  sein,  und 
niemand  dachte  weiter  an  die  Einschaltung,  welche 
die  Astronomen  selbst  absichtlich  vernachlässigt  haben 


*)  Hyde  S.203. 


642  Technisclie  Chronologie. 

mögen,  um  das  persische  Jahr  mit  dem  von  Pto- 
lemäus  gehrauchten  ägyptischen  ühereinstimmig  za 
machen. 

Nach  dieser  Darstellung  hatten  also  die  Perser  vor 
Jezdegird  eine  zwiefache  Schaltperiode,  eine  kleinere 
von  120  und  eine  grofse  von  1440  Jahren.  Letztere 
hei£it  beim  Kotb-eddin  und  Schah  Choldschi 
^jiMwJift  .^v>  dßwr  el-kebs,  Schaltcyclus.  Der  erstem 
gibt  Scaliger  den  persischen  Namen  ^li>^  6^  ^h  oder, 
wie  er  hätte  schreiben  sollen,  ^}0^  JLm  sali  chodi^i, 
das  göttliche  Jahr,  welchen  Ausdruck  jedoch  Hjde 
in  keinem  orientalischen  Buche  gefunden  haben  will. 
Nach  dem  Ferhenk'-dschihangiri  des  Fachr-eddin 
wurde  der  Schaltmonat  ^yi%i  bihterek,  der  bessere, 
genannt.  Man  glaubte-,  dafs  er  dem  Könige,  auf  dessen 
Regierung  er  fiel.  Glück  und* Auszeichnung  bringe'). 

Der  Abanmah  ist  der  achte  persische  Monat.  Hatte 
also  der  Schaltmonat  seine  Wanderung  durch  das  per- 
sische Jahr  mit  dem  ersten  Monat  angeüemgen,  und  sie 
nach  obigem  Princip  regelmäisig  fortgesetzt,  so  waren, 
als  er  bis  zum  Abinmah  vorgerückt  war,  seit  dem  An- 
£ainge  des  grofsen  Schal tcjclus  8  mahl  120  oder  960  Jahre 
verflossen,  wie  dies  auch  Kotb-eddin  ausdrücklich  be- 
merkt. Nimmt  man  nun  an,  dals  gerade  mit  Jezde- 
gird's  Regierungsantritt  im  Jahr  632  n.Chr.  die  adite 
kleinere  Schaltperiode  zu  Ende  lief,  so  traf  der  Anfang 
der  grofsen  auf  das  Jahr  329  v.  Chr.,  wo  Alezander 
nach  Darius  Ermordung  und  Bessus  Hinrichtung  so 
eben  zum  ruhigen  Besitz   von   Persien   gelangt  war. 


^)  Emend.  temp.  1.  m.  p.  208  und  293. 
»)  Hyde  S.207. 


Pbrser.  543 

Freret  ist  daher  in  seiner  Abhandlung  Sur  Vancienne 
annee  des  Perses  ^)  geneigt^  dieses  Anfangsjahr  des  Gy- 
clus  als  die  epoque  prScise  du  regfte  legitime  et  reconnu 
d^ Alexandre  sur  la  Perse  anzusehen. 

Allein  nicht  zu  gedenken,  dals  aus  Kotb-eddin's 
und  Schah  Choldschi's  Worten  mit  Sicherheit  nichts 
'weiter  zu  folgern  ist,  als  dais  der  Schaltmonat  bis  zum 
Abanmäh  yorgerückt  war,  als  die  persische  Zeitrechnung 
im  bürgerlichen  Gebrauch  erlosch,  ohne  gerade  mit 
Jezdegird's  Regierungsantritt  selbst  dies  Ziel  erreicht 
zu  haben  ') ,  was  ist  auf  das  Zeugnifs  von  Schriftstel- 
lern  unsers  vierzehnten  und  funfiehnten  Jahrhunderts 
zu  bauen,  irenn  von  so  entfernten  Zeiten  die  Rede  ist, 
von  denen  sich  schwerlich  etwas  mehr  als  eine  dunkle 
Tradition  zu  ihnen  fortgepflanzt  hatte? 

*)   M^m,  de  VAcaddmie  des  InscHptions.  Tom.  XYI^  p.  233  ff. 

^)    Der  Kenner  des  Arabischen  und  Persischen  urtheile  hier* 
über  selbst.    Kotb-eddin  äufsert  sich  also:  ^^J^lxlt  vXX^  UJ^ 

oJiß  jt^\   ,^J  VAS  Ji  ^JfJ^  ^  jlji&  ^  J^JjA 

LTt^' J3^  CT*  *^  ^-^*^  t5^***^  »UjU  j^t  „Als  sich  die  Jahr- 
,,rechnuDg  mit  Jezdegird  Ben-Schehri)ar  Ben-Kesra  er* 
,,neate,  war  der  Schaltmonat  bereits  zum  AbAnmdh  yorgerückt, 
„so  dafs  960  Jahre  ron  der  Schaltperiode  Terflossen  waren.^ 
Beim  Schah  Choldschi  heifst  es:  O^äo^  i^^^^Lm  a^  qUj  qI 

^  n^XfsM^J  »UjLIj  (j^  vi;^>i  »^  ^  »^Lüt  qI^  „Zur 
„Zeit  als  die  Regierung  an  Jezdegird  Ben*Scherijar  Ben- 
„Kesra,  den  letzten  König  von  Persien,  gelangt  war,  hatte  es 
„sich  so  getroffen,  dafs  die  Reihe  des  Einschaltens  an  den 
„Ab^mäh  ||ekommen  war.'*  Die  letzte  Stelle  ist  etwas  ent- 
scheidender, als  die  erste  ^  beweiset  aber  doch  auch  nicht  mit 
Tölliger  Bestimmtheit,  dafs  Jezdegird  gerade  im  Schaltjahr  den 
Thron  bestiegen  hat,  als  worauf  die  ganze  Bündigkeit  yon  Frö- 
ret*s  Schlüssen  beiiiht. 


544  Technische   Chronologie.  . 

Freret  geht  in  seinen  Schlüssen  noch  weiter.  Da 
nämlich  Koth-eddin  und  andere  den  König  Dschem- 
schid  zum  Urheber  der  persischen  Jahrfiorm  machen, 
was  nichts  weiter  sagen  soll,  als  dafs  sie  uralt  ist  — 
denn  der  fiibelhafte  Dschemschid  ist  für  die  Perser 
ein  Numa  Pompilius  — ,  so  nimmt  er  daher  Gele- 
genheit, mit  der  Einführung  der  persischen  Schaltein- 
richtung noch  eine  ganze  Periode  von  1440  Jahren 
weiter  zurück  zu  gehen  und  sie  ins  Jahr  1769  v.  Chr. 
zu  setzen,  ohne  zu  fiihlen,  wie  unwahrscheinlich  es  sei, 
dafs  in  einer  so  entfernten  Zeit  schon  das  dieser  Schall- 
periode wesentlich  zum  Grunde  liegende  julianische  Jahr 
bekannt  gewesen  sein,  und  einerlei  Jahrform  und  Schalt- 
methode sich  dritthalh  tausend  Jahre  lang,  so  viele  Re- 
volutionen des  persischen  Reichs  hindurch,  unverändert 
und  in  ununterbrochen  regelmäfsigem  Gebrauch  erhal- 
ten haben  soll. 

Ich  gestehe^  dafs  Kotb-eddin's  und  Schah  Chol- 
dschi's  Darstellung  des  altpersischen  Jahrs  unüberwind- 
liche Schwierigkeiten  fiir  mich  hat.  Die  Epoche  der 
jezdegiidischen  Acre  trifft  auf  den  Junius.  War  also' 
der  FerwerdlnmUli  der  erste  Monat  des  festen,  erst  seit 
Jezdegird  beweglich  gewordenen,  persischen  Jahn, 
so  fiel  der  Neuruz  auf  den  Sommer.  Es  deutet  aber 
alles  darauf  hin,  dafs  das  Neujahrsfest  nicht  Uofs  seit 
Dschelal-eddin  Melek-Schah,  sondern  seit  der 
ältesten  Zeit  um  die  Frühlingsnachtgleiche  gefeiert  wor- 
den ist.  Ich  citire  zuerst  den  Artikel  Neuruz  aus 
d'Herbelot,  der  wenigstens  in  so  fem  Aufmerksam- 
keit verdient,  als  er  zeigt,  was  die  Tradition  im  Orient 
über  diesen  Punkt  sagt*  „Neuruz  heifst  bei  den  Per- 
„sern  der  erste  Tag  des  Jahrs,  sowphl  im  alten  Kaien- 


V\ 


V 


Perser,  545 

,,der,  dem  jeidegirdischen,  als  im  neuen,  dem  dschelali* 
,, sehen.  Die  persischen  Schriftsteller  berichten,  Dchem- 
,,schid,  einKLönig  ihrer  ältesten  Dynastie,  der  Pischda- 
,,dier,  habe  die  Feier  des  Neuruz  angeordnet,  welche 
,,noch  bis  jetzt  bei  den  Persem  gebräuchlich  ist,  ob 
,,sie  gleich  Mohammedaner  sind  und  sich  als  solche 
,,des  arabischen  Mondjahrs  bedienen  müssen.  Dieser 
„erste  Tag  wurde  auf  den  Anfang  des  Frühlings,  den 
„Eintritt  der  Sonne  in  .den  Widder,  fixirt,  daher  man 
„ihn  auch  öfters  J«4.>  ji^.^  neuruzi  hanuäy  den  Neu- 
,,rAz  des  Widders,  nennt,  um  ihn  von  dem  jj^^ 
„^tjx«  neuräzi  mizdn,  dem  Neurüz  der  Wage,  zu 
,, unterscheiden.  Nach  eben  jenen  Schriftstellern  soll 
,, nämlich  Feridun,  aus  derselben  Dynastie,  das  Fest 
„^L^^  Mihrgän  angeordnet  und  es  auf  den  {antritt 
„der  Sonne  in  die  Wage  gesetzt  haben." 

Beweisender  als  das  Zeugnüs  der  persischen  6^ 
schichtBchreiber  ist  das  der  heiligen  Bücher  der  Fär- 
sen, die  unstreitig  in  eine  ungleich  &ühere  Periode 
gehören,  wenn  man  sie  auch  not  ihrer  gegenwärtigen 
Gestalt  nicht  dem  Zoroa^ter  selbst  beizulegen  geneigt 
sein  wird.  Nach  diesen  beziehen  sich  die  altpersischen 
Feste  sämmtlich  auf  gewisse  gro&e  Begebenheiten  und 
Erscheinungen  in  der  Natur  und  Schöpfung,  die  durch 
die  verschiedenen  Jahrszeiten  angedeutet  werden.  Die 
heiligsten  von  allen  sind  Neuruz  und  MihrgiLn  oder 
die  Mithrafeier;  jenes  ist  ein  Frühlings-,  dieses  ein 
Herbstfest'). 


^}  S.  Kurze  Darstellung  des  Lehrbegriffs  der  alteti 
Perser  und  ihres  heiligen  Dienstes.  Zend-A?esta  der 
deutschen  Ausgabe  Th.  I.  S.  50. 

II.  [35] 


v^ 


546  Technische  Chronologie. 

Ueberdies  seheint  der  Gmndsau,  nach  welchem 
die  Beligton  Zoroaster^s  nicht  die  Einschaltung  eines 
einzelnen  Tages  erlaubt  haben  scdl,  eben  so  nothwendig 
anf  die  EinschaHung  eines  Monats  angewendet  weiden  211 
müssen.  Dieser  Meinung  sind  auch  die  Desturs  oder 
parsischen  Gelehrlen  in  Kerman  in  einem  von  Anque- 
tiP)  bdiannt  gemachten  Schreiben  an  die  Desturs  in 
Surate,  datirt  vom  Tage  Bid  des  Ab&nrnAh  im  Jahr  1111 
seit  Jezdegird  oder  vom  23.  Ardbeheschtmah  664  seit 
Dscbelal-eddin,  d«  i.  vom  12.  Mai  n.St.  1742.  Die 
Parsen  in  Indien  fingen  damals  und  noch  zwanzig  Jahre 
nachher,  als  Niebnhr  sie  besuchte'),  ihr  Jahr  um 
einen  Monat  später  an,  als  ihre  Glaubensgenossen  in 
Kerman.  Darüber  werden  sie  von  den  Schreibern  |enes 
Briefes  zur  Rede  gestelk,  welche  diesen  Zeitunterschied 
einer  Einschaltung  beimessen.  ,tl)er  Unterschied  eines 
,, Monats  zwischen  uns  und  euch,"  sagen  sie,  ,fist  ein 
,, Fehler.  —  Einige  behaupten,  die  Einschaltung  siehe 
,,in  Zoroaster's  Gesetz.  Dies  ist  ungegrundet.  Sie 
,,ist  vielmehr  mit  demselben  gni  unverträglidi.  — 
„Welche  UnglüdLsfklle  unser  Volk  auch  betroffen  haben 
,, mögen,  so  haben  wir  uns  hierin  doch  nie  geirrt." 

Aus  diesen  Gründen  nun  weiCs  ich  mich  in  keine 
iBindere  Ansicht  der  altpersisohen  Zeitrechnung  lu  fin- 
den, als  in  eine  solche,  nach  der  das  Jahr  ein  beweg- 
liches von  365  Tagen  ohne  alle  Einschaltung  wnr  und 
der  Neuruz  dennoch  ein  Fi*ühlingsfest  blieb.  Beides 
scheint  auf  den  ersten  Blick  unvereinbar.   Es  gibt  aber 


*)  S.KUuker's  Anhang  zum  Zead-Afesta  Th«I.  Abth.I. 
5.351. 

*)   Reisebeschreibung  Th. II.  S.  4S. 


Pbrseb.   ,  547 


gleichwol  einen  W^,  auf  wekfaem  sich  beide 
gungen  erfüllen  und  zugleich  alle  Schwierigkeilem  he- 
ben lassen* 

Zuvördeivt  Bftuft  ich  eine  Stelle  aus  dem  hand* 
schriftlich  in  der  königlichen  Bibliothek  m  Berlin  auf- 
bewahrten  astronomiidben  Werke  des  Abu'lhassan 
Kuschjar  anfohre».  Sie  lautet  in  der  Uebersetzong 
alsoO*  >il'ie  Namen  der  (persischen)  Monate  sind  be- 
,kannt.  Jeder  derselben  hat  30  Tage,  mit  Axisnafame 
,de8  Aslendarmedmah ,  auf  den  35  gerechnet  werden. 
,  Auf  das  ganze  Jahr  gehen  also  365  Tage.  Die  fiinf 
,  überzahlen  des  Asfendaimedm&h  werden  £l-mus» 
ylerakegeDaniiL  Es  hat  damit  folgende  Bewandnüs* 
,Das  ipei^^Bobe  Jahr  ii^t  etwa  um  einen  Viertel  tag  kür» 
,zer  als  das  Sonnen  jähr«  In  vier  Jahren  gibt  dies 
y einen  Tag  und  in  120  Jahren  einen  Monat«  Dem 
,2ulblge  sohaketen  die  Perser  vor  Alters  alle  120  Jahre 
, einen  Monat  ein,  so  dafs  das  Jahr  13  Monate  erhielt; 
,sie  zählten  den  ersten  Monat  des  Jahrs  zweimahl,  ein- 
,niahl  im  Anfange  und  .einmahl  am  Ende  des  Jahrs, 
,und  hängten  die  fünf  überschüssigen  Tage  dem  ein* 
,  geschalteten  Monat  an.  Der  erste  Monat  des  Jahrs 
,war  derjenige,  in  welchem  die  Sonne  in  den  Widder 
,Unt.  Die  fünf  (übemchüssigen)  Tage  und  der  An« 
,iang  des  Jahrs  rückten  mit  jeden  120  Jahren  um 
, einen  Monat  weiter«  Zur  Zeit  des  Kesra  Ben  Ko- 
,bad  Auuschirwan  erreichte  die  Sonne  den  Wid- 
,der  im  Adermah,  und  die  fünf  Tage  hatten  ihren 


*)  B.  I.  c.  2,  S.  8.     Die  Worte  des  Onginals  wei*dc  ich  unten 
in  den  Erläuterungen  und  Zusätzen  mittheilen. 

[35*] 


648  Technische  Chronologie. 

„Sitz  am  Ende  des  AMn«  Als  120  Jalire  nachher  die 
„Dynastie  der  Perser  erlosch  nnd  die  Herrschaft  der 
„Araber  über  sie  begann,  so  sorgte  niemand  weiter 
„(lir.  die  Beobachtung  der  festgesetslen  Regel,  und  es 
„verblieben  die  (iinf  Tage  am  Ende  des  Abftnmih,  und 
„zwar  bis  zum  Jahr  375  der  jezdegirdiscfaen  Acre,  wo 
„die  Sonne  am  ersten  Tage  des  Ferwerdfamih  in  den 
,,  Widder  trat,  und  nun  wurden  die  fänf  Tage  an  das 
„Ende  des  Asfendirmedmah  gesetzt." 

Diese  Worte  geben  zwei  ganz  verschiedene  Ansich- 
ten der  altpersischen  Zeitrechnung,  die  durchaus  nicht 
neben  einander  bestehen  können.  Denn  wurde  alle 
120  Jahre  ein  Monat  von  30  Tagen  eingeschaltet,  so 
war  das  Jahr  ein  festes  Sonnenjahr,  wenigstens  in  dem 
Sinne,  in  welchem  das  julianische  ein  solches  heilsen 
mag.  Die  Sonne  mulste  mit  geringer  Aendemng  in 
einerlei  Monat  den  Widder  erreichen,  und  die  Reihe 
ihres  Eintritts  in  denselben  konnte  keinesweges  alle 
120  Jahre  an  einen  neuen  Monat  kommen.  Ich  glaube 
daher,  dafs  die  erste  Ansicht,  nach  der  alle  120  Jahre 
ein  Monat  eingeschaltet  worden  sein  soll,  auf  einem 
MUsverständnils  beruht,  und  da(s  man  sich  von  der 
Einrichtung  des  alten  persischen  Jahrs  und  von  den 
seit  Jezdegird  mit  demselben  vorgegangenen  VerSn- 
derungen  folgende  Vorstellung  zu  machen  habe. 

Das  Jahr  der  Perser  hielt,  wie  das  der  Ägypter, 
durchgängig  und  ohne  alle  Einschaltung  12  dreilsig- 
tägige  Monate  und  fünf  Ergänzungstage ,  welche  dem 
letzten  Monat  angehängt  wurden.  Der  Anfang  des 
Jahrs,  der  Neurüz,  den  man  festlich  b^ing,  sollte  be- 
ständig auf  den  Frühling  treffen.    Da  man  nun  iand, 


Perser.  549 

dafs  er  mit  Bezug  auf  die  Nachtgleichen  alle  120  Jahre 
um  etwa  30  Tage  surücLwich  *),  so  schob  man  ihn  nach 
Verlauf  dieses  Zeitraums  um  einen  Monat  vorwärts, -so 
dafs  er  jetzt  auf  den  Ferwerdtnmah ,  nach  120  Jahren 
auf  den  Ardbeheschunah  u.  s.  w*  traf.  Das  Jahr ,  das 
der  Versetzung  zunächst  voranging,  hatte,  wie  man 
sieht,  dreizehn  Monate,  indem  es  mit  einerlei  Monat, 
z.  B.  dem  Ferwerdtnmah,  anfing  und  endigte.  Der  drei- 
zehnte Monat,  den  man  nur  sehr  uneigentlich  einen 
Schaltmonat  nennen  kann,  wurde  Bihterek  genannt« 
Die  fünf  Ergänzungstage  gingen  immer  zunächst  vor 
dem  NeurAz  her  und  wanderten  mit  ihm  in  1440  Jah- 
ren durch  alle  Monate.  Zur  Zeit  des  Nuschirwan, 
des  gröfsten  sassanidischen  Königs,  welcher  um  die  Mitte 
des  sechsten  Jahrhunderts  unserer  Zeitrechnung  regierte, 
ging  der  Neuruz  auf  den  Adermäh  über,  und  die  Er- 
gänzungstage hafteten  auf  dem  Abänmäh  ')•  Jener  hätte 
hiemächst  auf  den  Deimah  verlegt  werden  sollen.  Allein 
im  Jahr  636  n.  Chr.  vernichteten  die  Mohammedaner 
mit  der  Hen*schaft  der  Sassaniden  die  Religion  der  Ma- 
gier. Die  wenigen  Perser,  die  dieser  treu  blieben,  be- 
dienten sich  zwar  noch  immer  der  alten  Zeitrechnung, 
ohne  jedoch  auf  die  richtige  Verschiebung  des  Neurdz 
bedacht  zu  sein.     Zugleich  zählten  sie  einem  uralten 


^)  Genau  genommen  um  29%  so  dafs  der  Wechsel  des  Neuruz 
eigentlich  erst  nach  124  Jahren  hätte  eintreten  sollen. 

')  Auch  im  Ferhenk^dschihangiri  findet  sich  die  Notiz,  dais 
unter  Nuschirwan  ein  Wechsel  des  Neui-uz  erfolgt  sei,  nur  dafs 
irrig  der  Ardbehescht  statt  des  AbAn  genannt  ist  (Hyde  S.207). 
Fröret  (S.  259)  verwirft  diese  Nachricht,  weil  sie  nicht  in  sein 
System  pafst. 


660  Technische  Chronologie. 

Gebrauch  des  persischen  Volks  genäis,  von  dem  uns 
Schah  Choldschi  in  der  mehrmahls  angenigenen 
SteUe,  und  Alkodsi  in  einem  oben  (2,  499)  ange- 
führten Fragment  unterrichten,  die  Jahre  von  der 
Thronbesteigung  des  letzten  Rdnigs,  die  nach  den  per- 
sischen Geschichtschreibem  am  ersten  Tage  des  Perwer- 
dtnmah  erfolgt  war.  Dieser  Monat,  als  der  erste  Atr 
Acre,  wurde  nun  zugleich  als  der  erste  des  Jahrs  ange- 
sehen, was  er  bei  der  friihern  Wandelbarkeit  des  Neo- 
rhz  seit  Jahrhunderten  nicht  gewesen  war.  Als  die  Ara- 
ber seit  dem  Chalifen  Almansor  sich  der  Astronomie 
befleiisigten,  fanden  sie  das  wandelbare  persische  Jahr 
mit  der  jezdegirdischen  Acre  sehr  bequem  zu  ihren  Be- 
rechnungen, und  sie  bedienten  sich  desselben  tnaa  so 
lieber,  da  Ptolemäus,  ihr  Lehrer,  eine  ganz  tthnlidie 
Zeitrechnung  gebraucht  halte  und  die  nabonassarische 
Acre  für  sie  von  keiner  Bedeutsamkeit  war.  Die  Er- 
^nzungstage  llefs  man  an  der  Stelle,  wo  man  sie  fiind. 
Erst  im  37J>sten  Jahr  der  jezdegirdischen  Acre  oder  im 
1006ten  der  unsrigen«  wo  der  erste  Ferwerdtnmfth  auf 
die  Frühlingsnachtgleiche  traf,  die  damals  dem  15.  März 
des  julianischen  Kalenders  entsprach,  vereinigten  sidi 
die  Astronomen  dahin,  die  Ergänzungstage  ans  Ende 
des  Asfendftrmedmlih  zu  setzen ,  den  man  schon  längst 
als  den  letzten  Monat  im  Jahr  anzusehen  gewohnt  war. 
Im  Jahr  448  seit  Jezdegird  endlich,  oder  1079  n.Chr., 
wo  der  Ferwerdtnmäh  bereits  18  Tage  vor  der  Frählings- 
nachtgleiche  anfing,  erneute  der  Sultan  Dschelal- 
eddin  Melek- Schah  das  alte  Neur^izfest,  und  setzte 
es  auf  den  Tag  der  Nachtgleiche  selbst,  da  es  ursprüng- 
lich nicht  gerade  an  demselben,  sondern  nur  in  dessen 


r 


Peassr.  551 

Mähe  gefeiert  worden  war.  Zugleich  wurde  eine  Zeit- 
rechnung eingeführt,  durch  die  es  auf  diesem  Zeitpunkt 
befestigt  blieb. 

In  dem  Fragment  des  Alkodai'  heifst  es,  die  Ma- 
gier oder  alten  Perser  .hätten  ihre  Jahre  nach  dem 
Regierungsantritte  Alexander's  und  weiterhin  nach 
dem  des  Ardeschir  geählt.  Von  diesen  Jahrrecb- 
nungen  findet  sich  zwar  bei  den  einheimischen  Schrift- 
steilem  nirgends  eine  Andeutung  weiter;  dals  aber  die 
erste  unter  den  Arsaciden  und  die  andere  unter  den 
Sassaniden  wirklich  im  Gehrauch  gewesen  sei,  Täist 
sich  nicht  besweifdn« 

Die  Part  her  machten  sich  unter  den  Gebrüdem 
Arsaces  und  Tiridates,  die  einander  in  der  Rq^e- 
rung  folgten,  von  den  Sdeuciden  unabhängig.  £s  ge- 
schah dies  unter  Antiochus  II,  nach  lustinus  *) 
Lucio  Manlio  Yulsone,  M.  Attilio  Regulo  Goss.,  also  im 
Jahr  498  d.  St.,  256  v.  Chr.  Von  diesem  Zeitpunkte 
an  sind,  wie  Yaillant')  und  Frölich  ^)  glauben,  di^ 
Jahre  auf  den  Münzen  der  Arsaciden  gei^echnet,  deren 
aus  allen  Zeiten  ihrer  Dynastie  eine  bedeutende  Anzahl 
auf  uns  gekommen  ist.  Allein  die  Jahre  491,  508, 
510,  520  und  524,  die  sich  auf  den  spätem  finden, 
sagen  dieser  Ansicht  nicht  zu,  indem  sie  über  das 
Jahr  979  d.St.  oder  226  n.Ghr.,  wo  die  Dynastie  der 
Sassaniden  begann,  hinausgehen.  Zwar  meint  Yail- 
lant,   dais  Münzen  mit  dem  Namen  Arsaces,   den 


^)   Arsacidarum  Imperium  sive  regnum  Parlhorum  hisioria 
adfidem  numismatum  adeommodaia,    Paris  1725,  4.. 

^)  Regum  veterum  numiämaia  anecdota.    Wien  1752,  4. 


552  Technische  Chronologie. 

* 

alle  parthiBche  Regenten  fiihrteni  noch  unter  den  Sa»»- 
niden  geschlagen  sein  könnten  nnd  dais  s.  B.  eine  mit 
dem  Jahr  508  eigentlich  dem  sassanidischen  Könige 
Sapor  oder  Schaihpur  I  angehöre«.  Um  aher  die 
UnStatthaftigkeit  dieser  Hypothese  auiser  Zweifel  zu 
setzen,  darf  nur  bemerkt  weiden,  dafs  sich  spttterfain 
Münzen  mit  dem  Namen  Arsaces  Pacorus  yom 
Jahr  510  und  Arsaces  Yolagases  vom  Jahr  524 
gefunden  haben,  die  man  doch  keinem  Sassaniden  bei- 
legen wird.  Es  ist  daher  die  von  Freret  ^)  anige- 
stellte  Yermuthung,  da(s  die  Jahrzahlen  auf  den  arsa- 
cidischen  Münzen  sich  auf  die  seleucidische  Aere 
mit  dem  Epochenjahr  311  v.Chr.  (1,  223)  beziehen,  viel 
glaublicher,  und  es  sind  ihr  daher  auch  Pellerin'), 
Barthelemj^)  und  Eckhel^)  beigetreten.  Die  Jahr* 
zahlen  kommen  blo(s  auf  den  arsacidischen  Tetradrach- 
men vor  (die  Drachmen,  welche  die  eigentliche  Landes- 
münze ausmachten,  enthalten  dergleichen  nicht);  und 
da  man  diese  Tetradrachmen  fast  nur  an  den  Ufiem 
des  Tigris  zu  Mosul,  Bagdad  und  Bassora  findet,  wie 
Sestini,  der  an  Ort  und  Stelle  gewesen  ist»  bezeugt»  so 
glaubt  Eck  hei,  dais  sie  hauptsächlich  in  den  griechi- 
schen Städten  Mesopotamiens,  die  den  Parthem  zinsbar 
waren,  geschlagen  worden  sind,  und  in  diesem  Falle 
würde  der  Gebrauch  der  seleucidischen  Aere  unier  einer 
Dynastie,  die  sich  von  den  Seleudden  losgerissen  hatte. 


*)  Mdm,  de  VAcaddmie  des  Inscriptions  Tom.  XIX.  p.  110. 

*)  Melange  de  divenes  m^daiUes  Tom.  I.  p.  l48  and  Sup^ 
pUment  Tom.  III.  p.  11. 

')  Mäm.  de  VAcaddmie  des  InscripUons  Tom.XXXü.  p.671. 

«)  Doetr.  Numm.  P.  I.  Vol.  m.  p.  546  ff. 


vT" 


Pbrsbr.  053 

um  80  weniger  befremdend  sein.  Ob  es  nothwendlg 
seif  die  Aere  gerade  mit  dem  Jahr  311  v.  Chr.  anzu- 
£Emgen  und  ob  hier  nicht  die  gewöhnliche  seleucidische 
Aere  vom  Jahr  312  genommen  werden  könne»  wage  ich 
nicht  SU  entscheiden.  Eck  hei  sagt:  Istud  aerae  Par- 
thicae  exordiwn  nofidwn  sie  est  stabilitum,  ut,  neces^ 
sario  ex  citato  anno  pendeat,  et  expectandae  phurium 
suppetiae  nummorum.  Uebrigens  haben  die  arsacidi- 
schen  Münzen  das  Eigenthümliche,  dais  sich  nicht  bloft 
Jahre,  sondern  auch  Monate  auf  ihnen  bemerkt  finden» 
jedoch  wieder  nur  auf  den  Tetradrachmen.  Es  sind  die 
syromaoedonischen.  Eckhel  weiset  sie  alle  zwölf  auf 
diesen  Münzen  nach  ^). 

In  einer  syrischen  Handschrift  der  vatikanischen  Bi- 
bliothek, welche  die  Geschichte  der  persische^  Märtyrer 
unter  Schahpur  II  enthält,  heifst  es  von  Simeon 
Barsaboe,  dem  Bischöfe  von  Seleucia  und  Gtesiphon, 
er  sei  den  Märtyrertod  gestorben  im  117ten  Jahr  des 
Reichs  der  Perser,  im  3 Isten  dieses  Königs').  Das  Da«- 
tum  wird  nicht  ausdrücklich  genannt,  läfst  sich  aber 
leicht  folgern.  Nach  derselben  Handschrift  nämlich 
wurde  der  Perser  Ustazad,  Schahpur's  Pflegevater, 
an  der  Luna  XIH  des  Nisan  oder  April,  dem  Donners- 
tage vor  Ostern  —  feria  quinta  hebdomadae  magnae 
Azjrmorum  —  gemartert,  und  dies  geschah  nach  Sozo- 
menus^)  am  Tage  vor  Simeon's  Hinrichtubg.   Dieser 


*)   S.548. 

')  Josephi  Simonis  Assemani  BibUoiheca  Orientalis 
Vol. I.  p. 2ff.  Stephani  £ vodii  Assemani  Acta  marty^ 
ntm  orientalium  et  occidentaHum^  Vol.  I.  p.  15  und  38. 

')  Eist,  eecL  ü,  10. 


\y 


554  technische  Chronologie. 

Starb  also  am  Char&eitage.  In  einer  andern  Hand- 
schrift, ebenfalls  die  persischen  Märtyrer  betreffend, 
heilst  es^):  Jlnno  regni  Alexandri  seaeceniesimo  quin- 
quagesimo  qmnto,  qui  est  a  crucißxione  Domini  no^ 
stri  ducentesimus  nonagesimus  sextuSy  regni  'oero  Per- 
sarum  centesimo  decimo  septimog  Saporis  auieni  regis 
Homusdae  fiUi  trigesimo  primo,  posieaquam  beatus 
Constantinus  Romanorum  imperaior  decessit,  quaerens 
Sapores  occasionem  belli  aän^rsus  eiusdem  fiHos,  qui 
adolescentiam  nondum  excesserant,  assiduas  incurno- 
nes  in  ditionem  Romanonun  faciehat.  Qua  de  causa 
m  Dei  ßumdos ,  qui  subdüas  sibi  terras  incolduaU, 
graviori  indies  odio  ferebatur  u.  s.  w*  Das  Jahr  655 
und  der  ^Charfreitag,  als  das  Jahr  und  der  Tag  des 
Märtyrertodes  des  heil.  Simeon,  werden  auch  noch  in 
einer  dritten  syrischen  Handschrift  genannt')« 

Es  leidet  keinen  Zweifel,  dafs  die  persische 
Aere,  deren  117tes  Jahr  hier  in  Rede  steht,  mit  der 
Dynastie  der  Sassaniden  beginnt,  deren  neunter  Re- 
gent Schahpur  H  war,  und  es  kommt  nun  darauf 
an,  ihre  Epoche  zu  fixiren. 

Agathias  Scholasticus  sagt  im  Leben  des 
Kaisers  lustinian^),  der  Perser  Ardeschir,  oder, 
wie  er  ihn  nennt,  Artaxares,  habe,  nachdem  er  den 
König  der  Parther  getödtet,  die  Herrschaft  über  Persien 
an  sich  gebracht,  und  dies  sei  geschehen  im  Jahr  538 
des  Alexander  von  Macedonien,   im  vierten  des 


*)  BibL  Orient.  1.  c.  Acta  morljrrum  praef.  p.  LXXDC. 

•)   BibL  Orient.  1.  c. 

')  1.  ly.  p.  134  der  pariaer  Ausgabe  in  der  Sammlung   der 
Scriptt.  hist.  Bjrzant. 


y 


Perser«  555 

andern  Alexander,  des  Sohns  der  Mammäa  — 
ßaripoo  'AXs^tMpcv  rif^  Majüifutta^.  Das  538sie  Jalii*  der 
seleucidischen  Aere  begann  226  n«Cfar.,  und  Alesan- 
der Severus  gelangte  222  zur  Regierung  (2,216). 
Fing  nun  das  erste  Jahr  der  persischen  Aere  im.-  53Ssten 
der  seleucidischen  an,  so  konnte  das  ll7te  ^r  entern 
dem  655sten  der  letztem  entsprechen,  und  dicBe  bei- 
den Jahre  finden  wir  ausdrtidüich  in  den  syrischen 
Handschriften  als  zusammengehörig  verbunden«  Das 
655ste  der  seleucidischen  Aere  nahm  aber  343  n*  Chr. 
seinen  Anfang;  es  ist  also  Äie  Marler  des  heil.  Simeon 
in  344  zu  setzen,  und  hierzu  stimmt  auch  der  ange- 
gebene Todestag.  Stephan  Assemani  bemerkt  näm~ 
lich  ^),  in  den  syrischen  Märtyreracten  werde  nach  den 
Tagen  des  Mondmonats  datirt'),  warum?  sei  ihm  nicht 
ganz  klar.  Verisimile  tarnen  est,  sagt  er,  id  consukx> 
peractum  in  gradam  vetustissimorum  Ecciesiae  Calen^ 
dariorum,  in  quibus,  sieuti  anmius  Paschatis  dies  ex 
Itmaribus  periodis  endtur,  isa  et  sanctorum  natalia  üu* 
naribus  mensium  diehus  consignantur.  Wenn  also  der 
Tod  des  Ustazad  auf  die  Luna  XIII  des  Nisan  gesetzt 
wird,  so  heilst  das,  er  starb  an  dem  Tage  vor  dem  Voll- 
monde des  Aprils ;  denn  der  YoUmond  ist  den  Alten  im- 
mer Luna  XIV.  Nach  kirchlicher  Rechnung  traf  aber 
im  Jahr  344  die  Luna  XTV  auf  den  13ten  und  Ostern 
auf  den  1 S.  April ;  die  Luna  XIII  entsprach  mithin  dem 


*)  Acta  marlyrum  Vol.  I.  p.  4i. 

^)  So  ist  Vol.  I.  p.  59  Ton  der  quinta  luna  mensis  Mail,  p.  79 
von  die  terlia  decima  lunae  Novembris,  p.  91  von  der  luna 
vigesima  Februarü  die  Rede,  wo  die  Tage  immer  von  dem  Neu- 
monde gerechnet  sind,  der  auf  den  jedesmaligen  Monat  trifik. 


666  Technische  Chronologie. 

giiinen  Donnerstage  und  der  Todestag  des  Simeoii 
dem  Gharfreitage.  So  hängt  alles  sehr  gnt  rasammen. 
Wenn  die  Kopten  und  Syrer  das  Andenken  an  den 
Märtyrertod  des  beil.  Simeon  am  14ten ,  die  Griechen 
am  ITten  und  die  romische  Kirche  am  21.  April  feiern, 
so  darf  uns  dies  nicht  irre  machen«  Ex  die  cultus 
sanciorum,  sagt  Pagi^),  annus  eorum  emortualis  de- 
duci  non  potest,  nisi  iUe  aUiipde  constet. 

Joseph  Assemani  ')  will  den  Märtyrertod  des 
Simeon  ins  Jahr  330  n.Chr.  bringen,  weil  Soso- 
menus,  Theophanes,  Theodoretus  und  Euse- 
bius  ihn  unter  Constantin  setzen,  der  337  starb, 
und  weil  das  Jahr  330  seit  Christus  das  296ste  seit 
seinem  Tode  sei,  der  nach  der  gewöhnlichen  Annahme 
in  seinem  34sten  Jahr  erfolgt  ist.  AUein  auch  abge* 
sehen  davon,  dafs  die  dionysische  Aere  die  Jahre  nidit 
richtig  von  Christi  Geburt  zählt,  traf  im  Jahr  330 
Ostern  auf  den  19.  April,  und  weder  die  Luna  XIII 
des  April  noch  der  13.  April  selbst  fidlen  mit  dem  grü- 
nen Donnerstage  zusammen.  Auch  hat  es  nirgends  eine 
eigentliche  Aere  der  Kreuzigung  Christi  gegeben;  der 
Syrer  also,  der  vom  296sten  Jahr  seit  der  Kreuzigung 
spricht»  konnte  sich  leicht  verrechnen,  dahing^n  nicht 
zu  glauben  ist,  dafs  er  sich  in  der  Angaliie  des  Jahrs 
der  seleucidischen  Aere  geirrt  haben  sollte,  die  iast  all- 
gemein in  Syrien  gebraucht  wurde.  Sozomenus^) 
und  Theophanes*)  stellen  allerdings  die  Sache  so 


')  Critica  in  Ann,  Baronii  beim  Jahr  525. 

*)  BibL  Orient,  l.  p.  4. 

3)  Hi$t.  eccL  n,  15. 

*)  Beim  Jahr  5817. 


Pbrser«  657 

dar,  als  habe  Constantin  bei  der  HinrichtUDg  des 
Simeou  noch  gelebt,  was  ihm  Yeranlassung  gilben, 
an  den  Schahpür  lu  schreiben  und  sich  der  Christen 
anzunehmen.  Dieser  Irrthum  war  aber  um  so  natür* 
lieber,  da,  wie  die  Acta  Martjrum  des  Stephan 
Assemani  lehren,  schon  früher,  im  achtzehnten  Jahr 
dieses  Königs,  eine  Christenverfolgung  in  Persien  Statt 
gefunden  hatte,  die  zu  dem  Schreiben  des  Gonstan* 
tin,  worin  gar  keine  einzelne,  den  Simeon  oder  an* 
dere  Märtyrer  betreffende^  Umstände  vorkommen,  Anlafs 
g^eben  haben  konnte.  Theodoretus*)  und  Euse- 
bius')  gedenken  zwar  auch  des  Briefies  an  Schahpur, 
erwähnen  aber  den  Märtyrertod  des  Simeon  gar  nicht. 
Hätte  Joseph  Assemani  Recht,  so  gehörte  die  Epoche 
der  sassanidischen  Dynastie  ins  Jahr  213  n.Chr.,  wo- 
hin sie  auf  keinen  Fall  zu  setzen  ist. 

Stephanus  Assemani  dagegen  will  den  Tod  des 
Simeon  ins  Jahr  341,  und  die  Epoche  der  Dynastie 
ins  Jahr  223  n.  Chr.  bringen.  Er  geht  davon  aus,  dafs 
Galvisius  und  Petavius  den  Tod  des  Schahpur  ins 
Jahr  380  n.  Chr.  setzen,  und  dafs  dieser  König  70  Jahre 
gelebt  und  regiert  habe'),  sein  31stes  Jahr  also  dem 
341sten  unserer  Aere  entspreche.  Allein  das  Todes- 
jahr 380  des  Königs  ist  nichts  weniger  ab  verbii]^. 
Er  weifs  sich  bei  dieser  Hypothese,  die  gar  nichts  wei- 


*)  Bist,  eccl.  1. 24. 

')    f^ita  ConsiantA.  TV.  C.S,  9. 

')  Er  kam,  wie  Mirchond  berichtet,  als  an^kaxmter  König 
auf  die  Welt,  da  sein  Yater  Uormuz  eine  schwangere  Gemalinn 
und  keine  Kinder  hinterlassen  hatte.  S.  Hiii.  Silv.  de  Sacy*s 
Mimoires  sur  diverses  Antiquii^  de  la  Perse  p.  305. 


5Ö8  Technische  Chronologie. 

m*  fiir  ttch  Iiat,  nicht  anders  su  helfen,  als  dals  er 
die  Zahl  6S5  in  den  synaehen  Handschriftenv  gewallsam 
ändert. 

VerfaeUen  wollen  wir  uns  übrigens  nidit,  dais 
die  Regierungsjahre  der  acht  ersten  Sassaniden,  wie  sie 
Agathias  einadn  angibt,  znsanunenaddirt  nur  82  ans- 
madien,  dals  also  das  31ste  des  Schahpur  das  113ie, 
nicht  das  117te  der  sassanidischen  Dynastie  ist,  und 
dals  Abu'lfaradsch  *)  den  Antmg  derselben  in  das 
dritte  des  Alexander  Severus  und  S42ste  der  selcu« 
cidischen  Aere ,  also  in  das  2308le  n.  Chr.  setst.  Es 
lieisen  sidi  noch  mdir  dei^eichen  Divergenten  anfuh- 
ren, die  aber  alle  nur  bestätigen,  was  schon  Stephan 
Assemani  bemerkt^):  De mtio  dynastiae,  quam Säjca- 
nitanuM  dicantj  mira  est  Gfmooonun  Le/dnorunufue  se- 
rioris  aeid  scriptomm  dissensio*  Der  Leser  wird  indes- 
sen mit  mir  urtlieilen,  dals  das  538ste  Jahr  der  seleu- 
ddischen  Aere  als  das  erste  des  Ardesohir  verbonden 
mit  dem  vierien  des  Alexander. Severus  bei  Aga- 
thias,  und  das  117te  der  Petser,  als  das  Todesjahr  des 
heil.  Simeon,  susammengestellt  mit  dem  655sten  der 
seleucidischen  Aere  bei  den  syrischen  Mar^trologen,  eine 
starke  Prfisumption  für  den  Anfang  der  sassanidiscfaen 
Dynastie  im  Jahr  226  n.  Chr.  geben. 


*)   Hist.  Dxn.yn.  p.  126. 

*)  Acta  Marljrrum  praef.  p.  LXXVI. 


Zehnter  Abschnitt. 

Zeitrechnung  der  Türken 


mMft^tvy^ywy^^ 


D. 


^er  türkische  Yolkskalender  stimmt  ganz  mit  dem 
arabischen  überein,  ist  also  eben  so  einfach,  aber  auch 
eben  so.  schwankend  (2,  475)«  Neben  demselben  bedie- 
nen sich  die  gebildetem  Türken,  denen  die  genauere 
Kenntniia  der  Zeiten  des  Mond-  und  Sonnenjahrs  ein 
Bedürfnifs  ist,  einer  Zeitrechnung,  die  künstlidi  genug 
aus  der  mohammedanischen  und  -christlichen  susammen- 
gesetzt  ist  imd  hier  mit  einiger  Ansfuhdichkeit  erörtert 
zu  werden  -verdient. 

Zuvörderst  theilen  sie  den  Tag  nach  europäischer 
Weise  in  24  gleiche  Stunden,  die  sie  yom  Untergange 
der  Sonne,  der  Epoche  ihres  bürgerlichen  Tages,  in 
zwei  Absätzen  zu  je  12  zählen  und  durch  Hinzuftigung 
der  persischen  Wörter  u^  scheb,  Nacht,  und  j^.  ruz, 
Tag,  von  einander  unterscheiden.  Dais  die  Uhren, 
wenn  sie  mit  diesen  Stunden  gleichen  Schritt  halten 
sollen,  täglich  oder  wenigstens  ein  paarmal  wöchentlich 
gestellt  werden  müssen,  bei  zunehmender  Tagslttnge  vor, 
bei  abnehmender  zurück,  versteht  sich  (1,  Si).  Auch 
begreift  man  leicht,  dais  die  Stunde  des  Anfangs  der 
Sonne  unmittdbar  durch  die  Datier  der  Nacht,  und 
die  Stunde  des  Mittags  dnidi  die  Dauer  des  natür- 


660  Technische  Chronologie. 

liehen  Tages  dergestalt  bestimmt  yrird,  dafii  maa  nur 
die  Hälfte  derselben  von  12  abzuziehen  hat.  Die  Zeit 
des  Mittags  ist  nach  türkischer  Uhr  die  des  Aufgangs 
der  Sonne  nach  europäischer. 

Im  Verlaufe  des  bürgerlichen  Tages  sind  den  Tür- 
ken besonders  die  Zeiten  der  fünf  vom  Gesetz  vor- 
geschriebenen Gebete  wichtig.  Diese  Gebete  heüsen: 
^Uj  «^Iaao  sabah  nemazi,  ^Ui  *io^\  oHe  nemazi, 
(3^Ui  ^JüL<j|  ikindi  nemazi,  (^Ui  fLSks>\  achscham 
nemazi  und  («;Uj  ^c***^.  jotsi  nemazi.  Das  erste  wird 
beim  Anbruch  des  Tages,  das  zweite  Mittags,  das  dritte 
in  der  Mitte  zwischen  Mittag  und  Sonnenunteigang, 
das  vierte  gleich  nach  Sonnenuntergang  and  das  {unfte 
ein  bis  anderthalb  Stunden  nach  dem  vierten  unmitld- 
bar  vor  dem  Schlafengehen  gehalten.  Man  sieht,  dais 
sie  schon  dieser  Gebete  wegen  eines  nach  dem  Sonnen- 
lauf geordneten  Kalenders  nidit  entbehren  können« 

Die  Wochentage  (2,  473)  sprechen  sie  Ahad, 
Esnein,  Salasa,  Erbua,  Chamis,  Dschuma  und 
Seht  aus.  Sie  zahlen  sie,  wie  alle  Moslonen,  nach 
dem  Vorgänge  der  Juden  und  Christen,  vom  Ah  ad  an, 
der  unserm  Sonntage  entspricht. 

Sie  haben  zweierlei  Monate,  Mond«  und  Son-- 
nenmonate.  Die  ersten  bilden  das  religiöse  und  bör- 
gerliche  Jahr.  Es  sind  die  arabischen,  welche  bei 
ihnen  also  lauten: 

Muharrem  Redscheb 

Safer  '    Schaban 

Rebiül-ewwel  Ramasan 

Rebiül-achir  Schewal 

Dschemasiül-ewwel      Silkade 
Dschemasinl-achir       Silhidsche. 


T  Sa  KEN.  561 

Die  Jahre  sldilen  sie  nach  der  allen  Moslemen  ge- 
meinschaftlichen  Hedschra.  Den  Sonnenmonaten 
l^n  sie  folgende  Namen  bei: 

Azer  odejc  Mart  Eilul 

Nissan  Teschrini-ewwel 

Ajar  oder  Mais  Teschrini-sani 

Hasiran  Kianuni-ewwel 

Timus  Kianuni-sani 

Ab  oder  Agustus  Schubat. 
o^Lo  Mart,  (jmjU  Mais  und  ^JMy»m^^  Jgustus  sind  ai|s 
dem  europäischen  Kalender  entlehnt,  die  übrigen  aus 
dem  syrischen  (2,  509).  Die  Sonnenmonate  laufen  bei 
ihnen,  wie  bei  den  Russen  und  orientalischen  Christen, 
mit  den  alten  oder  julianischen  parallel,  bleiben  also 
in  diesem  Jahrhundert  um  12  Tage  hinler  den  unsri* 
gen  zurück.  Das  Sonnenjahr  fangen  sie  mit  dem  März 
an.  Ist  es  ein  Schaltjahr,  so.  endigt  es  sich  mit  dem 
Schalttage,  dem  29.  Schubat  oder  Februar,  woraus  folgt, 
dais  ihnen  diejenigen  Jahre  unserer  Aere  Schaltjahre 
sein  müssen,  die  zunächst  vor  unsem  Schaltjahren  her- 
gehen, z.B.  1823  und  182?«  Uebrigens  bedienen  sie 
sich  unserer  Jahrzahlen  nicht,  es  sei  denn  etwa  im  Ver- 
kehr mit  den  Christen.  Wenn  sie  ein  Sonnenjahr  be- 
zeichnen wollen,  in  welchen  Fall  sie  selten  kommen, 
so  nennen  sie  das  Jahr  der  Hedschra,  auf  welches  sein 
Anfang  trifft.  Bei  ihren  Schriftstellern  findet  sich  zu- 
weilen das  Jahr  der  seleucidischen  Aere  —  ^Ja 
L^J  l5)*^^^^'  tarichi  iskienderi  rumi  —  erwähnt. 

Sie  haben  zweierlei  Kalender,  einen  jährlichen 

und  einen  auf  eine  grölsere  oder  kleinere  Reihe  von 

Jahren  gestellten,  den  man  einen  immerwährenden 

nennen  kann,  weil  die  Regeln,  die  ihm  zum  Grunde 

n.  [36] 


662  Technische  Chronologie. 

liegen,  keine  Aenderung  erleiden.  Jenem  geben  sie  den 
arabischen  Namen  «jyC»  takwim,  tabellarische  An- 
ordnung, diesem  den  persischen  ^mIj;^^  ms  -  name, 
Tagebuch.  Die  Einrichtung  beider  ist  wesentlich  ver- 
schieden. In  dem  Takwim  werden  die  ersten' Phasen, 
mit  denen  die  arabisch  -  türkischen  Monate  anfangen, 
nach  den  cassinischen  Tafeln,  von  denen  es  eine  tür- 
kische Uebersetzung  gibt,  in  dem  Bus-name  dagegen 
nach  einer  cyklischen  Theorie  angesetzt. 

Herr  Navoni,  dem  wir  gründliche  Untersuch  an- 
gen  über  die  arabisch -türkische  ZeiUnechnung  veiilan- 
ken^),  gibt  eine  ausführliche  Beschreibung  eines  im- 
merwährenden mit  dem  Jahr  1224  der  Hedschra  an- 
fangenden Kalenders.  Ich  habe  einen  der  diezischen, 
jetzt  königlichen,  Sammlung  angehörigen,  ähnlich  ein- 
gerichteten, nur  etwas  anders  geordneten  und  mit  einem 
andern  Jahr  beginnenden,  Bus-name  vor  Augen,  des- 
sen Inhalt  ich,  dankbar  die  Arbeit  meines  Vorgängers 
benutzend,  hier  mittheilen  und  erläutern  will.  Was 
ich  darüber  zu  sagen  gedenke,  wird  eine  Uebersicht 
über  das  Kalenderwesen  der  Türken  geben,  so  weit  es 
für  uns  Europäer  von  Interesse  sein  kann. 

Dieser  Rus-name  ist  auf  einem  29  Zoll  langen 
imd  vierthalb  Zoll  breiten  aufgerollten  Petgamentstrei- 
fen  sauber  geschrieben  und  zerfällt  in  fünfzehn  Abthei- 
lungen oder  Tafeln. 


*)  Unter  dem  Titel:  JHouz^namS  ou  Calendrier  perpetuel 
des  Turcs,  avec  des  remarques  et  des  exemples  sur  la  mo- 
niere de  compter  les  lunaisons,  et  avec  des  tables  pour 
irouver  la  correspondance  des  dates  enire  Vire  turque  et 
l'ire  vulgatre,  Fundgruben  des  Orients  B.  IV.  S.  38, 127 
und  253. 


TüRKBir.  563 

Die  erste  besteht  aus  zwei  Reihen  von  sechs  klei- 
nen Quadraten,  welche  die  Namen  der  arabisch -türki- 
schen Monate  nebst  der  Angabe  enthalten,  mit  welchem 
Wochenlage  ein  jeder  beginnt,  wenn  der  Anfang  des 
ei*sten  auf  den  siebenten  Wochentag  oder  Sonnabend 
trifft.  Diese  Tafel  ist  folgende: 
Muharrem.  Safar.  Rebi  I.  Rebi  II. 

7  2  3  5 

Dschemasi  I.   Dschemasi  II.     Redscheb.         Schaban, 

6  12  4 

Ramasan.        Schewwal.       '  Silkade.  Silhidsche. 

6  7  13 

Aus    den    Zahlen    ergibt   sich    leicht,    dafs    die    Länge 

der   Monate   abwechselnd    zu    30    und    29   Tagen   ge- 

i*ecbnet  ist. 

Die  zweite  besteht  aus  folgenden  acht  Zahlen: 
15  3  7  4  2  6  4, 
welche  zu  erkennen  geben,  dafs,  wenn  irgend  ein  tür- 
kisches Jahr  mit  dem  ersten  Wochentage  beginnt,  das 
zweite  mit  dem  fünften,  das  dritte  mit  dem  dritten, 
das  vierte  mit  dem  siebenten  u.  s.  w.  seinen  Anfang 
nimmt.  Da  dai  Jahr  der  Moslemen  entweder  354  oder 
355  Tage,  also  nur  entweder  Vier  oder  fünf  Tage  über 
eine  volle  Wochenzahl  hält,  so  ersieht  man  aus  den 
Intervallen  der  Zahlen,  dafs  das  zweite,  fünfte  und  sie- 
bente Jahr  zu  355  Tagen  gerechnet  sind.  Diese  Tafel 
wird  nach  Herrn  Navoni  Li  n^  Jj^«*^  dschedweU 
gurre  nüma,  Tafel  der  Neumond  -  Anzeiger, 
genannt. 

Die  dritte  gibt  in  sieben  kleinen  Quadraten  die 
Namen  der  Wochentage  vom  Ah  ad  oder  Sonntage  an 
mit  der  Nummer  derselben  von  1  bis  7* 

[36*1 


564  Technische  Chronologie. 

Was  deu  Gebrauch  dieser  drei  Tafeln  anlangt,  so 
ist  Folgendes  zu  bemerken.  Die  cyklische  Theorie  der 
Türken  ist  nicht,  wie  die  der  Araber,  auf  einen  dreUsig- 
jährigen  Cyclus,  sondern  auf  einen  achtjährigen  ge 
gründet.  Da  nämlich  .der  erste,  aus  10631  Tagen  be- 
stehend (2,  479),  keine  volle  Wochenzahl  hält  und  sich 
defshalb  nicht  zur  Grundlage  eines  immerwährenden 
Kalenders  eignet,  so  ist  an  seine  Stelle  der  letztere  ge- 
setzt worden,  der,  wenn  gleich  minder  genau,  diesen 
Yortheil  gewährt.  Er  besteht  aus  fünf  Gemeinjahren 
zu  354  und  drei  Schaltjahren  zu  355  Tagen,  zusammen 
aus  2835  Tagen  oder  407  Wochen.  Die  Dauer  des  astro- 
nomischen Mondjahrs  zu  354  Tagen  8  St.  48'  36*  acht- 
mahl  genommen  gibt  nur  2834  Tage  22  Sl  28'  48*. 
Der  Cyclus  ist  also  um  1  St.  31'  12"  zu  lang,  welcher 
Ueberschufs  sich  nach  126  Jahren  zu  einem  Tage  an- 
häuft. Sein  Urheber  scheint  der  in  der  letztem  Hälfle 
des  siebzehnten  Jahrhunderts  lebende  Türke  Daren- 
deli  Mehemed  Efendi  zu  sein,  der  dem  Rns-name 
seine  jetzige  Form  gegeben  haben  soll  *).  Wenn  dieser, 
wie  zu  vermuthen  steht,  seinen  Cyclus  übereinstimmis 
mit  dem  dreifsigjährigen  geordnet  hat,  so  müssen  sich 
beide  seitdem  um  einen  Tag  verschoben  haben,  wid 
dies  lehrt  auch  ihre  Vergleichung.  Ehe  wir  aber  eine 
solche  anstellen,  müssen  wir  sehen,  wie  man  vermit- 
telst des  Rus-name  die  Anfangstage  der  türkischen  Mo- 
nate findet. 

Die  Zahlen  der  ersten  Tafel  wollen  wir  nach  der 
Weise  der  europäischen  Chronologen  Reguläres,  die 
der  zweiten  Concurrentes  nennen.     Letztere  aeigen, 


*)   Nayoni  S.46  und  $6, 


Türken.  565 

nv^ie  man  ^^hon  aus  ihrer  Anzahl  vermuthet  haben  yiirdy 
eigentlich  an,  mit  welchem  Wochentage  die  einzelnen 
Jahre  des  achtjährigen  Gyclus  ihren  Anfang  nehmen. 
Um  nun  den  Wochentag  zu  erhalten,  mit  welchem 
irgend  ein  Monat  in  irgend  einem  Jahr  des  Cyclus  be- 
ginnt, nmfs  man  den  aus  der  zweiten  Tafel  zu  ent- 
nehmenden Concurrens  des  Jahrs  zu  dem  Regularis  des 
Monats  in  der  ersten  Tafel  addiren  und  von  der 
Summe  nÖthigenfiills  7  abziehen.  Verlangt  man  z.  B. 
den  Wochentag,  mit  welchem  der  Ramasan  im  sieben- 
ten Jahr  des  Cyclus  anfangt,  so  addire  man  die  Zah- 
len 6  und  5  und  siü>trahire  von  der  Summe  7«  Der 
Rest  4  gibt  nach  der  dritten  Tafel  den  Mittwoch.  Um 
diese  höchst  einfache  Rechnung  noch  mehr  zu  verein- 
Caichen,  sind  den*  Wochentagen  in  der  dritten  Tafel 
auch  die  Zahlen  8  bis  14  beigeschrieben,  so  dafs  es 
des  Abzuges  von  7  nicht  bedarf. 

Man  sieht,  dafs  die  bisher  beschriebenen  di«i  Ta- 
feln des  Rus-name  bei  der  sinnreichen  Einrichtung, 
die  ihnen  ihr  Urheber  gegeben  hat,  den  Tüi*ken  in 
den  Stand  setzen,  sich  mit  grofser  Leichtigkeit  für  je- 
des einzelne  Jahr  einen  in  Wochen  gelheilten  Kalender 
entwerfen  zu  können,  sobald  er  nur  weifs,  wie  der 
achtjährige  Cyclus  mit  seiner  bürgerlichen  Aere,  der 
Hedschra,  zusammenhängt.  Zu  diesem  Ende  findet  sich 
in  dem  Rus-name  allemahl  das  Jahr  der  Hedschra, 
worin  die  Abschrift  genommen  ist,  über  der  zugehöri- 
gen Zahl  der  zweiten  Tafel  bemerkt.  So  steht  in  dem 
diezischen  Exemplar  über  der  Zahl  1  das  Jahr  1199, 
zum  Zeichen,  dafs  dasselbe  das  erste  des  achtjährigen 
Cyclus  ist.  Da  1199  durch  8  dividirt  den  Rest  7  gibt, 
so  entspreohen 


566  Technische  Chronologie. 

den  Resten  12345670 
die  Jahre  3  4  5  6  7  8  12. 
Z.  B.  das  jetzt  laUffende  1 240ste  Jahr  der  Hedschra  ist 
das  zweite  des  aohtjäbrigea  Cjclns.-*  Schade  nur,  da(s 
der  Rus-name  die  Anfangstage  der  Monate  nicht  für 
immer  übereinstimmig  mit  dem  Himmel  gibt!  Alle 
126  Jahre  müssen  die  Zahlen  der  zweiten  Tafel  um  eine 
Einheit  vermindert  werden,  wenn  sie  mit  dem  dretfsig^- 
jährigen  Cyclus,  der  sich  erst  in  dritthalbtausend  Jah- 
ren um  einen  Tag  verschiebt,  in  Einklang  bleiben  aal- 
len.    Für  die  jetzige  Zeit  sind  sie  also  zu  stellen: 

7  4  2  6  3  15  3, 
Um  dem  Leser  Gelegenheit  zu  geben,  das  Verhält- 
nifs  beider  Cykel  zu  einander  und  zum  Himmel  be- 
quem übersehen  zu  können,  setze  ich  hier  die  Wochen- 
tage her,  mit  denen  die  Monate  des  Jahrs  1240  im 
acht-  und  im  dreifsigjährigen  Cyclus  anfangen,  nebst 
Bemerkung  des  Zeitpunkts  der  wahren  Conjunction  un- 
ter dem  Meridian  von  Constantinopel. 


Türken. 


56.T. 


• 

§ 

O      O.     rN      O 

a 

9 

g 

^  c^  t--  o> 

PDDDt:3DDDPb&b   | 

'T-i    C^    C<l    O     1 

1 

c^     .     .     .     i    ^     1     » 

QO           1             t             1             t         OQ           1             t 

,  April   - 
»  Mai 
.  Jua.     - 
>  Jul. 

•^rO^OÖoJoOOi 

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im  Rus- 
name. 

r3■^ß0^DX>fo^^ß<^ 

\>  ?t  Of  0 

Monate. 

• 

Muharrem 

Safar 

Rebiül-ewwel 

Rebiül-acblr 

Dschemasiiil  -  ewwel 

Dschemasiül  -  achir 

Redscheb 

Schaban 

Ramasan 
Schewwal 
Silkade 
Silhidsche 

Erwägt  man,  dafs  die  Moslemen  ihre  bürgerlichen 
Tage  mit  dem  Untergange  der  Sonne  anfangen,  z.  B.  den 
Sonntag  am  Abend  unsers  Sonnabends,  so  sieht  man, 
dais  der  30jährige  Cydus  meistens  die  Tage  der  Con- 
junction  gibt  und  der  Rus-name  sich  mehr  den  ersten 


568  Technische  Chronologie. 


Phasen  nähert.  Setzt  man  die  Epoche  der  Hedsdna 
auf  den  16.  Julius  (2,  484),  so  stimmt  der  Rus-name 
fiir  die  jetzige  Zeit  mit  dem  30jährigen  Cydus  voll- 
kommen und  mit  den  Phasen  grofsentheils  überein, 
und  hierin  liegt  ohne  Zweifel  der  Grund,  warum  sich 
die  europaischen  Chronologen  fast  allgemein  fiir  diesen 
Epochentag  erklären. 

Der  Takwim  oder  jährliche  Kalender  der  Tni^ 
ken,  weldier  die  Tage  der  ersten  Phase,  bei  deren  Be- 
stimmung es  auf  die  jedesmahlige  Lage  der  Mondbahn 
am  tVesthimmel  ankommt,  nach  astronomischer  Be- 
rechnung gibt  (2,  562),  muls  öfters  vom  Rus-name  ab- 
weichen, wie  auch  eine  von  Hm.  Navoni^)  angeslellle 
Yergleichung  beider  fiir  ein  bestimmtes  Jahr  lehrt.  Hier 
entsteht  nun  die  Frage,  nach  welchem  Kalender  die 
Türken  in  dergleichen  Fällen  eigentlich  datiren.  Dies 
scheint  ihnen  ziemlich  gleichgültig  zu  sein,  wie  schon 
daraus  erhellet,  dafs  sie  sich  in  dem  Falle,  wo  ihre 
Religion  eine  genaue  Datirung  erfordert,  weder  nach 
dem  Rus-name,  noch  nach  dem  Takwim,  sondern  un- 
mittelbar nach  dem  Himmel  richten,  so  dais  sie  an  die- 
sem gleichsam  noch  einen  dritten  Kalender  haben.  Sie 
müssen  nämlich  ihre  gesetzmfiisigen  Fasten  mit  dem 
Untei|;ange  der  Sonne  an  dem  Tage  anfangen,  wo  sich 
der  neue  Mond  des  Ramasan  zuerst  in  der  AbenddiEm- 
merung  zeigt,  und  ihr  Baimmfest  mit  der  ersten  Phase 
des  folgenden  Monats  Schewwal  feiern.  Hiebei  verlas- 
sen sie  sich  auf  keine  Rechnung.  Um  sich  im  voraus 
des  Tages  zu  versichern,  wo  der  neue  Mond  des  Ra- 
masan gesehen  werden  sollte,  im  Fall  dann  etwa  trübe 
Witterung  eintreten  möchte,  fangen  sie  ihre  Beobach- 

«)  5.142. 


I 


L 


Türken.  569 

tungen  schon  zwei  Monate  früher  an«  Zu  dem  Ende 
begibt  man  sich  in  den  vornehmsten  Städten  des  Reichs, 
Constantinopel,  Adrianopel  und  anderswo,  bereits  am 
27«  Dschemasiül-achir  auf  die  Anhöhen,  um  den  neuen 
Mond  des  Redscheb  zu  erwarten.  Sobald  man  die  Sichel 
gesehen  hat,  geht  man  zum  Kadsi  oder  Richter  des 
Orts,  der  beauftragt  ist,  die  Aussagen  der  Beobachter 
zu  vergleichen  und  das  darüber  aufgenommene  Proto- 
koll, Uam  genannt,  an  den  Stambol  Efendisi  oder 
Polioeipräsidenten  der  Hauptstadt  zu  senden.  Eben  so 
verfährt  man  mit  dem  Neumonde  des  Schaban.  Hier* 
nach  bestimmt  der  Stambol  Efendisi  den  ersten  Tag 
des  Ramasan,  indem  er  von  der  letzten  Beobachtung 
im  Schaban  30  Tage  vorwärts  zahlt,  ohne  auf  den  Ka- 
lender des  Münedschim  Baschi  oder  ersten  Astrono- 
men, die  mindeste  Rücksicht  zu  nehmen.  Dieser  erste 
Ramasan  nun  wird  im  Augenblick  seines  Anfanges,  d.i. 
unmittelbar  nach  Untei^ng  der  Sonne,  dem  Volke 
durch  Artilleriesalven  und  Erleuchtung  sämmtlicher  Mi- 
narets  verkündigt.  Die  Beobachtungen,  die  den  AnfiaDg 
des  Ramasan  gegeben  haben,  dienen  bei  trüber  Witte- 
rung auch  zur  Bestimmung  des  Bairamfestes ').  Auf 
diese  Weise  ist  es  sehr  wohl  möglich,  dafs  es  drei  ver- 
schiedene Anfänge  für  die  Monate  vom  Redscheb  bis 
Schewwal  geben  könne,  einen  cyklischen,  einen  astro- 
nomisch bestimmten  und  einen  beobachteten*  Wenn 
man  daher  ein  türkisches  Datum  auf  unsere  Zeitrech- 
nung zu  bringen  hat,  so  muls  man,  um  seiner  Sache 
gewifs  zu  sein,  zugleich  den  Wochentag  kennen,  den 
die  Türken  glücklicherweise  selten  bei  einem  Datum 
zu  bemerken  vergessen. 


')  Navoni  S.48. 


670 


Technische   Chrvnologie,  ' 


Die  drei  Tafeln  des  Rus-name,  die  bisher  er- 
klärt worden  sind,  beziehen  sich  auf  das  arabisch -tür- 
kische Mondjahr.  Die  übrigen  betreffen  das  Son- 
nenjahr. 

Die  vierte  enthält  folgende  28  in  einer  Linie 
geschriebene  Ziffern: 

123467  1 2456723457 123567  1 3456 

Ueber  der   äufsersten   zur  Linken  ^ )   steht  die   Jahi*^ 
zahl  1198. 

Die  fünfte  gibt  in  zwölf  kleinen  Yierecken  die 
Namen  der  Monate  des  Sonnenjahrs  mit  daneben  ge- 
setzten Ziffern  wie  folgt: 


3  i 


3   g   c 


BT*  DT 

5»  J-*  a  s    ^ 

p  p  c:.  ;:.  r* 

2  8  2  8 


(b 


er* 


513614725736 

Mit  den  Zahlen  dieser  beiden  Tafeln  hat  es  fol- 
gende Bewandniüs.  Wie  wir  oben  (2,  185)  gesehen 
haben,  kehren  die  Wochentage  im  julianischen  Kalen- 
der erst  nach  28  Jahren,  dem  sogenannten  Sonnen- 
cirkel,  in  ihr  ursprüngliches  Verhältnifs  zu  den  Mo- 
natstagen zurück.  Die  28  Zahlen  der  vierten  Tafel  sind 
nun  so  geordnet,  dafs,  wenn  irgend  ein  Jahr  mit  dem 
Wochentage,  den  die  erste  Zahl  angibt,  seinen  Anfang 
nimmt,  die  folgenden  27  mit  den  Wochentagen  begin- 
nen, welche  der  Reihe  nach  durch  die  übrigen  27  Zah- 


')  Im  Original  zur  Rechten. 


Türken.  671 

len  bezeichnet  vrerden.  Yoian  steht  in  dem  jedes- 
mahligen  Rus-name  diejenige  Zahl,  wodurch  man  die 
Wochentage  des  Sonnenjahrs  findet,  dessen  An&ng  auf 
das  darüber  gesetzte  Jahr  der  Hedschra  trifft,  hier  also 
des  Jahrs,  das  vom  1.  März;  1784  a.  St.  bis  dahin  l78ä 
reicht;  denn  das  Jahr  1198  fängt  1783  mit  dem  14.No* 
vemBer  a.  St«  an.  Hier  macht  1  den  Anfang,  und  ad-« 
dirt  man  diese  Zahl  zu  derjenigen,  die  dem  jedes- 
mahligen  Monat  beigeschrieben  ist,  so  erhält  man  den 
Wochentag,  mit  welchem  der  Monat  seinen  Anfang 
nimmt.  So  beginnt  im  Jahr  1784  der  alte  März  mit 
dem  Freitag,  der  April  mit  dem  Montag,  der  Mai  mit 
dem  Mittwoch  u.  s.  w.  Die  Zahlen  in  der  Monatstafel 
bleiben  immer  dieselben;  nur  von  den  28  Zahlen  des 
Sonnencirkels  gehört  zu  jedem  Jahr  eine  andere,  zu 
1785  die  zweite,  zu  1786  die  dritte  u.  s.  w. 

Die  sechste  Tafel  des  Rus-name  soll  die  Tage 
des  Sonnenjahrs  angeben,  auf  welche  durch  alle  Jahre 
des  19jährigen  Mondcirkels,  oder,  wie  wir  uns  auszu-* 
di*ücken  pflegen,  für  jede  güldene  Zahl,  die  mitt- 
leren Neumonde  treffen.  Sie  ist  also  unserm  im- 
merwährenden julianischen  Kalender  (2,  194) 
analog,  nur  dals  im  Rus-name  unter  dem  Neumonde 
nicht  die  Conjunction,  sondern  die  ein  oder  ein  paar 
Tage  später  eintretende  erste  Phase  zu  verstehen  ist, 
mit  der  die  arabisch- türkischen  Monate  ihren  Anfang 
zu  nehmen  pflegen.  Von  dem  Gebrauch  dieser  Tafel 
soll  sogleich  das  Nöthige  gesagt  Werden,  wenn  wir  erst 
gesehen  haben,  wie  die  Türken  ihre  güldenen  Zahlen 
bestimmen.  Für  jetzt  bemerke  ich  nur,  dafs  als  Titel 
der  sechsten  Tafel  zugleich  die  fünfte  dient.  Jene  be- 
steht nämlich  aus  13  Spalten,  von  denen  die  erste  die 
Ueberschrift  JLm  6^0^  dschedweti  sal,   Jahrtafel, 


672  Technische  Chronologie. 

hat,  und  die  übrigen  12  mit  den  Monaten  des  Sem- 
nenjahn  vom  Mart  an  beieichnet  sind. 

Die  siebente  eben  so  angeordnete  Tafel  soll  die 
Stunden  der  mittleren  Neumonde  durch  alle  Jahre 
und  Monate  des  neunzehnjährigen  Cydus  anzeigen;  da 
aber  235  synodische  Monate  in  ihrer  mittleren  Dauer 
um  anderthalb  Stunden  kürzer  als  19  julianische  Jahre 
sind,  die  Stunden  der  mittleren  Neumonde  sich  also  von 
einem  19jährigen  Cydus  zum  andern  verschieben,  so 
ist  es  widersinnig,  sie  in  einem  immerwährenden  Ka- 
lender angeben  zu  wollen,  zumal  da  hier  nicht  von 
den  Q>njunctionen,  die  sich  zu  jeder  Stunde  ereignen 
können,  sondern  von  den  ersten  Phasen  die  Rede  ist, 
die  allemahl  nach  Sonnenuntergang  gesehen  weiden. 
Es  ist  ganz  unbegreiflich,  was  sich  der  Urheber  des 
Rus-name  dabei  gedacht  haben  mag^).  Durch  drei 
untereinander  gesetzte  Striche  werden  die  Tages-,  und 
durch  einen  einzigen  etwas  langem  Strich  die  Nacht- 
stunden (2,559)  angedeutet. 

Die  achte  Tafel  ist  in  zehn  Spalten  abgetheilt. 
Die  erste  mit  dem  Titel  ^Oä^  ^^^  honjfi  hafta,  die 
sieben  Buchstaben,  enthält  dieselben,  hier  mit 
Buchstaben  angedeuteten,  28  Zahlen  untereinander,  die 
in  der  vierten  Tafel  nebeneinander  stehen  ').    Diese  Zah- 


*)  Der  Abt  Toderini  behauptet  auf  die  Autorität  des  For- 
sten Gantimir,  der  Rus-name  des  Darendeli  Mehemed 
Efendi  gebe  den  Tag,  die  Stunde,  ja  sogar  die  Minute  ei- 
ner jeden  Lunation  mit  Genauigkeit  an!  Letteraiura  iurchesca 
Tom.  I.  p.  l60.  Nicht  einmahl  fiir  die  Tage  gibt  es  einen  im* 
merwährenden  Kalender;  denn  der  Mondciikel  verschiebt  sich 
alle  310  Jahre  um  einen  Tag  (2, 198). 

')  Die  sieben  Buchstaben,  die  immer  wiederkehren,  sind 
5  =  1,  v«2,  g.«3,  ^«4,  s  =  5,3  =  6,j«7  (2,494). 


T  Sil  KEN«  573 

len  sind  roth  geschrieben,  nur  jede  vierte,  die  einem 
Schaltjahr  angehört,  schwari«  Die  zweite  Spalte,  ^jli 
J^t  tarichi  etmve/,  erste  Jahrtafel,  betitelt,  gibt  die 
Jahre  von  1198  bis  1226.  In  der  24sten  Reihe  stehen 
die  Jahrzahlen  1221  und  1222  neben  einander,  die  eine 
schwarz,  die  andere  roth,  zum  Zeichen,  dafs  diese  bei- 
den Jahre  der  Hedschra  in  einerlei  Sonnenjahr  anfan- 
gen, nämlich  zwischen  dem  I.März  1806  und  dem 
1.  März  1807  a.  Sl,  jenes  am  8.  März,  dieses  am  26.  Fe- 
bruar. Die  dritte  Spalte  mit  der  Ueberschrift  JLm  sal, 
-Jahr,  enthält  die  güldenen  Zahlen.  So  zeigt  die  Zahl  IS 
neben  1198  an,  dals  das  Sonnenjahr,  welches  1198  der 
Hedschra  oder  1784  n.  Chr.  anfängt,  das  fünfzehnte  des 
türkischen  Mondcirkels  ist«  Die  vierte  Spalte,  .31  Ji^^X« 
medchali  adser,  Eintritt  des  März,  betitelt  gibt  den 
Monat  des  arabisch -türiiischen  Jahrs,  auf  den  der  An- 
fang des  Sonnenjahrs  trifll.  Neben  1198  z.B.  steht  der 
Buchstabe^ ^  welcher  anzeigt,  dafs  der  I.März  a. St.  un- 
sers  1784sten  Jahrs  auf  den  Rebinl-achir  fallt.  Die  Mo- 
nate sind  hier  durch  folgende  Abbreviaturen  angedeutet: 

d»  Muharrem  v^j  Redscheb 

{jo  Safar  j&  Schaban 

t.  Rebiül-ewwel  q  Ramasan 

j  Rebiül-achir  J  Schewwal 

L>  Dschemasiül-ewwel       13  Silkade 

—  Dschemasiül-achir  6  Silhidsche. 

Die  fünfte,  sechste  und  siebente  Spalte,  so  wie  die  achte, 
neunte  und  zehnte,  enthalten  die  Fortsetzung  der  zweiten, 
dritten  und  vierten  bis  zum  Jahr  1283  der  Hedschra  oder 
1866  unserer  Zeitrechnung,  als  so  weit  unser  Rus-name 
unmittelbar  zu  gebrauchen  ist.  Die  fünfte  ist  ^^Ij  ^Jj 
tarichi  sani,  zweite  Jahrtafel,  die  achte  \S>Sj  ^Jj 
tarichi  saUs,  dritte  Jahrtafel,  überschrieben. 


574  Technische  Chronologie. 

Mit  Hülfe  der  bisherigen  Tafeln  sind  wir  nun  im 
Stande,   für   jedes   türkische  Sonnen  jähr  bis   1283    der 
Hedschra  einen  Kalender  zu  entwerfen,  der  den  Wocbea- 
tag,   mit  dem  jeder  Monat  anfangt,   den  mittleren  auf 
jeden  Monat  treifenden  Neumond  (dieses  Wort  im  tür- 
kischen Sinn  genommen)   und  den  Wochentag  enthält, 
dem  der  Anfang  eines  jeden   zugehörigen  arabisch -tür- 
kischen Monats  entspricht.    Soll  z.  B.  ein  solcher  für  das 
Sonnenjahr  vom  1.  Mäi*z  1825  bis  dahin  1826  construirt 
werden,   so  mufs  man  zuei'st  das  Jahr  der  Hedschra 
suchen,  auf  welches  der  Anfang  dieses  Sonnenjahi-s  trifft. 
Hat  man   keine  Tafel  der  arabischen  Jahre  zur  Hand, 
so  mufs  man  eine  oben   (2,  493)   aufgestellte  Regel    in 
Anwendung  bringen.     Auf  eine  oder  die  andere  Weise 
findet   sich   das   Jahr   1240.     Diesem   gehört  nach   der 
achten  Tafel  die  2^hl  3  des  Sonnencirkels  und  die  gül* 
dene  Zahl  18  an.     Mit  Hülfe  der  ersten  ergeben   sich 
aus  der  vierten  und  fünften  Tafel  folgende  Anfänge  der 
Monate  des  Sonnenjahrs: 

März     0         Julius*         5  November  © 

April     2  August        t?  December    ^ 

Mai       9  September  ^         Januar         9 

Junius  ([  Oktober       2|-         Februar       C, 

welches  auch  wirklich  die  Wochentage  sind,  mit  denen 
nach  dem  alten  Kalender  die  Monate  in  dem  gedach- 
ten Zeitraum  beginnen. 

Unser  Jahr  1825  hat  die  güldene  Zahl  2.  Da  mm 
die  des  türkischen  Kalenders  18  ist,  so  erhellet,  dais 
man  von  unserer  güldenen  Zahl  3  abzuziehen  habe,  um 
sie  in  die  türkische  zu  verwandeln.  Es  scheint  also 
der  türkische  Mondcirkel  nur  eine  Kopie  desjenigen  su 
sein,  den  die  europäischen  Chronologen  lunaris  nen- 
nen  (2, 237)*    Mach  der  sechsten  Tafel  gehören  der 


Türken.  676 

güldenen  Zahl  18  die  DaU  9,  7,  6,  5,  4,  3,  2,  ^,  30, 
29,  28,  27  an,  d.  i.  im  Verlauf  des  gedachten  Sonnen^ 
jalirs  sollen  nach  dem  allen  Kalender  die  Neumonde 
treffen  auf  den 

9.  März  2.  September 

7.  April         1«  und  31.  Oktober 
6.  Mai  30.  November 

5.  Junius  29.  December 

4.  Julius  28.  Januar 

3.  August  27.  Februar. 

Yeigleicht  man  hiermit  die  Tage  der  wirklichen  Neu- 
monde im  allen  Kalender,  so  ergibt  sich,  dafs  die  tür- 
kischen ein  oder  zwei  Tage  spaier  eintreiTen,  wie  es 
auch  das  Wesen  derselben  mit  sich  bringt.  Hiebei  be- 
merke ich  noch,  dafs  in  der  sechsten  Tafel  neben  der 
güldenen  Zahl  15  unter  dem  Monat  Schubat  oder  Fe- 
bruar das  Wort  v^L>  chcdi,  leer,  sieht,  wodurch  an- 
gezeigt werden  soll,  dafs  auf  den  28Ugigen  Februar  des 
fünfzehnten  Jahrs  des  Mondcirkels  (1823)  gar  kein  Neu- 
mond trifft. 

Die  cyklischen  Neumonde  oder  vielmehr  ersten  Pha- 
sen sollten  eigentlich  die  Anfänge  der  arabisch- türkischen 
Monate  sein.  Bei'echnet  man  aber  aus  den  drei  ersten, 
Tafeln  die  Anfänge  der  faieher  gehörigen  Monate  der 
Jahre  1240  und  1241  der  Hedschra  oder  des  zweiten 
und  dritten  des  achtjährigen  Cydus  vom  Schaban  aa 
(der  Anfang  des  in  Rede  stehenden  Sonnenjahrs  trifl^ 
nach  der  achten  Tafel  auf  den  Redscheb),  so  findet 
sich  mehrmals  eine  Abweichung  von  einem  Tage,  um» 
welchen  die  Anfange  der  Monate  spaier  als  die  cykli-« 
schien  Phasen  eintreffen.  Wozu  also  die  cyklischen. 
Neumonde  eigentlich  nützen  sollen,  ist  schwer  zu 
sagen. 


ö76  Technische  Chronologie. 

Die  neunte  Tafel  gibt  von  fiinf  zu  fanf  Ta- 
gen des  Sonnen  Jahrs  in  fänf  Spalten  an:  ys^  f^^  tului 
fedschr^  den  Anbruch  der  Morgendämmerung; 
,j«M-Ä  p^ib  tubd  schems,  den  Aufgang  der  Sonne; 
j^  sii^^  wakti  suhr,  die  Mittagszeit;  ya^  s±>«3^ 
wakti  asr,  die  Mitte  zwischen  Mittag  und  Son- 
nenuntergang, und  Lä^  \zyS^  wakti  ischa,  die 
Stunde  des  letzten  Gebets,  Die  Hälfte  des  Jahrs 
vom  Winter-  zum  Sommersolstitium  findet  sich  rechts 
von  oben  nach  unten»  die  andere  links  von  unten  nach 
oben,  so  dals  immer  zwei  Tage,  die  gleichen  Abstand 
von  einerlei  Sonnenwende  haben,  einander  gegenüber 
stehen,  z.B.  der  lO.Mart,  der  Tag  der  Frühlingsnacht- 
gleiche, dem  ll.Eilul,  dem  Tage  der  Herbstnachtgleiche. 
Vom  Wesen  der  türkischen  Stunden  ist  schon  die  Rede 
gewesen.  Da  sie  gleichförmige  sind  und  in  zwei  Ab- 
satzen zu  je  zwölf  gezahlt  werden,  so  darf  man  sich 
nicht  wundern,  den  Anbruch  der  Morgendämmerung 
um  die  Gegend  des  Wintersolstitiums  mit  einer  Ta- 
gesstunde angesetzt  zu  sehen. 

Von  ähnlicher  Anordnung  sind  die  sechs  letzten 
Tafeln  des  Rus-name.  Sie  geben  für  jeden  Tag  des 
Sonnenjahrs  den  Grad  der  Ekliptik,  die  Dauer 
des  Tages  und  der  Nacht  und  die  Stunde  — 
o^cLm  saat  —  und  Minute  —  «iuÄ>  dakike  —  folgen- 
der Zeiten:  1)  des  Mittags;  2)  der  Zeit,  die  in  der 
neunten  Tafel  wakti  asr  genannt  bt  und  hier  J^t 
asr^ewwel,  der  erste  Asr,  heilst,  womit  3)  ^lj 
asr'Sani,  der  zweite  Asr,  zusammenhängt.  Der  erste 
Asr  ist  die  Zeit  eines  der  fiinf  vom  Gesetz  vorgeschrie- 
benen Gebete»  Der  zweite  wird  .'zu  Mekka  noch  als  eine 
sechste  Zeit  des  Gebets  beobachtet,  und  dient  auch  an* 
derswo  den  frommen  Moslemen  als  Aushülfe,  wenn  sie 


T  ü  a  K  E  BT.  677 

•  

das  zweite  und  dritte  Tagesgebet  yersäumt  haben;  sie 
können  dann  das  Mittagsgebet  zwischen  den  Zeiten  Asr- 
ewwel  und  Asr-sani,  und  das -des  Asr-ewwel  zur  Zeit 
Asr-sani  halten.  Der  Zwischenraum  zwischen  den  bei- 
den Asr  beträgt  nach  Verschiedenheit  der  Jahrszelten 
36  bis  69  Minuten.  4)  L&c  ischa,  die  Zeit  des  letz- 
ten Gebets;  5)  (i^LMyot  imsak,  Abstinenz,  d.i.  die 
Zeit,  wo  man  im  Ramasan  (der  durch  alle  Jahrszeiten 
kreiset)  vor  Anbruch  des  Tages  sich  des  Essens  und 
Trinkens  zu  enthalten  anfangen  mufs ;  6)  aLö  Jdble, 
die  Zeit,  wo  die  Sonne  zu  Constantinopel  und  in  der 
Umgegend  nach  der  Richtung  von  Mekka  steht,  wo- 
hin sich  der  betend^  Moslem  überall  zu  wenden  hat; 
7)  v^^^\j:o  zahwe,  eine  mittlere  Zeit  zwischen  Aufgang 
der  Sonne  und  Mittag,  auf  welcher  keine  besondere 
Verpflichtung  haftet. 

Am  Rande  des  Rus-name  findet  sich  eine  kleine 
Tafel  mit  der  Ueberschrift  oLAM.:$\i  l»bt  tjami  nahissat, 
unglückliche  Tage,  an  denen  man  bei  Uebemahme 
eines  Geschäfts  Unglück  befürchtet.  Im  Muharrem  sind 
es  der  dritte  und  siebente,  im  Safer  der  zweite  und 
einundzwanzigste  u. s.w.  Was  sonst  am  Rande  umher- 
steht, mufs  ich  übergehen,  da  es  in  der  mir  unbekann- 
ten türkischen  Sprache  geschrieben  ist.  So  viel  ich  aus 
einer  mir  etwas  dunkeln  Uebersetzung  ersehe,  die  mir 
Hr.  V.  Diez  davon  zu  machen  sich  die  Mühe  gegeben 
hat,  sind  es  meistens  meteorologische  und  astrologische 
Bemerkungen,  die  für  uns  kein  Interesse  haben,  z.  B. 
vvann  die  erste  und  letzte  Alteweiber -Kälte  eintreten, 
vvann  die  Galle  und  das  Phlegma  herrschen  und  der- 
gleichen mehr. 

!Noch  bemerke  ich,  dafs  in  den  Takwims  oder 
jährlichen  Kalendern  der  Türken,  die  aus  den  astrono- 

U.  [37] 


67^  Technische  Chronologie. 

mischen  Tafeln  berechnet  werden  (2,  562),  das 
syrische  und  koptische  Datum  des  Tages,  an  welchem 
die  Sonne  in  den  Widder  tritt,  oben  an  lu  stehen 
pflegt.  Hr.  Navoni  hatte  einen  solchen  Takwini  auf 
das  Jahr  1224  der  Hedschra  vor  Augen  ^),  in  welchem 
die  Frühlingsnachtgleiche  auf  den  5.  Safer  gesetzt  und 
dieses  Datum  mit  dem  9.  Azer  des  Jahrs  2120  der 
griechischen  (seleucidischen)  und  dem  13.  Bermehat  des 
Jahrs  152ä  der  koptischen  (diodetianischen)  Acre  ver- 
glichen war.  Es  ist  der  9.  März  a.St.  unsers  Jahrs  1809 
gemeint,  an  welchem  wirklich  der  Eintritt  der  Sonne 
in  den  Widder  erfolgt  ist.  Die  türkischen  Kalender- 
mAcher  nennen  diesen  Tag  nach  persischer  Weise  Neu- 
rusi  sultani  und  Caingen  gewöhnlich  mit  ihm  ihr 
Sonnenjahr  an.  Man  hat  demnach  ein  astronomi- 
sches und  bürgerliches  Sonnenjahr  der  Türken 
zu  unterscheiden.  Letzteres  fängt,  wie  wir  gesehen  ha- 
ben,  acht  bis  neun  Tage  früher  an,  als  ersteres. 

Ich  hatte  die  Absicht,  in  diesem  Abschnitte  auch 
von  der  Zeitrechnung  der  alten  Tataren  zu  han- 
deln, die  uns  Ulug  Begh  in  seinem  oft  citirten  Werke 
unter  der  BeneuDung  ^^^.l^  Lta^-  ^Ij  tdrichi  C/uUd  tve 
Igur  kennen  lehrt.  Um  aber  die  mir  bei  diesem  Hand- 
buche gesteckten  Grenzen  nicht  allzuweit  zu  überschrei- 
ten, begnüge  ich  mich,  den  Liebhaber  chronologischer 
Untersuchungen  auf  diese  ganz  eigenthümliche  Zeit- 
rechnung aufmerksam  gemacht  zu  haben. 

*)  S.57. 


1 


Erläuterungen  und  Zusätze. 


[37'] 


Erläuterungen  und  Zusätze 

zum 

ersten  Bande. 


S. 49.  X^ie  Umlaufszelt  ist  bis  jetzt  nar 
von  zweien  mit  Sicherheit  bekannt. —  Zu  den 
beiden  hier  angeführten  Kometen,  von  denen  der 
zweite  im  Jahr  1825  an  der  Stelle,  wo  man  ihn  er- 
wartete, wieder  gesehen  worden,  ist  vo^  Kurzem  noch 
ein  dritter  gekommen,  den  man  bis  jetzt  dreimahl, 
1772,  1805  und  1826  beobachtet  hat.  Ueber  die  Iden- 
tität kann  kein  Zweifel  obwalten.  Er  erleidet  aber  so 
starke  Störungen,  dafs  sich  seine  Umlaufszeit  nicht  mit 
Bestimmtheit  angeben  läfst.  Von  1772  bis  1805  hat  er 
fünf  und  von  1805  bis  1826  drei  Umläufe  gemacht,  so 
dafs  seine  Umlaufszeit  im  Mittel  etwa  6-|-  Jahre  beträgt. 

S.  57.  Wird  unten  an  einem  Beispiel  ge- 
zeigt werden.  —  Die  Data  der  jährlichen  Auf-  und 
Untergänge  des  Regulus,  wie  sie  im  Text  angegeben 
sind  (1, 51),  werden  auf  folgende  Weise  gefunden.  In  der 
umstehenden  Figur  sei  SAN  der  Meridian,  SON  der 
östliche  Horizont;,  AO(^  der  Aequator,  ECF  die  Eklip- 
tik, R  der  aufgehende  Stern,  RB  seine  Abweichung 
und  BC  seine  Entfernung  vom  Herbstäquinoctialpunkt 
im  Aequator  gerechnet/ 


582  EiiäiUerungen 


Für  unsere  Zeit  ist  Äff  =12"  56',  5C=30°  33',  die 
Schiefe  der  Ekliptik  C  =  23"  28',  für  Berlin  die  Aeqna- 
torhöhe  ROB^ZV  29'.     Zuvörderst  ist 

tg  ROB :  tg  ÄÄ  =  r :  sin  OB. 
lg  tg  12*»  56' =  9, 361053 
Dek.  Erg.  lg  tg  37°  29^  =  0, 115281 
Igsin  17^25'=  9, 476334 

Es  ist  also  OC^OB  +  BC=:iV  58'.  Ist  femer  Ol 
senkrecht  auf  ECF^  so  hat  man 

r:cosC=  tg  OC:  tg  IC 

r:sin  C  =  sin  OC:  sin  Ol 

r;  tg  C=cosOC:cotCO/. 

lg  cos  23°  28'=   9,962508 
lg  tg  47°  58'=  10,045055 


Igtg 

45° 

23° 
47° 
17° 
23*° 
47° 

30*  = 

10,007563 

lg  sin 
lg  sin 
Ig  sin 

28'» 
58'  = 
12'  = 

9,600118 
9, 870846 
9, 470964 

Igtg 
lg  cos 

28'<B> 
58'= 

9,637611 
9,825791 

lgoot73°48'=   9,463402 


und  Zusätze.  683 

DOI  =  COI  -  COD  =  36  M 9'.    In  dem  rechtwinkligen 
Dmeck  DOI  ist 

r :  cos  /O  «  sin  DOI :  cos  ODI 

r:sin/0«  tg  DOI\  lg  /J?. 

lg  cos  17^  12'«  9,980130 
lg  sin  36^  ly«  9, 772503 
Igcos  55^*33'==  9, 752633 
lg  sin  17°  12'=  9,470964 
lg  tg36°  19' =«9, 866300 
Igtg  12°  16'=  9,337264 

J9C=/C  — /J9  =  33M4'.  Es  ist  also  die  Länge  der 
Sonne  beim  wahren  Frühaufgange  des  Sterns 
180° -33°  14'  =  146°  46' =  26°  n  46',  also  ihre  Länge 
beim  wahren  Spätaufgange  26^tat^6\  Jene  er- 
reicht sie  in  einem  Jahr,  welches  die  Mitte  zweier 
Schalljahre  hält,  z.  B.  1826,  am  20.  August,  diese  am 
15.  Februar.  Ist  H  der  Ort  der  Sonne  zur  Zeit  des 
scheinbaren  Fiithaufganges  des  Slems  und  ihre  senk- 
rechte Tiefe  GH  unter  dem  Horizont  oder  der  Sehungs- 
bogen  des  Sterns  =11°,  so  hat  man 

sin  GDH :  sin  GH  t=r:  sin  DH. 

lg  sin  11°       =9,280599 
Dek.  Erg.  lg  sin  55°  3^  =  0,083746 

lg  sin  13°  23'=  9,364345 
Mithin  ist  die  Lauge  der  Sonne  beim  scheinba- 
ren Frühaufgange  des  Sterns  26°  O  ^6'+ 13°  23' 
=  10°  np  9^,  und  diese  erreicht  sie  am  3.  September. 
Für  den  scheinbaren  Spätaufgang  mufs  6£r=7°  gesetzt 
werden;  dann  hat  man 

lg  sin    7°       =9,085895 
Dek.  Erg.  lg  sin  55  °  33'  =  0,083746 

lg  sin   8°  30^  =  9, 169641 


584  Erläuterungen 

Dieser  Bogen  mufii  von  der  Länge  der  Sonne  behn 
wahren  Spätaufgange,  nämlich  26^::;  46',  abgezogen  wer- 
den, und  so  ergibt  sich  zur  Länge  der  Sonne  beim 
scheinbaren  Spätaufgange  des  Sterns  IS^s^^lö', 
und  diese  Länge  erreicht  sie  am  7-  Februar. 

Um  die  Tage  der  Untergänge  zu  erhalten,  sei  NWS 
der  Westhorizont  und  jR  der  untergehende  Stern,  übri- 
gens  aber  alles  auf  gleiche  Weise  bezeichnet. 


Vermittelst  der  gedachten  Proportionen  findet  sich 

^5=  17°  25'        C^/=r67°    5' 
5C=  30°  33'        J?^/=  75°  26' 

ff^C=13°    8'        «^J?/=15°27' 
/C«12'»    5'  /JD^ig^lC 

FTI^    5°  11'  2?C=31M5' 

Hieraus  ergibt  sich  die  Länge  der  Sonne  beim  wah- 
ren Spätuntergange  28°n45',  und  beim  wahren 
Friihuntergange  28°:s^45'.  Jene  erreicht  sie  den 
22.  August,  diese  den  17- Februar.  Für  11°  Sehnngs- 
bogen  ist  GÄ«4S°  45'  und  für  7°  =  27°  13'.  Es  ist 
also  die  Länge  der  Sonne  beim  scheinbaren  Spätun- 
tergange 13°  69 CK,  und  beim  scheinbaren  Früh- 


und  Zusätze.  585 

Untergänge  25^X^8'»   j^^^   b^^  ^^^  ^®°    S.Julius, 
diese  den  17*  März. 

Will  man  die  bei  den  Alten  vorkommenden  Auf- 
und  Untergänge  berechnen,  so  kommt  es  dabei  auf  fol- 
gende Umstände  an:  1)  auf  die  Pol  höhe.  Die  Rech- 
nung wird  für  drei  Polhöhen  anzustellen  sein,  für  die 
von  Rom,  von  Athen  und  von  Alezandrien.  Die  erste 
ist  41°  54',  die  zweite  38%  die  dritte  31°  11'.  Sosi- 
gen es,  der  astronomische  Rathgeber  Cäsar's,  ein 
Alexandriner,  scheint  mehrere  Auf-  und  Untei^nge 
ohne  Reduction  aus  dem  ägyptischen  Kalender  in  den 
römischen  gesetzt  zu  haben,  und  es  wird  daher,  wenn 
die  aus  Cäsar's  Kalender  entlehnten  Angaben  bei 
Ovid,  Plinius  und  Columella  zu  grell  von  dem 
abweichen,  was  die  Polhöhe  Roms  erfordert,  zunächst 
auf  die  von  Alezandrien  zurückgegangen  werden  müs- 
sen. 2)  Auf  die  Yorrückung  der  Nachtgleichen. 
Man  wird  besonders  für  drei  Epochen  zu  rechnen  ha- 
ben, für  die  Zeit  des  Cäsar  (44  v.  Chr.),  für  die  des 
Meton  und  Hippocirates  (432  v.  Chr.)  und  für  die 
des  Hesiodus  (800  v.  Chr.).  Im  ersten  Fall  sind  von 
den  jetzigen  Längen  der  Sterne  26°  5',  im  zweiten 
31°  28',  im  dritten  36°  36'  abzuziehen.  Aus  den  Lan- 
gen und  unveränderten  Breiten  müssen  dann  die  ge- 
raden Aufsteigungen  und  Abweichungen  hergeleitet  wer- 
den. 3)  Auf  die  Schiefe  der  Ekliptik.  Diese  ist 
nach  den  astronomischen  Tafeln  für  die  erste  Zeit  auf 
23°  43',  für  die  zweite  auf  23°  46',  für  die  dritte  auf 
23°  48'  zu  setzen.  4)  Auf  den  Sehungsbogen.  Von 
dem  Sehungsbogen  der  Sterne  erster  und  zweiter  Grofse, 
die  hier  hauptsächlich  in  Betracht  kommen,  ist  oben  (1)54) 
gehandelt  worden.     Da  aber  von  den  Alten  auch  mit- 


586  Erläuterungen 

unter  Sterne  dritter  Grö&e,  z.  B.  die  des  Delphins,  pi 
vierter,  wie  die  des  Bechers,  erwähnt  werden,  so  kann 
man  den  Sehungsbogen  für  jene  zu  16  und  10,  für 
diese  zu  17  und  14  Grad  annehmen.  S)  Auf  den  dem 
jedesmahligen  Ort  der  Sonne  entsprechenden  Monats- 
tag. Dieser  mufs  aus  den  astronomischen  Tafeln  be- 
rechnet werden.  Da  es  indessen  hier  nur  auf  ganze 
Tage  ankommt,  so  kann  man  sich  der  oben  (1>  58)  für 
die  drei  gedachten  Zeiten  angegebenen  Tage  der  Früh- 
lingsnachtgleiche bedienen.  Findet  sich  z.  B.,  dals  zur 
Zeit  des  Hesiodus  der  Frühaufgang  des  Arktor  bei 
einer  Länge  von  16°  np  17'  erfolgt  sein  soll,  so  er- 
reicht die  Sonne  diese  jetzt  den  9.  September  neuen 
oder  28.  August  alten  Stils,  und  da  die  Jahrpunkte 
damals  20  bis  21  Tage  später  im  Kalender  eintrafen, 
als  jetzt,  so  mufs  statt  des  28.  August  der  17te  oder 
18.  September  als  der  Tag  gesetzt  werden,  der  zur 
Zeit  dieses  Dichters  dasselbe  Yerhältniis  zur  Nacht- 
gleiche hatte. 

S.  68.  Auch  die  Mexikaner  hatten  wesent- 
lich das  julianische  Jahr.—  Die  Nachrichten, 
welche  sieb  in  den  altern  spanischen  Schriftstellern  über 
die  Zeitrechnung  der  Mexikaner  finden,  sind  unsicher 
und  widersprechend.  Erst  in  neuem  2^iten  ist  die- 
ser Gegenstand  durch  die  gründlichen  Untersuchungen 
des  Mexikaners  D.  Antonio  Leone  Gama  aufge- 
klärt worden,  in  einem  Werke,  das  er  auf  Veranlassung 
eines  im  Jahr  1790  zu  Mexiko  gefundenen,  den  Ka- 
lender der  alten  Mexikaner  darstellenden,  Relie£i  in 
Basalt  geschrieben  hat.  Es  führt  in  der  italiänischen 
XJebersetzuBg,  die  ich  vor  mir  habe,  den  Titel:  Saggio 
delT  /istronomia,   Cronologia  e  Mitologia  degli 


und  Zusätze.  587 

Messicani  (Rom  1804,  S).  Eine  nach  diesem  Werke 
gearbeitete  und  mit  interessanten  Rückblicken  auf  die 
Zeitrechnung  der  ostasiatischen  Völker  begleitete  Ueber- 
feicht  über  das  mexikanische  Kalenderwesen  gibt  Herr 
Alex.  Y.  Humboldt  in  seinen  ^ues  des  CordiUdres 
et  monwnens  des  peuples  indigenes  de  VAmerique  von 
S.  125  bis  194. 

S.  77*  Eine  Aufgabe  der  unbestimmten 
Anal jtiL  —  Es  sei  j:  die  Zahl,  vrelche  durch  28  divi- 
dirt  den  Rest  10,  durch  19  dividirt  den  Rest  2  und 
durch  15  dividirt  den  Rest  4  gibt.  Zuvörderst  mufs 
also  ^g^  eine  g^nze  Zahl  sein.  Diese  as  A  gesetzt, 
hat  man  xss^2^A+\0.  Es  soll  ferner  —^  oder  ^'*' 
sr  2f  +  ^-^ —  eine  ganze  Zahl  sein.  Ist  dies  eine  solche, 
so  ist  es  auch  ^  ^  ,  und  wird  die  letztere  mit  B  be- 
zeichnet,  so  hat  man  ^  =  -^-- — =s2Ä-f----.  Dies  soll 
eine  ganze  Zahl  sein,  folglich  mufs  auch  -—  eine 
solche  sein,  und  bezeichnet  man  dieselbe  mit  C>  so 
hat  man  j9a=9C+8.  Substituirt  man  diesen  Werth 
in  den  von  A^  so  erhält  man  ^^a=  19  C+  16,  und  setzt 
man  diesen  Werth  von  A  in  den  von  x^  so  entsteht 
jcs=532C-h458.  Es  soll  aber  wieder  ^^s  oder  '  ^^^ 
=s:35  C-f-30-f-^-^  eine  ganze  Z^ahl  sein.  Ist  dies  eine 
solche,  so  bt  es  auch  ^—^^  und  wird  diese  Zahl  mit 
jD  bezeichnet,   so  hat  man   Cs2  2>  +  't~^*    Dies  soll 

JD-4    ' 

eine  ganze  Zahl  sein;  es  ist  also  auch  — ^sfeine  ganze 
Zahl,  mithin  D^^^E  +  k.  Setzt  man  diesen  Werth 
von  D  in  den  für  C,  so  erhält  man  CaslSf-f-S, 
und  substituirt  man  diesen  Werth  von  C  wieder  in  die 
Gleichcmg  arsS32  C-f-458,  so  ergibt  sich 

X  =  7980  E  -f.  4714. 


688  Erläuterungen 

In  diese  Gleicbung  kann  man  nun  nacheinander  för  E 
alle  mögUche  ganze  Zahlen  mit  Einschlufs  der  0  seuen, 
und  erhält  so  fiir  x  alle  die  Zahlen,  welche  der  an- 
fänglich gesetzten  Bedingung  Genüge  lebten.  Am  ein- 
fachsten ist  es,  für  E  den  Werth  0  zu  nehmen.  Man 
erhält  dann  für  x  den  Werth,  welcher  der  ersten  nodi 
nicht  abgelaufenen  julianischen  Periode  entspricht,  näm- 
lich 4714. 

S.  78.     Aus  den  delambreschen  Sonnenta- 
feln. ^   Gatterer  gibt  in  seinem  Abrifs  der  Chro- 
nologie S.  25  ff.  eine  dreifisiche  Art,  die  Jahrpunkte  za 
berechnen,   die  des   Beveridge,   des   Strauch   und 
seine   eigene.     Es  ist  aber  mit   solchen  Rechnungen 
nichts  anzufangen,  wenn  man  diese  Zeiten  auch   nur 
bis  auf  einige  Stunden  genau  zu  erhalten  wünscht,  und 
man  mufs  sich  durch  den  Anschein  von  Schärfe,   den 
er  in  seinen  Calcul  bringt,  nicht  täusdien  lassen.    Ver- 
langte man  die  mittleren  Jahrpunkte,  ich  meine  die  Zei- 
ten, wo  die  Sonne  zufolge  ihrer  mittleren  (gleichfärmi- 
gen)   Bewegung  in   die   vier  Hauptpunkte,  ihrer   Bahn 
tritt,   so   könnte   man  allenfiBlls   nach   Beveridge 's, 
Strauch's  oder  Gatterer's  Methode  rechnen;  kommt 
es  aber  auf  die  wahren  Zeitpunkte  dieses  Eintritts  an, 
und  noch  dazu  fiir  sehr  entfernte  Epochen,   so  mufs 
man  sie  mit  Hülfe  astronomischer  Tafeln  suchen;  denn 
da  die  groise  Axe  der  Sonnenbahn  beweglich   ist,   so 
wird  ihre  Mittelpunktsgleichung  in  den  vier  Jahrpunk- 
ten allmählig  eine  andere  (1,35). 

S.  92.     ^MaiiTog,   annus,  Jahr.  ^    '£yiauro$  leitet 
schon  Plato  im  Gratylus*)  von  h  iam^  ab,   wenn 


')  P.  4lO  ed.  Steph. 


und  Zusätze.  689 

er   gleich  dabei  an  keinen  Kreislauf  denkt.     Lydus 
sagt  ^ ) :    2ujii7rXi}/3ovjiievo$   (o  himrro^)  au^*!;   zl^  iavrw   dva^ 
g-piif>£h   >^  TOL\m\   hiAVTo^    wvojmo-^   irapoL  ro  iv  iavrt^  Kt- 
veTcrSrou.    Aus  dieser  Etymologie  hat  man  sich  das  xp^ 
viwv  Itwv  nakaxcfo^  hnaarro^  heim  Aristophanes  zu  er- 
klären ').     Eben  dahin  deuten  die  Epitheta  nipirpoidm^ 
TTtpiTsXKoiuvog  und  TTE^i^XojtxevQ^,   die  Homer  so  häufig 
gebraucht,  i?enn  er  vom  Jahr  spricht  (1,260),  und  das 
römische  annus  vertens,  nach  Censorinus^)  die  Be- 
nennung des  tropischen  Jahrs.    Von  gleicher  Kraft 
ist  das  altgriechische   KvKaßa;^  das  sich   ein  paarmahl 
beim  Homer  *)i  besonders  aber  auf  Münzen  und  In* 
Schriften  findet,  und  nichts  anders,  als  Sonnen-  oder 
Lichtgang   sein   kann.     Es   li^t  dabei   vermuthlich 
einerlei   Stammwort   mit   dem    lateinischen   lux   zum 
Grunde  *)•    Das  römische  anruu  bezeichnet  seinem  Ur- 
sprünge nach  ebenfisills  nichts  anders  als  einen  Kreis- 
lauf.    Annulus  ist  davon  eben  so  das  Deminutiv,  wie 
circubis  vom   gleichbedeutenden  circus ').     Schon  dem 
Yirgll  schwebte  diese  Etymologie  vor,  wenn  er  sagt^): 
.  •  • .  Redit  agricolis  labor  actus  in  orbem, 
Atquß  in  se  sua  per  'vestigia  volvitur  annus. 
Das  hebräische  nsv  schanah  hängt  mit  dem  gleichlauten- 
den Yerbo  zusammen,  das  unter  andern  wiederhohlen, 


De  mens.  p.  29,   Yergl.  Eiym.  Magn.  s.  y.  huanig. 
Ranae  t.  350. 

C.19. 

Od,  g,  l6l ;  T,  306. 

Vergl.  Macrob.  Sat,Iy  17. 

Yarro  L,  L»y,  p.  32.    Macrob.  Sat,  1, 14. 

GeoKg.U^  AOi, 


690  ,  Ertäuierungen 

zam  zweitenmahl  thun  heilst.  Das  deutsche  Jahr 
und  englische  year  steht  vermuthlich  mit  dem  altdeut- 
schen, noch  im  Schwedischen  gebräuchlichen,  j^ra,  krei- 
sen, griechisch  yopdivy  in  Verbindung. 

S.96.    Um  zuvörderst  das  Factum  aufser 
Zweifel  zu  setzen. —>   Ich  berufe  mich  nicht  auf  den 
Ring  des  Osymandyas,  in  welchem  Herr  Creuzer 
und  andere  ein  Symbol  des  365tägigen  Jahrs  sehen. 
Diodor  spricht  nämlich  ^)  bei  Gelegenheit  des  zu  The- 
ben befindlichen  Grabmals  des  Königs  Osymandyas 
von  einem  zu  demselben  gehörigen  goldenen  Ringe,  der 
bei  einer  Dicke  von  einer«  Elle  (^x^;,  anderthalb  Fuls) 
einen  Umfang  von  365  Ellen  mit  eben  so  vielen  Abthei- 
lungen gehabt  haben  soll,   auf  welchem  die  Auf-  und 
Untergänge  der  Sterne  für  alle  Tage  des  Jahrs  bemerkt 
waren«   Strabo')  nennt  diesen  alten  König  Ismandes 
und  sagt,  es  sei  derselbe,  der  bei  den  Griechen  Mem- 
non  heifse.    Die  ganze  Nachricht  von  diesem  Ringe,  der 
schon  seit  Cambyses  nicht  mehr  existirt  haben  soll, 
klingt  sehr  &belhaft,  auch  wenn  man  annehmen  wollte, 
dais  er  nur  von  vergoldeter  Bronze  war,   und  dals  die 
365  Ellen  nicht  buchstäblich,  sondern  in  einem  ähn- 
lichen Sinn  zu  nehmen  sind,  wie  wir  das  Wort  Grad  ge- 
braudien.  Was  ihn,  wenigstens  als  Symbol  des  365tagi* 
gen  Jahrs,  besonders  verdächtig  macht,  sind  die  Auf- 
und  Untergänge  der  Sterne,  die  darauf  angegeben  ge- 
wesen sein  sollen.    Bei  der  geringsten  Bekanntschaft  mit 
diesen  Erscheinungen  mufsten  die  ägyptischen  Priester 
wissen,   dais  sie  alle  vier  Jahre  ihre  Stellen  im  beweg- 


•)  1,49. 

')  Lxvn,  p.8i3. 


und  Zusätze.  59 1 

liehen  Jahr  ändern,  dais  also  ein  solches  Pai*apegma 
nur  auf  wenige  Jahre  zu  gebrauchen  sei. 

S.  102.  Die  Regeln,  die  zu  diesem  Ende  von 
den  Chronologen  gegeben  werden.  ^  Die  Con- 
naissance  des  Tems  stellt  unter  den  Articles  princi- 
paux  du  Cedendrier  die  seit  der  Epoche  der  nabonas- 
sarischen  Aere  verflossenen  julianischen  Jahre, 
Hrn.  Bode's  astronomisches  Jahrbuch  hingegen 
das  anfangende  nabonassarische  auf.  Wenn  z.B. 
im  Jahrgange  1792  jener  Ephemeriden  steht:  annie  de 
VEpoque  de  Nahonassar  depuis  Filtrier  ....  2539,  so 
heifst  das:  im  Februar  (nämlich  am  26sten  a.  St.)  des 
Jahrs  1792  sind  seit  der  Epoche  der  nabonassarischen  Aere 
2538  julianische  Jahre  abgelaufen,  und  das  Jahr  1792 
kommt  gröfstentheils  mit  dem  2539sten  überein.  Im 
Jahrbuch  1792  dagegen  ist  vom  2S4lsten  nabonassari- 
schen Jahr  die  Rede,  welches  am  12.  Junius  a.  St* 
(nicht,  wie  es  daselbst  heifst,  am  13ten)  seinen  Anfang 
nimmt.  Dieser  Unterschied  von  zwei  Jahren  wird  im 
Jahrbuch  1807  S*  261  ganz  unrichtig  erklärt. 

S.  126.  Dasselbe,  nur  verschieden  ausge- 
sprochene, Wort.—  Bochart  behauptet*),  Sothis 
habe  in  der  altägyptischen  Sprache  einen  Hund  be- 
deutet. Jablonski  erklärt  dies  für  einen  Irrthum'), 
und  vermuthlich  mit  Recht.  Daraus  folgt  aber  nicht, 
dafs  die  Aegypter  den  Sirius  und  die  Sterngruppe,  zu 
der  er  gehört,  nicht  unter  dem  Bilde  eines  Hundes 
dargestellt  haben  sollten.  Jablonski  bezweifelt  dies, 
besonders  wegen   folgender  Aeufserung  des  Achilles 


^)  Hierozoicon  p.  691  ed.  1675. 

*)  Pantheon  Jegyptiacum  I.  in,  c.  2.  S.  9. 


592  Erläuterungißn 

TatiHS*):    ,,Man   findet  bei   verschiedenen   Nationen 
,, verschiedene   Namen  der  Gestirne.     Auf  der   Sgypti- 
,, sehen  Sphäre  gibt  es  keinen  Drachen,   keine  Bfiren, 
,, keinen  Cepheus/'    Aber  auch  keinen  Hund?   Dafs  die 
Sterngmppe,  zu  der  Sirius  gehört,   von  den  Aegyptem 
wirklich  unter  diesem  Bilde  dargestellt  worden  sei,   be- 
weiset eine  andere  Stelle,   die  wenigstens  eben  so  viel 
Autorität  hat«     „Die  Aegypter/'  sagt  Aelian'),   ,,ye]v 
,, ehren  den  Hund,   weil,  wenn  das  Hundsgestim  auf- 
,,geht,  gewissermaisen  auch  der  Nil  aufgeht,   tun  das 
,,  ägyptische   Land    zu   bewässern."     Diese   Verehrung 
leuchtet  auch  unverkennbar  aus  ihrer  ganzen  mit  Astro- 
nomie 80  sehr  gemischten  Götterlehre   hervor,   in  der 
sich   unverkennliche  Beziehungen  auf  ein  solches  Bild 
finden.     Man  denke  nur  an  den  Anubis   latrator, 
den  Begleiter  von  Osiris  und  Isis.     Nach  Jablonski, 
der  überall  im  Koptischen  nach  Etymologien  altägypti- 
scher Namen  hascht,   soll  Sothis  einen  Zeitanfang 
bedeuten.     Ich  mafse  mir  darüber  kein  Urtheil  an,   da 
ich  dieser  Sprache  nicht  kundig  bin.    Es  will  mir  aber 
nicht  einleuchten,  dafs  die  Aegypter,  die  alles  in  Sym- 
bole hüllten,  dem  Sirius  einen  Namen  gegeben  haben 
sollten,  der  ihrer  Phantasie  kein  Bild  vorschob.  -^  Merk- 
würdig scheint  mir  die  Uebereinstimmung  des  Namens, 
den  der  Nil  bei  den  Aethiopiem  gefuhrt  haben  soU,  mit 
dem  des  Hundssterns  bei  den  Griechen.     Dionysius 
der  Erdbeschreiber  versichert  nämlich^),  er  heiise  bei 


*)   Jsagoge  in  Arati  Phaenomena  p.  94  des  Uranologii  Ton 
Petavius. 

')   Hist.  Anim*  X,  45.^ 

')  T.223.   Vergl.Plin./f.iV.V,10.  Steph.Byz.v.2viivii  und 
Eustath.  zum  citirten  Yerse  des  Dionysius. 


und  Zusätze.  693 

jenem  Volke  Siris  —  £2^i;  —  und  werde  erst  von  den 
Einwohnern  Syene's,  d.  i.  bei  seinem  Eintritt  in  Aegyp- 
ten,  INil  genannt.  Dafs  Ssijpio^  oder  eigentlich  Dap 
(diese  Form  findet  sich  beim  Suidas)  ein  der  griechi- 
schen Spiache  ursprünglich  fremdes  Wort  sei,  haben 
Grotius^)  und  Seiden^)  längst  gesagt,  und  sie  ha- 
ben ohne  Zweifel  Recht.  Woher  es  eigentlich  stammen 
möge,  lasse  ich  dahingestellt  sein^);  auf  jeden  Tall 
scheint  es  mir  bei  der  Beziehung,  in  welcher  der  Auf- 
gang des  Sirius  zum  periodischen  Steigen  des  Nils  ent- 
schieden stand,  dais  die  Namen  Siris  und  Sirius  einen* 
gemeinschaftlichen  Ursprung  haben.  Ein  sonderbarer 
Zufall  ist  es,  da(s  die  Buchstaben  des  Worts  NEIAO:^ 
nach  ihrem  Zahlenwerth  addirt  365  geben,  so  dafs  das 
Wort  eine  symbolische  Bezeichnung  des  Jahrs  zu  sein 
schiene.  Diese  Bemerkung  ist  schon  im  Alterthum  ge- 
macht worden  ^).  Allein  es  stamme,  woher  es  wolle, 
die  Endung  02  ist  unstreitig  eine  griechische. 

S.  131.  Dies  war  in  den  Jahren  2782  und 
1322  vor  und  139  n.Chr.  der  Fall.—  Des-Yigno- 
les  sagt^),  der  Anfang  der  Hundsstemperiode  sei  in  die 


*)   In  Arati  Phaen,  v.  331. 

')   De  DIs  Syris  Synt.  1, 4. 

'}  Es  hängt  yennuthllch  mit  dem  hebräisclieii  "urm  Schichor 
zusammen,  womit  Jeremias  11,18  deutlich  der  Nil  bezeichnet 
wird.  Dies  Wort  stammt  yon  der  Wurzel  '^nw  nigrum  esse. 
Auch  Plutarch,  oder  wer  der  Verfasser  des  Buchs  de  fluviis 
sein  mag,  sagt  c.  de  Nilo,  dafs  dieser  Flufs  ehemahls  MiXac» 
der  schwarze,  genannt  worden  sei.  Yergl.  Seryius  ad  F'irg. 
Georg.  lY,29i. 

*)   Heliodori  Aethiop.  1.  IX.  p.  456  ed.  Lugd. 

*)    ChronoL  de  l'Hist.  Sa  inte  Tom.  II.  p.  680. 

II.  [38] 


694  Erläuterungen 

Jahre  132ä  vor  und  136  n.  Chr.  za  setzen;  denn  dies 
wären  die  Jahre,  yto  der  l.Thoth,  der  immer  vier  Jahre 
hintereinander  auf  demselben  julianischen  Datum  haftet 
vom  21sten  zum  20.  Julius  übergegangen  sei.  Censo- 
rinus  habe  sich  also  um  drei  Jahre  geirrt.  Diese  An- 
sicht hat  sich  in  mehrere  Bücher  fortgepflanzt*  Es 
kommt  hier  aber  nicht  auf  dergleichen  theoretische  Be- 
merkungen, sondern  lediglich  auf  das  Factum  an,  dais 
Censorinus  das  Jahr  139  n.Chr.  zur  Epoche  der 
sich  erneuenden  Perlode,  und  das  Jahr  238,  worin  er 
schrieb,  zu  ihrem  hundertsten  macht.  Man  kann  doch 
wol  voraussetzen,  dafs  er,  der  sich  überall  so  genau 
von  den  Acren  der  Vorwelt  unterrichtet  zeigt,  wissen 
mufste,  wie  man  die  Jahre  der  Hundsstemperiode  in 
Aegypien  zählte.  Wir  wollen  uns  also  an  seiner  Aus- 
sage halten,  und  dies  um  so  mehr,  da  auch  die  Resul- 
tate der  Rechnung  damit  übereinstimmen. 

r 

S.  132.  Um  einen  Tag  später  in  der  Mor- 
gendämmerung erscheinen  sahn.—  Die  Erschei- 
nung konnte  nach  dem  Zustande  der  Atmosphäre  zo- 
weilen  einen  Tag  früher  oder  später  erfolgen,  zumal 
da  nach  der  Versicherung  der  Reisenden,  besonders  des 
Hrn.  Nouet,  der  als  Astronom  der  französischen  Expe- 
dition nach  Aegypten  beigewohnt  hat  ^),  der  Horizont 
Aegyptens  dunstig  und  den  astronomischen  Beobachtun- 
gen nicht  besonders  günstig  ist.  Wenn  also  Hephä- 
stion  in  dem  oben  (1,  125)  erwähnten  Fragment  sagt, 
die  ägyptischen  Weisen  hätten  den  Aufgang  des  Sirius 
am  25.  Epiphi  des  alexandrinischen  Jahrs  (am  19.  Julius) 


^}   Mämoire  sur  les  antiquitäs  de  Denderah,  in  den   Oeu^ 
vres  de  Volney,  Tom.V,  p.  425. 


und  Zusätze.  696 

beobachtet»  itnd  wenn  es  beim  Solinns^)  heifst:  ijuod 
tempus  (die  Zeit  des  Friihaufganges  des  Sirius)  scicer" 
dotes  natalem  mundi  iudicanmt^  id  est  inter  terdum 
decimum  CaL  Augustas  et  undecimum  (zwischen  dem 
20sten  und  22.  Julius) ,  so  widersprechen  beide  dem 
Censorinus  gerade  nicht,  der  ja  nur  sagt:  quo  temn 
pore  solet  canicula  in  Aegypto  facere  exortvan.  Es 
konnte  aber  bei  fortgesetzter  Beobachtung  dieses  Phä- 
nomens den  Aegyptern  unmöglich  die  Bemerkung  ent- 
gehen, dafs  es  sich  im  Durchschnitt  aUe  yier  Jahre  um 
einen  Tag  später  in  ihrem  Kalender  zeigte. 

S.  161.  Die  sie  nun,  man  weifs  nicht  ge- 
nau bei  welcher  Veranlassung,  in  der  diocle- 
tianischen  erhielten.—  Athanasius  Kircher') 
macht  den  Diocletian  zum  Urheber  des  festen  ägyp- 
tischen Jahrs,  das  seiner  Meinung  nach  bis  auf  ihn 
beweglich  geblieben  war.  Wenn  diese  Behauptung,  die 
er  mit  grofser  Zuversicht  ohne  Beweis  hinstellt,  ge- 
gründet wäre,  so  erklärte  sich  die  Entstehung  der  dio- 
cletianischen  Acre  von  selbst.  Er  irrt  sich  aber,  was 
ihm  nicht  selten  begegnet,  daher  seine  mit  tiefer  Ge- 
lehrsamkeit geschriebenen  Werke  mit  grofsem  Mifs- 
trauen  zu  gebrauchen  sind. 

S.  182.  Also  eine  ganze  Hundssternperiode 
hindurch.—  Syncellus,  der  von  dieser  Tafel  spricht, 
sagt^),  sie  umfasse  dTFOKCLTag-aa-iv  AiyvTTTLOxS  Ivig  trovg^  die 
Zeit,  in  der  sich  Ein  ägyptisches  Jahr  er- 
neuere.    Bemerkenswerth  ist  die  Benennung,   die  er 


*)  Polj^k.  c.  32. 

')   Prodrom.  Copt,  c.  2. 
')   Chronogr.  p.  207. 

[38*] 


696  Eriäuienmgen 

hier  der  Handssternperiode  beiznl^en  schont. 
Vielleicht  bat  er  aber  so  gescbrieben  oder  scbreiben 
wollen,  wie  an  einer  andern  Stelle  ^),  wo  er  denselben 
Ausdruck  ohne  kvog  gebraucht,  und  unter  übroxard^aurj, 
die  Rückkehr  des  beweglichen  1*  Thoth  oder  Jahian- 
fuQgs  EU  demselben  Punkt  des  Sonnenjahrs  oder  eigenl- 
lieh  zum  Frühaufgange  des  Hundssterns  versteht. 

S.  183.  Die  Phönixperiode«—  Hier  wäre  der 
Ort  gewesen,  von  einem  dreifsigjährigen  Cydus  zu 
reden,  der  in  der  Inschrift  von  Rosette  erwähnt 
wird.  Ptolemäus  Epiphanes  nämlich,  zu  dessen 
Ehren  sie  errichtet  worden  (1,123),  erhält  in  der  zwei- 
ten Zeile  unter  andern  das  Prädikat  xopiog  rptaxarnurr^' 
piiu)v  Koä'tbnp  0  ''H'^cug'o^  6  läyog^  „Herr  der  dreiCdgiah- 
„rigen  Cykel,  wie  Hephästus  der  Grofse"  (Phtha,  die 
Hauptgottheit  von  Memphis).  Ich  bekenne  aber  gern, 
dafs  ich  von  diesem  Cydus  eben  so  wenig,  wie  einer 
der  bisherigen  Ausleger'),  einen  Zusammenbang  mit 
den  übrigei^  Zeitki*eisen  der  Aegypter  und  überhaupt 
mit  ihrer  ganzen  Zeitrechnung  abzusehen  vermochte, 
und  daher  in  Erwartung  künftiger  Aufschlüsse  lieber 
schwieg.  Jetzt  hat  nun  ein  Gelehrter  das  Räthsel  zu 
lösen  versucht^);  mit  welchem  Erfolge,  mag  der  Leser 
entscheiden.  Aus  den  bestimmten  Zeugnissen  des  Dio- 
dor  und  Strabd  (1,176)  und  aus  mancherlei  zerstreu- 
ten  Andeutungen   geht  hervor,    dais   die   ägyptischen 


*)   S.264. 

*)  S.  Hrn.  Drumann^s  historisch-antiquarische  Un- 
tersuchungen über  Aegypten  oder  die  Inschrift  Ton 
Rosette  (Königsberg  1823,  8)  S.Uff, 

')  Hallische  Litteratur-Zeitung  1826  Nr.  73. 


und  Zusätze.  597 

Hierophanten  das  bewegliche  bürgerliche  Jahr  mit  dem, 
durch  die  Erscheinungen  des  Sirius  bedingten  festen 
auszugleichen  bemüht  waren  und  zu  dem  Ende  unter 
andern  die  Hundssternperiode  ersonnen  hatten.  Es  ist 
mehr  als  wahrscheinlich,  dafs  auch  die  SOOjährige  Phö- 
nixperiode  dahin  zu  deuten  ist,  und  da(s  es  noch  klei- 
nere Cykel  von  ähnlicher  Bestimmung  gab.  Nun  sagt 
jener  Gelehrte:  ,,Ueber  die  Art  der  Einschaltung  ent- 
,  schied  der  König,  doch  so,  dafs  er  seinem  Schwüre 
, getreu^)  in  der  astrologischen- Einrichtung  des  Kaien- 
,dei*8  nichts  ändern  durfte,  das  heifst,  in  der  ange- 
,nommenen  Folge  der  Planetenherrschaft,  worauf  sich 
,der  Kreis  der  siebentägigen  Woche  gründete').  Sollte 
,  diese  Folge  der  Planetenherrschaft  nicht  gestört  wer- 
,den,  so  durfte  man  nie  einen  einzelnen  Tag  ein- 
, schalten,  wie  es  durch  lulius  Qisar  eingeführt  ist; 
,  sondern  so  wie  die  Perser  alle  120  Jahre  einen  Mo^ 
,nat  von  30  Tagen  einschalteten,  um  ihr  Jahr  mit 
,dem  julianiachen  auszugleichen,  so  scheinen  die  Aegyp« 
,ter  alle  30  Jahre  eine  Woche  von  sieben  Tagen  ein- 
, geschaltet  zu  haben,  wodurch  die  fünf  Ergänzungs- 
,tage  zu  einem  sogenannten  kleinen  Monat  anwuch- 
,sen.  Freilich  wurde  so  in  jeder  dreifsigjährigen  Pe- 
,riode  ein  halber  Tag  zu  wenig  eingeschaltet,  welches 
,in  14  solcher  Perioden  wieder  eine  Woche  betrug. 
,  Nehmen  wir  nun  an,  dafs  in  jeder  15ten  Periode 
2 zwei  Wochen  statt  einer  eingeschaltet  wurden,  y^o- 
,  durch  alles  wieder  in  das  gehörige  Geleis  kam,  und 
,dafs  Herodotus  eine  solche  Periode  mit  seiner  Gene* 


*)  S.  oben  1,95. 
')  1,178. 


598  Erläuterungen 

,,ration  yerwechselte,  deren  drei  auf  ein  Jahrhundert 
„gehen,  so  füllen  15  solcher  Perioden  500  Jahre,  welche 
„HerodotttS  zu  einer  Phönixperiode  rechnet.    Die» 
,, Periode  ist  demnach  als  eine  Regulirung  des   Jahrs 
,,  anzusehen,   wenn  die  Kalenderxeit  von  der   wahren 
„Zeit  XU  sehr  abgewichen   war"  u.  s.  w*     Hiebei   ist 
zu  erinnern:   nach    14   dreifsigjährigen  Perioden   oder 
420  Jahren  wurde  allerdings  das  bewegliche  Jahr  mit 
dem  festen  vollkommen  ausgeglichen,  d.h.  der  l.Thoth 
der  Priester  zu  demselben  Tage  des  julianisdien  Jahrs 
zurückgeführt,   von  welchem  der  l.Thoth  des  bücher- 
lichen ausgegangen  war.     Sollte  aber  das  Priacip  wol 
gehörig  begründet  sein,  dafii  nur  immer  eine  Woche, 
kein  einzelner  Tag  eingeschaltet  werden  durfte?     Die 
Woche   war   dem   bürgerlichen  Jahr  von  365   Tagen 
nicht  Gommensurabel;    es  rückten  also  die   einaelnen 
Tage  des  Jahrs  auf  immer  andere  Wochentage,   und  es 
wurde  mithin  der  vom  ^ahr  unabhängige  Cydns  der 
Woche  nebst  der  Folge  der  Planetenherrschaft  durch  die 
Einschaltung  eines  einzelnen  Tages  oder  einer  belielHgen 
Zahl  von  Tagen  keinesweges  gestört.     Die  Noth wen- 
digkeit eines  30jährigen  Cydus  und  einer  420jähri- 
gen  Periode  leuchtet  daher  nicht  ein.     Die  Möglich- 
keit indessen,  dais  die  ägyptischen  Priester  unter  an- 
dern Ausgleichungscykeln  auch  einen   solchen  dreilsig- 
jährigen  hatten,   kann  nicht  in  Abrede  gestellt  werden. 
Dafii  aber  Herodot  aus  der  420jährigen  Periode  durch 
ein  blofses  Mi&verständnifs   eine   500jährige  gebildet 
haben  sollte,   ist  um  so  unwahrscheinlicher,   da  auch 
Tacitus  von  einer  500jährigen  Dauer  der  Phönixpe- 
riode spricht  —  de  numero  annorum  varia  traduntur: 
maxime  vulgatum  quingentorum  spatium  ^ 


und  Zusätze.  699 

was  er  schwerlich  blofs  auf  Rerodot's  Autorität  ge« 
schi^ieben  hat.  Die  Akten  sind  ako  immer  noch  nicht 
als  geschlossen  ietnzusehen. 

S.  197«  Er  lebte  unter  Antiochus  Soter, 
dem  zweiten  Seleuciden.—  Berosus  selbst  gab 
sich  in  seinem  Geschichtswerke  für  einen  Zeitgenossen 
Alexander's  von  Maoedonien  aus').  Tatian  sagt'): 
f^Berosus  ein  Babylonier  und  Priester  des  Belus,  zur 
,,Zeit  Alexander's  lebend,  widmete  dem  Antiochus,  dem 
,, dritten  nach  diesem,  seine  aus  drei  Büchern  beste- 
,,hende  chaldäische  Geschichte."  Hier  bt  unstreitig  vom 
Antiochus  Soter  die  Rede,  der  dem  Seleucus  Nica- 
tor  in  der  Regierung  folgte,  also,  den  Alexander  mit- 
gerechnet, der  dritte  macedonische  König  in  Syrien 
war.  Von  den  Lebensumständen  des  Berosus  wissen 
wir  wenig.  Nach  Vitruv^)  hat  er  sich  auf  der  Insel 
Cos  niedergelassen  und  daselbst  eine  Schule  eröflnet« 
in  der  er  die  Griechen  mit  der  Astrologie  der  Chaldäer 
bekannt  machte.  Nach  Plinius^)  errichteten  ihm  die 
Athener  öffentlich  im  Gymnasium  eine  Statue  mit  ver- 
goldeter Zunge,  offenbar  seiner  astrologischen  Weissa- 
gungen halber,  die  wegen  ihrer  Neuheit  auf  die  för 
alles  Neue  eingenommenen  Athener  einen  grofsen  Ein- 
druck gemacht  haben  mögen.  Er  unterrichtete  aber  die 
Griechen  nicht  blofs  mündlich,  sondern  auch  schrift- 
lich.    Sein   in  griechischer  Sprache  abgefalstes  Werk 


'}   Eusebii  Ckronicon  nach  dem  armenbchcn  Text  Vol.  I.  p.  17* 
Syncelli  Ckron.  p.  l4  und  28. 

')   Oratio  ad  Graecos  p.  125  ed.  Qxon. 

0  Et,  7. 

*)  H.N.yn,37. 


600  EdoMUerungen 

fahrte  den  Titel  BoßuXwyioxa  *).  Er  handelte  darin,  ivie 
Syncellus  berichtet'),  vom  Himmel,  von  der  Erde, 
vom  Meere,  von  der  Geschichte  der  alten  babyloni- 
schen Könige,  von  der  Lage  und  Fmchtbariceit  Baby- 
lons u.  s.  w.  mit  einer  gewissen  Pralerei,  die  deutlich 
zu  erkennen  gab,  dais  seine  Absicht  dahin  ging,  die 
Ghaldäer  als  das  älteste  Volk  der  Erde  darzustellen. 
Wenn"  losephus  einem  Fragment  von  ihm  folgende 
Worte  vorausschickt^):  ,,Hein  Zeuge  ist  Berosus, 
,,ein  Ghaldäer  von  Geschlecht  und  allen  Gelehrten 
,, durch  die  Schriften  bekannt,  die  er  über  Astrononue 
,,und  Philosophie  der  Ghaldäer  in  griechischer  Sprache 
,, herausgegeben  hat,"  so  sieht  manj  er  war  zugleich 
Astronom,  Philosoph  und  Geschichtschreiber.  War  es 
aber  wirklich  Eine  Person,  die  diese  Prädikate  in  sich 
vereinigte?  Hieran  zweifeln  Riccioli  und  Weidler, 
und  nach  ihnen  mehrere.  Besonders  hat  sich  Bailly 
zu  erweisen  bemüht,  dafs  der  Astronom  Berosus 
von  dem  Geschichtschreiber  zu  unterscheiden  sei, 
und  dafs  jener  viel  früher  als  dieser  gelebt  habe.  Be- 
rosus, sagt  er^),  hat  sich  nur  durch  absurde  Meinun- 
gen bekannt  gemacht,  wohin  die  Erklärung  gehört,  die 


*J  So  citiren  es  Athenäus  l.  XIY.  p.  639  und  Syncellus 
Chron.  p  28.  Der  letztere  fuhrt  es  auch  unter  dem  Titel  XaV- 
^a'Cxri  ap^euoXoyia  auf.  Tatian  nennt  es  XaXWuir  ig-oplti.  Eine 
Sammlung  seiner  ächten  Fragmente  findet  man  in  Fabricii  BibL 
Gr.  Tom.  XIV.  p.  175  ff.  d.  a.  A. 

')    Chron,  p.  l4. 

^)    Contra  Jpionem  1. 1.  c.  19. 

*)  Bist,  de  V Astronomie  ancienne,  Eclaircissemens  1.  IV. 
S.  XXXV  ff. 


und  Zusätze.  601 

er  nach  Plutarch^)  und  Vitruv*)  von  den  Finster- 
nissen und  Phasen  des  Mondes  gegeben  hat.  Wir  müs« 
sen  ihn  also  weit  zurücksetzen,  um  die  Ehre  der  baby- 
lonischen Astronomie  zu  retten.  Es  fragt  sich  aber,  ob 
uns  diese  Schriftsteller  die  Meinungen  des  Berosus  ge- 
treu und  aus  eigener  Ansicht  seiner  Werke  v  mitgetheilt 
haben.  Und  wäre  dies  auch  wirklich  der  Fall,  so  wird 
niemand  so  uubillig  sein,  yon  den  Einsichten  eines 
einzigen  Astronomen  oder  vielmehr  Astrologen  auf  die 
Sternkunde  aller  andern  Chaldäer  schliefsen  zu  wollen. 
Dann  ist  Berosus,  bemerkt  Bailly  weiter,  nach 
Yitruv  der  Erfinder  der  Sonnenuhren.  ,,Da  nun 
,,Herodot  versichert  (1,85.233),  dafs  die  Griechen 
,,von  den  Babyloniem  den  Polos,  d.i.  die  Sonnen- 
,,uhr,  erhalten  haben,  so  ist  es  sehr  wahrscheinlich, 
,,dafs  er  die  Erfindung  des  Berosus  vor  Augen  ge- 
,,habt^  also  später  als  dieser  gelebt  hat."  Yitruv  macht 
aber  keinesweges  diesen  Babylonier  zum  Erfinder  der 
Sonnenuhren  überhaupt,'  sondern  legt  ihm  blofs  das 
Hemicyclium  bei,  eine  von  den  mancherlei  Sonnen- 
uhren, von  denen  er  handelt^).  Man  sollte  meinen,  die 
Identität  des  Astronomen  und  Geschichtschreibers  Be- 
rosus würde  durch  den  einzigen  Umstand  aufser  Zwei- 
fel gesetzt,  dafs  die  Alten  nirgends  eine  Verschiedenheit 
beider  ahnen  lassen. 

S.  228.  Wird  vermuthlich  die  Sache  aufs 
Klare  bringen.  —  Wenn  man  den  zweiten  in- 
zwischen erschienenen  Theil  von  Herrn  Buttmann's 


*)   De  plac.pkiLU,29. 
')  IX,  4. 
')  IX,9. 


602  Erläuierungen 

Lexilogas  yei^eicht,  6o  wixd  man  skli  in  dieser  Er- 
ivaitung  nicht  getäiucht  finden. 

S.  255.  Ohne  zahlreichen  Stellen  Gewali  an- 
zuthun.  —  Für  die,  welche  durch  Scaliger*s  Geist 
und  Gelehrsamkeit  geblendet,  seiner  Theorie  des  griechi- 
schen Jahrs,  auch  nach  Petayii  sonnenklarer  Widerie- 
gong  derselben,  noch  immer  Glauben  schenken,  will  ich 
hier  an  ein  paar  Beispielen  zeigen,  wie  ungrundUch  der 
greise  Alterthumsfoncher  bei  ihrer  Entwerfiing  yerlah- 
ren  isU  Diodor  redet  ^)  yon  der  YerstiiimBielang  der 
Hennen,  deien  man  den  Alcibiades  beschuldigte.  Bei 
der  darüber  angestellten  Untersuchung  sagt  jemand  ans, 
er  habe  rff  youjutijy^  am  ersten  Monatstage'),  mit- 
ten in  der  Nacht  einige  Personen  in  das  Haus  eines 
Bnigers  gehen  sehen,  und  unter  diesen  auch  den  Alci- 
biades. Auf  die  Frage,  wie  er  in  der  Nacht  die  Ge- 
sichter habe  erkennen  können,  antwortete  er:  npo^  ro 
r^^  o-cX^yij^  (JKSg,  beim  Mondlicht.  Dieser  Stelle  be- 
dient sich  Scaliger'),  um  zu  beweisen,  dafii  die  bür- 
gerlichen Monate  der  Griechen  nicht  nach  dem  Monde 
abgemessen  waren;  denn  sonst,  meint  er,  hätte  nidit 
zur  Zeit  des  Neumondes  yom  Mondlicht  die  Rede  sein 
kdnnen.  Unglücklicherweise  beachtet  er  aber  nidit  die 
yom  Diodor  hinzugefügten  Worte:  Ouro$  p^v  mn  wirow 
i^Ekly^a^  xars^fsva-iJyog  evp£^,  ^,50  erschien  er,  sich  selbst 
,, überführend,  als  Lügner"  *).   Man  sieht  also,  dais  aus 


*)  xm.2. 

'>  Nach  Plutarch  {Jlcib.c.20)  war  die  Frerelüiat  Infi  mtd 
vkofy  am  Tage  der  Conjunction,  verübt  worden. 

')  Emend,  temp.  1. 1.  p.  23. 

*)  Beim  Plutarch,  wo  die  Sache  übrigens  eben  so  ersiUt 
wird,  heilst  es:  kv^etkn  toiT  norroc« 


und  Zusätze.  603 

der  Stelle  gerade  das  Gegentheil  von  dem  folgt,  was 
er  in  ihr  findet.  Im  Leben  des  Camillus^)  zeigt 
Plutarch,  dafs  der  Boedromlon  den  Griechen  immer 
ein  siegbringender  Monat  gewesen  sei.  ,9  Am  sechsten, 
,,sagt  er,  siegten  sie  bei  Maralhon,  am  dritten  bei 
,,P]atäa  und  Mycale,  und  am  fünften  yom  Ende  bei 
,,Arbela  über  die  Perser;  am  YoUmondstage  des  Boe- 
,,dromion  erfochten  die  Athener  unter  Anführung  des 
,,Chabrias  bei  Naxos  einen  Sieg  zur  See."  Diese  Stelle 
lautet  in  den  altern  Ausgaben  wie  folgt:  Touro  d'  aZ  to- 
Xlv  Uipa-ou  iirivog  BoTjdpojuucSyo^  Sxtv)  jui^y  Iv  MopoJd-cSyi,  rphri 
d'  iv  nXarflUoug  a/uia  xai  TTspi  MvKakrjv  TJmjJdijj-ay  vtto  rwy 
^EXXijywy.  ^r^jn^mj  dk  <J)J9'iyoyTOs  iv  'Apßi]A.ot$  'A^Tjyaibt  njy 
TTspl  Vci^ov  ivCK(i)v  yavjüiaxtfity,  ^^  XaßpCag  Ig-parrjfyHi  roS  Boi]- 
ipo^wvog  nepl  n)y  7rayjEXi]yoy.  Bei  einiger  Aufmerksam- 
keit sieht  man,  dais  hinter  ^Ekki^mv  ein  Komma,  hin- 
ter 'ApßriKotg  ein  Kolon,  und  hinter  ^A^vouoi  ein  6\ 
stehen  mufs.  Scaliger  nimmt  aber  die  Interpunction 
so,  wie  ,er  sie  vorfand,  und  zieht  das  Datum  TrifiTmi  61 
4>2rivoyTog  mit  den  Worten  TFipl  Tif)y  9rctyo-E\i]yoy  zusammen, 
um  auch  diese  Stelle  für  sich  zu  gebrauchen.  Auf  eine 
ganz  unbegreifliche  Weise  bezieht  er  die  letztem  Worte 
auf  einerlei  Schlacht,  im  ersten  Buch  ')  auf  den  Sieg  des 
«Chabrias  bei  Naxos,  im  fünften  ^)  auf  den  des  Alezander 
bei  Arbela.  —  Ich  benutze  diese  Gelegenheit,  um  von 
den  chronologischen  Werken  der  beiden  Heroen  dieses 
Fachs,  des  Scaliger  und  Petavius,  eine  kurze  Notiz 
zu  geben.     Josephus  Scaliger  schrieb  am  Ende  des 


*)  c.19. 
»)  S.24. 
^)  S.421. 


\ 


604  Erläuterungen 

sechzehnten  Jahrhunderts  sein  gelehrtes  Opus  de  emen^ 
datione  temporum,  dessen  beste  Ausgabe  die  genfer  vom 
Jahr  1629  ist.  Ueberdies  bearbeitete  er  die  Fragniente 
der  Chronik  des  Eusebius  unter  dem  Titel  The^ 
saurus  temporum,  \md  begleitete  sie  mit  ausführlichen 
chronologischen  Untersuchungen,  die  er  Isagogici  chro^ 
nologiae  canones  betitelt  hat  (zweite  Ausgabe,  Amster- 
dam 1658,  fol.)-  In  beiden  Werken  hat  er  einen  Schatz 
von  chronologischer  Gelehrsamkeit  niedergelegt,  viele 
Punkte  der  Zeitrechnung  ins  Licht  gesetzt,  und  über- 
haupt zuerst  gezeigt,  wie  Gegenstände  dieser  Art  zu  be- 
handeln sind.  Bei  aller  Gelehrsamkeit  und  allem  Scharf- 
sinn indessen  hat  er  sich  viele  bedieutende  Irrthümer  zu 
Schulden  kommen  lassen,  die  seiner  lebhaften,  zu  Hypo- 
thesen geneigten  Phantasie  und  der  Beschränktheit  sei- 
ner astronomischen  Kenntnisse  zuzuschreiben  sind.  Auf 
seine  Schultern  trat  Dionysius  Petavius,  der  mit 
gleicher  Gelehrsamkeit  und  nicht  geringerem  Scharf- 
sinn einen  ruhigem  Prüfungsgeist  und  einen  ungleich 
gröfsern  Yorrath  astronomischer  Kenntnisse  verband.  In 
seinem  ganz  auf  die  Widerlegung  der  Emendatio  tem- 
porum gerichteten,  aber  doch  ganz  darauf  gegründeten 
Opus  de  doctrina  temporum  sind  viele  Hauptpunkte  der 
Chronologie  aufs  Reine  gebracht,  und  es  ist  daher  eine 
Fundgrube  geworden,  aus  der  die  spätem  chronologi- 
schen Schriftsteller  geschöpft  haben.  Noch  immer  ist 
indessen  eine  bedeutende  Nachlese  übrig  geblieben  fior 
die  Forscher,  die  sich  durch  keine  Autorität  leiten  las- 
sen wollen.  Die  beste  Ausgabe  ist  die  antwerper  vom 
Jahr  1703  in  drei  Foliobänden,  von  denen  der  dritte  eine 
schätzbare  Sammlung  kleiner  astronomischer  Schriften 
in  griechischer  Sprache  unter  dem  Titel  Unmohgiwn, 


und  Zusätze.  605 

und  eine  Menge  einzelner  in  die  Chronologie  und  Ge- 
schichte der  Astronomie  einschlagender  Untersuchungen 
unter  dem  Tit^l  F'ariae  dissertationes  swe  auctanum 
operis  de  Doctrina  temporum  enthält.  Sein  Rational' 
rium  temporum^  nvelches  öfters  gedruckt  ist,  unter  an- 
dern Leiden  1724,  8,  gibt  die  Resultate  seiner  chrono- 
logischen Untersuchungen  in  Form  eines  Handbuchs  der 
Geschichte,  das  lange  das  beste  in  diesem  Fache  gewe- 
sen ist,  und  wegen  des  Chronologischen  noch  immer 
verglichen  zu  werden  verdient. 

S.305«  Eine  Schöpfung  des  Cleostratus  aus 
Tenedos.  —  Wenn  von  der  wissenschaftlichen  Anord- 
nung und  Ausbildung  der  Octaeteris,  wie  sie  uns  Ge- 
rn inus  bieschreibt  (1,294),  und  wie  sie  der  Zeit- 
rechnung der  meisten  griechischen  Völkerschaften  zur 
Grundlage  gedient  haben  muÜs,  die  Rede  Ist,  so  haben 
wir  keine  Ursache,  die  Notiz  beim  Censorinus  (1,300), 
dals  sie  eine  Schöpfung  des  fünf  bis  sechsthalbhundert 
Jahre  vor  Christus  lebenden  Cleostratus  sei,  in  Zwei- 
fel zu  ziehen.  Aber  die  Wahrnehmung,  dafs  99  Mond- 
monate nahe  mit  acht  tropischen  Jahren  übereinstimmen, 
imd  dafs  dieser  Zeitraum  der  kürzste  sei,  in  welchem 
sich  die  Erscheinungen  des  Mondes  mit  dem  Sonnen- 
jahre ausgleichen^  ist  gewifs  sehr  früh  in  Griechenland 
gemacht  und  für  die  Zeitrechnung  benutzt  worden.  Es 
waren  dazu  blols  gesunde  Augen,  fast  gar  keine  astro- 
nomische Vorkenntnisse  erforderlich;  denn  man  durfte 
nur  von  Jahr  zu  Jahr  den  kürzsten  oder  längsten  Mit- 
tagsschatten, den 'die  höchst  einfache  Vorrichtung  des 
Gnomons  gab,  mit  dem  Lichte  des  Mondes  vergleichen, 
um  sehr  bald  zu  finden,  dafs  alle  acht  Jahre  der  Voll- 
mond bis  auf  eine  Kleinigkeit  zum  Tage  des  einen  oder 


606  Erläuterungen 

des  andern  znriidLkelirt«     Audi   gibt  es  Spuren  genug 
von  dem  firühzeitigen  Dasein  der  Octaeteris  als  eines 
AusgleichuDgscydus  fiir  die  beiden  Zeiträume,  wodordi 
die  Feier  der   griechischen   Feste   bedingt  wurde,    des 
Mondmonats   und  des  Sonnenjahrs  (1,256).     Ich   darf 
hier  nur  an  die  heiligen  Spiele  der  Hellenen  erinnern. 
Die  olympischen  wurden  abwechselnd  nach  49  und 
50  Monaten  beim  YoUmonde  gefeiert  (1,366).     Es  lag 
ihnen   also   die   achtjährige   Periode   zum   Grunde,    die 
man,   so  gut   es   sich   thun   liefs,    in   rwei   vierjährige 
zerschnitt,   wohl  wissend,   da{s  die  Tetraeteris   kein 
Ausgleichungscydus  sei,   wofür  sie  Censorinns  irrige 
genommen  hat  (1,273).    Die  pythischen  Spide  wor- 
den urspriingllch  alle  acht  Jahre  gefeiert,  wie  der  Scho- 
Hast  zum  Pindar*)  und  Censorinns  versichern. 
Der  letztere  sagt  bei  Gdegenheit  der  Octaeteris'): 
Ob  hoc  rmütae  in  Graecia  religiones  Iioc  inten^aUo  fem-- 
poris  summa  caerimonia  cobmtur,    Delphis  quoque  lu£, 
qui  Doccmtar  Pythia,  post  octavum  annum  olim  confi^ 
ciebantur.    Von  den  nemeischen  wissen  wir,   dals  es 
eine  Sommer-  und  eine  Winternemeade  gab,  von 
denen  jene  nach  Corsini  und  Hm.Böckh')  auf  den 
Anfang   des   vierten,   diese  auf  die   Mitte   des   zweiten 
olympischen  Jahrs  traf.     Die  Feier  war  also  wesentlich 


*)  S.  298  nach  Hm.  Böckh*s  Ausgabe.  Y er^l,  Sckol.  Jmbros. 
in  Od,  y,  267  ed.  Battmann  p.  98. 

')  c.  18.  Yergl.  Plut.  Quaest.  Graecae  Xu. 

')  Man  yergleiche  des  letztem  Abhandlung  über  die  Zeit- 
Verhältnisse  der  demosthenischen  Rede  gegen  Midias 
in  den  Schriften  der  berliner  Akademie  aus  den  Jah- 
ren 1818  und  1819)  bist.  phil.  Klasse  S.  92  ff.^  wo  vieles  hieber 
gehörige  gesammelt  und  scharfsinnig  zusammengestellt  bt. 


n 


und  Zusätze.  607 

wieder  auf  die  Octatfteris  gegründet,  "wenii  sie  gleich  in 
trieterischen  Zwischenräumen  wiederkehrte.     Bei  dieser 
Grdegenheit  spreche  ich  meine  Ueberzeugung  dahin  aus, 
dafs  nicht,  wie  Geminus  und  Censorinus  glauben, 
die  Tri^teris  auf  die  Octaeterls,   sondern  die  letzte  auf 
die  erste  geleitet  hat.    Die  Octa^'teris  war  der  eigent- 
liche Avisgleichusgscyclus,  den  man,  um  zum  Behuf  der 
Feier  gewisser  Feste  und  Spiele  kürzere  Zeiträume  zu 
gewinnen,    in   vierjährige   und   zweijährige  Abschnitte 
theilte,   ohne  jedoch  von  denselben  für  die  bürgerliche 
Zeilrechnung  Gebrauch   zu  machen;   denn  bei  der  Te- 
traeteris   findet  gar  keine,   bei   der  Trieterls   nur  eine 
höchst  unvollkommene  Ausgleichung  Statt.     Wer  dar- 
auf ausgeht,  wird  in  den  Mythen  und  Festen  der  Hel- 
lenen Hindeutungen  genug  auf  die  Octaeteris  wahr- 
nehmen können.     So  mufste  Cadmus  fiir  die  Tödtung 
des  Drachen  dem  Ares  ein  ewiges   (cjklisch  wieder- 
kehrendes) Jahr  —  df^^ov  Ivuxurov  —  von  acht  gewöhn- 
lichen Jahren  dienen,   und  Apollo  nach  Erlegung  des 
Python   acht  Jahre   landflüchtig   werden,   bis   er  mit 
dem  Lorbeerzweige  gesühnt  heimkehrte  ^ ).   Wollte  man 
hier  die  Zahl  acht  für  bedeutungslos  halten,   so  darf 
nur  an  die  Daphnephorien,  ein  dem  Apollo  ennae- 
terisch  oder  octa^'terisch  (beides  ist  einerlei)  zu  Theben 
gefeiertes  Fest  erinüert  werden,  dessen  chronologische  Be- 
deutung klar  zu  Tage  liegt ').    Bei  dem  festlichen  Auf- 
zuge wurde  ein  mit  Lorbeer  und  Blumen  geschmückter 


*)   Auf  diese  Spuren  der  allen  Periode  hat  zuerst  Hr.  Müller 
hingewiesen.    Orchomenos  und  die  Minyer  S.  2i8  u.  219. 

')   S.  die  Auszüge  aus  der  Chrestomathie  des  Proclus  bei 
Photius  S.988  und  Hm.  Böckh^s  FragmerUa  Pindari  S.  590. 


608  Erläuterungen 

Olivenstab  getragen,   auf  welchem  sich   eine   eherne 
Kugel  befand;   von  dieser  herab  hingen  kleinere  Ku- 
geln, und  in  der  Mitte  des  Stabes  war  noch  eine  kleiae 
Kugel  befestigt.     Oben  purpurne  Bänder,   unten  eine 
safran&rbige  Umkleidung.    Die  obere  Kugel  deutete  die 
Sonne,  die  untere  den  Mond  an;  die  kleineren  stellten 
Gestirne  und  Sterne,   und  die  Bänder,  deren  365  ¥ra— 
ren,  das  Sonuenjahr  vor.    Ueberhaupt  treten  bei  nähe- 
rer Untersuchung  mannig&che  chronologische  Ideen  aus 
den  Mythen  der  Griechen  hervor.     Wenn  z.  B.  Pan- 
sanias')   der  alten  Sage  gedenkt,   da(s  in  Elis  zuerst 
Aethlius  regiert  und  dessen  Sohn  Endymion   mit 
der  Luna  fünfzig  Töchter  gezeugt  haben  soll,  so  deu- 
tet, wie  Hr.  Böckh  treffend  bemerkt'),  der  Name  des 
alten  Königs  die  olympischen  Spiele  und  die  2iahl  der 
Töchter  des   Endymion   das  Intervall   ihrer  Feier   an« 
Die  sieben  Heerden  von  je  fünfzig  Rindern  und  Scha- 
fen des  Sonnengottes  auf  der  Insel  Thrinakia,  welche 
die  Sonnennymphe  Phaethusa  und  die  Mondnymphe 
Lampe tia  weiden  und  deren  Verletzung  den  Gefähr- 
ten des  Ulysses  so  theuer  zu  stehen  kam^),   scheinen 
auf  die   runde  Zahl  der  Tage  des  Mondjahrs  anzuspie- 
len, wie  schon  die  alten  Ausleger  bemerken. 

S.  313.  Dieser  Athener  machte  die  Ent- 
deckung.— Hr.  Laplace  sagt  in  seiner  Exposition 
du  Systeme  du  monde,  worin  er  eine  meisterhafte  Ueber-* 
sieht  der  Geschichte  der  Astronomie  gibt,  die  Chinesen 
hätten  den   19jährigen  Gyclus  bereits  sechzehn  Jahr- 


')   Jd  Olymp,  m.  p.  138. 

')   0<^.Xn,127fr.  Yei-gUEustathius. 


und  Zusätze.  609 

bunderte  vor  Meton  gekannt^).  Er  bringt  aber  eben 
so  wenig  wie  Bailly  i|rgend  ein  Zeugnifs  für  djese 
Behauptung  bei,  von  deren  Zuverlässigkeit  gewils  je- 
der seiner  Leser  gern  die  Ueberzeugung  gewonnen  ha- 
ben würde.  Es  hat  allerdings  seine  Richtigkeit,  dafs 
die  Chinesen  heut  zu  Tage  den  19jährigen  Cydusbei 
ihrer  Zeitrechnung  gebrauchen;  sollte  man  aber  wirk- 
lich zu  der  Annahme  berechtiget  sein,  dals  dies  schon 
2000  Jahr  y.  Chr.  geschah?  Ich  bekenne  gern,  dafs 
ich  mich  zu  den  Zweiflern  zähle. 

S.  360.  Mit  der  Annahme  des  julianischen 
Kalenders  scheint  auch  der  Hekatombäon  aus 
der  Gegend  der  Sommerwende  in  die  der 
Herbstnachtgleiche  geschoben  zu  sein.  —  Die 
Tafel  des  Henricus  Stephanus,  auf  welche  sich  diese 
Voraussetzung  gründet,  ist  vielleicht  nie  im  eigentlichen 
Griechenland  gebraucht  worden,  sondern  blofs  bei  den 
asiatischen  Griechen,  die  ihr  Jahr  im  Herbst  anfingen. 
Unter  den  Schriftstellern  ist  der  syrische  Kirchenvater 
Epiphanius  der  einzige,  der  die  attischen  Monate  auf 
diese  Weise  rechnet;  auch  ist  es  faktisch,  dafs  die  Syrer 
den  An&ng  der  Olympiadenjahre  auf  den  1 .  September 
gesetzt  haben  (2,  466).  So  schob  sich  natürlich  auch 
der  Hekatombäon,  in  welchem  die  Olympiaden  eigent- 
lich begannen,  auf  den  September. 

S.  364.  Zeitrechnung  der  Böoter.  —  In 
einer  orchomenischen  Inschrift  bei  Meletiu^')  wer- 
den die  Monate  Thefluthius  und  Alalcomenius  genannt. 
Da  nun  letzterer  ein  allgemein  böotischer  war,  so  glaubt 


*)  S.  365  der  yierten  Ausgabe. 
')   Tifoypa^la  S.  342. 

n.  [39] 


610  Ei'iäuteningen 

Hr.  Müller  ^),  da&  auch  der  TheUütliius  ein  soldier 
geivesen  sei  und  dais  überhaupt  die  ordiomenisch- 
charoneischen  Monate  nicht  von  den  allgemein  böoci* 
sehen  verschieden  ivaren.  Der  Hippodromius  und  der 
Panemus  der  Böoter  waren  mit  dem  Hekatombäon  und 
Metageitnion  der  Athener  identisch.  Entsprach  der  Da- 
matrius  dem  Pyanepsion  und  der  Alaloomenius  dem 
Mämakterion,  wie  das  Zeuguifs  des  Plutarch  nicht 
bezweifeln  lälst,  so  mufs,  nach  der  entschiedenen  Stel- 
lung der  beiden  attischen  Monate,  der  Damatrius  dem 
Alalcomenius  vorangesetzt  werden.  Die  Lücke  füllt  nun 
vermuthlich  der  Theiluthius  als  dem  Boedromion  ana- 
log aus.  Ifoch  ein  paar  böotische  Monatsnamen  kom- 
men in  Inschriften  vor,  aber  oorrumpirt;  auch  weift 
man  nicht,  wie  sie  zu  ordnen  sind.  Hr.  Böckh  wird 
hoffentlich  in  seinem  Thesaurus  Inscriptionnm 
die  Sache  aufs  Reine  bringen. 

S.368.  Panemus.—  Der  Panemus  der  Corin- 
ther  war  höchst  wahrscheinlich  mit  dem  Panemus  der 
Macedonier  und  dem  der  Böoter  identisch.  Da 
nun  letzterer  nach  Plutarch  (1,  365)  dem  Metageit- 
nion der  Athener  entsprach,  so  kann  er  in  dem  Briefe 
des  Philippus  (1,395)  nur  zufolge  der  Verschieden- 
heit der  Ein^haltung  mit  dem  Boednmiion  der  Athe- 
ner und  Lous  der  -Macedonier  zusammengetroffen  sein, 
so  dais  dieses  Zusammentreffen  Ausnahme,  nicht  Re- 
gel war. 

S.430.  Dafs  die  syromacedonischen  Monate 
ihrem  Gehalt  und  ihrer  Stellung  nach  mit 
den   römischen    wirklich    vollkommen   über- 


*)  Orchomenos  und  die  Minjer  S.473. 


und  Zusätze.  611 

einstimmten.  -«  Hr.  Halma  theilt  in  seiner  Dis^ 
sertation  sur  les  mois  des  Anciens  *)  aus'  der  Hand- 
schrift 2394  der  pariser  Bibliothek  einen  Kalender  mit, 
worin  die  Monate  der  Römer,  Hellenen  und  Alexandri- 
ner das  ganze  Jahr  hindurch  mit  einander  verglichen 
sind.  Hier  laufen  gleichfalls  die  hellenischen  Monate 
den  römischen  vollkommen  parallel,  der  Gorpiäus  dem 
September,  der  Hyperlieretaus  dem  Oktober  u.  s.  w«  Zur 
Probe  setze  ich  den  An&ng  des  ersten  Monats  her: 

Elaphebolion. 
Römer.         Griechen.        Alexandriner. 


September. 

Gorpiäus. 

Thoth. 

Galendae 

1 

4 

IV 

2 

5 

m 

3 

6 

n 

4 

7 

Nonae 

5 

,     fr 

vrn 

6 

9 

VII 

7 

10 

VI 

8 

11 

V 

9 

12, 

IV 

10 

13 

m 

11 

14 

n 

12 

15 

Idiu 

13 

16 

Sonderbar  ist  hier  die  Zusammenstellung  der  attischen 
Monate  mit  den  römischen,  hellenischen  und  alexan- 
drinischen.     Durch  welche  Revolution  sollte' wol  der 


*)   Chronologie  tle  PtoUmäe  ip.AO. 

[39*] 


612  Erläuterungen 

Elaphebolion  in  die  Gegend  des  Septembers,  der  Heka- 
tombäon  in  die.  des  Januars  gekommen  sein?  Die  Sacke 
lälsl  ^ich  nur  durch  ein  Yerseben  des  unstreitig  sehr 
spät  lebenden  Urhebers  des  Kalenders  erklären.  Er 
wuiste,  dafs  der  Hekatombiton  der  erste  Monat  des 
attischen  Jahrs  sei,  und  stellte  ihn  daher  ohne  Wei- 
teres mit  dem  ersten  Monat  des  römischen  zusammen. 
Wenn  er  den  Anthesterion  vor  den  Poseideon  setzt,  so 
theilt  er  diesen  In'thum  mit  dem  gleich£aills  sehr  spit 
lebenden  Theodorus  Gaza,  der  die  attischen  Monate 
so  ordnet  *): 

HekatomiMon         Poseideon 
Metageitnion  Gamelion 

Boedromion  Elaphebolion 

Mämakterion  Munychion 

Pyanepsion  Thargelion 

Anthesterion  Skirophorion. 

Wegen  des  Pyanepsion  und  Mämakterion,  über  deren 
'Stellung  man  gestritten  hat  (1,275),  wird  sich  niemand 
auf  seine  Autorität  berufen  Collen.  Auch  in  einem 
Menologium,  das  Hr.  Halma  in  seiner  Abhandlung 
Sur  les  mois  Macedonieris  aus  der  Handschrift  1630 
der  pariser  Bibliothek  mittheilt'),  und  worin  die  Mo- 
nate der  Römer,  Hebräer,  Aegypter,  Hellenen  (Syrer), 
Athener  und  Macedonier  zusammengestellt  sind,  ist  der 
Hekatombäon  mit  dem  Januar  yerglichen.  Als  Monate 
der  letztem  finden  sich  die  Namen  der  zwölf  Him- 
melszeichen  (1,425). 


*)  S.  seine  klein*  Schrift  TLifX  p^ywv  in  Petavü   Unmo^     * 
log.  p.  154. 

')  HjrpoMses  de  Piolemäe  p,  12. 


und  Zusätze.  613 

S.  481.  3.  Mos.  XXni,  15  stehen  der  Singa- 
lar  M3t9  schahbath  und  der  Plural  ninno  schab- 
hathoth  in  verschiedenen  Bedeutungen  nehen 
einander.  —  lieber  die  Auslegung  des  ttsxsn  nnhfiia  mi- 
macharath  haschabbathf  vom  Morgen  des  Sabbalh, 
waren  schon  die  Pharisäer  und  Baithosäer  ^)  ver- 
schiedener Meinung.  Die  erstem  nahmen  schabbath, 
wie  es  hier  im  Text  geschehen  ist,  für  den  ersten  Tag 
des  Festes  der  ungesäuerten  Brote,  die  letztem  dagegen 
in  seiner  gewöhnlichen  Bedeutung  für  den  siebenten 
Wochentag,  so  dals  das  Omer  nicht  am  zweiten  Tage 
des  gedachten  Festes,  sondern  ei*st  am  Tage  nach  dem 
zunächst  eintretenden  Sabbath  dargebracht  werden  sollte. 
Jene  legten  auf  ihre  Erklärung  ein  so  grofses  Gewicht, 
dafs  sie  anordneten,  das  Omer  solle  mit  besonderer 
Feierlichkeit  und  in  Gegenwart  vieles  Volkes  am  vor- 
hergehenden Abend  beim  Untergange  der  Sonne  ge- 
schnitten werden,  wobei  die  Schnitter  die  Anwesenden 
dreimahl  fragen  muisten:  ist  das  Sabbath?  und  die  An- 
wesenden eben  so  oft  antworten:  ja  das  ist  Sabbath! 
Alles  dies  findet  sich  weitläufig  im  Thalmud  erzählt. 
M^nachoih  BL  65  und  66.  Auch  der  chaldtfische 
Uebersetzer  theilt  diese  Ansicht;  denn  er  gibt  Mt> 
an  dieser  Stelle  durch  lOD  Hxf\'^  joma  toba,  guter 
Tag  d.i.  Festtag,  da  er  sonst  das  hebräische  räV 
schabbath    immer   durch   das    gleichbedeutende    cbal- 


*)  Unter  diesen  werden  gewöhnKch.  die  Sadducaer  rerstan-» 
den.  Aber  nach  dem  Mepr  Enajim  des  Rabbi  Asaria  und  nach 
Herrn  Dr.  Bellermann*s  Geschichtlichen  Nachrichten 
aus  dem  Alterthume  über  Essäer  und  Therapeuten 
(Berlin  1821,  8)  sind  es  die  Essäer. 


614  Erläuterungen 

däische  MK«  schabbatha  attsdrückt.     Diese  Notiz   ver- 
danke ich  Herrn  Auerbach. 

S*  491.  Auch  findet  sich  nirgends  im  alten 
Teatament  die  Dauer  eines  Monats  angege- 
ben.— Aus  der  Steigerung:  ,, Nicht  einen  Tag,  nicht 
,,zwei,  nicht  fiinf,  nicht  zehn,  nicht  zwanzig  Tage, 
,, sondern  einen  Monat  lang"  (4.  Mos.  XI,  19,  20),  und 
aus  den  dreifsig  Tagen,  die  um  Aaron  und  Moses  ge- 
trauert wurde  (4.  Mos.  XX,  29;  5.  Mos.  XXXIV,  S) 
könnte  man  mit  Des-Yignoles  schliefsen  wollen,  da£i 
der  Monat  der  alten  Hebräer  durchgehends  dreifsig 
Tage  gehalten  habe,  also  kein  eigentlicher  Mondmo- 
nat  gewesen  sei;  ich  glaube  aber,  dafs  daraus  fiir  den 
hebräischen  Monat  eben  so  wenig  zu  folgern  sei,  wie 
aus  ähnlichen  Andeutungen  griechischer  ächriftsteller 
für  den  griechischen  (1,  263]  • 

S«  496.  War  es  schon  in  der  Nacht  gesche- 
hen. —  Die  Stelle  5.  Mos.  XYI,  1  ist,  wie  Hr.  Auer- 
bach bemerkt,  mit  4.  Mos.  XXXIH,  3  keinesweges  in 
einem  solchen  Widerspruche,  wie  es  im  Text  nach 
Luther  und  den  übrigen  Interpreten  dax^stellt  ist; 
denn  sie  mufs  so  gefalst  werden:  ,, Beobachte  den  Mo- 
„nat  Abib  und  feiere  ein  Fassah  dem  Ewigen,  dei- 
„nem  Gott,  in  der  Nacht;  denn  im  Abib  hat  dich 
„Gott  aus  Aegypten  geführt.''  Die  Nacht  zwischen  dem 
14ten  und  15.  Nisan  von  been  haarbäim  (1,483)  an 
war  das  n&to  pesach;  erst  mit  dem  Morgen  des  ISten  — 
novn  mnoü  nUmcuiharath  hapesach  ^  begann  das  Fest 
der  ungesäuerten  Brote  (3.  Mos.  XXUI,  5,  6). 

S.  523.  In  einer  zu  Berenice  gefundenen 
Inschrift.  —    Die  Worte  im  ntXkoyov  rijg  ffxy\v<mr[y\aj^^ 


und  Zusätze.  615 

zur  Zeit  der  Laubhttttenversammlung,  gehen 
höchst  wahrscheinlicli  auf  das  Scliemini  azereth,  deu 
achten  Tag  des  Laubhüttenfestes  (1,564).  Ent* 
spraoh  der  22.  Thiscbri  dem  25.  Fhaophi,  so  traf  der 
1.  TbisGhri  auf  den  I.Oktober  des  julianischen  Kalen- 
ders, und  das  Datum  paist  noch  besser  in  den  jetzigen 
oyklischen  Kalender  dei*  Juden,  als  unter  der  Yoraus- 
aetattng,  da£i  der  erste  Tag  des  Laubhüttenfestes  ge- 
meint ist.  Auf  keinen  Fall  kann  aber  die  Inschrift  in 
das  Jahr  25  n.  Chr.  gehören;  Denn  in  diesem  fiel  der 
Neumond  des  Thiscbri  auf  den  lOten,  und  der  Anfang 
dieses  Monats  auf  den  Uten  oder  12.  September.  Das 
in  der  Laschrift  erwähnte  Jahr  muls  sich  also  auf  ii^nd 
eine  Lokalare  beziehen,  deren  Epoche  sich  schwerlich 
au^mitteln  lassen  wird* 

S.  524.  In  der  zweiten  Periode  der  hebräi- 
schen Zeitrechnung.  «—  Aus  dieser  schreibt  sich 
nach  dem  Thalmud  {Sitcca  B1.44  — 46)  auch  das  Ho- 
sana rabba  (1,  564).  Das  M9«9in  liosana  ist  aus  dem 
Psalm  CXYIII,  25  vorkommenden  Ausrufe  M  It^vm 
hoschiah^naj  hilf  doch!  entstanden,  welchen  man 
vorzüglich  an  dem  siebenten  Tage  des  Laubbüttenfestes 
bei  Umgehung  des  Altars  hören  läist. 

S.  571*  Auch  spricht  Epiphanius  von  einem 
84jährigen  Cyclus.  —  Petavius*)  und  Kepler^) 
haben  an  dieser  Stelle  des  Epiphanius  ihren  Scharf- 
sinn versucht.  Letzterer  findet  sie  sehr  dunkel.  Es 
scheint  auch  fast,  als  wenn  der  Kirchenvater  sich  selbst 


* )   Docir,  temp.  ü,  29- 

')  £ccL  chron,  p.  177  und  207. 


616  Erläuterungen 

nicht  recht  yetstanden  und  etM'as  von  einem  84)äliri— 
gen  Gyclus  der 'Römer  gehört  habe,  was  er  durdi 
einen  Mißgriff  auf  die  Juden  deutet. 

S.  573.  Die  Bestimmungaweise  ihrer  Feste 
über  alle  WillLühr  zu  erheben. •—  In  dem  Buche 
Häibbür  des  Rabbi  Abraham  Hanassi  (1,577)  wer- 
den folgende  Worte  des  Rabbi  Isaac  Bar  Baruch 
citirt:  ,,Wir  müteen  den  ganzen  Gdcul,  nach  welchem 
,,wir  rechnen,  als  eine  Ueberlieferung,  gleichsam  als 
,, einen  Zaun  ansehen,  den  unsere  Lehrer,  wie  sie  es 
„für  angemessen  hielten,  um  uns  her  gezogen  haben. 
„Wir  beobachten  denselben  und  halten  fest  daran,  als 
„wäre  er  uns  (merke  dieses,  wohl!)  vom  Sinai  ans 
„überliefert;  denn  wir  sind  verpflichtet,  alle  ihre  Ao- 
,, Ordnungen  eben  so  wie  die  Gesetze  zu  beobachten, 
„die  uns  Moses,  unser  Lehrer,  gegeben  hat." 


Erläuterungen  und  Zusätze 

zum 

zweiten  Bande* 


S.  12.  Sexta  quies  lassis,  septima  ßnis  erit.  ~ 
Es  verdient  hier  folgendes  sehr  gelungene  Epigramm 
der  Anthologie^)  angeführt  eu  werdrai: 

'E§  &pai  fiox^oi^  ixavwTaTcu'  cd  d\  ijlst  ouro; 
TpdiiiJioun  6eix)riii£veu  ZH0I  Kiyaocri  ßporo^. 

^)  Vol.  m,  p.  199  ed.  Brunck. 


und  Zusätze.  617 

Die  Buchstaben,  womit  das  Wort  ZHOI  lebe  geschrie- 
ben ist,  sind  die  Zahlzeichen  7,  8,  9,  10.  Sechs  Stun- 
den, sagt  der  Dichter,  sind  zur  Arbeit  vollkommen  hin- 
länglich; die  folgenden,  mit  ihren  Zeichen  geschrieben, 
rufen  den  Sterblichen  Genie fsel   zu. 

S.  14.  Dafs  sie  sich  das  ganze  Jähr  hin- 
durch stündlich  leerten.  —  Bei  aller  Yervielfäl- 
tigung  solcher  Mittel  unter  den  Kaisem  blieb  in  Yeiv 
gleichung  mit  den  unsrigen  der  Gebrauch  der  Zeitmes- 
ser bei  den  Römern  immer  höchst  beschrankt.  Auf  dem 
Lande  mochten  sie  vollends  selten  sein.'  Palladius 
gibt  in  seinem  Werke  über  den  Landbau  am  Schlüsse 
eines  jeden  Monats  eine  Tafel  der  Länge  des  Schattens 
in  Fuisen.  •  So  sagt  er  am  Ende  der  lanuarius:  Hie 
mensis  in  horarum  spatio  cum  Decembri  mense  conve-- 
nit,  guarum  sie  mensura  coUigitur: 

Bora  I      et  XI    pedes  XXIX 

Bora  II    et  X     pedes  XIX 

Bora  III  et  IX    pedes  XV 

Bora  IV  et  IIX  pedes  XII 

Born  V     et  VII  pedes  X 

Bora  VI  pedes  IX. 

Dieselbe  Tafel  steht  am  Ende  des  Decembers.  Um  die 
Zahlen  dieser  und  aller  übrigen  Schattentafeln  prüfen 
zu  können,  mülsten  wir  sowohl  mit  der  Polhöhe,  die 
allen,  und  mit  der  Dedination,  die  jeder  einzelnen 
zum  Grunde  liegt,  als  auch  mit  der  Höhe  des  Schat- 
tenstifts und  mit  seiner  Richtung  gegen  die  Schatten- 
ebene bekannt  sein.  Aber  niemand  belehrt  uns  hier- 
über. Es  käme  also  darauf  an,  ob  sich  nicht  ii^;end 
eine  Voraussetzung  machen  lieüse,  die  sämmtliche  Zah- 
len auch  nur  annäherungsweise  darstellte.     Ich  habe 


618  JEr/äiUerUngen 

mick  vergeblich  bemüht,  auf  eine  solche  m  kcHmaea 
und  glaube  wenigstens  so  viel  mit  Sicherheit  behaupten 
zu  dürfen,  dais  von  keinem  vertikalen  Gnomen  und 
von  keiner  horizontalen  Sehattenebene,  an  die  jeder 
zuerst  denkl,  die  Rede  sein  könne.  Wer  ähnliche  Ver- 
suche anstellen  yrill,  vei^Ieiche  ein  Memoire  des  Herrn 
Let rönne  sur  une  table  horaire  qui  se  trom^  dans 
le  temple  igyptien  de  Tophis  en  Nubie  im  siebzehnlen 
Bande  der  Annales  des  voyages,  de  la  geographie  et  de 
Vhistoire  der  Herren  Eyriis  und  Malte-Brun. 

S.  27«  Dennoch  sei  es  fern  von  uns,  ihn 
für  etwas  mehr  als  einen  lusus  ingenii  aus- 
geben zu  wollen.  —  Zu  diesen  divergenten  Anaich- 
ien  ist  neuerdings  noch  die  des  Herrn  Dr.  Gotthilf 
Heinrich  Sphubert  gekommen.  In  seinem  geniali- 
schen Werke:  Die  Urwelt  und  die  Fixsterne^) 
handelt  ein  Abschnitt  von  einer  merkwürdigen 
Uebereinstimmung  in  der  Zeitrechnung  aller 
Völker,  worin  er  darzuthun  sucht,  dafs  neben  dem 
Erdjahr  —  in  der  gemeinen  Sprache  Sonnenjahr  — 
bei  allen  alten  Völkern  ein  aus  zehn  periodischen 
Mondmonaten  (1 ,  42)  oder  etwa  Dreivierieln  eines  Erd- 
jahrs bestehendes  Menschenjahr  im  Gebrauch  gewe- 
sen sei,  das  er  delshalb  so  nennt,  weil  es  die  Zeit  ist, 
die  der  ungebome  Mensch  unter  dem  Herzen  der  Mut- 
ter ruht.  Was  er  über  die  Entstehung  dieses  Men- 
schenjahrs sagt,  macht  seine  Hypothese  nicht  besonders 
wahrscheinlich.  Allein  das  Verhältniüs  von  3  zu  4, 
welches  sich  unter  allerlei  Zahlen  findet,  die  hin  und 
wieder  von  den  alten  Schriftstellern  als  Einen   Zeit- 


^)   Dresden  1822,  8. 


und  Zusätze.  619 

raam  bezeichnend  erwähnt  werden,  scheint  auf  den 
ersten  Blick  dafür  zu  zeugen.  Ich  führe  ein  paar  Bei- 
spiele mit  seinen  eigenen  Worten  an:  ,,Yon  Abrahams 
,, Geburt  bis  zum  Einfall  der  Amazonen  in  Asien  zählte 
,,Eusebius  nur  929  Jahre,  während  nach  einer  beim 
,,F.  Orosius  sich  findenden  Angabe  jener  Einüaill  auf  1234 
,,nach  Abrahams  Geburt  zu  setzen  wäre.  929  Volle  Jahre 
,,sind  1238  cyklische.  Eben  so  soll,  nach  einer  andern 
,, Stelle  beim  Eusebius,  Aristarch  von  der  Zerstörung 
,,Trojas  bis  zur  Auswanderung  der  lonier  aus  Attika 
,,nach  Kleinasien  nur  gegen  100  Jahre  gerechnet  ha- 
iiben;  nach  andern  Angaben  kommen  bis  dahin  gegen 
9,140  heraus."-—  So  grols  aber  auch  die  Ueberzeu- 
gung  sein  mag,  die  viele  solcher  Zusammenstellungen 
bei  einigen  seiner  Leser  hervorgebracht  haben  mögen, 
so  lege  ich  doch  wenig  Gewicht  auf  sie;  denn  ich  zwei- 
fele gar  nicht,  dafs  sich  auf  demselben  Wege,  beson- 
ders mit  Zuziehung  der  bei  den  Zahlen  so  häufig  vor- 
kommenden Varianten,  ein  Jahr  von  jeder  andern  An- 
zahl periodischer  Monate  darthun  lassen  werde.  ,,Bei 
,den  alten  Römern,"  sagt  Herr  Schubert,  ,, wurde 
,das  Sonnenjahr,  das  sie  gar  wohl  kannten,  um  die 
,  Wintersonnen  wende  im  Januar  begonnen,  das  zehn- 
,  monatliche  im  März.  Das  letztei«  zählte  dann  nur 
,bis  zum  December,  endete  mithin  zugleich  mit  dem 
,  Sonnenjahre.  Die  hierauf  folgenden  Monate  Januar 
,und  Februar  hatten  ihren  Namen  von  dem  Beherr- 
,  scher  des  alten  Friedensreiches  lanus,  und  von  den 
, Göttern  der  Unterwelt,  erinnernd  hierdurch  an  die 
,  Ruhemonate  des  vom  Nil  bedeckten  Aegyptens,  wäh- 
,rend  deren  Osiris  in  der  Unierwelt  verweilte."  Wie 
man  sieht  ist  dies  wesentlich  die  oben  (2, 22)  erwähnte 


620  EriäiUerungen 

Meinung   des  Servius.     Hiemach  war  ja   aber   das 
zehnmonatliche  Jahr  eben  so  gut   ein    festes,   wie   das 
Sonnenjahr,   nur  mit  dem  Unterschiede,  dafii  letzteres 
sich  unmittelbar  nach  seinem  Ablauf  erneute,  wahrend 
ersteres,    durch   zwei   nicht    zu   ihm   gezahlte    Monate 
unterbrochen,   gleichsam  ruhte.     Und  doch  sollen   die 
Römer,  ohne  Rücksicht  auf  diese  Pause,  das  zehnmo- 
natliche Jahr  eben  so  gut  zur  Ausmessung  der  Zeit  ge- 
braucht haben,   wie   das  Sonnenjahr,   selbst  noch    tief 
in  ihre  Republik  hinein«     So  sollen  die  700  Jahre,  von 
denen  der  Dichter  Ennius  in  seinen  Annalen  sprach: 
SeptingenU  sunt  paulo  plus  out  minus  anni^ 
Augusto  augurio  postquam  incluta  condita  Romast, 
und  die   ihm  Yarro  (der  doch,   sollte   man  meinen, 
wol   wissen  mufste,    woran   er   war)   als   einen   argen 
Mißgriff  anrechnete  (2,  151),   zehnmonatliche  sein,   die 
582|-  Sonnen  jähre  geben.  —     ,,Aber  ungleich  allgeraei- 
,ner  und  älter,"  so  fährt  Herr  Schubert  fort,    ,,als 
,das  Rechnen  nach  jenem  künstlichen  aus  zehn  Sonnen- 
,monaten  oder  304  Tagen  bestehenden  Jahre,  scheint 
,das  nach  dem  viel  naturgemäfsem  aus  zehn  periodi- 
,  sehen  Mondläufen  oder  drei  Vierteljahren  bestehenden 
,cyklischen  Jahre  im  ganzen  Alterthum  gewesen  zu  sein, 
, selbst  bei  den  ältesten  Römern.     Denn  während  die 
,  Dauer   eines  Saculums   späterhin   HO  Jahre  betrug, 
, wurde,  wie  uns  die  Aufseher  der  sibyllinischen  Bücher 
,  berichten,  die  erste  Säcularfeier  nach  Vertreibung  der 
,  Könige  im  Jahr  298,  oder  nach  *der  richtigem  Zeit- 
,rechnung  des  Fabius  294,  seit  Erbauung  der  Stadt  be- 
,  gangen.    Aber  294  Dreivierteljahrscykel  betragen  220 
, wirkliche  Jahre;   es  wurde  mithin,  auf  die  auch  spä- 
,terhin  in  Gewohnheit  gebliebene  Weise,  das  iweite 


und  Zusätze.  621 

,,Saciilam  von  HO  Jabren  genau  im  294sten  cyklischen 
,,  Jahre  beendigt."  Welcbe  Combinaüonen!  Also  da  man 
a.  u.  294  sagte,  zäblle  man  erst  220  wirkliche  Jahre.  Die 
Epoche  der  Erbauung  rückt  uns  hiemach  um  sehr  viel 
näher,  als  mau  gewöhnlich  annimmt.  Und  wann  bat 
man  denn  nun  angeÜBingen,  nach  wirklichen  Jahren  zu 
zählen?  Kann  dies  etwa  nicht  ausgemiltelt  werden,  so  ist 
klar,  dafs  sich  jede  beliebige  Hypothese  über  das  Jahr 
der  Gründung  Roms  aufstellen  lädt,  und  dals  die  ältere 
römische  Geschichte  eine  wächserne  Nase  ist,  die  jeder 
nach  Ge&llen  drehen  kann. 

S.  130.  Die  römischen  Rechtsgelehrten  war- 
fen die  Frage  auf,  ob  von  den  beiden  Tagen, 
die  a,d.sextum  CaLMartias  hiefsen,  der  prior  oder 
der  posterior,  d.i.  der  dem  März  nähere  oder 
der  entferntere,  als  das  bissextum  zu  betrach- 
ten sei.  •—  Diese  Frage  warfen  sie  wol  eigentlich  nicht 
auf;  denn  die  Stelle  des  Schalttages  war  ihnen  gcwifs 
sehr  bekannt.  Sie  erklärten  sich  blofs  über  die  recht- 
liche Bedeutung  der  beiden  Tage.  Man  hat  sie  sehr 
mifsverstanden.  Puteanus  ^)  gibt  dem  Schalttage  seine 
richtige  Stelle,  glaubt  aber,  das  prior  und  posterior  un- 
richtig deutend,  dais  sich  CeUus  geirrt  habe.  Cocce  j  i ') 
nimmt  den  25.  Februar  für  den  Schalttag,  ebenfalls  das 
posterior  fedsch  interpretirend.  Die  richtige  Erklärung 
von  prior  und  posterior  gibt  Hr.  Dr.  Koch  in  seinen 
Belehrungen  über  Mündigkeit  zum  Testiren, 
Civilzeitcomputation   und  Schalttag^},   auf 


*)  De  bissexto  c.  12. 

*)   Iiis  Chile  controversum  1.  IV.  tit.  4.  quaest.  1. 

')  Giefsen  1796,  8. 


622  Erläuterungen 

welche  Schrift  Ich  durch  Hm.y.  Sayigny  erst  aufmerk- 
sam gemacht  worden  bin,  als  Obiges  bereits  gedrackt 
war.  Ich  bemerke  hiebe!  noch,  dafs  einige  irrig  den 
letzten  oder  29.  Februar  für  den  Schalttag  halten.  In 
nnsem  Kalendern  steht  der  Schalttag  noch  immer  an 
der  Stelle,  die  ihm  lulius  Cäsar  angewiesen  hat, 
nämlich  zwischen  dem  23sten  und  25.  Februar.  Letz- 
terer ist  der  Matthiastag,  der  im  Gemeinjahr  dem 
24slen  entspricht  und  im  Schaltjahr  zugleich  mit  den 
übrigen  Tagen  des  Februars  um  eine  Stelle  Torwarts 
rückt.  Der  Schalttag  wird  von  keinem  Heiligen  be- 
nannt. Tm  Schaltjahr  datirten  die  Römer  ohne  Zwei- 
fel also: 

23.  a.  d.  VII.  CalenJas  Mardas. 

24.  a.  d.  bissexUan  C  M* 

25.  a.  d.  FI.  C.  M. 

26.  a.  d.  F.  C.  M. 

Von  den  beiden  Tagen,  die  durch  a.  d.  bissextum  und 
sextum  unterschieden  werden,  nannten  sie  bei  ihrer 
retrograden  Datirungsweise  den  dem  März  nähern  prior, 
den  entferntem,  also  den  dies  intercalaris,  posterior. 
Nach  der  im  Text  angeführten  Stelle  des  Gelsus  könnte 
man  meinen,  dais  beide  Tage  zusammengenommen  bis- 
seartum  hiefsen.  Es  war  aber  blofs  der  Schalttag, 
der  diesen  Namen  führte.  So  heifst  es  beim  Censo- 
rinus:  Dies  unus,  ubi  mensis  guondam  solebat,  post 
terminalia  intercalatar,  quod  nunc  bissextunh  ihhm-- 
tur;  beim  Macrobius:  unum  diem  •*  idque  bissex^ 
tum  censuit  nominandum;  beim  Augustinus^):  unutn 
diem,  quem  necesse  est  intercalari  excurso  quadrienmo. 


*)  De  trinit,  MV.  c.4. 


und  Zusätze.  623 

quod  hissextum  vocant*     Isidor  und  Dionysius 
Exignus  sagen  bisseoTtus. 

S.  183.  Zur  Erläuterung  eines  bei  Mainz 
gefundeWn  alten  heidnischen  Altars  mit  acht 
Götzenbildern.  —  Dieser  die  Woche  symbolisirende 
Altar  ist  in  seiner  Art  ein  einziges  Monument.  Rings 
umher  sind  auf  dem  runden  Stein  die  Brustbilder  von 
Saturnus,  Apollo  (Sonne),  Diana  (Mond),  Mars, 
Mercurius,  lupiter  und  Yenus,  an  ihren  Attribu- 
ten kenntlich,  ausgehauen.  Zwischen  Venus  und  Sa-> 
tum  (also  nicht  gerade  am  Ende  der  Woche)  steht  ein 
Genius  in  ganzer  Figur  mit  einem  Füllhorn.  Der  ganze 
Altor  ist  32  Zoll  hoch  und  hat  19-|-  Zoll  im  Durch- 
messer. Er  mufs  in  eine  Zeit  gehören,  wo  die  Woche 
im  römischen  Reich  schon  sehr  bekannt  und  gebräuch- 
lich, aber  das  Christenthum  noch  nicht  eingeführt  war, 
etwa  in  das  dritte  Jahrhundert  unserer  Zeitrechnung 
oder  in  den  Anfang  des  vierten. 

S.  480.  Eines  astronomisch-chronologi- 
schen Werks,  das  ich  öfters  citiren  werde.— 
Der  vollständige  Name  des  Autors,  wie  ihn  die  Vorrede 
gibt,  ist  ^jJi  ^  ^  ^L%r  ^^yJl^i  Abu'lhassan 
Kuschjar  Sohn  Laban's  aus  Dschilan.  Golius, 
der  ihn  in  seinen  Anmerkungen  zum  Alfergani 
einigemahl  citirt,  nennt  ihn  Kuschian  Giläus.  Nur 
S.  210,  wo  er  ihn  bei  Gelegenheit  der  Provinz  Dsch  ilan 
erwähnt,  schreibt  er  den  Namen  mit  arabischen  Buch- 
Stäben  richtig.  Der  Titel  des  Werks,  den  ich  in  der 
berliner  Handschrift  vermisse,  lautet  bei  Golius  «.«sjJt 
«^Lä  Tabulae  universales.  Es  ist  eine  Samm- 
lung astronomischer  Tafeln  mit  Erläuterungen  und  einer 
chronologischen  Einleitung.     Hr.  Silvestre  de  Sacy, 


624  Erläuterungen 


den  ich  um  eine  Noliz  von  diesem  Buche  gebeten  babe, 
sagt  mir,  dafs  es  Hadschi  Ghalfa  unter  dem  Titel 
«JLJt^  «^lil  «p^t  ujLä^  küäb  el'Zidsch  el-dschdnu  we- 
el'bälig  anführe,  imd  dals  es  sich  auch  in  der  leidner 
Bibliothek  finde  (Nr.  1167  S.  457  des  gedruckten  ISLaU- 
logs).  Ohne  Zweifel  sind  die  astronomischen  Tafeln  des 
Guschiar  Ben-Laban  Algili,  deren  die  BihUotti, 
Arab.  Hispan*  EscunaL  des  Gasiri  Tom«  I.  p.  348  ge- 
denkt, dasselbe  Werk.  Auch  bemerkt  Herr  de  Sacy, 
dafs  es  d' Herbelot  cweimahl  erwähnt,  in  den  Arti- 
keln Zig^  algiame  u  albaleg  und  Zig*  Kousciuar  Ben 
Kenan  al-Khäili,  wofür  Ben  Laban  Aidschili  zu  lesen 
ist.  Nach  dem  letztem  soll  der  Verfasser  ums  Jahr  450 
der  Hedschra  gelebt  haben,  also  nach  der  Mitte  anaers 
elften  Jahrhunderts.  Die  Handschrift  der  Königl.  Biblio- 
thek zu  Berlin  ist  unter  d^n  orientalischen  in  Qu^arto 
die  lOlste,  Sie  ist  leider  nicht  vollständig;  denn  von 
dem  ersten  der  fünf  Bücher  fehlt  eine  ganze  Reihe 
Kapitel. 

S.  547.     Die  Worte  des  Originals  werde  ich 
unten  mittheilen.  —    j^^  ^  J^]^  '^V^  ),y^  U^m^I) 

j»L!   ^   »Ju|^!   iU^^   U^  oy^   iC.MM3-3   äüUÄÜ  ÄJu-Jb 

*-*^    Crix^    *^^    ^  i^    LT-S-^.    ^-^H^    LTs^^  M>jü^ 
J^t^    iuIU^    v^l(s^    jjl    u^t    «u5    J,:^    ^OÜt  ^t 


und  Zusätze.  625 


O^^   iu.UÄl<[5   ^^j^uu^^   ^j.^  i!    »ULT^I    ^    SUmÜ 


Aus  demselben  wenig  bekannten  Werke  des  Abu'l- 
hassan  Kuschjar,  aus  welchem  dieses  Fragment 
entlehnt  ist,  will  ich  hier,  einem  oben  (1,  156)  gege- 
benen Versprechen  gemäfs,  in  der  Urschrift  und  einer 
treuen  Uebersetzung  noch  ein  zweites  Bruchstück  mit- 
theilen, worin  die  verschiedenen  den  Morgenländern  be- 
kannt gewordenen  und  mm  Theil  bei  ihnen  gebräuch- 
lichen Acren  zusammengestellt  und  mit  einander  ver- 
glichen sind.  Es  befindet  sich  gleich  zu  Anfange  seiner 
TabiJae  universales  S.  4  d^  berliner  Handschrift  und 
lautet  also:    U3  JUaXS  ^Jiyi  ^lu^  /o  ^  d^^\  vM^ 

^    iU^JÜÜI    oL^jit    V^-^:^^^    «iUjiXAM^    ^Id^t'gu^Ui 

[40] 


626  Erläuterungen 

fH  CJA*  tr**^'  •'^  cy  r>*-  «^5*  ^-5  *^  o  •'•  *'  '  "j 
*j.Uä)Ö5  ^J  Um  ,;yjj^  iU^^j  iSjUÄlS  l^y  OiX*  ^äJ? 

g.jc.  ,^ytP'  ȀU  ^  iU#UJ!  iU-JJ  4jI  ^^t  PH  fcsu>- 

u  i^>»*«  er*  jf*i  u=*j*^'  «y  j^^  äsi*sJ^  «i^  er* 

x^U)  xäw  (jrtfcwMj  i^^ij  Xiil.>*<.Mg  j^!  QA**Jt  er*  oJ^ 
P5jj{  wf>.  er*  J*  o-**-^'  ^  5ub  Uh  ü->**^5  «»% 

jiitMi  o¥»i'  ^>"  cr«3  *^  ü-^ 


^:>''    ü**5    «^    l*?)^'    (S^8    '«i'V;'^  er*  f>!  Js'i   i^b«^' 

iCiUÄtSj,  v_»^»  «Ja  ^;y^JuJ^  er*  ü->^'  'l»^  "'•"''^  o^J^^ 

iUjOuit  ^t  X5L»  e^  ^  tule  xUt  (JM  Oua^  ^t  8^^ 
6y^S  gaj  jfrÄ  ^y  e^liJJ   eri^»   ^.   W   A>^    j^y 

ü^'  "^  «i"öiivr  Qiijia'i  ^b  'erwa  ***j5  cr*^'  er* 
X**-  QijÄAj  ij»*>j  äjU«4«9  »j^'  iLÄ-Ls  ej*^*^'  er* 
^Ji^ß  y  -^j^j^  <*  iJs  Uh  o^^Ij  J^Mj  isiUüj 


und  Zusätze.  627 

»  ■ 

,fErstes  Kapitel  von  den  Anfängen  der  alten 
Aeren  und  wie  viel  Jahre  und  Tage  je  zwei 
derselben  von  einander  entfernt  sind.  Die 
berähmten,  von  den  Alten  aufgezeichneten,  Aeren 
sind:  die  der  Sündfluth,  des  Bochtenasr,  des  Bilibus, 
des  Dsi  'Ikarnain,  des  Agustus,  des  Dikletjanus,  der 
Flucht  und  des  Jezdegird." 

„Die  Aere  der  Sündfluth  —  tärich  el-tfifdn  •*> 
ist  von  den  Urhebern  der  alten  astronomischen  Ta« 
fein,  z.  B.  der  Sendhend  und  Schah,  gebraucht  wor« 
den.  $ie  beginnt  mit  einem  Freitage  beim  An<* 
fange  der  Ueberschwemmung  zur  ZSeit  Noah's  des  Pro« 
phet^n,  Friede  sei  über  ihn!  und  zwar  mit  dem  Zeit- 
punkt, wo  die  eben  aufgehende  Sonne  zufolge  der 
mittleren  Bewegung  im  Anfange  des  Widders  mit  dem 
Monde  in  Gonjunction  war,  auch  die  übrigen  Plane-' 
ten  um  diesen  Punkt  her  standen*  Auf  diese  Aere 
werden  alle  späteren  bezogen." 

,,Die  Aere  des  Bo-chtenasr  (Nabonassar.).  Es 
ist  dies  Bodbtenasr  der  erste,  einer  der  Könige  Baby^ 
Ions.  Die  Epoche  ist  ein  Mittwoch*  An  sie  knüpft 
Ptolemäus  in  seinem  Almagest  die  mittleren  Oerter 
der  Planeten,  so  wie  er  die  Oerter  der  Fixsterne 
auf  den  Anfang  des  Jahrs  886  dieser  Aere,  den  er- 
sten Tag  der  Regierung  des  Abtinus,  bezieht.  Die 
Epochentage  der  Sündfluth  und  des  Bochtenasr  sind 

[40*] 


628  Erläuierungen 

am  860172  Tage  oder  um  2356  peniadi- ägyptische 
Jahre  zu  365  Tagen  und  noch  um  232  volle  Tage 
von  einander  entfernt." 

,jDie  Aere  des  Bilibus  (Philippus).  Es  ist  dies 
der  Bilibus,  der  unter  dem  Namen  des  Erbauers 
bekannt  ist  und  Tor  Alexander's  des  Macedoniers  Tode 
gelebt  hat«  Nach  dieser  Aere  hat  der  Alexandriner 
Theon  seine  Tal^n  geordnet,  die  den  Namen  Kanon 
fahren*  Ihre  Epoche  ist  ein  Sonntag.  Zwischen  ihr 
und  der  Aere  der  Sündfluth  liegen  1014834  Tage, 
welche  2780  Jahre  und  134  volle  Tage  geben." 

,,Die  Aere  des  Dsu  Ukarnain«  Dies  ist  der 
Name,  unter  welchem  Alexander  der  iweite  be- 
kannt ist*  Die  Epoche  seiner  Aere  ist  ein  Montag  und 
swar  der  Anfiing  des  sidwnten  Jahrs  seiner  Regierung, 
wo  er  aus  Maoedonien  in  die  weite  Welt  auszog,  um 
seine  groisen  Eroberungen  su  machen.  Zwischen 
diesem  Montage  und  der  Epoche  der  Sündfluth  lie- 
gen 1019273  Tage  oder  2792  Jahre  und  193  Tage.'' 

„Die  Aere  des  Agustus.  Es  ist  dies  einer  der 
römischen  Könige,  unter  dessen  Regierung  Jesus, 
Maria's  Sohn,  über  beide  sei  Friede!  geboren  wurde. 
Die  Epoche  seiner  Aere  ist  ein  Donnerstag.  Zwischen 
diesem  Tage  und  der  Epoche  der  Sündfluth  li^en 
1122;{\6  Tage  oder  3074  Jahre  und  306  Tage." 

„Die  Aere  des  Dikletjanus,  eines  der  christ- 
lichen Könige.  Der  Epochentag  ist  ein  Mittwoch,  bis 
m  welchem  von  der  Sündfluth  1236639  Tage  oder 
3388  Jahre  und  19  Tage  verflossen  sind/* 

„Die  Aere  der  Flucht.  Es  ist  dies  die  Flucht 
„des  Propheten  Mohammed,  Friede  und  Erbarmen  Got- 


und  Zusätze.  629 

„tes  sei  über  ihn!  von  Mekka  nach  M^dina,  wo  er 
,, Montags  den  8.  Rebt  el-awwel  seinen  Einzug  hielt. 
,,Die  Aere  wird  aber  mit  dem  Eintritt  des  Jahrs  an- 
^^geifangen,  nämlich  mit  dem  l.Moharrem,  welcher 
9, ein  Donnerstag  war.  Zwischen  dieser  Aere  und  der 
,,Sündfluth  liegen  1359973  Tage  oder  3725  Jahre  und 
,,348  Tage." 

„Die*  Aere  Jezdegird's.  Es  ist  dies  Jezdegird 
,,Sohn  Scheriar's  Enklel  Kesra^s,  der  letzte  persische 
,, König.  Die  Aere  fängt  mit  dem  Jahr  an,  in  welchem 
,,er  den  Thron  bestieg,  und  zwar  mit  einem  Dins- 
,,tage,  zwischen  welchem  und  der  Aere  der  Sündfluth 
,,  1363597  Tage  oder  3735  Jahre  und  322  Tage  liegen." 

^ur  Erläuterung  bemerke  ich  Folgendes.  Die  Aere 
der  Sündfluth,  die  hier  zu  einem  Terminus  a  quo 
für  alle  übrigen  gemacht  wird,  soll  860172  *Tage  weiter 
zurückgehen  als  die  nabonassarische.  Da  nun  die  leUt- 
tere  mit  dem  26.  Februar  des  Jahrs  747  V*  Chr.  an- 
fängt (1,  98),  so  entspricht  die  Epoche  der  erstem  dem 
18.  Februar  3102  v.  Chr.  Der  Eintritt  der  Sonne  in  den 
Widder  jnufste  aber  in  diesem  Jahr  um  die  Mitte* des 
Aprils  erfolgen.  Man  sieht  also,  wie  unsicher  sie  bei 
aller  anscheinenden  Genauigkeit  bestimmt  ist.  Yon  den 
Tafeln  Send  Hend  und  Scbah  weifs  ich  nichts  zu 
berichten.  Die  ersten  erwähnt  d'Herbelot  in  dem 
Artikel  Zig',  wo  er  die  Titel  vieler  astronomischen 
Tafeln  anführt,  nicht;  die  letztem  sollen  nach  unserm 
Text  zu  den  altem  gehören,  was  von  den  Zig*  schahi 
und  alschahi,  die  d'Herbelot  nennt,  nicht  gilt. 
Unter  Send  Hend  verstehen  die  Araber  die  Hindus, 
unter  Send  die  nähern  am  Indus,  unter  Hend  die 


630  Erläuterungen 

'  ent&mtern  am  Ganges.  Die  Hindus  betrachten  sie  aber 
al$  die  Urheber  der  Astronomie  4)nd  als  ihre  ersten 
Lehrer  in  derselben. 

Den  frühem  babylonischen  König  Nabonassar, 
nach  dem  Ptolemäus  die  Aere  benennt,  die  er  in 
^inem  Abnagest  gebraucht,  venrechseln  die  Araber  ge- 
wöhnlich mit  dem  spätem  Nebucadnezar,  den  sie 
unter  dem  Namen  Bochtenasr  kennen.  Unser  Ver- 
fasser unterscheidet  beide,  indem  er.  den,  von  welchem 
die  Aere  den  Namen  hat,  Bochtenasr  den  ersten 
nennt«  Die  Araber  lernten  diese  Aere  aus  dem  Alma- 
gest  kennen^  daher  sie  beim  Alfer^ani  ^  Ja^alt  ^yJ 
^^"vf^i^T  v^  ^^6  Aere  der  Aegypter  im  Buche 
£l-medschisti  heilst.  Sie  haben  sie  aber  bei  ihren 
astronomischen  Beobachlungeu  nicht  gebraucht.  Was 
hier  von  Anknüpfung  der  Oerter  der  Fixsterne  an  die 
nabonassarische  Aere  gesagt  wind,  hat  seine  Richtig- 
keit^); nur  muls  885,  nach  dem  Kanon  der  Kö- 
nige das  erste.  Regierungsjahr  des  Anton inus,  fiir 
886  gelesen  werden.  Aus  Antoninus  ist  in  unserm 
Text  durch  Versetzung  eines  Punkts  Abtoninüs  und 
hieraus  weiter  Abtinus  geworden. 

Die  AeJre  des  Philippus  hat  ihren  Namen  von 
Alexander's  Bruder  Philippus  Aridäus,  nicht,  wie 
einige  irrig  geglaubt  haben,  von  seinem  Vater  (1,106). 
Durch  das  LuI^Li^yuJt»  bekannt  unter  dem  Namen 
Erbauer,  wird  das  griechische  xripj^,  conditor,  aus- 
gedrückt,  ein  Epitheton,  das  Ptolemäus  und  Theon, 


*)  Man  vergleiche  das  siebente  Bach  des  Almagest  Th.  II. 
S.30  nach  Hrn.  Halma*8  Ausgabe. 


und  Zusätze.  631 

die  beide  in  Alexandrien  gelebt  habep,  dem  .Alelander 
beizulegen  pflegen  (1,107).  Ptolemäus  «agt  in  .der. 
Vorrede  zu  seinen  Kwin^  npox^tpoi  *),  er  habe  in  di^ 
sen  Tafeln  die  Epochen  der  Himmelskörper  auf  devi 
1.  Thoth  des  ersten  Jahrs  des  Philippus,  der  dem 
Alexander  dem  Erbauer  in  der  Regierung  ge^ 
folgt  sei  —  ^OJhntao  rdo  jucr'-  ^AAigavd/ooy  rov  xripjv  — 
angesetzt.  Dieses  Epithel  nun  ist  von  den  Orientalen!, 
wie  man  hier  sieht,  irrig  auf  den  Philipp us  überge* 
tragen  worden.  Ohne  Zweifel  haben  sie  dabei  gerade 
diese  von  ihnen  falsch  gefaiste  Stelle  des  Ptolemäus 
vor  Augen  gehabt«  Dafs  der  Bilibus  vor  Alezander's 
Tod  gesetzt  wird,  geschieht  deshalb,  weil  diese  Aere 
an  zwölf  Jahre  früher  anfängt,  als  die  nach  Alexander 
benannte  seleucLdische  (1,449).  Eigentlich  soUte  die 
philippische  den  Namen  Alexander's  fuhren,  da  sie 
mit  dessen  Tode  beginnt.  Alfergani  nennt  sie  ^u^b 
ij^ySLfLa  tdrich  Filifiis,   die  Aere  des  Philipp,   und 

^j-M^A^  g^  ^  -MJ'  ^J^  die  Aere  der  Aegyp-  * 
ter  in  den  Tafeln  des  Ptolemäus,  nämlich  in 
den  eben  erwähnten  Kayov^  frpox^tpou  lieber  dieses 
Werk  hat  Theon  der  Alexandriner  commentirt,  daher 
es  ihm  im  Text  fälschlich  zugeschrieben  wird.  Wenn 
man  das  für  die  nabona^terische  Aere  angegebene  In- 
tervall von  dem  für  die  philippische  abzieht,  so  er* 
hält  man  als  Intervall  beider  423  ägyptische  Jahre  und 
267  Tage  statt  der  424  vollen  Jahre,  um  welche  beide 
von  einander  entfernt  sind.  Die  Epoche  der  letztern 
wird  also  unrichtig  um  98  Tage  zu  früh  auf  den  6.  Au- 

')  S.  2  nach  Um.  Halma^s  Ausgabe  (ljlQ9). 


632  Erläuterungen 

gU8t  324  V«  Cbr.  gesetst,  da  sie  dem  12.  November  die- 
ses Jalirs  entspricht  (1, 107)*  Die  Araber  haben  übrigens 
die  philippische  Aere  eben  so  wenig  gebnucht,  wie  die 
nabonassarische. 

Die  Aere  des  Dsu  'Ikarnain  ist  hier  richtig 
bestimmt.  Nur  ist  es  ein  Irrthum,  wenn  ihre  Epoche 
anf  den  Anfang  des  siebenten  Regierungsjahrs  Alezan* 
der's  gesetzt  wird.  Dafs  die  Morgenländer  von  zwei 
Alexandem,  beide  mit  dem  Beinamen  Dsi  'Ikarnain, 
sprechen,  kann  man  aus  dem  Artikel  Escander  bei 
d'Herbelot  ersehen« 

Die  Aere  des  August  (1,154)  erwKhnt  meines 
Wissens  aufser  unserm  Verfasser  kein  Moi^nländer  wei- 
ter« Sie  ist  den  Arabern  vermuthlich  durch  die  astro- 
nomische Inschrift  bekannt  geworden,  die  Ptolemäus 
an  einer  Säule  des  Serapistempels  zu  Canopus  hatte  an- 
bringen lassen,  und  die  Bulialdus  in  seiner  Astrono^ 
mia  Pfulolaica  und  neuerdings  Hr.  Halma  in  seinen 
Bjrpothises  de  PtolSmie  ^)  aus  dem  Manuscript  Nr«  2390 
der  königl.  Bibliothek  zu  Paris  mitgetheilt  haben«  In 
dieser  Inschrift  hatte  Ptolemäus  die  mittleren  Oerter 
der  Sonne,  des  Mondes  und  der  Planeten  eben  so  für 
den  Anfang  der  Regierung  des  Augustus  angesetzt,  wie 
im  Almagest  für  den  Anfang  der  nabonassarischen 
und  in  den  Hand  tafeln  für  den  Anfang  der  philippi- 
schen Aere  (1,  HS).  Ihre  Epoche  ist  hier  übrigens  un- 
richtig bestinmit;  denn  zieht  man  das  Intervall  für 
die  nabonassarische  Aere  von  dem  für  die  Aere  August's 
ab,  so  erhält  man  718  Jahre  und  74  Tage,  statt  der 

*)  8.57. 


und  Zusätze.  633 

vollen  718  Jahre,  um  nvelche  beide  von  einander  ent- 
fernt sind,  so  dafs  die  Epoche,  die  dem  31.  August  des 
Jahrs  30  v*  Chr.  entspricht  (1,155),  auf  den  13.  No- 
vember dieses  Jahrs  rückt. 

Eben  so  unrichtig  ist  die  diocletianische  Acre 
bestimmt;  denn  die  376467.  Tage,  um  welche  sie  spä* 
ter  als  die  nabonassarische  angesetzt  ist,  geben  für 
ihre  Epoche  den  12.  November  284  n.  Chr.  statt  des 
29.  August  (1,163). 

Die  Acren  der  Flucht  imd  des  Jezdegird 
sind  richtig  fixirt. 


Verbesserungen. 


i 


Erster  Band. 

Säte  98,  Note  Zeile 2  Im»  Iwayiiuvm  lUtt :  iwetyptipat. 

-  102  Z«Uel9  1.  144863S  »u  1448658. 

-  110      -    20  «t.  kind   gnter  der  Pre««e,    L    siad  1823    «ad    1825  er- 

tckienen. 

-  172  -  13  1.  Senaeaenfgang  et.  Scaaenaatergeag. 

-  266  -  21  L  sählen  tt,  abmetteo. 

-  330  -  16  1.  des   iU   der. 

-  428  -  8  1.  des  «U    dat. 

-  456  -  7  TOB  Daten  itt  dai  Wort   «rit  «asnutreicbea. 

-  460  -  18  1.  ».  Cbr.    tt.    ▼.  Cbr. 

-  525  -  3  1.  Av  Vsm  hmUel  tchslem   oder  ^^  V^  hMlht  gmmmr,   da« 

ganae  Hallel* 
*■   556      -     12   1.  rrSber  it.   ipiter. 

-  581      -      5   V.  a.  L  n.  Chr.   «t.  ▼.   Cbr. 

Zweiter  Band. 

Seite  45  Zdle  16  lic»  eatwidclt. 

-  115      -       öiitnickt   ausaftreidMa. 

-  197      «      9   T.  a.  I.  Daraati  tt.   Daraatis. 

-  327      -    13   1.  beideaiabl  aeatit  XI. 

-  345     -     4  1.  534  tt.  434. 

-  363      -    14  i«t  daiKomM  kiater  Rolaadiaat  wi|9ttreickaL 


R  e  c  i  8 1  e  I*, 


ty%fv%/tfywvy%nf% 


xjLbcssinifir,.  Monate  und  Aere II 

Abib  oder  Aehrenmonat  der  Hebräer I 

Sonnenzeiger  des  Achas I 

Schlacht  beLActium I 

Aktische  Aere 1,156 

Aegypter,.  ihre  Zeitrechnung I 

Namen  und  Form  ihrer  Monate I 

ihr  Tagesanfang •     •   1, 100 

kannten  frühzeitig  .die  siebentägige  Woche   .... 
benannten  die  Tage  derselben  nach  den. 7  Planeten   . 

hatten  früh  ein  bewegliches  Sonnenjahr I 

zählten  im  bürgerlichen  Leben  nach  Regentenjahren  .      I 

haben  früh  den  Yierteltag  gekannt 1,93 

den  sie  erst  untei*  der  Herrschaft  der  Römer  zur  Ein« 
theilung  der  bürgerlichen  Zeit  benutzten      .     • 

ihr  angebliches  Siriusjahr 

ihre  HundssteiTipcriode 

ihre  übrigen  Zeitkreise I,  178.  U 

Aequinoctien I 

Aequinoctialstunden I 

Aere,  Begriff I 

Entstehung  dieser  Benennung U 

Aere  der  Sündfluth  bei  den  Oricntalem II 

der  Olympiaden 

des  Yarro II,  154 

des  Gato  oder  Dionysius U,  l60 

des  Nabonassar 1, 98.  II,  627 

des  Philippus  (Jahre  seit  Alezand.  Tode)  1, 106,449.  H,  435, 628 


} 


436 
486 
484 

153 

470 

93 

97 

181 

178 

180 

94 

109 

173 

140 

171 

124 

S96 

17 

86 

71 

427 

627 

372 

163 


636  Register. 

Aere  der  Seleuciden 1,446 

Gebrauch  dieser  Aere  bei  den  Hebräern    ....      I,  530 

bei  den  syrischen  Gbiisten II,  453 

bei  den  Arabern I^  453.  U,  510,  628 

Vorkommen  in  den  Büchern  der  Makkabaer ...      1, 530 

auf  den  Münzen  der  Ai*saciden II,  552 

der  Ghaldäer • 1^223,450 

der  Anliochier    .    '• 1, 459.  H*  435 

julianische II,  172 

spanische II,  422 

des  Augustus  bei  den  Aegjptem  und  Römern    1, 154.  II,  628 

bei  den  Syrern *.....       1, 470 

christliche  oder  dionysische,  aera  vulgaris     •     .     .     .     11,365 

ihre  Verbreitung  im  Occident II,  375 

ihr  Verhallnifs  zu  den  andern  Hauptären  .     •     .     .     II,  382 

ihre  Unrichtigkeit.     .     . 11,388 

ihr  Gebrauch  im  Oiient     .......'..     11,464 

eigenthümliche  der  orientalischen  Christen    .     •     .  11,453,467 

diocletianische •     .     •      I,  l6l 

Entstehung  derselben 1^162.11,231,436 

Gebrauch    bei   den    koptischen    und    abessinischen 

Christen 11,435 

bei  den  Ai'abem II,  506, 528 

armenische . II,  438, 443 

arabische  s.  Hedschra. 

persische  unter  den  Sassaniden II,  554 

seit  Jezdegii*d 11,518,629 

dschelaleddintsche  oder  dschelalische    ......     11,526 

'*^"'  ^?"'P*^H  bei  den  Numismatikera .    .     .    .1,458,468 
Caesariana         }     • 

Acren  der  Schöpfung,  s.  Weltären. 

Aethiopier  s.  Abessinier. 

lulius  Africanus,  Ghronik  und  Rechnungsweise     .    1,456,467 

Jahr  der  Akarnaner - 1,62 

Akronychischer  Aufgang 1,52 

Alexander*8  des  Grofsen  Gebm^tsjahr 1, 406 

Regierungszeit I,  ll4, 122 

Todesjahr 1, 120, 407 

unmittelbare  Nachfolger I»  112 


Register.  637 

Alezandrinische  Zeitrechnung  .     .......  1, 140 

Erstes  Yorkommen  derselben I,  l44 

Geschichte  ihrer  Einführung •.     .     .  1,15^ 

Almüniich,  ein  anderes  Wort  fiir  Kalender  .     .  *  .     .  I»  73 
Anatolius  führte  den  19)ähngen  Cyclus  in  die  Oster- 
rechnung ein .     . •  .     .     .  11, 226 

sein  Ostcrkanon II,  227 

der  ihm  untergeschobene  Kanon II,  229 

Anianus,  Chronographie  und  Osterkanon 11,451 

gebrauchte  zuerst  die  532 jährige  Osterperiode  .     .     .  11,278 
wie  sich  seine  Rechnung  yon  der  des  Panodorus  un- 
terscheidet       11,453 

Anaximander  führte  den  Gnomon  ein  und  mafs  mit 

demselben  zuerst  die  Schiefe  der  Ekliptik    .     .  1,234 
Anaximenes    führte    die    Sonnenuhren    in    Griechen- 
land ein 1,235 

Annales  maximi II,  151, 158,  l62 

Was  ante  diem  beim  Datii-en  bedeutet 11,127 

Antiochener  fingcfn  das  Jahr  mit  dem  1.  Sept.  an     .  1,453 

ihre  aera  Caesariana 1,460,465 

ihre  aera  Actiaca 1^470 

Apiskreis    •     .•  .■ 1,182 

Araber,  ihre  Stunden,  Wochen,  Monate  und  ihre  Jahr^ 

form 11,472 

ihre  Feste II,  477 

ihre  cyklische  Rechnung 11,479 

ihr  Sonnenjahr    ....%.....•.'.  11,503 

Nachrichten  von  ihrer  ältesten  Zeitrechnung     *     .     .  11,494 

Schlacht  bei  Ar  bei  a  .     *     .    • 1,347 

Archonten  der  Athener 1,369 

Jahr  der  Arkadier 1,62 

Zeitrechnung  der  Armenier 11,438 

Anfang  der  Dynastie  der  Arsaciden  oder  Parther  .     .  11,551 

Monate  und  Kalender  der  Asianer   .     .     .     .          .  1, 4i4 

Kalender  und  Aere  der  Askaloniten 1^438,473 

Athener,  ihr  Tagesanfang 1,80,100 

ihre  Monate    .     . .1, 275, 360.  II,  609 

ihr  Jahranfang 1, 285 

wie  sie  ihre  Jahre  zählten .  1, 369 


638  Register. 

JahrKche  Auf-  and  Untergänge  der  Fixiteme  1,50 

Berechnung  derselben 11,581 

Augustus  Geburl,  Tod  und  Lebensdauer 11,112 

stellt  den  richtigen  julianisch.  Kalend.  wieder  her  1, 160,  II,  132 
Zeit,  wo  er  Aegypten  su  einer  römischen  Prorins  madile  1, 153 
gibt  einem  römischen  Monat  seinen  Namen  .     •  1, 153.  II,  134 

Festum  azjmorum 1,496 

Babylonier,  ihre  Zeitrechnung   •* 1,195 

ihr  Tagesanfang I,  80, 100,  22\ 

sind  nach  Herodot  die  Urheber  der  Stundeneinthet* 

Inng  des  Tages  und  der  Sonnenuhren  .  .  1, 85, 22\ 
ihre  Monate  finden  sich  nirgends  genannt  ....  1,202 
haben  nach  der  gewöhnlichen  Annahme  einerlei  Zeil* 

rechnung  mit  den  Aegyptem  gehabt  ....  I,  203 
scheinen  aber  im  bürgeiiichen  Leben  nach  Hondmo- 

naien  und  Mondperioden  gerechnet  zu  haben  .  1, 20S 
bedienten  sich   unter  den  Seleuciden  der  macedoni- 

sehen  Monate 1,206 

(Yergl.  den  Aiükel  Ghaldäer). 
Was  die  Chronologen  babylonische  Stunden  nennen      1 ,  85 
Dauer  dar  babylonischen  Gefangenschaft    ....      1,530 


11,478,568 
.  11,146 
.  11,345 
.     11,291 


Das  Bairarofest  der  Mohammedaner  .... 
Flarius  Basilius  Junior,  der  letzte  Consul 
Jahre  post  consulalum  Basilii  gezählt  .  . 
Beda  lieferte  eine  Ostertafel  auf  532  Jahre 
Der  Babylonier  Berosus  schrieb  ein  giieduscfaes  Werk 

über  die  Alterthümer  seines  Volks     ....      1, 197 
sein   Zeitalter,    und  ob    der   GeschichlBchreiber   Ton 
dem  Astronomen  gleiches  .  Namens  zu   unter- 
scheiden 5ei  .  .  . '  •    .    11,599 

hat  nach  Zeitkreisen  gerechnet  . 1,211 

ob  er  ah  Urheber  des  Regentenkancms  za  betrach- 
ten sei 1,222 

Bis  sex  tum,  der  Schalltag  in  Gäsar*8  Kalender  .     .  II,  129»  621 

Bithynier^  Monate  und  Kalender 1,421 

Böoter  fingen  ihr  Jahr  um  die  Winterwende  an    •     .      1,364 

ihre  Monate 1,364.11,609 

Bos  trenser  oder  peträische  Araber,  ihr  Kalender  •    .      1,437 
ihre  Aere 1,475 


BegisUir.  639 

Byslus,  Name  des  Monats,  in  welchem  die  pythisehen 

Spiele  gefeiert  wurden     ...     ^     ...     .      1,367 

Byzantinische  Weltare .11,459 

Galendae  im  alten  römischen  Mondjahr 11,38 

Galendarium  bei  den  Römern 1,73 

Callippus  rerbessert  den  metonschen  Cydus     .     .    1,2999  344 

sein  Kalender 1,346,353 

Annus  canicularis  s.  Hundsstemperiode. 

Gappadocier^  Monate  und  Kalender    ......      I,44l 

lul.  Cäsar  yei^bessert  die  röm.  Zeiti*echnung  1, 65, l60, 167.  U,  118 
entlehnt  den  Yierteltag  aus  Aegypten  ....    1,140.11,118 

sein  Edikt  über  die  Kalenden'eform II,  123 

Einrichtung  seines  Sonnenjahrs  .......  11, 124,  l4l 

seine  Fasti Il,135,l4o 

Zeitumstände  der  catilin arischen  Verschwörung  .     .     11,110 
M.  Pomus  Gato  bestimmt  das  Jahr  dei*  Erbauung  Roms    II,  157 

Gatonische  Aere II,l63 

Wann  Censorinus  geschrieben  hat  .     .     .     1,108,375.  II,  153 

Chaldäer,  Priesterkaste  zu  Babylon 1,195. 

ihre  astronomischen  Beobachtungen     .     .     ;     1, 195 v  222^  338 

hohes  Alter  derselben 1, 217 

brachten  die  Asti*ologic  in  ein  System 1, 197 

kannton  die  mittleren  Bewegungen  des  Mondes  sehr 

genau I,206 

und  das  Sonnenjahr  zu  365|-  Tagen 1, 207 

ihre  Mondperioden 1, 211 

müssen  sich' bei- ihren  Beobachtungen  des  beweglichen 

Sonnenjalirs  bedient  haben I,  219 

wie  sie  die  Zeit  einer  Beobachtung  bestimmten    .     .      1,225 

Chaldäische  Aere  •• 1,223 

Periode,  auch  Periode  der  Finsternisse  genannt     .     1,47,206 
Chronologische  Charaktere  s.  Zeitmerkmale. 
Charakter  des  Monats,   Jahrs  und  19jährigen  Cydus 

im  hebräischen  Kalender 1,544 

Charwoche,  Charfreitag 11,210 

Gharops  erster  zehnjähriger  Arohon  der  Athener    .     .      1,369 

Chinesen,  ihre  Stunden 1,85 

gebrauchen  die  siebentägige  Woche 1, 88 

den  19)ährigen  Cydus  .     » 11,608 


/ 


640  Begister. 

Christus  starb  am  l4.  Nisan  der  Hebräer     ....      1,515 
yerschiedene  Meinungen  über  das  Jahr  seiiier  Geburt 

und  seines  Todes 11,385,387 

Untersuchungen  über  sein  Geburt^ahr II,  3S8 

über  sein  Todesjahr Il,4l2 

Zettrechnung  der  christlichen  Völker 11^  175 

Wie  das  Chronic on  paschale  rechnet   •     .     .    11,350,354,452 
Chronologie,  mathematbche,  historische,  technbche  .      1,5 
Cicero 's  Consulat  nach  dem  richtigen  julianischen  Ka- 

'  lender  fixirt 11,109 

Cilicier,  ihre  Jahrform 1,188 

Circenses  haben  auf  die  Bestimmung  der  Osterfeier  in 

der  lateinischen  Kirche  Einfluis  gehabt  .     .     .     11,266 

Anno  circumcisionis. 11,373 

Clavis  terminorum 11,369 

Räthsel  des  Cleobulus 1,258 

Cleostratus  Urheber  der  technisch  geordneten  Octae- 

teris 1, 300, 305.  II,  605 

Clepsydrae  bei  den  Giiechen 1,230 

bei  den  Römern II,  4 

Coraputus 11,299 

Concur^*entes II,26l 

Zeitverhältnisse  der  Regierung  Constantin's     .     .  11,352,361 
ConstantinopUsche  .Weltai*e  b,  byzantinische. 
Consuln,  wie  es  nach  Verlegung  des  Kaisersiues  in 
den  Orient  .mit  der.  Wahl  derselben  gehalten 

wurde II,  344 

leUte  im  Occident.und  im  Orient  .......     11,345 

Verzeichnisse  derselben 1, 159.  II,  l46, 167, 238 

Consulat,  Anfang  des9elben..     . II,  l67 

Erlöschung • 11,345 

in  seiner  spätesten  Gestalt II,  345 

Verschiedene  Anfänge  des  Consular Jahrs  ....  II,  l48 
Monate  der  Corcyräer  upd  jCorinther  .  .  .  1,368.11,610 
Mit  Coröbus  Sieg  nimmt  die  Olympiadenrechnung  ih« 

ren  Anfang 1,372 

Creon  erster  Archoii  eponymus 1,369 

Creter,  Monate  und  Kalender 1,426 

Gtesibius  Erfinder  der  Wasseruhren    ....  1,230.11,9 


Begister.  641 

Gyclus,  Girkei,  Zeitkreis 1,71 

wie  man  unter  Gyclus  u.  Periode  zu  unterscheiden  pflege      1, 71 

zweijähriger  der  Griechen  s.  Trieteris. 

yieijähriger  s.  Teti*aeteris. 

achtjähriger  der  Griechen  s.  Octaeteiis. 

der  Türken II,  564 

zwölfjähriger  der  Ghaldäer «      1,301 

neunzehnjähriger  s.  Enneadecaeteris. 

dreifsigjähriger  der  Araber II,  479«  502 

in  der  Inschrift  von  Rosette 11,596 

decemnovennalis  und  lunaris II,  237 

(die  Zeitkreise,   die  hier  nicht  bemerkt  sind,   suche 
man  unter  Periode). 

Cyprier,  Monate  und  Kalender 1,427 

Gyrillus,   seine  Osterreden 11,209 

seine  das  Osterfest  betrefTenden  SchriAen      .     .     .  11,258,264 

seine  95 jähiige  Ostertafel  .' II,  2S9y  262 

Damascener  fingen  ihr  Jahr  im  Frühlinge  an  .     .   1,413,437 
Darius  11  (Nothus)  Regierungsantritt  und  Tod  .     .     .      1,121 

Darius  III  (Godomannus)  Todesjahr 1,122 

Decemyirn,  Jahre  und  Dauer  ihi*er  Verwaltung    .    11,95,165 

geben  der  römischen  Zeitrechnung  eine  neue  Gestalt  .     II,  67 

Decennalia 11,353 

Dekaden  des  griechischen  Monats 1,279 

Zeiti'echnuDg  der  Delphier 1,367 

Democritus,  Urheber  einer  82jährigen  Periode.     .     .      1,303 

lieferte  ein  damit  zusammenhangendes  Parapegma  .  .  1, 357 
Des-Vignoles  Hypothese  eines  360tägigen  Jahi^  1, 69^  187, 259 
Diocletian,  sein  Regierungsantritt 1, 163 

gibt  einer  ägyptischen  Aere  seinen  Namen    .     .   I,  l6l.II,  231 

seine  Ghristenyerfolgung  > I,  l62, 460 

Dionysius,   Urheber   einer  eigenthümlichen  Zeitrech- 
nung und  eines  an  die  Zeichen  der  Ekliptik 

geknüpften  Kalenders .      1,356 

Dionysius  von  Halicarnafs  bestimmt  die  Zeit  der 

Erbauung  Roms 11,157 

seine  Ghronologie II,  170 

Achtjähriger  Osterkanon  des  Dionysius,  Bischofs  yon 

Alezandrien  ....     * 11,226 

n.  [41] 


642  Register. 

Dionysius  Exiguus  setzt  die  Osteiiafel  des  Gyrillus 

auf  95  Jalire  fort ,     ...  II,  260, 286 

allinählige  Einführung  derselben II,  29S 

seine  chronologischen  Schriften II,  2S6 

Urheber  der  Aera  yulgaris 11,366 

setzt  Christi  Geburt  an  den  Schlufs  des  ersten  Jahrs 

seiner  Aere 11,381 

Dionysische  Periode 11,292 

Dioscurus,   Name  des  macedonischen  Schaltnionats  1,399 
Dodweirs   Untersuchungen   über   die    römische   Zeit- 
rechnung   11,93 

Dominicus   oder  dominica,   xupioxii,   Synonym   Ton 

dies  solis II,  ITS 

Dsu  *lkarnain,  der  Zweigehömte,  Name  Alescander^s 

des  Grofsen  bei  den  Arabern 11,510 

Dschelal-eddin 11,523 

die  nach  ihm  benannte  Zeitrechnung II,  526 

Wie  die  Chronik  von  Edessa  rechnet 1,454 

Begriff  des  Einschaltens 1,66 

Eleer,   ihre  mit  den  Olympiaden  zusammenhangende 

Zeitrechnung 1,366 

Embolismus 11,265 

Enneadecaeteris  oder  19jähriger  Gyclus     .     .     .     1,47,72 

ob  er  den  Ghaldäem  bekannt  gewesen 1,210 

von  Mcton  in  die  griech.  Zeitrechnung  eingeführt     1,298,309 

ob  dieser  ihn  erfunden 1,313.  II,  60S 

ob  und  wann  er  zu  Athen  eingeführt  worden  .     .   1,317,323 

Epoche I,32S 

Construction ' 1,329 

dient  dem  jetzigen  jüdischen  Kalender  zur  Grund- 
lage  1,542,575,579 

eben  so  der  Osterrechnung  der  Christen  .  .  .  .11,192,211 
ist  zuerst  yon  Anatolius  dazu  gebraucht  worden  •  .  II,  226 
die  Epochen  des  christlichen   und  jüdischen   Gyclus 

sind  fast  um  drei  Jahi*e  verschieden  .     .    1, 581.  II,  237 
Wie  Ennius  die  Erbauungszeit  Roms  bestimmt  hat    .     11,151 

Epagomenen  der  Aegypter 1,98.11,505 

Einfuhrung  derselben 1, 187 

der  Abessinier 11,438       i 


I 


Register.  643 

Epagomenen  der  Armenier 11,439 

der  Perser 11,517 

Epakte,  im  ältesten  lateinischen  Osterkanon  das  Mond- 
alter am  I.Januar 11,239,280 

im  Osterkanon  des  Dionysius  am  22.  März   ....  II,  261 

Julianische  Epakten 11,319 

Gi^egorianischer  Epaktencyclus II,  306 

Eph'emeriden 1,73 

Kalender  der  Ephesi er \     .     .     .     .  I,4l9 

Ephoren  der  Lacedämonier 1,371 

Epoche,  bürgerliche  und  historische 1,71 

in  welchem  Sinn  die  griechischen  Astronomen  dieses 

Wort  genommen 1, 115 

nicht  mit  Aere  zu  yerweehseln I,  71 

(Die  Epochen  der  yerschiedenen  Acren  sind  unter  die- 
sen nachzusehen). 

Eponymi  und  Pseudeponymi 1,369,370 

£ra,  die  spanische  Jahrrechnung 11,423 

Bruchstück  aus  Eratosthenes  chronologischem  Kanon  1,373 

Erebi>ei  den  Hebräern 1,483 

schabbath,  «apaaxiuj,  Rüsttag 1, 516 

pesach '1, 520 

Ergänzungstage  s.  Epagomenen. 

Erleuchtungsmonat 1,90 

Erntezeit,  ajuif]to(,  bei  den  Griechen 1,242 

Euctemon    Theilnehmer    an  Meton's    chixmologischen 

Arbeiten 1,100,298 

Verfasser  eines  Parapegma 1,357 

Wie  Eudoxus  Parapegma,  das  bei  den  Griechen  in  be- 
sonderem Ansehen  stand,  angeordnet  gewesen  .  1, 354 
Ob  Eusebius  um  die  Osterrechnung  der  Alexandriner 

Yeixiienste  hat II,  232 

Fasten  der  Hebräer ^   .     .     .     .    1,523,527 

der  Christen 11,210 

Fasti 11,73 

des  lulius  Cäsar II,  135 

des  Ovidius .     .  II,  144 

Caipitolini 11,168 

Consulares  eines  Ungenannten 11,238 

[41*1 


I 


644  Register. 

F'ebrnarius  war  lange  der  letzte  Monat  der  Römer    .  11,51 

Entstehung  der  Benennung  Feriae  für  Wochentage  11,180 

Die  Ferie  zu  finden,  eines  christlichen  Datums  ...  II,  183 

eines  arabbchen 11,490 

eines  persischen 11,521 

eines  dschelalischen II,  535 

Feriae  latinae 11^  111 

Fest  der  ungesäuerten  Brote  bei  den  Hebräern    .     .   1,496,515 
Yerzeichnifs  der  hebi-äischen  Fest-  und  Fasttage.     .      1,56.} 

Verdoppelung  der  hebräischen  Feste 1, 514 

M.  Flavius,   Gehülfe  Gäsar's  bei  der  Kalenderreform  11,119 

Floralia 11,101 

Calculus  Florentinus 11,329,384 

Französische  Zeitrechnung  in  der  Rerolution  .     1,65.11,467 
Frühling  und  Frühsommer  nach   der  Bestinmrang 

der  Griechen 1, 243, 246 

FrühlingsToUmond • II>192 

Gallier  zahlten  nach  Nächten  und  theilten  ihre  Zeit 

nach  dem  Mondlauf I,    81 

Gamelion  war  in  altem  Zeiten  der  erste  attische  Monat      1, 286 

Gazäer,  ihr  Kalender 1,438 

ihre  Aere 1,474 

lulianisches  Gemeinjahr 1,66 

Kalender  des  Gcminus 1,357 

Germanen  zählten  nach  Nächten  und  Wintern  .     .     .      1,81 

ordneten  ihre  Zeit  nach'  dem  Mondlauf   .     .     .     .     I,  81,90 

Gnomon  in  der  Kirche  des  heil.  Petronius  zu  Bologna  II,  301 

Gnomonen  der  Alten 1,26 

der  Griechen  insbesondere 1, 232 

Gnomonik  der  Alten  und  Neuem 11,233 

Anno  Gratiae 11,373 

Gregor  XIII  verbessert  den  julianischen  Kalender    .     . '  II,  301 
Gregorianischer  Kalender  oder  neuer  Stil    .     .     1,74.  II,  304 

Griechen,  ihre  Tageszeiten 1,227 

ihre  Nachtwachen 1, 231 

ihre  Stunden 1,238 

ihre  Jahnszeiten 1, 240 

allgemeiner  Charakter  ihrer  Jahre  und  Monate      .   1, 254^  310 

Yerschiedenheit  ihiier  Monate 1, 262 


Begister.  645 

Griechen,  allmählige  Gestaltung  ihrer  cjklischen  Zeit- 
rechnung   '    .     •      1,265 

ihr  Kalenderwesen 1,309 

Annahme  des  julianischen  Kalenders 1)359 

ihre  Jahrrechnungen 1, 369 

Güldene  Zahlen If,  72.  II,  197 

Hadrian*s  Regierungsantritt I>119 

Hamansfest  der  Hebräer  s.  Purim. 

Harpalus  verbessert  die  Octaeteris 1,300,308 

Hebdomas I,   89,^80 

azymonim  oder  passionis 11,210 

Hebräer,  ihre  Zeitrechnung 1,477 

ihre  Woche  und  Sabbathfeier 1,480,538 

ihr  Tagesanfang 1,482 

ihre  Tageszeiten 1, 484 

ihre  Nachtwachen 1,486 

ihre  Stundeneintheilung 1,538 

hatten  von  Alters  her  Mondroonate  .••....      1, 488 

Namen  einiger  ihrer  ältesten  Monate 1,486,494 

ihr  ältestes  Jahr  .     ............      1,490 

ihre  Jahrszeiten I|494 

ihre  Feste 1,495,514,563 

ihre  jetzigen  Monate I«  509 

ihr  Schaltmonat 1,539 

ihr  Jahranfang 1,522 

ihre  jetzige  Jahrform 1, 540 

Erklärung  ihrei*  cjklischen  Rechnung I«  543 

wann  und  wie  dieselbe  entstanden  ist I«  iS9 

ihre  Jahrrechnungen 1,501, 529»  542, 568 

Hedschra  (Hegira)  der  Araber 11,482 

zwiefache  Epoche  derselben II,  483, 484, 568 

Zeit  ihrer  Einführung 11,502 

Hekatombäon,  erster  Monat  des  attischen  Jahrs  .     •      1,285 

wenigstens  seit  Ol.  72, 3 I*  291 

spätere  Versetzung 1,360.11,609 

Helakim  und  Regaim  der  Hebräer 1,82,538 

Heliacischer  Auf-  und  Untergang  der  Sterne.     .     .      1,51 

Monate  und  Kalender  der  Heliopoliter I,440 

Hellenen  s.  Griechen. 


646  Bester. 

Das  florentiner  Hemerologium I,4iO 

Hendecas 11,234 

Herbst  in  unsenn  Sinn  des  Worts  den  altem  Griechen 

unbekannt 1, 245 

entstand  erst  zur  Zeit  des  Hippocrates,  und  wie  sein 

Anfang  bestimmt  wurde 1, 250 

Her  od  es,  des  sogenannten  Grofsen^  Zeitverhidtnisse  11,389,391 

seine  Sobne  und  Nachfolger 11, 390 

Herodot  gibt  uns  die  erste  Nachiicht  Tom  beweglichen 

Jahr  der  Aegypter 1«   96 

spielt  auf  die  Hundsstemperiode  an 1, 137 

Hesekiers  Jahrrechnung 1,536 

Hesiodus  Jahrszeiten 1,245,311 

kennt  schon  die  Eintheilung  des  Monats  in  drei  De- 
kaden .     •     • 1,257 

Rabbi  Hillel,   Urheber  der  jetzigen  hebräischen  Zeit- 
rechnung    1, 576 

Hipparch*^  Bestimmung  des  tropischen  Jahrs    ...  1,   64 

des  sjnodischen  Monats 1, 297, 542 

entdeckt  die  Yon-tickung  der  Nachtgleichen     .     .    I,  27, 193 
gebraucht  bei  seinen  Beobachtungen   das  bewegliche 

ägyptische  Jahr 1, 97 

die  griech,  Monate  und  die  kaUippische  Periode    1, 170,344 

rerbessert  letztere 1,35^ 

fängt  den  Tag  mit  der  Mittemacht  an     .     .               •  1, 100 

rechnet  nach  Jahren  seit  Alezander's  Tode  ....  1, 106 

seine  Theorie  des  Sonnenlaufs 1,91 

Urheber  der  astronomischen  Tafebi     .     .  .    1,212,329 

sein  Kalender - 1,353 

Osterkanon  des  Hippolytus   .     .^ 11,213 

Homer*8  Jahrszeiten 1,243 

sein  Jahr  ein  tropisches 1,  260 

Hora,  wpa,  Gebranch  dieses  Worts  für  Stunde    .     .     .  I,23S 

Horae  aequinoctiales 1,86 

temporales 1, 87 

Hören,  Symbole  der  Jahrszeiten 1,248 

Horologium,  allgemeine  Benennung  der  Sonnen-  und 

Wasseruhren  der  Alten 1,230.11,7 

Horoskop Ily  113 


Begister.  647 

Hundsstern,  Friihaufgang  bei  den  Aegyptem  1 , 1 25 ,  129«  11 9 594 

beim  Homer ^    .     .     .      1,244 

nach  Meton 1,328 

Hundssternperiode 1,124 

Jahre  ihrer  Enieuerung .     .    1, 128.  H,  593 

wann  und  wie  sie  entstanden  ist 1, 132 

Vorkommen  bei  den  Alten 1, 133 

kleinere  des  Des-Yignoles 1,186 

Hundstage 1,245 

Jahr  bedeutet,  gleich  den  analogen  Wörtern  in  fast  allen 

Sprachen,  eine  periodische  Wiederkehi*   .     .     .     II>588 

siderisches  und  tropisches 1, 32, 35 

festes  und  bewegliches 1, 67 

cyklisches 1, 68 

julianbches 1, 74 

Jahranfang  od.  Jahrepoche,  zwiefacher d.  Syrer  1,452.  H,  434 

zwiefacher  der  Hebräer 1, 492, 522 

dreifacher  der  Römer H,  150 

der  Christen  mit  dem  1.  März 11,326 

mit  dem  1.  Januar,   a  circumcisione    .... 

mit  dem  25.  December,   a  nativitate , 

mit  dem  2S,  März,  a  conceptione  oder  ab  annun-  ^  H,  329 

tiatione < 

mit  dem  Osteifest 

mit  dem  1.  September H,  359«  360 

Jahrpunkte 1, 18.  n,588 

Yei'schiebung  derselben  im  julianischen  Kalender   .     .      I,  78 

JahrrechnuQgen  der  Griechen 1,369 

der  syrischen  Städte 1,445,457 

der  Hebräer 1,501,529,542 

der  Römer I,  l45 

der  christlichen  Völker  des  Occidents H,  343 

des  Orients H,  433 

dei*  Araber II,  482, 499 

der  Perser 11,518,526 

der  orientalischen  Astronomen 11,627 

Jahrszeiten,  physische  und  astronomische     ....      1,24 

Ibbur,  das  Schaltwesen  der  Hebräer 1,539» 575 

Jakobiten,   ihr  Jahranfang 1,65.  11,435 


648  Register. 

Seit  wann  der  lanuarius  der  e»te  Monat  des  römi- 
schen Jahrs  geworden  ist II,  50 

Japanische  Stunden I,  85 

Idus,  Slelle  in  den  römischen  Monaten  und  ursprüng- 
liche Bedeutung 11,38,43 

Jerusalem,  Belagerung  und  Eroberung  unter  Nebucad- 

nezar  und  Titus. 1,528 

Jezdegird,   der  letzte  sassanidische  König,  gibt  einer 

Aere  seinen  Namen II»  518 

Incarnatio  domini,  0i/a  o-efpKwo-ic 11,329,389 

▲nno  ab  Incarnatione 11,373 

Incarnations-Aere  des  Oiients 11,453 

Indictionen 11,347 

Erstes  Vorkommen  derselben      • II,  352 

dreifacher  Anfang II,  359 

Indictionscirkel 1,72 

Interlunium 1,280 

Jobeljahr  und  Jobelperiode 1,501 

losephus  rechnet  nach  hebräischen  Monaten  mit  mace- 

donbchen  Benennungen I,  400 

Iphitus  erneuert  die  olympischen  Spiele 1,374 

Isidorus  setzt  die  Ostertafd  des  Dionysius  fort.     .     .  11,290 

Juden  s.  Hebräei*. 

Der  Monat  lulius,  yormahls  Quintilis,  wird  nach  lulius 

Cäsar  benannt II,  134 

Julianische  Aere II,  131 

Julianische  Periode 1,76 

Julian  US,  Zeit  seines  Todes 1, 4S2, 46l 

Fest  der  Kaienden 11,334 

Kalender 1,73 

altei*  oder  juUanischer  ist  nur  noch 
bei  den  griechischen  Christen  im  Gebrauch    .     1, 6S.  11, 324 

neuer  oder  gregorianischer 11,304 

Epochen  seiner  Einfiihining 11,321 

yerbessertei* 11,323,325 

immerwährender  julianischer 11,194,293 

verschiebt  sich  alle  310  Jahra  um  einen  Tag      .     .  II,  198 

immerwährendei*  gregorianischer 11,307 

der  Hebräer 1,563 


Register.  649 

Kalender  der  Griechen,  s.  Parapegma. 
Einrichtung  der  ramischen  Kalender  .     .  11, 126, 136, 138,  l40 

auf  uns  gekommene  römische II,  135, 139 

Kalenderstreit 11,323 

Kalenderyerbesserung  im  sechzehnten  Jahrhundert, 

Ton  wem  zuerst  angeregt II,  299 

Ton  Gregor  XIII  zu  Stande  gebracht II,  301 

worin  sie  bestand     .     .  ' II,  303 

Kalenderwesen  der  Griechen 1,309 

Kanon  der  Regenten,  auch  mathematischer  oder  astro- 
nomischer genannt 1, 109 

seine  Anordnung   nach  Jahren   der  nabonassarischen 

und  philippischen  Acre    I     ....'..     .  I,  ll4 

wie  er  die  Jahre  der  Regenten  zählt Ij  117 

rührt  seiner  ersten  Anlage  nach  von  den  chaldäbchen 
Astronomen  her  und  ist  von  den  griechischen 

fortgeführt  worden 1, 222 

Kapitolinische  Spiele 11,78 

Jahr  der  Karer 1,62 

Karneia,  ein  Hauptfest  der  Lacedämonier     ....  1,363 
Die  Zeiti*echnung  der  Karthager  ist  uns  gänzlich  un- 
bekannt      1, 64 

Kirchenjahrrechnung 11,448 

Kopten   . II,504 

gebrauchen  noch  jetzt  das  alexandrinische  Jahr      .     .  I,  l40 

und  die  diocletianische  Acre II,  436 

Kosmischer  Untergang  der  Sterne 1,52 

Lacedämonier,  Monate  und  Jahranfang 1,362 

hatten  einen  andern  Schaltcydus  als  die  Athener  .     .  1,363 

wie  sie  ihre  Jahre  zählten 1,371 

Acre  von  Laodicea 1,457,468 

Laterculus  paschalis  centum  annorum     .     .     .     .11,273,296 

Laubhüttenfest  der  Hebräer     ......     .1,499,523,563 

Lenäon  oder  Lenäus  ein  Monat  der  Jonier      .     .     .  I,4l6 

Lenäen I,4l7 

Des  Papstes  Leo  Briefe  über  die  Osterfeier    ....  II,  266 

Schlacht  bei  Leuctra 1,365,381 

Aloys.  Lilius  der. eigentliche  Urheber  d.  gregor.  Kalend.  II,  301 

der  daher  auch  wol  der  lilianische  heifst      ....  II,304 


650  Register. 

Chronologie  des  L IT i US 11)169 

Losungsfest  der  Hebräer  s.  Purim. 

Luach,  Tafel,  hebräischer  Name  des  Kalenders  .     .     .  1,563 

Luna  XIV,  Tag  des  Oster-Yolbnondes 11,198 

Lustrum,  schwankender  Gebrauch  dieses  Worts    .     .  11,77 

Zahl  der  zu  Rom  gefeierten  Lustra    .     .     .     •     •     .  II,  80 

Erstes  des  Serrius  Tullius 11,91 

Kalender  der  Lycier 1,435 

Macedonier,  ihre  Monate It393 

fingen  das  Jahr  mit  dem  Dius  an 1,394 

hatten  ein  gebundenes  Mondjahr 1,395 

ihre  Monate  wurden  durch  Alexander*s  Eit)berung  weit 
über  Asien  verbreitet  und  nachmaUs  in  Son- 

nenmonate  umgeprägt 1,397 

Name  des  Schaltmonats 1,399 

Frühzeitig  eingetretene  Verschiedenheit  in  der  Stel- 
lung der  Monate 1, 402 

Das   macedoniache  Sonnenjahr  ist  Tom  julianischen 

entlehnt I,4o4 

und  fing  um  die  Herbstnachtgleiche  an 

in  Kleinasien  mit  dem  Dius 1, 4i3 

in  Syrien  mit  dem  Hyperbei^täus 1, 430 

Machsor  katan  und  gadol,   der  Mond*  und  Sonnen- 

cii'kel  bei  den  Hebräern 1,562 

Zeitrechnung  in  den  Büchern  der  Makkabäer    1,398,447,531 
Mämakterion,  fünfter  Monat  der  Athener,  nicht  yierter  1, 275 
Manethon    schrieb    über    die   Hundsstemperiode    und 
scheint  sich  derselben  in  seiner  Geschichte  be- 
dient zu  haben I,  134 

Schlacht  bei  Marathon I,  291 

Martins  erster  Monat  des  altem  romischen  Jahrs    .     .  11,53 
Märtyreräre,  eine  andere  Benennung  für  die  diocle- 

tianische 1,163.11,436,506 

Wie  Maximus  in  seinem  Gomputus  die  Jahre  zahlt     •  11,454 
Mensis  häng^  mit  dem  griechischen  pi|v  und  \l%U  zusam- 
men und  bezeichnet  ursprünglich  einen  Mond- 
monat    11, 38 

Mensis  primus  für  paschalis 11,325 

Mercedonius,  Name  des  römischen  Schaltmonats  .    11,36,56 


Begister.  661 

Mercedonius,  kann  in  der  uns  bekannten  Form  dein 

römischen  Mondjahr  nicht  angehört  haben  .     .     11,37 

Meridies  bei  den  altem  Römern II,  11 

Meton,  sein  neunzehnjähriger  Cyclus  trat  bei  den  Athe- 
nern an  die  Steile  der  Octaeteris    .     .     .     .1, 297,  301 
ob  er  als  Urheber  desselben  zu  betrachten  sei    1, 298, 313.  II,  608 
lieferte  einen  nach  den  Erscheinungen  der  Fixsterne 

geordneten  Kalender 1,314,357,359 

beobachtete   mit  Euctemon   das  Sonnensolstitium,   an 

das  er  Cyclus  und*  Kalender  knüpfte .     .     .    1, 100,  326 

Zeitrechnung  der  Mexikaner 1,63,68.11,586 

Mihrgan  oder  Mithrafeier  der  Perser 11,545 

Min  Jan  schtaroth,  Name  der  seleucidischen  Aere  bei 

den  Hebraeiii 1,530,568 

Mischna,  Zeit  ihrer  Abfassung 1,573 

Mohammed,  Gcburts-  und  Todeszeit 11,498 

Mohammedanische  Zeitrechnung 11,471 

Moled  der  Hebräer 1,543 

Gebrauch  desselben  zur  fiei*echnung  des  Anfanges  und 

der  Dauer  des  hebräischen  Jahrs 1,545 

Vier  Monarchien  der  altem  Universsdhistoriker     .     .      1, 110 

Monat,  synodischer,  peiiodischer 1,42 

Dauer  des  erstem 1,43,579 

des  letztem 1^44 

der  periodische  wird   in  der  Zeitrechnung  gar  nicht 

gebraucht 1, 60 

anomalistischei; 1,45 

drakonitischer 1,  46 

Monate  dei' Aegypter 1,97.11,503 

Stellung  derselben  im  alcxandnnisohen  Jahr  ...      I,  l43 

volle  und  hohle  bei  den  Griechen 1, 266 

bei  den  Römern 11,33 

der  Athener 1,275 

Eintheilung  derselben  in  drei  Dekaden 1, 279 

rückgängige  Zählung  der  Tage  in  der  letzten  Dekade      1, 280 
welcher   Tag  in   den   hohlen   Monaten   ausgemerzt     ' 

wurde 1,282 

Yergleichung  mit  den  unsrigen I>292 

der  Laoedämonier 1,362 


652  Register. 

Monate  der  Booter 1,364.11,609 

der  Eleer 1,366 

der  Delphier 1,367 

der  Corcyräer  und  Goriniher 1,368 

der  Macedonier 1,393 

Yergleichung  derselben  mit  den  hebräischen  beim 

losephus    .     .' I,402 

ümprägung  in  Sonnenmonate. I,409 

der  Asianer I,4l4 

der  Ephesier I,4l9 

der  Bithynier •  .  1,421 

der  Greter 1^426 

der  Gyprier 1,427 

der  Syrer 1,430.11,509 

liefen  vollkommen  mit  den  julianischen  pairallel  1, 430.  II,  6lO 

der  Sidonier 1,434 

der  Tjrier 1,435 

der  peträischen  Ai'aber  oder  Bostrenser    .     ,     .     .     .  1,437 

dei*  Gazäer  und  Askaloniten 1,438 

der  Hcliopoliler I,  440 

der  Gappadocier 1, 44i 

der  Hebräer I}509 

kommen  zuerst  in  den  nach  der  Deportation  abge- 

fafsten  Büchern  des  alten  Testaments  vor    .     .  1,510 

wurden  lange  durch  unmittelbare  Ansicht  der  ersten 

Mondphase  bestimmt 1,512 

mangelhafte  und  ToUe    . 1, 540 

mittlere  Dauer 1,542 

der  Römer,  und  zwar  die  angeblichen  10  des  Romulus  II,  18 

die  des  Numa II,  34 

die  des  Gäsar II,  115 

letztere  werden  Ton  fast  allen  christlichen  Völkern 

gebraucht 11,190 

ihre  Eintheilung  nach  Galendae,  Nonae  und  Idus  hat 

sich  lange  im  Mittelalter  erhalten  .....  II,  192 

der  Abessinier 11,337 

der  Armenier II,  439, 442 

der  Ai'aber,  jetzige 11,474 

ehemahlige II»  495 


Register.  663 

Monate  der  Pei*8er 11,515 

der  Türken II,  560 

aus  den  Zeichen  der  Ekliptik  gebildete 1,356 

Mondcirkel 1,72.11,192 

Mondgleichung J     .     .     .  11,312 

Mondjahr I,6l 

Dauer  desselben 1,66 

das  freie 1,67 

das  gebundene 1,68 

Mondmonate,  astronomische  und  biirgerhche    .     •     .  1,90 
letztere  werden  in  der  Regel  abwechselnd  zu  30  und 

29  Tagen  gerechnet I,60 

Die  beiden  wichtigsten  Mondperioden 1,47 

Mondschaltjahr 1,68 

Mondviertel 1,39 

Mondzeiger  s.  Epakte. 

Moses,  üriieber  der  ältesten  Zeitrechnung  der  Hebräer      1,479 

rechnet  nach  Geschlechtem 1,506 

Musterake,  arabische  Benennung  der  Epagomenen  der 

Aegypter  und  Perser II,  506, 517 

Nabonassar,    König   von   Babylon,   gibt  einer  Aere 

seinen  Namen 1,98 

ob  er  Stiller  einer  Dynastie  gewesen 1, 220 

Nachtwachen  bei  den  Griechen 1,231 

bei  den  Hebräern 1,486 

bei  den  Römern 11, 6 

Anno  a  Natiyitate  Christi     « 11,374 

De  la  Nauze's  Hypothese  über  die  römische  Zeitrech- 
nung geprüft II,  93 

Wann  der  Kaufcontract  des  Nechutes  ausgefertigt  ist    .  1, 124 

Nemeische  Spiele 11^606 

Des   Nero    und  seiner  di*ei    unmittelbaren   Nachfolger 

Todestage * I,119,l46 

Neros,  eine  chaldäische  Periode 1,211 

Nesi,    angebliche  Benennung   der  ägyptischen  Epago- 
menen      11,505 

Nestorianer,  Jahranfang  derselben     ....     1,65.11,435 
Neu  fränkische  Zeitrechnung  s.  französische. 


654  Begisier. 

Neujahrfest  der  Hebräer 1,498,522 

Neuruz,  erster  Tag  des  Jahrs,  bei  den  alten  Persem 

ein  Festtog 11,545 

Neuruzi  sultani 11,524,578 

chowarezmschahi 11,538 

Nicänisches  ConcÜium II,  204 

Nil,  Anfang  seines  periodischen  Steigens 1,125 

Nisan,  erster  Monat  des  hebräischen  Kii'chcnjahrs  .     .      1,510 
Nonae  bezeichneten  im  ältesten  römischen  Kalender  den 

Tag  des  erslen  Viertels 11,39,42 

quintanae  und  septimanae 11,39,46 

Enstehung  dieser  Benennung II,  129 

Koufiii]yut,  erster  Monatslag  der  Griechen 1, 268 

in  der  Regel  Tag  der  ersten  Phase 1,279 

kommt  auch  von  andern  Zeilanfängen  gebraucht  vor  .      1, 172 
Numidier,  zählen  ihre  Zeit  nach  Nächten    ....      I^Si 

Nundinae 11,136 

Octaeteris    oder   Enneaeteris   der  Griechen    und   der 

A.thener  insbesondere I,  294, 300, 304 

^     ein  uralter  Zeitkreis     • II,  605 

allmählige  Verbesserungen, 1,296 

Einrichtung  und  Stellung 1, 306 

Oenopides,  Urheber  einer  59jährigen  Periode  .     .     .      1,302 

Ogdoas 11,234 

Olympische  Spiele,  Zeit  ihrer  Feier 1,366 

Stiftung      ,     .     .     .     , 1,372 

Erlöschung     .' 1,377 

Verzeichnifs  der  Sieger 1, 379 

Olympiadenrechnung  kam  spät  in  Gebrauch  .  ...  1,372 
ihr  Urheber  der  Geschichtschreiber  Timäus  ....  1,378 
eigenthümliche  der  griechischen  Kirchenyäter    .     .     .     11,465 

Omer  der  Hebräer 1,487.11,613 

Orientalische  Aeren    ...........     11,625 

Tafel  derselben II,  522 

Entstehung  des  Worts  Ostern 1, 516 

Ostercyclus  der  Alexandriner.  S.  Enneadecaeteris. 
Osterfest  der  Hebräer,  s.  Passah. 
der  Christen II,  191 


Register.  665 

Osterfest,  Principien  seiner  Feier  in  der  griechischen 
Kirche  und  nachmals  in  der  ganzen  Clhiisten- 

heit 11,192 

in  der  lateinischen  Kirche II,  118,  220, 247 

bei  den  alten  Britten     .     .     .     •  ' 11,29^ 

tnfil  zuweilen  mit  dem  jüdischen  zusammen     .     .     .     11,320 
wie  man  das  Datum  desselben  finde 

im  julianischen  Kalender II,  199 

im  gregorianischen    .     •     •     , II,  316 

Geschichte  der  Feier 11,200 

die  wichtigsten  darüber  zwischen  der  griechischen  und 

lateinischen  Kirche  gewechselten  Schriften  .     .     11,253 

untergeschobene 11,229,273,275 

Ostergrenze,  terminus  paschalis,  luna  XIV .     .     .     .     11,192 

Tafel  der  alexandrinischen  oder  juUanischen      ...     II,  199 

der  gregorianischen  ....    ^     ..    w     ...     II,  317 

Osterperiode,  84jährige  der  lateinischen  Kirche  .     .     11,233 

532jährige  des  Yictorius J[I,275 

Osterreden,  homiliae  paschales 11,209 

O ster tafeln,  die  112jährige  des  Hippolytus  .     .     •     .     11,219 
die  84  jährige  der  lateinischen  Kirche  ......     11,249 

die  95jährige  des  Cyrillus 11,259 

des  Dionysius II,  286 

die  532jährige  des  Beda .11,291 

Der  Ring  des  Osymandyas 11,590 

Jahr  der  Otaheiter  .     .     * •     .      1,62 

Palilia  oder  Parilia,  Geburtstag  Roms   ....    11,47,50 
Palmyra  gebrauchte  die  seleucidische  Aere    .     .     .     .      1,447 

Panodorus  Chronographie  und  Weltäre 11,447 

Papyrusrollen  nAit  chronologischen  Datis    .     .     .    1,123,124 
Parapegmen  oder  Kalender  der  Griechen     ....      1, 317 
dergleichen  wurden  Ton  vielen  bearbeitet      ....     11,359 
unter  andern  yon  Meton  und  Eudoxus,  deren  Kalender 

sich  in  besonderem  Ansehen  erhielten     •     .II,  313, 354 
die  allein  auf  uns    gekommenen  des  Geminus   und 

Ptolemäus 1,357,358 

Parasceye,  irapaoKtvij <i^     .     .     .   1,516.11,211, 

Verlegung  der   Parentalia  yom   Februarius  auf  den 

December II,l49 


666  Begister. 


Parischer  Marmor  oder  Marmordbronik    .....       1,379 

zählt  die  Jahre  yon  der  Sommerwende I,  3S1 

ihr  Epocheojahr  Ol.  129, 1 l,  382 

Part  her  s.  Arsaciden. 

Paschasinus  Sendschreiben  an  Leo 11,265 

Passah,  Pesach  dei- Hebraei* 1,495,500,514,566 

der  Christen  s.  Osterfest. 

Passahstreitigkeiten 11,202 

Anno  a  Passione II,  4l2 

Peloponnesischer  Krieg,  Anfang 1,286,371 

Ende 1,121 

Periode I,  71 

julianische I,  76 

16 jährige  der  Griechen 1, 296, 30S 

des  Hippolytus 11,213 

•  24]ährige  der  Römer    .     , 11,69,91 

25  jährige  der  Aegypter,  Apiskreis 1, 182 

59  jährige  des  Philolaus  und  Oenopides     ....   1,301,302 
'76  jährige  des  Callippus,  eine  Verbesserung  des  meton- 

schen  Cyclus 1, 299y  344 

ihre  Epoche 1,345 

hält  gleichen  Schritt  mit  dem  julianischen  Jahr.     .      1,349 

bürgerlicher  Gebrauch 1,351 

diente  zur   Grundlage  der   alexandrinischen   Oster- 
rechnung   II,  23S 

82  jährige  des  Dempcritus 1,301,303 

84jährige,  Ton  den  Hebräern  gebraucht   .     1, 571.  II,  243,  6l5 
diente  zur  Regulirung  des  Osterfestes  in  der  latei- 
nischen Kirche II,  238 

Anordnung  des  auf  sie  gegründeten  Osterkanons  11, 245 

Gebrauch  auf  den  brittischen  Inseln 11,296 

112  jährige  des  Hippolytus II,  222 

120jährige  der  alten  Perser II,  542 

1 60  jährige  der  griechischen  Astronomen  ....   1, 296,  308 

304 jährige  des  Hipparch 1,301,352 

500jährige  der  ägyptischen  Astronomen,   Phönixpe- 

riode 1, 183 

532  jährige  des  Anianus  und  Yictorius     .     .     •     .11,277,451 
600jähiige  der  Ghaldäer I,  210 


Register.  657 

Periode,  l440 jährige  der  alten  Perser 11,542 

l460]älirige  der  Aegypter  s.  Hundsstemperiode. 

36525  jährige  der  ägyptischen  Asti-onomen     ....      1, 191 

griechisch-römische  des  Pagi 11,450 

(Die  Zeitkreise,  die  hier  nicht  erwähnt  sind,  suche 
man  unter  Cyclus). 

Pentecoste,  Pfingsten 1,521 

Perser,  ihre  Zeitrechnung 11,513 

ihi*e  der  alten  ägyptischen  analoge  Jahrform    .     .     .     II,5l4 

ihre  Monate II,  515 

haben  statt  der  Woche  eigene  Namen  für  die  einzel- 
nen Monatstage II,  5l6 

ihre  Epagomenen     .     .     .' .11,515,517 

veränderte  Stellung  derselben II,  548, 550 

Acre  ihrer  beweglichen  Jahre 11,518 

fingen  ihren  bürgerlichen  Tag  mit  Sonnenaufgang  an  '  II,  523 
erhielten  durch  Dschelal- eddin  ein  festes  Sonnen jahi'  11,524 
haben  schon  Tor  Mohammed  ein  solches  gehabt  .  .  II,  540 
ihre  Schaltperioden  yon  120  und  l440  Jahren  .  .  .  II,  542 
muthmafsliche  Beschaffenheit  ihi*es  frühem  Schaltwesens     II,  548 

Persische  Könige  im  Regentenkanon 1,112 

Peruaner  hatten  die  siebentägige  Woche  .......      1,88 

Petavius  Verdienste  um  die  Chronologie II,  604 

Phaeinus  stellte  zuerst  meteorolog.  Beobachtungen  an      1, 3l4 

Schlacht  bei  Pharsalus 1,467 

Phasen  des  Mondes 1,39 

Philippus  Aridäus  gibt  einer  Aere  seinen  Namen  .     .      1, 106 
Philolaus,  Urheber  einer  59jährigen  Periode    .     .     .      1,301 

Phönixperiode 1,183 

Fabius  Pictor,  ältester  römischer  Geschichtschreiber    .     II,  l47 
seine  Bestimmung  der  Erbauungszeit  Roms  .     .  •     Hf  152 

Calculus  Pisanus 11,330,342,384 

Planetenstunden,  auch  jüdische  genannt    .     .  1,87,181,517 

Schlacht  bei  Platää 1,364,381 

Platon's  Nachtuhr 1,232 

Geburtstag «.     .     .     .      1,337 

Der  Frühauf-  und  Untergang  der  Ple jaden  bezeich- 
nete den  Griechen  den  Anfang  des  Sommers 

und  Winters 1, 241,312 

IL  [42] 


658  Register. 

• 

Polybius,  Bestimmung  der  Erbauungsseit  Roms    .     .     II,  162 
Willkühr  der  Pontifices  beim  Einschalten    .      11,97,117, 131 

Posaunenfest  der  Hebräer 1,522 

Poseid eon,  Name  des  attischen  Schaltmonats    •     •     .      1,275 
Jahre  post  consulatum,  \kwvi  tiJv  vmmuur    .     .     •   1,472.11,344 
Präcession  s.  YorrUckung  der  Nachtgleichen« 
Probus,  erstes  Jahr  seiner  Regierung    ....  1,458.11,228 
Pros  per  Aquitanus  hat  die  84  jährige  Osterperiode  der 

bteinischen  Kirche  modificirt 11,272 

Proterius  Sendschreiben  an  Leo 11,267 

Protopaschiten 11,206 

Prytanien  der  Athener. 1,288 

Dauer  jeder  einzebien 1, 289 

wie  es  im  Schaltjahr  damit  gehalten  wurde  ....      I,  34l 

spätere  Gestaltung  derselben 1,343,351 

Prytanenjahr  fing  mit  dem  Hecatombäon  an   .     .     .      1,290 
Ptolemäus  Lagi  tritt  zu  Gunsten  seines  Sohns  Phila- 

delphus  in  den  Priyatstand 1,357 

Ptolemäus  Epiphanes,  Regiei*ungsantritt i 

Euergetes  II,  Regierungszeit j  '«  ^23 

Sotei*,  Regierungsantritt I^  124 

Wie  Claudius  Ptolemäus  in  seinem  Abnagest  rechnet   1^97,115 
aufser  dem  beweglichen  Jahr  der  Aegypter  hat  er  sich 

auch  des  festen  der  Alexandriner  bedient    .     .      I,  l49 
fangt  als  Astronom  den  Tag  mit  dem  Mittage  an  .     1, 30, 102 

seine  Handtafeln 1,115 

sein  Fixstemkalender 1,358 

Purimfest  der  Hebräer 1,525,540,565 

Pyanepsion  rierter,  nicht  fünfter  Monat  der  Athener      1,275 

Pythischc  Spiele 1,367.  II,  606 

Quadragesima 11,210 

Quadraturen 1,39 

Quartadecimaner 1, 572.  U, 202 

Quinquennalia 11,353 

Ramasan,  Fastenmonat  der  Türken 11,568 

Ostertafel  von  Ravenna     .     .     .     .     .  .     .     .     11,289 

Regentenkanon  s.  Kanon  der  Könige. 

Wie  die  Regentenjahre  im  Abnagest  und  Kanon  der 

Könige  gezahlt  werden 1,117 


Register.  669 

Regifugium • 11^59 

Die  Formel  Regnante  Christo  .....'...  11,374 

Reguläres 11,368 

Yerbesserter  Reichskalender     ........  11,325 

Rosch  chodesch 1,513,540 

haschanah,  Neujahrsfest  der  Hebräer 1,563 

Die  Erbauungszeit  Roms  wird  sehr  yerBchieden  ange* 

geben  . 11,150 

Drei  Hauptbestimmungen,  die 

des  Yarro II,  152 

des  Gate 11,157 

des  Polybius II,  l62 

Römer,  ihre  Zeitrechnung •     •    •    .  II,  3 

fingen  den  Tag  mit  der  Mittemacht  an   .  1, 80, 100.  II,  3, 46 
theilten  die  Nacht^   so  wie  den  natürlichen  Tag,  in 

je  vier  gleiche  Theile II,  6 

erhielten  die  Sonnen-  und  Wasseruhren  zugleich  mit 

dem  Worte  hora  ron  den  Griechen    .    .     .    .  II|7,9 
ihre  Zeitrechnung  blieb  bis  zum  Jahr  709  d.St.  schwan- 
kend      II,  14 

yier  Perioden  derselben •     ...  II,  15 

das  Jahr  des  Romulus  war  nach  den  Alten  regellos  •  II,  16 
es  soU  aus  zehn  Monaten  und  304  Tagen,  nach  einigen 
Nachrichten  aus  zwölf  Monaten  und  360  Tagen 
bestanden  haben     .........    II,  17, 19 

wie  sich  die  Alten  hierüber  aulsem ■  II,  20 

Ansichten  der  neuem  Gelehrten 11,23^618 

wahrscheinliche  Beschaffenheit  des  zehnmonatl.  Jahrs  .  II,  29 
das  Jahr  des  Numa  war  ein  Mondjahr  Ton  355  Tagen  .  II,  31 
die  Monats  tage  wurden  in  drei  Absatzen  und  in  rück- 
gangiger Ordnung  gezählt II,  4l 

das  Mondjahr  mufs  ein  gebundenes  gewesen  sein  .     .  11,47 

ürsprang  des  Schaltwesens II|48 

das  alte  Mondjahr  fing  mit  dem  März  an    ....  11,50 
unter  den  Decemrim  war   das  Jahr   ein  cyklisches 
Sonnenjahf  mit  einem  Schaltmonat  von  22  und 

23  Tagen II,  56 

wie  beim  Gebrauch  desselben  datirt  wurde  .     .     .     .  11,59 

dai  Schaltwesen  war  vom  griechischen  kopirt  ...  II,  65 

[42'] 


660  Register. 


\ 


Römer,  Beschafienheit  des  Schaltcydus II,  6S 

Widerlegung  mehrerer  hierüber  aufgestelltea  Hypo- 
thesen, Jyesonders  der  des  Scaliger    .     .     .     .  II,  71 
erst  Julius  Cäsar  gab  dem  Jahr  eine  feste  Einrichtung  II,  117 

Wesen  und  Umstände  seiner  Reform 11,1  IS 

wie  nnn  datirt  wuixle 11*  126 

JahiTechnungen II,  l45 

Römer-Zinszahl 1,73.11,349 

Römische  Könige 11,1^1 

Regenten  im  Kanon  der  Könige 1, 113 

Inschrift  von  Rosette 1,109,123,397.11,596 

Rotae  paschales II,2S9 

Was  die  Araber  unter  Rum. (Römer)  ventehcn    .     .     .      1,454 

Runenkalender 11,151 

Russen  gebrauchen  die  europäische  Aere,  aber  noch  den 

alten  Kalender 11,464 

Rus-name  der  Türken 11,562 

Sabbatum,  o-dßßarov,  für  Woche  gebraucht  ....      I,4S1 
seit  Anfang  der  christlichen  Aere  im  römischen  Reiche 

.  sehr  bekannt.. II,  175 

Una,  secunda  , . ...  sabbati 11,179 

Sabbathfeier I,4S0 

Sabbathjahr 1,482,502 

Saeculum  der  Römer 11,82 

Säcularjahr 11,303 

Schlacht  bei  Salamis 1,308,381 

Salaminier   in.  Gypem   gebrauchten  die   ägyptischen 

Monate 1)429 

Saltus  lunae 11,235 

Samosata,  Aere 1,475 

Sanhedrin  zu  Jerusalem,  wie  er  die  Neumonde  be- 
stimmte      1,512 

wdche  Rücksichten  ihn  bei  der  Wahl  der  Schaltjahre 

leiteten 1,571 

Aera  sapharensis 11,425 

Saros,  eine  chaldäische  Mondperiode 1,207,211 

dafs  es,  wie  man  geglaubt  hat,  die  Periode  der  Fin- 
sternisse war,  wii*d  bezweifelt 1,213 

Anfang  der  Dynastie  der  Sassaniden 11,554 


Begister.  661 

Saturni  dies,  Synonym  von  Sabbatnm 11,177 

wuixle  Ton  vielen  Römern  gefeiert II,  178 

Scaliger*s  Yei*dienste  um  die  Chronologie  ....  11,603 
falsche  Theorie  des  griediischen  Jahrs  .  .  .1, 254.  II,  602 
unrichtige  Hypothese  über  das  frühere  römisdie  Schalt* 

wesen 11,74 

Schabüoth  s.  Wochenfest. 

Schaltjahr,  Schaltmonat,  Schalttag 1,66 

Schaltjahre  der  christlichen  Acre 1,74 

Schaltmonat  der  Griechen     ......•••      I>264 

der  Athener  insbesondere I^  275 

der  Hebräer    . 1,488,511,539 

der  Römer,  Name 11,56 

Dauer y 11,57 

Site 11,58,61 

in  dem  Ostercyclus  der  Christen 11,237 

Schaltregel,   gi*egorianische 11,303 

Schalttag  des  lulius  Cäsar 11,129,187,621 

der  Alexandriner I,  l42 

Schattenlängen  dienten  zur  Zeitbestimmung  bei  den 

Griechen  . 1,235 

bei  den  Römern  .     •     .     .     • Il,6l7 

Schätzung  zur  Zeit  der  Geburt  Christi 11^394 

Schiefe  dei*  EUiptik 1,25.11,585 

Abnahme  derselben 1,27 

zuei*st  Ton  Anaximander-  gemessen 1, 235 

Schuschan  purim  der  Hebräer 1,526,565 

Sehungsbogen 1,54,129-11,^85 

Seleucia  in  Pierien,  Kalender 1,433 

Acre 1,473 

Seleucus  Nicator  gründet  das  syrische  Reich    .     •     .      1^445 
die  nach  ihm  benannte  Aere,  s.  unter  Aere. 

Septimana,  iß^ofit^C,  schebna 1,480.11,181 

Sibyllinische  Bücher 11,85 

Sideraljahr  s.  Jahr. 

Kalender  der  Sidonier 1,434 

Significare,   lirtoiipaiirtty,  ein  meteorologischer  Kunst- 
ausdruck   1,315,358 

Jalüpe  des  Hohenpriesters  Simon  » 1^534 


662  Begister» 


SiriSf  Name  des  Sirius  bei  den  Aetoiopicni   ....     11,592 

Sirias  s.  Hundsstern. 

Sirius]  aLr,  angebliches  der  alten  Aegypter  ....      1,171 

Socrates  Todesjahr 1,377,381 

Solarium  findet  sich  auch  Ton  Wasseruhren  gebraucht     II,  8 
So  Ion 's  muthmafsliche  Verdienste  um  die  Zeitrechnung 

der  Athener • 1,266 

Unterredung  mit  Croesus 1, 271 

Solstitium,  Sonnenwende 1«  17 

Sommers  «An fang,  bei  den  Griechen I,24l 

Mittlere  Bewegung  der  Sonne.     . 1,36 

Sonnencirkel.  .  . 1,72.11,185 

wie  man  ihn  für  ein  bestimmtes  Jahr  finde  •     .    .     •     II,  189 

Sonnengleichung. .     . 11,311 

Sonnen  jähr  ist  irühzeitig  innerhalb  der  Grenzen  eines 

Yierteltages  bekannt  gewesen 1, 61 

das  freie     . \  I  6** 

das  feste J     '    ' 

das  bewegliche  oder  wandernde  (Riickjahr)  .     •    .     •  1  t  r o 

das  cyklische • J    ' 

Sounenmonat 1,63 

astronomischer  und  biirgerlicher.     .    .     j    .    •    .     •      1,91 
Sonnentag,  wahrer 1,36 

mittlerer 1, 38 

Sonnenuhren,  alte  und  neuere . . 1,232 

Einführung  Jbei  den  Griechen 1, 234 

bei  den  Römern 11,7 

Sonnenzeit,  wahre  und  mittlei^ 1,36 

Sonntaf^sfeier  bei  den  frühem  Christen  •    •     •     .11,178,200 

wird  durch  Theodosius  geboten  .••..•..     II,  l40 
Sonntagsbuchstaben 11,185,289,373 

Tafel , derselben 11,188 

wie  sie  mit  den  Goncurrentes  zusammenhangen    .     .     II,  262 
Sosigenes,  Gehülfe  Cäsar*s  bei  seiner  Kalendenrerbe»- 

senmg I,  l40,  l68.  II,  119 

Sossos,  eine  chaldäische  Periode 1,211 

Sothis  oder  Seth  (Thoth),  Name  des  Handsstemi  bei 

den  Aegjptem 1,126 

Ursprung  dieses  Worts 11,591 


Register.  663 

Sothische  Periode  t.  Himdsstemperiode. 

Spatso-mmer,  ojrJpo;  der  Griechen 1,243 

Stern  der  Weisen  zur  Bestimmung  des  Geburtsjahrs 

Christi  benutzt II,  399 

Die  jahrlichen  Auf-  und  Untei*gänge  der  Sterne  dien- 
ten den  Alten  zu  Signalen  der  Jahrszeiten  •     .  I»24l 

Stern  tag  und  Sternzeit  •     •     .     •     • 1,38 

Stil^  alter  und  neuer 1,74 

Stil  US  curiae  Romanae 11,335 

Frandae 11,337 

Uispaniae 11,339 

curiae.  und  .ecdeaiastieos  im  Gegensatz II,  340 

communis •    •    .     .  II,  34i 

Stunden,  europäische 1,82 

italiänische 1,83 

babylonische 1,85 

hebräische 1,537 

türkische 1,83.11,559 

gleichförmige 1,82 

Teiwderliche  oder  PlanetensUmden 1,84 

waren  den  Babyloniem  frühzeitig  bekannt    ....  1,224 
kamen  von  diesen  zu  den  Griechen     .....     1, 85, 238 

und  weiter  zu  den  Römern II,  10 

waren  den  Hebräern  bis  auf  die  babyloniache  Geian- 

.  genschaft  unbekannt 1,485 

Süccoth  t.  Laubhüttenfest. 

Wie  Syncellus  die  Jahi-e  der  Welt  mid  der  Incama- 

tion  zählt 11,455 

Syrer  fingen  ihr  Jahr  um  die  Herbstnachtgleiche  an    .  1,431 

einige  mit  dem  Oktober,  andere  mit  dem  September  .  1, 452 
der  letztere  Jahranfang  schreibt  sich  Ton  den  Indictio- 

.  nen  her 1,454 

hatten  unter  den  Seleudden  ein  Mondjahr,  an  dessen 
.  Stelle  unter  den  Römern  ein  Sonnenjahr  mit 

mandierlei  Abweichungen  trat 1, 433 

gebrauchten  die  seleucidische  Aere 1,446 

die  sehr  yerachiedenen  Aeren  der  syrischen  Städte  da- 

tiren  sich  mebtens  Ton  erlangter  Autonomie   .  1, 458 

Sy:zygien 1,39 


664  -Register. 

Tag,  natürliclier  und  bürgei-licher 1)29,79 

verschiedene-  Anfange  des  letztem 1, 30, 80, 100 

Tagsminuten  der  Chronologen 1,82 

Tagszeiten  der  Griechen  .     . 1,227 

der  Hebräer 1,484 

der  Römer 11,10 

.Takwim,'  die  arabische  Benennung  des  Kalenders    1,74.11^562 

T4rich,  das  arabische  Wort  für  Epoche  und  Aere    11,428,502 

el-kebt  oder  el-schohada,  -die  diocletianisdie  A^ere    .     11,506 

el-rüm  oder  dsi  Ikamain,  die  seleucidische  Aere  .     .     II,  510 

Jezdegird  oder  el*fars,  die  persische  Aere    ....     11,518 

Zeitrechnung  der  alten  Tataren  angedeutet   ....     11,578 

Zeit  der  Zei-störung  des  ersten  Tempels  der  Hebräer  1,528,529 

der  Wiedererbauung I^  530 

Tempel  weihe,  ein  Fest  der  Hebräer 1,524,564 

Ludi  Terentini 11,87 

Terminalia,   ursprünglich   das   letzte   Fest  im  römi- 
schen Kalender 11,52 

Tetraeteris,  yicrjähriger  Zeilkreis  der  Griechen    1,273.11,606 
Thalea  lernte  in  Aegypten  das  bewegliche  Sonnen  jähr 

kennen      .     ; 1, 177 

verkündigt  den  Joniem  eine  Sonnenfinstemifs    1, 209. 11^  166 
soU  zuerst  Untersuchungen   über  die  Sonnenwenden 

und  Nachtgleichen  angestellt  haben    ....       1, 247 
Thekuphen  oder  Jahrpunkte  der  Hebräer    ....       1,550 

weichen  jetzt  sehr  Tom  Himmel  ab 1,554 

Urheber  der  Thekuphenrechnung 1,573 

Theophanes,  wie  er  in  seiner  Ghronogi-apliie  rechnet     11,455 

Theophilus,  seine  Osterreden 11,209 

seine  Ostertafel  und  der  dazu  gehörige  Prologus    .     .     11,254 
Thischri^    erster   Monat    des   bürgerlichen   Jahrs   der 

Hebräer 1,522 

Thoth,  erster  Monat  des  ägyptischen  Jahrs    .     .     .     1,97,126 

fester  der  Alexandriner I,  l4l 

wie  derselbe  mit  dem  29'  August  der  Römer  in  Ver- 
bindung gekommen -  .     .      1, 157 

Thucydides  i&adit  seine  Jahreinschnitte  mit  Frühling 

•  und  Herbst 1,371 

Tiberius  fünfzehntes'  Regierungsjahr II,4l5 


Register.  .  665 

Tiberius  Todesjahr II,4l6 

Timäus   aus   Sicilien^    UrLeber   der   Olympiadenrech- 

nung •     .     •      1,378 

seine  Bestimmung  des  Erbauungsjahrs  Roms    ...     11, 152 
Timocharis  astronomische  Beobachtungen    .     1,277,344,349 

Titus'  Todestag 1, 118 

Anno  trabeationia 11,373 

Trajan's  Todestag 1,119 

.  Anni  a  transitu  S.  Martini .     .     .     .     11,432 

Triakas,  Name  des  letzten  Tages  des  griechischen  Mo- 
nats       1, 257, 267, 299 

Tricennalia 11,353 

Trieteris ,  zweijähriger  Schaltcyclus  der  Griechen    1, 269*  II«  607 
Trinundinum,  ein  Zeitraum  yon.  siebzehn  Tagen  .     .     11,137 

Tripolis,  Acren 1,459 

Triumphe,  Data  derselben 11,99 

Türken,  ihre  Stunden  und  ihr  Tagesanfang  ....     11,559 
die  Zeiten  ihrer  fünf  gesetzlichen  Gebete      .     .     .  11,560,576 

ihre  Wochentage  und  Mondmonate II,  560 

gebrauchen  die  Hedschra  .     ..     .     .     •     .     .     .     «l*!  ^f-. 

ihr  Sonnenmonat  und  ihr  Sonnenjahr J     * 

Einrichtung. ihres  . Takwim  und  Bus-name    ....     11,562 
wie  sie   ihren.  Fastenmonat  und  ihr  Bairamfest  be- 

stimmea II,  568 

Tyrier,  ihr  Kalender 1,435 

ihre  Acre 1,457,471 

Ümbrer,  Anfang  ihres  bürgerlichen  Tages     .     .     .      1,80,100 
Untergang,  heliakischer  und  kosmischer  ....      1,51,52 

Valens  Tod     .......  ' 11,466 

Yarro^s  Bestimmung  des  Erbauungsjahrs  Roms  .     .     .     11,152 

die  nach  ihm  benannte  Aere II,  l63 

Yeadar,  der. Schaltmonat  der  Hebräer. 1^539 

Ver  sacrum 11,102 

Versammlung,    Azereth,    Schlufs    des    Laubhütten- 
festes    1,500,564.11,615 

Versöhnungstag  der  Hebräer 1, 499> 523,  563 

Vespasian^sProdamation  und  Todestag  .     .     .     .  1,118,119 
Vicennalia .     .     . 11,353 


666  Register. 

yicennalia  des  Constantm 11,442, 

Yictorius,  sein  Canon  pasclialis 11,275 

die  nach  ihm  benannte  Periode II,  277 

seine  Zeitrechnung #     .     .  II,27S 

Gebrauch  seines  Canon  paschalis    .......  II,  2S4 

Yierteltag,  den  Aegyptem  frühzeitig  bekannt  •     .     1, 6l,  l4o 
Ton  Julius  Cäsar  aus  Aegjpten  entlehnt  .     .     .    I,  l4o.  II,  IIS 
Yollmond,  ^t;^ofif)i»Mi,  der  vierzehnte  Monatstag  bei  den 

Griechen 1, 340 

Yorrückung  der  Nachtgleichen 1,27.11,585 

ob  sie  den  Aegyptem  bekannt  gewesen 1, 192 

Wasseruhren  der  Griechen 1,230 

der  Römer 11,8 

Weltäre  im  Allgemeinen 11,444 

da*  Hebräer 1,543,552 

wie  sich  dieselbe  gestaltete 1,581 

des  Calvisius,  Petarius,  üsher  und  Frank    ....  11,445 

des  Panodorus,  alezandrinische II,  447 

wird  irrig  die  antiochenische  genannt II,  448 

des  Anianus,  identisch  mit  der  des  Panodorus  ...  II,  452 
des  Julius  Africanus,  unschicklich  die  alexandrinische 

genannt 11,456 

byzantinische  oder  constantinopelische 11,459 

ihr  Ursprung II,  461 

bürgerlicher  Gebrauch  im  byzantinischen  Reiche  11,463 

bei  den  Russen 11,464 

Winters  Anfang  bei  den  Griechen 1,242 

Witterungsanzeigen,  lmwin[iM9Üu^  in  den  Kalendern 

der  Griechen  und  Römer I,3l4.  II,  l40 

Woche,  Entstehung  dieser  Benennung II,  183 

die  siebentägige,  eine  ünterabtheilung  des  synodischen 

Monats 1, 60 

ihre  aflgemeine  Yerbreitung 1, 87 

in  die    älteste   Gesetzgebung   der   Hebräer  Terfloch- 

ten 1, 4S0 

scheint  allen  semitischen  Yölkem  gemein  gewesen  zu 

seyn 1,482 

namentlich  den  Arabern 11,473 


Register.  667 

Woche  war  vor  Einführung  des  Ghmtenthums  aufser 

Judäa  nii*gends  im  bürgerlichen  Gebrauch  .     .  1,180 

astrologischei*  Gebrauch  derselben  . 1,178 

die  Astrologen  benannten  die  Tage  derselben  nach  den 

sieben  Planeten 1,179.11,177,623 

achttägige  der  Römer,  Nundinae 11,136 

wich  unter  Gonstantin  der  siebentägigen II,  138 

Wbchenfest  der  Hebräer 1,497,521,567 

Wochentage,  Zählung  bei  den  Hebräern     .     .     .    1^481,538 

bei  den  Arabern 11,473 

bei  den  Türken   .     .« 11,560 

ihre  Namen  in  den  germanischen  Sprachen  .     .     .     •  11,181 
Zeichen  der  Ekliptik  in  Kleinasien  als  Monatsnamen 

gebraucht 1, 425 

Zeit,  Zeitraum,  Zeitpunkt 1,3 

wahre^  mittlere 1, 36 

Zeitgleichung,   Aequatio  temporis 1,37 

Zeitkunde,  Chronologie 1,5 

Zeitkreis,  Gyclus,  Periode 1 1  ti 

Zeitmerkmale    .     » J   ' 

Zeitmessung    auf   den    FaU    des   Wassers    gegrün- 
det   1,225.11,5 

Zeitrechnung,  ägyptische 1,93 

alexandrinische I,  l40 

des  Dionysius 1,170 

der  Babylonier 1, 195 

der  Giiechen,  besonders  der  Athener 1, 227 

der  Macedonier 1,393 

der  Syrer '   .  1,429 

der  Hebräer 1,477 

d^r  altern 1,478 

der  neuem  oder  Juden '  .     .     .  1,537 

der  Römer 11,3 

unter  Romulus II,  16 

seit  Numa  Pomjtilius 11,31 

seit  den  Decemvirn 11,56 

seit  Julius  Gäsar 11,117 

der  christlichen  Völker II,  175 


668  Begister. 

Zeitrechnung  der  Araber  oder  Mohammedaner    .     •  II, 471 

der  altem  vor  Mohammed II,  494 

der  Pei^ser II,  513 

des  Dschelal-eddin 11,524 

der  Türken II,  559 

der  Mezicaner 11,586 

Zeitstunden 1,87 

Zinszahl,  8.  Römer -ZinszahL    • 

1 


Verzeichnifs 

« 

der  wiGhtigem  chronologischen  Werke  und  Abhand- 
lungen, ivdche  bei  diesem  Handbudie  benutzt 

worden  sind^}« 


IMM^«^IAAM%1« 


Abnlfaradsch.    Hisloria  orientalis  (oder  Dynattia- 
mm)  arabice  et  latine  ab  Eduardo  Pooodüo.   Qx« 
ford  1672,  2  B.  in  4. 
AbuMhassan  Kuschjar.  Zidsch  el-dschamii  Ifaaiiscr.    11,623 
Albert.  -Abr^^  cbronologique  de  rhütoire  Romaine  .    11,109 
Alfergani.     Elementa   astronomica  cum  notis  Jaoobt 
Golii.   Amsterdam  1669^  4.   Das  erste  Kapitel  ist 
chronologiscben  Inhalts. 

Leo*  Allatius.    De  mensura  temporam I«239 

De  dominicis  et  hebdomadibus  Graeoorum  ....    II,  460 
Almagest  s.  Ptolemans. 

AlmeloTeen.   Fasti  Romanorum  consulares  .     •     .     •    II,  l46 
Ambrosius.   Epistola  ad  Episcopos  per  Aemiliam  con- 

stittttos 11,256 

Art  de  ydrifier  les  dates.    Zuerst  in  einem  Bande,  dann 
in  drei.     Paris  1783,  folio.    Neuste  Ausgabe  in 
zwei  Abtheilungen ,   die  eine  unter  dem  Titel: 
Art  ....  depuis  la  naissance  de  Notre-Seigneur, 

19  B.,  die  andere  unter  dem  Titel:   Art   •... 
avant  Tere  cfar^tienne,  5  Bd.  in  8. 
Audrichi.    Institutiones  antiquariae     ......      I,4ll 

Ayerani.    Dissertatio  de  mensibus  Aegyptiorum  1,97 

Bainbridge.     Canicularia  . 1, 124 

Beck.    Ephemerides  Persarum 11,507 

*)  W«n  dicTitd   KWa  im  T«t  volbtiadig  Mtdiftfcrt  siad,  le  kl  ddus 
tfopdea. 

n.  [43] 


I 


670  Register. 

Beda.     De  temponim  ratione.  * 

Diese  und  andere  chronologische  SchriAen  von  Beda 
sind  von  Noriomagus  (Bronchoi'st)  besonders  her- 
ausgegeben worden 11,21)1 

Beer.  Abhandlungen-  sulr*  £i*lau4eru»g  der  alten  Zeit- 
rechnung und  Geschichte.    Leipzig  1752,  8. 

Beigel.     Ueber  die  Gnomonik  der  Araber     ,     .     .     .     11,473 

Bendavid.     Zur  Berechnung  und  Geschichte  des  jiidi-^ 

sehen  Kalenders     «    •.-    .^    .     .     .' 1,512 

Beveridge.     Institution  um  chronologicanim  libri  duo      1 , 4  )0 

Bianchini.     De  calendario  et  cyclo  Caesaris  .     .     .     •     11,136 

Biot.     Recherches  sur  plusieurs  points  de  raslronomie 

Egyplieane I,i2S 

Blonde  1.     De.  fbrmulac  Regnante  Christo  in   Teterom 

monumentis  usu II,37i 

Bredow.     Untemuchungen   über  einzidne   Gegenstände 
.  der  alten  Geschichte,  Geographie  und  Chronologie. 
Altona  1800-2,  2  B.  in  8. 

Bucherius.    De  doctrina  temporum     ^ 1,572 

Buhle.     Calendaiium  Palaestinac  oeoonomictiin    •     .     .       I,4S7 

Beek  Calkoen.   Dissertatio  de  horologüs  Tetorum  scao- 

thericis I,  zsi 

Calyisius.    Opus  chronologicum  mit  einer  Isagoge  chn>- 

nologica. H,  378 

De  yero  natiTitalis  Christi  anno 11,405 

C^ixftorlniLs.  .  De  die  .natali.  mit  Noten  von  Linden- 
brog.   Ausgabe  Tom  H&Tercamp.   Ijeidea  174S,  8. 

ChampoUioa-Figeac.    Annales  des  Lagides  ou  chxo- 
nologiß  des   Rois  Grecs  •  d'Egypte.     Paria   181S« 
2  Bibdde  in  8. 
Supplement  mu  diesem  Wei^e 1, 27s 

Christmann.     Chronologische!*  Commentar  über  den 

Alfergani ^ 11,428 

Chronicon  Pasehale  a  mundo  condito  ad  Heraclü  im- 
peratoiis  annum  Ticesimunu  Li  der  Sanunlung  der 
Scriptt.  bist.  Byzant.  Wird  auch  unter  den  Titeln 
Fasti  Siculi  und  Chronicon  Alexandiinum  dtirt. 

Claviua*    Romaiii  Galendarii  a  Gregorio  XIII  restituli 

ezplicatio 11,302 


Corsini.    Fasü  Attici.    Floraiz  1744-56,  4  B.  m  4^  ) 

Dissertationes  agonis(icac.     Florenz  1747,  4.  . 

Cyrillus.     Prologus  pasdialU •     II, 25ß 

Des-Vignoles.    Chronologie  de  Thisloire  «ainte.   Ben-  > 

lin  173S,  2B.'mA,  i 

Dionysius  Exiguus.  ;  Epistola  ad  PeU-onium   .     -     •'i 

Epistola  ad  Bonifactum    ...>•• Vif, 286 

Argumenta  de  titulis  paschalibus  ••..•.»  J-  \ 

Dissertatio  de  hebdomade  gentilimn Ha  192 

Dodwell.  .De veteribu^  Graeoorqm  Horoanonimqiie cydia    •  1 , 2 74 
DissertaUones  Gyprianicae.   Oxford  1684,  8.   Der  Ap- 
pendix ist  für  die  Chronologie  wichtig. 

Chronik  von  Edeisa 1,451 

Euscbius.  Thesaurus  tpinponim.  Eusebü Panphili  chro- 
nicorum  canonum  libri  duo  interpretc  Hieivnymo« 
Eiusdcm  Eusebii  utriu^que  pai-tis  chrdnioorttni  ca- 
nonum reUquiae  Graecae.  Opera  et  «Ludio  Joscphi 
Scaligeri.  Eiusdem  Scaligeri  isagogicorum  chrono- 
logiae  canonum  libri  tres.  Ersie  Ausgabe,  Lei^ 
den  1606,  zweite,  Amsterdam  1658,  fol. 
Die  armenische  Uebersetzung  des  ganzen  Werks  mit 
einer  lateinischen  zur  Seite  unter  dem  Titel:  Eu- 
sebii Chroniooa  bipartitum,  adnotationibus  auctum, 
Graeds  fragmentis  exoniatum,  opera  P.  Jo.  Baptistpe 
Aucher.  Venedig  1818,  2  B.  in  4.  Bbfs  lateinisch 
▼on  Zohrab  und  Mai.  Mailand  1818,  4. 
F  ab  riet  US.    Menologium  »vre  libellus  de  mensibus  .     .     11,190 

Fasti  Capitolini II,  168 

Ferner.    De  antiquitate  Calendarii  Runici    •     .     .     .     II,  181 
Foggini.     Fastorum  anni  Romani  aYerrio  Flacco  or* 

dinatorum  reliquiae II,  135 

Frank.     NoTum  systema  chronologtae  fundamentalis  1, 504 

Fröret.    Oeuvi-es  completes,  Paris  1796,  20  B.  in  12. 
Grofsentheils  chronologischen  Inhalts.    Die  ein- 
zelnen Abhandlungen   stehen   fast  sämmtlich  in 
den  Mdmoires  de  TAcad.  des  Inscriptions. 
Fuchs.    Abhandlung  von  den  Wochentagen   ....    11,183 
Gama..   Saggio  dell*  astronomia,  cronologia  e  mitologia 

degli  antichi  Messicani 11,586 


672  Rasier. 

G astend i.    Roroanttm  caleiidariiiiii  oompendiofe  expo» 

ntimi 11,302 

Gatterer.   AbrUi  der  Clmmologie.    Gdttingen  1777»  8. 
Gasa.    De  mensibot.    Im  Unmologiiiiii  des  PetaTius. 
Gern  in  US.    Isagoge  in  Arati  phaenomcna.    Unter  an- 
dern in  Petarü  Uranologium  und  Herrn  Habna*s 
Chronologie  de  Ptol^ni^  abgedmckt. 
Lilins  Gyraldus.    De  annis  et  mensilnis    ....      1,427 
Van  der  Hagen.    Obserrationes  in  Theonis  lastot 

Graeoos  priores 1,110 

Dissertationes  de  cyclis  paschalibns 11,206 

Obseryationes  in.  Proeperi  Ghronioon II,24S 

Obseryationes  in  yelenim  patnim  et  pontificum  pro- 

logos  et  epistolas  paschaks II,  2i3 

Obserrationes  in  Heraclii  roethodom  paschakm    .     .     II,  2i4 
(Diese  fünf  Weriie  sind  anonym  encfaienen). 
Halma.    Chronologie  de  Ptolte^.     Paris  18195  in  4. 
Hjpothtes  et  ^poqnes  des  planstes  de  Gl.  Pta- 
Ite^e  et  Hypotyposes  de  Prodns.    Paris  1820,  4. 
Beide  Werke  enthalten  mehrere  chronologische  Ab- 
handlungen. 
Tables  manuelles  de  Ptolto^  et  de  Th^n  jusqu*& 
pHsent  inMites.     Paris  1822  —  2S,  3  B.  in  4. 

Haltaus.     Calendarium  medii  aeri 11,318 

Ham berger.    Dissertatio  de  epochae  christianae  ortu 

et  autore 11,38! 

Hei w ig.    Zeitrechnung  zur  Erörterung  der  Data  in  den 

Urkunden II,  31S 

Hemerologium  Florentinum 1,4 10 

Her  wart.  Admiranda  ethnicae  theologiae  mysteria.  Ac- 

cessit  exacta  temporum  ratio II,  395 

Hippolytus.    Opera  ed.  FabricH.    Im  ersten  Bande  fin- 
den sich  die  den  Osterkanon  erläuternden  Abhand- 
lungen Ton  Bianchini,  Vignolius  und  a  Turre .     .     II,  2l4 
H  0  r  r e  bb  w.    In  yeterum  patrum  aliquot  monumenta  pa* 

schalia  breyes  annotationes 11,255 

Actorum  circa  reformationem  Galendarii  narratio  hi- 

storica 11,333 


Begister.  673 

T.  Hnmboldt.  Vuet  dei  CordiU^res.  Enthalt  eine  aus- 
fiiluüche  Abhandlung  über  die  Z^trechnung  der 

Mexikaner -  .     .     11,587 

Jackson.  Chronologische  Alterthamer  der  ältesten  Kö- 
nigreiGhe,  iibersetat  Ton  Windheini.  Nüm<- 
berg  1756,  4. 

Jan.    Historia  cycli  Dionysiani 11,211 

Hbtoria  aerae  christianae 11,365 

Kanon  der  Regenten 1,109 

Kepler.    De  lesu  Christi  yero  anno  nataUtio .     .     .     .    II,  4o4 
De  yero  anno  qno  Dei  filius  humanam  naturam  as- 

sumpsit II,405 

Dr.  Koch.     Belehrungen  über  Mündigkeii  zum  Testi- 
ren, CiTilzeitcomputation  und  Schalttag    .     .     .     11,621 
Meier  Kornick.    System  der  Zeitrechnung.     .     .     .      1,559 
Krug.    Kritischer  Versuch  zw  Aufklärung  der  byzan- 
tinischen Chronologen 11,^464 

Wilh.  Langius.  De  annis  Christi 11,74 

Larcher.   M^^oire  sur  le  Phoenix  ou  Recherches  sur 

les  p^riodes  des  Egyptiens 1, 137 

Letronne.   Recherches  pour  senrir  k  Thistoire  de  l'E- 
gypte  pendant  la   domination  des  Grecs  et  des 

Romains I,  l44 

Longuerue.    Dissertationes  de  variis  epochis  ei  anni 

forma  yeterum 1, 394 

Laurentitts  Lydus.  Opusculum  de  mensibus  ed.  Niool. 

Schow.  Lips.  1794,  8. 
Mabillon.  Dei-e  diplomatica.  Grofsentheils  chronologi- 
schen Inhalts 11,327 

P.  Magnan.  Problema  de  anno  natiyitatis  Christi    .     .     II,  398 

Maimonides.  Kiddusch  hachodesch 1,512 

Marsh  am.    Canon   chronicus  Aegyptiacns,    Ebraicus, 

Graecus.  London  1672,  4.  und  öftei*s. 
Martini.   Abhandlung  yon  den  Sonnenuhren  der  Alten      1,233 
Michaelis.   Commentationes  in  sodetate  regia  seien tia* 
rum  Gottingensi  praeleotae.    Zum  Theil  chrono- 
logischen Inhalts 1,487 

Paulus  yon  Middelburg.   Paulina,  siye  de  recta  Pa- 

schae  celebrationc  ^ Ily  300 


674  Register» 

Marques  de  Mondejar.    Obras  chrondlogicaft  .     .     .     11,426 
Mos  he  im.  De  rebus  Cbristianonim  ante  Cowslantimim 

Magnum  commentaiii II,  202 

De  la  Najuze.    Histoire  du  Galendrier  ^gyptten. 

Le  Galendrier  Romain  depuis  les  D^oemvirs  jnsqu'a 

la  oorrecUon  de  Jules -Gdsar.   In  den  M6noires  de 

FAcad^nie  des  Inscriptions.  Tom.  XIVy.XYI  und 

XXVI. 

N  a  ▼  o  n  L   Rouz -  nam<^  ou  Galendrier  perp^tuel  des  Turcs     II,  562 

Neander.     Erläuterungen  über  die  Veranlassung  und 

Beschaffimheit  der  ältesten  Passahstreiligketten  11,201 

Nordmeyer.   Galendarium  Aegypti  oeconomicum   .     .       1, 125 
Noris.   Annus  el  epocbae  Syromaccdonum     ....      I,400 
Angehängt  die  Abhandlungen: 
De  fiutis  consularibus  Anonymi. 
De  paschali  latinorum  cydo. 
De  cyclo  paschali  Rarennate» 
De  nummo  Herodis  Antipae. 
Genotaphia  Pisana.    Im  dritten  Bande  seiner  Werke 
(Verona  17^9,  5  B.  in  Fol.) 

Pagi.    Critica  in  Annales  Baronii II,4ll 

Dissertatio  hypatica    .     • II,  l46 

Periodus  Graeco- Romana II,3S8 

Onuphrius  PanTinius.   Faslorum  libriV  et  in  eosdem 
commentarü.  Venedig  1558,  fol. 

Die  parische  Ghronik 1, 379 

Petavius.  Opus  de  docti'ina  temporum.  Erste  Ausgabe. 

Paris  1627,  2  B.  fol. 

Üiiinologium  et  Variae  dissertationes  ad  Uranologium 

sire  auctarium  opeiis  de  doctrina  temporum.  Paris 

1630,  fol. 

In    der   antwerper   Ausgabe   von   170J    sind  beide 

Werke  in  drei  FoÜobänden  vereint. 
Ralionarium  temporum.     Paris  1633,  2  B.  12.   und 
nachher  öfters. 

Petitus.    Eclogae  chronologicae 1,254 

Pilgram.    Galendarium  chronologicum 11,318 

Pocock.  Specimen  hbtoriae  Arabum.  Enthält  viele  chro- 
nologische Untersuchungen II,  475 


Registers.  675 

Pontedera.     Antiipiitatam   Latinanim   Graecaruinqiie 

enarraiiones 11,25 

Prospcr  AquituMif.    Clironicon 11,242 

Prolerius.   Sendschi'eiben  an  Leo    • 11,267 

Ptolemäui.  ftLal^yaoBtix^  oder  \k%yiki[  oitvragic-  Die  Ara- 
ber scheinen  ynfyi^  gelesen  zu  haben«  woraus  mit 
Hinzufügung  des  Artikeb  Almagest  entstanden  ist. 
Ein  TollBtandiges  -Lehrgebäude  der  Astronomie  der 
Alten,  für  die  Chronologie  sehr  wichtig.  Die  erste 
Ausgabe  Basel  1538,  fol.  enthält  zugleich  den  Com- 
mentar  tob  Theon.  Erst  neuerdings  bt  eine  zweite 
Ausgabe  mit  einer  französischen  Uebersetzung  von 
Herrn  Halma  unter  dem  Titel:  Composition  ma- 
th^atique  de  Claude  Ptolömöe  erschienen,  Pai-is 
1813,  2  B.  in  4. 

Puteanus.   De  nundinis  Romanis. 

De  bissexto.    Beide  Schriften  finden  sich  im  achten 
Bande  des  Thesaurus  von  Grärius. 

Relandus.    Fasti   oonsulares   ad  ülnstrationeitt  oodicis 

lustinianei  ac  Theodosiani  .  • II,  l46 

Rhode.   Versuch  libei*  das  Alter  des  Thierkreises    .     .      1, 175 

Inschrifl  von  Rosette 11,596 

Saint -Martin.  Nouvelles  Recherches  sur  Töpoqiie  de 
la  mort  d* Alexandre  et  sur  la  Chronologie  des 
Ptolömto I,409 

San  demente.    De  vulgaris  aerae  emendatione  .     .     .      1,456 
Exercitatio  chronologica  de  anno  domlnicae  passionis    II,  4l3 

Scaliger.    Opus  de  emendatione  temporum.  Erste  Aus- 
gabe, Paris  1583,   vollständigste   Genf  1629«  fol. 
Thesaurus  temporum,  s.  Eusebius. 

Nils  Schenmark.   Compatus  ecclesiasticus,  inrättad  sä 

yäl  eAer  den  gamla  som  nya  stylen 11,324 

Schott.  Momentum  oonstitutionis  Nicaenae  de  tempore 

celebrandi  paschatis II,  20G 

Schurzfleisch.    Ausgabe  und  Erläuterung  der  Perio« 

dus  Graeco- Romana  des  Pagi 11,450 

Seger.    Annus  Romanus 11,72 

Sepulveda.    De  correctione  anni  mensiumque  Roma* 

norum     .    .    .    •    , II|426 


676  Bßffsler. 


Sigonius.    Fasti  conftikw»  ac  tiiuiP|iid  mA  •  ^^^»■^Iff' 

ujqiie  ad  Tibcriam U,  168 

Syncellas.  ChranogFipliia.  Ixt  der  ?kinmihmg  der 
Scriptt«  bist.  Bjiaotiiiae. 

Taffinut.  De  yetcmm  RoBMimmm  anno  necnlarL 
Ueber  degiflben  Gegenstand  haben  Onnpbrios 
Panriniae,  Torrelm»  GeMwr  und  Aynaum  ge- 


n,89 


Theophanes.   Cbronograpbia.   Im  der  iSammlnng  der 

Scriptt.  bif  t.  Bjiantinae. 
Trewentcbr^der.   Faiti  RoaMnonmi  lifiani  .    •     •    II,  164 

Ulag  Begb.   Epodiae  oddbriora. 1,450 

Usher.  Annaks  veterit  et  nori  tettamenlL  Angebangt: 

De  Macedonnm  et  Anancnriim  anno  aolaii  diaser. 

tatio.   YoUstandigite  Ausgabe,  Genf  1722,  fd. 
Tan  Yaassen.    Aniniadversionum  bistorioo-criticanun 

ad  Faslos  Romanonun  saeros  fragmenta     ...     II,  ISS 
Walch.    Decreti  Nicaeni  de  pascbate  cq>licalio  .     •     .     II,  206 
Was  er.    Historisch -diploniatiscbes  Jahrbuch  nir  Prü- 
fung der  Urkunden II<,31S 

Welsch.  Conunentarius  in  Rusname  Naoros.  •  •  .  II,  512 
Wernsdorff.  Disseiiaüo  de  gentilium  sabbato  .  .  .  II,  176 
Christ.  Wolf.   Elementa  chronofegica.  In  seinen  Ele* 

menlis  matheseos  universae.  Halle  1730,  4  B.  in  4. 
Wurm.   Astronomische  Beiträge  zur  genäherten  Bestiok- 

mung  des  Geburts-  und  Todesfahrs  Jesu  .    .     .    11,413 


Gedruckt  i»  der  DncIcMi  der  %Mf^  kkaima€  im  Wi 


^      C^ 


AUS  5     1938